LG München I – Az.: 40 O 11108/14 – Urteil vom 03.06.2016
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 90.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Unterlassungsansprüche.
Die Klägerin ist Eigentümerin der über der von dem Beklagten angemieteten belegenen Wohnung im 1. OG der E in München. Als solche ist sie Mitglied der WEG E, 81925 München (im Folgenden: die „WEG“). Die Wohnung des Beklagten ist laut Teilungserklärung (Anlage K1) als Wohnung/Wohnraum ausgewiesen.
Die Eigentümerversammlung der WEG hat am 4.6.2014, 6.5.2015 und 24.11.2015 mehrheitlich beschlossen, dass Ansprüche gegen den Beklagten gemeinschaftlich geltend gemacht werden sollen. Der Wortlaut der jeweiligen Beschlüsse ist wie folgt:
In der Eigentümerversammlung vom 4.6.2014 wurde zu TOP 10 mehrheitlich beschlossen:
„Antrag 1:
Die Eigentümerversammlung beschließt, unter Beauftragung eines Rechtsanwalts Klage auf Unterlassung von Verstößen gegen die Verpflichtungen eines Eigentümers aus der gesetzlichen Vorschrift des § 14 Nr. 1 WEG zu erheben, wonach der jeweilige Sondereigentümer mit seinem Sondereigentum und mit dem Gemeinschaftseigentum nur so verfahren darf, dass die restlichen Miteigentümer nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden (= gesetzliches Rücksichtnahmegebot). Neben dem Verstoß gegen das gesetzliche Rücksichtnahmegebot können auch Verstöße gegen die Gemeinschaftsordnung und Hausordnung zum Gegenstand der Unterlassungsklage gemacht werden. Hierbei ist der Eigentümer auch für Verstöße gegen die vorstehenden Verpflichtungen durch Personen in Anspruch zu nehmen, die seinem Hausstand oder seinem Gewerbe angehören, oder denen er als Nutzer die Wohnung überlassen hat.
Die näheren Einzelheiten ergeben sich aus der Beschlussfassung zu Antrag 3.
[…]
Antrag 3:
Derzeit liegen folgende Verstöße vor, weswegen über den Rechtsanwalt der Eigentümer abgemahnt und ggf. auf Unterlassung verklagt werden soll:
[…]
n) Verbreitung ätherischer Öle und Weihrauch über Raumluftanlagen, Klimaanlagen, die in den räumlichen Bereich benachbarter Sondereigentumseinheiten gelangen und durch offene Fenster in den Bereich benachbarter Sondereigentumseinheiten gelangen
o) laute Geräuschbelästigungen (z.B. Fernseher, langes Laufenlassen von Lüftungen), die aus einer Sondereigentumseinheit in benachbarte Sondereigentumeinheiten gelangen.
Antrag 4:
Die Eigentümerversammlung beschließt, dass bei Verstößen gegen das gesetzliche Rücksichtnahmegebot, die Gemeinschaftsordnung und die Hausordnung durch Zwischenmieter, Mieter oder kurzfristige Nutzer auch außergerichtlich und gerichtlich unter Rechtsanwaltsbeauftragung gegen Zwischenmieter, Mieter und Nutzer vorzugehen ist, soweit dies aufgrund der Länge der Nutzungsdauer sachlich sinnvoll erscheint.
Antrag 5:
Die Eigentümerversammlung beschließt, dass ein außergerichtliches und / oder gerichtliches Vorgehen nur dann zu erfolgen hat, wenn eine Beurteilung durch den zu beauftragenden Rechtsanwalt ergibt, dass der Sachverhalt ausreichend für einen Unterlassungsanspruch ist und die Beweislage ausreichend gesichert erscheint.
