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Zimmererarbeiten – Schadensersatzpflicht bei Nichterkennen von Schädlingsbefall

Prüfpflichten

LG Bremen – Az.: 4 O 1372/12 – Urteil vom 14.02.2020

1.) Die Schadensersatzklage wegen des von den Beklagten bei von ihnen durchgeführten Arbeiten im Dachgeschoss des Mehrfamilienhauses [X-Straße] in […] Bremen übersehenen akuten Hausbockbefalls ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

2.) Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner Schadensersatz von nunmehr noch € 37.787,37 (von ursprünglich € 39.968,88) nebst Zinsen geltend, weil die Beklagten bei von ihnen durchgeführten Arbeiten im Dachgeschoss des Mehrfamilienhauses [X-Straße] in […] Bremen einen akuten Hausbockbefall übersehen haben sollen.

Ursprünglich hat die Klägerin neben diesem Schadenersatzanspruch von dem Beklagten zu 2) zusätzlich den Ersatz für Kosten einer Ersatzvornahme wegen mangelhafter Werkarbeiten verlangt. Über diesen Anspruch liegt eine rechtskräftige Entscheidung des Landgerichts Bremen vor.

Der Klage liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin beauftragte die Beklagte zu 1., die Zimmerer- und Innenausbauarbeiten durchführt, aufgrund von zwei Angeboten jeweils vom 26.01.2009 (Anlage SK 1) u.a. damit, im Dachgeschoss im Mehrfamilienhauses [X-Straße] durchhängende Sparren auszugleichen sowie Innenausbauarbeiten vorzunehmen (siehe Schlussrechnung vom 26.05.2009, SK 3). Weitere Arbeiten der Beklagten zu 1) erfolgten im 2. Obergeschoss des Objekts.

Der Beklagte zu 2., der Dachdeckermeister ist, wurde von der Klägerin u.a. damit beauftragt, die vorhandene Dach-, First- und Grateindeckung im Mehrfamilienhauses [X-Straße] abzunehmen, eine Wärmedämmung des Daches vorzunehmen und das Dach neu einzudecken (siehe Rechnung vom 06.03.2009, SK 3).

Der Beklagte zu 2. beendete seine Arbeiten vor dem 06.03.2009 (siehe Rechnung vom 06.03.2009, SK 3), die Beklagte zu 1. schloss ihre Arbeiten im April 2009 ab.

Die Klägerin schloss am 31.03.2009 mit den Eheleuten [C] einen Mietvertrag über die Dachgeschosswohnung mit Mietbeginn zum 01.05.2009 ab. Nach Bezug der Wohnung am 01.05.2009 – nach Klägervortrag kurz nach deren Einzug – rügten die Mieter [C] Fraßgeräusche sowie das Auftreten von Fraßmehl und frischen Löchern in den freiliegenden Holzbalken. Die Mieter minderten ab Oktober 2009 die Miete und verlangten eine Schädlingsbekämpfung.

Eine als Widerklage auf eine Klage der Mieter auf Schädlingsbekämpfung erhobene Räumungsklage vor dem Amtsgericht Bremen, Az.: 19 C 298/19, erledigte sich durch den Auszug der Mieter am 20.10.2011.

Mit einer weiteren Klage vor dem Amtsgericht Bremen, Az.: 19 C 104/12, machten die Mieter gegenüber der Klägerin Umzugskosten in Höhe von € 8.272,06 geltend. Beide Prozesse wurden im Berufungsverfahren vor dem Landgericht Bremen, Az.: 1 S 137/12 zu dem Verfahren Amtsgericht Bremen, Az.: 19 C 298/10, dahingehend verglichen, dass die Klägerin unter Kostenaufhebung zur Erledigung aller wechselseitigen Ansprüche der Mietvertragsparteien unter Einschluss des Verfahrens Amtsgericht Bremen, Az.: 19 C 104/12, an die Mieter [C] € 4.100,00 zahlen sollte. Die Mieter erklärten sich ihrerseits mit der Freigabe der Mietkaution über € 1.981,45 nebst Zinsen zugunsten der Klägerin einverstanden. Die Klage vor dem Amtsgericht Bremen, Az.: 19 C 104/12, sollte zurückgenommen werden; die hiesige Klägerin verzichtete im Vergleich auf die Geltendmachung einer Kostenerstattung im Rechtsstreit Amtsgericht Bremen, Az.: 19 C 104/12.

