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Werkvertrag – Kostenersatz für Überwachung des Unternehmers durch Besteller

LG Frankfurt – Az.: 2/1 S 10/17 – Urteil vom 07.03.2018

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 16.12.2016 (30 C 159/16 (25)) teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 367,53 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.3.2014 zu zahlen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 78 %, die Beklagte 22 %.

Das Urteil und das Urteil des Amtsgerichts sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren festgesetzt auf 1.712,80 €.

Gründe

I.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf die angefochtene Entscheidung verwiesen und im Übrigen von einer Darstellung abgesehen, §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet, §§ 517, 519, 520 ZPO. In der Sache hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg:

1.

Das angefochtene Urteil war insoweit abzuändern, als darin ein Anspruch des Klägers auf Zahlung der Sachverständigenkosten von 367,53 € abgewiesen wurde. Dieser Anspruch steht dem Kläger aus §§ 631, 241, 281, 249 BGB zu. Die Beklagte schuldete nicht nur die Lieferung und den Einbau des streitgegenständlichen Kamins. Sie war auch verpflichtet, den Kläger bei der Durchführung des Vertrages zu beraten (vgl. zu bauvertraglichen Beratungspflichten Voit in BeckOK, BGB, 44. Aufl. 2017, § 631, Rn. 49). Das ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Beratungspflicht folgt vorliegend auch aus der Art des Gewerkes, denn der Einbau des Kamins erforderte Fachwissen und je nach Bauablauf die Erörterung verschiedener Einbauvarianten und Durchführungsmöglichkeiten. Die Beklagte hat den Kläger auch konkret beraten, nachdem der Bauträger die bauseits ursprünglich zugrunde gelegte Ausführung änderte und sich der Zug mit der Frischluftzufuhr danach links befand und rechts daneben der Rauchabzug. Ihre Beratung bestand darin, dass sie dem Kläger durch ihren Mitarbeiter H. mitteilen ließ, der nunmehr erstellte Schornstein sei für den Einbau des bestellten Kamins ungeeignet, ein Einbau des Kamins sei nicht möglich.

Die Beklagte hat diese Beratungspflicht als vertragliche Nebenpflicht verletzt. Die Angabe, der Einbau des Kamins sei bei der vorgefundenen Aufstellsituation nicht möglich, war unzutreffend: Der Kamin konnte eingebaut werden. Das hat die Beklagte selbst schlussendlich nach den Vorgaben des vom Kläger bestellten Privatsachverständigen J. getan. Die fehlerhafte Aussage ihres Mitarbeiters H. muss sich die Beklagte gemäß § 278 BGB zurechnen lassen.

Dabei ist nicht erheblich, ob die Vorgaben des Sachverständigen technisch vorzugswürdig sind und/oder eine weniger geeignete Einbauvariante darstellen. Die Kammer musste diesem Beweisangebot der Beklagten nicht nachgehen. Denn die Beklagte hätte eben dies dem Kläger im Rahmen ihrer Beratungspflicht offen legen können und müssen. Sie hätte ihm mitteilen können, dass ein Einbau bei der neu vorgefundenen Situation zwar möglich, aber – wie von der Beklagten vorgetragen – „nicht optimal“ war. Das hat sie aber nicht getan. Dass die vom Sachverständigen empfohlene Einbauvariante gänzlich ungeeignet ist, trägt freilich auch die Beklagte nicht vor. Wäre das der Fall, hätte sie kein funktionstaugliches Bauwerk errichtet, als sie die Vorgaben des Sachverständigen umsetzte, und hätte damit ihre eigene Hauptleistungspflicht nicht erfüllt.

Der Kläger war nicht gehalten, vor Einholung der Stellungnahme des Privatsachverständigen J. der Beklagten eine Frist zu setzen. Diese war gemäß § 281 Abs. 2 BGB nach den Umständen entbehrlich. In der Email vom 5.10.2012 hat der Mitarbeiter der Beklagten geäußert, der bestellte Kamin könne bei der vorgefundenen Aufstellsituation nicht aufgebaut werden. Das war eine klar ablehnende Einschätzung. Entgegen der Ansicht der Beklagten stand eine weitere Beratung und Erörterung damit nicht im Raum. Die formelhafte Wendung am Ende der Email, man stehe für Rückfragen zur Verfügung, konnte aus Sicht des Klägers nicht so verstanden werden, als werde weiter nach Lösungen gesucht, den bestellten Kamin bei der geänderten Lage doch einzubauen.

Ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten vorsahen, dass nachträgliche Wünsche des Kunden auf Abänderung oder Ergänzung des Vertrages der Hauptverwaltung schriftlich zu unterbreiten waren und nur Vertragsbestandteil wurden, wenn sie von dort bestätigt werden, ist – ungeachtet der Wirksamkeit dieser Klausel – unerheblich. Denn diese Klausel betrifft bereits ihrem Wortlaut nach Vertragsänderungen. Zwar mag die schlussendlich gewählte Einbauvariante eine Änderung der ursprünglich vereinbarten Ausführungsart darstellen. Diese Vertragsänderung hat der Kläger der Beklagten auch unstreitig vergütet. Das ist nicht streitgegenständlich. Vorliegend verlangt der Kläger nämlich mit den Sachverständigenkosten eine Forderung wegen Verletzung einer vertraglichen Beratungspflicht. Darauf beziehen sich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten nicht.

Der Anspruch auf Zahlung der auf den Kläger entfallenen (hälftigen) Sachverständigenkosten ist der Höhe nach begründet, § 249 BGB. Ob die Beklagte auf die von dem Sachverständigen vorgeschlagene Ausführungsvariante selbst gekommen wäre und sie banal erscheinen mag, steht dem Anspruch nicht entgegen. Der Kläger als Laie konnte nicht wissen, dass der Rauchrohranschluss auch um den Schornstein herumgelegt werden konnte bzw. dass/ob diese Ausführungsvariante bei einem Kamin technisch möglich und zulässig ist. Die Höhe der Vergütung hat die Beklagte im Übrigen nicht substantiiert bestritten. Dem pauschalen Einwand, die Vergütung sei überzogen, musste die Kammer nicht nachgehen.

2.

Die Berufung war zurückzuweisen, sofern der Kläger Schadensersatz aus Verzug dafür verlangt, dass die Beklagte drei Tage länger gearbeitet habe als vereinbart und er sie in dieser Zeit persönlich habe beaufsichtigen müssen, so dass er ausgehend von seinem Jahresverdienst einen Verdienstausfall von 515,07 € pro Arbeitstag gehabt habe, ferner die Opernkarten am Abend des 16.1.2014 im Wert von 57,60 € verfallen seien.

a)

Die Voraussetzungen des Verzuges liegen dem Grunde nach nicht vor, § 286 BGB. Der Kläger hat keine Mahnung ausgesprochen. Sie war nicht entbehrlich. Insbesondere war die Leistung nicht im Sinne des § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB nach dem Kalender bestimmt. Die dafür erforderliche Vereinbarung der Parteien ist dem Schreiben vom 5.12.2013 nicht zu entnehmen, sofern es darin heißt, die Arbeiten würden am 16.12.2013 beginnen und „voraussichtlich“ am 18.12.2013 enden. Diese Erklärung der Beklagten kann nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§§ 133, 157 BGB) nicht so verstanden werden, als werde sie die Arbeiten jedenfalls bis 18.12.2013 abschließen. Mit der Einfügung des Wortes „voraussichtlich“ hat die Beklagte gerade deutlich gemacht, dass die Dauer der Arbeiten nicht genau bestimmbar war und es zu Verzögerungen kommen konnte. Eine verbindliche Zusage hat sie damit nicht abgegeben.

Auch war keine Zeit nach dem Kalender bestimmt, weil die Parteien vereinbart hätten, die Arbeiten sollten bis Weihnachten abgeschlossen sein. Zwar hat der Kläger dies in erster Instanz pauschal vorgetragen. Der Einvernahme des Zeugen P. bedurfte es dazu aber nicht. Denn der Kläger hat in seiner persönlichen Anhörung vor der Kammer angegeben, er sei davon ausgegangen, dass die Arbeiten bis Weihnachten fertig würden. Es sei ihm nämlich gesagt worden, die Montage werde 2 bis 3 Tage dauern. Der Kläger selbst hat damit klargestellt, dass es keine Abrede über eine „Fertigstellung bis Weihnachten“ gegeben hatte. Vielmehr sei das nur seine Interpretation der avisierten Zeitabläufe gewesen. Die Vereinbarung mit der Beklagten, bis Weihnachten sei der Kamin eingebaut, hat der Kläger damit nicht dargetan.

