LG Karlsruhe – Az.: 6 O 125/18 – Urteil vom 17.04.2019
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 16.501,30 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 4 % vom 16.11.2016 bis zum 27.10.2017 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 28.10.2017 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 2.860,00 € Zug um Zug gegen die Beseitigung folgender Mängel zu zahlen:
Im Innenbereich der Halle (Stahlkonstruktion) des Anwesens „IK.“ an der Wandpaneele in Teilbereichen in Fußbodennähe punktförmige Beschädigungen durch Korrosionen (Rotrost) entfernen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Von den Kosten des Verfahrens hat die Klägerin 15 % und hat der Beklagte 85 % zu tragen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
6. Der Streitwert wird auf 19.361,30 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt restlichen Werklohn, der Beklagte wendet die Mangelhaftigkeit der erbrachten Leistungen ein.
Die Klägerin ist ein in M. ansässiges Unternehmen, das sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Stahlkonstruktionen, Hallenbausätzen, schlüsselfertigem Hallenbau und der Sanierung von Hallen befasst. Der Beklagte hat die Klägerin am 12.5.2015 mit dem Neubau einer Halle in Stahlbauweise zu einem Gesamtpreis in Höhe von pauschal 152.000,00 € beauftragt. Die Halle wurde errichtet, am 15.11.2016 abgenommen und wird seitdem ohne Einschränkung genutzt.
Der Beklagte rügte vor der Abnahme gegenüber der Klägerin mehrfach Rostflecken und forderte sie zur Mangelbeseitigung auf. Ab dem 30.06.2016 nahm die Klägerin Nachbesserungsarbeiten vor. Im Abnahmeprotokoll vom 15.11.2016 blieben die Position 9 – Bilder 21-23 „Oberschale bei Wandpaneelen lösen sich“ – und die Position 19 – Bilder 37-39 „Rostflecken an der Unterschale der Wandpaneelen“ – unerledigt. Vereinbarungen wurden hierüber auch nicht getroffen. Die Klägerin hat die Mängelrüge des Beklagten an den Hersteller der Paneele weitergereicht. Der Hersteller hat eingewandt, dass die Tauglichkeit der Paneele nicht beeinträchtigt sei und allenfalls ein optischer, kaum wahrnehmbarer Mangel vorliege. Aus Gründen der Kulanz hat er sich bereit erklärt, einen Nachlass in Höhe von € 1.500,00 zu gewähren, was der Beklagte abgelehnt hat. Aus der Schlussrechnung der Klägerin ist ein Betrag in Höhe von € 19.361,30 offen. Die Klägerin hat wegen dieses Betrages das Mahnverfahren betrieben. Dem Beklagten wurde der Mahnbescheid am 27.10.2017 zugestellt.
Die Klägerin trägt vor, alle von dem Beklagten gerügten Ausführungsmängel seien bis zur Abnahme beseitigt worden. Der Einbehalt wegen Mängeln sei deshalb unbegründet und darüber hinaus auch deutlich übersetzt. Der Beklagte trage die Beweislast für die behaupteten Mängel, ihren Umfang und deren Beseitigungskosten.
Die Klägerin hat in ihrer Klageschrift vom 01.06.2018 ursprünglich beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von € 19.361,30 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit, sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von € 882,98 zu zahlen.
Nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens vor mündlicher Verhandlung trägt sie vor, der Beklagte hätte schadensmindernd vor einer Befüllung der Halle die Roststellen beseitigen können und wegen seiner Schadensminderungspflicht auch beseitigen müssen.
Die Klägerin stellt nunmehr den Antrag:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 19.361,30 € abzüglich des Minderungsbetrages in Höhe von 1.430,00 € = 17.931,30 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 30.06.2016 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt:
1. Der Beklagte wird Zug um Zug gegen Beseitigung der Rostflecken und Welligkeiten an den Innenseiten der Wandpaneelen und der Stahlkonstruktion des Anwesens „IK.“, sowie deren Ursachen zur Bezahlung von 19.361,30 € verurteilt. Insoweit wird die Klageforderung unter Verwahrung gegen die Kostenlast nach 93 ZPO teilanerkannt.
