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Werkvertrag – Horizontalsperrenherstellung zur Abdichtung eines Einfamilienhauses

Im Zentrum rechtlicher Auseinandersetzungen im Baurecht steht oft die Frage nach der Erfüllung und Auslegung von Werkverträgen. Besonders häufig treten diese Fragestellungen bei der Ausführung von baulichen Maßnahmen an Immobilien auf, wie etwa der Herstellung von Horizontalsperren zur Abdichtung von Einfamilienhäusern. Ein Kernproblem solcher Verträge liegt oft in der Bewertung, ob die erbrachte Leistung den vertraglichen Vereinbarungen entspricht. Insbesondere geht es um die Frage, ob ein Mangel vorliegt und welche Konsequenzen sich daraus für den Werklohnanspruch ergeben.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt betrifft die Geschäftsgrundlage des Vertrags, insbesondere wenn unvorhergesehene Umstände wie die Eignung bestimmter Baumaterialien – in diesem Fall das Injektionsmittel zur Mauertrockenlegung – eine Rolle spielen. Die rechtliche Herausforderung besteht darin, zwischen den vertraglichen Vereinbarungen und der tatsächlichen Ausführung zu unterscheiden und zu beurteilen, inwieweit Abweichungen vom Vertragsinhalt gerechtfertigt sind oder eine Anpassung des Werklohns erforderlich machen.

Diese Thematik spiegelt sich in zahlreichen gerichtlichen Entscheidungen wider, die sich mit der Auslegung von Werkverträgen, der Feststellung von Mängeln, der Anpassung des Werklohns und der Anwendung anerkannter Regeln der Technik auseinandersetzen. Sie verdeutlicht die Komplexität und die Bedeutung einer präzisen vertraglichen Gestaltung sowie einer sorgfältigen Ausführung von Bauarbeiten.

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Das Wichtigste in Kürze


Das Oberlandesgericht Brandenburg hat in einem Fall über Vergütungsansprüche aus einem Werkvertrag zur Herstellung einer Horizontalsperre entschieden, wobei der Werklohn aufgrund abweichender Materialverwendung und fehlender Mängel im Ergebnis reduziert wurde.

Liste der zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Vertragsgegenstand: Streit über Vergütungsansprüche aus einem Werkvertrag zur Herstellung einer Horizontalsperre in einem Einfamilienhaus.
  2. Mangelbeurteilung: Die Klägerin argumentierte, dass das von ihr verwendete Mittel (Material 01) keinen Mangel darstellte, da das ursprünglich vereinbarte Mittel (Material 02) ungeeignet war.
  3. Urteil des Landgerichts Cottbus: Anfängliche Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines höheren Betrags, der aufgrund der Berufung revidiert wurde.
  4. Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg: Die Beklagten wurden zur Zahlung von 6.689,16 € nebst Zinsen verurteilt; Reduzierung der ursprünglichen Forderung.
  5. Auslegung des Werkvertrags: Der Vertrag wurde dahingehend interpretiert, dass nicht das spezifische Injektionsmittel (Material 02), sondern der Erfolg der Abdichtung vertragsentscheidend war.
  6. Kein Verstoß gegen technische Regeln: Obwohl abweichende Materialien verwendet wurden, lag kein Verstoß gegen anerkannte Regeln der Technik vor, da die Abdichtung erfolgreich war.
  7. Anpassung des Werklohns: Die Anpassung erfolgte aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, da das verwendete Material (Material 01) preiswerter als das vereinbarte war.
  8. Schadensersatzanspruch der Beklagten: Aufgrund fehlerhafter Beratung bei Vertragsschluss stand den Beklagten ein Schadensersatzanspruch zu, der zu einer weiteren Reduzierung des Werklohns führte.

Rechtsstreit um Werkvertrag: Die Horizontalsperrenherstellung in einem Einfamilienhaus

In einem bemerkenswerten Fall vor dem Oberlandesgericht Brandenburg ging es um einen Werkvertrag, der die Herstellung einer Horizontalsperre zur Abdichtung eines Einfamilienhauses betraf. Im Zentrum des Disputs standen die Vergütungsansprüche aus diesem Vertrag. Die Klägerin behauptete, ihre Leistungen mangelfrei erbracht zu haben, indem sie das Mittel „Material 01“ für die Mauertrockenlegung verwendete, anstatt des ursprünglich vereinbarten „Material 02“. Dies begründete sie damit, dass „Material 02“ für das Mauerwerk des Beklagten nicht geeignet gewesen sei. Demgegenüber argumentierten die Beklagten, dass kein Vergütungsanspruch bestünde, da das Werk mangelhaft sei und nicht das vereinbarte Mittel verwendet wurde.

