Verzögerte Ausführung eines Bauvertrags: Die finanziellen Folgen
Im Herzen des juristischen Disputs steht der Bauvertrag und das Kündigungsrecht des Auftraggebers bei einer Verzögerung des Ausführungsbeginns. Es ist ein komplexer Fall, der sich um das Rhein-Main Congresscenter in Wiesbaden entfaltet. Die Klägerin, die Bauherrin des Projekts, beauftragte den Beklagten, einen Werkunternehmer, mit diversen Bodenbelagsarbeiten in den Gebäuden. Die Vereinbarung wurde unter Einbeziehung der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB/B) und einem entsprechenden Leistungsverzeichnis getroffen.
Doch der Teufel liegt im Detail. Die Ausführungsfristen und Arbeitszeiten wurden explizit im Vertrag festgelegt und die Einhaltung dieser Fristen war für die ordnungsgemäße Ausführung des Vertrages unerlässlich. Bei Nichteinhaltung dieser Fristen sah die Klägerin sich gezwungen, die Vereinbarung teilweise zu kündigen und Schadenersatz sowie den Ersatz von Mehrkosten zu fordern.
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Verzögerter Baubeginn: Konsequenzen und Haftung
Es wurden spezifische Ausführungsfristen vereinbart, unter anderem im Rahmenterminplan und im Detailterminplan für das Leistungsverzeichnis der Bodenbelagsarbeiten. Trotz dieser klaren Vereinbarungen kam es zu Verzögerungen bei den Arbeiten, was letztlich zur Teilkündigung des Bauvertrags führte.
Im Kontext des Baurechts ist die Einhaltung der vereinbarten Ausführungsfristen von entscheidender Bedeutung. Bei Nichterfüllung dieser Fristen kann der Auftraggeber das Recht haben, den Vertrag zu kündigen und Schadenersatz zu verlangen. Der Beklagte wurde letztlich zur Zahlung eines erheblichen Betrags verurteilt.
Die Rolle der Verdingungsordnung für Bauleistungen
Die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB/B) spielte in diesem Fall eine wesentliche Rolle. Sie ist ein zentrales Regelwerk in der Bauindustrie und legt die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen fest. Im vorliegenden Fall beinhaltete der Bauvertrag eine Klausel, die die Einhaltung der VOB/B vorschrieb. Diese Regelung hat erhebliche Auswirkungen auf das Ergebnis des Falls und die Entscheidung des Gerichts.
Auswirkungen auf den Beklagten und die Baubranche
Das Urteil des Landgerichts Wiesbaden stellt eine wichtige Erinnerung für alle Beteiligten im Baugewerbe dar: die Einhaltung von Fristen und Terminen im Rahmen eines Bauvertrags ist von entscheidender Bedeutung. Dieser Fall zeigt die finanziellen Konsequenzen, die sich aus einer Nichtbeachtung der im Vertrag festgelegten Ausführungsfristen ergeben können, und unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Planung und Durchführung von Bauarbeiten.
Rechtliche Bedeutung und zukünftige Konsequenzen
Das Urteil des Landgerichts Wiesbaden ist nicht nur für die beteiligten Parteien von großer Bedeutung, sondern hat auch weitreichende Auswirkungen auf die allgemeine Rechtsprechung und Praxis im Baurecht. Es unterstreicht die Notwendigkeit für Werkunternehmer, sich strikt an die vertraglich vereinbarten Ausführungsfristen zu halten, um sich vor möglichen finanziellen Konsequenzen zu schützen.
Zugleich setzt es klare Präzedenzfälle für zukünftige Fälle, in denen Verzögerungen bei der Ausführung von Bauarbeiten eintreten. Die Auswirkungen dieses Urteils werden sich wahrscheinlich in zukünftigen Verträgen und in der allgemeinen Vorgehensweise der Baubranche widerspiegeln, wobei ein stärkerer Fokus auf die strikte Einhaltung von Fristen und Terminen gelegt wird.
Das vorliegende Urteil
LG Wiesbaden – Az.: 5 O 145/19 – Urteil vom 10.11.2021
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 96.980,68 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 9.1.2020 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreites hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
Die Klägerin als Bestellerin begehrt von der Beklagten als Werkunternehmerin den Ersatz von Mehrkosten und Schadenersatz nach drei Teilkündigung eines zwischen den Parteien geschlossenen Bauvertrag unter Einbeziehung der VOB/B.
Die Klägerin errichtete das Rhein-Main Congresscenter in Wiesbaden. Mit Auftragsschreiben vom 22.12.2016 beauftragte die Klägerin den Beklagten als Inhaber der Firma … unter Geltung der VOB/B und einem entsprechenden Leistungsverzeichnis mit diversen Bodenbelagsarbeiten in den Gebäuden, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anl. K1 Bezug genommen. Z. 4 enthält Regelungen zur Ausführungsfristen und Arbeitszeiten, wörtlich heißt es: „Es gelten die im VHB-Formblatt 214 genannten Ausführungsfristen i.V.m. dem Rahmenterminplan (Anl. 09)“. Unter Z. 5 befindet sich das Anlagenverzeichnis zum Leistungsverzeichnis, das den Rahmenterminplan mit dem koordinierten Detailterminplan für das Leistungsverzeichnis Bodenbelagsarbeiten als PDF Datei nennt, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf Seite 6 des Leistungsverzeichnisses Bezug genommen. Der Rahmenterminplan zu den Bodenbelagsarbeiten vom 31.8.2016 sah für die Fertigstellung der Arbeiten unter Nr. 2384 für die Säle im 2. OG spätestens den 22.6.2017 vor, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anlage K 12 Bezug genommen. Der Rahmenterminplan setzte unter Nr. 2406 für die Säle im 2. OG 6 Wochen Arbeitszeit und unter Nr. 2283 für die Break-Out Räume und Büros 5 Wochen Arbeitszeit an, und unter Nr. 2284 für die Parkettarbeiten in den Salons 3 Wochen, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anlage K 12 Bezug genommen. Im Bereich der Säle im 2. OG Halle 2 war Parkett zu verlegen, im Bereich der Break-Out Räume und Büros im 2. OG Halle 1 Linoleum und Teppich und Parkett in den Salons. Unter der Überschrift „Allgemeine Technische Vorbemerkungen (ATV)“ ist unter Z. 11 des LV „Mitwirkungspflicht bei Terminplanung des AG“ u.a. ausgeführt: „Die in der Leistungsbeschreibung aufgezeichneten Vertragstermine und-Fristen sowie sonstige Ablaufbedingungen des Auftraggebers sind einzuhalten. Hierfür hat der AN binnen 10 Arbeitstagen nach der Auftragserteilung einen Ablaufplan zu erstellen und dem AG zur Abstimmung zu übergeben. Bei Störungen des Bauablaufs hat der AN unaufgefordert Aktualisierungen seiner Bauabläufe dem AG zur Abstimmung vorzulegen, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf Seite 11 und 12 des Leistungsverzeichnisses (Anl. K1) Bezug genommen. Das Leistungsverzeichnis beschreibt unter Position 11.1.1 „Bodenbeläge“ die besonderen Angaben zur Einbausituation und zur Ausführungssituation, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf Seite 21 ff. des Leistungsverzeichnisses Bezug genommen. LV 11.1.1.1 „vorbereitende Arbeiten“ enthält u. a, die Regelung, dass die Prüfung des Feuchtigkeitsgehalts des Untergrundes eine Nebenleistung ist und in die Angebotspreise einzurechnen ist und die Ergebnisse der Prüfung des Feuchtigkeitsgehalt des Betonuntergrundes zu protokollieren sind und die Messprotokolle dem Auftraggeber vorzulegen sind, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf Seite 23 des Leistungsverzeichnisses Bezug genommen. Leistungsverzeichnis 11.1.1.2 „Parkettarbeiten“ enthält Angaben zum Einbauort sowie zum Untergrund und Produkthinweise, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf Seite 29 ff. des Leistungsverzeichnisses Bezug genommen.