[…]
Antrag 7:
Die Eigentümerversammlung beschließt wegen der Bedrohung von Miteigentümern durch den Zwischenmieter des Eigentümers H, Herrn M R, sowohl gegen den Eigentümer als auch gegen den Zwischenmieter gerichtlich auf Unterlassung vorzugehen. Die Eigentümerin P S, die bereits in eigenem Namen entsprechende Schritte gegen den Eigentümer H und den Zwischenmieter M R eingeleitet hat, bleibt berechtigt, neben dem Vorgehen durch die WEG auch weiterhin in eigenem Namen und auf eigene Kosten ihre Verfahren fortzuführen, soweit dies rechtlich zulässig ist.“
In der Eigentümerversammlung vom 6.5.2015 wurde mehrheitlich zu TOP 3 beschlossen:
„Die Wohnungseigentümer beschließen, die zur Durchsetzung vergemeinschafteter Unterlassungsansprüche in Namen der WEG zum Amtsgericht München unter dem Az. 485 C 29935/14 WEG erhobene Klage um folgenden Anspruch zu erweitern: Die Miteigentümer H haben es zur Vermeidung von Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft gegenüber ihrem Mieter, Herrn M R, durchzusetzen, dass dieser Bedrohungen der Wohnungseigentümer und / oder Nutzer der Wohnanlage der WEG E, 81925 München, beispielsweise durch den Einwurf von Fotos, die Enthauptungsszenen zum Gegenstand haben, verbale Anfeindungen und sonstige Drohungen begeht. Die Eigentümer H werden weiter verpflichtet, die Unterlassung derartiger Handlungen ihres Mieters, Herrn M R, mit geeigneten Mitteln, nötigenfalls gerichtlich gegen diese durchzusetzen. Zu diesem Zweck beschließen die Wohnungseigentümer, die Durchsetzung dieses Anspruchs zur gemeinsamen Sache zu machen und die WEG zu ermächtigen und zu bevollmächtigen, diesen Anspruch gemeinschaftlich im Namen der WEG durchzusetzen. Die Wohnungseigentümer beschließen weiter, die WEG – Verwalterin zu beauftragen und zu bevollmächtigen, der Kanzlei G, L P & Partner Rechtsanwälte mdB das Mandat zur Erweiterung der Klage um diesen Anspruch zu den bisherigen Konditionen im Namen der WEG zu erteilen.“
In der Eigentümerversammlung vom 24.11.2015 haben die Eigentümer zu TOP 2 mehrheitlich folgenden Beschluss gefasst:
„Vergemeinschaftung von Unterlassungsansprüchen der jeweiligen betroffenen Wohnungseigentümer wegen Verstößen gegen § 14 Nr. 1 und 2 WEG, Haus- und Gemeinschaftsordnung sowie § 15 Abs. 3 WEG sowie wegen Beleidigungen, Tätlichkeiten und Bedrohungen durch den Mieter der EG rechts des Anwesens E 20 gelegenen, im Sondereigentum der Miteigentümer B und K H stehenden Wohnung Nr. 3, Herrn M R 1. Die Wohnungseigentümer beschließen, die Durchsetzung von Ansprüchen, die dem jeweiligen Miteigentümer deshalb zustehen, weil
a) einzelne Wohnungseigentümer (oder deren Mieter oder Untermieter von deren Mietern) entgegen § 14 Nr. 1 Wohnungseigentümer (oder deren Mieter oder Untermieter von deren Mietern) über das in § 14 Nr. 1 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden,
b) einzelne Wohnungseigentümer (oder deren Mieter oder Untermieter von deren Mietern) entgegen § 15 Abs. 3 WEG einen Gebrauch von ihrem Sondereigentum oder dem Gemeinschaftseigentum machen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen sowie, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht, die Gegenstand des vor dem Amtsgericht München unter dem Aktenzeichen 485 C 29935/14 WEG anhängigen Rechtsstreit sind, nämlich: Abänderung der konkreten Ausgestaltung der Vermietung der EG rechts des Anwesens E gelegenen, im Sondereigentum der Miteigentümer B und K H stehenden Wohnung Nr. 3 dahingehend, dass die Wohnung weder direkt, noch mittelbar (insbesondere über einen Zwischenvermieter) an häufig wechselnde Medizin- oder Krankenhaustouristen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Saudi – Arabien überlassen wird, und die Vermietung nicht gegen das Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG) sowie die Satzung der LH München über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS) in ihrer jeweils gültigen Fassung verstößt, Unterlassung von Beeinträchtigungen in Form von:
1. Gerüchen, in Form von
a) Gerüche nach (teilweise mit Duftessenzen vermischtem) Weihrauch oder anderen, süßlich riechenden Substanzen;
b) Geruch des Rauchs von Wasserpfeifen (Shishas);
c) Intensive Kochgerüche, die
aa) durch längeres Kochen (länger als ca. 60 Minuten) entstehen;
bb) durch Kochen bei geöffnetem Fenstern, Fenstertüren oder Wohnungseingangstüren entstehen;
cc) durch Kochen zwischen 22.00 und 8.00 Uhr entstehen;
dd) durch Kochen im Wohnzimmer der Wohnung entstehen und/oder dd) in intensivem, Brechreiz hervorrufendem Geruch nach gegrilltem oder gebratenem Fleisch bestehen.
