LG Köln – Az.: 17 O 203/09 – Urteil vom 30.09.2011
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin einen Kostenvorschuss in Höhe von 671.160,- EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8.8.2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Klägerin und die Beklagte zu 1) jeweils 50 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt diese allein. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt die Klägerin.
Das Urteil ist für die Klägerin und die Beklagte zu 2) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt Kostenvorschuss zur Beseitigung von Mängeln des Sportplatzes Y, P-Straße in Q.
Aufgrund des notariellen Vertrages vom 22.06.06 übertrug die Klägerin bestimmte Grundstücke an die Beklagte zu 1), eine Erschließungsgesellschaft. Als Gegenleistung hatte die Beklagte zu 1) einen neuen Sportplatz mit Kunstrasen, eine Sporthalle und Nebengebäude zu errichten. Vereinbart war, dass die Klägerin nach Endabnahme die Verfolgung etwaiger Mängelansprüche gegenüber ausführenden Firmen übernimmt. Die Abnahme regelt Ziff. IV des Vertrages. Die Beklagte zu 1) ließ die Arbeiten durch die Beklagte zu 2) durchführen.
Der Sportplatz wurde errichtet, am 13.12.2006 jedenfalls im Verhältnis der Beklagten zu 1) zur Beklagten zu 2) in Gegenwart von Mitarbeitern der Klägerin abgenommen und im Dezember 2006 von der Klägerin zur Benutzung an einen Sportverein übergeben.
Die Klägerin beruft sich auf Mängel, welche zur Folge hätten, dass nach Regenereignissen Wasser nicht ablaufen könne. Sie leitete vor dem Landgericht Köln ein selbständiges Beweisverfahren zu Az.: 17 OH 23/07 ein. Das Gutachten des Sachverständigen V übersandte sie der Beklagten zu 1) und forderte mit Schreiben vom 31.03.2009 Mängelbeseitigung binnen 6 Monaten. Die Beklagte zu 1) lehnte eine Mängelbeseitigung ab.
Die Klägerin behauptet, nach starken Regenfällen bleibe großflächig Wasser auf dem Sportplatz stehen. Dies sei – in Anlehnung an die Ausführungen des Sachverständigen V – auf Mängel an der Ausgleichs- und Tragschicht und an den Drainagesträngen des Sportplatzes zurückzuführen. Zur Beseitigung dieser Mängel sei eine komplette Erneuerung der Drainstränge, der ungebundenen Tragschicht, der Elastikschicht und des Kunststoffrasens erforderlich, was Kosten in Höhe von 671.160,- EUR verursache. Darüber hinaus sei an der Spielfeldbarriere und den Seitenlinien entgegen der DIN 18035 nicht der erforderliche Sicherheitsabstand eingehalten, zu dessen Herstellung 17.300,22 EUR aufzuwenden seien. Ansprüche gegen die Beklagte zu 2) macht sie vorsorglich geltend, falls die Beklagte zu 1) aufgrund der Klausel gem. Ziff. V 2 des Notarvertrages nicht passivlegitimiert sein sollte.
Die Klägerin beantragt, die Beklagten wie Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 671.160,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.12.2008 zu zahlen, die Beklagten wie Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin weitere 17.300,22 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.12.2008 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 1) beruft sich darauf, dass die Klägerin Mängelansprüche gem. Ziff. V 2 des Notarvertrages gegen die Beklagte zu 2) geltend machen müsse. Insoweit sei von einer Abnahme des Sportplatzes auch im Verhältnis zur Klägerin auszugehen und eine Abnahme der Nebengebäude jedenfalls schlüssig erfolgt.
Die Beklagten bestreiten unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Privatsachverständigen E die Mängel und behaupten, zur Beseitigung etwaiger Mängel sei eine kostengünstigere Teilsanierung ausreichend.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen V und dessen Anhörung. Die Akten 17 OH 23/07 waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 1) richtet, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 2) richtet hingegen unbegründet.
I. Beklagte zu 1)
Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses gem. §§ 634 Nr. 2, 637 Abs.1, Abs. 3 BGB in Höhe von 671.160,- EUR wegen der unzureichenden Entwässerung des Sportplatzes und wegen der Unterschreitung von Mindestabständen im Bereich der Seitenlinien, wobei letztere den Vorschussanspruch in der Höhe nicht beeinflusst.