Die Urteilsfindung des Landgerichts Cottbus und dessen Überprüfung

Das Landgericht Cottbus hatte die Beklagten ursprünglich zur Zahlung von 9.762,35 € nebst Zinsen und zur Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt. Diese Entscheidung begründete das Gericht damit, dass die Klägerin die Hauptleistung, die Erstellung einer Horizontalabdichtung, mangelfrei erbracht habe. Trotz der Verwendung eines anderen Injektionsmittels als des vertraglich vereinbarten, sah das Gericht keinen Mangel in der Werkleistung, da das ursprünglich vereinbarte Mittel ungeeignet für das Bauvorhaben gewesen sei. Auch eine Preisanpassung wurde aufgrund der geringen Differenz in den Materialkosten verworfen.

Berufung vor dem Oberlandesgericht Brandenburg

Die Beklagten legten gegen das Urteil des Landgerichts Cottbus Berufung ein. Sie hielten weiterhin daran fest, dass die Abdichtung mit „Material 02“ geschuldet gewesen sei. Die Berufung führte zu einer Abänderung des Urteils. Das Oberlandesgericht bestätigte zwar grundsätzlich den Werklohnanspruch der Klägerin, reduzierte jedoch die Höhe auf 6.689,16 €.

Details der Entscheidungsfindung und rechtliche Erwägungen

Das Oberlandesgericht stellte fest, dass zwischen den Parteien ein Werkvertrag bestand und die Klägerin die Arbeiten ausgeführt sowie die Beklagten die Leistung abgenommen hatten. Interessanterweise wurde festgestellt, dass kein Mangel vorlag, obwohl ein anderes als das vertraglich vereinbarte Injektionsmittel verwendet wurde. Dies begründete das Gericht damit, dass die Parteien keine spezifische Beschaffenheitsvereinbarung über die Verwendung des „Material 02“ getroffen hatten. Es wurde auch betont, dass die Klägerin bei der Herstellung der Horizontalsperre keine anerkannten Regeln der Technik verletzt hatte, da der Erfolg der Maßnahme nicht beeinträchtigt wurde.

Eine wesentliche Überlegung des Gerichts betraf die Geschäftsgrundlage des Vertrags. Da sich herausstellte, dass das ursprünglich vorgesehene „Material 02“ für das Projekt ungeeignet war, wurde eine Anpassung des Werklohns vorgenommen. Dies führte zu einer Reduzierung der ursprünglich geforderten Summe, da das tatsächlich verwendete Mittel „Material 01“ preiswerter war.

Dieser Fall unterstreicht die Komplexität von Werkverträgen, besonders wenn es um die Spezifikationen der verwendeten Materialien und die Einhaltung der technischen Standards geht. Er zeigt auch, wie wichtig eine klare und detaillierte Kommunikation zwischen den Vertragsparteien ist, um Missverständnisse und spätere rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Wegfall der Geschäftsgrundlage

Der Wegfall der Geschäftsgrundlage ist ein rechtliches Konzept, das in Deutschland im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) unter § 313 geregelt ist. Dieses Konzept kommt zur Anwendung, wenn sich wesentliche Umstände, die zur Grundlage eines Vertrags geworden sind, nachträglich so schwerwiegend ändern, dass die Vertragsparteien den Vertrag nicht oder nur in veränderter Form geschlossen hätten.

Im Kontext eines Werkvertrags könnte der Wegfall der Geschäftsgrundlage beispielsweise relevant werden, wenn während der Ausführung des Werks unerwartete Probleme auftreten, die zu erheblichen Mehrkosten führen. Ein typisches Beispiel wäre ein Bauunternehmer, der einen Vertrag zur Renovierung eines Badezimmers abschließt und während der Arbeiten feststellt, dass die Wände unter den alten Fliesen marode und verrottet sind. Dies würde zu erheblich mehr Arbeit und somit höheren Kosten führen, als ursprünglich angenommen.

Die Prüfung, ob ein Wegfall der Geschäftsgrundlage vorliegt, erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst muss ein vertragliches Schuldverhältnis zwischen den Parteien bestehen. Dann muss geprüft werden, ob eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt. Diese setzt ein reales, ein hypothetisches und ein normatives Element voraus.