2. Die Klage wird im Übrigen abgewiesen.
Der Beklagte trägt vor, bei dem Bauvorhaben hätten sich an den Innenseiten der Wandpaneelen und an der Stahlkonstruktion Rostflecken und Welligkeiten gebildet, die einen Mangel darstellten, dessen Beseitigung sich auf mindestens 10.000 EUR belaufe. Deshalb könne er sich wegen der gesamten Restforderung auf sein Zahlungsverweigerungsrecht nach § 641 Abs. 3 BGB berufen. Die Klägerin könne nach dem Eingang des gerichtlichen Sachverständigengutachtens nicht einfach dazu übergehen, den Klageantrag dergestalt zu ändern, dass ein Minderungsbetrag in Höhe der vom Sachverständigen geschätzten Mängelbeseitigungskosten von 1.430,00 € in Abzug gebracht werde. Der Beklagte bestehe auf die Mangelbeseitigung und damit auf den Antrag einer Zug-um-Zug-Verurteilung. In der Kostenschätzung des Sachverständigen seien die Kosten für das Freiräumen der Halle bzw. Ausfälle wegen der Nichtbenutzung der Halle während der Sanierung noch nicht berücksichtigt. Diese Kosten müsse die Klägerin ebenfalls übernehmen, denn der Beklagte sei nicht gehalten gewesen, die Halle bis zur Begutachtung leer stehen zu lassen.
Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund Beweisbeschlusses vom 14.08.2018 durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens, welches am 18.12.2018 durch den Sachverständigen Dip. Ing. N. erstattet wurde.
Auf übereinstimmenden Antrag der Parteien wurde am 25.2.2019 das schriftliche Verfahren angeordnet und als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, der 15.03.2019 bestimmt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
1. Der Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin insgesamt 19.361,30 € zu zahlen, davon 16.501,30 € ohne Vorbehalt und die weiteren 2.860,00 € nur Zug-um-Zug gegen die Beseitigung folgender Mängel: Im Innenbereich der Halle (Stahlkonstruktion) des Anwesens „IK.“ an der Wandpaneele in Teilbereichen in Fußbodennähe punktförmige Beschädigungen durch Korrosionen (Rotrost) entfernen.
a. Der Zahlungsanspruch in Höhe von 19.361,30 € ergibt sich aus Werkvertrag, den der Beklagte in voller Höhe auch anerkannt hat. Ein prozessuales Anerkenntnis kann nicht nur den Inhalt haben, dass der Beklagte den Klageanspruch ganz oder teilweise vorbehaltlos anerkennt, sondern auch den, dass er vorbehaltlich einer Gegenleistung des Klägers anerkennt und sich nur einer entsprechenden Zug-um-Zug-Verurteilung beugt. Es handelt sich um ein inhaltlich eindeutiges Anerkenntnis, das lediglich eingeschränkt ist. Wenn der Kläger – wie hier – auf einer einschränkungslosen Verurteilung besteht, kann insofern zwar kein Anerkenntnisurteil nach § 307 ZPO ergehen. Dennoch ist der Beklagte an sein Anerkenntnis gebunden. Das Gericht entscheidet nicht mehr über das materiell-rechtliche Bestehen des anerkannten Hauptanspruchs, sondern lediglich über die Berechtigung des geltend gemachten Gegenrechts (BGH, Urteil vom 05.04.1989 – IVb ZR 26/88, BGHZ 107, 142, 146 f.).
b. Der Beklagte kann wegen Mangelbeseitigungskosten in Höhe von 1.430,00 € dieser Zahlung die Einrede des nicht erfüllten Vertrages entgegenhalten (§§ 320, 641 Abs. 3 BGB), weshalb insoweit nur eine Zug-um-Zug-Verurteilung erfolgt (§ 322 Abs. 1 BGB).
aa. Dass die VOB/B vereinbart sind, ist nicht vorgetragen, weshalb das Bürgerliche Gesetzbuch in seiner bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung anzuwenden ist (Art. 229 § 39 EGBGB).