Der von der Klägerin beauftragte Sachverständige für Holzschutz [SV Holzschutz] nahm am 02.09.2009 eine Besichtigung des Dachstuhls vor und stellte in einem Bericht vom 04.09.2009 (SK 6) einen aktiven Befall durch Hausbock fest, der jedenfalls seit drei bis fünf Jahren vorgelegen haben müsse. Unter dem 28.10.2010 erfolgte wiederum im Auftrag der Klägerin nach einer am 17.09.2010 durchgeführten Ortsbesichtigung eine „gutachterliche Beweissicherung Hausbockbefall“ durch den Architekten und Dipl. Ing. [SV S] (SK 7). Dieser konstatierte frischen Mehlauswurf und bereits mit Farbe ausgestrichene alte Fraßlöcher/Gänge. Die Klägerin legt ferner ein Gutachten des Sachverständigen [SV Holzschutz] vom 30.04.2011 aufgrund einer am 27.04.2011 durchgeführten Objektbegehung und Untersuchung vor (SK 9). Schließlich liegt eine Aktennotiz vom 30.05.2011 (SK 10) eines Mitarbeiters des Architekten [SV S], eines Herrn [D], über eine Besichtigung der Hausbockschäden am 20.05.2011 vor, in welchem Herr [D] die Erkennbarkeit des Befalls sowohl für den Zimmermeister als auch für den Dachdecker konstatiert. Der von der Haftpflichtversicherung der Beklagten zu 1) eingeschaltete Sachverständige Dipl.-Ing. [E] schrieb in seinem Schadenvorbericht vom 18.05.2010 (Anlage 3 zu SK7), dass Fraßgänge zu sehen und Fraßgeräusche bei seiner Ortsbesichtigung zu hören waren und bei betroffenen Sparren der Befall vor den Werkarbeiten hätte erkannt werden können.

Nach dem Klägervortrag erfolgte die Sanierung des Dachstuhls unter vorübergehender Entfernung der Einbauten von Anfang April 2011 bis zum 09.09.2011. Die Mieter sollen die Wohnung am 20.10.2011 geräumt haben, nachdem sie am 27.09.2011 das Mietverhältnis aufgekündigt hätten.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagten seien als Gesamtschuldner dafür verantwortlich, dass ihr durch den erst nach Durchführung der Umbau- und Sanierungsarbeiten von den Mietern angezeigten Hausbockbefall zusätzliche Kosten entstanden seien (Sanierungskosten einschließlich Architekten- und Gutachterkosten von € 19.787,11, Rechtsverfolgungskosten von € 2.197,45, Kosten für Mietausfall und Rechtsverfolgungskosten gegenüber den Mietern von zusammen € 15.802,82). Ferner hat sie Gewährleistungsansprüche gegenüber der Beklagten zu 1. mit der Behauptung geltend gemacht, diese habe die Dampfbremsfolie falsch eingebaut. Wegen der insoweit mangelhaften Arbeiten des Beklagten zu 2. seien Ersatzvornahmekosten von € 1.418,48 angefallen.

Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, 1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie € 39.968,88 nebst Zinsen „von 5 Prozentpunkten“ auf € 18.949,80 seit dem 10.12.2011, auf € 18.476,78 seit dem 07.01.2012 und auf € 482,33 seit dem 24.01.2013 zu zahlen und 2. den Beklagten zu 2) zu verurteilen, an sie, die Klägerin, weitere 1.418,48 € nebst Zinsen „von 5 Prozentpunkten“ seit dem 22.05.2012 zu zahlen.

