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VOB-Bauvertrag – Voraussetzungen einer Auftragsentziehung

OLG Stuttgart – Az.: 10 U 84/17 – Urteil vom 30.01.2018

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Zwischenfeststellungs-Teilurteil des Landgerichts Stuttgart vom 04.05.2017, Az. 20 O 173/11, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus dem Berufungsurteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 2.630.791,82 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin macht in Prozessstandschaft für die … GmbH gegen die Beklagte, einem Tochterunternehmen der … AG, Ansprüche aus einem von der Beklagten am 28. November 2011 gekündigten VOB/B-Bauvertrag vom 1. April/18. Mai 2010 mit einer vertraglichen Gesamtvergütung von 5.435.694,98 € netto geltend.

Der Bauvertrag hatte den Abbruch des Nordflügels des Stuttgarter Hauptbahnhofs und den Bau des Technikgebäudes des neuen Durchgangsbahnhofs unterirdisch im Bereich des Parkplatzes vor dem Nordeingang zum Gegenstand.

Zwischen den Parteien ist unter anderem streitig, ob die Kündigung der Beklagten vom 28. November 2011 (Anlage K 39) als außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund oder als freie Kündigung wirksam war, weswegen das Landgericht auf Antrag der Klägerin zunächst das – mit der vorliegenden Berufung angegriffene – Zwischenfeststellungs-Teilurteil erlassen hat.

Der Kündigung waren unter anderem folgende wesentliche Vorgänge vorausgegangen.

Wegen der Proteste von Gegnern des Projekts … wurde eine zusätzliche Bewachung des Baugeländes erforderlich. Die Beklagte beauftragte deshalb die Erbringung einer 24-Stunden-Bewachung „mit mind. 3 Mann“ mit Schreiben vom 2. August 2010 (Anlage K 3).

Die Klägerin erbrachte diese Leistung durch … GmbH & Co. KG auch auf wiederholte Beauftragung der Beklagten hin durchgängig bis zum 9. Dezember 2011, das heißt über den Kündigungszeitpunkt hinaus.

Zwischen den Parteien war und ist die Höhe der berechtigten Vergütung für die zusätzlich angeforderten Wachdienstleistungen streitig.

Die Klägerin übersandte der Beklagten mit Schreiben vom 14. September 2010 ein Nachtragsangebot Nr. 15 basierend auf einem Angebot eines Stundensatzes von 16,45 € der … GmbH & Co. KG (Anlage K 7). Dieses Nachtragsangebot wurde von der Beklagten abgelehnt. Die Beklagte bestand stattdessen auf der Vorlage eines Nachtragsangebots auf der Grundlage der LV-Position 01.02.0270 (Anlage K 15). Dabei handelte es sich um eine Position des Leistungsverzeichnisses „Technikgebäude – Los 1 Rohbau“.

In der Folge legte die Klägerin ein neues Nachtragsangebot Nr. 15 vom 30. Mai 2011 (Anlage K 25) vor. Der darin zugrunde gelegte Stundensatz von 23,92 € wurde nach ihrer Auffassung korrekt aus der genannten LV-Position heraus entwickelt. Diese Auffassung teilte und teilt die Beklagte nicht. Darüber hinaus war und ist die Beklagte der Auffassung, ihre ZVB und BVB stünden einer Vergütungspflicht solange entgegen, bis die Klägerin alle erforderlichen Kalkulationsunterlagen vorgelegt habe, was bisher nicht geschehen sei.

Vor der Kündigung geführte Einigungsgespräche über den Preis für die Wachdienstleistungen führten jedenfalls aus Sicht der Beklagten nie zu einer einvernehmlichen Festlegung des Preises.

Die Beklagte zahlte die aus ihrer Sicht berechtigten Beträge für die Wachdienstleistungen. Diese waren aus der Sicht der Klägerin aber nicht ausreichend, weshalb diese mit Schreiben vom 21. Oktober 2011 (Anlage K 59) der Beklagten androhte, den Wachschutz am 28. Oktober 2011, 12 Uhr abzuziehen, falls die Klägerin nicht bis 26. Oktober 2011 bezahle. Daneben setzte die Klägerin wiederholt Nachfristen gemäß § 16 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B (Anlagenkonvolut K 139) wegen nicht oder nicht vollständig bezahlter – auch andere als Wachdienstleistungen betreffende – Abschlagsrechnungen.

Mit Schreiben vom 14. November 2011 (Anlage K 62) setzte die Beklagte der Klägerin Frist bis 23. November 2011 zur Vorlage der vollständigen kalkulatorischen Nachweise, damit sie auf dieser Grundlage eine Prüfung der von der Klägerin geforderten Einheitspreise vornehmen könne. Sie kündigte in dem Schreiben an, den Vertrag aus wichtigem Grund zu kündigen, wenn die Frist fruchtlos ablaufen sollte. Unter derselben Drohung forderte sie in dem Schreiben eine schriftliche Bestätigung der Beklagten bis zum 23. November 2011, dass diese den Wachschutz über den 28. Oktober 2011, 12 Uhr hinaus auch zukünftig aufrechterhalten werde.

In dem genannten Schreiben vom 14. November 2011 (Anlage K 62) und in einem weiteren Schreiben vom 16. November 2011 (Anlage K 64) setzte die Beklagte auch im Hinblick auf zahlreiche weitere zwischen den Parteien streitige Sachverhalte der Klägerin Fristen zur Leistungserbringung bzw. Erklärung der Leistungsbereitschaft bis zum 23. November 2011. Wegen der Einzelheiten dieser über 20 Sachverhalte wird auf die beiden genannten Schreiben verwiesen.

Am 21. November 2011 fand ein letzter Besprechungstermin der Parteien vor der Kündigung statt. Gesprächsthema war – zumindest auch – das Thema Nachtragskalkulationen.

Mit Schreiben vom 22. November 2011 (Anlage K 69) forderte die Klägerin die Beklagte gemäß einer offenen Postenliste mit Stand vom 20. November 2011 zur Zahlung von insgesamt 1.292.473,90 € zuzüglich Zinsen bis zum 23. November 2011, 12 Uhr auf. Sie kündigte für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs an, die Arbeiten ganz oder teilweise einzustellen.

Mit Schreiben vom 23. November 2011 (Anlage K 71) setzte die Beklagte der Klägerin Frist bis 23. November 2011, 18 Uhr, zur Erklärung, dass sie die Leistungen nicht einstellen werde, sondern auch über den 23. November 2011 hinaus leistungsbereit und -fähig sei.

Mit Schreiben vom 23. November 2011, 14:58 Uhr (Anlage K 72) teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie ihre Leistungen bis auf die Gestellung Wachpersonal und Vorhalten Bauzaun/Sicherheitszaun einstelle. Sie behalte sich jedoch vor, auch diese Leistungen noch einzustellen, weil in der Besprechung vom 21. November 2011 die Beklagte die Aussage gemacht habe, sie sei als öffentlicher Auftraggeber daran gehindert, eine vergleichsweise Lösung herbeizuführen.

Mit Schreiben vom 28. November 2011 (Anlage K 39) kündigte die Beklagte den Bauvertrag. Zur Begründung führte sie an, die in den Schreiben vom 14. November 2011 (Anlage K 62) und 16. November 2011 (Anlage K 64) gesetzten Fristen seien fruchtlos verstrichen. Vielmehr habe die Klägerin sogar ausweislich ihres Schreibens vom 23. November 2011 (Anlage K 72) die Erbringung ihrer vertraglich geschuldeten Leistungen zu Unrecht eingestellt.

Wegen der Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die erstinstanzlichen Sitzungsprotokolle vom 16. April 2015 und vom 22. Dezember 2016 verwiesen. Wegen der erstinstanzlichen Antragstellung wird auf Seiten 56 f. des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat im Wege des erwähnten Zwischenfeststellungs-Teilurteils festgestellt, dass die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung vom 28. November 2011 (Anlage K 39) nicht als Kündigung aus wichtigem Grund zulässig und wirksam war, sondern als freie Kündigung wirksam war. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die Zwischenfeststellungsklage sei zulässig.

Sie sei auch begründet. Die Kündigung der Beklagten vom 28. November 2011 sei als freie Kündigung gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B zu werten. Der Beklagten habe kein außerordentliches Kündigungsrecht zugestanden.

Der Beklagten stehe kein Kündigungsrecht wegen Verzögerung (§ 12.1 des Bauvertrags i.V.m. § 8 Abs. 3 VOB/B i.V.m. § 5 Abs. 4 Var. 1 bis 3 VOB/B) zu. Es liege keine Verzögerung des Beginns der Ausführung (§ 5 Abs. 4 Var. 1 VOB/B), kein Verzug mit der Vollendung der Ausführung (§ 5 Abs. 4 Var. 2 VOB/B) und keine unzureichende Baustellenausstattung (§ 5 Abs. 4 Var. 3 VOB/B) vor.

Auch ein sonstiger wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung (§ 12.1 des Bauvertrages oder § 314 BGB) sei nicht gegeben. Die vorliegenden Gesamtumstände rechtfertigten weder bei einer Einzelbetrachtung der von der Beklagten angeführten Kündigungsgründe noch im Rahmen einer Gesamtabwägung eine Kündigung der Beklagten aus wichtigem Grund.

Nachdem die Klägerin die Arbeiten bis auf die in der damaligen Situation nicht unwesentlichen Bewachungsleistungen zum 23. November 2011 teilweise eingestellt habe, sei diesbezüglich keine weitere Abmahnung oder Fristsetzung mit Kündigungsandrohung durch die Beklagte erfolgt. Vor dem Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung sei jedoch grundsätzlich eine Abmahnung bzw. Fristsetzung erforderlich, es sei denn es handele sich um bloße Förmelei. In Anbetracht der Komplexität des Sachverhalts mit verschiedenen handelnden Personen und einem kaum noch zu überblickenden Schriftverkehr und des Umstands, dass die Parteien noch während der laufenden Fristsetzungen der Beklagten in ihren Schreiben vom 14. und 16. November 2011 am 21. November 2011 ein Krisengespräch geführt hätten, um eine vergleichsweise Gesamtlösung zu finden, und die Beklagte erst mit Schreiben vom 21. November 2011 angeboten habe, das Baufeld zu übergeben, sei vorliegend eine weitere Abmahnung nicht nur als bloße Förmelei anzusehen.

Die tatsächliche Arbeitseinstellung durch die Klägerin, welche erst als Reaktion auf das Gespräch vom 21. November 2011 erfolgt sei, habe einen neuen gewichtigen Umstand dargestellt, auf den die Beklagte nicht wie im Schreiben vom 24. November 2011 lediglich habe erklären dürfen zu prüfen, wie sie darauf reagieren würde, sondern die Beklagte hätte die Klägerin unmissverständlich zur Wiederaufnahme der Arbeiten auffordern müssen.

Auch das Ergebnis der Volksabstimmung am 27. November 2011 sei ein gewichtiger Umstand gewesen, denn es sei vorher allen Beteiligten nicht bekannt gewesen, ob und wie das Bauvorhaben überhaupt fortgeführt werden sollte. Die teilweise erfolgte Arbeitseinstellung habe im Zeitraum vom 23. November 2011 bis zur Volksabstimmung am 27. November 2011 keine nennenswerte Auswirkung auf die weitere Fertigstellung des Bauvorhabens gehabt.

Ein wichtiger Grund liege nicht in einem Versuch der Klägerin zur Durchsetzung unberechtigter Abschlagszahlungsansprüche durch die teilweise erfolgte Arbeitseinstellung zum 23. November 2011. Es habe bis zum 23. November 2011 ein aufgelaufener Zahlungsrückstand der Beklagten allein wegen der Wachschutzleistungen in der von der Klägerin als Mindestforderung berechneten Größenordnung von circa 216.530,72 € (allerdings berechnet mit einem Einheitspreis von 13,90 €/Personenstunde und Zuschlagsatz von 13,64 %) bestanden, so dass die Klägerin gemäß § 16 Abs. 5 Nr. 5 VOB/B schon deshalb zur Einstellung der Arbeiten berechtigt gewesen sei.

Die Schutzpflicht der Baustelle habe gemäß § 4 Abs. 5 VOB/B grundsätzlich der Klägerin oblegen. Es handele sich aber vorliegend wegen der besonderen, unvorhersehbaren Sicherheitslage mit außergewöhnlich hohen Anforderungen an das Sicherheitspersonal und die Baustellenbewachung gegen die Projektgegner schon im Zeitraum der Abbruchleistungen um eine besondere Verpflichtung, die nicht schon vertraglich der Klägerin oblegen habe, so dass sich die Vergütung hierfür entsprechend § 4 Abs. 5 Satz 2 VOB/B nach § 2 Abs. 6 VOB/B geregelt habe. Die Klägerin habe auf das entsprechende Verlangen der Beklagten, welche nicht selbst für die Bewachung habe sorgen wollen, ein Angebot eines „Separatwachdienstes“ eingeholt, welcher zusätzlich zu der erst später vertraglich vereinbarten, üblichen Baustellenbewachung gegen Diebstahl und Gelegenheitsvandalismus gemäß LV-Position 01.02.0270 (Technikgebäude – Los 1 Rohbau) habe beauftragt werden müssen.

Gemäß § 2 Abs. 6 Nr. 2 VOB/B bestimme sich die Vergütung für eine nicht vorgesehene Leistung nach den Grundlagen der Preisermittlung für die vertragliche Leistung und den besonderen Kosten der geforderten Leistung.

Die besonderen Kosten der geforderten Leistung (= EKT) entsprächen hier dem damaligen Angebot der Subunternehmerin der Klägerin und dem für das Bewachungspersonal zu zahlenden Basisstundensatz von 16,45 € / Person bzw. von 49,35 €/3 Personen. Die Beklagte habe bis zum Schreiben vom 28. September 2011, in welchem sie eine Einigung auf der Basis einer von ihr selbst mit dem Wachschutz bezüglich des Grundwassermanagements beauftragten Subunternehmerin für 13,90 €/Personenstunde in Aussicht gestellt habe, keine anderen üblichen konkreten Stundensätze geltend gemacht und das Angebot der Subunternehmerin der Klägerin und dessen Annahme jedenfalls bis dahin auch nicht in Zweifel gezogen. Die Beklagte habe zu diesem Zeitpunkt bereits über ein Jahr lang Leistungen der Klägerin bzw. ihrer Subunternehmerin ausführen lassen und nicht bestritten, dass die Klägerin ausweislich ihres Nachtragsangebots vom 13. September 2010, dem das Angebot ihrer Subunternehmerin beigefügt gewesen sei, einen Stundensatz von 16,45 €/Person habe zahlen müssen. Die Wachschutzleistungen seien seinerzeit dringlich von der Klägerin zu beschaffen gewesen. Die Beklagte trage auch nicht vor, dass etwa ein anderes Wachdienstunternehmen tätig geworden wäre. Vor diesem Hintergrund erscheine das nachträgliche Bestreiten der Annahme dieses Angebots und der Üblichkeit dieses Stundensatzes für die konkreten Anforderungen an das Sicherheitspersonal dieser Baustelle in diesem Zeitraum als treuwidrig gemäß § 242 BGB und sei deshalb unbeachtlich.

Die Grundlagen der Preisermittlung bestimmten sich hier nach der Urkalkulation der Klägerin gemäß „Kalkulations-Schlussblatt“ Anlage 4.1 (Anlage K 269). Danach habe die Klägerin einen Zuschlag in Höhe von 13,64 % auch auf diese Subunternehmerkosten erheben dürfen. Diese Urkalkulation habe der Beklagten vor Vertragsschluss offen vorgelegen und sei im Rahmen des Verhandlungsverfahrens gemäß den §§ 133, 157 BGB Vertragsbestandteil geworden.

Die Beklagte habe vor Vertragsschluss eine nähere Aufschlüsselung des Zuschlagsatzes von 13,64 % in Baustellengemeinkosten, Allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn sowie umsatzbezogen kalkulierte Gemeinkosten nicht verlangt, auch soweit in Fußnote 3 der Anlage 4.1 für umsatzbezogen kalkulierte Gemeinkosten über 12 % eine weitere Erläuterung der Zusammensetzung gefordert werde. Es erscheine fraglich, wie die Beklagte als öffentlicher Auftraggeber seinerzeit die Angebotswertung der Hauptvertragsleistung auch in Bezug auf die Frage der Auskömmlichkeit des Angebots habe durchführen können, wenn schon damals für sie wesentliche Kalkulationsgrundlagen gefehlt haben sollten.

Die Klägerin habe dieses Verhalten als Einverständnis zu ihrer Kalkulationsweise verstehen dürfen, zumal die Kalkulationsunterlagen in den Bietergesprächen thematisiert worden seien, weil die Klägerin diese Unterlagen erst auf Anforderung der Beklagten nachgereicht habe. Es könne jedenfalls nicht sein, dass an die Nachtragskalkulation höhere Anforderungen gestellt werden können als an die Kalkulation der Hauptvertragsleistungen. Die Beklagte könne sich gemäß einem „argumentum a maiore ad minus“ daher nicht darauf berufen, dass bei der Nachtragskalkulation Angaben fehlten, wenn sie deren Fehlen für die Prüfung der Kalkulation der Hauptvertragsleistungen nicht benötigt und nicht beanstandet habe.