2. Lärm, in Form von
a) Betrieb einer Waschmaschine oder eines Geschirrspülers in der Zeit von 22 Uhr bis 8 Uhr;
b) lauter Betrieb des Fernsehers über Zimmerlautstärke hinaus;
c) laufende Lüftung im Bad der Wohnung;
d) Lautes Schreien, Trampeln und Türenschlagen:
e) Lautes Rumpeln und Knallen, das wie Möbelrücken bzw. Geräusche eines Ein- oder Auszugs klingt;
f) Laute Stimmen oder Geschrei aus der Wohnung;
g) Lautes Schreien bei geöffneter Wohnungseingangstür;
h) Lärm in Form von rennenden Kindern in der Zeit von 22 Uhr bis 8 Uhr
3. sonstige Verstöße gegen die Haus- und /oder Gemeinschaftsordnung in Form von
a) häufigem und längerem Offenstehenlassen der Wohnungseingangstüre;
b) Abstellen von Kinderwagen im Hausflur direkt vor der Hauseingangstüre;
c) Abstellen von Abfalltüten vor der Wohnungseingangstüre und
d) Verschmutzungen des Hausflurs durch Abfall und Müll. zur gemeinsamen Sache zu machen und die WEG zu ermächtigen und bevollmächtigen, diese Ansprüche gemeinschaftlich im Namen der WEG durchzusetzen.
2. Die Wohnungseigentümer beschließen weiter, die Durchsetzung von Ansprüchen, die dem jeweiligen Miteigentümer deshalb zustehen, weil der Mieter der im EG rechts des Anwesens E gelegenen, im Sondereigentum der Miteigentümer B und K H stehenden Wohnung Nr. 3, Herr M R, Beleidigungen und Tätlichkeiten und Bedrohungen gegen sie verübt hat, die Gegenstand des vor dem Amtsgericht München unter dem Az. 485 C 29935/14 WEG anhängigen Rechtsstreits sind, nämlich: Bedrängen, Beleidigen, Bedrohung ( mit „wenn Sie mir weiterhin in die Quere kommen, dann passiert Ihnen etwas“) und Beschimpfen (ob sie krank seien und dass sie Rassisten und Querulanten wären) der Miteigentümer P S und R H am 26.03.2014; Massive Schläge gegen die Wohnungseingangstür der Miteigentümer P S und R H am 05.04.2014 und 16.09.2014; Schimpfkanonade gegen Perser allgemein und den Vater des Miteigentümers M und dessen ganze Familie im Besonderen zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt (mutmaßlich Ende 2014); Beleidigung des Miteigentümers R H mit den Worten „Schleich dich, du Drecksau“ am 19.03.2015; Anschreien der Miteigentümerin P S am 21.03.2015; Anschreien, Schubsen, in den Müllraum Schieben und gegen die Wand drücken sowie Schütteln des Miteigentümers R H am 21.03.2015 zur gemeinsamen Sache zu machen und die WEG zu ermächtigen und bevollmächtigen, diese Ansprüche gemeinschaftlich im Namen der WE durchzusetzen.“
Die Klägerin behauptet, dass der Beklagte die oben benannte Wohnung zweckwidrig im Pensionsbetrieb an häufig wechselnde arabische Patienten überlasse. Sie ist der Ansicht, dass eine solche gewerbliche Untervermietung mangels notwendiger Baugenehmigung unzulässig sei. Bei der Nutzung als Pensionsbetrieb handele es sich nicht um eine Nutzung zu Wohnzwecken im baurechtlichen Sinne, wobei die Vorgaben über die Art der baulichen Nutzung Drittschutz verliehen. Weiter verweist die Klägerin auf die Zweckentfremdungssatzung der Landeshauptstadt München. Die Nutzung zu gewerblichen Zwecken durch den Beklagten stelle einen Verstoß gegen § 4 I S. 2 Nr. 1 Zweckentfremdungssatzung dar.
