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VOB-Bauvertrag – Fälligkeit des Umsatzsteueranteils des Werklohns

LG Ulm, Az.: 3 O 200/17, Urteil vom 06.11.2017

1. Die Beklagte wird verurteilt, an das klagende Land 12.373,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.06.2016 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Das klagende Land macht aus abgetretenem Recht des Zedenten W. gegen die Beklagte einen Anspruch auf den Umsatzsteueranteil des Werklohns aus zwei Werkverträgen geltend.

Die Beklagte, die als Bauträgerin tätig ist, und der Zedent, der unter der Geschäftsbezeichnung „O.-F.“ Bauleistungen anbietet, schlossen am 06./10.10.2011 einen „VOB-Bauvertrag mit Einheitspreisen“ (Bl. 16 ff. der Akten) über die Erbringung von Glaserarbeiten für den Neubau eines Mehrfamilienhauses mit Garagen in der K.-straße 10 in Eislingen. Die Vergütung des Zedenten sollte sich gemäß der in Nr. 5 des Vertrages getroffenen Vereinbarung nach den vertraglichen (Netto-) Einheitspreisen des Angebots richten. Als „sonstige Vereinbarung“ hielten die Vertragspartner unter Nr. 17 des Vertrages fest, dass „gemäß § 13b UStG […] die Steuerschuldnerschaft zur Umsatzsteuer bei Erbringung von Bauleistungen auf den Leistungsempfänger über[geht]“. Dabei gingen die Parteien in Übereinstimmung mit der damaligen Praxis der Finanzverwaltung davon aus, dass (auch) bei Bauleistungen, die für einen Bauträger erbracht werden, der Leistungsempfänger Schuldner der Umsatzsteuer ist. Mit Rechnung vom 25.11.2011 zur Rechnungsnummer 13411 (Bl. 99 der Akten) machte der Zedent eine Abschlagsforderung in Höhe von 19.679,40 EUR netto geltend. Mit Schlussrechnung vom 18.01.2012 zur Rechnungsnummer 00212 (Bl. 102 der Akten) stellte der Zedent der Beklagten einen Betrag in Höhe von insgesamt 37.669,90 EUR netto, nach Abzug des Abschlagsrechnungsbetrags noch 17.990,50 EUR, in Rechnung. Auf beiden Rechnungen war der Hinweis „Die Umsatzsteuer für diese umsatzsteuerpflichtige Werklieferung schuldet der Auftraggeber nach § 13b Umsatzsteuergesetz“ vermerkt. Die Beklagte ließ die Schlussrechnung durch das Architekturbüro B. prüfen. Das Architekturbüro erstellte unter dem 25.01.2012 ein Rechnungsprotokoll (Bl. 103 der Akten), mit dem eine Rechnungssumme von 36.731,92 EUR netto anerkannt wurde. Die Beklagte zahlte den anerkannten Betrag an den Zedenten, wobei die Zahlung in Höhe von 1.874,08 EUR vereinbarungsgemäß auf ein Treuhandkonto erfolgte, und führte die auf den anerkannten Betrag entfallende Umsatzsteuer von 6.979,06 EUR an das Finanzamt ab.

VOB-Bauvertrag – Fälligkeit des Umsatzsteueranteils des Werklohns
Symbolfoto: BalaguR/Bigstock