Es habe daher zum 23. November 2011 ein Abschlagszahlungsanspruch der Klägerin jedenfalls in der von ihr berechneten Größenordnung von mindestens circa 216.530,72 € bestanden. Die Klägerin sei daher auch nicht zur Vorlage weiterer Kalkulationsnachweise verpflichtet gewesen.

Die mit Schreiben der Beklagten vom 14. und 16. November 2011 gesetzte Frist zur Erbringung diverser Arbeiten oder Erklärung der Bereitschaft hierfür bis zum 23. November 2011 könne unbeschadet des Rechts der Klägerin, die Arbeiten einzustellen, allenfalls eine Fälligkeit weiterer Arbeiten, aber keinen Verzug mit einer bestimmten Vertragsfrist begründet haben.

Der Auftraggeber müsse seinerseits vertragstreu sein, woran es hier teilweise fehle. Technische oder vertragliche Meinungsverschiedenheiten rechtfertigten regelmäßig keine Kündigung aus wichtigem Grund. Die Beklagte trage zwar vor, die Kündigung sei nicht auf „Altsachverhalte“ gestützt worden. Im Schreiben vom 16. November 2011, auf welches im Kündigungsschreiben vom 28. November 2011 Bezug genommen werde, werde jedoch in 19 Ziffern die bisherige „Verweigerungshaltung“ der Klägerin thematisiert. Die Beklagte habe jedoch letztlich den wesentlichen technischen und vertraglichen Änderungsvorschlägen der Klägerin in Bezug auf die Presspfahllösung statt dem HDI-Verfahren und in Bezug auf die Entwurfsplanung der Fußwegbrücke zugestimmt. Die Beklagte verhalte sich daher widersprüchlich, wenn sie ihre Kündigung zumindest im Kündigungsschreiben vom 28. November 2011 auch auf streitige Sachverhalte stütze, bei denen sie am Ende vor Ausspruch ihrer Kündigung der Auffassung der Klägerin zugestimmt habe.

Außerdem habe der Beklagten kein Kündigungsrecht gemäß § 12 Abs. 2 des Bauvertrages wegen des unzulässigen Einsatzes eines Lohnleistungsunternehmens zugestanden. Die näheren Umstände diesbezüglich könnten dahinstehen. Jedenfalls habe die Beklagte diesen Zustand ausweislich ihrer Schreiben vom 12. Oktober und 25. November 2010, welche in Ziffer 19 ihres Schreibens vom 16. November 2011 erwähnt werden, bereits seit dem Zeitpunkt dieser Schreiben gekannt, weshalb die Beklagte am 28. November 2011 entsprechend dem Rechtsgedanken des § 626 Abs. 2 BGB hierauf keine außerordentliche Kündigung mehr habe stützen können.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils verwiesen.

Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung ihren Antrag auf Abweisung der Zwischenfeststellungsklage weiter.

Sie betont, sie habe aufgrund ganz konkreter Einzelsachverhalte gekündigt, wie sie in den Schreiben vom 14. und 16. November 2011 niedergelegt seien. Bei sachgerechter Verfahrensführung wären die Einzelsachverhalte zu prüfen und die einzelnen Fristsetzungen herauszuarbeiten gewesen. Sämtliche Leistungen der 3 bzw. 19 weiteren Einzelsachverhalte aus den Schreiben vom 14. und 16. November 2011 (Anlagen K 62 und K 64) seien fällig gewesen und bereits mehrfach angemahnt worden. Die Beklagte habe sich in Verzug befunden. Soweit in einem Einzelvorgang vor bzw. nach dem 14. / 16. November 2011 eine weitere Fristsetzung erforderlich gewesen wäre, hätte dieses konkret benannt werden sollen. Dazu sei eine aus ihrer Sicht unberechtigte Arbeitseinstellung am 23. November 2011 zur Erwirkung einer Abschlagszahlung von 1 Mio. € gekommen, womit die Klägerin das bauvertragliche Kooperationsgebot verletzt habe, sowie – vom Landgericht unberücksichtigt gelassen – die Nichterklärung der Leistungsbereitschaft zum 23. November 2011 trotz entsprechender Aufforderung.

Im Hinblick auf das Erfordernis einer weiteren Fristsetzung habe die Beklagte darauf hingewiesen, dass unabhängig davon, dass in den einzelnen Kündigungssachverhalten bereits zum wiederholten Male Fristsetzungen vorgelegen hätten, der Klägerin zum 23. November 2011 eine dreifache Fristsetzung mit Kündigungsandrohung gesetzt worden sei. Dies sei durch das Schreiben vom 14. November 2011 (Anlage K 62), das Schreiben vom 16. November 2011 (Anlage K 64) und das Schreiben vom 23. November 2011 (Anlage K 71) erfolgt. Soweit die Klägerin in diese laufende Fristsetzung hinein innerhalb von nicht einmal 24 Stunden eine Zahlung von 1.292.473,90 € verlangt habe, sei dieses Zahlungsbegehren unberechtigt gewesen. Eine weitere Fristsetzung sei daher nicht erforderlich gewesen.

Ebenfalls im Zusammenhang mit dem Erfordernis einer weiteren Fristsetzung wendet sich die Berufung gegen die Erwägungen des Landgerichts, wonach ein komplexer Sachverhalt vorgelegen habe, verschiedene Personen vorhanden gewesen seien und der Schriftverkehr kaum noch zu überblicken gewesen sei. Insbesondere habe das Landgericht unberücksichtigt gelassen, dass zum Krisengespräch am 21. November 2011 auf die Aufrechterhaltung sämtlicher Fristen hingewiesen worden sei. Dazu verweist die Beklagte auch auf das Protokoll der Besprechung am 21. November 2011 (Anlage K 68). Danach sei seitens der Auftraggeberin klargestellt worden, dass der Besprechungstermin unter voller Aufrechterhaltung sämtlicher gesetzter Fristen und Kündigungsandrohungen und ohne Präjudiz und Anerkenntnis einer Rechtspflicht stattfinde.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei die Volksabstimmung ohne Relevanz im Hinblick auf das Erfordernis einer weiteren Fristsetzung. Insbesondere sei Frist zum 23. November 2011 – das heißt vor dem 27. November 2011 – gesetzt worden. Die in den Schreiben vom 14. und 16. November 2011 genannten Einzelleistungen seien gerade nicht von einer Volksabstimmung abhängig gemacht worden. In Bezug auf die konkreten Einzelvorgänge seien wiederholte Fristen gesetzt worden bzw. bereits Verzug gegeben gewesen.

Weiter treffe die zentrale Unterstellung auf Seite 65 oben des landgerichtlichen Urteils nicht zu, wonach dann, wenn es keine Proteste gegeben hätte, das gesamte Baufeld nach den Abbrucharbeiten im beiderseitigen Interesse des Fortgangs der Arbeiten an die Klägerin übergeben worden wäre.

Außerdem sei die Erwägung auf Seite 67 des landgerichtlichen Urteils, wonach die Beklagte erst mit Schreiben vom 21. November 2011 angeboten habe, das Baufeld zu übergeben, unzutreffend und undifferenziert. Das Thema Zugang zum Baufeld sei lediglich zu einem Kündigungssachverhalt, nämlich zum Kündigungssachverhalt Presspfähle, relevant gewesen.

Die Annahme eines berechtigten Abschlagsguthabens von „mindestens ca. EUR 216.530,72“ beruhe auf kalkulatorischer Fehlannahme, fehlender klägerischer Neuberechnung, erfolge ohne Sachaufklärung und ohne Berücksichtigung der rechtlichen Einheitlichkeit des Vergütungsanspruchs des Bauunternehmers.

Das Landgericht habe zu Unrecht unterstellt, dass ein aufgelaufener Zahlungsrückstand der Beklagten allein wegen Wachschutzleistungen in der von der Klägerin als Mindestforderung berechneten Größenordnung von circa 216.530,72 € bestanden habe. Zum Zeitpunkt der Arbeitseinstellung, unverändert zugleich im Zeitpunkt der Kündigung und Schlussrechnung, habe eine Überzahlung von 114.711,22 € vorgelegen, wie dies bereits erstinstanzlich vorgetragen worden sei. Sämtliche berechtigten Beträge seien bezahlt gewesen. Soweit das Landgericht auf Seite 68 seines Urteils die „besonderen Kosten der geforderten Leistungen“ mit den „Einzelkosten der Teilleistungen“ gleichsetze (vgl. die Wendung „(= EKT)“, Seite 68 Mitte des landgerichtlichen Urteils), gehe dies fehl. Dies seien baubetrieblich und kalkulatorisch unterschiedliche Kategorien. Die EKT = Einzelkosten der Teilleistung seien eine Kostengruppe. Im Gegensatz dazu seien die besonderen Kosten einer geforderten (Änderungs- oder Zusatz-)Leistung der Kostenanteil, der in der Auftragskalkulation nicht enthalten sei.

Weiter unterstelle das Landgericht zu Unrecht, dass die besonderen Kosten dem damaligen Angebot der Subunternehmerin der Klägerin und dem für das Bewachungspersonal zu zahlenden Basisstundensatz von 16,45 €/Person bzw. 49,35 € / 3 Personen entsprochen hätten. Vertragliche Preisermittlungsgrundlage des Hauptvertrages, dort der Baustellenbewachung LV Position 01.02.0270, seien nicht „Subunternehmerkosten plus einem klägerischen Zuschlag x“ gewesen. Die Preisermittlungsgrundlage seien die Einzelkosten der Teilleistung zuzüglich der weiteren Kalkulationsbestandteile gewesen.

Soweit das Landgericht annehme, dass die Beklagte bis zum Schreiben vom 28. September 2011, in welchem sie eine Einigung auf der Basis einer von ihr selbst mit dem Wachschutz bezüglich des Grundwassermanagements beauftragten Subunternehmerin für 13,90 € pro Person und Stunde in Aussicht gestellt habe, keine anderen üblichen konkreten Stundensätze geltend gemacht, das Angebot der Subunternehmer, der Klägerin und dessen Annahme bis dahin jedenfalls nicht in Zweifel gezogen habe, sei dies unzutreffend. Dies stehe im Widerspruch zum Tatbestand, in dem die einzelne Streitigkeit der Wachschutzvergütung gemäß Nachtrag Nr. 15 eingehend ausgeführt werde, und zum erstinstanzlichen Sachvortrag der Beklagten. Auf die Üblichkeit oder darauf, dass keine anderen üblichen konkreten Stundensätze geltend gemacht worden seien, komme es auch nicht an, da nach § 2 Abs. 5, § 2 Abs. 6 VOB/B nicht der übliche Satz zu berechnen sei, sondern der aus den Preisermittlungsgrundlagen des Vertrages resultierende Preis.

Überdies wendet sich die Berufung gegen die vom Landgericht getroffene Annahme eines Einverständnisses der Beklagten mit der klägerischen Kalkulationsweise. Erst mit einer aufgeschlüsselten Detailkalkulation sei ein Vergleich zum Vertragspreisniveau möglich. Im Ergebnis des 21. November 2011 hätten die Kalkulationslücken nicht geschlossen werden können. Nicht aufgeschlüsselte Bestandteile seien ggf. nachträglich aufzuschlüsseln. Es sei nicht sachgerecht, einfach ein Subunternehmerangebot zuzüglich des eigenen Zuschlags als Nachtragskalkulation vorzulegen, wenn nicht auch der Hauptauftrag in dieser Weise kalkuliert wurde, was vorliegend nicht der Fall sei.

Zudem sei die Annahme des Landgerichts unzutreffend, wonach die Klägerin nicht zur Vorlage weiterer Kalkulationsnachweise verpflichtet gewesen sei. Nach den Vertragsgrundlagen habe eine Pflicht zur schlüssigen Herleitung und Beibringung der Kalkulationsnachweise bestanden. Bereits mit Schriftsatz vom 10. Juni 2011 sei darauf hingewiesen worden, dass eine fehlende Kalkulation des Nachtrags gemäß Ziffer 16.1.15 BVB zu beanstanden gewesen sei. Es sei (in dem Schriftsatz) weiter moniert worden, dass für die verstärkte Bewachung, ausgehend vom Vertrags-LV, Position 01.02.0270 mit nur einer Person, lediglich ein „Angebot“ des … Wach- und Sicherheitsdienstes (WSD) vorgelegen habe, eine Annahme nicht dargetan sei und eine ordnungsgemäße Nachtragskalkulation auf dieser Grundlage nicht vorliege.

Die Beklagte habe ausgeführt, dass die Bauüberwachung bereits Teil des Hauptauftrags gewesen sei. Soweit der Nachtrag Nr. 15 vom 30. Mai 2011 (Anlage K 25) hierauf vermeintlich aufbaue, sei jedoch die Herleitung des beanspruchten Preises von 23,92 €/Stunde unzutreffend, da bereits nach dem ursprünglichen Soll eine „Rund-um-die-Uhr-Bewachung“ geschuldet sei. Es sei beanstandet worden, dass die Klägerin bei der Kalkulation ihres Nachtrages (nur) von einer kontinuierlichen Bewachung während der Arbeitszeit von 7 bis 17 Uhr ausgegangen sei. Deshalb sei sie zu erheblich überhöhten Kalkulationsstundensätzen in Höhe von 23,92 € gelangt.

Weiter sei angesichts dessen, dass die Klägerin 1.292.473,90 € beansprucht habe, entgegen dem Landgericht zweifelhaft, ob die Klägerin die Arbeiten nach Zahlung von 216.530,72 € wieder aufgenommen hätte (BB 40), zumal die Klägerin im Hinblick auf die (neben dem Vorgang Wachschutz) anderen 23 Sachverhalte behauptet habe, dass sie die Arbeiten nicht habe aufnehmen können.

Soweit das Landgericht gemeint habe, dass die in den Schreiben vom 14. und 16. November 2011 gesetzten Fristen zur Erbringung der einzelnen Leistungen allenfalls eine Fälligkeit dieser Leistungen, aber keinen Verzug mit einer bestimmten Vertragsfrist begründet hätten, habe das Landgericht unberücksichtigt gelassen, dass im Hinblick auf die 19 Sachverhalte aus dem Schreiben vom 16. November 2011 und die 3 Sachverhalte aus dem Schreiben vom 14. November 2011 die in diesen Schreiben gesetzte Frist nicht die erste Frist gewesen sei, sondern bereits zuvor wiederholte Aufforderungen mit Fristsetzungen erfolgt seien.

Unzutreffend habe das Landgericht weiter angenommen, dass die Beklagte bereits im März 2011 parallel zu den Diskussionen der Parteien lediglich intern neue Entwurfspläne bezüglich einer abschnittsweisen Durchführung des HDI-Verfahrens erstellen lassen habe, die sie für die Neuausschreibung verwendet habe. Dies widerspreche dem erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten.

Auch habe das Landgericht den folgenden Satz aus dem Schreiben der Beklagten vom 2. Dezember 2011 (Anlage B 38) nicht gewürdigt: „Unsere Kündigung ist sicherlich nicht als freie Kündigung gemäß § 649 BGB bzw. § 8 Abs. 1 VOB/B zu werten“.

Die Beklagte beantragt daher:

Unter Abänderung des am 04.05.2017 verkündeten Urteils des LG Stuttgart, Az.: 20 O 173/11, wird die Zwischenfeststellungsklage abgewiesen,

hilfsweise

das angefochtene Urteil des LG Stuttgart vom 04.05.2017 wird aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Landgericht Stuttgart zurückverwiesen.

Die Klägerin beantragt, die Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Sie hebt erneut ihre Ansicht hervor, bei den Wachdienstleistungen habe es sich um keine Bauleistung, sondern um einen Schutzdienst im Sinne des Anhangs I Teil B VOL/A a.F. gehandelt. Die VOB/B sei diesbezüglich nicht anwendbar.

Die Klägerin habe nicht versucht, mit rechtlich unberechtigten Mitteln ihre Zahlungsforderungen durchzusetzen. Die Klägerin habe von ihrem in § 16 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 i.V.m. § 16 Abs. 5 Nr. 5 VOB/B vertraglich eingeräumten Recht teilweise Gebrauch gemacht, als sie am 23. November 2011 im Hinblick auf weiterhin ausbleibende, wiederholt ergebnislos angemahnte Zahlungen der Beklagten für bereits erbrachte und abgerechnete Leistungen die teilweise Einstellung der weiteren Leistungserbringung angekündigt habe. Der Zahlungsverzug ergebe sich bereits, wenn man auf der Grundlage des Prüfrücklaufs zur Schlussrechnung der Beklagten die zwischen den Parteien im September/Oktober 2011 besprochenen und im Schriftverkehr zunächst bestätigten Einheitspreise für die Wachschutzleistungen zugrunde lege. Da es sich hierbei jedenfalls auch um ortsübliche Preise gehandelt habe, welche die Beklagte auch an andere Unternehmer für entsprechende Leistungen beim gegenständlichen Projekt bezahlt habe, ergebe sich gleiches dann, wenn man dessen ungeachtet ortsübliche Einheitspreise zugrunde lege.

