Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was genau bedeutet „Bauhandwerkersicherheit“ und wann habe ich als Auftragnehmer Anspruch darauf?
- Welche Arten von Sicherheiten gibt es im Baurecht und welche Vor- und Nachteile haben sie im Vergleich zur Bankbürgschaft?
- Was muss ich als Auftragnehmer bei einer Bankbürgschaft beachten, um sicherzustellen, dass sie meinen Anspruch auf Bauhandwerkersicherheit tatsächlich erfüllt?
- Was passiert, wenn der Auftraggeber die Bauhandwerkersicherheit nicht oder nicht rechtzeitig stellt?
- Welche Rolle spielen Vollmachten und Vertretungsbefugnisse bei der Ausstellung einer Bankbürgschaft und wie kann ich als Auftragnehmer sicherstellen, dass die Bürgschaft rechtswirksam ist?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
- Datum: 03.03.2023
- Aktenzeichen: I-22 U 111/22
- Verfahrensart: Berufung
- Rechtsbereiche: Bürgerliches Gesetzbuch (§ 650f BGB), Zivilprozessrecht
- Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Beanspruchte eine Sicherheit gemäß § 650f BGB und Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Erklärte den Rechtsstreit nach Vorlage einer Vollmachtbestätigung durch die Beklagte für erledigt, da eine Bürgschaft vorgelegt wurde.
- Beklagte: Übersandte vor Zustellung der Klage eine Bürgschaft. Schloss sich der Erledigungserklärung der Klägerin nicht an.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin forderte von der Beklagten eine Sicherheit gemäß § 650f BGB und Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. Die Beklagte stellte daraufhin eine Bürgschaft, deren Gültigkeit die Klägerin zunächst anzweifelte. Nach Vorlage einer Vollmachtbestätigung erklärte die Klägerin den Rechtsstreit für erledigt, was die Beklagte jedoch ablehnte.
- Kern des Rechtsstreits: Ist die Klageforderung durch die vorgelegte Bürgschaft erfüllt worden, und ist die Erledigungserklärung der Klägerin somit berechtigt?
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen.
Der Fall vor Gericht
Bauhandwerkersicherheit durch Bankbürgschaft: OLG Düsseldorf stärkt Position der Auftragnehmer

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat mit Urteil vom 03.03.2023 (Az.: I-22 U 111/22) eine Entscheidung zum Anspruch auf Stellung einer Bauhandwerkersicherheit nach § 650f Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) getroffen. Im Zentrum des Rechtsstreits stand die Frage, ob die Übergabe einer Bankbürgschaft durch den Auftraggeber den Anspruch des Auftragnehmers auf Sicherheitsleistung bereits erfüllt, auch wenn anfänglich Zweifel an der Vertretungsbefugnis der Unterzeichner der Bürgschaftsurkunde bestanden.
Der Fall vor dem Landgericht Krefeld: Klage auf Sicherheitsleistung und Rechtsanwaltskosten
Die Klägerin, ein Bauunternehmen, hatte die Beklagte, den Auftraggeber, auf Stellung einer Sicherheit in Höhe von 21.840,10 EUR gemäß § 650f BGB sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.869,50 EUR verklagt. Die Beklagte hatte der Klägerin bereits vor Zustellung der Klage eine Bürgschaft ihrer Hausbank, der Sparkasse A.-Stadt, zukommen lassen.
Zweifel an der Bürgschaft: Formale Bedenken der Klägerin
Die Klägerin beanstandete die vorgelegte Bürgschaft jedoch. Sie argumentierte, dass die Bürgschaftsurkunde von zwei Mitarbeitern der Sparkasse ohne Vertretungszusatz unterzeichnet worden sei. Daher sei für sie nicht erkennbar und überprüfbar, ob diese Mitarbeiter tatsächlich zur Vertretung der Sparkasse berechtigt waren und die Bürgschaft rechtswirksam ausgestellt wurde.
Nachweis der Vertretungsbefugnis: Vorlage einer Vollmachtbestätigung
Nachdem die Beklagte eine Vollmachtbestätigung durch zwei Vorstandsmitglieder der Sparkasse A.-Stadt vorlegte, erklärte die Klägerin den Rechtsstreit hinsichtlich des Anspruchs auf die Bürgschaft für erledigt. Die Beklagte widersprach dieser Erledigungserklärung. Das Landgericht Krefeld wies daraufhin die Klage auf Feststellung der Erledigung und auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ab.
