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Werkabnahme in Kenntnis und Verzicht auf Vorbehalt der Mängelansprüche

Oberlandesgericht Hamburg – Az.: 8 U 62/13 – Urteil vom 27.12.2016

1. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 24.05.2013, AZ: 325 O 299/05, abgeändert:

Die Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 24.05.2013, AZ: 325 O 299/05, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage der Klägerin wird insgesamt abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtstreits tragen die Klägerin 25 % und die Beklagten 75 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

6. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in derselben Höhe leistet.

7. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Zahlung restlichen Werklohns. Widerklagend verlangen die Beklagten von der Klägerin Mängelbeseitigung.

Das Landgericht Hamburg hat durch Urteil vom 24.05.2013, AZ: 325 O 299/05, auf das zur weiteren Sachdarstellung – ebenso wie auf die erstinstanzlich gewechselten Parteienschriftsätze nebst Anlagen – sowie hinsichtlich der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, unter Abweisung der weitergehenden Klage die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin € 15.343,46 Zug-um-Zug gegen Vornahme der nachstehend wiedergegebenen Mängelbeseitigung (Verurteilung der Klägerin) zu zahlen. Ferner hat es die Klägerin verurteilt, die Fassaden an der Nord- und Südseite sowie die Fenster an der Westseite des Alten Kohleturms, beim …, … Hamburg, so abzudichten, dass auch starken Regenfällen und ungünstigen Windverhältnissen kein Wasser mehr in das Gebäude eindringt.

Gegen das ihnen jeweils am 28.05.2013 zugestellte Urteil haben die Klägerin am 20.06.2013 und die Beklagten am 27.06.2013 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerungen bis zum 28.08.2013 am 26.08.2013 (Klägerin) und am 28.08.2013 (Beklagte) begründet.

Die Klägerin wendet sich gegen die Zug-um-Zug-Verurteilung der Beklagten, die Abweisung ihrer weitergehenden Klage sowie ihre Verurteilung auf die Widerklage. Hierzu trägt sie jeweils im Einzelnen vor.

Die Klägerin beantragt,

1. das angefochtene Urteil des Landgerichts Hamburg vom 24.05.2013, zugestellt am 28. Mai 2013, dahingehend aufzuheben, dass die Beklagten als Gesamtschuldner vorbehaltlos verurteilt werden, an die Klägerin € 24.142,51 nebst 8 % Zinsen über EZB seit dem 03.05.2001 zu zahlen,

2. die Widerklage kostenpflichtig abzuweisen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen, und das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 24. Mai 2013 (325 O 299/05) in Bezug auf den Urteilstenor zu Ziffer 1) abzuändern und die Klage der Klägerin insgesamt abzuweisen.

Ferner ändern die Beklagten ihren Widerklagantrag und beantragt nunmehr,

Werkabnahme in Kenntnis und Verzicht auf Vorbehalt der Mängelansprüche
(Symbolfoto: Luca Santilli/Shutterstock.com)

1. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagten einen Betrag von € 23.124,60 für die Mängelbeseitigung an den Fenstern der Westseite des Alten Kohleturm zu zahlen,

2. die Klägerin zu verurteilen, am Objekt Alter Kohleturm, beim …, … Hamburg, die Mängel zu beseitigen, die ursächlich dafür sind, dass durch die Glas-Stahlfassaden an der Nord- und Südseite (insbesondere an den in den Anlagen B 4, B 12 und B 23 gekennzeichneten Stellen) bei starkem Regen und ungünstigen Windverhältnissen Wasser in das Gebäude eindringt.

Hilfsweise beantragen sie in Bezug auf den geänderten Widerklagantrag zu 1), festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten die Kosten zu erstatten, die erforderlich waren, um am Objekt Alter Kohleturm, beim …, … Hamburg, die Mängel zu beseitigen, die ursächlich dafür waren, dass durch die Einzelfenster an der Westseite des Kohleturms bei starkem Regen und ungünstigen Windverhältnissen Wasser in das Gebäude eindringt.

Schließlich beantragen sie, hilfsweise festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in Bezug auf die Mängelbeseitigung an den Einzelfenstern der Westseite des Alten Kohleturms erledigt hat.

Die Beklagten treten dem Vortrag der Klägerin entgegen, wenden sich gegen die von der Klägerin begehrte weitere Zahlung sowie gegen ihre Verurteilung zur Zahlung durch das Landgericht und verteidigen das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich ihrer Widerklage. Hierzu und zu den geänderten Widerklaganträgen tragen sie im Einzelnen vor.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und die Anträge abzuweisen.