Wolle man mit der Beklagten schließlich auf die Preisermittlungsgrundlagen der Ziffer 01.02.0270 aus dem Leistungsverzeichnis Los 1 für die Rohbauarbeiten Technikgebäude abstellen, ergäbe sich ohnehin eine deutliche Erhöhung des Einheitspreises.

Allerdings sei die Ansicht der Beklagten, dass die Vergütung aus der Position 01.02.0270 des Leistungsverzeichnisses für das Technikgebäude abzuleiten sei, unzutreffend. Für das Los 4 „Abbruch Nordflügel“ einerseits und Los 1 „Technikgebäude Rohbau“ und Los 2 „Technikgebäude Ausbau“ andererseits existierten jeweils separate Leistungsverzeichnisse mit jeweils separaten „Vorbemerkungen“. Das Leistungsverzeichnis des Bauvertrages für Los 4 „Abbruch Nordflügel“ habe unstreitig keine Wachschutzleistungen vorgesehen. Lediglich im Leistungsverzeichnis betreffend das Los 1 „Rohbau Technikgebäude“ sei unter Ziffer 01.02.0270 eine Baustellenbewachung vorgesehen gewesen, allerdings erst mit Beginn der Ausbauarbeiten für das Technikgebäude für die Dauer der eigenen Bauleistungen der Klägerin.

Diese Baustellenbewachung im Zusammenhang mit dem Ausbau des Technikgebäudes habe aber ersichtlich einem anderen Schutzzweck gedient als die unvorhergesehene, im Sommer 2010 ausschließlich im Zusammenhang mit dem Abbruch des Nordflügels des Bahnhofgebäudes (Los 4 „Abbruch Nordflügel“) erforderlich gewordene Sicherung und Schutz der Baustelle im Zusammenhang mit den öffentlichen Protesten gegen das Projekt Stuttgart 21 und insbesondere der Schutz vor organisierten (und auch gewaltbereiten) Projektgegnern. Für Wachschutzleistungen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in Bezug auf öffentliche Proteste und gewaltbereite Projektgegner im Zusammenhang mit dem Abbruch des Nordflügels des Hauptbahnhofs sei keine Bezugsposition im gegenständlichen Bauvertrag vorhanden gewesen.

Dass die Wachschutzleistungen nach ortsüblichen Preisen zu vergüten gewesen seien, ergebe sich auch aus dem Umstand, dass diese Leistungen nicht vom einseitigen Anordnungsrecht der Beklagten umfasst gewesen seien. Weder liege eine Änderung des Bauentwurfs vor (§ 1 Abs. 3 VOB/B) noch handele es sich um Leistungen, die zur Ausführung der vertraglichen Leistung erforderlich geworden seien im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 VOB/B, da eine technische Abhängigkeit der von der Klägerin zu erbringenden Bauleistungen von diesen Dienstleistungen nicht bestanden habe. Zudem sei der Betrieb der Klägerin als Baufirma auf die Erbringung dieser Wachschutz-Dienstleistungen nicht eingerichtet. Wäre die VOB/B auf derartige Wachschutz-Dienstleistungen anwendbar, würde es sich in der Terminologie der VOB/B jedenfalls um „andere Leistungen“ im Sinne von § 1 Abs. 4 Satz 2 VOB/B handeln. Für derartige, nicht vom einseitigen Anordnungsrecht des Auftraggebers umfasste Leistungen bestehe grundsätzlich keine Bindung an die Urkalkulation.

Zutreffend habe das Landgericht angenommen, nach Ankündigung der teilweisen Einstellung der Leistungserbringung wäre vor dem Ausspruch der Kündigung eine Abmahnung bzw. Fristsetzung erforderlich gewesen, welche aber unstreitig nicht erfolgt sei.

Die Berufungserwiderung pflichtet dem Landgericht darin bei, dass die Warn- und Rügefunktion der Schreiben vom 14. und 16. November 2011 (Anlagen K 62 und 64) durch das Gespräch vom 21. November 2011 beeinträchtigt gewesen sei. Dies sei schon durch das Schreiben der Beklagten vom 14. November 2011 (Anlage K 63) geschehen, mit welchem die Beklagte festgestellt habe, dass eine weitere sinnvolle Zusammenarbeit mit der Klägerin im Wesentlichen davon abhängig sei, wie künftig Leistungsänderungen bzw. Nachträge eingereicht, geprüft und beauftragt werden könnten, hierzu habe die Handhabung im Gespräch am 21. November 2011 abschließend geklärt werden können. Im Rahmen des Gesprächs vom 21. November 2011 habe bei der Beklagten offenkundig Unklarheit darüber geherrscht, welche Kalkulationsunterlagen der Beklagten von der Klägerin bereits zur Verfügung gestellt worden seien. Insbesondere habe die Beklagte am 21. November 2011 behauptet, es würden Formblätter fehlen, die aber nachweislich von der Klägerin an die Beklagte bereits vor Vertragsabschluss übergeben worden seien. Die Beklagte habe in diesem Gespräch angekündigt, im Nachgang zu dem Gespräch zu prüfen, welche Kalkulationsunterlagen ihr bereits vorlägen und wie diese inhaltlich zu bewerten seien. Ohne vorherige Rückmeldung der Beklagten hierzu habe die Beklagte nunmehr nicht mehr unter Berufung auf die mit Schreiben vom 14./16. November 2011 gesetzten Fristen aus wichtigem Grund kündigen können.

Es habe keinerlei Rechtsgrund dafür gegeben, dass die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 14. und 16. November 2011 eine Frist von 7 bzw. 5 Werktagen mit Kündigungsandrohung gesetzt habe. Es habe für die in diesen Schreiben angeführten Sachverhalte keine vertraglich vereinbarten Zwischenfristen und erst recht keine einseitigen terminlichen Anordnungsrechte der Beklagten gegeben. Ungeachtet dessen sei die Frist 23. November 2011 unangemessen kurz gewesen. Eine angemessene Frist wäre auch im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung noch nicht abgelaufen gewesen, zumal es sich um Sachverhalte gehandelt habe, welche seit langer Zeit Gegenstand kontroverser Diskussionen der Parteien gewesen seien, und ein rechtfertigender Grund für derart kurze Fristsetzungen nach dieser langen Zeit nicht bestanden habe. Die Beklagte habe an keiner Stelle konkret dargelegt, mit welchen konkreten, im Schreiben vom 16. November 2011 aufgeführten Leistungen die Klägerin aus welchem Grund wann in Verzug gewesen sein solle.

Die Beklagte verweist darauf, eine Gefährdung des Vertragszwecks habe durch die Arbeitseinstellung nicht eintreten können, weil die Beklagte selbst die Baufeldübergabe an die Klägerin für unzumutbar gehalten habe. Die Einhaltung des von der Beklagten gewünschten Endtermins 4. März 2013 bzw. 22. April 2013 sei nicht gefährdet gewesen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Landgericht hat auf die zulässige Zwischenfeststellungsklage zutreffend festgestellt, dass die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung mit Schreiben vom 28. November 2011 (Anlage K 39) nicht als Kündigung aus wichtigem Grund zulässig und wirksam ist, sondern als freie Kündigung wirksam ist.

1. Die Zwischenfeststellungsklage ist gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig.

Die Klägerin begehrt mit ihrem Antrag die Feststellung, dass die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung vom 28. November 2011 (Anlage K 39) nicht als Kündigung aus wichtigem Grund zulässig und wirksam ist, sondern als freie Kündigung wirksam ist. Sie begehrt danach die Feststellung eines vorgreiflichen Rechtsverhältnisses.

a) Unter Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder einer Person zu einer Sache zu verstehen (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 2008 – VI ZR 244/07, NJW 2009, 751 Rn. 10 mwN). Darunter sind auch einzelne, auf einem umfassenderen Rechtsverhältnis beruhende Ansprüche oder Rechte zu verstehen, nicht dagegen einzelne Vorfragen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 1967 – II ZR 171/65, juris Rn. 17). Ein Kündigungsgrund kann allein das Rechtsverhältnis darstellen, wenn die Kündigung selbst bereits zu bestimmten Rechtsfolgen führt (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2013 – VII ZR 223/11, juris Rn. 16 mwN).

Entsprechend diesen Grundsätzen handelt es sich bei der „Rechtsnatur“ der mit Schreiben vom 28. November 2011 ausgesprochenen Kündigung (Kündigung aus wichtigem Grund oder freie Kündigung) um ein – zwischen den Parteien streitiges – Rechtsverhältnis, weil hiervon im Hinblick auf § 8 Abs. 3 VOB/B einerseits und auf § 8 Abs. 1 VOB/B, § 649 BGB andererseits unterschiedliche Rechtsfolgen abhängen.

Auch im Übrigen sind die Voraussetzungen des § 256 Abs. 2 ZPO im Streitfall gegeben.

b) Mit der Zwischenfeststellungsklage wird es der Klägerin ermöglicht, neben einer rechtskräftigen Entscheidung über ihre Klage auch eine solche über nach § 322 Abs. 1 ZPO der Rechtskraft nicht fähige streitige Rechtsverhältnisse herbeizuführen, auf die es für die Entscheidung des Rechtsstreits ankommt. Die Parteien streiten im Rahmen der Klage darüber, ob die von der Beklagten erklärte Kündigung des VOB/B-Bauvertrages eine Kündigung aus wichtigem Grund oder eine sogenannte freie Kündigung nach § 8 Abs. 1 VOB/B darstellt. Die Rechtsfolgen beider Kündigungen sind unterschiedlich, so dass die Klärung dieser Frage von entscheidender Bedeutung ist.

Die begehrte Feststellung bezieht sich vorliegend auf einen Gegenstand, der über den der Rechtskraft fähigen Gegenstand des Rechtsstreits hinausgeht (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2006 – VII ZR 247/05, juris Rn. 12; Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl., § 256 Rn. 26). Die Rechtsnatur der Kündigung ist sowohl für die Vergütung für nicht erbrachte Leistungen als auch für die von der Beklagten bereits angekündigte Forderung nach Erstattung der Mehrkosten für die drittseitige Fertigstellung des Bauvorhabens vorgreiflich.

Auch die negative Formulierung des klägerischen Feststellungsantrags unterliegt keinen Bedenken.

2. Die Vertragsbestandteile des zwischen den Parteien am 1. April/18. Mai 2010 geschlossenen Bauvertrages sind in dessen § 3.2 genannt. Danach gehört zu den Vertragsbestandteilen die VOB/B in der aktuell gültigen Version. Damit ist die VOB/B in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Fassung 2009 (nachfolgend: VOB/B) vereinbart worden.

3. Obwohl der Rohbau sowie Ausbau des Technikgebäudes und der Abbruch des Nordflügels in unterschiedlichen Losen ausgeschrieben worden waren, schlossen die Parteien über diese Leistungen einen einzigen Bauvertrag (vgl. § 2 des Bauvertrages, Anlage K 1).

4. Ein Rücktritts- oder Kündigungsgrund liegt nicht vor.

a) Ein solcher Grund liegt nicht in der Mitteilung der Klägerin mit Schreiben vom 23. November 2011 (Anlage K 72), ihre Leistungen bis auf die Leistungsgestellung Wachpersonal und Vorhalten Bau-/Sicherheitszaun einzustellen. Die Klägerin hat diese teilweise Arbeitseinstellung nicht mit einer Behinderung im Sinne des § 6 VOB/B begründet, sondern mit der fehlenden Zahlungsbereitschaft der Beklagten. Die Arbeitseinstellung führt zu einer Leistungsverzögerung, die unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 VOB/B zu einer Auftragsentziehung gemäß § 8 Abs. 3 VOB/B führen kann. Diese Voraussetzungen sind vorliegend aber nicht erfüllt.

aa) Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 Var. 1 VOB/B (Verzögerung des Beginns der Ausführung) sind durch die als Kündigungsgrund angeführte Einstellung der Arbeiten nicht erfüllt worden. Die Einstellung der Arbeiten setzt vielmehr denknotwendig voraus, dass bereits mit den Arbeiten begonnen worden ist, so dass die Einstellung der Arbeiten keinen Einfluss auf die Frage hat, ob der Beginn der Ausführung verzögert worden ist. Mit der Einstellung der Arbeiten kann daher kein Beginn der Verzögerung der Ausführung begründet werden.

bb) Auch ein Fall des § 5 Abs. 4 Var. 2 VOB/B (Verzug mit der Vollendung) liegt angesichts des laut Bauvertrag vorgesehenen Fertigstellungstermins 30. Mai 2012 und des mit Schreiben der Beklagten vom 3. August 2011 mitgeteilten neuen geplanten Fertigstellungstermins 4. März 2013 (siehe dazu Urteil des Landgerichts, S. 63 oben) nicht vor. Frühestens wenn die Überschreitung der Herstellungsfrist ernsthaft droht, befindet sich der Auftragnehmer mit der Vollendung der Werkleistung in Verzug. Erst dann kann der Auftraggeber dem Auftragnehmer den Auftrag nach § 5 Abs. 4 VOB/B entziehen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 28. Mai 2014 – 4 U 296/11, juris Rn. 27). Soweit es im Rahmen des § 5 Abs. 4 Var. 2 VOB/B um die Einhaltung von vertraglichen Zwischenfristen geht, wird darauf bei der Behandlung der in den Schreiben vom 14. und 16. November 2011 (Anlagen K 62 und K 64) aufgeführten Einzelsachverhalte eingegangen (siehe dazu unten unter c)).

cc) Danach verbleibt als Grund für eine auf die ausdrücklich in der VOB/B geregelten Gründe gestützte Auftragsentziehung der Fall des § 5 Abs. 4 Var. 3 i.V.m. § 5 Abs. 3 VOB/B. Danach müssten die Arbeitskräfte, Geräte, Gerüste, Stoffe oder Bauteile so unzureichend gewesen sein, dass die Ausführungsfristen offenbar nicht eingehalten werden konnten, und müsste die Klägerin auf Verlangen der Beklagten nicht unverzüglich Abhilfe geschaffen haben. Es ist gerade nicht festzustellen, dass aufgrund der Arbeitseinstellung die Ausführungsfristen offenbar nicht eingehalten werden konnten. Dabei spielt eine Rolle, dass es bereits zu einer erheblichen zeitlichen Verzögerung des Bauvorhabens gekommen war und die ursprünglich vertraglich vereinbarten Ausführungsfristen nicht mehr gegolten haben. Neue Ausführungsfristen wurden, soweit ersichtlich, nicht vereinbart bzw. waren nicht überschritten.

dd) Die Beklagte ist auch nicht dergestalt vorgegangen, dass sie der Klägerin eine angemessene Frist gesetzt hätte, die fristgerechte Erfüllung des Bauvertrags nachzuweisen, und in diesem Zusammenhang die Entziehung des Auftrags entsprechend § 5 Abs. 4 VOB/B angedroht hätte (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1982 – VII ZR 51/82, juris Rn. 25 ff.).

ee) Die Frage, ob die Klägerin berechtigt gemäß § 16 Abs. 5 Nr. 3 und 4 VOB/B die Arbeiten bis zur Leistung einer Abschlagszahlung einstellen durfte, ist danach für die Frage der Wirksamkeit einer wirksamen Auftragsentziehung gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 4 VOB/B nicht entscheidungserheblich.

ff) Im Übrigen hat die angekündigte teilweise Arbeitseinstellung – selbst wenn sie als unberechtigt angesehen werden sollte – nicht zu so gravierenden Folgen geführt, dass die weitere Voraussetzung für die Kündigung aus wichtigem Grund – nämlich Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung – erfüllt gewesen wäre. Zurecht hat die Klägerin hervorgehoben, dass die angekündigte teilweise Arbeitseinstellung faktisch keine Auswirkung gehabt habe, da die Beklagte das Baufeld nicht übergeben habe.

(1) Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Ansicht der Klägerin zutrifft, wonach der wahre Grund für die nicht erfolgte Übergabe des Baufeldes folgender gewesen sei: Die Beklagte habe bis zur Durchführung der Volksabstimmung nicht zulassen wollen, dass auf dem zentral einsehbaren Bahnhofsvorplatz vor der Volksabstimmung über die Fortführung des Projekts am 27. November 2011 schweres Baugerät zur Ausführung des Baugrubenverbaus und der Stufenbaugrube auffahre und arbeite. Die Beklagte könne der Klägerin aber nicht die Gefährdung des Vertragszwecks als Kündigungsvoraussetzung vorhalten, wenn die Beklagte selbst an der Leistung im Zeitpunkt der angekündigten teilweisen Leistungseinstellung gar nicht interessiert gewesen sei. Diese klägerischen Ausführungen sind reichlich spekulativ. Es kann nicht unterstellt werden, die Beklagte habe am 23. November 2011 kein erhebliches Interesse daran gehabt, einen leistungsbereiten Auftragnehmer an der Seite zu haben. Gerade für den schließlich eingetretenen Fall, dass die Bevölkerung bei der Volksabstimmung mehrheitlich eine Fortführung des Projekts Stuttgart 21 wünscht, war dies sehr wohl von Interesse.