Zimmererarbeiten - Schadensersatzpflicht bei Nichterkennen von Schädlingsbefall
(Symbolfoto: Von Omkoi/Shutterstock.com)

Das Landgericht Bremen, 8. Zivilkammer, hat nach Beweisaufnahme (Vernehmung von 3 Zeugen) zum Klagantrag zu 2. mit Urteil vom 17.12.2014 unter Abweisung der weitergehenden Klage den Beklagten zu 2. verurteilt, an die Klägerin € 1.418,48 nebst 5 % Zinsen seit dem 22.05.2012 zu zahlen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil vom 17.12.2014 Bezug genommen (Bl. 308 ff. d.A.). Soweit die Beklagte zu 2) mit diesem Urteil zur Zahlung von € 1.418,48 nebst 5 % Zinsen seit dem 22.05.2012 verurteilt worden ist, ist das Urteil rechtskräftig geworden. Auf die von der Klägerin eingelegte Berufung, hat das Hanseatische Oberlandesgericht Bremen mit Urteil vom 23.12.2015 das Urteil des Landgerichts Bremen, 8. Zivilkammer, vom 17. Dezember 2014 insoweit aufgehoben und das Verfahren an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverwiesen, als das Landgericht die Klage gegen die Beklagten in Höhe von € 37.787,37 nebst Zinsen (Schadensersatz wegen des der Klägerin nicht angezeigten Hausbockbefalls des Dachstuhls) abgewiesen hat. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil vom 23.12.2015 verwiesen (Bl. 516 ff. d.A.).

Die Klägerin verfolgt ihr Begehren, soweit hierüber noch nicht rechtskräftig zu ihren Gunsten entschieden worden ist, weiter, wobei sie den Schaden der Höhe nach nunmehr auf € 37.787,37 beziffert (vgl. Bl. 357 ff. d.A.):

Die Klägerin beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie – hinsichtlich des Beklagten zu 2. weitere – € 37.787,37 nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.12.2011 auf € 18.949,80, auf € 18.476,78 seit dem 07.01.2012 und auf € 360,79 seit Rechtshängigkeit des Schriftsatzes vom 11.01.2013 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1. hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten; es werde bestritten, dass die Klägerin Eigentümerin des Objekts sei. Sie hat den Hausbockbefall bestritten und sich darauf berufen, dass er für sie jedenfalls nicht erkennbar gewesen sei; unstreitig ist zu Beginn der Arbeiten der Beklagten zu 1. 2/3 des Gebälks im Dachstuhl nicht mehr einzusehen gewesen und die Beklagte zu 1. hatte keine Arbeiten unmittelbar an der Dachkonstruktion durchzuführen. Ihre Arbeiten seien im Übrigen mängelfrei gewesen.

Der Beklagte zu 2. hat behauptet, er bzw. seine Mitarbeiter hätten die übliche Prüfung des Dachstuhls auf Ausfluglöcher und Fraßspuren durch Sicht- und Klopfkontrollen durchgeführt und dabei keine Anzeichen auf Schädlingsbefall feststellen können. Der vom Sachverständigen [SV Holzschutz] festgestellte Zustand habe bei Durchführung der durch den Beklagten zu 2. erfolgten Arbeiten noch nicht vorgelegen. Der gerügte Ausführungsmangel sei von ihm beseitigt worden.

Die Beklagten haben ferner die Sanierungs- und Rechtsverfolgungskosten nach Höhe und Notwendigkeit bestritten und sich darauf berufen, bei den geltend gemachten Kosten handele es sich weitgehend um Ohnehinkosten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Rechtsstreit ist zum 01.01.2017 aus dem Bestand der 8. Zivilkammer auf den Bestand der 4. Zivilkammer übergegangen.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens nebst schriftlichem Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Dr. Dipl.-Holzwirt [SV T]. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 03.12.2018 und das Ergänzungsgutachten vom 13.06.2019 Bezug genommen (Bl. 854 ff. d.A.).