1. Die Beklagte zu 1) ist als Vertragspartnerin der Klägerin passivlegitimiert. Die Klägerin muss insbesondere Gewährleistungsansprüche nicht gem. Ziff. V 2 des zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) bestehenden Vertrages gegen die Beklagte zu 2) verfolgen. Eine Endabnahme ist bislang nicht erfolgt. Zwar ist von einer Abnahme des Sportplatzes im Verhältnis der Klägerin zur Beklagten zu 1) auszugehen. Dies ergibt sich daraus, dass die Klägerin durch Unterzeichnung des Protokolls der zwischen den Beklagten erfolgten Abnahme nicht nur eine Billigung der Werkleistung, sondern auch einen Verzicht auf eine (weitere) förmliche Abnahme des Sportplatzes zu erkennen gegeben hat. Letzteres ergibt sich wiederum daraus, dass nach der Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls und der Nutzung der Gebäude seit dem Jahr 2007 keinerlei Verhalten mehr erkennbar ist, das im Sinne eines Verlangens nach einer förmlichen Abnahme ausgelegt werden könnte, und zudem die Abnahmefähigkeit der Gebäude außer Streit steht. Trotz Abnahme des Sportplatzes und späterer Nutzung der Gebäude kann aber nicht von einer „Endabnahme“ i.S. des Vertrages ausgegangen werden. Zum Zeitpunkt der Abnahme der Gebäude war die Mangelhaftigkeit des Sportplatzes nämlich bereits zwischen den Parteien in Streit. Von einem Übergang der Passivlegitimation war auch aus Sicht der Parteien vor diesem Hintergrund nicht auszugehen. Nach Auffassung des erkennenden Gerichtes fehlt es schon an einer Endabnahme, die begrifflich über die reine Summe aller Teilabnahmen hinaus eine Billigung des Gesamtwerkes voraussetzt. Diese Billigung ist aber nicht gegeben, wenn bei der letzten Teilabnahme Mängel eines bereits zuvor abgenommenen Teils in Streit geraten sind. Sähe man dies unter Betonung der Unwiderruflichkeit einer Teilabnahme anders, wäre zwar von einer Endabnahme auszugehen. In diesem Fall regelte der Vertrag den Fall, dass vor der Endabnahme Streit über einen bereits abgenommenen Teil entsteht, nicht. Diese Vertragslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung im dargelegten Sinne zu schließen. Davon auszugehen, dass die Abnahme der Gebäude in jedem Fall zur Endabnahme führte, obwohl die Mangelhaftigkeit des bereits abgenommenen Teils der Werkleistung wieder in Streit geraten war, widerspräche dem Interesse der Parteien. Ginge man von der Auffassung der Beklagten zu 1) aus, wäre die Klägerin verpflichtet gewesen, Gewährleistungsansprüche wegen des Sportplatzes zunächst gegen die Beklagte zu 1) zu verfolgen bis die Gebäude abgenommen worden wären. Wegen der Mängel an dem Sportplatz wäre die Klägerin zur Verweigerung der Abnahme der mangelfreien Gebäude nicht berechtigt gewesen. Zu diesem Zeitpunkt wäre die bereits begonnene Verfolgung der Gewährleistungsansprüche wegen des Sportplatzes hinfällig geworden, die nunmehr gegen die Beklagte zu 2) hätten geltend gemacht werden müssen. Ein solches Auseinanderfallen der Anspruchsgegner in der bereits laufenden Gewährleistungsverfolgung ist sicherlich nicht gewollt. Dies ergibt sich auch aus Ziff. V 2 des Notarvertrages, der ausdrücklich nur von einer Entlastung der Beklagten zu 1) nach Endabnahme spricht.
2. Der Sportplatz ist mangelhaft. Dies steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur vollen Überzeugung des Gerichtes fest.