(2) Festhalten lassen muss sich die Beklagte aber daran, dass sie das Baufeld nicht übergeben hat, obwohl dagegen keine durchgreifenden Bedenken hätten bestehen dürfen.

(a) Die Beklagte meint, es habe keine Notwendigkeit einer Baufeldübergabe bestanden, weil die wesentliche von der Klägerin geschuldete Unterbauungsplanung nicht freigegeben vorgelegen habe bzw. durch die Klägerin keine Bemühungen erkennbar gewesen seien, die von ihr geschuldete Planung zeitnah genehmigungsfähig einreichen zu wollen. Die Herstellung einer Teilbaugrube ohne Baustellenfortgang habe der Beklagten nicht zugemutet werden können.

(b) Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte zeigt nicht auf, dass das Fehlen der in den Schreiben K 62 und K 64 angemahnten Planungen oder das Fehlen anderer Planungen durchgreifend der Herstellung einer Teilbaugrube entgegengestanden hätte. Es bestand die Möglichkeit, dass sich bestimmte Streitpunkte zwischen den Parteien eines Bauvertrags im Laufe der Zeit klären. Deswegen kann nicht generell der Standpunkt eingenommen werden, es könne erst dann mit der Ausführung von Baumaßnahmen begonnen werden, wenn sämtliche offenen Streitpunkte ausgeräumt sind. Vielmehr hätte die Beklagte einzelfallbezogen darlegen müssen, dass im vorliegenden Fall eine Übergabe des Baufeldes aufgrund von Versäumnissen der Klägerin unzumutbar war. Insbesondere hat die Klägerin vorgetragen, dass für die Ausführung des Baugrubenverbaus und für die Herstellung der Baugrube des Technikgebäudes auch gemäß der ursprünglichen Terminplanung der Beklagten eine so lange Zeitdauer (6,5 Monate) vorgesehen gewesen sei, dass während dieser Zeitdauer etwa noch nicht geklärte planerische Themen für sich hieran anschließende Leistungen ohne Weiteres hätten geklärt werden können.

(3) Im Ergebnis spricht dies gegen eine Annahme, dass die Vertragsfortführung mit der Klägerin für die Beklagte unzumutbar gewesen ist.

b) Ein Kündigungs- oder Rücktrittsgrund liegt nicht in der von der Beklagten zur Begründung ihrer Kündigung vom 28. November 2011 (Anlage K 39) herangezogenen Nichterklärung der Leistungsbereitschaft trotz entsprechender Aufforderung im Schreiben vom 14. November 2011 (Anlage K 62), die im Schreiben vom 16. November 2011 (Anlage K 64) aufrecht erhalten und im Schreiben vom 23. November 2011 (Anlage K 71) ergänzt worden ist. Die Nichterklärung der Leistungsbereitschaft ist nicht in der VOB/B geregelt. Allerdings kann die Verweigerung, die Leistungsbereitschaft zu erklären, zu einem Rücktrittsrecht nach § 323 BGB führen.

aa) Nach der zu § 326 BGB a.F. ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die nach der – für die Berufung günstigen – Ansicht des Senats (vgl. auch BGH, Urteil vom 14. Juni 2012 – VII ZR 148/10, juris Rn. 18) auch im Rahmen des § 323 BGB n.F. einschlägig ist, hat der Gläubiger für den Fall, dass bereits vor Fälligkeit der Leistung ernsthafte Zweifel an der Leistungsbereitschaft oder der Leistungswilligkeit des Schuldners bestehen, ein schützenswertes Interesse daran, Klarheit über den Vertrag zu erlangen. Der Gläubiger kann deshalb dem Schuldner vor Fälligkeit der Leistung eine angemessene Frist zur Erklärung eigener Leistungsbereitschaft und zum Nachweis fristgerechter Erfüllung des Vertrages setzen, wenn die rechtzeitige Erfüllung durch Hindernisse ernsthaft in Frage gestellt ist, die im Verantwortungsbereich des Schuldners liegen, und dem Gläubiger ein weiteres Zuwarten nicht möglich ist (vgl. BGH, Urteile vom 10. Dezember 1975 – VIII ZR 147/74, juris Rn. 11 und vom 6. Oktober 1976 – VIII ZR 66/75, juris Rn. 37 ff.).

bb) Dieses Klärungsbedürfnis des Gläubigers rechtfertigt es aber nicht, ihm die Möglichkeit einzuräumen, dem Schuldner bereits – sozusagen auf Vorrat – ohne die Voraussetzungen des § 323 Abs. 4 BGB (nämlich dass offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts bei Fälligkeit eintreten werden) vor Fälligkeit der Leistung eine Nachfrist zu setzen mit der Folge, dass nach Ablauf dieser Frist das Rücktrittsrecht entsteht. Das würde dem erklärten Willen und der Systematik des Gesetzgebers entgegenstehen, der das Rücktrittsrecht daran anknüpft, dass die Frist in einem Zeitpunkt gesetzt wird, in dem die Leistung fällig ist (BGH, Urteil vom 14. Juni 2010 – VII ZR 148/10, juris Rn. 19).

cc) Die Beklagte hat nicht dargelegt und ggf. bewiesen, dass hier ernsthaft die fristgerechte Erfüllung des Vertrages bedroht war oder gar offensichtlich zum Fälligkeitszeitpunkt zuzüglich einer angemessenen Nachfrist die Leistung nicht erbracht sein würde und der Beklagten deshalb ein weiteres Zuwarten nicht zumutbar war.

dd) Die Beklagte hat zwar in ihrem Schriftsatz vom 9. Januar 2018 ausgeführt, die Erfüllung sei am 23. November 2011 ernsthaft verweigert worden. Eine unter Umständen sogar eine Fristsetzung entbehrlich machende klare und eindeutige Erklärung der Klägerin, dass sie die Verträge nicht fristgerecht erfüllen werde und ein Versuch, sie umzustimmen, völlig aussichtslos wäre (vgl. zu diesen Kriterien BGH, Urteile vom 10. Dezember 1975 – VIII ZR 147/74, juris Rn. 12 und vom 6. Oktober 1976 – VIII ZR 66/75, juris Rn. 39), enthält das betreffende Schreiben der Klägerin vom 23. November 2011 (Anlage K 72) aber nicht. Die Klägerin hat darin zwar erklärt, als Reaktion auf die fehlende Zahlungsbereitschaft der Beklagten die Leistungen bis auf die Gestellung Wachpersonal und Vorhalten Bau-/Sicherheitszaun einzustellen und sich auch bezüglich der Gestellung Wachpersonal die jederzeitige Einstellung der Leistungen vorzubehalten. Eine über die Mitteilung der Arbeitseinstellung hinausgehenden Inhalt ist dem Schreiben aber nicht zu entnehmen.

ee) Soweit die Beklagte im Schriftsatz vom 9. Januar 2018 auch eine auf die einzelnen Kündigungssachverhalte abstellende Sichtweise einfordert, ist – wie weiter unten gezeigt wird – die Klägerin, soweit ihr wegen dieser Sachverhalte Fristen zur Erklärung der Leistungsbereitschaft gesetzt worden sind, ganz überwiegend weder mit der fristgerechten Erfüllung in Verzug gewesen noch war die fristgerechte Erfüllung ernsthaft bedroht. Wegen der ganz wenigen übrigen Sachverhalte waren etwaige Versäumnisse der Klägerin – wie ebenfalls weiter unten gezeigt wird – nicht geeignet, eine Kündigung aus wichtigem Grund zu begründen. Dies hat auch in die hier bei der Frage der Kündigung wegen Nichterklärung der Leistungsbereitschaft anzustellende Abwägung einzufließen, da sonst § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB unterminiert würde.

c) Ein Kündigungs- oder Rücktrittsgrund ist vorliegend nicht wegen einem oder mehreren der in den Schreiben vom 14. und 16. November 2011 (Anlagen K 62 und K 64) dargelegten Einzelsachverhalte gegeben.

aa) Die Beklagte hat nicht aufgezeigt, dass im Hinblick auf die in den Schreiben erwähnten Punkte in der Zeit vor der Kündigung eine akute Zuspitzung stattgefunden hat, die ein Eingreifen durch Kündigung gerade am 28. November 2011 erforderlich gemacht hätte. Insbesondere fehlt eine substantiierte Darlegung, dass der vorgesehene Endtermin für die Leistungen durch klägerische Nicht- bzw. Schlechtleistung konkret gefährdet gewesen wäre. Die Beklagte hat im Ergebnis dem Vortrag der Klägerin nichts entgegenzusetzen, wonach keiner der von der Beklagten in dem Schreiben vom 16. November 2011 (Anlage K 64) aufgelisteten Punkte auch nur ansatzweise Relevanz für eine zeitnahe Fortführung der Arbeiten zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs gehabt habe. Dasselbe gilt im Hinblick auf das Schreiben vom 14. November 2011 (Anlage K 62). Bereits aus diesen Gründen hat die Beklagte keinen Erfolg, soweit sie ihre Kündigung aus wichtigem Grund auch auf sämtliche in den Schreiben vom 14. und 16. November 2011 (Anlagen K 62 und K 64) erwähnten Einzelsachverhalte stützt.

bb) Selbst wenn man dies anders sähe, hätte die Beklagte keinen Erfolg. Denn die von ihr angeführten Einzelsachverhalte führen weder isoliert betrachtet noch in ihrer Gesamtschau zu einer Berechtigung der Beklagten zur Kündigung aus wichtigem Grund. Im Hinblick auf die Einzelsachverhalte ist Folgendes auszuführen.

(1) Die Beklagte konnte die Kündigung nicht auf die Androhung der Klägerin stützen, den Wachdienst abzuziehen. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 VOB/B sind nicht erfüllt und auch ein sonstiger Kündigungsgrund nach § 314 BGB analog liegt nicht vor.

(a) Allerdings ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Auftraggeber eines Werkvertrags analog § 314 BGB berechtigt, den Bauvertrag zu kündigen, wenn durch ein schuldhaftes Verhalten des Auftragnehmers der Vertragszweck so gefährdet ist, dass der vertragstreuen Partei die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. BGH, Urteile vom 23. Mai 1996 – VII ZR 140/95, juris Rn. 24, vom 7. April 2016 – VII ZR 56/15, juris Rn. 40 und vom 19. Januar 2017 – VII ZR 301/13, juris Rn. 40). Auch in § 12 des Bauvertrags wird die Kündigung aus wichtigem Grund geregelt. Diese Regelung entspricht der sich aus der analogen Anwendung des § 314 BGB ergebenden Rechtslage. Soweit in § 12.1 des Bauvertrags als Grund für eine Kündigung aus wichtigem Grund eine schwere Verfehlung wie zum Beispiel eine versuchte und vollendete Bestechung genannt sind, ist diese Nennung – wie sich aus dem Wort „insbesondere“ ergibt – nur beispielhaft. Eine vorherige Fristsetzung ist analog § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB grundsätzlich erforderlich (vgl. Joussen/Vygen in Ingenstau/Korbion, VOB, 20. Aufl., § 8 Abs. 3 VOB/B Rn. 19 mwN; vgl. auch § 648a Abs. 3 BGB in der ab 1. Januar 2018 geltenden Fassung). Dies gilt selbst in denjenigen Fällen, in welchen der Auftragnehmer die Arbeiten zur Durchsetzung eines Nachtrags unberechtigt einstellt (OLG Frankfurt, Urteil vom 21. September 2011 – 1 U 154/10, juris Rn. 18 mwN). Anderes gilt insbesondere dann, wenn die Fristsetzung reine Förmelei wäre (Joussen/Vygen in Ingenstau/Korbion, VOB, 20. Aufl., § 8 Abs. 3 VOB/B Rn. 23 mwN; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., 7. Teil Rn. 44 mwN).

(b) Die Klägerin hat mit Schreiben vom 21. Oktober 2011 (Anlage K 59) der Beklagten angedroht, den Wachdienst am 28. Oktober 2011, 12 Uhr abzuziehen, falls die Klägerin nicht bis zum 26. Oktober 2011 bezahle. Allerdings war zu dem Zeitpunkt des Schreibens vom 14. November 2011 (Anlage K 62), mit welchem die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 23. November 2011 die Klägerin zur Vorlage vollständiger kalkulatorischer Nachweise zum Thema Wachschutz und zu einer Erklärung aufgefordert hat, den Wachschutz auch zukünftig aufrechtzuerhalten, die von der Klägerin zum 28. Oktober 2011, 12 Uhr gesetzte Frist bereits abgelaufen, ohne dass der Wachschutz abgezogen worden wäre.

(c) Innerhalb der bis 23. November 2011 gesetzten Frist hat die Klägerin mit Schreiben vom 23. November 2011 (Anlage K 72) die Einstellung ihrer Leistungen bis auf die Leistungen Gestellung Wachpersonal und Vorhalten Bau-/Sicherheitszaun erklärt und sich insoweit die jederzeitige Einstellung der Leistungen vorbehalten, aber gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, dass sie darauf im Hinblick auf die jetzt anstehende besondere Gefahrenlage im Zusammenhang mit der Volksabstimmung am 27. November 2011 absieht. Damit hat die Klägerin hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sie die Interessen der Beklagten ausreichend berücksichtigt, gerade auch das von der Beklagten im Schriftsatz vom 9. Januar 2018 noch einmal hervorgehobene Interesse (auch) der Beklagten, dass Gefahr für Leib und Leben abgewendet wird.

(2) Ebenfalls konnte die Beklagte die Kündigung nicht darauf stützen, dass die Klägerin entgegen der Aufforderung der Beklagten im Schreiben vom 14. November 2011 (Anlage K 62, Seite 2, dort unter 1 a) nicht vollständige kalkulatorische Nachweise zum Thema Wachschutz vorgelegt hat.

(a) Entgegen ihrer Ansicht kann sich die Beklagte nicht auf Ziffer 4 ZVB-DB (Anlage 2.2 zum Bauvertrag vom 1. April/18. Mai 2011 (Anlage K 1)) berufen. Nach Ziffer 4.1 ZVB-DB hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber auf Verlangen die Preisermittlung für die vertragliche Leistung unverzüglich zu übergeben. Weiter muss danach aus der Preisermittlung die Ermittlung folgender Preisbestandteile hervorgehen: der Einzelkosten der Teilleistungen, der Gemeinkosten, der Zuschlags- bzw. Umlagefaktoren und des Kalkulationsmittellohns. Sind nach § 2 Nr. 3, 5, 7 oder 8 Abs. 2 VOB/B Preise zu vereinbaren, hat der Auftragnehmer nach Ziffer 4.2 ZVB-DB auf Verlangen seine Preisermittlungen für diese Preise und für die vertragliche Leistung vorzulegen sowie die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Diesen Bestimmungen kann entnommen werden, dass die Klägerin auf Verlangen unter den dort näher genannten Voraussetzungen bestimmte Informationen zu ihrer Preisermittlung bereitzustellen hat. Die etwa mangelnde Bereitstellung dieser Informationen führt aber nicht zu einem Kündigungsrecht aus wichtigem Grund. Denn bei dem Anspruch auf Bereitstellung der Informationen handelt es sich um einen vergleichsweise geringfügigen Anspruch. Die Beklagte ist ausreichend geschützt, wenn ihr ein Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf Abschlags- und Schlusszahlungen wegen der betreffenden Informationen eingeräumt wird, wenn ohne diese Informationen eine Überprüfung der Korrektheit des von der Klägerin etwa für eine Nachtragsforderung verlangten Preises nicht möglich ist. Einen darüber hinausgehenden wirtschaftlichen Wert hat das Recht auf Bereitstellung der genannten Informationen nicht.

(b) Diese Sicht wird durch Ziffer 16.1.15 Nr. 2 BVB-DB (Anlage 2.1 zum Bauvertrag vom 1. April/18. Mai 2011 (Anlage K 1)) bestätigt. Diese Bestimmung, welche die Klägerin für unwirksam hält, auf welche sich aber die Beklagte berufen hat, ist, wie sich aus dem Einleitungssatz des § 3.2 des Bauvertrags in Verbindung mit § 3.2.4.6 i.V.m. § 3.2.5 des Bauvertrags ergibt, gegenüber Ziffer 4 ZVB-DB spezieller, vgl. auch § 1 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 VOB/B. Sie lautet wie folgt:

„Der AG ist berechtigt, die Kalkulation einzusehen. Fehlen für die Nachtragsprüfung Angaben des AN in oder zu der Kalkulation, sind solche Angaben unvollständig oder offensichtlich falsch, kann der AG eine Ergänzung oder Berichtigung verlangen. Der AG kann die Zahlung der Nachtragsforderung verweigern, bis die Ergänzung oder Berichtigung erfolgt ist. Nach angemessener Frist hat der AG das Recht, die fehlenden oder falschen Angaben gemäß § 315 BGB zu ersetzen.“

(3) Auch auf den Sachverhalt Fußgängerbrücke kann sich die Beklagte nicht stützen.