Berufung zum OLG Düsseldorf: Klägerin hält an ihren Bedenken fest
Gegen diese Entscheidung des Landgerichts legte die Klägerin Berufung zum OLG Düsseldorf ein. Sie argumentierte weiterhin, dass die Bürgschaft zum Zeitpunkt der Übergabe, aufgrund der fehlenden Klarheit über die Vertretungsbefugnis, nicht zur Erfüllung des Anspruchs geführt habe.
Entscheidung des OLG Düsseldorf: Erfüllung des Anspruchs bereits vor Rechtshängigkeit
Das OLG Düsseldorf wies die Berufung der Klägerin jedoch zurück und bestätigte damit die Entscheidung des Landgerichts. Das Gericht stellte fest, dass der Anspruch der Klägerin auf Sicherheitsleistung gemäß § 650f BGB durch die Übersendung der Bürgschaft der Sparkasse A.-Stadt vom 21.05.2021 bereits erfüllt worden war, und zwar noch bevor die Klage rechtshängig wurde.
Begründung des OLG Düsseldorf: Objektive Erfüllung maßgeblich, nicht subjektive Sicherheit
Das OLG Düsseldorf begründete seine Entscheidung mit dem § 362 Abs. 1 BGB, der besagt, dass ein Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung bewirkt wird. Das Gericht betonte, dass für die Erfüllung objektive Kriterien ausschlaggebend sind und subjektive Unsicherheiten des Gläubigers bezüglich der Wirksamkeit der Leistung keine Rolle spielen. Entscheidend sei, ob die geschuldete Leistung tatsächlich erbracht wurde.
Wirksamer Bürgschaftsvertrag: Einigung zwischen Gläubiger und Bürge
Das Gericht stellte fest, dass durch die Beauftragung der Sparkasse durch die Beklagte zur Übernahme der Bürgschaft und die Entgegennahme der Bürgschaftsurkunde durch die Klägerin ein wirksamer Bürgschaftsvertrag zwischen der Klägerin und der Sparkasse zustande gekommen war. Die Parteien seien sich in diesem Punkt auch einig gewesen.
Analogie zum Goldring: Risiko der Leistungsbeurteilung beim Leistungsempfänger
Das OLG Düsseldorf zog einen anschaulichen Vergleich heran, um seine Rechtsauffassung zu verdeutlichen. Es führte das Beispiel des Kaufs eines goldenen Rings an. Der Käufer könne vom Verkäufer nicht verlangen, den Echtheitsnachweis für das Gold vorzulegen, bevor er die Leistung als erfüllt anerkennen muss. Übergibt der Verkäufer einen Ring und der Käufer zweifelt an dessen Echtheit, ist die Leistung dennoch erbracht. Stellt sich später heraus, dass der Ring tatsächlich aus Gold ist, ist die Klage des Käufers auf Erfüllung unbegründet, da die Erfüllung bereits stattgefunden hat. Das Risiko der Beurteilung, ob die Leistung den Erfolg bewirkt hat, liege beim Leistungsempfänger.
Keine Aufschiebende Bedingung: Erfüllung nicht abhängig von sofortiger Gewissheit
Das OLG Düsseldorf stellte klar, dass die Erfüllung des Anspruchs auf Sicherheitsleistung nicht davon abhängt, ob der Gläubiger (hier die Klägerin) sofort und zweifelsfrei sicher sein kann, dass die Leistung wirksam erbracht wurde. Die nachträgliche Bestätigung der Vertretungsbefugnis durch die Vollmachtbestätigung der Sparkassenvorstände bestätigte die bereits zuvor erfolgte wirksame Erteilung der Bürgschaft.
Kosten des Rechtsstreits: Klägerin trägt die Kosten der Berufung
Da die Berufung der Klägerin erfolglos blieb, hat das OLG Düsseldorf entschieden, dass die Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat. Zudem wurden das Urteil des Landgerichts und das Urteil des OLG Düsseldorf für vorläufig vollstreckbar erklärt, ohne dass eine Sicherheitsleistung erforderlich ist.
Bedeutung für Betroffene: Praktische Auswirkungen des Urteils
Stärkung der Position von Auftragnehmern bei Bauhandwerkersicherheit
Das Urteil des OLG Düsseldorf stärkt die Position von Auftragnehmern im Bereich der Bauhandwerkersicherheit. Es verdeutlicht, dass die Übergabe einer Bankbürgschaft durch den Auftraggeber als Erfüllung des Anspruchs auf Sicherheitsleistung anzusehen ist, auch wenn anfänglich formale Zweifel an der Bürgschaftsurkunde bestehen.