Das Ablehnungsgesuch der Beklagten zu 1) vom 01.08.2019 gegen den gerichtlichen Sachverständigen hat die Kammer mit Beschluss vom 30.09.2019 zurückgewiesen. Der Beschluss blieb unangefochten.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist, soweit nicht bereits über sie wegen einen Teilanspruches über Ersatzvornahmekosten von € 1.418,48 rechtskräftig entschieden worden ist, dem Grunde nach gerechtfertigt.

I.

Der Erlass eines Grundurteils ist gemäß § 304 ZPO zulässig. Die Voraussetzungen aus § 304 Abs. 1 ZPO sind gegeben. Der geltend gemachte Schadenersatzanspruch ist dem Grund und der Höhe nach streitig. Der Rechtsstreit ist über den Anspruch dem Grunde nach entscheidungsreif. Für die Entscheidung über die Höhe ist noch eine weitere Beweisaufnahme erforderlich.

II.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB, § 421 BGB.

1.

Zwischen der Klägerin und den Beklagten besteht jeweils ein Schuldverhältnis iSd § 280 Abs. 1, 631 ff. BGB. Es ist unstreitig, dass die Klägerin mit beiden Beklagten jeweils nach vorhergehendem Angebot Werkverträge iSd § 631 BGB über Sanierungsarbeiten im 2. OG bzw. Dachbereich des Objekts [X-Straße] in Bremen abgeschlossen hat. Die Beklagte zu 1) ist als Fachfirma für „Zimmerei und Innenausbau“ mit den Innenausbauarbeiten beauftragt worden; der Beklagte zu 2) als Fachfirma für „Dachdeckerarbeiten“ mit den Dacharbeiten. Aus dieser schuldrechtlichen Verbindung folgt der schuldrechtliche Anspruch der Klägerin, so dass es nicht auf die Eigentumsfrage zu dem Objekt [X-Straße] ankommt.

2.

Die Beklagten haben jeweils aus den mit der Klägerin geschlossenen Werkverträgen eine Nebenpflicht (§ 241 BGB) objektiv verletzt (§ 280 Abs. 1 BGB).

Nach Auffassung der Kammer traf beide Beklagte die Nebenpflicht iSd § 241 BGB, den Altbestand des streitgegenständlichen Objekts vor Beginn der Sanierungsarbeiten auf „Vorschäden“ bzw. die Tauglichkeit als Anschluss für die eigenen Arbeiten zu überprüfen und bei Erkennen des Schädlingsbefalls die Klägerin darauf hinzuweisen. Der DIN 18334 ist zu entnehmen, dass Dachdecker und Zimmerer vor Beginn ihrer Arbeiten Bedenken anzumelden haben „bei der ungeeigneten Tragfähigkeit des Untergrundes“ und „bei ungeeigneter Beschaffenheit des Untergrundes“ (vgl. Beckscher VOB und Vergabekommentar 2008). Beide Beklagte konnten die Geeignetheit der Tragfähigkeit der vorhandenen Dachkonstruktion und des „Untergrundes“ nur im Rahmen der gebotenen Prüfung des Altbestandes feststellen. Hierzu gehört auch die Sichtprüfung der freiliegenden Sparren. Auch aus den allgemeinen Grundsätzen der Obhutspflichten des Werkunternehmers ergibt sich nach Auffassung der Kammer die Prüfungs- und Hinweispflicht im vorliegenden Fall. Den Werkunternehmer trifft in der Regel auch ohne besondere Zusage eine Pflicht, sich nach Anlieferung durch Überprüfung der vom Besteller angelieferten Sachen zu vergewissern, daß diese zur Herstellung eines mangelfreien Werks geeignet sind (vgl. BGH, Urteil vom 14. September 1999 – X ZR 89/97 –, juris). Gleiches gilt für die Prüfung des Baugrundes (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl., Rn. 2041). Bei einem Bauvertrag muss jeder Unternehmer prüfen, ob die Vorarbeiten eines anderen Unternehmers, auf denen er seine eigene Leistung aufbaut, eine geeignete Grundlage bilden und keine Eigenschaften besitzen, die den Erfolg seiner Arbeiten in Frage stelle können (OLG Schleswig, Urteil vom 04.12.2012, Az.: 3 U 102/19, Rz. 26 – Hinweis- und Prüfpflichten des Dachdeckers). Dieser Grundsatz zur Materiallieferung, zum Baugrund und zu Vorarbeiten ist nach Auffassung der Kammer auf den Altbestand, den der Besteller dem Unternehmer zur Verfügung stellt, zu übertragen (im Ergebnis so wohl auch Hans. OLG Bremen, Urteil vom 23.12.2014, Az.: 2 U 18/15, S. 14 unter dem Punkt Aktivlegitimation).