a) Der Sportplatz besteht aus mehreren Schichten: Dem Kunstrasen, der Elastikschicht, der Nivellier- und der ungebundenen Tragschicht – wobei die Parteien begrifflich unterscheiden, ob die Nivellierschicht Teil der Tragschicht ist- einem Geotextil und schließlich dem Erdplanum, in das Drainageleitungen eingebaut worden sind. Von diesen Schichten sind bis auf den Kunstrasen und die Elastikschicht alle mangelhaft. Dies haben die Ausführungen des Sachverständigen V zur vollen Überzeugung des Gerichts ergeben. Die Ausgleichsschicht ist zu dick und unterschreitet die Mindestwasserdurchlässigkeit; die Körnung der ungebundenen Tragschicht liegt deutlich über der Norm; das Geotextil hätte nicht über den Drainleitungen verlegt werden dürfen; die Drainage ist mit lehmigem Boden bedeckt. Im Einzelnen:
Die Wasserdurchlässigkeit der Ausgleichsschicht ist zu gering. Dies hat der Sachverständige V durch einen Feldversuch festgestellt, in dem er einen wasserdicht auf der Oberfläche der Schicht abschließenden Ring mit Wasser befüllte. Es wurde kein nennenswertes Absinken des Wasserspiegels festgestellt. Soweit die Parteien sich umfangreich um die Zulässigkeit dieses Feldversuches streiten, ist es den Beklagten aus mehreren Gründen nicht gelungen, an der Aussagekraft dieses Versuches Zweifel zu begründen. Soweit sie kritisieren, dass der Feldversuch in der maßgeblichen DIN-Vorschrift DIN V 18035, Teil 6 für die Ausgleichsschicht nicht vorgesehen, sondern allein ein Laborversuch durchzuführen sei, ist dies nicht ausreichend, wobei die Frage, ob sich bereits aus der gegenwärtigen DIN eine Anwendbarkeit dieses Feldversuches ergibt, dahin stehen kann. Denn die DIN-Vorschriften beschreiben den anzusetzenden Stand der Technik nicht abschließend, sondern lediglich die Mindestanforderungen. Das bedeutet, dass die Anwendung des Feldversuchs nicht allein deswegen unzulässig wäre, weil er nicht in den DIN-Vorschriften vorgesehen ist. Dies gilt vorliegend umso mehr, als der Sachverständige V aus seiner Wahrnehmung als Vertreter im Normenausschuss nachvollziehbar und glaubhaft ausgesagt hat, die Zulässigkeit des Feldversuchs werde bei der nächsten Ergänzung der DIN in das Regelwerk aufgenommen werden. Zudem hat er glaubhaft bekundet, bereits gegenwärtig würden mehrere Labore den Feldversuch zur Bestimmung der Wasserdurchlässigkeit regelmäßig durchführen, was dafür spricht, dass der Feldversuch bereits gegenwärtig – ohne kodifiziert zu sein – Stand der Technik ist. Selbst wenn allein der Laborversuch anzuwenden wäre, kann sein Ergebnis nicht unbesehen übernommen werden. Denn wiederum nachvollziehbar führt der Sachverständige V aus, dass im vorliegenden Fall auch ein erhöhter Schluffanteil vorhanden ist, der einerseits die Wasserdurchlässigkeit verringere und andererseits im Rahmen des Laborversuches zur Wasserdurchlässigkeit nicht ausreichend Berücksichtigung finde. Der Schluffanteil, der nach der DIN 18035 Teil 7 nicht mehr als 7 % im eingebauten Zustand betragen darf, beträgt vorliegend tatsächlich teilweise bis zu 15,65 % in der Ausgleichsschicht und in der Tragschicht teilweise bis zu 8,65 %. Auch wenn der Privatsachverständige E nachvollziehbar darauf hinweist, dass eine geringe Überschreitung der Zulässigkeitswerte des Schluffanteils keine deutliche Verschlechterung der Wasserdurchlässigkeit nach sich ziehen könne, begründet dies an dem vom Sachverständigen V gefundenen Ergebnis keine Zweifel. Die Tatsache, dass die im Laborversuch beprobten Teile einen erhöhten Schluffanteil aufweisen, unterstützt doch gerade einen der Kerngedanken, die nach V zur Anwendbarkeit des Feldversuchs führen, nämlich den, dass der Laborversuch die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort nicht zutreffend widerspiegelt. Vor allem aber: Das Ergebnis des Feldversuches, dass auf der Ausgleichsschicht kein nennenswertes Versickern des Wassers festzustellen ist, ist unstreitig. Wäre nun allein der Laborversuch entscheidend, dürfte die Wasserundurchlässigkeit der Tragschicht also nicht als Mangel angesehen werden, würde dies logisch konsequent bedeuten, dass eine Wasserdurchlässigkeit der Tragschicht technisch nicht erforderlich ist. Dieser Schluss ist aber erkennbar falsch und wird ersichtlich auch vom Sachverständigen E nicht gezogen. Soweit die Beklagte zu 2) in ihrem Schriftsatz vom 30.04.2011 nunmehr vorträgt, der Feldversuch sei grob fehlerhaft durchgeführt worden, da der Sachverständige V übersehen habe, dass Ausgleichsschicht und ungebundene Tragschicht völlig ausgetrocknet gewesen seien, handelt es sich um völlig neuen Sachvortrag nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, der gem. § 296 a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen und auch von der den Parteien eingeräumten Schriftsatzfrist nicht mehr gedeckt ist, die nur eine Gelegenheit zur Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme einräumte.