Zusätzlich komme es zu Geruchsbelästigungen und dadurch zu Beeinträchtigungen. Weiter dringe immer wieder Weihrauch aus der Wohnung des Beklagten. Dadurch sei ein Lüften praktisch nicht mehr möglich. Die Klägerin führt dazu an, dass sich auch weitere Eigentümer, insbesondere S-C B, T D, M P und M S, durch die Gerüche gestört fühlten, was die WEG dazu veranlasst habe, ihrerseits Klage zu erheben.
Weiter träten Lärmbelästigungen durch lautes Schreien, Überschreiten der Zimmerlautstärke beim Fernsehen sowie erhebliche Geräuschbelästigungen durch den ständigen Betrieb der Badlüftung auf.
Zu den Einzelheiten der angeführten Beeinträchtigungen wird auf die klägerischen Schriftsätze Bezug genommen.
Das Wohlbefinden der Klägerin sei ebenso wie die Nutzbarkeit von deren Wohnung nachhaltig gestört.
Die Klägerin beantragt deshalb, der Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes von bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs zu unterlassen,
1. von der unter der Wohnung der Klägerin im EG des Anwesens E, 81925 München gelegenen und vom Beklagten angemieteten Wohnung aus starke und intensive Gerüche zu emittieren, namentlich süßlichen Essenz Geruch, der würzig-orientalisch riecht, mit einem Aroma von Drogen, der aufsteigt und in die klägerische Wohnung dringt.
2. die vorgenannte Wohnung als Pensionsbetrieb für Patienten (gewerblich) zu nutzen und zu vermieten, namentlich die Wohnung an häufig wechselnde arabische (Krebs-)Patienten des anliegenden Klinikums unmittelbar oder über einen gewerblichen Zwischenmieter zu überlassen und/oder zu vermieten.
3. von der vorgenannten Wohnung aus lauten und deutlich wahrnehmbaren und störenden Lärm zu emittieren, der auch die einschlägigen Richtwerte der TA Lärm (für reine, hilfsweise allgemeine Wohngebiete) überschreitet, namentlich lautes Schreien, Überschreiten der Zimmerlautstärke beim Fernsehen sowie erhebliche Geräuschbelästigungen durch den ständigen Betrieb der Badlüftung.
Der Beklagte beantragt Klageabweisung.
Der Beklagte trägt vor, die von der Klägerin gemachten Ausführungen bezüglich der zweckwidrigen Überlassung der Wohnung seien unsubstantiiert, da daraus nicht hervorgehe, an welche Personen sie überlassen worden sei. Der Abschluss von Mietverhältnissen mit kurzer Fluktuation wird bestritten. Die Nutzung einer Wohnung zur Vermietung an laufend wechselnde Feriengäste sei eine Form der zulässigen Wohnnutzung.
Ebenso sei der Sachvortrag der Klägerin hinsichtlich der Lärmbeeinträchtigungen nicht ausreichend substantiiert. Sowohl die Angabe von Zeiten, in denen etwaige Störungen aufgetreten seien, als auch die einschlägigen Grenzwerte der TA Lärm seien nicht vorgetragen worden. Die sonstigen Vorträge der Klägerin zu den einzelnen Lärm- und Geruchsbeeinträchtigungen bestreitet der Beklagte mit Nichtwissen.
Etwaige Verstöße gegen die Zweckentfremdungssatzung der Landeshauptstadt München seien irrelevant, da die Satzung wegen der Verfolgung städtebaulicher Ziele nicht drittschützend sei und die Klägerin sich daher nicht auf sie berufen könne.
Die Parteien erklären sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Vorverfahren gemäß § 128 II ZPO einverstanden.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist weder zulässig noch begründet.
I. Die Klage ist bereits unzulässig.
1. Das Landgericht München I ist gemäß § 2 ZPO i.V.m. §§ 23 I Nr. 1, 71 I GVG zwar sachlich sowie gemäß §§ 12, 13 ZPO örtlich zuständig.
2. Die Klägerin ist jedoch nicht prozessführungsbefugt.
a) Die im Klageantrag unter Ziff. I.1. und vor allem I.3. aufgeführten Störungen des Sonder- und Gemeinschaftseigentums in Gestalt von Lärm- und Geruchsbelästigung könnten zwar grundsätzlich durch individuelle Unterlassungsklagen der einzelnen Wohnungseigentümer, also auch der Klägerin, angegriffen werden.