Risiko der Prüfung der Bürgschaftsurkunde liegt beim Auftragnehmer
Gleichzeitig verdeutlicht das Urteil, dass das Risiko der Prüfung der Bürgschaftsurkunde und der Vertretungsbefugnis der Unterzeichner grundsätzlich beim Auftragnehmer als Leistungsempfänger liegt. Auftragnehmer sollten daher Bürgschaftsurkunden sorgfältig prüfen und bei Zweifeln zeitnah Klarstellung vom Auftraggeber oder der Bürgschaftsbank verlangen.
Vermeidung unnötiger Rechtsstreitigkeiten durch schnelle Klärung
Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer zügigen Klärung von Fragen zur Vertretungsbefugnis. Hätte die Klägerin im vorliegenden Fall direkt nach Erhalt der Bürgschaft bei der Beklagten oder der Sparkasse nachgefragt und um einen Nachweis der Vertretungsbefugnis gebeten, hätte der Rechtsstreit möglicherweise vermieden werden können.
Praxistipp für Auftragnehmer: Sorgfältige Prüfung und zeitnahe Nachfrage
Für Auftragnehmer bedeutet dies in der Praxis, dass sie bei Erhalt einer Bürgschaftsurkunde diese sorgfältig prüfen sollten. Bei Unklarheiten oder Zweifeln an der formellen Richtigkeit oder der Vertretungsbefugnis der Unterzeichner ist es ratsam, unverzüglich beim Auftraggeber oder der ausstellenden Bank nachzufragen und um Klärung zu bitten. Dies kann dazu beitragen, unnötige Rechtsstreitigkeiten und Kosten zu vermeiden und den Prozess der Sicherheitsleistung effizienter zu gestalten.
Die Schlüsselerkenntnisse
Eine Bürgschaft ist bereits mit Zugang beim Gläubiger wirksam und erfüllt den Anspruch auf Sicherheitsleistung, selbst wenn zusätzliche Nachweise zur Vertretungsmacht der Unterzeichner fehlen. Der Empfänger einer Leistung trägt das Risiko der Beurteilung, ob die erhaltene Leistung den geschuldeten Anspruch erfüllt; ein besonderer „Annexanspruch“ auf Nachweis der Wirksamkeit besteht dabei nicht. Besonders bei banküblichen Dokumenten auf offiziellem Briefpapier darf auf deren Echtheit vertraut werden, wobei zur Absicherung eine einfache Rückfrage bei der Bank ausreichend wäre.
Benötigen Sie Hilfe?
Sachkundige Beratung bei Unsicherheiten rund um Bauhandwerkersicherheit und Bankbürgschaften
In Fällen, in denen Fragen zur Erfüllung von Sicherheitsleistungen und zur Überprüfung von Bankbürgschaften auftreten, können formale und inhaltliche Details zu Unsicherheiten führen. Gerade in komplexen Situationen, in denen es darauf ankommt, objektiv zu klären, ob eine Sicherheitsleistung bereits erbracht wurde, ist eine genaue juristische Betrachtung unerlässlich.
Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei, einzelne Sachverhalte präzise zu analysieren und die rechtlichen Rahmenbedingungen Ihrer Situation transparent zu beleuchten. Mit einer sachlichen und fundierten Beratung erhalten Sie die Möglichkeit, die zur Erfüllung relevanten Kriterien durchleuchten zu lassen und so Ihre Rechte zielgerichtet zu sichern.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was genau bedeutet „Bauhandwerkersicherheit“ und wann habe ich als Auftragnehmer Anspruch darauf?
Die Bauhandwerkersicherheit ist ein gesetzliches Instrument, das Auftragnehmer im Bauwesen schützt, indem es ihnen ermöglicht, vom Auftraggeber eine Sicherheit für ihre Vergütungsansprüche zu verlangen. Diese Sicherheit dient dazu, das Vorleistungsrisiko des Auftragnehmers zu minimieren, da er oft Leistungen erbringt, bevor er bezahlt wird. Die gesetzliche Grundlage hierfür bildet § 650f BGB.