(a) Zu diesem Sachverhalt ist einleitend auszuführen, dass die Fußgängerbrücke ursprünglich nicht Leistungsinhalt war. Sie wurde aber von der Beklagten im weiteren Verlauf angeordnet, weil entgegen der ursprünglichen Planung ein Kellerbereich auf Wunsch der Beklagten nicht verfüllt worden ist. Insoweit hat sich die vorgesehene Konstruktion von einem Fußweg hin zu einer Fußgängerbrücke verändert. Die Klägerin hat der Beklagten vorgeworfen, ihr liege keine Entwurfsplanung vor. Die Beklagte war der Auffassung, die Klägerin schulde eine Entwurfsplanung.

(b) Gemäß der ursprünglichen Beauftragung für das Technikgebäude (vgl. Ziffer 9 der Allgemeinen Vorbemerkungen VE 8 Technikgebäude, dort Seite 32 ff., Bestandteil der Anlage K 38) schuldete die Klägerin lediglich die Ausführungsplanung, für die eine Entwurfsplanung Voraussetzung ist. Weil die Fußgängerbrücke nicht Gegenstand der Ausschreibung war, kann die Beklagte sich nicht, wie mit dem Schreiben vom 31. März 2011 geschehen (Anlage K 89), auf die Ausschreibungsunterlagen berufen.

(c) Gemäß § 1 Abs. 4 VOB/B kann der Auftraggeber die Ausführung nicht vereinbarter Leistungen anordnen, die zur Ausführung der vertraglichen Leistung erforderlich werden. Eine Entwurfsplanung war für die Ausführung der vertraglichen Leistung, die sich nicht auf eine Fußgängerbrücke erstreckt hat, nicht erforderlich. Ein Auftraggeber kann nicht durch die gestaffelte Anordnung (zuerst Fußgängerbrücke, dann Entwurfsplanung) einen Bezug zur Ausführung der vertraglichen Leistung herstellen. Die angeordnete, nicht vereinbarte Leistung muss einen unmittelbaren Bezug zur vertraglich vereinbarten Leistung haben.

(d) Danach konnte die Beklagte die Klägerin nur im Wege einer einvernehmlichen Einigung/Nachtragsvereinbarung zum Herstellen einer Entwurfsplanung verbindlich veranlassen. Mit dem Nachtrag Nr. 81 vom 9. Juni 2011 (Anlage K 96) wurde die Planung der Fußgängerbrücke einschließlich der Entwurfsplanung angeboten. Eine Auftragserteilung in der nach § 19.1 des zwischen den Parteien geschlossenen Bauvertrags erforderlichen Schriftform erfolgte erst am 14. November 2011 (Anlage K 105). Davor wurde über den Nachtrag und dessen Voraussetzungen für eine Erfüllung streitig diskutiert. Insoweit wurde die Klägerin mit der Entwurfsplanung erst am 14. November 2011 beauftragt.

(e) Damit ist die Fristsetzung mit Kündigungsandrohung wegen Nichterfüllung bereits am Tag der Beauftragung erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt war die Leistung aber noch nicht fällig, so dass eine Auftragsentziehung nach § 5 Abs. 4 VOB/B i.V.m. § 8 Abs. 3 VOB/B zu diesem Zeitpunkt jedenfalls ausschied; dasselbe gilt für § 314 BGB analog, mit welchem die Voraussetzungen der soeben genannten Vorschriften der VOB/B nicht ausgehebelt werden dürfen, sowie für § 12.1 des Bauvertrags, dem nicht zu entnehmen ist, dass im Hinblick auf die Rechtzeitigkeit der Leistung vom Regime des § 5 Abs. 4 VOB/B i.V.m. § 8 Abs. 3 BGB abgewichen werden sollte. Die Beklagte hat nicht dargelegt, warum bereits am Tag der Beauftragung der Fälligkeitstermin für die Leistung eingetreten sein sollte.

(4) Aus dem Sachverhalt Presspfähle kann die Beklagte ebenfalls nichts für sich herleiten.

Diesbezüglich hat die Beklagte mit dem Schreiben vom 14. November 2011 (Anlage K 62) gerügt, dass die Klägerin keine Leistungen erbracht habe. Sie hat im Hinblick auf die Presspfähle in dem Schreiben zur Erklärung der Leistungsbereitschaft bezüglich der Voruntersuchungen und der Folgeleistungen bis zum 23. November 2011 aufgefordert. Die Klägerin hat sodann mit Schreiben vom 18. November 2011 (Anlage K 65) die Leistungsbereitschaft bezüglich der Probepresspfähle erklärt. Die Klägerin hat in dem Schreiben ausdrücklich klargestellt, dass „(d)er … erhobene Vorbehalt einer Einigung hinsichtlich der Höhe der Vergütung vor Ausführung der Leistungen … nicht aufrecht erhalten“ werde. Die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 9. Januar 2018 zu einer angeblichen Erfüllungsverweigerung der Klägerin gehen daher ins Leere.

Weiter wurde die Vorlage prüffähiger und vollständiger Nachtragsunterlagen bis zum 23. November 2011 gefordert. Wegen der Vorlage der Nachtragsunterlagen wird auf die obigen Ausführungen unter (2) verwiesen, wonach aus der Nichtvorlage solcher Unterlagen keine Kündigungsrecht aus wichtigem Grund abgeleitet werden kann. Auf die im Schreiben der Klägerin vom 18. November 2011 (Anlage K 65) geäußerte Ansicht, dass die erforderlichen prüffähigen Nachtragsunterlagen bereits vorliegen würden, kommt es daher nicht mehr an.

Außerdem wurde verlangt, dass die Klägerin bis spätestens 23. November 2011 mit den vorbereitenden Maßnahmen beginnt. Im Hinblick auf diese Frist führt das Vorgehen der Beklagten nicht zu einem Kündigungsgrund. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 18. November 2011 (Anlage K 65) ausgeführt, ihr stehe eine ausreichende Vorlaufzeit für die Wiederaufnahme der Arbeiten zu, nachdem seit über einem Jahr ein vom Auftraggeber zu vertretender Baustillstand bestehe. Voraussetzung für die Wiederaufnahme der Arbeiten sei unter anderem die Übergabe des Baufeldes (Seite 3 des Schreibens). Weiter hat sie in dem Schreiben um einen zeitnahen Besprechungstermin zur Abstimmung des Baufelds vor Ort als Voraussetzung zur Wiederaufnahme der Arbeiten gewünscht. Im Schreiben vom 23. November 2011 (Anlage K 70) hat sie beanstandet, diese Punkte fänden sich in dem Schreiben der Beklagten vom 21. November 2011 (Anlage K 67) nicht wieder.

Über diese berechtigten Belange der Klägerin hat sich die Beklagte kooperationswidrig hinweggesetzt.

Soweit die Beklagte es im Schriftsatz vom 19. März 2014 als „sachfremd“ bezeichnet hat, dass die Klägerin in dem Schreiben vom 23. November 2011 (Anlage K 70) gewünscht hat, dass vor Beginn der Arbeiten Zulieferer, Ordnungsamt, Busverkehr, Rad- und Gehwege, Taxen, Zulieferer allgemein und vor allem die Polizei vor Ort einbezogen werden müssten, kann ihr nicht gefolgt werden. In der senatsbekannt aufgeheizten Stimmung in Teilen der Bevölkerung im Hinblick auf das Projekt „Stuttgart 21“ lag der Wunsch der Klägerin nach einem der Koordination dienenden Besprechungstermin vor Ausführung der Probepresspfahlarbeiten auf der Hand.

Was das Baufeld anlangt, hat die Beklagte der Klägerin erst mit Schreiben vom 21. November 2011 (Anlage K 67) das Baufeld TG für die Voruntersuchungsmaßnahmen mit dem zeitlichen Vorlauf von einem Arbeitstag im Sinne eines (vom Senat zugunsten der Beklagten unterstellt: ausreichenden) temporären Zugangs angeboten. Gleichzeitig sollte die Frist bis zum 23. November 2011 (also 2 Tage) aufrechterhalten bleiben. Selbst wenn darin eine eigenständige Fristsetzung nach § 5 Abs 4 VOB/B zu erblicken wäre, wäre die Frist viel zu kurz. Außerdem ist eine Frist für die Leistungserbringung nicht vereinbart worden und ist ein Verzug mit der Vollendung bzw. einer Ausführungsfrist nicht festzustellen.

Soweit die Beklagte geltend macht, für Probe-Presspfähle habe das bereits übergebene Baufeld „Abbruch Nordflügel“ genutzt werden können, entspricht dies nicht der vertraglichen Vereinbarung. Es erschließt sich ohne Weiteres, dass Probe-Presspfähle nur am Ort der durchzuführenden Unterfangungsmaßnahme, also im Baufeld des Technikgebäudes ausgeführt werden können. Hierzu muss kein Beweis erhoben werden, nachdem die Beklagte nicht vorgetragen hat (vgl. auch LGU S. 64 Abs. 1), dass die Untergrundsituation im Bereich des Baufeldes des Nordflügels identisch gewesen ist mit derjenigen des Technikgebäudes und dies damals bekannt gewesen sei. Ohne Übergabe des Baufeldes Technikgebäude war daher die Klägerin in der Ausführung ihrer Leistung im Sinne des § 6 VOB/B behindert, so dass die Ausführungsfrist nach § 6 Abs. 2 VOB/B im Umfang der Behinderung, die aus dem Risikobereich der Beklagten kam, verlängert wurde. Damit war die Werkleistung aber noch nicht fällig, so dass nach den bereits im Zusammenhang mit dem Sachverhalt Fußgängerbrücke gemachten Ausführungen eine Kündigung aus wichtigem Grund nicht in Betracht kam.

(5) Die Beklagte kann ihre Kündigung nicht auf den Sachverhalt Kellerdecke stützen.

(a) Nach dem vertraglichen Leistungssoll war vorgesehen, dass die Decken der Kellerräume des Nordflügels abgebrochen und die Hohlräume mit Abbruchmaterial verfüllt werden. Mit Schreiben vom 13. August 2010 ordnete die Beklagte jedoch an, dass der Abbruch der Decken und die Verfüllung der Kellerräume zu unterbleiben habe. Nach Abbruch des Nordflügels bis zur Oberkante der Decken über UG durch die Klägerin verblieb eine nicht belastbare, instabile Situation der Kellerdecke. Dies, obwohl diese Fläche gemäß Bauvertrag zum größten Teil für die Errichtung der Baustelleneinrichtung und teilweise für die Überführung der Besucherströme des Hauptbahnhofs durch den Notausgang dienen sollte. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 14. November 2011 (Anlage K 62) gerügt, dass die Klägerin den notwendigen Schutz der Decke über dem 2. UG des Nordflügels, der wegen Beeinträchtigung der Standsicherheit notwendig ist, nicht ausreichend durchgeführt habe. Sie hat hierfür in dem Schreiben Frist bis zum 23. November 2011 gesetzt. Die Klägerin hat mehrfach (nämlich jedenfalls mit Schreiben vom 13. Oktober 2010 = Anlage K 124 und mit Schreiben vom 15. September 2011 = Anlage K 51) gegenüber der Beklagten Behinderung angemeldet, weil keine ausführbare Entwurfsplanung vorliege.

(b) Die Beklagte beruft sich darauf, sie habe der Klägerin mehrfach mitgeteilt, wie eine technisch und wirtschaftlich sinnvolle Ertüchtigung der Kellerdecke ausgeführt werden könne. Sie habe geeignete Entwurfsvorgaben gemacht. Dazu beruft sich die Beklagte auf ein Schreiben vom 6. Dezember 2011 (Anlage B 101), das wiederum auf Schreiben vom 28. Februar 2011 und vom 16. März 2011 verweist. Um welche Anlagen es sich dabei handelt, ist offen. Es liegt kein substantiierter Vortrag vor, welche Entwurfsangaben die Beklagte der Klägerin gemacht haben soll. Es ist deswegen auch nicht nachvollziehbar, ob eine geeignete Entwurfsplanung vorlag. Das Angebot des Zeugnisses des … ist ungeeignet, weil die Frage geeigneter Vorgaben / einer mangelfreien Entwurfsplanung eine Sachverständigenfrage ist. Ein Sachverständiger kann jedoch mangels Vorlage der Entwurfsplanung diese nicht prüfen. Es ist damit kein Kündigungsgrund dargelegt und nachgewiesen.

(c) Die Beklagte rügt weiter (vgl. Schreiben vom 16. November 2011, Anlage K 64), die Klägerin habe auf den Vorschlag der Beklagten zur geänderten BE-Flächenzuweisung (BE = Baustelleneinrichtung), die wegen der Problematik der instabilen Kellerdecke des UG Nordflügel notwendig wurde, nicht reagiert. Jedenfalls innerhalb der gesetzten Nachfrist hat entgegen der Behauptung der Beklagten die Klägerin mit Schreiben vom 18. November 2011 (Anlage K 66, dort Ziffer 1) Stellung genommen. Danach hat sich die Klägerin geweigert, die durch die neue BE-Fläche eventuell entstehenden Zusatzkosten zu übernehmen. Darüber hinaus wurden für eine Prüfung der alternativen BE-Fläche konkrete Festlegungen aller Randbedingungen verlangt. Damit ist die gesetzte Frist nicht fruchtlos abgelaufen. Ein Kündigungsgrund liegt daher auch insoweit nicht vor. Es kommt nicht mehr darauf an, dass sich die Klägerin gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B zu Recht geweigert hat, die durch die neue BE-Fläche eventuell entstehenden Zusatzkosten zu übernehmen.

(6) Weiter hat der Sachverhalt „Verweigerung der Bestätigung der Bodenkennwerte“ keinen berechtigten Anlass zur Kündigung gegeben.

(a) Die Parteien sind sich darüber einig, dass es für die Bestätigung der Bodenkennwerte einen Vertragstermin, nämlich 21. Juni 2010, gegeben hat. Die Beklagte hat zum Leistungs-Soll im Schriftsatz vom 9. Januar 2018 ausgeführt, dass Leistungs-Soll die Bestätigung der Bodenkennwerte gewesen sei; danach habe die Klägerin die gewonnenen Erkenntnisse aus den Schürfen im Hinblick auf die Bodenkennwerte der Beklagten mitzuteilen gehabt. Sie hat weiter vorgetragen (aaO), die Leistung sei in den Vertrag aufgenommen worden, um die Bodenkennwerte im zu unterbauenden Bereich frühzeitig zu bekommen.

(b) Danach waren auch nach dem Vortrag der Beklagten Schürfe erforderlich, um die Bodenkennwerte zu erhalten. Die Klägerin hatte diesbezüglich vorgetragen, dass zur Ausführung der Schürfe das Baufeld hätte übergeben werden müssen. Das Baufeld sei aber nicht übergeben worden. Darauf hat auch das Landgericht seine Entscheidung gestützt. Die Beklagte zeigt nicht nur nicht auf, welche Bodenkennwerte hätten bestätigt werden sollen, sondern sie zeigt auch nicht auf, dass die Klägerin auch ohne Übergabe des Baufeldes die Bodenkennwerte hätte gewinnen können. Da es somit an einer wesentlichen Mitwirkungshandlung der Beklagten gefehlt hat, kann sich diese nicht auf das Verstreichen der Vertragsfrist berufen.

(7) Fruchtlos ist auch die auf die Verweigerung der Übergabe der Bestandsdokumentation in Bezug auf die Schürfe gestützte Argumentation der Beklagten.

(a) Die LV-Position 01.01.0140 des LV „Technikgebäude – Los 1 Rohbau“ lautet wie folgt (Hervorhebung durch den Senat):

„Herstellen von Schürfgruben

Herstellen von Schürfgruben entlang der an das Technikgebäude angrenzenden Außenwand des Bonatz-Baus zur Feststellung:

des Aufbaus und der Auflagerung des Rustikamauerwerks unterhalb des Terrains der Gründungssohle und der Fundamentbreite des Altbaus

Die Anzahl der notwendigen Schürfungen ist durch den AN festzulegen. Die vorgefundene Situation ist in den Bestandunterlagen festzuhalten und an den AG zusammengefasst zu übergeben.“

(b) Die Klägerin hat vorgetragen, dass zur Ausführung dieser Schürfe das Baufeld hätte übergeben werden müssen, da die Schürfe nicht nur innen im Keller, sondern auch von außen hätten erfolgen müssen. Letzteres sei mangels Baufeldübergabe nicht möglich gewesen.

(c) Die Beklagte hat vorgetragen, dass es um die Ergebnisse der Schürfe gehe, die von der Klägerin bisher erbracht worden seien. Die Klägerin habe die Unterlagen nicht übergeben, obwohl ihr Nachweise unter anderem in Folge von nachweislich erbrachten Kernbohrungen vorgelegen hätten. Damit setzt sie sich nicht mit dem Klägervortrag auseinander, wonach die Schürfe wegen mangelnder Baufeldübergabe nicht vollständig hätten ausgeführt werden können. Im Leistungsverzeichnis heißt es aber, dass die „vorgefundene Situation … in den Bestandsunterlagen festzuhalten und an den AG zusammengefasst zu übergeben (sei)“. Eine Pflicht zur Übergabe der Dokumentation bestand danach erst in dem Moment, in welchem aufgrund der – hier nicht gegebenen – Mitwirkung der Beklagten die Dokumentation vollständig hätte vorliegen können.