Für die Klägerin war die Architekten-Ingenieurgesellschaft BBG tätig.
Den von der … erstellte Vertragsterminplan vom 17.2.2017 hat der Beklagte am 27.2.2017 gegengezeichnet, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anlage K 18 (Bl. 118 der Akte) Bezug genommen. Der Terminplan sieht unter anderem vor unter Nr. 1318 Teilbereichen Säle im 2. OG Halle 2 (Parkett): Fertigstellung 3.7.2017, Nummer 1208 Teilbereich Break-Out Räume und Büros im 2. OG Halle 1 (Linoleum, Teppich und Parkett in den Salons): Fertigstellung 26 5. 2017.
Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 5.7.2017 (Anlage K 9, Blatt 145 der Akte) gegenüber der Klägerin mit, dass sie bis spätestens zum 24.7.2017 mit der Bauausführung beginne. Am 17.7.2017 fand eine Baubegehung mit dem Beklagten statt und im Protokoll der Bauleitung ist festgehalten, dass die Ausführung der Arbeiten des Beklagten am 24.7.2017 beginnen sollen, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anlage K 10 Bezug genommen.
Am 24.7.2017 erschien der Beklagte nicht auf der Baustelle. Die Klägerin wies mit Email vom 24.7.2017 den Beklagten daraufhin, dass nach dem Terminplan der Beklagte am 24.7.2017 mit seinen Arbeiten beginnen sollte, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anlage K 11 Bezug genommen.
Der Beklagte meldete mit Schreiben vom 26.7.2017 Bedenken an, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anl. B2 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 1.8.2017, in dem auf ein Gespräch zwischen den Parteien vom selben Tag Bezug genommen worden ist, forderte die Klägerin den Beklagten erfolglos auf mit den Bodenbelagsarbeiten im Bereich der Säle im 2. OG in Halle 2 mit Frist bis zum 4.8.2017 zu beginnen. Der Beklagte wurde aufgefordert die Baustelle mit Arbeitskräften, Geräten und Baustoffen so zu bestücken, dass mit der Arbeit in der Frist begonnen werden könne, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anl. K2 Bezug genommen.
Mit Email vom 4.8.2017 teilte die … mit, dass Aufschlüsselungen beseitigt worden seien, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anl. B4 Bezug genommen. Die … teilte mit Schreiben vom 4.8.2017 dem Beklagten Messergebnisse mit und stellte die Belegreife fest, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anl. B5 Bezug genommen.
Der Beklagte erstellte am 5.8.2017 eine Abschlagsrechnung, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anl. B0 Bezug genommen.
Mit Schreiben des Beklagten vom 7.8.2017 (liegt hier nicht vor) verwies dieser auf die DIN, wonach die Restfeuchte </= 1,8 betragen müsse.
Mit Schreiben vom 9.8.2017 (Anl. B7) forderte die Klägerin den Beklagten erneut auf bis zum 11.8.2017 mit den Bodenbelagsarbeiten im 2. OG der Halle 2 (Säle) zu beginnen. Die Klägerin führte aus, dass der Estrich die für den Baubeginn erforderliche Restfeuchte aufweise, und wies die Bedenken des Beklagten zurück, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anlage K3 Bezug genommen. Gleichzeitig wies die Klägerin darauf hin, dass sie aus Kulanz dem vom Beklagten vorgeschlagenen Alternativparkett zugestimmt hätte.
Mit Schreiben vom 15.8.2017 setzte die Klägerin dem Beklagten eine Frist zu Beginn der Verlegarbeiten und zur Lieferung des Eichenparketts für die Säle im 2. OG der Halle 2 bis zum 17.8.2017. Die Klägerin wies den Beklagten nach erneuten Messungen darauf hin, dass die Belegreife des Estrichs aufgrund geringer Restfeuchte gegeben sei. Die Restfeuchte betrage nur 1,7 % Die Klägerin kündigte für den fruchtlosen Ablauf der gesetzten Frist die Kündigung des Vertrages an sowie die Beauftragung von Drittfirmen und die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anl. K4 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 16.8.2017 meldete der Beklagte erneut Bedenken an hinsichtlich der Beseitigung der von ihm gerügten Aufschlüsselungen, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anl. B8 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 17.8.2017 teilte der Beklagte mit, dass er trotz Bedenken „heute“ die Arbeiten aufnehmen werde, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anl. B9 Bezug genommen. Die Klägerin wies mit Schreiben vom 18.8.2017 die Bedenken des Beklagten zurück, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anlage B 10 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 18.8.2017 hat die Klägerin dem Beklagten den Auftrag im Bereich der Säle im 2. OG in Halle 2 gekündigt, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anl. K5 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 21.8.2017 widersprach der Beklagte der Teilauftragsentziehung, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anlage B 13 Bezug genommen.
Die Klägerin antwortete mit Schreiben vom 4.9.2017 (Anlage B 14); insbesondere, dass am 17.8.2017 kein ersichtlicher Arbeitsbeginn vorgelegen hätte.
Mit Schreiben vom 13.9.2017 aktualisierte die Klägerin die Ausführungstermine „Bodenbelagsarbeiten“, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anlage B 15 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 4.10.2017 (Anlage K 19, Bl. 119 der Akte) teilte der Beklagte unter Bezugnahme auf ein Gespräch vom selben Tag mit, dass er vertragskonform und vertragsgemäß seine Leistungen erbringen werde.
Mit Schreiben der Klägerin vom 10.10.2017 (Anlage B 16) forderte die Klägerin den Beklagten auf den Status seiner Materialdisposition und Leistungsvorbereitung mitzuteilen. Gleichzeitig teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass die Arbeiten, Nadelvlies Halle 1 West, 2. OG Break out Räume und Parkett im Bereich Salon 502 Südwest ab dem 16.10.2017 ausgeführt werden sollen.
Mit Schreiben vom 18.10.2017 meldete der Beklagte erneut Bedenken wegen zu hoher Restfeuchte im Estrich an, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anlage B 18 Bezug genommen. Gleichzeitig forderte er die Klägerin auf, ihm gegenüber schriftlich einen Gewährleistungsausschluss zu erklären.
Mit Schreiben vom 20.10.2017 (Anlage K 13) setzte die Klägerin dem Beklagten eine Nachfrist zum Beginn der Arbeiten hinsichtlich der Bodenbelagsarbeiten im 2. Obergeschoss Halle 1 (Parkett in den Salons) bis zum 24.10.2017. Die Klägerin drohte dem Beklagten zudem die Kündigung an. Sie wies die Bedenken des Beklagten zurück, insbesondere sei das vom Beklagten vorgelegte Messprotokoll keinem konkreten Bereich zuzuordnen und trage ein Datum in der Zukunft und sei demnach unbrauchbar. Für die Arbeiten in den Break out Räumen setzte die Klägerin dem Beklagten eine Frist zur Fertigstellung bis zum 10.11.2017, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anlage B 19 Bezug genommen.
Der Beklagte meldete am 23.10.2017 Bedenken wegen zu hoher Restfeuchte in den Break out Räumen an, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anlage B 20 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 25.10.2017 meldete der Beklagte Baubehinderungen wegen zu hoher Restfeuchte in den Break out Räumen an, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anlage B 21 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 26.10.2017 (Anlage K 14) kündigte die Klägerin den Auftrag hinsichtlich der Bodenbelagsarbeiten 2. OG Halle 1 (Parkett in den Salons).
