OLG Dresden, Az.: 9 U 1602/15, Urteil vom 07.06.2016
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 24.09.2015, Az: 44 HK O 197/14, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil des Landgerichts und das Urteil des Senats sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Wert des Streitgegenstands des Berufungsverfahrens wird auf 62.543,99 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt Restwerklohn aus einem Werkvertrag mit der Beklagten über die Erbringung von Putzleistungen.
Zum unstreitigen Sachverhalt, dem streitigen Vortrag der Parteien sowie der Antragstellung in erster Instanz wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils.
Darüber hinaus ist zu ergänzen: Mit Hinweis vom 18.09.2014 (Bl. 26 d.A.) hat das Landgericht – wie bereits die Beklagte in der Verteidigungsanzeige vom 11.08.2014 (Bl. 13a d.A.) – die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Klagebegründung unzureichend sei. Sie sei gehalten, weiter zu den Vertragsgrundlagen, den Fälligkeitsvoraussetzungen sowie zur Höhe der Forderung vorzutragen.
Hierauf hat die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 25.10.2014 (Bl. 29 ff. d.A.) erwidert, sie habe die von ihr nach dem als Anlage K2 (Bl. 31 ff. d.A.) zur Akte gereichten Vertrag geschuldeten Leistungen erbracht und die Beklagte habe – insoweit abredegemäß – zunächst gelegte Abschlagsrechnungen bezahlt. Ihre Weigerung zur Bezahlung der weiteren Abschlagsrechnungen sei ebenso wenig gerechtfertigt wie die von ihr vorgenommenen Streichungen der Schlussrechnung, wie sie in dem als Anlage K3 (Bl. 35 f d.A.) zur Akte gereichten Schriftstück dokumentiert würden.
Das Landgericht hat mit Verfügung vom 30.10.2014 (Bl. 37 d.A.) die Beklagte zur Stellungnahme auf vorgenannten Vortrag der Klägerin aufgefordert und dabei ausgeführt, dass der Vortrag der Klägerin bislang knapp bemessen sei und sie – die Klägerin – ihre Angaben nach Eingang der Stellungnahme der Beklagten ergänzen und präzisieren können soll.
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 25.11.2014 (Bl. 39 ff. d.A.) hat die Beklagte den geltend gemachten Anspruch nach Grund und Höhe im einzelnen bestritten und behauptet, mit ihr wegen der mangelhaften Leistungen der Klägerin zustehenden Gegenansprüchen aufgerechnet zu haben.
Die Klägerin hat sodann mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 10.01.2015 (Bl. 50 ff. d.A.) gemeint, die Beklagte habe mit ihren Ausführungen die Methoden, die den Umgang von Generalunternehmern mit ihren Nachunternehmern kennzeichnen würde, dokumentiert. Deren Vortrag zu angeblichen Mängeln sei nicht einlassungsfähig und angebliche Gegenforderungen würden nach Grund und Höhe bestritten. Sie hat ferner behauptet, allen Abschlagsrechnungen prüffähige Aufmaßangaben beigefügt zu haben.
Mit Verfügung vom 20.01.2015 (Bl. 62 f d.A.) hat das Landgericht die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Klage schon deshalb abweisungsreif sei, weil sie weder zur Berechtigung der bestrittenen Schlussrechnung vorgetragen noch Beweis angeboten habe.
Mit weiterem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 02.03.2015 hat die Klägerin gerügt, dass der Begriff „abweisungsreif“ nicht den an richterliche Hinweispflichten zu stellenden Anforderungen genüge, und gemeint, dass die Beklagte nach Teilkündigung des Vertrages den Leistungsstand gemeinsam mit ihr – der Klägerin – hätte feststellen müssen. Darüber hinaus habe sie am 05.11.2013 Mehrmengen angezeigt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zwar sei Fälligkeit der Forderung infolge der zwischenzeitlich erfolgten Mängelbeseitigung eingetreten. Doch sei die Klagforderung der Höhe nach nicht bewiesen. Auf das substantiierte Bestreiten der einzelnen Rechnungspositionen habe die Klägerin trotz entsprechenden Hinweises vom 20.01.2015 bis auf den Teilbereich der Mehrstärkenforderung nähere Ausführungen zur Berechtigung der bestrittenen Positionen nicht gemacht und nicht unter Beweis gestellt. Auch die Mehrkostenanzeige für Mehrputzstärken helfe der Klägerin in diesem Zusammenhang nicht weiter, da sie erst nach Durchführung der entsprechenden Arbeiten ausgebracht worden sei. Auf eventuelle Gegenforderungen der Beklagten komme es somit nicht mehr an.