Anspruchsvoraussetzungen
Um Anspruch auf eine Bauhandwerkersicherheit zu haben, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Bauvertrag: Es muss ein Bauvertrag im Sinne des § 650a BGB bestehen. Dies umfasst Verträge zur Herstellung, Wiederherstellung, Beseitigung oder zum Umbau eines Bauwerks oder einer Außenanlage.
- Anspruchsberechtigte: Gewerbliche Auftragnehmer, einschließlich Subunternehmer, sowie unter bestimmten Umständen auch Architekten und Ingenieure, sind anspruchsberechtigt.
Höhe der Sicherheit
Die Bauhandwerkersicherheit kann bis zur Höhe des voraussichtlichen Vergütungsanspruchs verlangt werden, zuzüglich 10 % für Nebenforderungen wie Verzugszinsen. Dies ergibt insgesamt bis zu 110 % des noch nicht gezahlten Betrags.
Zeitpunkt der Geltendmachung
Der Anspruch auf eine Bauhandwerkersicherheit kann jederzeit geltend gemacht werden, sobald ein zu sichernder Vergütungsanspruch besteht. Dies kann bereits bei Vertragsschluss oder nach Abnahme des Bauvorhabens geschehen.
Folgen eines Verstoßes
Wenn der Auftraggeber die Sicherheit nicht innerhalb einer gesetzten Frist erbringt, kann der Auftragnehmer seine Arbeiten einstellen, die Sicherheit einklagen oder den Vertrag kündigen.
Beispiele und Praxis
Ein Beispiel: Ein Fliesenleger kann von einem Bauträger eine Sicherheitsleistung fordern, um seinen Werklohn abzusichern, auch wenn der Vertrag gekündigt wurde.
In der Praxis ist es wichtig, dass Auftraggeber auf die Möglichkeit einer Bauhandwerkersicherung vorbereitet sind, um rechtliche und finanzielle Konsequenzen zu vermeiden.
Welche Arten von Sicherheiten gibt es im Baurecht und welche Vor- und Nachteile haben sie im Vergleich zur Bankbürgschaft?
Im Baurecht gibt es mehrere Arten von Sicherheiten, die Vertragspartner absichern können. Diese umfassen Sicherheit durch Einbehalt von Geld, Hinterlegung von Geld und Bürgschaften. Jede dieser Sicherheiten hat ihre eigenen Vor- und Nachteile, insbesondere im Vergleich zur Bankbürgschaft.
Arten von Sicherheiten
- Sicherheit durch Einbehalt von Geld (Sicherheitseinbehalt):
- Vorteile: Der Bauherr behält einen Teil des Zahlungsbetrags zurück, um Mängelansprüche abzusichern. Dies kann kostengünstiger sein als eine Bürgschaft.
- Nachteile: Der Bauherr muss den einbehaltenen Betrag auf einem Sperrkonto hinterlegen, was administrativ aufwendig sein kann. Der Unternehmer kann den Einbehalt durch eine Bürgschaft ablösen, was zusätzliche Kosten verursacht.
- Hinterlegung von Geld:
- Vorteile: Diese Form der Sicherheit ist transparent und bietet beiden Parteien eine klare Absicherung.
- Nachteile: Sie bindet Liquidität, da das Geld auf einem separaten Konto hinterlegt wird, bis die Sicherheit freigegeben wird.
- Bürgschaften (z.B. Bankbürgschaft):
- Vorteile: Bürgschaften sind flexibel und schonen die Liquidität des Unternehmers, da er nicht Geld auf einem Konto hinterlegen muss. Sie bieten eine schnelle und sichere Absicherung für den Bauherrn.
- Nachteile: Bürgschaften können teuer sein, da sie Gebühren verursachen. Der Unternehmer muss möglicherweise eine Bürgschaft durch ein Kreditinstitut stellen lassen, was zusätzliche Kosten und Formalitäten mit sich bringt.
Vergleich zur Bankbürgschaft
- Flexibilität und Liquiditätsschonung: Bankbürgschaften bieten dem Unternehmer die Möglichkeit, seine Liquidität zu schonen, da er nicht Geld auf einem Konto hinterlegen muss. Dies kann besonders vorteilhaft sein, wenn der Unternehmer über begrenzte finanzielle Mittel verfügt.
- Kosten: Bürgschaften sind oft teurer als ein Sicherheitseinbehalt, da sie Gebühren verursachen. Allerdings bieten sie eine schnelle und sichere Absicherung für den Bauherrn.