Die Klägerin setzte dem Beklagten mit Schreiben vom 26.10.2017 -erfolglos- eine Nachfrist bis zum 30.10.2017, um mit den Verlegarbeiten hinsichtlich des Teppichs und des Linoleums im 2. OG Halle 1 (break out Räume und Büros) zu beginnen, und drohte gleichzeitig die Auftragsentziehung an, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anlage K 21 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 2.11.2007 setzte die Klägerin dem Beklagten eine Nachfrist für die Verlegarbeiten hinsichtlich des Linoleum, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anlage B 24 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 2.11.2017 (Anlage K 15) kündigte die Klägerin den Auftrag bezüglich der Arbeiten in den Break-Out Räumen und den Büros 2. OG Halle 1 hinsichtlich der Linoleum- und Teppichverlegarbeiten.
Der Beklagte rügte mit Schreiben vom 6.11.2017 (Anlage B 25) das Verhalten der Klägerin, und meldete Baubehinderungen wegen von der Klägerseite verweigerter Abhilfen an, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anlage B 25 Bezug genommen. Gleichzeitig meldete er nochmals Bedenken wegen zu hoher Restfeuchte des Estrichs an (Anlage B 26).
Mit Schreiben vom 10.11.2017 (Anlage B 27) wies die Klägerin die Bedenken des Beklagten zurück und sprach eine weitere Teilauftragsentziehung aus (1. Obergeschoss Halle 1) und setzte eine Nachfrist bezüglich der Halle 2 3. OG, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anlage B 28 Bezug genommen.
Die Klägerin trägt vor:
Als Beginn für das Verlegen der Bodenbeläge, insbesondere für das Parkett im Bereich der Säle im 2. OG in der Halle 2 sei ursprünglich der 24.7.2017 vereinbart gewesen. Das Schreiben des Beklagten vom 5.7.2017 (Anlage K9), mit dem der Beklagte den Beginn der Arbeiten für den 24.7.2017 angekündigt hatte, hätte der Beklagte in das System AWARO eingestellt gehabt. Das System bilde die Kommunikation bei Bauprojekten digital ab, so auch das Schreiben des Beklagten vom 5.7.2017. In dem Schreiben habe der Beklagte auch mitgeteilt, dass er seiner Verpflichtung zur Prüfung der Belegreife des Bodens nachkommen werde.
Der Beklagte habe innerhalb der Fristen die ihm obliegenden Leistungen nicht ausgeführt. Er hätte mit den Verlegarbeiten nicht begonnen. Der Beklagte habe keine ausreichenden Arbeitskräfte, Arbeitsgeräte und Arbeitsstoffe zur Verfügung gestellt. Der Beklagte sei als einziger Arbeiter erschienen. Er habe lediglich eine Schleifmaschine mitgebracht, die nicht über die ausgeschriebene und zwingend notwendige Absaugeinrichtung verfügt hätte. Das bemusterte und freigegebene Eichenparkett sei innerhalb der Frist nicht geliefert worden. Der Beklagte habe die Fristen für den Beginn der Arbeiten wie sie im Rahmen Terminplan (Anlage K 12) und in den Schreiben in Anl. K2, K3 und K4 gesetzt worden waren nicht eingehalten, so dass die Klägerin zur sofortigen Kündigung berechtigt gewesen sei. Da der Beklagte die wiederholt gesetzten Ausführungsfristen für den Beginn der Arbeiten nicht eingehalten hätte, sei es ihm nach der Fristversäumung nicht möglich gewesen, die für mehrere Wochen angesetzten Arbeiten innerhalb einer eventuell nach Kündigung ablaufenden Beendigungsfrist zu erfüllen. Daraus folge, dass selbst dann, wenn eine Kündigung vor der gesetzten Fertigstellungsfrist erfolgt sei, die Klägerin hierzu berechtigt gewesen sei. Da der Beklagte noch nicht einmal mit den Arbeiten zu diesem Zeitpunkt begonnen gehabt hätte, sei eine fristgemäße Fertigstellung nach der Kündigung ausgeschlossen gewesen. Die Kündigung sei nicht nur auf die Nichteinhaltung der gesetzten Fristen gestützt worden, sondern auch auf die unzureichende Ausstattung der Baustelle mit Arbeitskräften, Geräten und Baumaterialien, so dass nach der vorherigen Androhung der Kündigung in dem Schreiben vom 1.8.2017 (Anl. K2) die Kündigung nach §§ 8 Abs. 4, 5 Abs. 4 VOB/B auch aus diesem Grund -sogar vor einer späteren Fertigstellungsfrist- möglich gewesen war. Maßgeblich sei allein, dass der Beklagte nicht mit seiner vertraglich zugesicherten Leistungserbringung begonnen hätte. Es genüge im Rahmen des §§ 8 Abs. 3 VOB/B, dass die Klägerin als Auftraggeberin die Überschreitung der Beginnfrist beweise. Dies könne z.B. anhand eines vereinbarten Kalendertermins folge. Demzufolge sei die mehrfache Überschreitung der Frist zum Beginn der Arbeiten durch den Beklagten unstreitig. Der Beklagte hätte sein fehlendes Verschulden an der Fristüberschreitung darzulegen und zu beweisen. Darüber hinaus liege auch ein Verstoß des Beklagten gegen § 5 Abs. 4 3. Alt. VOB/B vor. Eine Kündigung sei bereits vor dem Ablauf einer Fertigstellungsfrist berechtigt, wenn der Auftragnehmer nicht innerhalb einer dafür gesetzten Frist seine Leistungsbereitschaft erkläre. Wenn bereits eine versäumte Frist zur Erklärung der Leistungsbereitschaft zur Kündigung berechtige, dann berechtige das unstreitige Versäumen der Beginnfrist mit der tatsächlichen Leistung erst recht zur Kündigung. Nach dem Versäumen der 1. gesetzten Frist sei ein Abwarten weiterer Fristabläufe nicht erforderlich gewesen.
Der Beklagte habe bis zur Klageerhebung die von ihm als Beweis aufgeführten Messprotokolle nicht vorgelegt.
Der Beklagte sei seinen vertraglich vereinbarten Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen, da er weder einen Ablaufplan nach Z. 11 Nr. 11 des Leistungsverzeichnisses vorgelegt habe noch für die erforderliche Baustelleneinrichtung gesorgt habe. Er hätte trotz seiner pauschalen Behauptung am 4.10.2017 seinen vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen am 4.10.2017 nicht mit der Arbeit begonnen. Die Kündigungen vom 26. 10. 2017 (Anlage K 14) und vom 2.11.2017 (Anlage K 15) seien weit nach der pauschalen und unzureichenden Behauptung der angeblichen Leistungsbereitschaft durch das Schreiben vom 4.10.2017 erfolgt, ohne dass der Beklagte die Ernsthaftigkeit seiner Leistungsbereitschaft dokumentiert hätte.
Dem Beklagten sei bereits im Schreiben vom 9.8.2017 (Anl. K3) erläutert worden, dass seine Ansicht zu der Restfeuchte des Estrichs unzutreffend sei, da der Wert von max. 1,8 % Restfeuchte lediglich für Fußbodenheizungen gilt, die vom Estrichs umschlossen sind. In den Sälen im 2. OG Halle 2 sei eine so genannte beheizbare Betondecke zur Ausführung gekommen, auf der ein zweischichtiger, ungestörter Estrich verlegt worden sei, d.h. Rohboden-Ausgleich = 45 mm und Estrichs = 45 mm. Daher sei der Estrich unbeheizt mit der Folge, dass ein Restfeuchtegehalt von 2,0 % die Grenzwerte für die Belegreife einhalte. Den Messungen der Klägerin habe der Beklagte nicht widersprochen und auch keine eigenen Messungen vorgelegt. Der Beklagte hätte ohne Haftungsrisiko nach den Schreiben der Klägerin mit dem Verlegen der Bodenbeläge beginnen können und zumindest das erforderliche Material oder geeignete Maschinen an die Baustelle liefern können. Der Beklagte wäre verpflichtet gewesen nach Z. 11 Nr. 11 des Leistungsverzeichnisses unaufgefordert nicht nur einen eigenen Ablaufplan zu erstellen, sondern erforderlichenfalls ihn als Folge seiner behaupteten -von der Klägerin bestrittenen- gestörten Bauabläufe zu aktualisieren. Die unzureichende Besetzung der Baustelle stelle einen eigenen Kündigungsgrund nach § 4 Abs. 5 VOB/B dar.