Gegen das der Klägerin am 01.10.2015 zugestellte Urteil hat sie mit einem am 27.10.2015 beim Oberlandesgericht Dresden eingegangenen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung mit richterlicher Verfügung vom 16.11.2015 bis 04.01.2016 mit einem am 02.01.2016 beim Oberlandesgericht Dresden eingegangenen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten wie folgt begründet hat: Sie meint, das Landgericht habe zunächst gegen das Beschleunigungsgebot und gegen die ihm obliegende Prozessleitungspflicht verstoßen. Desweiteren sei mit dessen Hinweis vom 20.01.2015 nichts anzufangen gewesen. Ohnehin wäre es an der Beklagten gewesen, zu den von ihr – der Klägerin – bestrittenen, angeblichen Gegenforderungen (Aufwendungen für die Behebung von Mängeln) auszuführen. Ferner überrasche das Urteil mit der unzutreffenden Behauptung, sie – die Klägerin – habe – abgesehen von der Problematik Mehrstärkenforderung – nicht näher zur Berechtigung der bestrittenen Schlussrechnungspositionen ausgeführt. Hierzu werde auf den Schriftsatz vom 10.01.2015 (Bl. 51 dA) verwiesen. Mit dem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 02.03.2015 habe sich das Landgericht überhaupt nicht befasst.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil des Landgerichts Dresden abzuändern und der Klage stattzugeben, hilfsweise, das Verfahren an eine andere Kammer des Landgerichts zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.
Mit nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 7.5.2016 (Bl. 152 dA) hat die Klägerin ergänzend Stellung genommen und die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt. Sie meint, der Senat habe gegen die ihm obliegende Pflicht, auf eine gütliche Einigung der Parteien hinzuwirken, verstoßen, indem die Vorsitzende zu Beginn der mündlichen Verhandlung und nach Stellung der Anträge darauf hingewiesen habe, dass der Senat die Berufung als unbegründet erachte. Ferner sei nicht protokolliert, aus welchen Gründen der Senat die Berufung als nicht begründet ansehe. Jedenfalls aber hätte der Senat wegen des Umfangs des Prozessstoffes nicht erwarten dürfen, dass sich ihr Prozessbevollmächtigter sogleich zu den Hinweisen äußern könne.
Mit weiterem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 02.06.2016 hat die Klägerin Besetzungsrüge erhoben mit der Begründung, die nur über einen kurz andauernden Zeitraum andauernde Erkrankung des Vorsitzenden u.a. am Tag der mündlichen Verhandlung habe eine Vertretung nicht notwendig gemacht, weil eine längerfristige Vakanz nicht zu befürchten gewesen sei. Im Übrigen hat sie erneut gemeint, dass die mündliche Verhandlung vor dem Senat wiederzueröffnen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie den Akteninhalt im Übrigen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung der in Streit stehenden Restwerklohnforderung gemäß § 632 BGB nicht zustehe, da sie zur Berechtigung der bestrittenen Schlussrechnungspositionen weder ausgeführt noch Beweis angeboten habe.
1. Der Senat folgt dem angegriffenen Urteil in Ergebnis und Begründung. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf dessen Inhalt Bezug genommen.