- Administrative Aufwendungen: Ein Sicherheitseinbehalt erfordert die Einrichtung eines Sperrkontos, was administrativ aufwendiger sein kann als die Beantragung einer Bürgschaft.
Insgesamt hängt die Wahl der Sicherheit von den spezifischen Bedürfnissen und der finanziellen Situation der Vertragspartner ab.
Was muss ich als Auftragnehmer bei einer Bankbürgschaft beachten, um sicherzustellen, dass sie meinen Anspruch auf Bauhandwerkersicherheit tatsächlich erfüllt?
Um sicherzustellen, dass eine Bankbürgschaft Ihren Anspruch auf Bauhandwerkersicherheit erfüllt, sollten Sie folgende Punkte beachten:
1. Art der Bürgschaft:
- Die Bürgschaft sollte unwiderruflich und selbstschuldnerisch sein. Dies bedeutet, dass die Bank unabhängig von der Haftung des Auftraggebers für die Zahlung einsteht und dass die Bürgschaft nicht ohne Zustimmung des Auftragnehmers widerrufen werden kann.
2. Klauseln:
- Die Bürgschaftsurkunde sollte klare und eindeutige Klauseln enthalten, die den Umfang der Sicherheit und die Bedingungen für die Inanspruchnahme festlegen. Dazu gehört auch die Höhe der Sicherheit, die in der Regel den voraussichtlichen Vergütungsanspruch zuzüglich Nebenforderungen abdeckt.
3. Vertretungsbefugnis:
- Stellen Sie sicher, dass die Unterzeichner der Bürgschaftsurkunde vertretungsbefugt sind. Dies kann durch Vorlage eines Handelsregisterauszugs oder einer Vollmacht überprüft werden.
4. Fristsetzung:
- Der Auftragnehmer muss dem Auftraggeber eine angemessene Frist zur Vorlage der Sicherheit setzen, in der Regel 7 bis 10 Werktage. Bei Verstreichen dieser Frist kann der Auftragnehmer seine Leistungen einstellen oder den Vertrag kündigen.
5. Konsequenzen von Formfehlern:
- Formfehler oder unklare Klauseln können dazu führen, dass die Bürgschaft nicht rechtswirksam ist oder nicht den gewünschten Schutz bietet. Daher ist es wichtig, dass alle Dokumente sorgfältig geprüft werden.
Wenn Sie diese Punkte beachten, können Sie sicherstellen, dass die Bankbürgschaft Ihren Anspruch auf Bauhandwerkersicherheit effektiv absichert.
Was passiert, wenn der Auftraggeber die Bauhandwerkersicherheit nicht oder nicht rechtzeitig stellt?
Wenn der Auftraggeber die Bauhandwerkersicherheit nicht oder nicht rechtzeitig stellt, hat der Auftragnehmer mehrere Rechte, die er nutzen kann, um sich abzusichern. Diese Rechte sind im § 650f BGB festgelegt.
Wichtige Rechte des Auftragnehmers:
- Leistungsverweigerung: Der Auftragnehmer kann seine Arbeiten einstellen, bis die Sicherheit gestellt wird. Dies ist ein wirksames Mittel, um Druck auf den Auftraggeber auszuüben.
- Kündigung des Vertrags: Wenn der Auftraggeber die Sicherheit trotz angemessener Fristsetzung nicht leistet, kann der Auftragnehmer den Vertrag kündigen. In diesem Fall hat der Auftragnehmer Anspruch auf die Vergütung für bereits erbrachte Leistungen sowie auf eine pauschale Entschädigung für nicht erbrachte Leistungen, die oft bei 5 % der vereinbarten Vergütung liegt.
- Beweislast: Der Auftragnehmer muss sicherstellen, dass er den Auftraggeber angemessen zur Leistung der Sicherheit auffordert und ihm eine angemessene Frist setzt. Diese Frist beträgt in der Regel sieben bis zehn Tage.
- Rechtliche Schritte: Obwohl es selten vorkommt, kann der Auftragnehmer auch rechtliche Schritte einleiten, um die Sicherheitsleistung gerichtlich durchzusetzen.
Insgesamt bietet die Bauhandwerkersicherheit dem Auftragnehmer einen starken Schutz vor Zahlungsausfällen und Insolvenzen des Auftraggebers.