Das reale Element bezieht sich auf einen Umstand, der von mindestens einer Vertragspartei bei Abgabe der Vertragserklärung vorausgesetzt wird und sich nachträglich geändert hat. Das hypothetische Element liegt vor, wenn der Umstand für die Partei, die ihn vorausgesetzt hat, so wichtig gewesen ist, dass sie bei Kenntnis der wahren Sachlage den Vertrag nicht oder nicht so abgeschlossen hätte. Das normative Element erfordert eine wertende Abwägung aller Umstände des Einzelfalls. Hierbei muss festgestellt werden, ob es der benachteiligten Partei zumutbar ist, am unveränderten Vertrag festzuhalten und inwieweit der anderen Partei eine Anpassung zugemutet werden kann.

Wenn ein Wegfall der Geschäftsgrundlage festgestellt wird, kann die benachteiligte Partei eine Anpassung des Vertrags verlangen. Dies könnte beispielsweise eine Erhöhung des vereinbarten Werklohns beinhalten, um die unerwartet gestiegenen Kosten zu decken. In einigen Fällen kann auch ein Rücktritt vom Vertrag in Betracht kommen.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 10 U 21/23 – Urteil vom 28.09.2023

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 28. Juli 2022 – 4 O 4/21 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 6.689,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. Juni 2014 zu zahlen.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von Rechtsanwaltsvergütungsansprüchen der Kanzlei (Name 01), (Adresse 01) in Höhe von 550,30 € freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu 68 % zu tragen, die Klägerin zu 32 %, mit Ausnahme der Sachverständigenvergütung in Höhe von 839,94 € für die Berechnungen des Sachverständigen (Name 02) vom 19. Januar 2022, die die Klägerin allein zu tragen hat.

3. Dieses Urteil sowie die angefochtene Entscheidung sind vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche aus einem Werkvertrag über die Herstellung einer Horizontalsperre zur Abdichtung eines Einfamilienhauses.

Die Klägerin hat geltend gemacht, sie habe mangelfrei geleistet; die Verwendung des Mittels (Material 01) für die Mauertrockenlegung stelle keinen Mangel der Werkleistung dar, weil das ursprünglich angebotene Mittel (Material 02) für das Mauerwerk der Beklagten nicht geeignet gewesen sei. Die Beklagten haben geltend gemacht, ein Vergütungsanspruch der Klägerin bestehe nicht, weil das Werk mangelhaft sei, zudem sei – unstreitig – nicht das vereinbarte Mittel (Material 02) verwendet worden. Jedenfalls bestehe ein Anspruch nur in geringerer Höhe, weil das tatsächlich verwendete Mittel (Material 01) preiswerter sei. Im Übrigen wird auf die tatbestandlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagten mit Urteil vom 28. Juli 2022 (Blatt 317 ff.) zur Zahlung von 9.762,35 € nebst Zinsen sowie zur Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt. Hinsichtlich der vereinbarten, aber nicht erbrachten, Schimmelbehandlung sowie Bautrocknung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es hat seine Entscheidung damit begründet, dass die Voraussetzungen einer fälligen Werklohnforderung der Klägerin vorliegen würden. Diese habe die geschuldete Hauptleistung, die Erstellung einer Horizontalabdichtung im Ergebnis mangelfrei erbracht; die Beklagten hätten die Leistung abgenommen.

Ein Mangel der Werkleistung liege trotz der Verwendung eines anderen Injektionsmittels als des vertraglich vereinbarten (Material 02) nicht vor, weil das ursprünglich vereinbarte Mittel, wie der Sachverständige (Name 02) festgestellt habe, im hiesigen Fall ungeeignet sei. Ein Mangel ergebe sich auch nicht aus einem Verstoß gegen anerkannte Regeln der Technik. Zwar habe der Sachverständige ausgeführt, dass die in den Merkblättern 4-10 WTA 2016 niedergelegten Ausführungsvorschriften schon zum Zeitpunkt der Abnahme 2014 anerkannte Regeln der Technik dargestellt hätten und die Klägerin dagegen verstoßen habe, weil sie keine Voruntersuchungen/Bauzustandsanalyse, insbesondere keine Feststellungen zum Durchfeuchtungsgrad der einzelnen Bauteile getroffen habe. Es habe sich jedoch in der konkreten Ausführung der Abdichtung das Risiko, dem die Bauzustandsanalyse vorbeugen solle, nicht manifestiert, da nach der Beweisaufnahme feststehe, dass die Abdichtung erfolgreich und ohne Gebrauchsnachteile für die Beklagten ist.