Der Klägerin oblag es, den Vollbeweis dafür zu führen, dass der streitgegenständliche Schädlingsbefall für die Beklagten erkennbar gewesen ist. Dieser Nachweis ist durch die durchgeführte Beweisaufnahme erbracht.

Bei der Überzeugungsbildung hat die Kammer zu Grunde gelegt, dass es für den Vollbeweis keiner absoluten oder unumstößlichen Gewissheit im Sinne des wissenschaftlichen Nachweises, sondern nur eines für das praktische Leben brauchbaren Grades von Gewissheit bedarf, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urteil vom 16.04.2013, Az.: VI ZR 44/12, Rz. 8, zit. n. juris). Die Überzeugung von der Wahrheit erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewissheit, weil eine solche nicht zu erreichen ist (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.1998, Az.: IX ZR 311/95, Rz.28, zit. n. juris).

Der Sachverständige [SV T] hat in seinem in sich schlüssigen und widerspruchsfreien Gutachten nachvollziehbar ausgeführt, dass die Beklagten den Schädlingsbefall hätten erkennen können. Im Zuge der Arbeiten im Dachgeschoss des streitgegenständlichen Objekts seien sämtliche Holzteile des Dachstuhls inkl. des Spitzdaches des Anbaus freigelegt worden. Dann seien umfangreiche Arbeiten in diesem Bereich von den Beklagten vorgenommen worden. Bei diesen Arbeiten seien dann die sichtbaren Warnsignale, die auf einen Schädlingsbefall hingewiesen hätten, übersehen worden. Der Sachverständige [SV T] hat die von ihm berücksichtigten Anknüpfungstatsachen offengelegt und plausibel und nachvollziehbar ausgeführt, welche Schlüsse daraus zu ziehen sind. Die Fragen und Einwendungen der Beklagten hat der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten aufgegriffen und hierzu Stellung bezogen. Anhaltspunkte, warum dem Sachverständigen nicht zu folgen wäre, sind nicht ersichtlich.

Im Rahmen der Beweiswürdigung war zudem einzubeziehen, dass sich die Feststellungen des Sachverständigen [SV T] mit den Dokumentationen und den Ausführungen der vorgelegten Privatgutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. [SV S], Dipl.-Ing [E] und [SV Holzschutz] decken. Der Privatgutachter der Haftpflichtversicherung der Beklagten zu 1), Dipl.-Ing [E] hat in seiner Stellungnahme vom 18.05.2010 ausgeführt, dass an der freiliegenden Unterseite des Kehlsparrens im Spitzboden anhand des überstrichenen Sparrens Fraßganges erkennbar sei, dass der Befall vor der Sanierung des Objekts vorgelegen haben müsse. Er geht infolgedessen davon aus, dass der Befall der Sparren erkennbar gewesen ist. Aus den Lichtbilddokumentationen der Privatgutachter Dipl. Ing. [SV S] und [SV Holzschutz] ist erkennbar, dass nicht überstrichene und überstrichene Ausflugslöcher an den Sparren zu erkennen sind, woraus er folgert, dass es Ausflugslöcher aus der Zeit vor der Sanierung Anfang 2009 (= überstrichene) und danach entstandene, d.h. nach dem 22.04.2009 (= nicht überstrichene) gibt. Nach den Ausführungen des Privatgutachters [SV Holzschutz] aus dessen Gutachten vom 30.04.2011 seien vor Beginn der Werkarbeiten die Ausflugslöcher sichtbar gewesen. Diese Einschätzung hat der Sachverständige Dipl.-Ing. [SV S] in sein Protokoll vom 20.05.2011 übernommen.