Die Beauftragung der Parkettverlegfirma … sei nach der Kündigung des Beklagten erfolgt. Im Zeitpunkt der Beauftragung der Drittfirmen hätten die Voraussetzungen für eine Kündigung des Beklagten vorgelegen und dem Beklagten sei bereits gekündigt gewesen. Im Übrigen komme es für die Haftung des Beklagten nicht auf den Zeitpunkt der Beauftragung einer Drittfirma an. Eine Beauftragung einer Drittfirma vor der Kündigung liege zunächst im Risikobereich der Klägerin, führe aber nicht dazu, dass die angefallenen Kosten nicht als Schadenersatz geltend gemacht werden können.
Der Beklagte habe nach dem Leistungsverzeichnis Linoleumarbeiten im 2. Obergeschoss geschuldet. Der Bereich der Säle umfasse nach dem Leistungsverzeichnis auch die Flure und Räume im 2. Obergeschoss. Diese seien teilweise mit Parkett und teilweise mit Linoleum oder Teppich belegt. Der Beklagte sei mit Schreiben vom 20.10.2017 (Anlage K 13) auch bezüglich der Arbeiten in den Break out Räumen und den Büros im 2. OG sowie den Parkettverlegarbeiten innerhalb der Salons gemäß der Leistungsposition 11 1.1.2 aufgefordert worden. Da keine Leistungen durch den Beklagten erbracht worden seien, sei dem Beklagten mit Schreiben vom 26.10.2017 für die Parkettarbeiten der Leistungsposition 11.1.12 der Auftrag entzogen und gekündigt worden (Anlage K 14). Mit Schreiben vom 2.11.2017 sei dem Beklagten auch bezüglich der Linoleum- und Teppicharbeiten in den Break out Räumen und den Büros im 2. OG Halle 1 der Auftrag entzogen worden. Demzufolge habe die Klägerin einen Anspruch auf Ersatz der Mehrkosten, die durch die Beauftragung der Drittfirmen für die Arbeiten an Teppichböden und Linoleumböden im 2. OG entstanden seien. Die Arbeiten seien ausgeführt worden. Die Klägerin habe die beauftragten Drittfirmen auch bezahlt, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anlagen K 16 und K 17 Seite 4 des Schriftsatzes der Klägerin vom 18.8.2020 (Bl. 87 der Akte) Bezug genommen.
Die Klägerin habe die noch nicht ausgeführten Teile der Arbeiten an Drittfirmen vergeben sowohl im Hinblick auf das Verlegen von Nadelvlies, Linoleum und für Parkettarbeiten, insoweit seien Kosten i.H.v. 114.247,50 € und 540.293,31 € von den ausführenden Firmen in Rechnung gestellt worden, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anl. K6 und K7 Bezug genommen. Die Klägerin habe die hypothetischen Kosten des Beklagten den Kosten der Drittfirmen gegenübergestellt, so dass die sich daraus ergebende Differenz die angefallenen Mehrkosten für die Klägerin ergebe, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf Seite 3 der Klageschrift und Seite 5 der Replik vom 06.05.2020 (Bl. 76 ff. der Akte) Bezug genommen. Von der Gesamtschadenssumme i.H.v. 155.023,32 € sei die bereits titulierte Schadensersatzforderung i.H.v. 58.042,64 € abzuziehen (Urteil des Landgerichtes Wiesbaden Az. 7 O 179/18). Die Auftragsvergabe sei auf Grundlage der Kündigung vom 18.8.2017 und vom 26.10.2017 an die Firma … erfolgt. Die Auftragsvergabe an die Firma …H AG sei teilweise auf Grundlage der Kündigung vom 26.10.2017 und der Kündigung vom 2.11.2017 erfolgt. Mit der Vorlage der Anlage K8 und den Erläuterungen in den klägerischen Schriftsätzen sei der Beklagte in die Lage versetzt worden, die Ersatzvornahmeleistungen daraufhin zu überprüfen, ob überhöhte Mengen, etwa geänderte Leistung oder Zusatzleistungen vorlägen. Ein qualifiziertes Bestreiten läge nicht vor.
Die von der Drittfirmen ausgeführten Arbeiten seien den Arbeiten der Beklagten in technischer Hinsicht und hinsichtlich der Materialien gleichwertig.
Ein Vergabeverstoß liege nicht vor, da unter Z. 4 der Anl. K1 eindeutig geregelt sei, dass die Arbeiten zwischen 7 Uhr und 20:00 Uhr auszuführen sind.
Die Klägerin ist der Rechtsansicht, dass nach §291 S. 2 BGB § 288 Abs. 2 BGB entsprechend anzuwenden sei.
Die Klägerin beantragt: Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 96.980,68 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt: Die Klage wird abgewiesen.
Der Beklagte trägt vor: Er habe keinen Beginn der Arbeiten am 24.7.2017 zugesagt, dies sei vielmehr eine Behauptung der …. Das als Anlage K 10 vorgelegten Schreiben belege, dass zum fraglichen Zeitpunkt eine Belegreife noch nicht gegeben gewesen sei. Das Schreiben belege auch, dass die Klägerin mindestens mit einem Beginntermin zum 24. 7. 2017 einverstanden gewesen sei. Die Klägerin habe ihre Kündigung nicht auf ein angebliches Versäumen von Fristen aus der Anlage K 12 gestützt. Der Beklagte bestreitet, dass die Anlage K 12 ein Vertragsterminplan sei. Aus der Anlage K 10 ergebe sich, dass etwaige Termine aus der Anlage K 12 hinfällig seien. In der Anlage K 10 werde durch die Klägerin ein Projektstart für die Bodenbeläge zum 17.7.2017 genannt. Der Terminplan in der Anlage K 12 sei damit hinfällig. In ihm seien vermeintliche Fertigstellungstermine benannt worden, die vor dem von der Klägerin selbst genannten Projektstart lagen. Der Beklagte sei leistungsbereit gewesen. Die Klägerin habe am 26.10.2017 gekündigt, obwohl sie selbst mit dem Schreiben vom 20.10.2017 (Anlage K 13) eine Frist bis zum 10.11.2010 gesetzt gehabt hätte. Die Bedenkenanmeldungen des Beklagten seien berechtigt gewesen.
Ursprünglich hat der Beklagte vorgetragen, die Anlage K 18 enthalte keinen Vertragsterminplan, da dieser Zeitplan von dem Architekturbüro … stamme, das nicht berechtigt gewesen sei, den Vertrag zu ändern. Im Schriftsatz vom 30.9.2021 trägt der Beklagte nunmehr vor, dass die Beauftragung des Beklagten unter Zugrundelegung des Leistungsverzeichnisses vom 20.12.2016 und des Terminplans vom 17. Februar 2017 (Anlage K 18) zustande gekommen sei (so Bl. 174 der Akte unter Bezugnahme auf die Anl. B1). Die von der Klägerin behaupteten Fertigstellungstermine Mai bzw. Juli 2017 seien widerlegt worden durch die vorgelegte Anlage K 19 vom Oktober 2017, mit der die Klägerin zu erkennen gegeben hätte, dass sie auch im Oktober 2017 noch keinen Kündigungsgrund gesehen habe. Die Anlage K 17 habe mithin den vermeintlichen Vertragsterminplan (Anlage K 18) überholt. Die Anlage K 19 belege die Vertragstreue des Beklagten.