Entgegen der Ansicht der Beklagten sei auch keine Preisanpassung im Hinblick auf das verwendete preiswertere Mittel (Material 01) nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage vorzunehmen, da hinsichtlich der Materialkosten nicht die Schwelle von 20 % erreicht sei, bei der eine wesentliche Änderung anzunehmen sei. Unter Zugrundelegung von 2,0 kg Injektionsmittel/qm ergebe sich für die Trockenlegung nach konkreter Berechnung ein Preis von 5.221,14 € netto; unter Berücksichtigung der Baukostendatei ein Wert von 7.138,26 € netto. Ausgehend vom Mittelwert von 6.179,70 € netto liege der Preisunterschied zu der von der Klägerseite vorgelegten Kalkulation Anlage K3 und K4 unter 20 %.

Soweit die Beklagtenseite mit Schriftsatz vom 23. Februar 2022 erstmals vorgetragen habe, dass nur 15 kg Injektionsmittel verwendet worden seien, was nicht ausreichend zur Herstellung einer Horizontalsperre sei, sei das Vorbringen zum einen verspätet im Sinne von § 296 Abs. 1 ZPO und zum anderen widersprüchlich.

Gegen die Verurteilung wenden sich die Beklagten mit der Berufung. Sie machen weiterhin geltend, dass die Abdichtung mit (Material 02) geschuldet gewesen sei, da die Beraterin der Klägerin Frau (Name 03) dieses Mittel ausgewählt und die Beklagten dahingehend beraten habe. Ferner nehmen die Beklagten Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Sie beantragen, das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 28. Juli 2022 – 4 O 4/21 – aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsrechtszug wird auf die tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichtlichen Urteils sowie die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat im tenorierten Umfang Erfolg.

1. Der Klägerin steht gegen die Beklagten gemäß § 631 BGB ein Werklohnanspruch in Höhe von 6.689,16 € aus dem am März 2014 geschlossenen Werkvertrag über die Ausführung einer Horizontalsperre in ihrem Haus in (Adresse 02) zu.

a) Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Werkvertrag über die Herstellung einer Horizontalsperre im Bohrlochverfahren zur Bauwerksabdichtung des Einfamilienhauses der Beklagten geschlossen worden ist, die Klägerin die Arbeiten ausgeführt und die Beklagten die Leistung der Klägerin abgenommen haben.

aa) Ein Mangel des Werkes im Sinne des § 633 BGB liegt nicht darin, dass die Klägerin statt des angebotenen Injektionsmittels (Material 02) das Mittel (Material 01) Injektionskonzentrat verwendet hat.

Ein Mangel im Sinne des § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB liegt nicht vor, denn die Parteien haben über die Verwendung des Mittels (Material 02) keine Beschaffenheitsvereinbarung geschlossen, indem sie die Verwendung des konkreten Produkts zum Vertragsinhalt erhoben haben. Zwar ist das Produkt ausdrücklich im Auftrag aufgeführt. Die Beklagte zu 2) hat auch unwidersprochen vorgetragen, dass sie im Zuge der Vertragsverhandlungen von der Mitarbeiterin der Klägerin Frau (Name 03) über die Wahl des richtigen Injektionsmittels beraten worden sei und sich deshalb für (Material 02) entschieden habe.

Allerdings ist der Vertrag nach §§ 133,157 BGB dahingehend auszulegen, dass das Interesse der Besteller vornehmlich dahingeht, den im Ergebnis des geschlossenen Werkvertrags geschuldeten Erfolg, hier die Erstellung einer ordnungsgemäßen nachträglichen Horizontalsperre, zu erreichen. Bei der Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen – wie hier – ist gemäß den zu §§ 133, 157 BGB in der Rechtsprechung und im Schrifttum entwickelten Grundsätzen darauf abzustellen, wie sie der jeweilige Empfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Danach konnte die Klägerin, wie im Regelfall bei Werkverträgen, bei denen der geschuldete Erfolg im Vordergrund steht, davon ausgehen, dass das Interesse der Beklagten dahin geht, ihren Keller erfolgreich abzudichten und nicht ein bestimmtes – im vorliegenden Fall ungeeignetes – Mittel zu verwenden. Anders mag es im Kaufrecht sein, wo der Kaufgegenstand den Vertragsinhalt bestimmt und kleinere Abweichungen einen Mangel darstellen können; das von den Beklagten in der Berufungsbegründung herangezogene Urteil des BGH vom 8. Mai 2007 – VIII ZR 19/05 –, NJW 2007, 2111, bezieht sich denn auch auf einen Kaufvertrag.