bb. Die Leistung eines Unternehmers ist nach § 633 Abs. 1 BGB vertragsgerecht, wenn sie die Beschaffenheit aufweist, die für den vertraglich vorausgesetzten oder gewöhnlichen Gebrauch erforderlich ist. Welche Beschaffenheit des Werks von den Parteien vereinbart worden ist, ergibt sich aus der Auslegung des Vertrages (BGH, Urteile vom 08.11.2007 – VII ZR 183/05, BGHZ 174, 110, vom 15.10.2002 – X ZR 69/01, BauR 2003, 236 und vom 17.05.1984 – VII ZR 169/82, BGHZ 91, 206). Üblicherweise sichert der Unternehmer stillschweigend bei Vertragsschluss die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik zu (BGH, Urteil vom 14.05.1998 – VII ZR 184/97, BGHZ 139, 16). Entspricht die Werkleistung diesen nicht, liegt regelmäßig ein Werkmangel vor (BGH, Urteil vom 09.07.1981 – VII ZR 40/80, BauR 1981, 577). Ein Werk ist allerdings auch dann mangelhaft, wenn es zwar die anerkannten Regeln der Technik einhält, gleichwohl aber nicht funktionstauglich und zweckentsprechend ist (BGH, Urteile vom 08.11.07 – VII ZR 183/05, vom 15.10.2002 – X ZR 69/01 und vom 17.05.1984 – VII ZR 169/82, je aaO). Die Mangelfreiheit des Werks kann demnach nur angenommen werden, wenn aufgrund seiner Beschaffenheit die dauerhafte Nutzung gewährleistet ist (BGH, Urteil vom 21.04.2011, VII ZR 130/10, NJW-RR 2011, 1240). Für die Annahme eines Mangels reicht bereits ein auf konkrete Tatsachen gestützter Gefahrenverdacht aus (BGH, Urteil vom 23.11.1988, VIII ZR 247/87, NJW 1989, 218), der vorliegt, wenn der Gebrauch des Werks risikobehaftet oder ungewiss ist (OLG Köln, Urteil vom 22.09.2004 – 11 U 93/01, NJW-RR 2005, 1042). Ein Zuwarten bis zur Verwirklichung des mit der Mangelhaftigkeit einhergehenden Risikos ist also dem Auftraggeber nicht zumutbar (BGH, Urteil vom 10.11.2005, VII ZR 137/04, BauR 2006, 382;).
cc. Die Klägerin ist trotz der Abnahme ihrer Leistungen durch den Beklagten am 15.11.2016 für die Mangelfreiheit ihrer Arbeiten darlegungs- und beweisbelastet geblieben. Die in dem Abnahmeprotokoll vom 15.11.2016 vorbehaltenen und später geltend gemachten Mängel hinderten nicht den Eintritt der Fälligkeit der Forderung, sondern konnten nur ein Leistungsverweigerungsrecht im Hinblick auf einen Nacherfüllungsanspruch des Beklagten begründen (§§ 634 Nr. 1, 635, 320 BGB). Durch die Abnahme tritt zwar eine Beweislastumkehr ein (§ 363 BGB). Dieser setzt aber die Annahme einer Leistung als Erfüllung voraus. Daran fehlt es, soweit der Besteller wegen eines Mangels einen Vorbehalt erklärt. Der Vorbehalt des Beklagten bewirkte, dass der Klägerin als Auftragnehmerin auch nach der Abnahme die Beweislast für die Mängelfreiheit verblieb (BGH, Urteil vom 23.10.2008 – VII ZR 64/07, BauR 2009, 237).
dd. Nach diesen Maßstäben sind die Wandpaneelen im Innenbereich des Bauvorhabens mit Mängeln behaftet. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 18.12.2018 festgestellt, dass an den Außenfassaden der Halle unter gebrauchsüblichen Bedingungen keine Auffälligkeiten, insbesondere keine – von dem Beklagten behauptete – Welligkeiten, festgestellt wurden. Technischen Fehler oder optische Beeinträchtigungen liegen dort nicht vor. Im Innenbereich der Halle weisen demgegenüber die Wandpaneele in Teilbereichen in Fußbodennähe punktförmige Beschädigungen mit einem Durchmesser von bis ca. 5 mm auf. An diesen Stellen sind die Farbbeschichtung und die vor Korrosion schützende Zinkschicht der Stahlbleche zerstört. Das so ungeschützte Stahlblech der betroffenen Elemente weist in diesen Punkten Korrosionen auf (Rotrost). Es handelt sich bei den festgestellten Beschädigungen nicht um einen optischen Fehler. Die Beschädigungen der schützenden Zinkdeckschicht und die bereits eingetretenen Stahlblech-Korrosion beeinträchtigen die Tauglichkeit der Paneele, indem sie deren Nutzungsdauer verringern. Somit liegen technischen Fehler (Mängel) vor. Zur Fehlerbeseitigung sind die betroffenen Schadstellen zu entrosten, vorzubehandeln und zu lackieren. Diese Fehlerbeseitigungskosten belaufen sich auf 1.430,00 € brutto. In diesen Kostenermittlungen sind ggf. anfallende Kosten um die betroffenen Wandbereiche – Lagergut, ggf. Lagerregale – freizuräumen, Kosten für ggf. erforderliche Ersatzlagerflächen sowie für Ausfälle der Hallennutzung während der Sanierungsdauer nicht enthalten. Das Gericht legt das nachvollziehbare und überzeugende Gutachten des Sachverständigen, das von den Parteien auch nicht angegriffen wurde, seiner Entscheidung zugrunde. Insoweit steht dem Beklagten die Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§§ 320, 641 Abs. 3 BGB) zu.