Des Weiteren führt der Sachverständige V überzeugend aus, dass die Nivellierschicht, die im Sinne der DIN ein Abstreuen zum Ausgleich von Unebenheiten darstellt, zu dick aufgebracht worden ist. Während die DIN V 18035 Teil 7 eine Schichtdicke von 1,5 cm verlange, erreiche die Vorliegende eine Schichtdicke von bis zu 2,75 cm. Dies verringere die Wasserdurchlässigkeit weiter. Der Auffassung, die Dicke der Nivellierschicht stelle einen Mangel dar, schließt sich der Privatsachverständige E- auch wenn er hinsichtlich der Beeinflussung der Wasserdurchlässigkeit andere Folgerungen zieht- ausdrücklich an.
Die ungebundene Tragschicht wurde nicht wie im Leistungsverzeichnis gefordert mit einem Hartgestein der Körnung 2/32 sondern 0/32 hergestellt. Dieser Gehalt an Körnern widerspricht der DIN. Auch dies ergibt sich aus den Ausführungen des Sachverständigen V.
Das Einbringen eines Geotextils über den Drainleitungen ist mangelhaft, da es sich durch Verschmutzungen zusetzen kann, was den Wasserdurchfluss zu den Drainleitungen zusätzlich erschwert. Auch dieser Auffassung schließt sich der Privatsachverständige E an
Die Drainstränge sind teilweise mit Lehmboden bedeckt und können damit ihre Entwässerungsfunktion nicht erfüllen. Auch dies stellt entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen V einen Mangel dar.
Das Gericht schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen V vollumfänglich an. Sie sind überzeugend, nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Insbesondere hat sich der Sachverständige – auch im Rahmen seiner Anhörung – dezidiert mit den Einwendungen des Privatsachverständigen E auseinandergesetzt. Insoweit kann zur Begründung, warum das Gericht die Einwendungen des Sachverständigen E für nicht überzeugend hält, auf obige Ausführungen verwiesen werden. An der fachlichen Qualifikation des Sachverständigen V hat das Gericht keinerlei Zweifel. Soweit die Beklagten seine fachliche Qualifikation vor dem Hintergrund der Ausführungen des Sachverständigen E in Zweifel ziehen, kann nur wiederholt werden, dass das Gericht diese Zweifel nicht im Ansatz teilt, da die Einwendungen des Sachverständigen E aus den oben dargelegten Gründen nicht überzeugen.
Ein Obergutachten – bzw. in der Terminologie der ZPO: neues Gutachten – war nicht einzuholen. Diese Möglichkeit sieht § 412 Abs. 1 ZPO nur für den Fall vor, dass das Gericht das zunächst eingeholte Gutachten für ungenügend erachtet. Dies ist indes nicht der Fall. Das Gutachten des Sachverständigen V ist – wie dargelegt – insgesamt überzeugend, mithin genügend.
Eine Vernehmung des Sachverständigen E war nicht angezeigt. Er ist kein sachverständiger Zeuge. Der Begriff des sachverständigen Zeugen umschreibt jemanden, der fallbezogene eigene Wahrnehmungen zu schildern vermag, wobei ihm seine Sachkunde dem allgemeinen Zeugen gegenüber zusätzliche, letztlich aber immer noch aus eigener Wahrnehmung resultierende Angaben ermöglicht. Der Sachverständige E mag zwar Sachverständiger sein. Aber die dargelegte Zeugeneigenschaft fehlt ihm, da er bei Durchführung der Feldversuche nicht zugegen war, es ihm also an der eigenen Wahrnehmung fehlt. Er ist Privatsachverständiger. Die Anhörung oder Vernehmung des Privatsachverständigen ist aber kein Beweismittel im Sinne der ZPO. Ohnehin wurde dem Privatsachverständigen E gestattet, in der mündlichen Verhandlung den Sachverständigen V zu befragen. Ebenso wurden seine Ausführungen als Parteivortrag vom Gericht zur Kenntnis genommen, berücksichtigt und umfassend gewürdigt.