Sie tritt den Ausführungen der Beklagten entgegen und verteidigt die erstinstanzliche Verurteilung der Beklagten zur Zahlung.

Hinsichtlich des jeweiligen Vorbringens der Parteien wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat den Parteien Hinweise unter dem 28.04.2016 (Bl. 719 f) und 25.08.2016 (Bl. 744 f.) erteilt, auf die verwiesen wird.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen …, … und von … . Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll vom 01.11.2016 (Bl. 767 ff) Bezug genommen.

II. Die Berufungen der Parteien sind zulässig.

Hinsichtlich der Klage – restlicher Werklohnanspruch der Klägerin – ist die Berufung der Klägerin (Verurteilung der Beklagten zur vorbehaltlosen Zahlung von € 24.142,51) unbegründet und ist die zulässige Berufung der Beklagten (Abweisung der gesamten Klage der Klägerin) begründet (Ziffer 1).

Hinsichtlich der Widerklage – Ansprüche der Beklagten wegen Mängel – hat die zulässige Berufung der Klägerin Erfolg (Ziffer 2).

1. Werklohnanspruch

Ein etwaiger restlicher Werklohnanspruch der Klägerin ist jedenfalls verjährt.

a. Ein Werklohnanspruch war fällig (§ 641 Abs. 1 BGB). Die Beklagten haben die Leistungen der Klägerin im April 2001 vor Ort abgenommen. Das ist nach der Vernehmung der Zeugen … und von …, die beide ausgesagt haben, die Abnahme sei erfolgt, unstreitig geworden (anders als die weiterhin streitige Frage des Vorbehalts von Mängeln bei der Abnahme (dazu Ziffer II. 2. a. bb.). Die Beklagten haben in ihrem letzten Schriftsatz vom 08.12.2016, S. 2 (Bl. 790), u.a. vortragen, die Zeugin von … habe bestätigt, dass bei der Abnahme über die Undichtigkeiten gesprochen worden sei, die auch während der Bauphase mehrfach beanstandet worden seien sie habe hierauf bei der Abnahme ausdrücklich hingewiesen.

Die Klägerin hatte im April 2001 auch Kenntnis von der Abnahme.

b. Der Werklohnanspruch war am 31.12.2004 verjährt.

Nach § 195 BGB i.d.F. bis zum 31.12.2001 betrug die regelmäßige Verjährungsfrist 30 Jahre. Nach § 195 BGB i.d.F. ab dem 01.01.2002 beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Nach Art 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB berechnet sich daher die kürzere Dreijahresfrist von dem 01.01.2002 an und endete nach § 199 Abs. 1 BGB n.F. am 31.012.2004. Der vereinzelt gebliebenen Auffassung, dass die Verjährung nach der „Ultimoregel“ des § 199 Abs. 1 BGB erst mit dem 31. Dezember 2002 begonnen habe und daher erst zum Ende des Jahres 2005 abgelaufen sei, folgt der BGH in Übereinstimmung mit der ganz überwiegenden gegenteiligen Meinung nicht (BGH, Beschluss vom 19. März 2008 – III ZR 220/07 –, Rn. 6, juris). Dem schließt sich der Senat an.

Die Klage wurde jedoch erst im Dezember 2005 erhoben.

c. Der Verjährung ist entgegen der Beklagten nicht wegen schwebender Vergleichsverhandlungen bis Ende 2005 gehemmt gewesen.

Zwar haben die Beklagten auf die Erhebung der Verjährungseinrede zunächst im Telefonat zwischen den Parteivertretern vom 17.12.2004 (Anl. V 1) und mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 23.12.2004 (Anl. V 2) zunächst bis zum 30.06.2005 und sodann mit Schreiben vom 11.04.2005 (Anl. V 3) im „Hinblick auf die angedachte einvernehmliche Regelung“ bis zum 30.09.2005 verzichtet. Ein befristeter Verzicht des Schuldners auf die Erhebung der Verjährungseinrede soll dem Gläubiger jedoch im Zweifel nur die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs vor Ablauf der Verzichtsfrist ermöglichen. Eine Auslegungsregel, der Verzicht solle den Gläubiger im Zweifel so stellen, dass sämtliche während der Verzichtsfrist auftretende Tatbestände für eine Hemmung oder einen Neubeginn der Verjährung sich auch auf den Lauf der Verzichtsfrist auswirken, besteht nicht (BGH, Beschluss vom 07. Mai 2014 – XII ZB 141/13 –, Rn. 19, juris). Der BGH hat insoweit ausgeführt (aaO, Rn 18 f):

„Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird durch einen vom Schuldner erklärten befristeten Verjährungsverzicht der Ablauf der Verjährung zwar nicht beeinflusst. Folge des Verzichts ist jedoch, dass die Befugnis des Schuldners, die Einrede der Verjährung zu erheben, für den genannten Zeitraum ausgeschlossen ist (vgl. BGH Urteil vom 16. März 2009 – II ZR 32/08 – NJW 2009, 1598 Rn. 22 mwN).