Die Anlagen K 16 und K 17 würden nicht belegen wer Kontoinhaber sei und ob auch ausgezahlt worden sei. Es fehle eine Zuordnung zu angeblichen Rechnungen. Die Klägerin tauche nicht als Absenderin der Zahlungen auf. Der Beklagte bestreitet, dass die angeblichen Zahlungen solche seien, die auf die angeblichen Ersatzvornahmen geleistet worden seien. Die Gesamtbeträge aus den Anlagen K 16 und K 17 lägen um ein Vielfaches oberhalb der Klageforderung.
Aus den Schreiben der Klägerin vom 1.8.2017 (Anl. K2) und vom 9.8.2017 (Anl. K3) ergebe sich, dass die Klägerin selbst zugestehe, dass die Themen „Estrichfeuchte“ und „Aufschüsseln des Estrichs im Randbereich“ zwischen den Parteien noch nicht geklärt gewesen war. Demzufolge sei der Beklagte sowohl bis zum 4.8.2017 als auch bis zum 9.8.2017 in seiner Leistungsausführung behindert gewesen, da die Klägerin noch in Ihrem Schreiben vom 9.8.2017 in technischer Hinsicht einräume, dass der Estrich eine Restfeuchte von max. 2 % gehabt hätte. Bei dem vorhandenen Heizestrich sei nach den anerkannten Regeln der Technik jedoch eine maximale Restfeuchte von 1,8 % zulässig. Nach dem Messprotokoll des Beklagten sei die Restfeuchte zu hoch gewesen und damit die Belegreife des Bodens nicht gegeben gewesen, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anl. B5 Bezug genommen. Die Messungen des Beklagten seien fachgerecht nach TKB Merkblatt 16 und DIN 18356 erfolgt. Die Klägerin habe unzulässiger Weise nach Schweizer Norm gemessen statt nach der deutschen DIN-Norm. Bei einem Heizestrich müsse die Restfeuchte </= 1,8 % sein, diese Restfeuchte sei vorliegend überschritten gewesen, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anl. B5 und B6 Bezug genommen. Die Klägerin habe mit Schreiben vom 8.8.2017 (Anlage B 10) bestätigt, dass die Aufschüsselungen noch nicht beseitigt waren und damit keine Baufreiheit bestanden hätte. Mit gleichem Datum sei eine Teilauftragsentziehung grundlos erfolgt (Anlage B 11). Eine Vorablieferung von Material auf der Baustelle sei von der Beklagten vertraglich nicht geschuldet gewesen. Die Beklagte habe bereits Leistungen erbracht, wie sich aus dem Schreiben der Klägerin vom 18.8.2017 entnehmen lasse, da sie ankündigte, eine Teilabnahme durchführen zu lassen.
Die Anlage K 20 sei nicht Vertragsbestandteil geworden.
Die Klägerin habe -vertragswidrig- mit Schreiben vom 1.8.2017 (Anl. K2) eine Fertigstellungsfrist zum 2.9.2017 gesetzt und habe diese mit Schreiben vom 9. 8. 2017 (Anl. K3) auf den 28.8.2017 verkürzt.
Die Parteien hätten nicht die Estrichwerte einvernehmlich mit max. 2 % festgelegt gehabt, wie die Klägerin im Schreiben vom 15.8.2017 (Anl. K4) geschrieben hätte.
Das Kündigungsschreiben vom 18.8.2017 (Anl. K5), das die Teilkündigung „Bodenbelagsarbeiten im Bereich Halle 2, 2. OG Säle“ enthalte seit 15 Tage vor dem Ende der Fertigstellungsfrist, die die Klägerin mit Schreiben vom 1.8.2017 (Anl. K2) gesetzt hatte, erfolgt und sei damit als freie Teilkündigung rechtlich einzuordnen.
Die Klägerin habe bereits am 18.8.2017 die Drittfirma mit den Parkettarbeiten beauftragt und damit vor Kündigung des Werkvertrages mit dem Beklagten, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf die Anl. K7 Bezug genommen. Die Klägerin habe die Linoleum-und Teppicharbeiten erst am 17.5.2017 an eine Drittfirma vergeben, und damit fast 4 Monate nach Ausspruch der Kündigung. Daraus ergebe sich, dass die Arbeiten nicht so eilig gewesen waren, dass sie eine sofortige Kündigung gerechtfertigt hätten, so dass die ausgesprochene Kündigung erst recht als freie Kündigung zu qualifizieren sei.
Die Beklagte bestreitet, dass es sich bei den Arbeiten aus der Anl. K6 und K7 um dieselben Arbeiten handele, auf die sich die Teilkündigung Anl. K54 beziehe. Dies ergebe sich schon daraus, dass es in den Sälen im 2. OG keinerlei Teppichboden bzw. Linoleum geben hätte.
Es fehle ein Vortrag der Klägerin, welche „Zusatzleistungen abgezogen“ worden seien.
Die von den Drittfirmen ausgeführten Arbeiten seien den von dem Beklagten geschuldeten Arbeiten in technischer Hinsicht und hinsichtlich der Materialien nicht gleichwertig.
Der Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die Klägerin die fraglichen Kosten (Anl. K6 und K7) bezahlt hätte. Der Werkvertrag zwischen den Parteien sei zumindest teilweise unwirksam da in Z. 4 des Auftrags Leistungsverzeichnis ein 13 Stunden Tag vorgesehen sei, was ein schwerer Vergabeverstoß sei. Als Folge der unzulässigen Arbeitszeitangabe in Anl. K1 seien die Leistungszeiträume auf der Grundlage einer zulässigen Arbeitszeit zu korrigieren und damit zu verlängern.
Sämtliche Teilauftragsentziehungen seien unberechtigterweise erfolgt, und damit als freie Teilkündigungen zu qualifizieren. Die Kündigungen der Klägerin seien als unzulässige Rechtsausübung i.V.m. einem Verstoß gegen das bauvertragliche Kooperationsgebot unwirksam. Die vorgerichtlich geltend gemachten Schadensersatzforderungen seien deutlich geringer als die nunmehr geltend gemachte Klageforderung.
Der von der Klägerin geltend gemachte Schadenersatz sei keine Entgeltforderung, so dass § 288 Abs. 2 BGB nicht einschlägig sei.
Das Gericht hat dem Beklagten die Klage am 9.1.2020 zugestellt (Bl. 50 der Akte).
Das Gericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 26.5.2021 rechtliche Hinweise erteilt, insoweit wird wegen der näheren Einzelheiten auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vor dem Landgericht Wiesbaden vom 26.5.2021 (Bl. 135 f. der Akte) Bezug genommen.
Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die zur Gerichtsakte gereicht wurden, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist bis auf einen kleinen Teil der Zinsforderung begründet.
Die Klägerin als Bestellerin hat gegen den Beklagten als Werkunternehmer einen Anspruch auf Zahlung von 96.980,68 € als Mehrkosten nach Kündigung des zwischen ihnen bestehenden Werkvertrages über Bodenbelagsarbeiten im Rhein-Main Congresscenter in Wiesbaden.
Der zwischen den Parteien am 22.12.2016 zustande gekommene Werkvertrag ist nicht nichtig gemäß § 138 BGB wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot. Es kann offenbleiben, ob eine vertragliche Regelung, wonach der Werkunternehmer täglich 13 Stunden zu arbeiten hätte als Verstoß gegen Vergabevorschriften bzw. arbeitsschutzrechtliche Vorschriften zur Nichtigkeit des Werkvertrages führen würde oder zur Anfechtbarkeit, da eine solche Arbeitszeitvorgabe durch die Klägerin als Auftraggeberin gegenüber dem Beklagten als Auftragnehmer nicht gestellt worden ist. Die Klägerin hat unter Z. 4 des Werkvertrages (Anl. K1) geregelt, dass für die eigene Planung der einzelnen Vorgänge, Bemessung von Manpower und des Geräts der Bieter eine Montag bis Freitag 5 Arbeitstage Woche und Arbeitszeiten zwischen 7:00 Uhr bis 20:00 Uhr zugrunde zu legen hat, so dass damit klargestellt worden ist, dass eine Arbeitszeit vor 7:00 Uhr morgens und nach 20:00 Uhr abends nicht von der Auftraggeberin toleriert werden würde und somit beispielsweise eine Nachtarbeit nicht in Betracht käme.