Auch eine weitere Beweisaufnahme zu der Frage, ob und ggf. in welchem Umfang es zu der von der Klägerin behaupteten Pfützenbildung kommt, war nicht angezeigt. Das Vorliegen eines Mangels ist unabhängig von dieser Frage zu bejahen. Die Beklagte zu 1) schuldete der Klägerin gem. II 2 des Notarvertrages die Erstellung eines Sportplatzes, der den einschlägigen technischen Vorschriften entsprechen sollte. Dies ist wie ausgeführt nicht der Fall und bereits für sich allein ausreichend, den Mangelbegriff zu erfüllen. Die Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit ist bereits allein unter technischen Gesichtspunkten ein Mangel, ohne dass es auf die Frage der Bespielbarkeit ankommt.
3. Zur Sanierung ist es erforderlich, den Kunststoffrasen vollständig zu entfernen, die Ausgleichsschicht, Tragschicht und das Geotextil aufzunehmen und zu entsorgen, das Erdplanum nachzuarbeiten, die Drainageleitungen zu überprüfen und ggf. zu erneuern, die Tragschicht und Ausgleichsschicht nebst Elastikschicht sach- und fachgerecht wieder einzubringen und komplett neuen Kunststoffrasen zu verlegen. Hierfür fallen Kosten in Höhe von 671.160,- EUR an.
Die Sanierung in der vom Sachverständigen V dargestellten Art und Weise ist erforderlich i.S.v. § 249 BGB. Insbesondere ist die Klägerin nicht auf die von der Beklagten zu 2) in den Raum gestellte Teilsanierung unter Wiederverwendung des Kunststoffrasens zu verweisen. Zur Begründung sei dabei ausdrücklich nicht auf die Frage abgestellt, ob und in welchem Umfang ein Entfernen des Sandes vom Kunststoffrasen möglich ist. Für das erkennende Gericht ist entscheidend, dass – wie der Sachverständige V nachvollziehbar und überzeugend ausführt – zur Abnahme des Kunststoffrasens neue, zusätzliche Nähte einzubringen sind, die eine weitere Schwächung des Kunststoffrasens darstellen. Ein Aufschneiden an den ursprünglichen Nähten scheidet aus, weil die zur Verklebung aufgebrachten Klebebänder zurückblieben, die nicht ohne weitere Beschädigung entfernt werden können. Jede weitere, neue Naht stellt eine weitere Schwachstelle in dem Kunststoffrasen dar. Dies ist einleuchtend.
Ohne die Ausführungen zur Wasserdurchlässigkeit der Tragschicht zu wiederholen scheitert die vom Sachverständigen E vorgeschlagene Teilsanierung aber auch an einem weiteren Gesichtspunkt. Auch der Sachverständige E geht davon aus, dass das Geotextil über den Drainagen zu entfernen ist. Dies will er mit einem Minibagger machen, wobei das Gericht diese vorgeschlagene Vorgehensweise vor dem Hintergrund versteht, dass möglichst kleinflächige Eingriffe in den Sportplatz vorgenommen werden sollen. Diese Vorgehensweise erscheint aber nicht möglich. Dies versteht sich vor dem Hintergrund, dass die Klägerin, nachdem der Sachverständige an zwei von mehreren Drainagen deren Funktionsuntüchtigkeit festgestellt hat, berechtigt ist, die anderen Drainageleitungen auf das Vorliegen derselben Mangelerscheinung – Bedeckung mit Lehm und Geotextil – zu untersuchen. Sie darf also alle Drainageleitungen freilegen. Dabei ist es ihr aber nicht möglich, zielgenau Gräben minimaler Breite auszuheben. Denn die Drainagen müssten zunächst gesucht werden. Dies erfordert wiederum das Anlegen von Suchschachtungen, die bis zu einer Breite von 2 m anzulegen sein können. Insgesamt ist vor diesem Hintergrund die Anlage mehrerer Gräben größerer Breite erforderlich. Folge dieses Vorgehens wäre, dass die Tragschicht von mehreren, je nach Anzahl der Drainageleitungen bis zu 8 Stück, teilweise bis zu 2m breiten, später wieder zu verfüllenden Gräben durchzogen werden müsste. Dies erscheint nicht zumutbar. Erschwerend kommt hinzu, dass die Klägerin auch im Rahmen der wirtschaftlichen Vernunft nicht anzuhalten ist, sich auf erkennbar unsichere Mangelbeseitigungs- oder Sanierungsmaßnahmen verweisen zu lassen. Insoweit hat der Sachverständige V aber nachvollziehbar ein technisches Problem geschildert, das der Kammer aus zahlreichen Baurechtsstreitigkeiten bekannt ist: Das Verfüllen der nach Vorschlag des Sachverständigen E entstehenden Gräben birgt das Risiko unterschiedlicher Verdichtung des Füllmaterials, was nachträglich wiederum zu Unebenheiten im Bereich der Tragschicht bzw. zu deren Absacken führen kann.