Der geschuldete Werkerfolg konnte vorliegend mit der Auswahl des Mittels (Material 02) nicht erreicht werden, denn es ist für die bauliche Situation des Einfamilienhauses der Beklagten nicht geeignet. Wie das Landgericht unter Bezugnahme auf das Sachverständigengutachten (Name 02) zutreffend ausgeführt hat, ist das Mittel (Material 02) im Gegensatz zu (Material 01) lediglich für erdberührte Bauteile das Mittel der Wahl, nicht für die vorliegend im Ziegelmauerwerk oberhalb des Feldsteinsockels ausgeführte Horizontalsperre. Insoweit ist der Senat an die Feststellungen des Landgerichts gemäß § 529 Abs. 1 Nummer 1 ZPO gebunden, da Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen nicht ersichtlich sind und mit der Berufung auch nicht geltend gemacht werden.

Zwar kann im Ausnahmefall auch die Verwendung eines ungeeigneten Mittels oder einer ungeeigneten Ausführungsart Vertragsinhalt werden, jedoch nur dann, wenn der Besteller vorher ordnungsgemäß vom Unternehmer über die Ungeeignetheit und die daraus erwachsenden Nachteile aufgeklärt worden ist. Es ist vorliegend nicht vorgetragen, dass sich die Beklagten trotz einer solchen Aufklärung für das Mittel (Material 02) entschieden haben, vielmehr wurde ihnen durch die Mitarbeiterin der Klägerin (Material 02) lediglich als geeignetes Mittel dargestellt.

bb) Ein Mangel liegt auch nicht darin, dass die Klägerin bei der Herstellung der Horizontalsperre durch das Mittel (Material 01) gegen anerkannte Regeln der Technik verstoßen hat, weil sie vor der Herstellung der Horizontalsperre durch Injektion des Mittel (Material 01) keine Voruntersuchungen/Bauzustandsanalyse vorgenommen, insbesondere keine Feststellungen zur Durchfeuchtung der einzelnen Bauteile getroffen hat. Der Verstoß gegen anerkannte Regeln der Technik stellt grundsätzlich einen Mangel dar, es sei denn, dass der Verstoß sich nicht nachteilig ausgewirkt hat und Gebrauchsnachteile nicht erkennbar sind (OLG Stuttgart Urteil vom 11.8.2005, – U /05; OLG Nürnberg, Urteil vom 25. Juli 2002 -13 U 997/02 – beides juris). Dafür, dass der Verstoß gegen die Regeln der Technik sich nicht nachteilig ausgewirkt hat, ist der Werkunternehmer darlegungs- und beweispflichtig.

Diesen Beweis hat die Klägerin erbracht. Das Landgericht hat zwar auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens zu Recht Verstöße gegen die anerkannten Regeln der Technik festgestellt, allerdings haben sich diese Verstöße nicht nachteilig ausgewirkt und Gebrauchsnachteile für die Beklagte sind nicht erkennbar. Es hat, gestützt auf die Feststellungen des Sachverständigen (Name 02), festgestellt, dass die Horizontalabdichtung erfolgreich war. Die Vergleichsmessungen durch den Sachverständigen haben ergeben, dass die Feuchtigkeitswerte in den Wänden des Einfamilienhauses erheblich gesunken sind; die verbleibende Feuchtigkeit führt der Sachverständige darauf zurück, dass der Austrocknungsprozess, der bei einem alten Haus, das über Jahre Feuchtigkeit gespeichert hat, zehn Jahre andauern kann, noch nicht abgeschlossen ist. Insoweit ist der Senat an die Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts ebenfalls gemäß § 529 Abs. 1 S. 1 ZPO gebunden, zumal die Berufung diese Feststellungen nicht angreift.