Die Reichweite des Verjährungsverzichts ist durch Auslegung der Verzichtserklärung zu ermitteln. Diese hat regelmäßig zum Inhalt, dass der Schuldner bis zum Ablauf der von ihm eingeräumten Frist die Einrede der Verjährung nicht erheben wird. ….

Dagegen lässt sich die weitergehende Annahme, der Schuldner wolle den Gläubiger allgemein so stellen, als würde die Verjährung erst mit dem Ablauf der Verzichtsfrist eintreten, nicht ohne weiteres rechtfertigen. Denn dies müsste bereits dazu führen, dass bei einem etwa wegen beabsichtigter Verhandlungen erklärten Verzicht die eingeräumte Verzichtsfrist sich sogleich mit Beginn der Verhandlungen entsprechend § 203 BGB auf nicht absehbare Zeit verlängern würde. Ein derart umfassender Verzichtswille kann dem Schuldner in Anbetracht der genau bestimmten Frist regelmäßig nicht unterstellt werden und findet auch aus der Sicht des Gläubigers als Erklärungsempfänger keine Rechtfertigung. Der Gläubiger ist daher bei bevorstehendem Ablauf der Frist abgesehen von einer möglichen Fristverlängerung durch den Schuldner gehalten, den Anspruch noch innerhalb der eingeräumten Frist gerichtlich geltend zu machen, wie es im vorliegenden Fall auch geschehen ist.

Die vom Oberlandesgericht angewandte Auslegungsregel, dass der Schuldner dem Gläubiger durch einen befristeten Verjährungsverzicht im Zweifel sämtliche Möglichkeiten der Hemmung und des Neubeginns der Verjährung nach §§ 203 ff. BGB eröffnen wolle, entbehrt demnach der Grundlage. Ein weitergehender Verzicht bedarf vielmehr besonderer Anhaltspunkte, die einen über die Ermöglichung der gerichtlichen Geltendmachung hinausgehenden Verzichtswillen des Schuldners erkennen lassen. Das schließt es freilich nicht aus, dass die Reichweite des Einredeverzichts durch weitere Erklärungen des Schuldners verändert wird.“

Bei Anwendung dieser Grundsätze geht der von Prozessbevollmächtigten der Beklagten erklärte Einredeverzicht nicht über den regelmäßigen Inhalt eines befristeten Verjährungsverzichts hinaus. Deren Verzichtserklärung lässt sich keine über den Ablauf der jeweiligen Frist und die durch sie ermöglichte gerichtliche Geltendmachung hinausgehender Verzicht entnehmen.

Der Verzicht wurde auch nicht nachträglich geändert. Nach dem Vortrag der Klägerin haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit Schreiben vom 12.08.2005 den klägerischen Entwurf der Schiedsgutachtervereinbarung kommentiert und eine neue Fassung entworfen sowie mit Schreiben vom 08.11.2005 (mit Mängelschreiben 03.11.2005a als Anlage) weitere Mängel gerügt und gebeten, die mit Schreiben vom 12.08.2005 abgeänderte Schiedsgutachtervereinbarung zu unterzeichnen und zurückzusenden, anderenfalls würde empfohlen, gerichtliche Schritte einzuleiten. Das beinhaltet keine weitere Verzichtserklärung oder Modifikation bezüglich der Verjährung des Werklohnanspruchs. Auf das Antwortschreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 09.11.2005, mit dem sie u.a. mitteilten, sie werde die erneut erhobene Mängelanzeige überprüfen und die Mängel beseitigen. Darauf erfolgte keine Stellungnahme der Prozessbevollmächtigten der Beklagten.