Nicht ausreichend ist auch die Sanierungsvariante der seitlichen Entwässerung, bei welcher Niederschlagswasser über das Oberflächengefälle in Aco-Rinnen an den Seiten des Sportplatze geleitet würde. Diese Form der Mangelbeseitigung birgt wiederum für die Klägerin untragbare Unsicherheiten. Der Sachverständige V hat bereits im Rahmen seiner Anhörung technische Bedenken geäußert. Auch wenn die Beklagte zu 2) nunmehr an dieser Lösung weitergearbeitet, auf technische Bedenken reagiert hat, ist diese im Raum stehende Variante in ihren Auswirkungen abschließend nicht überschaubar. Erschwerend kommt hinzu, dass ein dem Stand der Technik entsprechender Sportplatz bei Durchführung dieser Art der Mangelbeseitigung nicht hergestellt würde, da die Mangelhaftigkeit der Tragschicht und der Drainagen in wesentlichen Teilen nicht beseitigt, sondern lediglich ihre Folgen verringert würden.
Auch hinsichtlich der Kostenermittlung schließt sich das Gericht den Ausführungen des Sachverständigen V an. Sie sind auch insoweit überzeugend und nachvollziehbar, insbesondere ausreichend detailliert aufgeschlüsselt und beschrieben. Soweit sie Mehrwertsteuer enthalten ist dies nicht zu beanstanden, da diese anders als bei Schadensersatzansprüchen im Rahmen des Kostenvorschussanspruchs vorzuschießen ist.
Soweit die Beklagten Umfang und Kosten der von dem Sachverständigen V als erforderlich erachteten Mangelbeseitigungsmaßnahmen wiederholt in Kontrast zur ihrer Behauptung gestellt haben, eine Verbesserung der Bespielbarkeit sei nicht zu erwarten, kann dieser Vortrag als Einrede der Unverhältnismäßigkeit gem. § 635 Abs. 3 BGB gewertet werden. Doch ist die dargelegte Art der Nachbesserung nicht unverhältnismäßig, ohne dass es auf die Frage der Bespielbarkeit des Sportplatzes in seinem gegenwärtigen Zustand ankommt. Zwar sind die zu erwartenden Kosten erheblich. Von einer Unverhältnismäßigkeit ist indes nur dann auszugehen, wenn die Kosten bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem Verhältnis zu dem zu erwartenden Erfolg der Mangelbeseitigungsmaßnahmen stehen. Die Abwägung der Gesamtumstände führt vorliegend aber zur Annahme der Verhältnismäßigkeit. Zunächst ist das Interesse der Klägerin an der Mängelbeseitigung als erheblich zu gewichten. Dies ergibt sich – ohne dass es auf die Frage der tatsächlichen Bespielbarkeit ankommt – bereits daraus, dass der Sportplatz entsprechend obiger Ausführungen in mehrfacher Hinsicht gegen die anerkannten Regeln der Technik verstößt. Verstöße gegen die Regeln der Technik verbieten im Regelfall die Annahme einer Unverhältnismäßigkeit. Zwar läßt die Rechtsprechung dies bei Erwartung besonders hoher Kosten ausnahmsweise zu. Dieser Überlegung stehen aber vorliegend folgende Erwägungen gegenüber: Der Sportplatz ist in mehrfacher Hinsicht mangelhaft. Jede von der dargestellten Sanierung abweichende Form, die nur einen Teil der festgestellten Mängel beseitigte, bürge das Risiko verbleibender Mangelhaftigkeit in sich. Würden nur einzelne der Schichten erneuert, ist völlig unklar, welche Folgeerscheinungen dies nach sich ziehen würde. Die Klägerin könnte sich also bei keiner abweichenden Sanierungsvariante einer vollständigen Mangelfreiheit sicher sein. Auf solche, mit Unsicherheiten behaftete Sanierungsvarianten muss sie sich aber nicht einlassen. Des weiteren handelt es sich um einen öffentlichen Sportplatz, der einer unbegrenzten Anzahl von Nutzern zur Verfügung steht. Dies wiederum bringt unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflichten ein erhebliches Interesse der Klägerin an einem sach- und fachgerecht erstellten Sportplatz mit sich. Des weiteren ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagten an den Mängeln ein nicht vernachlässigenswertes Verschulden trifft. Bereits einzeln betrachtet sind einige Mängel – insbesondere das Abdecken der Drainage, ihre schwierige Auffindbarkeit und auch die Dicke der Nivellierschicht – erheblich. In Summe aller Mängel ist von einem nicht mehr hinnehmbaren Zustand auszugehen. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass sich die absolute Höhe der zur Mangelbeseitigung zu erwartenden Kosten relativiert, wenn man sie ins Verhältnis zur der Gegenleistung setzt, die die Beklagte zu 1) erhalten hat. Neben einer Kostenbeteiligung von 500.000,- EUR hat die Klägerin mehrere Grundstücke überschrieben, so dass davon auszugehen ist, dass der Wert eines mangelfreien Sportplatzes sich sicherlich in einer Größenordnung bewegt, die dem ausgeurteilten Betrag entspricht.