2.

Insbesondere war ein Anspruch des Klägers auf Ersatz von Verdienstausfall und die verfallenen Opernkarten wegen der Beaufsichtigung der Beklagten auch deswegen zu versagen, weil es sich dabei nicht um ersatzfähige Verzugsschäden handelt. Bereits für das allgemeine Schadensrecht ist höchstrichterlich entschieden, dass der Geschädigte den eigenen Zeitaufwand nur dann abrechnen kann, wenn der übliche Rahmen nicht überschritten wird (BGH Urt. v. 9.3.1976, VI ZR 98/15; BGH Urt. v. 31.5.1976, II ZR 133/74; vgl. auch Palandt-Grüneberg, BGB, 76. Aufl. 2017, § 249, Rn. 59). Im Baurecht ist anerkannt, dass die Kosten der Bauüberwachung nur erstattungsfähig sind, wenn sie im Hinblick auf den Umfang und die Intensität der Maßnahme bei verständiger Würdigung angemessen sind. Nicht erstattungsfähig sind insoweit die Kosten für die Überwachung des Objekts (OLG Köln, Urt. v. 17.5.2000, 26 U 50/99, Rn. 66 zitiert nach Juris; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, Teil 6, Rn. 200). Dieser Ansatz ist überzeugend. Er greift auch im vorliegenden Fall. Mit dem auch im Baurecht nach § 241 Abs. 2 BGB bestehenden Grundsatz gegenseitiger Rücksichtnahme (siehe nur Kniffka/koeble, a.a.O., Teil 7, Rn. 83 ff. und OLG Hamm, Urt. v. 1.8.2008, 19 U 7/08, Rn. 30 zitiert nach Juris) wäre es unvereinbar, wenn dem Besteller für die Überwachung des Unternehmers generell ein Kostenerstattungsanspruch zustünde. Zwar können in besonderen Fällen Ausnahmen bestehen, etwa wenn die besondere Sachkunde des Bestellers für den Schutz des Objektes oder seine persönliche Mithilfe erforderlich sind. In solchen Ausnahmesituation ist die Überwachung bzw. Mitwirkung eine Obliegenheitspflicht des Bestellers. Sofern nicht besonderes Wissen oder Fähigkeiten für den Werkerfolg erforderlich sind, ist eine Überwachung durch bloße Anwesenheit des Bestellers für die Erfüllung des Werkvertrages aber nicht erforderlich. Eine ersatzfähige Obliegenheit zur Überwachung durch den Besteller würde in solchen Fällen allein auf einem Misstrauen in die Integrität des Unternehmers bzw. seiner Mitarbeiter fußen und ist abzulehnen.

Eine Erstattungspflicht ist vorliegend auch nicht ausnahmsweise deshalb zu bejahen, weil der Mieter des Klägers eine Mietminderung angekündigt hatte, falls der Kläger die Arbeiten der Beklagten nicht persönlich überwachte. Das vertragliche Verhältnis des Klägers zu einem Dritten (hier seinem Mieter) kann – unabhängig davon, ob das Mietminderungsbegehren des Mieters begründet war oder nicht – eine erstattungsfähige Überwachung der Beklagten nicht bedingen.

3.

Zinsen kann der Kläger aus dem zugesprochenen Betrag in gesetzlicher Höhe verlangen, §§ 286, 288 BGB. Nach Fristsetzung zum 21.3.2014 befand sich die Beklagte mit der Zahlung dieses Betrages seit dem 22.3.2014 in Verzug.

Der Kläger hat die in erster Instanz geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in der Berufung nicht mehr verlangt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 ZPO nicht vorliegen.

Der Streitwert wurde auf Grundlage des § 47 GKG festgelegt.

Diese Entscheidung kann in Bezug auf die Festsetzung des Streitwertes mit der Beschwerde angefochten werden. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache rechtskräftig geworden ist oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Frankfurt am Main, 60313 Frankfurt am Main, Gerichtsstraße 2 eingeht.

Wird der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung der Festsetzung bei dem Gericht eingelegt werden. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 € übersteigt oder das Gericht die Beschwerde in diesem Beschluss zugelassen hat.

Beschwerdeberechtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des genannten Gerichts eingelegt. Sie kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei dem genannten Gericht ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.

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