Der BGH führt dazu in seinem Urteil vom 5.12.2014, Az. V ZR 5/14 aus:
„Denn jeder Wohnungseigentümer kann gemäß § 15 III WEG einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Sofern der Gebrauch nicht den genannten Voraussetzungen entspricht, liegt hierin eine Eigentumsbeeinträchtigung, die Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 I BGB ist (vgl. Senat, Urteil vom 16.5.2014 – V ZR 131/13, NJW 2014, 2640, Rn. 7). Für Unterlassungsansprüche aus dem Miteigentum besteht – anders als für Schadensersatzansprüche – auch keine geborene Ausübungsbefugnis des Verbands gemäß § 10 VI S. 3 1. HS WEG, die zur Folge hätte, dass sie von vorneherein nur durch den Verband geltend gemacht werden könnten (vgl. Senat, Beschluss vom 30.3.2006 – V ZB 17/06, NJW 2006, 2187, Rn. 12; Urteile vom 7.2.2014 – V ZR 25/13, NJW 2014, 1090, Rn. 6, 17 und vom 4.7.2014 – V ZR 183/13, NJW 2014, 2861, Rn. 22).“
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats haben solche Ansprüche jedoch einen Gemeinschaftsbezug im Sinne des § 10 VI S. 3 2. HS WEG. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann sie deshalb gemäß §10 VI S. 3 2. HS WEG durch Beschluss an sich ziehen und sodann in gesetzlicher Prozessstandschaft geltend machen.
Selbiges gilt für den Klageantrag unter Ziff. I.2.
Auch im vorliegenden Fall hat die WEG die ausschließliche Prozessführungsbefugnis an sich gezogen: Durch die Beschlüsse der Eigentümerversammlung der WEG vom 4.6.2014 (TOP 10), vom 6.5.2015 (TOP 3) und vom 24.11.2015 (TOP 2) wurde festgelegt, dass die Ansprüche der WEG gemeinschaftlich geltend gemacht werden sollen. Dies bezieht sich nicht nur auf Ansprüche der WEG gegen die Eigentümer der an den Beklagten vermieteten Wohnung, sondern explizit auch gegen den Mieter, also den hier Beklagten (Eigentümerversammlung vom 4.6.2014, TOP 10, Antrag 4). Gemäß § 10 VI S. 3 2. HS WEG hat die WEG die Ansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer an sich gezogen und kann sie deshalb im Wege der gekorenen Ausübungsbefugnis im Rahmen der gesetzlichen Prozessführungsbefugnis geltend machen. Dadurch wird die alleinige Zuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft begründet, die die Klägerin von der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs ausschließt. Ein – soweit rechtlich überhaupt zulässiges – Fortbestehen der Berechtigung der Klägerin durch die WEG zur Geltendmachung von eigenen Ansprüchen in eigenem Namen, wie sie von der Eigentümerversammlung am 4.6.2014 noch beschlossen wurde (TOP 10, Antrag 7 a.E.), wurde durch die Beschlüsse der Eigentümerversammlungen am 6.5.2015 und 24.11.2015 jedenfalls implizit aufgehoben. Dies wird schon daran deutlich, dass Vorfälle die hiesige Klägerin betreffend im letzten Absatz des Beschlusses der letzten Eigentümerversammlung vom 24.11.2015 ausdrücklich benannt wurden. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin für eine Klage mit dem vorliegend selben Streitgegenstand nicht mehr prozessführungsbefugt ist.
Auf die fehlende Aktivlegitimation wurde die Klagepartei mit Beschluss vom 11.3.2016 hingewiesen.
b) Eine eigene Klage könnte ein einzelner Wohnungseigentümer neben der WEG allenfalls dann noch geltend machen, wenn die Störung unmittelbar und ausschließlich sein Sondereigentum betrifft.