2. Mängelansprüche

Die Beklagten haben gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Beseitigung von Mängeln an den Fassaden der Nord- und Südseite des Kohleturms (§§ 634 Ziffer 1, 635 BGB) bzw. keine Ansprüche wegen Mängeln an den Fenstern der Westseite des Turms auf Aufwendungsersatz wegen Selbstvornahme (§§ 643 Nr. 2, 637 BGB) bzw. Mängelbeseitigung (§§ 634 Nr. 1, 635 BGB hilfsweise), so dass dahin stehen kann, ob die Widerklagänderung zulässig ist.

Offenbleiben kann insbesondere auch, ob die von den Beklagten behaupteten Mängel überhaupt bestehen bzw. bestanden.

Ansprüche auf Mängelbeseitigung (§ 634 Nr. 1 BGB) und Aufwendungsersatz (§ 634 Nr. 2 BGB sind jedenfalls nach §§ 640 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Die Beklagten haben die Leistungen der Klägerin in Kenntnis der Mängel abgenommen, ohne sich ihre Rechte bei der Abnahme vorzubehalten.

a.

aa. Die Beklagten hatten Kenntnis von den Undichtigkeiten. Zwar haben sie in ihrer Berufungserwiderung vom 18.11.2013, S. 5 (Bl. 703) vorgetragen, konkrete Undichtigkeiten seien bei der Abnahme nicht bekannt gewesen.

Ausweislich ihrer eigenen Schreiben vom 26.01.2001 und 06.02.2001 (Anlage B 26) hatten sie jedoch bereits vor der Abnahme Kenntnis von Undichtigkeiten. Darauf sind sie unter Ziffer 2.a.aa. der Hinweise vom 28.04.2016 (Bl. 720) hingewiesen worden. Dem haben sie nicht widersprochen. Die Kenntnis der Klägerin vor Abnahme ergibt sich auch aus der Mängelrüge vom 22.06.2001 (Anl. B II). Darin ist festgehalten: „Erneuter Wassereinbruch im Bereich der LM-Fassade an der Südseite 3. OG. Dieser Mangel ist bereits vor Abnahmetermin aufgetreten und wird voraussichtlich auch an anderen Stellen auftreten.“

Ferner hat die Zeugin der Beklagten, die Zeugin von … zum Vorbehalt wegen Undichtigkeiten erklärt, sie hätten während der Bauphase gesehen, dass es nicht fachgerecht ausgeführt worden sei. Das hätten sie während der Bauphase auch des Öfteren gerügt. Bei der Abnahme hätten sie nicht geprüft, ob die Mängel beseitigt worden seien. Darauf nehmen die Beklagten – wie bereits ausgeführt – in ihrem letzten Schriftsatz vom 08.12.2016, S. 2 (Bl. 790), auch Bezug, indem sie vortragen, die Zeugin von … habe bestätigt, dass bei der Abnahme über die Undichtigkeiten gesprochen worden sei, die auch während der Bauphase mehrfach beanstandet worden seien.

bb. Die Beklagten haben sich ihre Rechte wegen Undichtigkeiten nicht bei der Abnahme vorbehalten. Einen Vorbehalt haben die Beklagten nicht bewiesen.

Zwar hat die Zeugin von … auf die Frage, ob während der Abnahme auch auf diese hingewiesen worden sei, erklärt, ja, mit Sicherheit sei darauf bei der Abnahme hingewiesen worden. Zwar hat sie auf die weitere Frage, ob sie sich daran konkret erinnere, weiter erklärt, eigentlich ja, sie meine schon, dass sie darauf während der Abnahme hingewiesen habe.

Jedoch offenbart das einschränkende Wort „eigentlich “ bzw. ihre Formulierung „ich meine „, dass es sich nicht um eine konkrete Erinnerung an eine bestimmte eigene Handlung handelt, sondern nur um eine Meinung bzw. eine Schlussfolgerung aus dem Umstand, dass sie das ihr zuvor vorgehaltene Abnahmeprotokoll (nach ihrer Aussage) zusammen mit Herrn Lau gefertigt und die dort aufgeführten fünf Mängel mit ihm dort aufgeschrieben hat. Eine Schlussfolgerung oder Vermutung anhand des kurz vorher vorgehaltenen Abnahmeprotokolls dahingehend, wenn sie es so in das Abnahmeprotokoll geschrieben habe, werde sie es vorher bei einer Abnahme auch so gesagt haben, kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, so dass beträchtliche Zweifel an der Richtigkeit ihrer Aussage, sie habe bei der Abnahme auf Mängel hingewiesen, verbleiben.