Soweit die Beklagten mit der Berufung rügen, dass die Schimmelbehandlung und Bautrocknung nicht durchgeführt worden sind, geht die Rüge ins Leere, da das Landgericht die Klage insoweit abgewiesen hat.

b) Der Klägerin steht deshalb ein fälliger Werklohnanspruch zu, allerdings nur in der tenorierten Höhe. Wie das Landgericht im Grundsatz zutreffend erkannt hat, ist der Werklohn nach § 313 BGB wegen des Fehlens der Geschäftsgrundlage im Hinblick auf die Verwendung eines anderen, preiswerteren Mittels als des vertraglich vereinbarten anzupassen. Dies führt im Ergebnis zu einer Verringerung des Werklohnanspruchs der Klägerin.

Ein Unterfall der Störung der Geschäftsgrundlage stellt das Fehlen der Geschäftsgrundlage dar, wenn gemäß § 313 Abs. 2 BGB wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen. Darunter fällt auch der gemeinsame Kalkulationsirrtum (Grüneberg-Grüneberg BGB 81. Aufl. § 313 Rn. 39). So liegt der Fall hier. Vorliegend geht es nicht um eine Preisanpassung infolge von nachträglichen Mengenmehrungen oder Preissteigerungen, sondern darum, dass beide Parteien – wobei es hinsichtlich der Klägerin auf den Irrtum ihrer Vertreterin (Name 03) ankommt, § 166 Abs. 1 BGB – irrtümlich bei Abschluss des Vertrages davon ausgegangen sind, dass es sich bei (Material 02) um das geeignete Mittel für die Trocknung des Kellers der Beklagten handelt. Darauf beruhten, wie sich auch aus den eingereichten Kalkulationen ergibt, die Kalkulation der Klägerin und die Preisangaben in dem Angebot, das die Beklagten angenommen haben. Die fehlerhafte Vorstellung von einer Eignung des Mittels (Material 02) und die darauf beruhende Kalkulation waren jedoch von vornherein falsch, sodass sich die Klägerin nach Treu und Glauben darauf einlassen muss, dass der vertraglich vereinbarte Preis auf den Preis angepasst wird, den die Parteien vereinbart hätten, wenn sie ihren Irrtum bemerkt hätten. Unstreitig ist das Mittel (Material 01) erheblich preiswerter als (Material 02), und es wird davon weniger verbraucht, weil es verdünnt aufgetragen wird. Da die Klägerin nach eigenem Vortrag bei einer Verwendung des Produkts (Material 01) einen Preis von 225 € anstelle von 274,89 € pro laufenden Meter Horizontalsperre kalkuliert hätte, wäre ein erheblich geringerer Festpreis für die Arbeiten insgesamt vereinbart worden. Die Personal- und sonstigen Kosten sind bei beiden Produkten gleich.

Die Beklagten schulden deshalb nicht mehr als 6.689,16 € brutto (5.621,14 € netto). Der Betrag setzt sich zusammen aus den vom Sachverständigen unter Berücksichtigung der Kalkulation der Klägerin (K4, K5) errechneten Kosten von 5.221,14 € netto zuzüglich Baustelleneinrichtung von 400 €. Der Rückgriff auf die Kalkulation nach dem Baukostenindex sowie die Bildung eines Mittelwertes sind vorliegend nicht angebracht. Der Baukostenindex setzt sich aus den Kosten vieler verschiedener Unternehmen mit unterschiedlichen Kalkulationsgrundsätzen zusammen, ohne Rücksicht auf lokale Ausprägungen. Da hier die Kalkulationsgrundsätze der Klägerin vorliegen, ist die konkrete Berechnung des Sachverständigen vorzugswürdig, zumal die Preisbildung unter Verwendung des Mittels (Material 02) mit der Preisbildung unter Verwendung des Produkts (Material 01) verglichen werden soll. Die Verwendung des Baukostenindexes würde diesen Vergleich erheblich verzerren.

Zum gleichen Ergebnis kommt man, wenn man, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, in den Blick nimmt, dass die Beklagten der Klageforderung einen Anspruch aus fehlerhafter Beratung bei Vertragsschluss entgegenhalten können. Den Beklagten steht ein Anspruch aus §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB zu, weil die Mitarbeiterin der Klägerin (Name 03) die Beklagten bei dem Abschluss des Vertrages unstreitig falsch über die Wahl des konkreten Injektionsmittels beraten hat und die Klägerin sich die falsche Beratung gemäß § 278 BGB zurechnen lassen muss. Sie auch eingeräumt, dass ihre Mitarbeiterin (Name 03) die Beklagten vor Kaufabschluss hinsichtlich des zu verwenden Mittels falsch beraten hat.