Ein Abzug Neu für Alt für den neu aufzubringenden Kunstrasen hat nicht zu erfolgen. Ein solcher Abzug, der aus dem Gesichtspunkt des Vorteilsausgleichs zu begründen wäre, kommt umso weniger in Betracht, je mehr die Mängelhaftung durch den Unternehmer oder den Architekten hinausgezögert wird. Vorliegend erfolgte die erste Mängelrüge der Klägerin bereits kurz nach Abnahme des Sportplatzes und noch bevor die übrigen Teilleistungen fertig gestellt waren. Mangelbeseitigung ist bis heute nicht erfolgt. Die Klägerin hatte zu keinem Zeitpunkt einen mangelfreien Sportplatz zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund kann die Beklagte zu 1) unter Billigkeitsgesichtspunkten, die im Rahmen des Vorteilsausgleichs zu berücksichtigen sind, nicht entlastet werden.
4. Soweit die Klägerin Zahlung eines weiteren Kostenvorschusses in Höhe von 17.300,22 EUR wegen des Unterschreitens des zwischen Spielfeld und Barriere erforderlichen Mindestabstandsverlangt, ist die Klage unbegründet. Die Klägerin hat zwar dem Grunde nach einen Anspruch auf einen solchen Kostenvorschuss, denn der Seitenabstand zwischen Spielfeld und Barrieren an den Längsseiten ist mangelhaft zu gering. Gem. DIN 18035 Teil 1, Tabelle A1, muss der Abstand zwischen Seiten-Auslinie und Barriere mindestens 2 m betragen. Dieser Mindestabstand wird zwischen Seiten-Aus-Linie und Barriere einerseits sowie zwischen Tor-Aus-Linie und Ballfangzaun unterschritten. Dies ergibt sich aus den nachvollziehbaren und auch insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen V.
Die zur Beseitigung dieses Mangels erforderlichen Maßnahmen führen jedoch angesichts der zur Beseitigung der oben dargestellten Mängel an der Entwässerung des Sportplatzes durchzuführenden Maßnahmen zu keinen weiteren Kosten. Zur Herstellung des erforderlichen Seitenabstands müssen die vier Eckfahnen und ein Fußballtor sowie die Seiten-Auslinie und die vordere Tor-Auslinie aufgenommen und bis zum Erreichen des erforderlichen Mindestabstands versetzt werden. Durch das Versetzen des Tores sind auch Torraum-, Strafraumgrenzen, Strafstoßpunkt, Mittellinie und Anstoßkreis zu verlegen. All diese Maßnahmen sind zur Beseitigung des Mangels an der Entwässerung des Sportplatzes aber sowieso durchzuführen. Wie ausgeführt ist der gegenwärtig vorhandene Kunstrasen abzunehmen und später neu zu verlegen. Mit der Beseitigung der Kunstrasenschicht werden aber automatisch auch die zur Herstellung des din-gerechten Mindestabstands zu verlegenden Markierungen beseitigt und können später im Rahmen des Aufbringens einer neuen Kunstrasenschicht den Vorgaben des Sachverständigen entsprechend aufgebracht werden. Auch Tor und Eckfahnen sind im Rahmen der Herstellung einer ordnungsgemäßen Entwässerung sowieso aufzunehmen und nach Herstellung der Kunstrasenschicht entsprechend den Vorgaben des Sachverständigen an anderer Stelle aufzubringen.