(d) Selbst wenn man dies anders sähe, wäre der Beklagten entgegenzuhalten, dass nicht erkennbar ist, weshalb die Nichtvorlage einer etwa bei der Klägerin vorhandenen Bestandsdokumentation gerade zum Kündigungszeitpunkt von besonderer Relevanz gewesen ist. Eine Kündigung aus diesem Grund – selbst in Zusammenschau mit weiteren, ähnlich unwesentlichen Sachverhalten – wäre unverhältnismäßig gewesen.

(8) Auch der Sachverhalt „Verweigerung der Instandsetzung des mangelhaften Gerüsts“ hat keinen Kündigungsgrund zu Gunsten der Beklagten ausgelöst.

(a) Dazu hat die Klägerin vorgetragen, dass das Gerüst an der Abbruchkante des Nordflügels auf der einsturzgefährdeten Kellerdecke gestanden habe. Daher seien dort vor der Klärung der Ertüchtigungsmaßnahmen keine Maßnahmen möglich gewesen. In ihrem in Bezug genommenen Schreiben vom 18. November 2011 (Anlage K 66) unter Ziffer 4 hat sie ausgeführt, die Beklagte wisse, dass die Kellerdecke des Nordflügels einsturzgefährdet sei. Die Beklagte könne nicht ernsthaft in Erwägung ziehen, Gerüstertüchtigungsmaßnahmen durchzuführen, im Wissen der Gefahr für Leib und Leben. Vielmehr seien hier durch die Beklagte die notwendigen Sicherungsmaßnahmen im Bereich der Decke vorab festzulegen. Das Gerüst sei gesperrt und aufgrund anhaltender Behinderungen durch den Auftraggeber bestehe zum jetzigen Zeitpunkt seitens der Klägerin auch keine Notwendigkeit zur Begehung. Dagegen hat die Beklagte ausgeführt, sie sehe die Kellerdecke nicht als einsturzgefährdet an. Das Gerüst habe in Stand gesetzt werden können. Dazu hat die Beklagte Zeugenbeweis (Zeuge …) angeboten.

(b) Das Angebot des Zeugnisses des … ist ungeeignet, weil die Frage, ob die Kellerdecke einsturzgefährdet ist, eine Sachverständigenfrage ist. Damit hat die für das Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Kündigung beweispflichtige Beklagte nicht nachgewiesen, dass die Gerüstertüchtigungsmaßnahmen ohne Gefahr für Leib und Leben hätten durchgeführt werden können. Was die Kellerdecke anlangt, wird auf die obigen Ausführungen verwiesen, wonach die Klägerin ohne eine Entwurfsplanung der Beklagten in der Ausführung behindert war.

(c) Selbst wenn man – wie die Beklagte im Schriftsatz vom 9. Januar 2018 vertreten hat – die Beweislast bei der Klägerin sähe, braucht kein Beweis eingeholt zu werden. Die Beklagte hat eingeräumt, dass kein „Vertragsfrist“-Sachverhalt gemäß § 5 Abs. 1 und Abs. 4 VOB/B vorgelegen habe. Sie hat zwar gemeint, es sei ein „Mängel-Sachverhalt“ gemäß § 4 Abs. 7 VOB/B gegeben gewesen. Dabei ist ihr insoweit zu folgen, als offensichtlich Einigkeit zwischen den Parteien besteht, dass das Gerüst instandsetzungsbedürftig war und die Instandsetzung der Klägerin oblag und im Rahmen des § 4 Abs. 7 VOB/B selbst unerhebliche Mängel oder Vertragswidrigkeiten erfasst werden (vgl. Oppler in Ingenstau/Korbion, VOB, 19. Aufl., § 4 Abs. 7 Rn. 11). Die Beklagte hat jedoch nicht dargelegt, in welcher Weise der Fortgang der Baumaßnahme durch das Gerüst bedingt war. Die Klägerin hat dazu ausgeführt, dass das Gerüst zur Anbringung einer Wetterschutzverkleidung und zur Anbringung eines Gesimsblechs für den bestehen bleibenden Bonatzbau gedient habe. Wetterschutz und Gesimsblech seien aber zum damaligen Zeitpunkt noch nicht an die Klägerin beauftragt worden. Es kann mangels weiteren Vortrags der Parteien (zugunsten der Beklagten) nur spekuliert werden, dass die Klägerin aufgrund eines der Beklagten zustehenden Anordnungsrechts die Wetterschutz- und Gesimsblecharbeiten auch ohne Beauftragung hätte ausführen müssen. Aber selbst wenn man dies unterstellt, hat die Beklagte keinen Erfolg. Sie zeigt nicht auf, inwieweit diese Arbeiten zeitkritisch gewesen sein sollten. Dementsprechend ist auch nicht zu erkennen, inwieweit der vorgelagerten Instandsetzung des Gerüsts eine besondere zeitliche Relevanz zugekommen sein sollte. Im Übrigen war der Mangel des Gerüsts, gemessen an der vertraglich geschuldeten Gesamtleistung, so geringfügig, dass die Beklagte der Klägerin nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nur die Mangelbeseitigung hätte entziehen dürfen (Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 13. Aufl., § 4 VOB/B Rn. 112 mwN).

(9) Auf den Sachverhalt „Verweigerung zur Erstellung des vertraglich geschuldeten Gesamtdetailterminplanes“ kann sich die Beklagte für ihre Kündigung ebenfalls nicht berufen.

(a) Zwar war die Klägerin ausweislich der von der Beklagten im Schriftsatz vom 9. Januar 2018 angegebenen Vertragsgrundlagen zur Übergabe eines detaillierten Bauzeitenplans 10 Arbeitstage nach Erteilung des Auftrags verpflichtet. Allerdings war – worauf sich die Klägerin berufen hat – das Baufeld für das Technikgebäude noch nicht übergeben worden und war im Hinblick auf den Nordflügel die Lösung der statischen Probleme des UG aus – wie bereits ausgeführt – von der Klägerin nicht zu vertretenden Gründen noch offen. Unter diesen Umständen hat zum Zeitpunkt der Fristsetzungen eine Terminplanung keinen Sinn gemacht. Die Beklagte führt insoweit ohne Erfolg das Urteil des OLG München vom 29. Januar 2008 – 9 U 3605/03 Rn. 19 an. In jenem Fall hat das OLG München entschieden, dass noch fehlende Baufreigaben der Pflicht zur Aufstellung eines Bauzeitenplans nicht entgegenstehen. Abgesehen von fehlenden Baufreigaben war – die Erteilung der Baufreigaben unterstellt – in jenem Fall aber der Bauverlauf im Wesentlichen absehbar. Vorliegend war genau dies nicht der Fall, weil nicht etwa ein bereits konkret absehbarer Verlauf lediglich noch vom Eintritt einer Bedingung abhängig war, sondern angesichts der fehlenden Übergabe des Baufeldes nicht konkret absehbar war, wann der Bauablauf oder jedenfalls ein nicht unwesentlicher Teil davon überhaupt eingeleitet werden könnte.

(b) Nicht geklärt werden muss vor diesem Hintergrund, ob der Vortrag der Klägerin zutrifft, sie habe einen Detailterminplan im Hinblick auf die Ausführungstermine für das Technikgebäude auch deswegen nicht erbringen können, weil zuvor noch streitige Themen aus der Entwurfsplanung der Beklagten insbesondere zur Unterfangung des Bonatzbaus hätten geklärt werden müssen.

(10) Fruchtlos argumentiert die Beklagte überdies mit dem Sachverhalt „Verweigerung zur Anpassung des Altlastenkonzepts“.

Insoweit kann weitgehend auf die Ausführungen zum vorigen Punkt verwiesen werden. Aufgrund der terminlichen Ungewissheit war die Anpassung des Altlastenkonzepts nicht möglich. Daran ändert nichts, dass die Beklagte mit Schreiben vom 26. August 2011 (Anlage K 50) unter Ziffer 10 ausgeführt hat, die neuen Ecktermine bezüglich der Altlastenentsorgung seien mit dem Schreiben der Beklagten vom 3. August 2011 übergeben worden, weshalb die Beklagte die Klägerin als in Verzug befindlich angesehen hat und zur umgehenden, spätestens bis 31. August 2011 erfolgenden Vorlage einer angepassten Planung aufgefordert hat. Nicht von der Hand zu weisen ist aber die Argumentation der Klägerin im Schreiben vom 15. September 2011 (Anlage K 51, dort Ziffer 10), wonach zur Planung der Altlastentsorgung Klarheit über die terminliche Abwicklung der Baustelle herrschen müsse. Es müsse insbesondere feststehen, wann die Entsorgungsleistungen anfallen. Diesen Vortrag hat die Beklagte nicht widerlegt. Soweit die Beklagte vorgetragen hat, dass die bauseitigen Angaben insbesondere im Hinblick auf die weitere Vorgehensweise bezüglich Unterfangung geklärt worden seien, betrifft dies lediglich eine von vielen offenen Fragen.

(11) Der Sachverhalt „Verweigerung zur Vorlage der vertraglich geschuldeten Urkalkulation und der Übergabe vertraglich geforderter Unterlagen zu allen Nachträgen“ vermag ebenfalls keine Berechtigung zur Kündigung aus wichtigem Grund zu liefern.

Eventuelle Versäumnisse der Klägerin in diesem Zusammenhang berechtigten nicht zur Kündigung aus wichtigem Grund, sondern lediglich gegebenenfalls zur Zurückweisung von Rechnungen als nicht prüffähig. Insoweit kann im Kern auf die obigen Ausführungen zu demjenigen Sachverhalt verwiesen werden, im Hinblick auf welchen die Beklagte der Klägerin vorgeworfen hat, keine vollständigen kalkulatorischen Nachweise zum Thema Wachschutz vorgelegt zu haben (siehe oben unter (2)). Daher kommt es nicht auf die Ausführungen der Klägerin im Schreiben vom 18. November 2011 (Anlage K 66) unter Ziffer 7 an, sie habe die Urkalkulation schon vor Vertragsschluss offen überreicht und zu allen Nachträgen alle erforderlichen Unterlagen übergeben.

(12) Ebenso sind die Ausführungen der Beklagten zu einem angeblich wegen der „generellen Ablehnung der Protokolle ohne Begründung“ gegebenen Kündigungssachverhalt unbehelflich.

Dazu legt die Beklagte das Schreiben der Klägerin vom 19. August 2010 (Anlage B 10) vor, wonach die Klägerin „Ihren unterschiedlichen Baubesprechungsprotokollen Nr. 9 zur Gänze (widerspricht)“. Mit Schreiben vom 15. September 2010 (Anlage B 12) habe die Beklagte weiter beanstanden müssen, dass bei der Baubesprechung vom 14. September 2010 sich die Klägerin wiederum pauschal und ohne die Angabe von irgendwelchen Gründen geweigert habe, das Protokoll der vorangegangenen Baubesprechung anzuerkennen. Eine „wiederkehrende pauschale Protokollablehnung ohne Begründung“ hat die Beklagte auch mit Schreiben vom 28. Januar 2011 (Anlage B 15) gerügt. Weiter führt die Beklagte aus, die Auflistung ließe sich mit den Schreiben vom 17. Februar 2011 (Anlage B 86) und 6. Mai 2011 (Anlage B 87) fortsetzen. Allerdings hat die Beklagte keinen solchen Sachverhalt dargestellt, welcher sich zeitnah vor der Kündigungserklärung abgespielt hätte. Nicht geklärt werden muss daher, inwieweit der Vortrag der Klägerin zutrifft, die Protokollierung der Beklagten sei unzutreffend gewesen (vgl. Anlage K 66, dort Ziffer 8). In ihrem Schriftsatz vom 9. Januar 2018 hat sich die Beklagte darauf berufen, die Klägerin habe mit Schreiben vom 13. September 2011 „für die Zukunft … diese Art der Protokollierung und … die Schriftführung durch Frau …“ abgelehnt. Auch dieser Sachverhalt liegt nicht in einigermaßen nahem zeitlichen Zusammenhang zu der erst am 28. November 2011 ausgesprochenen Kündigung, sondern bereits rund zweieinhalb Monate früher. Ein eventuell entstandenes Kündigungsrecht wäre daher verwirkt. Im Übrigen hätte dieser Vorwurf nicht ein solches Gewicht, dass er die fristlose Kündigung des Vertrages stützen könnte.

(13) Zudem liegt ein Kündigungsgrund nicht wegen des Sachverhalts „Verweigerung zur Vervollständigung der Planung Wasserhaltung insbesondere im Hinblick auf die Grundwasser-Umläufigkeitsplanung“ vor.

(a) Im Schreiben der Beklagten vom 26. August 2011 (Anlage K 50) hat die Beklagte unter Ziffer 4 ausgeführt, sie habe mehrfach, unter anderem mit Schreiben vom 9. Juni 2011, zur Planung der Grundwasserumläufigkeit, aufgefordert. Die vollständige und mangelfreie Genehmigungs- und Ausführungsplanung habe die Klägerin bisher nicht vorgelegt. Unter Ziffer 14 („Planpaket 5 Wasserhaltung“) des genannten Schreibens hat die Beklagte ausgeführt, die Plananpassung der Klägerin „entsprechend Prüfbericht von … vom 03.05.2011 … (sei) noch nicht erfolgt. Die Klägerin befinde sich mit der Planung gemäß ihrem 1. Planungsterminplan mit Stand vom 17. Juni 2010 seit 1. September 2010 in Verzug. Mit Schreiben vom 15. September 2011 (Anlage K 51) hat die Klägerin unter Ziffer 4 ausgeführt, sie befinde sich mit ihren Planungsverpflichtungen nicht in Verzug, da die Voraussetzung für die geschuldete Planung die Mitteilung des neuen Bemessungswasserstandes durch die Beklagte sei. Die Beklagte habe die neuen, tatsächlich gemessenen Wasserstände mitgeteilt, welche aber nicht Grundlage der Planung sein könnten. Dagegen hat die Beklagte mit Schreiben vom 23. September 2011 (Anlage B 25) unter Ziffer 14 ausgeführt, die Behauptung der Klägerin, dass die bauseitigen Angaben infolge der der Klägerin bis dato nicht übergebenen Bemessungswasserstände unzureichend seien, sei falsch. Im selben Schreiben hat die Beklagte in Ziffer 4 ausgeführt, es sei nicht plausibel, dass die Klägerin neue Bemessungswasserstände erwarte. Es gebe keine neuen Bemessungswasserstände. Die Klägerin verstehe offensichtlich die Sachverhalte „Bemessungswasserstände“ und „aktuelle Wasserstände“ nicht in Gänze. Die Klägerin behaupte, dass infolge der geänderten Wasserstände auch die Bemessungswasserstände geändert werden müssten. Wenn dies der Fall wäre, hätte die Beklagte der Klägerin hierzu bereits Angaben gemacht.

(b) Dem Schriftverkehr kann entnommen werden, dass die Beklagte der Ansicht war, keine neuen Bemessungswasserstände mitteilen zu müssen, weil die bisher mitgeteilten Bemessungswasserstände weiterhin zutreffend seien. Dies hat die Klägerin aber bezweifelt. Bei diesem Sachverhalt geht es um Planungsaufgaben, was die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 9. Januar zutreffend hervorhebt. Dies kann ggf. dazu führen, dass die VOB/B hierauf keine Anwendung findet. Wird bei einem größeren Bauvorhaben auf Veranlassung des Unternehmers die VOB/B als Ganzes einbezogen, so gilt sie gleichwohl nur für die vom Unternehmer geschuldeten Bauleistungen, nicht aber für die von ihm daneben übernommenen selbständigen Architektenleistungen und Ingenieurleistungen (BGH, Urteil vom 17. September 1987 – VII ZR 166/86, juris Rn. 16 ff.).

(c) Vorliegend kann offen bleiben, ob die von der Klägerin übernommenen Planungsleistungen in Bezug auf die Wasserhaltung selbständige Leistungen in diesem Sinne gewesen sind oder ob die mit den übernommenen Bauleistungen derart „Hand in Hand“ gegangen sind, dass die VOB/B gleichwohl Anwendung findet.

(aa) Sollte die VOB/B anwendbar sind, gälte Folgendes.

(aaa) Die Beklagte schuldet nicht den Beweis, dass die mitgeteilten Bemessungswasserstände zutreffend sind. Die Klägerin hat Bedenken geäußert gemäß § 4 Abs. 3 VOB/B. Soweit die Beklagte diese Bedenken nicht ernst genommen oder für nicht durchgreifend erachtet hat, hat die Klägerin auf der Grundlage der Vorgaben der Beklagten das Werk erbringen müssen. Wenn dieses mangelhaft gewesen wäre, weil die Bemessungswasserstände tatsächlich überholt und deshalb unzutreffend gewesen wären, würde die Klägerin hierfür nicht haften.