Die Klägerin hat durch 3 Teilkündigungen das Vertragsverhältnis hinsichtlich der Bodenbelagsarbeiten im 2. Obergeschoss in Halle 2 (Parkett), im 2. Obergeschoss Halle 1 (Parkett) und im 2. Obergeschoss in der Halle 2 hinsichtlich der Verlegarbeiten Teppich und Linoleum beendet. Der Klägerin stand gegenüber dem Beklagten ein Kündigungsrecht gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 VOB/B i.V.m. § 5 Abs. 4 1. Alt. VOB/B zu, da der Beklagte den Ausführungsbeginn der Arbeiten verzögerte und trotz angemessener Nachfristsetzung zur Vertragserfüllung und Androhung der Auftragsentziehung die Arbeiten nicht aufgenommen hat bzw. gemäß § 8 Abs. 3 VOB/B i.V.m. § 5 Abs. 4 3. Alt. i.V.m. § 5 Abs. 3 VOB/B wegen unzureichender Ausstattung der Baustelle mit Arbeitskräften und Gerätschaften nach erfolgtem Abhilfeverlangen unter Fristsetzung.
Es kann offenbleiben, ob der im Bauvertrag genannten koordinierte Detailterminplan für Leistungsverzeichnis Bodenbelagsarbeiten unter Punkt 09 Rahmenterminplan durch den Terminplan vom 17.2.2017 von dem Beklagten unterschrieben am 27. Februar 2017 (Anlage K 18) ersetzt bzw. fortgeschrieben worden ist, da der Beklagte mit seinem Schreiben vom 5.7.2017 den Baubeginn der im Vertrag stehenden Bodenbelagsarbeiten für den 24.7.2017 angezeigt hat (Anlage K9) und dieser von den Beklagten selbst gesetzte Beginn für die Vertragsleistungen von ihm unstreitig nicht eingehalten worden ist.
Die Verzögerung des Ausführungsbeginns berechtigt die Klägerin zur (Teil-) Kündigung des Werkvertrages nach § 5 Nr. 4 VOB/B i.V.m. § 8 Abs. 3 VOB/B. Die Arbeitsaufnahme war definitiv vom Beklagten für den 24.7.2017 angekündigt worden und die Klägerin hat nach Verstreichen dieses Termins unmissverständlich gegenüber dem Beklagten zum Ausdruck gebracht, dass der vorgegebene Zeitplan, sei es der vom 30.8.2016 oder vom 17.2.2017 keinen Spielraum eröffnet, um die Arbeiten weiträumig zu verzögern. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 24.7.2017 den Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er selbst den Arbeitsbeginn vom 24. 7. 2017 angekündigt hat (Anlage K 11) und er dringend zur Rückäußerung hinsichtlich der Umsetzung seiner Leistung bis zum 25.7.2017 12:00 Uhr aufgefordert wird. Demzufolge war der Anspruch der Klägerin als Auftraggeberin auf Beginn der Ausführung fällig. Der Beklagte hatte sich spätestens mit Schreiben vom 5.7.2017 verbindlich verpflichtet am 24.7.2017 mit der Ausführung zu beginnen. Soweit der Beklagte -wiederholt- Bedenken hinsichtlich der Belegreife des Estrichs und der Aufschlüsselungen angemeldet hat, führen diese Bedenkenanmeldungen nicht zu einem Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten gemäß § 320 BGB mit der Konsequenz, dass der Beklagte (vorübergehend) nicht mit der Ausführung hätte beginnen müssen, unabhängig davon, ob er das Leistungsverweigerungsrecht konkret ausgeübt hat oder nicht. Die Klägerin hat durch ihre Mahnung mit Nachfristsetzung bis zum 4.8.2017, verbunden mit der Mitteilung, dass Belegreife bestehe, dafür Sorge getragen, dass der Beklagte ohne Haftungsrisiko mit dem Verlegen des Parketts beginnen konnte. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 9.8.2017 auf die erneute Bedenkenanmeldung vom 7.8.2017 des Beklagten unverzüglich reagiert, und ihm erneut die Belegreife attestiert und eine Frist bis zum 11.8.2017 gesetzt. Mit Schreiben vom 15. August setzte die Klägerin dem Beklagten erneut eine Frist bis zum 17.8.2017, worauf der Beklagte mit Schreiben vom 16.8.2017 erneut Bedenken anmeldet. Obwohl die Klägerin durch ihre Weisung gemäß § 13 Abs. 3 VOB/B, dass Belegreife besteht und deshalb mit den Verlegarbeiten zu beginnen ist für den Beklagten jegliches Haftungsrisiko, das sich auf einer mangelhaften Belegreife oder Aufschüsselung des Estrichs ergeben könnte ausgehebelt hat, hat der Beklagte seine Arbeiten nicht begonnen, und damit der Klägerin, die wiederholt die Auftragsentziehung angekündigt hat, den Kündigungsgrund des § 5 Abs. 4 VOB/B eröffnet. Der Bundesgerichtshof hat wiederholt darauf hingewiesen, dass eine „die gesetzliche Risikoverteilung beim Werkvertrag abändernde Risikoübernahme eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung“ zwischen den Vertragsparteien voraussetzt. Dies ist der Fall, wenn der Unternehmer vor der Ausführung der Leistung über das bestehende Risiko hinreichend aufgeklärt und der Besteller sich gleichwohl mit der Übernahme des Risikos ausdrücklich oder konkludent einverstanden erklärt (BGH Baurecht 2012,115, Pastor in Werner-Pastor Rn. 2035 ff.). Der Unternehmer wird von seiner Haftung befreit, wenn er die ihm obliegende Prüfung- und Informationspflichten hinreichend beachtet hat. Die Klägerin ist hier selbst sachverständig und demzufolge in der Lage, die von dem Beklagten vorgetragenen Bedenken hinsichtlich der Belegreife selbstständig zu prüfen und entsprechende Weisungen zu erteilen. Die Klägerin verfügt über eine Fachkenntnis auf die auch der Beklagte vertrauen darf, so dass er von einer weiteren Verpflichtung zur eigenen Prüfung hinsichtlich der von der Klägerin erteilten Anweisung, die Belegreife des Estrichs sei gegeben, befreit ist. Beharrt die Klägerin als Auftraggeberin trotz des ausdrücklichen und nachhaltigen Hinweises des Beklagten auf die möglichen Nachteile auf die Verlegung der Bodenbeläge, so fällt im Regelfall für den Beklagten als Unternehmer die Haftung für Mängel, die sich aus der Anweisung ergeben weg, denn insoweit liegt kein Werk des Unternehmers vor. Die eingetretenen nachteiligen Folgen sind vielmehr allein durch den Bauherrn verursacht, nicht anders, als hätte er die üblichen Maßnahmen durch eigene Tätigkeit herbeigeführt (so ausdrücklich BGH WM 1977, 1172). Die Klägerin hat dem Beklagten dezidiert darauf hingewiesen, dass aufgrund des konkreten Deckensaufbaus und der verlegten Fußbodenheizung eine Belegreife bereits bei einer Restfeuchte des Estrichs von 2,0 % besteht, um dann im Nachgang auszuführen, dass bereits eine Restfeuchte von 1,8 % erreicht ist. Da die Klägerin den Beklagten wiederholt gemahnt hat, kommt es nicht darauf an, ob für den Ausführungsbeginn eine Frist im Sinne von § 286 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB vereinbart worden war, so dass eine Mahnung entbehrlich gewesen wäre. Letztlich hat der Beklagte durch seine Mitteilung vom 17.8.2017, dass er „heute“ die Arbeiten beginnen werde, eine weitere schuldhafte Verzögerung des Ausführungsbeginns dokumentiert, da er am 17.8.2017 unstreitig nicht mit den Arbeiten begonnen hat, so dass auch aus diesem Umstand heraus die am 18.8.2017 von der Klägerin ausgesprochene Teilkündigung gemäß § 8 Abs. 3 VOB/B i.V.m. § 5 Abs. 4 VOB begründet ist. Der Beklagte als Auftragnehmer muss den Ausführungsbeginn schuldhaft verzögert haben, wobei das Verschulden zu vermuten ist. Im Rahmen des § 5 Abs. 4 VOB/B gilt dieser Grundsatz des vermuteten Verschuldens ebenfalls. Die Verzögerung des Ausführungsbeginns stellt einen Grund zur sofortigen Kündigung des Werkvertrages dar (vergleiche OLG Koblenz NZ Bau 2013,36).