Damit decken sich die aus den Privatgutachten ersichtlichen Befunde und Schlussfolgerung mit den Feststellungen des gerichtlichen Gutachters, womit die Richtigkeit des Ergebnisses des gerichtlichen Gutachtens untermauert wird.

3.

Das Verschulden der Beklagten wird gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet. Umstände nach denen davon auszugehen wäre, dass die Beklagten den Schädlingsbefall unverschuldet nicht erkannt haben, sind weder vorgetragen noch sonst wie ersichtlich.

4.

Einer Fristsetzung iSd § 281 BGB bedurfte es im vorliegenden Fall nicht.

Die der Kammer vorgelegten Angebote, auf deren Grundlage später die der Klägerin, erstellten Rechnungen erteilt worden waren, enthalten keinen Auftrag der Klägerin an einen der beiden Beklagten, den Altbaubestand auf Schädlinge zu untersuchen bzw. Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen durchzuführen. Daher ist vorliegend auch kein Mangel der Werkleistungen der Beklagten iSd § 633 BGB anzunehmen, d.h. der vorgetragene Schaden stellt gerade keinen Schlechterfüllungsschaden dar, aus dem die Sekundärrechte aus § 634 BGB folgen könnten.Eine Frist zur Untersuchung des Altbestandes hätte die Klägerin den Beklagten daher nicht setzen müssen. Durch das pflichtwidrige Unterlassen der Vorprüfung und der Ausführung der vereinbarten Arbeiten, war der Schaden angelegt, so dass eine Frist nach § 281 BGB nicht in Betracht gekommen wäre.

5.

Die Klägerin hat schlüssig Schäden und entstandene Kosten dargelegt, die kausal auf die unterlassenen Hinweise zurückzuführen sind. Über die konkrete Höhe, insbesondere die Frage von Sowieso-Kosten, ist weiter Beweis zu erheben.

6.

Die Beklagten haften der Klägerin gegenüber als Gesamtschuldner (§§ 421, 426 BGB).

Da beide Beklagte es gleichermaßen in der Hand hatten, etwa bei der Sichtung des Altbestandes für die Angebotserstellung, spätestens aber bei der gebotenen Sichtung des Altbestandes vor Beginn der Werkarbeiten, den Schädlingsbefall zu erkennen, ist nach Auffassung der Kammer auch von einer gleichstufigen Haftung mit gleichem Anteil auszugehen. Anhaltspunkte dafür, dass einer der Beklagten einen höheren Haftungsanteil zu vertreten hat, sind nach der derzeitigen Sachlage nicht erkennbar. Etwas Anderes wäre nur anzunehmen, wenn keine Gleichstufigkeit der Arbeiten der Beklagten anzunehmen wäre. Dies wird im z.B. dann angenommen, wenn die Arbeiten eines Werkunternehmers auf den Werkarbeiten eines Fachplaners aufbauen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 17.05.2013, Az.: 19 U 194/11, – 2. Leitsatz und Rz. 75, juris). So liegt der Fall vorliegend nicht. Beide Parteien haben auf dem Altbestand des Objekts der Klägerin aufgebaut und hatten diesen gleichermaßen eigenständig und unabhängig voneinander auf seine Tauglichkeit zu untersuchen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der vorliegende Schaden „nur“ sinnvoller Weise durch eine einzige Weise behoben werden kann und in diesem Fall nach der BGH-Rechtsprechung ein Gesamtschuldverhältnis anzunehmen ist, selbst wenn getrennte Bauleistungen vorliegen (Werner/Pastor, 15. Aufl., Rn. 2048). Bei der Verletzung von Hinweis- und Prüfpflichten ist nach der BGH-Rechtsprechung ohnehin in der Regel von dem Bestehen eines Gesamtschuldverhältnisses auszugehen sein (Werner/Pastor, 15. Aufl., Rn. 2048).

III.

Die Kostenentscheidung war der Schlussentscheidung vorzubehalten.

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