Diese Zweifel werden noch erheblich dadurch verstärkt, dass das Erinnerungsvermögen der Zeugin an den Vorgang kaum vorhanden, jedenfalls aber äußerst lückenhaft war. Das folgt aus ihren folgenden unmissverständlichen Aussagen:

  •  „Ich erinnere nicht mehr an die spezielle Abnahme.“
  •  „Ich erinnere mich nicht im Detail, ob ich die Fassaden abgenommen habe. „
  •  „Ich kann mich an den Namen nicht mehr erinnern“ (auf die Frage, mit wem dieser Termin stattgefunden hat).
  •  „Ich weiß nicht, ob wir darüber gesprochen haben, dass wir das Protokoll der Klägerin schicken. „
  •  „Ich erinnere nicht, warum das“ (Protokoll) „nicht unterschrieben wurde von Frau … . „

Wenn sich die Zeugin insbesondere nicht an die Abnahme und daran erinnern kann, ob sie die Fassaden abgenommen hat, ist nicht nachvollziehbar, dass sie sich dann noch daran erinnern will bzw. kann, dass sie bei dieser (nicht erinnerten Abnahme) auf Undichtigkeiten hingewiesen hat.

Überdies hat die Zeugin ausgesagt, bei der Abnahme hätten sie noch das Gerüst gehabt. Sie meine, dass sie auf dem Gerüst gewesen seien. An einen Steiger könne sie sich nicht erinnern. Die Abnahme ist jedoch von einem Steiger durchgeführt worden. Das ist unstreitig, hat der Zeuge … bekundet und ergibt sich auch aus ihrem handschriftlichen Refax (Anl. B X), in dem sie festgehalten hat: „Der Steiger ist in der Woche nach Ostern wieder da, dann kann es weitergehen und dann machen wir auch die Abnahme. Ich hatte versäumt den Steiger zu verlängern.“ Auf den Vorhalt ihres Refax hat sie ausgesagt, okay, sie wisse nicht mehr, wofür sie den Steiger gebraucht hätten. Auch diese Aussagen dokumentieren, dass sie keine verlässlichen Erinnerungen hat.

Nach allem ist die Aussage der Zeugin nicht glaubhaft.

Der Zeuge … hat nicht bekundet, dass bei der Abnahme Mängel vorbehalten worden sind. Er hat vielmehr ausgesagt, der Zeuge …, der selbst keine konkrete Erinnerung an den Vorgang hatte, habe nach der von diesem durchgeführten Abnahme mitgeteilt, dass nichts Weltbewegendes passiert sei und keine Mängel gewesen seien.

Damit ist ein Vorbehalt nicht bewiesen. Das geht zu Lasten der Beklagten. Sie tragen für einen Vorbehalt bei Abnahme die Beweislast (Palandt-Sprau, BGB, 76. Aufl., § 640 Rn 13).

b. Die Beklagten können sich nicht unter Berufung auf Ziff. 12.3 „Zusätzliche Angebots- und Vertragsbedingungen für Bauleistungen – und Lieferungen …“ (Anl. B I) darauf stützen, dass Vorbehalte wegen Mängeln vom Bauherrn noch innerhalb einer Frist von 12 Werktagen nach der Abnahme geltend gemacht werden könnten, sofern sie nicht schon vorher vorsorglich schriftlich angemeldet worden seien.

Zum einen findet diese Regelung nur auf eine stillschweigende Abnahme „nach vorstehender Bestimmung „, also nach Ziffer 12.2 Anwendung. Nach dieser Ziffer 12.2 gilt unter bestimmten Voraussetzungen eine Abnahme 12 Werktage nach Beginn der Nutzung der fertiggestellten Leistung als erfolgt. Diese Ziffer kann hier jedoch nicht greifen. Denn es haben im Sinne der Ziffer 12.1 der Bedingungen förmliche Abnahmetermine stattgefunden, dabei ist – nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme (s.o.) – die Abnahme erfolgt und die Beklagten übersandten der Klägerin (Anl. IV) und die Klägerin übersandte den Beklagten (Anl. III) ein Abnahmeprotokoll „gem. § 12 VOV/B“. Eine stillschweigende Abnahme scheidet daher schon deshalb aus.

Zum anderen kann dieser erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgte neue Vortrag der Klägerin nach §§ 525, 296 a ZPO nicht mehr zugelassen werden. Ihr war in der Verhandlung lediglich Gelegenheit zur Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme und nicht zu neuem Vortrag gewährt worden. Ein Grund zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung besteht nicht (§ 156 ZPO).

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die weitere Nebenentscheidung beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 Nr.1 und/oder Nr.1. ZPO besteht kein Anlass.

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