Soweit der Sachverständige zur Mangelbeseitigung ausgeführt hat, die betroffenen Schadstellen zu entrosten, vorzubehandeln und zu lackieren, war diese Methode in den Tenor der Entscheidung nicht aufzunehmen. Denn dem Hersteller steht es grundsätzlich frei, auf welche Art und Weise er das Werk nachbessert (BGH, Urteil vom 10.10.1985 – VII ZR 303/84, BGHZ 96, 111). Maßgeblich ist allein, dass der Mangel anschließend beseitigt, dh der vertraglich geschuldete Zustand hergestellt ist.
c. Der Beklagte kann wegen seines Anspruchs, die Beseitigung der Rostflecken an der Wandpaneele im Innenbereich zu verlangen, als angemessenen Teil der Vergütung die Zahlung wegen eines Betrages von 2.860,00 € verweigern (§ 641 Abs. 3 BGB).
aa. Der Beklagte, der wegen eines Baumangels die Bezahlung des noch offenen Werklohns verweigert (§ 320 BGB), braucht nicht zur Höhe der Mangelbeseitigungskosten vorzutragen. Das Gesetz sieht eine Beschränkung des Leistungsverweigerungsrechtes auf einen dem noch ausstehenden Teil der geschuldeten Gegenleistung entsprechenden Teil grundsätzlich nicht vor (BGH, Urteil vom 13.07.1970 – VII ZR 176/68, BGHZ 96, 111). Es ist daher Sache des Auftragnehmers – hier der Klägerin – darzutun, dass der einbehaltene Betrag auch bei Berücksichtigung des Durchsetzungsinteresses des Bestellers (sog. Druckzuschlag) unverhältnismäßig und deshalb unbillig hoch war (BGH, Urteil vom 04.07.1996 – VII ZR 125/95, BauR 1997, 133).
bb. Gemäß § 641 Abs. 3 BGB kann der Besteller die Zahlung des Werklohns regelmäßig in Höhe des doppelten Betrags, der für die Beseitigung des Mangels erforderlich ist, verweigern. Befindet sich der Besteller in Annahmeverzug mit der Entgegennahme der Mangelbeseitigung, beschränkt sich sein Leistungsverweigerungsrecht jedoch auf die Höhe der (einfachen) Mangelbeseitigungskosten. Ein Druckzuschlag ist dann nicht gerechtfertigt. Denn gegenüber einem Werkunternehmer, der zur Beseitigung der Mängel bereit und erklärtermaßen willens ist, bedarf es eines Druckzuschlags nicht, wenn die Mangelbeseitigung bislang am Verhalten des Bestellers scheitert (BGH, Beschluss vom 04.04.2002 – VII ZR 252/01, NJW-RR 2002, 1025; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage, 2014, 5.Teil Rn. 262). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin mit ihrem neuen Klagantrag vom 05.02.2019 nur den Abzug eines Minderungsbetrages in Höhe der vom Sachverständigen festgestellten Mangelbeseitigungskosten von 1.430,00 € berücksichtigt. Die Herstellerin der Paneele hatte ebenso lediglich einen Betrag von 1.500,00 € in Aussicht gestellt. Dass sie dem Beklagten die Beseitigung der hier bis zum Gutachten vom 18.12.2018 streitigen Mängel angeboten haben, ist weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Demzufolge ist das Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten auch nicht auf den einfachen Betrag der Mangelbeseitigungskosten beschränkt.