Welche Rolle spielen Vollmachten und Vertretungsbefugnisse bei der Ausstellung einer Bankbürgschaft und wie kann ich als Auftragnehmer sicherstellen, dass die Bürgschaft rechtswirksam ist?
Vollmachten und Vertretungsbefugnisse spielen eine entscheidende Rolle bei der Ausstellung einer Bankbürgschaft. Eine Vollmacht ist eine rechtsgeschäftliche Erklärung, durch die jemand ermächtigt wird, im Namen eines anderen Rechtsgeschäfte abzuschließen oder Erklärungen abzugeben. Bei der Ausstellung einer Bankbürgschaft ist es wichtig, dass die Vertretungsbefugnis der beteiligten Personen klar nachgewiesen wird.
Vertretungsbefugnis nachweisen:
- Handelsregisterauszug: Ein Handelsregisterauszug kann helfen, die Vertretungsbefugnis von Geschäftsführern oder Vorständen nachzuweisen.
- Vollmacht: Eine schriftliche Vollmacht ist besonders wichtig, wenn es um formbedürftige Rechtsgeschäfte wie Bürgschaften geht. Bei Bürgschaften muss die Vollmacht schriftlich erteilt werden, um wirksam zu sein.
- Bestätigung des Vorstands: Eine Bestätigung durch den Vorstand kann ebenfalls die Vertretungsbefugnis eines Mitarbeiters belegen.
Sorgfaltspflicht des Auftragnehmers:
- Prüfung der Bürgschaft: Der Auftragnehmer sollte sorgfältig prüfen, ob die Bürgschaft rechtswirksam ist. Dazu gehört, die Vollmachten und Vertretungsbefugnisse der Beteiligten zu überprüfen.
- Konsequenzen fehlender Vertretungsbefugnis: Fehlt die Vertretungsbefugnis, kann die Bürgschaft unwirksam sein. Dies könnte zu rechtlichen Schwierigkeiten führen, da die Bürgschaft nicht durchgesetzt werden kann.
Praktische Empfehlungen:
- Schriftliche Dokumentation: Stellen Sie sicher, dass alle relevanten Dokumente, einschließlich Vollmachten und Vertretungsbefugnissen, schriftlich vorliegen.
- Überprüfung durch Experten: Bei Unsicherheiten kann es hilfreich sein, sich an Fachleute zu wenden, um die rechtliche Wirksamkeit der Bürgschaft zu bestätigen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Bauhandwerkersicherheit
Die Bauhandwerkersicherheit ist ein gesetzlich verankerter Anspruch eines Bauunternehmers auf finanzielle Absicherung seiner Vergütungsansprüche gegenüber dem Auftraggeber. Sie ist in § 650f BGB geregelt und dient dazu, das Risiko des Bauunternehmers zu minimieren, dass seine erbrachten Leistungen nicht bezahlt werden. Der Bauunternehmer kann vom Auftraggeber eine Sicherheit in Höhe von bis zu 110 Prozent des noch ausstehenden Vergütungsanspruchs verlangen.
Beispiel: Ein Dachdecker führt Arbeiten im Wert von 50.000 Euro aus und kann vom Bauherrn eine Sicherheit in Höhe von 55.000 Euro (110%) verlangen, um sich gegen Zahlungsausfälle abzusichern.
Bankbürgschaft
Eine Bankbürgschaft ist eine Sicherheitsleistung, bei der eine Bank als Bürge die Verpflichtung übernimmt, für die Schulden eines Dritten (des Hauptschuldners) einzustehen. Sie stellt eine häufige Form der Bauhandwerkersicherheit nach § 650f BGB dar. Die rechtliche Grundlage findet sich in den §§ 765 ff. BGB. Die Bankbürgschaft wird wirksam mit ihrem Zugang beim Gläubiger, unabhängig davon, ob zusätzliche Nachweise zur Vertretungsmacht der Unterzeichner vorliegen.
Beispiel: Eine Bank verbürgt sich gegenüber einem Bauunternehmer für den Bauherrn bis zu einem Betrag von 55.000 Euro und verpflichtet sich, bei Zahlungsausfall des Bauherrn einzuspringen.
Erledigungserklärung
Die Erledigungserklärung ist eine prozessuale Handlung im Zivilprozess, mit der eine Partei zum Ausdruck bringt, dass der Streitgegenstand durch ein Ereignis nach Rechtshängigkeit erledigt wurde und daher kein Rechtsschutzbedürfnis mehr besteht. Sie ist nicht ausdrücklich in der ZPO geregelt, aber in der Rechtspraxis anerkannt. Für ihre Wirksamkeit ist grundsätzlich die übereinstimmende Erklärung beider Parteien erforderlich (beiderseitige Erledigungserklärung).