Dass insoweit keine weiteren Kosten anfallen werden, ergibt sich sehr plastisch aus der Gegenüberstellung der vom Sachverständigen V tabellarisch aufgestellten Mangelbeseitigungskosten. Die zur Herstellung eines ausreichenden Mindestabstands anfallenden Kostenpositionen in Höhe von insgesamt 14.851,20 EUR (vgl. Bl. 469 d.A. zu 17 OH 23/07) sind inhaltlich identisch in der Kostenaufstellung zur Beseitigung des Mangels hinsichtlich der Entwässerung (vgl. Bl. 469 d.A. zu 17 OH 23/07) enthalten.Mit anderen Worten: Die Kosten, die zur Verlegung der Markierung und dem versetzen von Tor und Eckfahne anfallen, sind in dem ausgeurteilten Betrag bereits enthalten.
Nur ergänzend sei ausgeführt, dass der Klägerin insoweit nicht gefolgt werden kann, als sie unter Bezugnahme auf das Ergänzungsgutachten des Sachverständigen V vom 30.12.2010 den erforderlichen Kostenvorschuss zur Herstellung eines ausreichenden Mindestabstands auf 17.300,22 EUR beziffert. Kosten in dieser Höhe fielen dann an, wenn man statt der oben dargelegten Mängelbeseitigung in Form einer Verlegung der Seiten-Aus-Linie die Barriere verlegte. Dies ist aber nicht erforderlich. Beide Wege der Mängelbeseitigung führen zum selben Ergebnis, wobei die Verlegung der Seiten-Aus-Linie vom Ergebnis her sogar befriedigender ist, weil eine Verengung des Weges an den Längsseiten vermieden wird. Ist die Verlegung der Seiten-Aus-Linie aber nicht nur der vom Ergebnis her günstigere, sondern auch kostengünstigere Weg, hat die Klägerin gemessen an den Maßstäben eines wirtschaftlich vernünftig Denkenden diesen Weg zu gehen.
5. Die weiteren Anspruchsvoraussetzungen liegen vor. Insbesondere hat die Klägerin erfolglos eine ausreichend bemessene Frist zur Nachbesserung gesetzt.
6. Der Anspruch auf die Zinsen ergibt sich gem. § 291 BGB. Eine vor Rechtshängigkeit der Klage erfolgte Inverzugsetzung der Beklagten zu 1) in Bezug auf die Zahlung des verlangten Kostenvorschusses ist nicht ersichtlich. Die Fristsetzung der Klägerin im Schreiben vom 25.11.2008 bezog sich lediglich auf die Anerkennung der Mängelbeseitigungspflicht gemäß Gutachten des Sachverständigen V. Insoweit befand sich die Beklagte zu 1) mit Ablauf der bis zum 04.12.2008 gesetzten Frist in Verzug. Dies ist jedoch für eine Verzugsbegründung im Hinblick auf die Zahlung des Kostenvorschusses nicht ausreichend (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13.Aufl., RN 2117). Ebenfalls unbegründet ist die Klage, soweit die Klägerin Zinsen in einer 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz übersteigenden Höhe geltend macht. Denn vorliegend wird von der Klägerin keine Entgeltforderung eingeklagt, sondern ein Anspruch auf Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung. Entsprechend steht der Klägerin nur ein Anspruch auf Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu.
II. Die Klage gegen die Beklagte zu 2) ist abzuweisen. Sie ist unbegründet. Die Beklagte zu 2) ist nicht passivlegitimiert. Es wurde bereits ausgeführt, dass die Beklagte zu 1) passivlegitimiert ist. Eine gesamtschuldnerische Haftung beider Beklagten ist nicht im Ansatz ersichtlich. Eine solche setzt eine gleichrangige und gleichstufige Haftung voraus. Diese ist aber nicht gegeben. Vielmehr ist der Haftung der Beklagten im Sinne einer zeitlichen Staffelung alternativ vereinbart worden. Bis zum Zeitpunkt der Endabnahme sollte die Beklagte zu 1) allein in Anspruch genommen werden können, danach allein die ausführenden Unternehmen. Es wurde bereits ausführlich dargelegt, dass die Klägerin berechtigt ist gegenwärtig noch die Beklagte zu 1) in Anspruch zu nehmen. Dies führt dazu, dass eine Inanspruchnahme der Beklagten zu 2) zwingend ausscheidet.
III. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergehen gem. §§ 92 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 709 ZPO.
Gegenstandswert: 688.460,22 EUR.