cc. Bei der Höhe des nach § 641 Abs. 3 BGB festzusetzenden Betrages waren Kosten, wie sie von dem Beklagten für das Ausräumen der Halle, das Einlagern von Materialien oder Ausfälle der Hallennutzung während der Sanierungsdauer geltend gemacht werden, nicht zu berücksichtigen. Zwar umfassen die Nachbesserungskosten alles, was vorbereitend erforderlich ist, um den Mangel an der eigenen Leistung zu beheben. Hinzu kommen die Arbeiten, die notwendig werden, um nach durchgeführter Mangelbeseitigung den davor bestehenden Zustand wieder herzustellen. Die Kosten für das Einräumen und Ausräumen eines Lagers, um überhaupt erst die Mängelbeseitigung zu ermöglichen und den alten Zustand wieder herzustellen, sind Mängelbeseitigungskosten (Kniffka/ Koeble aaO., 6. Teil, Rn 199 f. und 202 m.w.N.). Zu den erforderlichen Aufwendungen gehören nicht die sonstigen Vermögensverluste, die der Auftraggeber aus Anlass der Mängelbeseitigung erleidet. Solche Vermögensverluste wie z.B. der Nutzungsausfall sind Mängelfolgeschäden, die nach § 280 Abs. 1 BGB ersetzt werden. Vorliegend hat der Beklagte den konkreten Aufwand oder solche Kosten für das Einräumen und Ausräumen eines Lagers nur pauschal behauptet und nicht näher dargelegt, sodass dem Gericht Schätzgrundlagen, um von dem in § 641 Abs. 3 BGB vorgesehenen Druckzuschlag der Verdoppelung nach oben abzuweichen, fehlen.
dd. Die Klägerin ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht des Beklagten berechtigt, den Beklagten auf einen Minderungsbetrag von 1.430,00 € zu verweisen und ihm die nach wie vor geforderte Mangelbeseitigung zu verweigern. Entgegen der Auffassung der Klägerin war der Beklagte vor dem Befüllen der Halle nicht aus dem Gedanken des Mitverschuldens (entsprechend § 254 BGB) verpflichtet, die Mängel selbst zu beseitigen. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus der im Ergebnis festgestellt Höhe der Mangelbeseitigungskosten, die weniger als 10 % der Restforderung ausmachen.
Der Anspruch des Beklagten auf Nacherfüllung durch die Klägerin beruht auf Vertrag. Welche Gewährleistungsrechte der Beklagte bei Mangelhaftigkeit der Werkleistung der Klägerin ausübt, steht allein in seiner Entscheidungsbefugnis. Die Überlegung, welchen Anspruch er geltend macht, hängt in erster Linie davon ab, welche der verschiedenen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Außerdem kommt es darauf an, welches Ziel er verfolgt. In Betracht kommt auch ein Nebeneinander von Ansprüchen, indem von dem Besteller wegen verschiedener Mängel von vornherein ein unterschiedlicher Anspruch gewählt wird (vgl. Kniffka/Koeble, aaO., 6. Teil, Rnrn 182 ff. w.w.N.). Der Auftraggeber hat auch nach Ablauf einer von ihm gesetzten Frist zur Mangelbeseitigung die Wahl zwischen allen ihm zustehenden Mängelrechten. Er kann also weiterhin Nacherfüllung wählen. Sein Anspruch auf Erfüllung ist aber ausgeschlossen, wenn er ein Gestaltungsrecht wirksam ausgeübt hat (BGH, Urteil vom 6.11.1975 – VII ZR 222/73, NJW 1976, 143), was hier jedoch nicht vorliegt. Der Werkbesteller kann daher grundsätzlich darauf bestehen, dass alle Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarung durch die Nachbesserung erfüllt werden. Er ist nicht verpflichtet, einem Angebot des Unternehmers zuzustimmen, wonach vertraglich abweichende Modalitäten geliefert werden und unter Umständen der Minderwert durch eine Zahlung des Unternehmers ausgeglichen wird (OLG Köln, Urteil vom 16.03.2016 – 16 U 63/15, juris Tz 132, IBR 2016, 515). Wie oben bereits ausgeführt, brauchte der Beklagte, der wegen eines Baumangels die Bezahlung des noch offenen Werklohns verweigert (§ 320 BGB), nicht zur Höhe der Mangelbeseitigungskosten vorzutragen. Dann führt die von der Klägerin nachgewiesene Unbilligkeit über die Höhe des Zurückbehaltungsrechtes – hier: wegen der tatsächlichen Kosten der Nachbesserung von ca. 7,5 % im Verhältnis zur offenen Restforderung – lediglich unter Berücksichtigung des sog. Druckzuschlags zu einer vorbehaltlosen Verurteilung von ca. 15 % der eingeklagten Forderung mit den sich für den Beklagten ergebenden Kostenfolgen. Diese Gründe sowie die bereits erbrachten Abschlagszahlungen und die sich hier ergebende Kostenfolge eines überhöht geltend gemachten Leistungsverweigerungsrechtes stehen dem von der Klägerin behaupteten Verschulden des Beklagten entgegen.