2. Das Berufungsvorbringen gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass.
a)
Ob und inwieweit das Landgericht gegen das Beschleunigungsverbot und die ihm obliegende Prozessförderungspflicht verstoßen hat, kann offenbleiben. Denn selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre das Urteil nicht nichtig, sondern lediglich mit der Berufung – wie erfolgt – angreifbar.
b)
Das Landgericht hat der Klägerin auch nicht fehlerhafterweise die Darlegungs- und Beweislast zu Bestand und Höhe der Klagforderung aufgebürdet. Vielmehr entspricht es ständiger Rechtsprechung (vgl. nur BGH BauR 1988, 667), dass der Bauunternehmer näher darzulegen und unter Beweis zu stellen hat, auf welcher Grundlage er seine Werklohnforderung in der geltend gemachten Höhe beansprucht.
c)
Entgegen der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht hat sie der ihr hiernach obliegenden Darlegungslast auch nicht deshalb Genüge geleistet, weil sich die Arbeiten und der vereinbarte Einheitspreis aus der als Anlage K3 zur Akte gereichten Schlussrechnung ergeben würden. Denn die Beklagte hat nicht nur die einzelnen Schlussrechnungspositionen substantiiert in Zweifel gezogen und bestritten, sondern ausweislich ihrer von der Klägerin als Anlage K3 zur Akte gereichten Schlussrechnungsprüfung auch eine detaillierte Gegenrechnung aufgemacht. Angesichts dessen hätte die Klägerin nun vortragen müssen, woraus sie die von ihr abgerechneten Mengen entnommen hat, und für die Richtigkeit ihres Vortrages Beweis anbieten müssen. Dies gilt vorliegend umso mehr, als die Parteien nach ihrem übereinstimmenden Vortrag kein gemeinsames Aufmaß genommen haben. Dem ist sie jedoch nicht nachgekommen.
d)
Schließlich bedurfte es auch keines weiteren Hinweises durch das Landgericht auf die Mängel im Vortrag der Klägerin. Das Landgericht hat die Klägerin mehrfach, zuletzt mit Hinweis vom 20.01.2015, ausdrücklich und unmissverständlich darauf hingewiesen, dass sie nicht ausreichend zur Berechtigung ihrer Schlussrechnungspositionen vorgetragen und keinen Beweis angeboten habe, und dass die Klage schon deshalb abweisungsreif sei. Allein dies hätte der Klägerin Anlass sein müssen, ihren Vortrag zu ergänzen. Stattdessen hat sie sich darauf beschränkt, zu erörtern, ob die Verwendung des Begriffes „abweisungsreif“ den Anforderungen an richterliche Hinweispflichten genüge, und dargetan, wann und wie sie Mehrmengen angezeigt haben will.
Im Übrigen hat die Klägerin auch in zweiter Instanz nicht mitgeteilt, was sie auf den von ihr vermissten Hinweis weiter – entscheidungserhebliches – vorgetragen hätte.
e)
Damit hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen, ohne dass es auf die Frage angekommen wäre, ob der Beklagten aufrechenbare Gegenansprüche zugestanden haben.
3. Anlass, die mündliche Verhandlung gemäß § 156 ZPO wiederzueröffnen, besteht nicht. Der Senat hat weder Hinweis- und Aufklärungspflichten noch den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt. Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat war nicht neuer Tatsachenvortrag oder eine vom Landgericht abweichende rechtliche Beurteilung der Sache durch den Senat, sondern das schriftsätzliche Vorbringen der Klägerin in beiden Instanzen. Warum die Klägerin nunmehr meint, ihr Prozessbevollmächtigter habe sich hierzu wegen des Umfangs des Prozessstoffes nicht abschließend erklären können, erschließt sich nicht.
Ebenso wenig war die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung unter dem Gesichtspunkt der fehlerhaften Besetzung des Senates geboten. Der Senat war im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 12.04.2016 ordnungsgemäß besetzt. Entgegen der von der Klägerin zuletzt vertretenen Ansicht stellt auch die nur wenige Tage andauernde Erkrankung des Vorsitzenden einen Vertretungsfall dar, dessen Folgen im Geschäftsverteilungsplan geregelt sind.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.