(bbb) Es kommt daher darauf an, ob durch eventuelle Versäumnisse der Klägerin die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 VOB/B eingetreten sind, also die Klägerin mit der Vollendung in Verzug geraten ist oder eine vertraglich vereinbarte Zwischenfrist schuldhaft versäumt und insoweit Verzug eingetreten ist. Dies hat die Beklagte nicht vorgetragen.

(bb) Wenn die VOB/B auf die Planungsleistung nicht anwendbar sein sollte, greift § 323 Abs. 1 BGB ein. Mangels einer eigenen Vertragsfrist für die Planungsleistung und mangels Beweises der Fälligkeit im Sinne des § 271 Abs. 1 BGB ist jedoch ein Verzug nicht festzustellen. Die Klägerin hatte vorgetragen, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Abmahnung und der Vertragskündigung keine ausreichende Genehmigung für Grundwasserentnahmen gehabt habe und damit Planungsleistungen nicht genehmigungsfähig und Ausführungsleistungen zu diesem Zeitpunkt nicht möglich gewesen seien. Das einfache Bestreiten der Beklagten genügte hier nicht. Die Beklagte hätte wenigstens das Datum und das Aktenzeichen der Genehmigung oder noch besser die Genehmigung für die Grundwasserentnahmen selbst vorlegen müssen und damit gegebenenfalls belegen können, dass zu diesem Zeitpunkt die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen für die Grundwasserentnahmen vorgelegen haben.

(d) Unabhängig davon hätte selbst in dem Fall, dass ein Kündigungsgrund vorliegen sollte, dieser nicht zur Kündigung des gesamten Vertrages, sondern im Licht des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur zur Kündigung der Planungsleistung im Hinblick auf das Grundwasser als abgeschlossener Teil der vertraglich vereinbarten Leistung (§ 12 Abs. 2 VOB/B) führen können.

(14) Genauso wenig hat der Sachverhalt „Verweigerung zur Grundleitungsplanung“ einen Kündigungsgrund ausgelöst.

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin zutreffende Höhenangaben zur Verfügung gestellt hat. Soweit die VOB/B anwendbar sein sollte, gelten die Ausführungen zum vorangegangenen Sachverhalt entsprechend. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass durch Versäumnisse der Klägerin (deren Vorliegen unterstellt werden kann) die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 VOB/B eingetreten sind, also die Klägerin mit der Vollendung in Verzug geraten ist oder eine vertraglich vereinbarte Zwischenfrist schuldhaft versäumt hat und insoweit in Verzug geraten ist. Soweit allgemeines Schuldrecht, insbesondere § 271 BGB, eingreifen sollte und dies zum Vorliegen eines Kündigungsgrundes führen sollte, hätte dieser nicht zur Kündigung des gesamten Vertrages, sondern im Licht des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur zur Kündigung der Planungsleistung als abgeschlossener Teil der vertraglich vereinbarten Leistung (§ 12 Abs. 2 VOB/B) führen können.

(15) Wegen des Sachverhalts „Verweigerung zur Planung zur Abfangung Stütze Gleis 1“ ist ein Kündigungsgrund ebenfalls nicht gegeben.

(a) Die Klägerin hat im Schriftsatz vom 11. Juli 2014 ausgeführt, dass die Bahnsteigstütze gemäß Bauvertrag ursprünglich nicht von der Klägerin zu unterfangen gewesen sei. Sie hat hinzugefügt, dass die Beklagte der Klägerin trotz dahingehender Aufforderung keine Entwurfsplanung zur Ausführung der Leistung übermittelt habe, weshalb die Klägerin mit Schreiben vom 18. Mai 2011 die Behinderungsanzeige Nr. 62 (Anlage K 285) übermittelt habe. Vor diesem Hintergrund ist es nicht ausreichend, dass die Beklagte im Schriftsatz vom 9. Januar 2018 vorträgt, dass Leistungssoll der Klägerin die Genehmigungs- und Ausführungsplanung gewesen sei. Angesichts des eingangs wiedergegebenen Vortrags der Klägerin wäre die Beklagte aber gehalten gewesen darzulegen, aus welchen Gründen sie die Pflicht der Klägerin zur Erstellung einer Entwurfsplanung herleitet. Jedenfalls dem Leistungsverzeichnis „PA 1.1; Technikgebäude-Abbrucharbeiten“ (dort Seiten 5 f. von 37) ist eine Pflicht zur Entwurfsplanung nicht zu entnehmen. Dort ist zwar davon die Rede, dass Gleis 1 an den Nordflügel grenze und alle notwendigen Schutz- und Sicherungsmaßnahmen für die Bahnanlagen zu treffen seien (Seite 5 Mitte von 37). Jedoch ist dort nicht darüber hinaus eine Pflicht zur Entwurfsplanung zu finden. Vielmehr ist dort nur davon die Rede, dass die Klägerin die Ausführungsplanung im Hinblick auf die Abbruchmaßnahmen übernimmt (Position 04.01.0010). Dort (Seite 6 oben von 37) ist auch auf Kapitel 5.2, Ziffer a und b der Vorbemerkungen (Gebäudeabbruch Nordflügel) verwiesen worden. Danach war geschuldet die Erstellung aller noch notwendiger Planungen zur Erstellung einer Objektplanung gemäß den Leistungsphasen 4 und 5 des § 33 HOAI (gemeint ist die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültige Fassung 2009) sowie die Erstellung aller noch notwendigen Genehmigungsunterlagen „Freigabe zur Ausführung“. Von einer Entwurfsplanung ist darin nicht die Rede.

(b) Da folglich nicht unterstellt werden kann, dass die Klägerin eine Entwurfsplanung geschuldet hat, hat es dabei sein Bewenden, dass die Klägerin zuletzt die Auffassung vertreten hat (vgl. Schreiben vom 18. November 2011, Anlage K 66, dort unter Ziffer 11), ihr liege nur ein unverbindliches Entwurfskonzept und keine verbindliche Entwurfsplanung für die Sicherung der Bahnsteigstütze vor. Die Beklagte hat dem lediglich entgegengehalten, sie habe eine vollständige und widerspruchsfreie Entwurfsplanung vorgelegt. Es liegt kein substantiierter Vortrag dazu vor, welche Entwurfsvorgaben die Beklagte der Klägerin gemacht hat. Es ist deswegen auch nicht nachvollziehbar, ob es sich um eine geeignete Entwurfsplanung handelt. Ein Sachverständiger kann mangels Vorlage der Entwurfsplanung diese nicht prüfen.

(16) Wegen des Sachverhalts „Verweigerung zur Planung bezüglich der behindertengerechten Bauzaunausstattung“ kann die Beklagte ebenfalls keinen Kündigungsgrund nachweisen.

(a) Soweit diesbezüglich die VOB/B Anwendung finden sollte, käme es darauf an, ob durch eventuelle Versäumnisse der Klägerin die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 VOB/B eingetreten sind, also die Klägerin mit der Vollendung in Verzug geraten ist oder eine vertraglich vereinbarte Zwischenfrist schuldhaft versäumt hat und insoweit Verzug eingetreten ist. Dies hat die Beklagte nicht vorgetragen. Eine Vertragsfrist ist hierfür, soweit ersichtlich, nicht vereinbart worden.

(b) Soweit allgemeines Schuldrecht Anwendung finden sollte, wäre dies für die Beklagte ebenfalls unbehelflich.

(aa) Die Klägerin hat mit Schreiben vom 15. September 2011 (Anlage K 51) unter Ziffer 9 ausgeführt, sie benötige für die Herstellung eines behindertengerechten Bauzaunes die entsprechende Entwurfsplanung. Die Beklagte habe diese bis heute nicht zukommen lassen. Ganz ähnlich hat die Klägerin im Schreiben vom 18. November 2011 (Anlage K 66) unter Ziffer 12 ausgeführt, es fehlten nach wie vor verbindliche bauseitige Entwurfsvorgaben. Dass eine vollständige und widerspruchsfreie Entwurfsplanung nicht vorgelegen habe, hat sie auch im vorliegenden Prozess geltend gemacht.

(bb) Die Beklagte ließ zwar vortragen, sie habe im Schreiben vom 5. September 2011 (Anlage B 97) der Klägerin mitgeteilt, sie habe hinsichtlich der behindertengerechten Ausstattung hinreichende Angaben gemacht, um diese Leistung ordnungsgemäß planen und ausführen zu können. In diesem Schreiben heißt es aber lediglich, dass die Beklagte „mit unseren Schreiben vom 8.10. und 28.10.2010 … Ihnen [d.h. der Klägerin] hinreichend Angaben zum Bauzaun gemacht“ habe. Zum Inhalt der Schreiben vom 8. und 28. Oktober 2010 hat die Beklagte nicht vorgetragen, geschweige denn Sachverständigenbeweis für ihre Behauptung angeboten, ausreichende Angaben gemacht zu haben.

(cc) Soweit die Beklagte im Schriftsatz vom 9. Januar 2018 ausgeführt hat, Leistungssoll sei die Genehmigungs- und Ausführungsplanung sowie Ausführung eines behindertengerechten Bauzauns gewesen, hat sie nicht dargelegt, woraus sie herleitet, dass eine Genehmigungsplanung geschuldet war (welche etwa eine Entwurfsplanung eingeschlossen hätte). Insoweit hatte die Klägerin ausgeführt, dass der Bauzaun nach Leistungsverzeichnis ein normaler Bauzaun gewesen sei. Jedenfalls in Position 04.02.0010 des Vertrags-Leistungsverzeichnisses „PA 1.1; Technikgebäude – Abbrucharbeiten“ (dort Seite 11 von 37) ist – diese Haltung der Klägerin bestätigend – lediglich von „Bauzäune“ die Rede. Wenn die Beklagte, so die Klägerin in dem genannten Schriftsatz vom 11. Juli 2014 (aaO) weiter, diesbezüglich nicht im Bauvertrag enthaltene abgeänderte oder zusätzliche Leistungen gewünscht habe, seien diese von ihr zunächst vorzugeben und zu planen gewesen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht ausreichend, wenn die Beklagte ohne nähere Darlegung behauptet, dass die Klägerin die Genehmigungsplanung geschuldet habe. Ergänzend wird zum planerischen Leistungsumfang auf Kapitel 5.2, Ziffer a und b der Vorbemerkungen (Gebäudeabbruch Nordflügel) und die Ausführungen oben unter (15) verwiesen.

(dd) Mithin kann nicht angenommen werden, dass die von der Beklagten vermisste Planung der Klägerin fällig im Sinne des § 271 Abs. 1 BGB gewesen ist.

(17) Außerdem liegt kein Kündigungsgrund wegen des Sachverhalts „Verweigerung zur Planung Umschluss Prov. Lautenschlager Kanal außerhalb Baugrube gem. Vertrag“ vor.

(a) In ihrem Schreiben vom 26. August 2011 (Anlage K 50) hat die Beklagte unter Ziffer 15 („Planpaket 6 Kanalumlegung“) ausgeführt, die vollständige/mangelfreie Genehmigungs- und Ausführungsplanung der Klägerin liege bisher nicht vor. Die Klägerin sei mit der Planung gemäß ihrem 1. Planungsterminplan mit Stand vom 17. Juni 2010 seit 1. September 2010 in Verzug.

(b) Soweit diesbezüglich die VOB/B Anwendung finden sollte, käme es darauf an, ob durch eventuelle Versäumnisse der Klägerin die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 VOB/B eingetreten sind, also die Klägerin mit der Vollendung in Verzug geraten ist oder eine vertraglich vereinbarte Zwischenfrist schuldhaft versäumt hat und insoweit Verzug eingetreten ist. Dies hat die Beklagte nicht vorgetragen. Eine Vertragsfrist ist hierfür, soweit ersichtlich, nicht vereinbart worden.

(c) Soweit allgemeines Schuldrecht Anwendung finden sollte, wäre dies für die Beklagte ebenfalls unbehelflich. Auch diesbezüglich trägt die Beklagte keine weiteren Tatsachen vor, die die Annahme des Verzugs rechtfertigen könnten. Kern des hier zu behandelnden Sachverhalts der Anlage K 64 ist, dass die Klägerin die Entwurfsplanung der Beklagten für fehlerhaft hält, ohne dass die Beklagte dargelegt hätte, dass ihre Entwurfsplanung mangelfrei gewesen ist, oder dafür gar Sachverständigenbeweis angeboten hätte.

(aa) Im Einzelnen hat die Klägerin im Schreiben vom 15. September 2011 (Anlage K 51) unter Ziffer 15 ausgeführt, der bauseitige, vertragliche Entwurf funktioniere im kontaminierten Bereich und aufgrund weiterer, von der Beklagten nicht berücksichtigter Probleme nicht. Wegen der Explosionsgefahr seien notwendige Schweißarbeiten dort nicht zulässig. Diesen Standpunkt hat die Klägerin im Schreiben vom 18. November 2011 (Anlage K 66) unter Ziffer 13 im Kern wiederholt. Sie hat dafür Sachverständigenbeweis angeboten. Einen eigenen funktionstüchtigen Vorschlag, so die Klägerin (aaO), habe die Beklagte zu keiner Zeit vorgelegt.

(bb) Wenn die Entwurfsplanung entsprechend diesem Vortrag nicht baubar gewesen sein sollte, konnte die Klägerin trotz Bedenken nicht bauen. Die Beklagte hat lediglich vorgetragen (vgl. Schreiben vom 23. September 2011, Anlage B 25 unter Ziffer 15), dass der Vorwurf, der bauseitige Entwurf sei nicht baubar, nicht zutreffe. Sie hat in dem soeben genannten Schreiben vom 23. September 2011 auch auf ein Schreiben ihrerseits vom 15. September 2011 verwiesen, welches aber nicht vorgelegt wurde. Die Beklagte hat weiter vorgetragen, dass der Versuch der Klägerin, die Entwurfsplanung als nicht machbar darzustellen, nicht gelungen sei. Sie hat dazu auf die Anlagen B 21 und B 101 verwiesen. Diesen Anlagen ist jedoch nichts dazu zu entnehmen, weshalb die Behauptung der Klägerin unzutreffend sein sollte. Insbesondere findet sich dort nichts zum Inhalt der planerischen Vorgaben.

(18) Der Sachverhalt „Verweigerung zur Planung Sanierung Hot Spot (auftragnehmerseitig vorgelegte Planungsentwürfe basieren auf einem nicht beauftragten Sondervorschlag)“ führt ebenfalls nicht zu einem Kündigungsgrund.

(a) Im Schreiben der Beklagten vom 26. August 2011 (Anlage K 50) hat die Beklagte unter Ziffer 12 („Planpaket 3.1 Planung Sanierung Hot-Spot“) ausgeführt, die Plananpassung der Klägerin „entsprechend Prüfbericht von … vom 04.05.2011 … (sei) noch nicht erfolgt“. Die Klägerin sei mit der Planung gemäß ihrem 1. Planungsterminplan mit Stand vom 16. Juni 2010 seit 5. August 2010 in Verzug.

(b) Soweit diesbezüglich die VOB/B Anwendung finden sollte, käme es darauf an, ob durch eventuelle Versäumnisse der Klägerin die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 VOB/B eingetreten sind, also die Klägerin mit der Vollendung in Verzug geraten ist oder eine vertraglich vereinbarte Zwischenfrist schuldhaft versäumt hat und insoweit Verzug eingetreten ist. Dies hat die Beklagte nicht vorgetragen. Eine Vertragsfrist ist hierfür, soweit ersichtlich, nicht vereinbart worden.

(c) Soweit allgemeines Schuldrecht Anwendung finden sollte, wäre dies für die Beklagte ebenfalls unbehelflich. Dass die Leistung der Klägerin im Sinne des § 271 Abs. 1 BGB fällig gewesen wäre, kann nicht festgestellt werden.

(aa) Im Schreiben vom 15. September 2011 (Anlage K 51) hat die Klägerin unter Ziffer 12 ausgeführt, die Beklagte befinde sich in Verzug mit den Planprüfpflichten. Bisher fehlten als Voraussetzung dafür, dass die Klägerin das Planpaket 3.1 im Status 3 einreichen könne, die „Prüfberichte der BÜ und des BVB“. Die Klägerin hat im Schreiben vom 18. November 2011 (Anlage K 66) unter Ziffer 14 diesen Standpunkt im Kern wiederholt. Dagegen hat die Beklagte im Schreiben vom 23. September 2011 (Anlage B 25) ausgeführt, der Vortrag, dass die Prüfberichte der BÜ und des BVB fehlen würden, gehe fehl, weil die Klägerin zu diesem Planpaket ausschließlich von … (wasserrechtlicher Gutachter) bzw. vom … Prüfberichte/Stellungnahmen übergeben bekomme und diese der Klägerin vollständig seit 10. Mai 2011 vorlägen.