ee. Auch eine mögliche Weigerung des Beklagten, eine Mangelbeseitigung der Klägerin zuzulassen oder die Voraussetzungen hierfür zu schaffen, stehen einer Zug-um-Zug-Verurteilung nicht entgegen.
Die Klägerin kann, wenn der Beklagte die Mangelbeseitigung nicht zulässt, Klage auf Feststellung des Annahmeverzuges erheben. Auf die Zwangsvollstreckung aus einem Titel nach §§ 320 Abs. 1, 322 Abs. 1 BGB findet gem. § 322 Abs. 3 BGB die Vorschrift des § 274 Abs. 2 BGB Anwendung. Nach §§ 274 Abs. 2 BGB, 756 ZPO genügt die Zustellung des Urteils, einer öffentlichen Urkunde, in dessen Entscheidungsformel der Annahmeverzug der Beklagten festgestellt ist. Nach Rechtskraft des Urteils kann die Klägerin dann ohne Mängelbeseitigung ihren restlichen Werklohn vollstrecken.
ff. Hinzu kommt schließlich die Möglichkeit der Klägerin, den unter einem Leistungsverweigerungsrecht stehenden Restbetrag von 2.860,00 € nicht mehr im Wege der Zwangsvollstreckung weiter zu verfolgen. Eine Gefahr, dass der Beklagte durch eine selbständige Klage die Leistung dann doppelt erzwingen könnte, besteht nicht. Durch ein rechtskräftiges Urteil im hiesigen Prozess würde der Klägerin als Bauunternehmerin der Anspruch auf den restlichen Werklohn Zug-um-Zug gegen Mängelbeseitigung zuerkannt werden. Damit ist aber, nur der – durch die Zug-um-Zug-Leistung beschränkte – Zahlungsanspruch festgestellt. Der einredeweise von dem Beklagten geltend gemachte Mängelbeseitigungsanspruch ist dagegen nicht in Rechtskraft erwachsen und nicht vollstreckbar (RGZ 100, 197, 198; BGH, Urteil vom 24.05.1973 – VII ZR 92/71, BGHZ 61, 28).
2. Nebenforderungen und Nebenentscheidungen
a. Der Zinsanspruch aus 16.501,30 € in Höhe von 4 % ergibt sich ab Abnahme des Werkes am 16.11.2016 aus dem gesetzlichen Abnahmezins (§§ 641 Abs. 4, 246 BGB) und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 28.10.2017, dh dem Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids, aus Verzug (§§ 286 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dabei beginnt aus dem Rechtsgedanken des § 187 BGB der Zinslauf erst am Tag nach der Abnahme – hier: 15.11.2016 – bzw. nach der Zustellung des Mahnbescheids – hier: 27.10.2017 – zu laufen (vgl. zu Verzug und Rechtshängigkeit: BGH, Urteil vom 24.01.1990 – VIII ZR 296/88, NJW-RR 1990, 519)
aa. Die Voraussetzung des Abnahmezinses, dh eine Festsetzung der Vergütung, die nicht erst durch Rechnung fixiert werden muss, liegt durch den vereinbarten Pauschalpreis von 152.000,00 € vor, von dem vorliegend unstreitig geleistete Abschlagzahlungen abzuziehen waren. Der offene Restbetrag in Höhe von 19.361,30 € steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Der Abnahmetermin war zwar für den 30.06.2016 vorgesehen gewesen, fand aber schließlich nach verschiedenen Nachbesserungsarbeiten erst am 15.11.2016 statt, weshalb Zinsen in gesetzlicher Höhe (§ 246 BGB) auch erst nach diesem Zeitpunkt verlangt werden können.