aa) Bei den von der Klägerin benannten konkreten Geruchs- und Lärmemissionen aus der streitgegenständlichen Wohnung ist schon zweifelhaft, ob sie das Sondereigentum der Klägerin in stärkerer Weise beeinträchtigen als das Gemeinschaftseigentum. Sowohl bezüglich der Geruchsemissionen als auch hinsichtlich der Lärmbeeinträchtigungen ist nicht ersichtlich, dass diese die Klägerin in höherem Maße einschränken als andere Miteigentümer. Dies legt die Klägerin auch nicht dar. Vielmehr liegt es in der Eigenart von Gerüchen und Geräuschen, dass sie keine festen Grenzen kennen, sondern sich fließend und flächendeckend ausbreiten. Sie machen gerade nicht vor einzelnen Wänden und Türen Halt. In einem Mehrparteienhaus, in dem viele Wohnungen und Gemeinflächen auf engem Raum neben- und übereinander liegen, ist es daher schwer vorstellbar, dass sich Gerüche oder Geräusche nur in Richtung einer Wohnung ausbreiten, während andere Wohnungen und Gemeinschaftsareale nicht betroffen sein sollen. Die Klägerin ist daher nicht in besonderem Maße in ihrem Sondereigentum betroffen. Dies wird auch daran deutlich, dass die Klagepartei selbst vorträgt, dass sich auch andere Hausbewohner durch das Verhalten der Bewohner der von dem Beklagten angemieteten Wohnung gestört fühlen.
bb) Auch bei der Vermietung der Wohnung durch den Beklagten an arabische „Medizintouristen“ ist der Fall nicht anders zu beurteilen. Die Vermietung an häufig wechselnde Untermieter hat gleichsam Auswirkung auf die gesamte WEG und betrifft nicht ausschließlich oder in besonderer Form die Klägerin. Der veränderte Charakter des Wohnhauses, ein abnehmendes Sicherheitsgefühl oder fehlende nachbarschaftliche Bindungen, die beispielsweise mit dem häufigen Mieterwechsel einhergehen, betreffen das gesamte Haus. Auch insoweit ergeben sich keine konkret dargelegten Anhaltspunkte aus dem Klägervortrag, die belegen, dass die Klägerin in erhöhtem Maß von dem häufigen Wechsel der Mieter beeinträchtigt ist.
Fehlen aber solche konkreten Beeinträchtigungen, die unmittelbar und ausschließlich das Sondereigentum der Klägerin treffen und über die Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums hinausgehen, sind sie aufgrund der vorgenannten Beschlüsse der WEG vollumfänglich zur Sache der WEG selbst geworden. Die Klägerin ist nicht aktivlegitimiert.
Dies gilt umso mehr, als die Klageanträge unter Ziff. I.2. und I.3. nicht auf die klägerische Wohnung bezogen sind, sondern zu einem pauschalen Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten führen sollen.
So sollen – dem Grundsatz des Verbots der doppelten Rechtshängigkeit ( § 261 III Ziff. 1. ZPO) entsprechend – insbesondere dieselbe Streitsache betreffende zuwiderlaufende Urteile verhindert werden. Die WEG hat gegen die Eigentümer der von dem Beklagten angemieteten Wohnung Klage erhoben, die vor dem Amtsgericht München unter dem dortigen Az. 485 C 29935/14 WEG anhängig ist. Das Ziel der dort anhängigen Klage ist ebenfalls das Unterlassen der Vermietung an „Medizintouristen“ und von Geruchs- und Geräuschbelästigungen, mithin ein identischer Streitgegenstand.
II. Die Klage ist im Übrigen auch unbegründet.
1. Der Klägerin stehen gegen den Beklagten keine Ansprüche nach § 1004 BGB i.V.m. §§ 15 III, 14 Nr. 1 WEG auf Unterlassung einer kurzzeitigen Vermietung zu (Klageantrag Ziff. I.2.). Die Vermietung einer Eigentumswohnung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste ist Teil der zulässigen Wohnnutzung (LG München I, Urteil vom 8.2.2016 – Az. 1 S 21019/14). Ein Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG ergibt sich nicht aus den von der Klägerin genannten Verstößen gegen öffentliches Recht, insbesondere nicht aus einem Verstoß gegen die Art der Nutzung oder die Zweckentfremdungssatzung.
a) Wie der BGH bereits in seinem Urteil vom 15.1.2010, Az. V ZR 72/09, ausführt, ist von einer ordnungsgemäßen Wohnungsnutzung nicht nur das dauerhafte Wohnen als Lebensmittelpunkt im engeren Sinne erfasst. Vielmehr genießt der Wohnungseigentümer die Freiheit, mit dem Wohnungseigentum in den Grenzen der Gesetze nach Belieben zu verfahren. Aus Art. 14 GG i.V.m. § 13 I WEG ergibt sich, dass der Wohnungseigentümer sein Wohnungseigentum auch zu anderen Zwecken als dem bloßen Bewohnen durch seine eigene Person verwenden darf. Für die Bestimmung einer zulässigen Nutzung durch den Mieter darf dabei nicht mehr, aber auch nicht weniger gelten. Grenzen ergeben sich allein daraus, dass durch eine andere als die typische Wohnnutzung für die übrigen Wohnungseigentümer keine Beeinträchtigungen entstehen dürfen, die nicht auch bei der herkömmlichen Nutzung der Wohnung als eigenem Lebensmittelpunkt entstehen würden.