Der Senat legt den erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten zu dem überhöhten Werklohn aufgrund der geringeren Materialkosten, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, dahingehend aus, dass die Beklagten insoweit einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter vorvertraglicher Beratung geltend machen.

Den Beklagten ist ein Schaden dergestalt entstanden, dass der Festpreis für die Herstellung der Horizontalsperre auf der Grundlage des teureren, nicht geeigneten, Mittels vereinbart worden ist. Der Schadenersatz ist grundsätzlich auf der Grundlage der Urkalkulation der Klägerin unter Beibehaltung ihrer Kalkulationsgrundsätze zu berechnen. Der Schaden besteht in der unter Berücksichtigung der Kalkulationsgrundsätze der Klägerin errechneten Differenz zwischen dem auf der Grundlage des teureren Injektionsmittels vereinbarten Werklohn und dem Werklohn, der sich ergäbe, hätte die Klägerin das Angebot für eine Verwendung von (Material 01) erstellt. Danach wäre ausweislich der Berechnung des Sachverständigen für die Position 2 der Rechnung (Horizontalsperre) 5.221,14 € zugrundezulegen; zu addieren ist die Position 1 Baustelleneinrichtung mit 400 €. Dies ergibt einen Bruttobetrag von 6.689,16 €. Im Hinblick auf die Klageforderung von 9.762,35 € steht den Beklagten ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 3.073,19 € zu, den sie der Klageforderung der Beklagten entgegenhalten können.

2. Die Kostenentscheidung ergeht gemäß §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 96 ZPO.

Gemäß § 96 ZPO können die Kosten eines ohne Erfolg gebliebenen Angriffs- oder Verteidigungsmittels der Partei auferlegt werden, die es geltend gemacht hat, auch wenn sie in der Hauptsache (teilweise) obsiegt. Das gleiche gilt, wenn ein Sachverständigengutachten allein durch die falschen Angaben einer Partei erforderlich geworden ist (KG, Urteil vom 10. Februar 2021  25 U 160/19 , juris, Rn 18). Nichts anderes kann für den Fall gelten, dass ein an sich nicht notwendiges Sachverständigengutachten allein wegen fehlender Angaben eingeholt werden musste, obwohl die Partei diese Angaben ohne weiteres hätte machen können. Damit wird dem Sanktionscharakter von § 96 ZPO sowie dem darin zum Ausdruck kommenden Veranlasserprinzip (vgl. dazu BGH NJW 2019, 2464) sachgerecht Rechnung getragen.

Die Kosten der Berechnung/Kalkulation (Rechnung vom 20. Januar 2020, Bl. 293 der elektronischen Akte) durch den Sachverständigen (Name 02) vom 19. Januar 2020 in Höhe von 839,94 € hat deshalb allein die Klägerin gemäß § 96 ZPO zu tragen, weil sie trotz Beanstandung durch den Sachverständigen und mehrfacher Aufforderung durch das Landgericht keine ordnungsgemäße Urkalkulation eingereicht hat. Auch die nach Hinweis und erneuter Aufforderung eingereichte „Kalkulation“ (K 4,5/242ff.) arbeitet mit Pauschalpreisen, denen sich ein Bezug zu dem verwendeten Produkt, der benötigten Menge pro laufendem Meter oder Quadratmeter Horizontalsperre nicht entnehmen lässt. Das Landgericht hat mangels Einreichen einer ordnungsgemäßen Kalkulation schließlich den Sachverständigen (Name 02) mit der Kalkulation beauftragt. Die Klägerin hat die daraufhin erstellte Berechnung des Sachverständigen nicht beanstandet, sondern lediglich eingewendet, dass der Sachverständige (mangels näherer Angaben der Klägerin) mit einer benötigten Menge Injektionsmittel von 1,52,5 kg/qm gerechnet hat. Die erneute Berechnung war deshalb notwendig, weil die Klägerin nach Übermittlung der ersten Berechnung durch den Sachverständigen erstmals mitgeteilt hat, dass ein Materialeinsatz von 2 kg/qm notwendig gewesen sei und der Sachverständige erneut rechnen musste. Hätte die Klägerin eine ordnungsgemäße Urkalkulation eingereicht, aus der sich der Materialeinsatz für das Injektionsmittel ergeben hätte, wäre die Erstellung der erneuten Berechnung durch den Sachverständigen nicht notwendig gewesen.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 710 Nr. 8, 713 ZPO.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.762,35 € festgesetzt.

 

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