bb. Ein auf Schuldnerverzug der Beklagten gestützter Zinsanspruch der Klägerin aus § 286 Abs. 1 BGB besteht wegen des Betrages von 2.860,30 € ebenso wenig wie ein Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen aus § 291 BGB oder auf Zahlung von Fälligkeitszinsen aus § 641 Abs. 4 BGB. Das Leistungsverweigerungsrecht begründet eine verzögerliche Einrede mit der Wirkung, dass die Forderung im Sinne von §§ 286, 291, 641 Abs. 4 BGB noch nicht fällig ist (BGH, Urteil vom 14.01.1971 – VII ZR 3/69, BauR 1971, 124; BGH, Urteil vom 04.07. 1996 – VII ZR 125/95, BauR 1997, 133; OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.07.2003 – 23 U 78/02, BauR 2004, 514).
b. Soweit die Klägerin in ihrem Klagantrag Ziffer 1 vom 01.06.2018 noch die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 882,98 € verlangt hat, wurde diese Forderung mit dem neuen Klagantrag vom 05.02.2019 nicht weiter verfolgt. Unabhängig davon, dass diese ursprüngliche Forderung in ihrer Erstattungsfähigkeit nicht substantiiert dargelegt worden war, war wegen der in dem neuen Antrag liegenden Klagerücknahme nicht mehr über sie zu entscheiden.
c. Die Kostenentscheidung folgt wegen des nur geringfügigen Zurückbehaltungsrechtes wegen Mängeln und wegen der Klagerücknahme zu den Anwaltskosten aus §§ 92 Abs. 1, 93, 269 ZPO.
Soweit sich der Beklagte nur auf sein Leistungsverweigerungsrecht (§§ 320,641 Abs.3 BGB) beruft, hat er in dem Umfang von 2.860,00 € keine Veranlassung zur Klage gegeben (§ 93 ZPO). Indem eine Zug-um-Zug-Verurteilung erfolgt darf ihm ein Teil der Kosten des Rechtsstreits insoweit allein wegen der Titulierung der Klageforderung nicht auferlegt werden (OLG Hamm, Urteil vom 18.10.2005 – 24 U 59/05, BauR 2006, 1151). Hätte das Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten – wie es von ihm geltend gemacht wurde – die gesamte Klageforderung umfasst, so wären der Klägerin bei der vorliegenden Konstellation von Anerkenntnis der Restwerklohnforderung und dann berechtigtem Leistungsverweigerungsrecht die Kosten des Verfahrens insgesamt aufzuerlegen gewesen (§§ 93, 91 ZPO). Denn wegen des vollumfänglichen Leistungsverweigerungsrechtes hätte sich der Beklagte wegen der Geldforderung zu keinem Zeitpunkt in Verzug befunden. Sein Anerkenntnis wäre ein „sofortiges“ gewesen und er hätte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben. Nach dem alleinigen Streit über ein dem Beklagten zustehendes Leistungsverweigerungsrecht und dessen Höhe, durfte der Beklagte im Rahmen der Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens mit einer weiteren Erklärung zuwarten. Denn ein Anerkenntnis ist für die Parteien noch „sofortig“, wenn es abgegeben wird, nachdem der Kläger im Laufe des Prozesses das gegnerische Zurückbehaltungsrecht im Klagantrag berücksichtigt oder das Gegenrecht zum Erlöschen gebracht hat (BGH, Urteil vom 08.11.2005 – XI ZR 90/05, in NJW-RR 2005, 1005). Wie oben bereits ausgeführt, hat die Klägerin nach dem Gutachten vom 18.12.2018 das nunmehr feststehende Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten in ihrem Klagantrag vom 05.02.2019 gerade nicht berücksichtigt. Der Beklagte wiederum hat nach diesem Gutachten ebenso seinen ursprünglichen Klagantrag vom 09.08.2018, obwohl nunmehr in Höhe des hier ausgeurteilten Betrages von 16.501,30 € insoweit ein vorbehaltloses Anerkenntnis geboten gewesen wäre, nicht umgestellt und sein tatsächlich nicht bestehendes Leistungsverweigerungsrecht nicht berücksichtigt. Insoweit haben beide Parteien kein „sofortiges“ Anerkenntnis im Sinne von § 93 ZPO abgegeben.
d. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO. § 708 Nr. 1 ZPO war nicht anzuwenden, da insoweit der Beklagte nicht vorbehaltlos, sondern Zug um Zug gegen die Mangelbeseitigung anerkannt hat (BGH, Urteil vom 08.11.2005 – XI ZR 90/05, NJW 2006, 217).