Eine Beeinträchtigung über das normale Maß hinaus ist auch nicht schon in einer etwaigen gewerblichen Nutzung der Wohnung an sich zu sehen. Für eine ordnungsgemäße Wohnnutzung kommt es allein darauf an, welche Nutzung in der Wohnung selbst stattfindet (BGH aaO). Da die Untermieter die Wohnung als Unterkunft nutzen, bleibt der notwendige Wohnzweck gewahrt.
b) Auf einen Verstoß gegen die Zweckentfremdungssatzung der Landeshauptstadt München kann sich die Klägerin nicht berufen, da es am notwendigen Charakter einer drittschützenden Norm fehlt.
Drittschutz verleiht eine Norm dann, wenn durch sie ein bestimmter, von der Allgemeinheit abgrenzbarer Personenkreis geschützt werden soll und der Schutz des Einzelnen nicht bloß einen reinen Reflex der Norm darstellt. Ziel der Zweckentfremdungssatzung ist es, die städtebauliche Entwicklung zu steuern und dafür zu sorgen, dass der Bevölkerung ein ausreichendes Maß an Wohnraum zur Verfügung steht (AG München, Urteil vom 13.6.2014, Az. 411 C 1574/14). Dies kommt der Allgemeinheit und gerade nicht nur einem einzelnen Personenkreis zugute, sodass sich daraus auch keine Individualansprüche, insbesondere kein Anspruch aus §§ 14 Nr. 1, 15 III WEG i.V.m. § 1004 BGB ableiten lassen.
Dasselbe gilt auch für einen Verstoß gegen die Art der Nutzung. Auch hier wird ein städtebauliches Ziel verfolgt, das nicht Einzelnen besondere Unterlassungsansprüche verleihen soll.
Die Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Vorschriften ist nicht Aufgabe von Privatpersonen, sondern der jeweiligen Verwaltungsbehörden. Dies ist durch entsprechenden untersagenden Verwaltungsakt der Landeshauptstadt München vom 18.11.2014 geschehen.
2. Die Voraussetzungen des § 14 Nr. 1 WEG sind überdies nicht gegeben, weshalb klägerische Ansprüche daraus nicht ableitbar sind.
a) Nach § 14 Nr. 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Ein solcher Nachteil ist jede nach dem Empfinden eines verständigen Wohnungseigentümers nicht ganz unerhebliche, konkrete, objektiv nachweisbare Beeinträchtigung (beck-online, WEG, § 14, Rn. 1-3; BGH, Urteil vom 8.4.2011 – V ZR 210/10, NJW-RR 2011, 949, Rn. 12; BGH, Urteil vom 21.10.2011 – V ZR 265/10, ZWE 2012, 83, Rn. 8). Dabei sind die Umstände des Einzelfalls, sowie insbesondere die konkreten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse der betroffenen Wohnungseigentümergemeinschaft ausschlaggebend. Von dieser Grundlage sowie von den etwaigen getroffenen gültigen Beschlüssen und Vereinbarungen hängt ab, ob sich ein Wohnungseigentümer verständlicher Weise beeinträchtigt fühlen kann. Für die Bestimmung der Erheblichkeit des Nachteils ist auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen/-nutzers abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 5.2.1993 – V ZR 62/91, BGHZ 121, 248, Rn. 21; BGH, Urteil vom 30.10.1998 – V ZR 64/98, BGHZ 140, 1, Rn. 8).
aa) Die Klägerin ist Wohnungseigentümerin in einer großen Wohnanlage mit zahlreichen Mietparteien.