Die 2. Teilkündigung vom 26.10.2017 ist gemäß § 8 Abs. 3 VOB/B als sofortige Kündigung wirksam, da der Beklagte trotz Ankündigung seiner Leistungsbereitschaft am 4.10.2017 auf die Mahnung der Klägerin vom 10.10.2017 bis zum 16. Oktober 2012 mit den Arbeiten im 2. Obergeschoss zu beginnen, wiederum mit Bedenkenanmeldungen am 18. Oktober 2017 und der Forderung nach einem schriftlichen Gewährleistungsausschluss reagiert hat. Er hat entgegen seiner angekündigten Leistungsbereitschaft die Arbeiten nicht begonnen. Auch wenn man im Schreiben vom 10.10.2017 eine -konkludente- nachträgliche Abänderung der Ausführungsfristen für die Arbeiten im 2. Obergeschoss 1. Halle für den 16. Oktober 2017 sehen wollte, hätte der Beklagte diese Frist für den Beginn seiner Arbeiten nicht eingehalten und auch nach entsprechender Nachfristsetzung bis zum 24.10.2017 unter Androhung einer Auftragsentziehung für die Parkettarbeiten diese nicht begonnen. Stattdessen hat er mit den Schreiben vom 23. 10.2017 und 25. 10. 2017 erneut Bedenken angemeldet und trotz der konkreten Weisung der Klägerin, wonach eine Belegreife vorliege und deshalb mit den Arbeiten zu beginnen sei, die Arbeiten nicht begonnen, so dass am 26.10.2017 die Voraussetzungen für die 2. (Teil-) Kündigung der Parkettarbeiten im 2. Obergeschoss 1. Halle vorlagen.
Die 3. Teilkündigung vom 2.11.2017 ist gemäß § 8 Abs. 3 VOB/B wirksam als sofortige Kündigung. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 26.10.2017 den Beginn der Arbeiten unter Fristsetzung bis 30.10.2017 für das Verlegen des Teppichbodens und des Linoleums angemahnt, so dass am 2.11.2017 mit Ablauf der gesetzten Frist die Kündigung nach § 5 Abs. 4 VOB/B berechtigterweise ausgesprochen worden ist.
Die Klägerin kann sich für ihre ausgesprochenen Kündigungen jeweils auch auf § 5 Abs. 4 3. Alt. in Verbindung mit § 5 Abs. 3 VOB/B als Kündigungsgrund für eine sofortige Kündigung stützen, da der Beklagte die Baustelle weder mit Arbeitskräften noch mit Arbeitsgeräten ausreichend versorgt hat. Nach unbestrittenem Vortrag der Klägerin ist der Beklagte alleine auf der Baustelle am 24.10.2017 erschienen und führte lediglich ein unzureichendes Arbeitsgerät mit sich, so dass eine ausreichende Ausstattung der Baustelle mit Arbeitskräften und Arbeitsgeräten zu keinem Zeitpunkt vorlag. Dieser Vortrag der Klägerin ist von dem Beklagten nicht qualifizierte bestritten worden, ohne dass es darauf ankommt, ob der Beklagte verpflichtet war das zu verlegene Parkett auf der Baustelle zu lagern (vergleiche im Einzelnen Werner-Pastor Rn. 1757, OLG Hamm IBR 2010,440).
Gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 2 S. 1 VOB/B kann die Klägerin von dem Beklagten den erforderlichen Aufwand einer Ersatzvornahme verlangen. Die Klägerin hat die dem Beklagten im Vertrag vom 22.12.2016 übertragenen Arbeiten an die Firmen … und … vergeben. Die Inanspruchnahme des Beklagten 96.980 € gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 4 VOB/B setzt voraus, dass die Klägerin eine die Mehrkosten rechtfertigende Aufstellung vorlegt, die es dem Beklagten erlaubt, die Berechtigung seiner Forderungen nachzuvollziehen (Ingenstau Korbion 17. Aufl. § 8 Nr. 4 VOB/B Rn. 76). Welche Angaben es dafür bedarf, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. § 14 Nr. 1 VOB/B ist dafür kein Maßstab, entscheidend ist vielmehr das konkrete Kontroll- und Informationsinteresse des Beklagten (OLG Celle Baurecht 2006,117). Die Klägerin hat die Leistungen an die Drittfirmen basierend auf den Ausschreibungsunterlagen insbesondere des Leistungsverzeichnisses vergeben deren Modalitäten dem Beklagten bekannt sind. Die Preisgestaltung der Drittfirmen sind durch die vorgelegten Rechnungen in ihren Einzelheiten offengelegt worden. Zwar ist die Situation des § 8 Nr. 3 Abs. 4 VOB/B im Regelfall dadurch bestimmt, dass ein 1. Auftragnehmer durch einen 2., teuren Auftragnehmer ersetzt wird, ohne dass sich die Angemessenheit von dessen Preiskalkulation erschließt und dass eine Übervorteilung des 1. Auftragnehmers befürchtet werden muss, so dass es zur Interessenwahrnehmung des gekündigten Werkunternehmers einer ins Detail gehende Unterrichtung über die Konditionen des Zweitauftrages bedarf, weil eine Kontrolle geboten ist. Doch ist diesem Unterrichtungsinteresse des Beklagten hier ausreichend Rechnung getragen. Es ist anerkannt, dass die Aufstellung der Mehrkosten nicht stets den Anforderungen an eine prüfbare Rechnung gemäß § 14 Abs. 1 VOB/B entsprechen muss: Im Einzelfall können die Anforderungen auch geringer sein, wenn die Abrechnung den Kontroll- und Informationsinteressen des Auftragnehmers entspricht. Die beiden Drittunternehmen sind auf der vertraglichen Grundlage tätig geworden, die für den Beklagten selbst gegolten hat und sie haben zu Preisen gearbeitet, die von der Beklagten nicht substantiiert angegriffen worden sind. Im Einzelnen ist dazu auszuführen, dass den von den Drittunternehmern in den Rechnungen aufgeführten Leistungen im Rahmen der Rechnungsprüfung die einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses zugeordnet worden sind. Die tatsächlich gebrauchten Mengen und Einheiten sind mit den im Leistungsverzeichnis vereinbarten Preisen auf der einen Seite und den von den Drittfirmen tatsächlich abgerechneten Preisen gegenübergestellt worden. Die daraus errechnete Differenz bildet die Mehrkosten der Klägerin ab. Die Klägerin hat ausweislich ihrer Berechnung die zusätzlich beauftragten Arbeiten und die nicht vergleichbaren Positionen der Drittfirmen mit den im Leistungsverzeichnis vereinbarten Arbeiten der Beklagten aus der Schadensberechnung herausgenommen, so dass sich eine Gesamtschadenssumme i.H.v. 115.023,32 € ergibt abzüglich des bereits titulierten Betrages von 58.042,64 €, der Klagebetrag. Angesichts des dem Beklagten bekannten Leistungsverzeichnisses, den einzelnen vorgelegten Abschlagsrechnungen und Schlussrechnungen, den von der Klägerin im einzelnen vorgetragenen Erläuterungen zu den Berechnungen ist eine Prüffähigkeit der geltend gemachten Positionen gegeben, und es ist dem Beklagten auch aufgrund seiner Sachkunde möglich zu den einzelnen Positionen qualifiziert vorzutragen. Allein der Vortrag, die Arbeiten der Drittunternehmen seien in technischer Hinsicht sowie im Hinblick auf das verwendete Material nicht mit seinem Auftrag vergleichbar, genügt nicht den Anforderungen an ein qualifiziertes Bestreiten. Die einzelnen Positionen nebst Kostenfaktoren, Mengen und Massen sowie der Bezeichnung des verwendeten Materials wie etwa des eingebauten Parketts eröffnen dem Beklagten die Möglichkeit im Einzelnen die Positionen zu überprüfen und Einwände gegebenenfalls zu erheben. Die Kostensteigerung zwischen der Beauftragung des Beklagten und der Ausführung durch die Drittunternehmen erklärt sich bereits durch die nachträgliche Beauftragung der Drittunternehmen und nicht durch eine Auftragserweiterung oder einer nicht vorgesehenen Abrechnung nach Stundenlohn oder qualitativ höherwertigen Materials, insbesondere bei dem verlegten Parkett. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes kann der Auftraggeber auch die Mehrkosten für Bauleistungen verlangen, die zwar im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht vereinbart waren, die der Auftragnehmer jedoch gemäß § 1 Abs. 3 und Abs. 4 VOB/B nach einer entsprechenden Anordnung hätte durchführen müssen. Die Klägerin hat jedoch vorgetragen, dass sie solche Mehrkosten aus den Rechnungen der Drittunternehmer herausgerechnet hat. Der Beklagte hat diesen klägerischen Vortrag nicht bestritten und auch nicht vorgetragen, dass die Klägerin als Auftraggeberin im Rahmen der Ersatzvornahme den Mehraufwand nicht in vertretbaren Grenzen gehalten hätte also gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen hätte. Soweit der Beklagte geltend macht, dass die vorgerichtlich geltend gemachten Schadensersatzforderungen deutlich geringer gewesen seien als die nunmehr geltend gemachte Klageforderung folgt daraus nicht, dass die von der Klägerin abgerechneten Positionen nicht angefallen sind oder übermäßig abgerechnet wurden, hierzu fehlt jeglicher Vortrag des Beklagten, wie im Einzelnen dargelegt.
Der Umstand, die Klägerin bereits am 18.8.2017 die Drittfirma mit Parkettarbeiten beauftragt hat und damit vor Kündigung des Werkvertrages führt nicht dazu, dass die dadurch angefallenen Kosten nicht als Ersatzvornahmekosten ersatzfähig wären. Ausschließlich entscheidend ist, dass die Arbeiten durch den Drittunternehmer als Folge der wirksamen Kündigung des Werkvertrages zur Fertigstellung des Werkes erforderlich wurden. Auf das Datum der Beauftragung kommt es nicht an. (vgl. Werner/Pastor Rdn. 1764).
Aus dem Umstand, dass die Klägerin die Linoleum- und Teppicharbeiten erst am 17.5.2017 an eine Drittfirma vergeben hat, und damit fast 4 Monate nach Ausspruch der Kündigung führt nicht dazu, dass die am 2.11.2017 ausgesprochene 3. Teilkündigung als sofortige Kündigung unwirksam gewesen wäre, da der Kündigungsgrund des verzögerten Arbeitsbeginns trotz Nachfristsetzung und Ankündigung der Auftragsentziehung nicht dadurch entfällt, dass eine Beauftragung der Drittfirma zur Vornahme der auszuführenden Arbeiten später erfolgt. Es findet im Rahmen der Prüfung eines verzögerten Arbeitsbeginns keine Abwägung statt, ob dieser verzögerte Arbeitsbeginn von dem Besteller hinzunehmen sei, weil die Arbeit nicht dringlich ist. Ein Verstoß gegen das bauvertragliche Kooperationsgebot durch die Klägerin liegt nicht vor, was dazu führen könnte, dass eine sofortige Kündigung unwirksam wäre. Vielmehr war das gesamte Verhalten des Beklagten über Monate aus Sicht der Klägerin als eine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung zu qualifizieren, da die angekündigte Arbeitsaufnahme zum 24.7.2017 ebenso wenig erfolgt ist wie die am 4.10.2017 erklärte Leistungsbereitschaft durch eine tatsächliche Arbeitsleistung auf der Baustelle bestätigt worden ist. Die Klägerin hat vor jeder der ausgesprochenen Teilkündigungen wiederholt Fristen zur Arbeitsaufnahme dem Beklagten gesetzt und auf die Auftragsentziehung hingewiesen, ohne dass der Beklagte erkennbare Arbeitsleistung auf der Baustelle erbracht hat. Er hat sich ausschließlich darauf zurückgezogen, dass Baubehinderungen vorlägen, weil die Belegreife des Estrichs nicht gegeben sei und er hat trotz der entsprechenden Erklärung der Klägerin gemäß § 13 VOB/B daran festgehalten, mit den Arbeiten nicht zu beginnen. Die Klägerin hat unwidersprochen -aus Kulanz- der von dem Beklagten vorgeschlagenen Auswechselung des ausgesuchten Parketts zugestimmt, weil der Beklagte nicht in der Lage war die benötigte Menge des zu verlegenden Parkett zu besorgen, insbesondere weil er nicht frühzeitig die Bestellung der erforderlichen Menge des Parkett in die Wege geleitet hatte, so dass von einem Verstoß gegen das bauvertragliche Kooperationsgebot durch die Klägerin nicht die Rede sein kann. Die Klägerin hat stattdessen alle Möglichkeiten zur Beschleunigung der durch den Beklagten zu erbringenden Arbeiten ergriffen und ihm gegenüber die Weisung erteilt mit den Belagsarbeiten zu beginnen, da nach Ansicht der Klägerin die Belagsreife eingetreten war. Es war ausschließlich der Beklagte der seine Leistung nicht erbracht hat, obwohl keine beachtlichen Behinderungen bestanden haben.
Soweit der Beklagte mit Nichtwissen bestreitet, dass die Klägerin die Ersatzvornahmekosten bezahlt hat, ist dieses Bestreiten angesichts der vorgelegten Überweisungsträger und Angabe der entsprechenden Kontonummer unsubstantiiert, und damit unbeachtlich.
Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.1.2021 291 BGB, da das Gericht die Klage dem Beklagten an diesem Tag zugestellt hat. Der Zinssatz nach § 288 Abs. 2 BGB ist nicht anwendbar, weil es sich bei den Ersatzvornahmekosten um keine Entgeltforderung handelt. Entgeltforderungen sind nur Forderungen, die auf Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen gerichtet sind (BGH NJW 2010, 1872). Soweit § 291 S. 2 BGB die entsprechende Anwendung des § 288 BGB anordnet ist damit lediglich die Anwendung der Vorschriften für die Fälle, in denen kein Verzug besteht eröffnet und entbindet nicht vom Erfordernis einer Entgeltforderung im Rahmen des § 288 Abs. 2 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, wonach die Kosten des Rechtsstreites dem Beklagten aufzuerlegen waren, da die Zuvielforderung der Klägerin unwesentlich ist und keine zusätzlichen Kosten verursacht hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.