(bb) Außerdem, so die Beklagte in dem genannten Schreiben vom 23. September 2011 weiter, gehe der Vortrag der Klägerin auch deshalb ins Leere, weil deren Planung mangelhaft sei, weil diese auf einem Sondervorschlag (Nachtrag 66 Rohrvortrieb) aufbaue, der zu keinem Zeitpunkt habe beauftragt werden können und somit auf einer vertraglich nicht vereinbarten Grundlage basiere. Diesen Standpunkt ließ sie auch in der ersten Instanz ausführen. Dagegen hat die Klägerin vortragen lassen, ihre Planung habe nicht auf einem Sondervorschlag beruht, sondern die planerischen Vorgaben der Beklagten gemäß Vertrag umgesetzt. Dazu hat sie Sachverständigenbeweis angeboten.

(cc) Für ihren Standpunkt, die Planung der Klägerin beruhe auf einem Sondervorschlag, hat die Beklagte lediglich auf die Anlagen B 21 und B 101 verwiesen. Diese enthalten aber keine weiterführenden Informationen. Soweit die Parteien darüber streiten, ob die Klägerin im Besitz der erforderlichen Prüfberichte war, wäre es auch hier Sache der Beklagten gewesen, Beweis dafür anzubieten, dass die Klägerin im Besitz aller relevanten Informationen für die weitere Planung war. Solchen Beweis hat sie nicht angeboten.

(dd) Im Übrigen hat die Beklagte nicht dargelegt, welche Bedeutung die im Rahmen des hier zu behandelnden Sachverhalts eingeforderte Planung für das gesamte Bauvorhaben und dessen Ablauf gehabt hat und dass eine Auftragsentziehung vor diesem Hintergrund verhältnismäßig gewesen wäre. Eine Auftragsentziehung wäre auch im Licht eines – wie beschrieben – möglichen Versäumnisses der Klägerin im Zusammenhang mit dem Sachverhalt „Verweigerung zur Grundleitungsplanung“ nur teilweise im Hinblick auf die Planungsleistung geboten gewesen.

(19) Überdies führt der Sachverhalt „Verweigerung zur Ausführung der Restarbeiten Abbruchkante ehem. Nordflügel – Bonatzgebäude“ nicht zu einem Kündigungsgrund.

(a) Leistungssoll war diesbezüglich nach dem Vortrag der Beklagten die Ausführung der Verputz- und Blecharbeiten an der Abbruchkante und die hierzu erforderliche Ausführungsplanung. Die Beklagte hat beanstandet, dass die Klägerin sich zur Vorlage der Planung geweigert habe, obwohl die Beklagte vollständige Angaben gemacht habe. Weiter hat sie ausgeführt, dass bereits mit Schreiben vom 7. Dezember 2010 (Anlage K 236) die „Ausführung der Wetterschutzverkleidung an der Abbruchkante“ angeordnet worden sei. Die Klägerin sei aufgefordert worden, die Leistung bis zum 13. Februar 2010 zu beginnen, § 5 Abs. 2 VOB/B, und innerhalb von 5 Tagen abzuschließen.

(b) Dagegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 18. November 2011 (Anlage K 66) unter Ziffer 15 auf ihr Schreiben vom 3. November 2011 verwiesen und die Beklagte aufgefordert, eine bauseitige Entwurfsplanung für die Gesimsbleche und sonstige Arbeiten zu liefern. Der Vorwurf einer auftragnehmerseitigen Verweigerungshaltung sei falsch. Vielmehr verstoße die Beklagte gegen ihre Entwurfs- und Mitwirkungspflichten. Dabei handelt es sich um eine hinreichend klare Behinderungsanzeige (vgl. dazu Döring in Ingenstau/Korbion, VOB, 19. Aufl., § 6 Abs. 1 VOB/B Rn. 6). Zu dem soeben zitierten Vortrag der Klägerin hat die Beklagte nicht substantiiert Stellung genommen. Daher kann weder angenommen werden, die Klägerin sei im Sinne des § 5 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 VOB/B im Hinblick auf eine – unterstellte – Vertragsfrist in Verzug gewesen, noch kann, sollte das allgemeine Schuldrecht Anwendung finden, die Fälligkeit der klägerischen Leistung im Sinne des § 271 Abs. 1 BGB bejaht werden.

(20) Ebenso führt der Sachverhalt „Planungspaket 7.1 (Erhalt Treppe Klett-Passage)“ nicht zu einem Kündigungsgrund.

(a) Im Schreiben der Beklagten vom 26. August 2011 (Anlage K 50) hat die Beklagte unter Ziffer 16 („Planpaket 7.1 Erhalt Treppenanlage“) ausgeführt, die Plananpassung der Klägerin „entsprechend Prüfbericht von … vom 17.03.2011 … von … vom 28. April 2011 …“ sei noch nicht erfolgt. Die vollständige/mangelfreie Genehmigungs- und Ausführungsplanung der Klägerin liege daher bisher nicht vor. Die Klägerin befinde sich gemäß ihrem 1. Planungsterminplan mit Stand vom 17. Juni 2010 seit 1. September 2010 in Verzug.

(b) Unstreitig waren jedoch die Terminpläne zumindest auch im Hinblick auf die gesellschaftlichen Vorgänge im Zusammenhang mit Stuttgart 21 hinfällig. Dies ergibt sich für diesen Punkt aus Folgendem: Die Beklagte selbst hat sich mit Schreiben vom 26. August 2011 (Anlage K 50) darauf berufen, dass die Plananpassung entsprechend Prüfbericht … vom 17. März 2011 und von … vom 28. April 2011 noch nicht eingearbeitet worden seien. Dies aber konnte vom Zeitablauf her gesehen gar nicht bis zum 1. September 2010 geschehen sein. Damit ist ein Verzug mit einer vertraglich vereinbarten Frist nicht dargelegt.

(21) Auch aus dem Sachverhalt „Verweigerung zur Planung Tiefergründung gem. Vertrag (auftragnehmerseitig vorgelegte Planungsentwürfe basieren auf einem nicht beauftragten Sondervorschlag)“ kann die Beklagte keinen Kündigungsgrund herleiten.

(a) Die Klägerin hat im Schreiben vom 18. November 2011 (Anlage K 66) unter Ziffer 17 ausgeführt, sie habe mit Schreiben vom 1. September 2011 erklärt, weshalb der ausgeschriebene Bohrpfahltiefergründungsentwurf mangelhaft und nicht baubar sei und deshalb von ihr auch nicht weitergeplant werde. Die von der Klägerin geplante und zur Prüfung eingereichte Magerbetontiefergründung sei in diesem Sinne nicht als Sondervorschlag anzusehen, sondern als Weiterentwicklung der ausgeschriebenen Tiefergründung. Nach Zurückweisung dieses machbaren und auch für die Beklagte günstigen Ausführungsvorschlags am 18. Oktober 2011 habe die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 20. Oktober 2011 aufgefordert, ihr einen neuen ausführbaren Entwurfsplan samt detailliertem und erschöpfendem Leistungsverzeichnis zukommen zu lassen. Dies sei bisher nicht erfolgt. Weiter hat die Klägerin vorgetragen, die bauseitig ausgeschriebene Lösung habe dazu geführt, dass mit der Pfahlgründung in die Grundgipsschichten eingedrungen worden wäre. Dies hätte dem Planfeststellungsbeschluss widersprochen, nach welchem eine Einbindung in diese Schichten nicht zulässig gewesen sei. Daher habe die Klägerin, ohne hierzu vertraglich verpflichtet zu sein, Lösungsvorschläge mit Magerbetonplomben unterbreitet. Eigentlich wäre es Sache der Beklagten gewesen, eine geänderte, ausführbare Entwurfsplanung vorzulegen.

(b) Ein substantiierter Vortrag der Beklagten dazu fehlt. Die Beklagte ließ lediglich ausführen, dass „(d)as Schreiben der Klägerin … keine neuen Argumente“ enthalten habe. Die Beklagte habe auf den bisherigen Schriftverkehr verwiesen). In dem betreffenden Schreiben vom 6. Dezember 2011 (Anlage B 101) wurde zwar Bezug auf ein Schreiben vom 21. Oktober 2011 genommen. Dieses konnte aber – soweit dort überhaupt vorhanden – inmitten des üppig vorgelegten Schriftverkehrs nicht gefunden werden. Weiter hat die Beklagte ausgeführt, dass die Weigerung der Klägerin zur Vorlage der Planung trotz diesseitiger Vorlage eines machbaren Entwurfs unberechtigt gewesen sei. Dazu hat sie auf die Anlage B 101 verwiesen. Dieser Verweis ist unergiebig. Die Beklagte hat nicht dargelegt, welche Entwurfsplanung sie der Klägerin vorgelegt hat, so dass diese durch Sachverständigenbeweis nicht überprüft werden kann. Im Übrigen wäre hier auch im Licht eines – wie beschrieben – möglichen Versäumnisses der Klägerin im Zusammenhang mit dem Sachverhalt „Verweigerung zur Grundleitungsplanung“ lediglich eine Teilkündigung in Betracht gekommen. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die behaupteten Versäumnisse der Klägerin im Hinblick auf den hier zu behandelnden Sachverhalt so gravierend waren, dass sie allein oder im Zusammenspiel mit dem soeben genannten – möglichen – Versäumnis eine Kündigung des ganzen Vertrages gerechtfertigt hätten.

(22) Ebenso wenig vermag der Sachverhalt „Verweigerung zur Vorlage eines Abbruchkonzepts bezüglich Keller Nordflügel im Bereich des neu zu erstellenden Technikgebäudes“ einen Kündigungsgrund zu begründen.

(a) Im Schreiben vom 18. November 2011 (Anlage K 66) hat die Klägerin unter Ziffer 18 ausgeführt, sie werde das Abbruchkonzept liefern. Jedoch müsse eine klare Ausführungsvariante zur Unterfangung festgelegt werden, um diese letztlich zu ergänzen oder so wie bis jetzt aufgestellt zu belassen.

(b) Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 VOB/B hat die Beklagte nicht dargelegt. Ungeachtet dessen ist die Behauptung, die Klägerin sei im Besitz aller Vorgaben gewesen, im Hinblick auf die soeben zitierte konkrete Nachfrage der Klägerin, mit der diese zugleich ihre Leistungsbereitschaft klar erklärt hat, unsubstantiiert. Ob die Vorgaben ausreichend gewesen sind, wäre durch Sachverständigenbeweis aufzuklären gewesen. Informationen, die sachverständig begutachtet hätten werden können, hat die Beklagte jedoch nicht vorgelegt.

(23) Schließlich vermag die Beklagte nicht durchzudringen, soweit sie für ihre Kündigung den Sachverhalt „Unberechtigtes Bestehen auf dem Einsatz eines vertraglich nicht zulässigen Lohnleistungsunternehmens … und Verweigerung zur Ausführung der Arbeiten, auf welche Ihr Haus eingerichtet ist, mit eigenem Personal“ angeführt hat.

(a) Im Schreiben vom 18. November 2011 (Anlage K 66) hat die Klägerin unter Ziffer 19 ausgeführt, die mit Schreiben vom 17. November 2010 begründet dargelegte Vorgehensweise sei durch die zwischenzeitlich durch die Beklagte zu vertretende massive Bauverzögerung obsolet und in dieser Form schon lange nicht mehr relevant. Inwieweit und durch wen zukünftige – aufgrund der mangelnden Mitwirkung der Beklagten zeitlich nicht eingrenzbare – Arbeiten ausgeführt werden könnten, sei erst nach Aufhebung der Unterbrechung und Termineingrenzung zu beurteilen. Weiter hat die Klägerin vorgetragen, dass dieser Vorgang vom Herbst 2010 zum Zeitpunkt 14. November 2011 in keiner Weise zeitrelevant gewesen sei, da dieser Personaleinsatz für die Rohbauarbeiten des Technikgebäudes aufgrund der massiven Bauablaufstörungen noch lange nicht bevorgestanden habe.

(b) Das Schreiben vom 18. November 2011 ist nicht als unberechtigtes Bestehen auf dem Einsatz eines vertraglich nicht zulässigen Lohnleistungsunternehmens zu verstehen. Allenfalls kann den Ausführungen der Klägerin entnommen werden, dass sie sich im Hinblick auf diesen Sachverhalt, der zum damaligen Zeitpunkt selbst – 18. November 2011 – nicht akut zur Debatte gestanden hat, für die Zukunft nicht binden wollte, sondern insoweit ihre Gedanken sortieren wollte.

(c) Erfolglos trägt die Beklagte vor

„Dieser Vortrag [= der Vortrag, dass in Folge der Bauverzögerung unklar sei, inwieweit und durch wen zukünftige Arbeiten ausgeführt werden] bestätigt jedoch weder, dass die Klägerin am Einsatz ihres Lohnleisters festgehalten hätte, noch, dass die Leistungen, welche vertragsgemäß im eigenen Hause hätten ausgeführt werden müssen, auch entsprechend den vertraglichen Bedingungen ausgeführt worden wären.“

Wie auch immer dieser Vortrag zu verstehen ist: Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass speziell im Zeitraum der Kündigung die Klägerin nicht zulässige Lohndienstleister eingesetzt hätte. Die in Bezug auf die Zukunft recht vagen Andeutungen der Klägerin rechtfertigen eine Kündigung aus wichtigem Grund – auch neben etwa bestehenden weiteren Gründen von ähnlich geringem Gewicht – nicht.

5. Wie bereits vorstehend zum Ausdruck gekommen ist, haben diejenigen eventuellen Verstöße der Klägerin gegen vertragliche Regelungen und das werkvertragliche Kooperationsgebot es auch in der Gesamtschau für die Beklagte nicht unzumutbar gemacht, an dem abgeschlossenen Bauvertrag festzuhalten.

a) Dabei ist zu berücksichtigen, dass schwere Verstöße nicht festgestellt werden können, weil die Beklagte nicht dargelegt und gegebenenfalls unter Beweis gestellt hat, welche Bedeutung einzelne Pflichtverletzungen der Klägerin für den gesamten Bauablauf gehabt haben.

b) Darüber hinaus ist festzustellen, dass über zahlreiche Punkte zwischen den Parteien über einen sehr langen Zeitraum die Positionen ausgetauscht wurden, ohne dass Fortschritte zu verzeichnen waren. Die Beklagte hat weder substantiiert vorgetragen noch bewiesen, dass sie – rechtzeitig – die erforderlichen Vorgaben gemacht und das Baufeld etc. zur Verfügung gestellt hätte, um der Klägerin eine mangelfreie Leistungserbringung zu ermöglichen.

c) Gegebenenfalls wäre eine Teilkündigung zum Beispiel im Hinblick auf Planungsleistungen nach dem Gebot der Verhältnismäßigkeit zu erwägen gewesen.

d) Nach alledem lag ein Grund für eine fristlose Kündigung des gesamten Bauvertrags nicht vor.

6. Zuletzt wendet sich die Beklagte erfolglos dagegen, dass die Erklärung der fristlosen Kündigung in eine Auftragsentziehung nach § 8 Abs. 1 VOB/B, § 649 BGB umgedeutet wird.

a) Denn zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass die Beklagte im Kündigungsschreiben vom 28. November 2011 nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat, dass sie nicht hilfsweise frei kündigen wollte. Außerdem hat, wie die Berufungserwiderung zurecht erwähnt, die Beklagte im Kündigungsschreiben unmissverständlich mitgeteilt, dass sie die Leistung nunmehr durch einen Drittunternehmer ausführen lassen werde. Dies ist konfliktfrei nur möglich, wenn die Kündigungserklärung auch für den Fall wirksam sein sollte, dass der Kündigungsgrund nicht besteht (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 2003 – VII ZR 218/02, juris Rn. 23). Dass die Beklagte im Schreiben vom 2. Dezember 2011 (Anlage B 38) ausgeführt hat, ihre Kündigung sei sicherlich nicht als freie Kündigung zu werten, ist unerheblich. Denn dieses Schreiben datiert zu einem Zeitpunkt nach der Kündigung.

b) Letztlich spielt all dies keine rechtlich erhebliche Rolle. Indem die Beklagte die Werkleistung der Klägerin durch einen Drittunternehmer hat herstellen lassen, hat sie der Klägerin das Erbringen der Werkleistung schuldhaft unmöglich gemacht. Der geltend gemachte Anspruch der Klägerin im Hinblick auf die nicht erbrachten Leistungen ergibt sich dann aus § 326 Abs. 2 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 708 Nr. 10, § 711 und § 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Bei der Berechnung des Streitwerts der Berufung sind die von der Zwischenfeststellungsklage erfassten nicht erbrachten, zuletzt in Höhe von 1.230.791,82 € geltend gemachten Leistungen zu berücksichtigen (vgl. dazu zuletzt Schriftsatz der Klägerin vom 26. März 2015, Seiten 23 f., zuvor: Schlussrechnung vom 24. August 2012, Anlage K 148; Schriftsatz vom 16. August 2013, Seite 196; Schriftsatz vom 11. Juli 2014, Seite 115). Hinzuzurechnen sind die von der Beklagten zweitinstanzlich auf 1.400.000 € (Berufungsbegründung vom 8. August 2017, Seite 6 Abs. 3) geschätzten Mehrkosten der Ersatzvornahme.

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