Beispiel: Nachdem der Beklagte die geforderte Bankbürgschaft vorgelegt hat, erklärt der klagende Bauunternehmer den Rechtsstreit für erledigt, da sein ursprüngliches Klagebegehren erfüllt wurde.
Anspruch auf Sicherheitsleistung
Ein Anspruch auf Sicherheitsleistung bezeichnet das gesetzlich verankerte Recht einer Vertragspartei, vom Vertragspartner eine finanzielle Absicherung zu verlangen. Im Baurecht ist dieser Anspruch in § 650f BGB geregelt und ermöglicht dem Bauunternehmer, vom Auftraggeber eine Sicherheit für seine Vergütungsansprüche zu fordern. Der Anspruch gilt als erfüllt, sobald die geforderte Sicherheit (z.B. eine Bankbürgschaft) beim Gläubiger eingeht.
Beispiel: Ein Bauunternehmer hat nach Fertigstellung von 75% der beauftragten Arbeiten Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Bauherrn und fordert daher eine Sicherheitsleistung für die noch ausstehende Vergütung.
Vertretungsmacht
Vertretungsmacht bezeichnet die rechtliche Befugnis einer Person, im Namen einer anderen Person rechtswirksame Erklärungen abzugeben oder entgegenzunehmen. Sie ist in den §§ 164 ff. BGB geregelt. Im Kontext von Bankbürgschaften ist die Vertretungsmacht der Unterzeichner entscheidend für die Wirksamkeit der Bürgschaftserklärung. Laut OLG Düsseldorf ist eine Bürgschaft jedoch bereits mit Zugang wirksam, auch wenn Nachweise zur Vertretungsmacht zunächst fehlen.
Beispiel: Ein Bankangestellter unterzeichnet eine Bürgschaftsurkunde. Seine Vertretungsmacht ergibt sich aus seiner Position in der Bank und berechtigt ihn, die Bank durch seine Unterschrift rechtsverbindlich zu verpflichten.
Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten
Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten sind Aufwendungen für anwaltliche Tätigkeiten, die vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens entstehen. Sie können als Schadensersatz nach §§ 280, 286 BGB vom Schuldner verlangt werden, wenn dieser sich in Verzug befindet. Im Baurecht entstehen solche Kosten häufig bei der außergerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen, wie der Forderung nach einer Bauhandwerkersicherheit.
Beispiel: Ein Bauunternehmer beauftragt einen Rechtsanwalt mit der Erstellung eines Mahnschreibens an den Bauherrn, um die Stellung einer Bauhandwerkersicherheit zu fordern, bevor er Klage erhebt.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 650f BGB – Sicherheitsleistung: Werkunternehmer können vom Besteller eines Bauvertrags eine Sicherheit für die vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung einschließlich Nachträgen verlangen. Dies dient dazu, das Risiko des Werkunternehmers abzusichern, nicht für seine erbrachte Leistung bezahlt zu werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin, als Werkunternehmerin, forderte von der Beklagten als Bestellerin zu Recht eine solche Sicherheit, um ihre Werklohnforderung abzusichern.
- § 362 Abs. 1 BGB – Erfüllung: Ein Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Für die Erfüllung ist objektiv die Bewirkung der Leistung entscheidend, unabhängig von subjektiven Vorstellungen des Gläubigers oder Schuldners. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht sah die Stellung der Bürgschaft durch die Beklagte als Erfüllung der geforderten Sicherheitsleistung an, auch wenn die Klägerin die Gültigkeit der Bürgschaft zunächst anzweifelte.
- § 765 Abs. 1 BGB – Bürgschaftsvertrag: Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen. Die Bürgschaft ist eine Form der Sicherheit, bei der ein Dritter (Bürge) für die Schuld eines Hauptschuldners einsteht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die von der Beklagten beigebrachte Bürgschaft der Sparkasse sollte die von der Klägerin geforderte Sicherheit gemäß § 650f BGB darstellen, indem die Sparkasse als Bürge für die Forderung der Klägerin einstand.
Das vorliegende Urteil
OLG Düsseldorf – Az.: I-22 U 111/22 – Urteil vom 03.03.2023
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