Das Wohnen in einem Mehrfamilienhaus ist grundsätzlich mit Geräuschbeeinträchtigungen verbunden. Dies ist gerade charakteristisch für ein Mehrfamilienhaus. In keinem Fall kann verlangt werden, dass aus den anderen Wohnungen keine Geräusche zu vernehmen sind. Das gleiche trifft auf Gerüche zu. Die Haushaltsführung und das alltägliche Leben sind notwendigerweise mit einem gewissen Geräuschpegel und Geruchsentwicklungen verbunden, was durch die anderen Bewohner grundsätzlich hinzunehmen ist. Ein Wohnungseigentümer kann folglich nicht verlangen, dass sich alltägliche Geräusche wie Fernsehen, der Betrieb der Badlüftung oder Gespräche nur auf die eigene Wohnung beschränken und in angrenzenden Wohnungen nicht vernehmbar sind. Genauso verhält es sich mit Geruchsemissionen, die notwendigerweise bei der Zubereitung von Nahrung entstehen. Hier spielt es keine Rolle, ob die Gerüche heimischer oder fremder Natur sind. Jedem Mieter muss es selbst überlassen sein, die Art und Zubereitung seiner Speisen zu bestimmen. Da fremde Sitten und Bräuche stets zu tolerieren sind, besteht kein Anspruch darauf, dass Speisen ausschließlich nach heimischen Sitten zubereitet werden, damit ungewöhnliche Gerüche vermieden werden. In einem Mehrfamilienhaus ist es also nicht unüblich und daher zumutbar, dass Gerüche und Geräusche nicht auf die eigene Wohnung beschränkt sind und nicht den eigenen Gewohnheiten und Vorlieben entsprechen. Daraus ergibt sich außerdem, dass ein unbeschränkter Anspruch auf das Unterlassen jeglicher Tätigkeiten und Gespräche, die die Zimmerlautstärke übersteigen, nicht besteht. Vielmehr sind gelegentliche Beeinträchtigungen durch zum Beispiel laute Stimmen und Fernsehen sowie den Betrieb der Badlüftung als sozial adäquat hinzunehmen.
bb) Beeinträchtigungen, die über das zumutbare Maß hinausgehen, insbesondere die Richtwerte der TA Lärm und der TA Luft überschreiten, sind von der Klägerin nicht hinreichend substantiiert vorgetragen und damit einer Beweisführung nicht zugänglich. Aus den Geruchs- und Lärmprotokollen wird nicht hinreichend deutlich, wann welche Grenzwerte mit welchem Wert überschritten worden sind und von welcher Dauer die Überschreitungen gewesen sind. Solche Ausführungen sind aber notwendig für die Beurteilung ihrer Unzumutbarkeit.
cc) Die Klageanträge unter Ziff. I.1. und I.3. sind zudem nicht auf das Maß beschränkt, welches im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehen. Sie greifen deshalb zu weit, indem sie jedwede Form von starke und intensiven Geruchsemissionen sowie laute, deutlich wahrnehmbare und störende Lärmemissionen bei Überschreitung der einschlägigen Richtwerte der TA Lärm für reine, hilfsweise allgemeine Wohngebiete untersagt wissen wollen.
b) Für einen Anspruch der Klägerin aus § 15 III, 14 Nr. 1 WEG i.V.m. § 1004 BGB auf Unterlassen der Geruchs- und Geräuschemissionen fehlt es weiter an einer konkreten Wiederholungsgefahr. Für eine solche Wiederholungsgefahr bedarf es zeitnaher Vorfälle (LG München I, Urteil vom 8.2.2016 – Az. 1 S 21019/14, BeckRS 2016, 06547, beck-online) und die Besorgnis künftiger Beeinträchtigungen.
Aufgrund des Urteils des Verwaltungsgerichts Münchens vom 29.7.2015, Az. M 9 K14.5596, darf die streitgegenständlichen Wohnung durch den Beklagten nicht mehr als Ferienwohnung genutzt werden. Dieses Urteil hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 7.12.2015, Az. 12 ZB 15.2287, mit dem der Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt wurde, bestätigt. Folglich ist davon auszugehen, dass die klägerseits beschriebene Nutzung der Wohnung durch den Beklagten nicht mehr stattfinden wird.
III. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 91 ZPO. Danach trägt die unterliegende Partei, hier die Klägerin, die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO.
V. Im Hinblick auf den Streitwertbeschluss wurde dem Verfahren eine Verkehrswertminderung der Wohnung der Klägerin um 20% bei einem Verkehrswert von 450.000 € zugrunde gelegt.