Am 06./14.02.2012 schlossen die Beklagte und der Zedent einen weiteren „VOB-Bauvertrag mit Einheitspreisen“ (Bl. 21 ff. der Akten) über die Erbringung von Glaserarbeiten für den Neubau eines Mehrfamilienhauses mit Carports in der B.-straße 2 in Uhingen. Die Vergütung des Zedenten sollte sich gemäß der in Nr. 5 des Vertrages getroffenen Vereinbarung nach den vertraglichen (Netto-) Einheitspreisen des Leistungsverzeichnisses richten. Als „sonstige Vereinbarung“ hielten die Vertragspartner unter Nr. 17 des Vertrages wiederum fest, dass „gemäß § 13b UStG […] die Steuerschuldnerschaft zur Umsatzsteuer bei Erbringung von Bauleistungen auf den Leistungsempfänger über[geht]“. Mit Rechnung vom 26.03.2012 zur Rechnungsnummer 02612 (Bl. 74 der Akten) machte der Zedent eine Abschlagsforderung in Höhe von 21.614,69 EUR netto geltend. Mit Schlussrechnung vom 14.05.2012 zur Rechnungsnummer 05212 (Bl. 73 der Akten) stellte der Zedent der Beklagten einen Betrag in Höhe von insgesamt 26.363,52 EUR netto, nach Abzug des Abschlagsrechnungsbetrags noch 4.748,83 EUR, in Rechnung. Auf beiden Rechnungen war der Hinweis „Die Umsatzsteuer für diese umsatzsteuerpflichtige Werklieferung schuldet der Auftraggeber nach § 13b Umsatzsteuergesetz“ vermerkt. Die Beklagte ließ die Schlussrechnung wiederum durch das Architekturbüro D B prüfen. Das Architekturbüro erstellte unter dem 04.06.2012 ein Rechnungsprotokoll (Bl. 75 der Akten), mit dem eine Rechnungssumme von 25.444,75 EUR netto anerkannt wurde. Die Beklagte zahlte den anerkannten Betrag an den Zedenten, wobei die Zahlung in Höhe von 1.311,59 EUR vereinbarungsgemäß auf ein Treuhandkonto erfolgte, und führte den auf den anerkannten Betrag entfallende Umsatzsteuer von 4.834,50 EUR an das Finanzamt ab. Für die Lieferung von Fenstern und Alusimsen machte der Zedent mit einer Nachtragsrechnung vom 10.07.2012 zur Rechnungsnummer 07812 (Bl. 113 der Akten) eine zusätzliche Werklohnforderung in Höhe von 3.008,00 EUR netto geltend. Auch auf dieser Rechnung war der Hinweis „Die Umsatzsteuer für diese umsatzsteuerpflichtige Werklieferung schuldet der Auftraggeber nach § 13b Umsatzsteuergesetz“ vermerkt. Die Beklagte anerkannte und bezahlte einen Betrag in Höhe von 2.947,84 EUR; die auf den anerkannten Betrag entfallende Umsatzsteuer von 560,09 EUR führt sie an das Finanzamt ab.

Nachdem der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 22.08.2013 – V R 37/10 – entschieden hatte, dass § 13b Abs. 2 S. 2 UStG 2005 einschränkend dahingehend auszulegen ist, dass es für die Entstehung der Steuerschuld darauf ankommt, ob der Leistungsempfänger – anders als ein Bauträger – die an ihn erbrachte Bauleistung seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet, beantragte die Beklagte am 03.04.2014 bei dem Finanzamt unter Berufung auf die genannte Entscheidung, ihr die im Hinblick auf die Rechnungen 13411, 00212, 02612, 05212 und 07812 abgeführte Umsatzsteuer, insgesamt 12.373,65 EUR, zu erstatten. Daraufhin nahm das für den Zedenten zuständige Finanzamt Heidenheim diesen mit Schreiben vom 08.05.2015 (Bl. 35 ff. der Akten) wegen der auf die abgerechneten Werklohnforderungen entfallenden Umsatzsteuerbeträge als Steuerschuldner in Anspruch. Am 28.10.2015 erteilte der Zedent „Gutschriften“ (Bl. 100, 104, 107, 111, 114) in Höhe der jeweiligen Rechnungsbeträge und erstellte gleichzeitig neue Rechnungen mit den Rechnungsnummern 15156 (Bl. 29 der Akten), 15155 (Bl. 30 der Akten), 15154 (Bl. 26 der Akten), 15153 (Bl. 28 der Akten) und 15152 (Bl. 27 der Akten), in denen neben den aus den „gutgeschriebenen“ Rechnungen übernommenen Beträgen zusätzlich die darauf entfallenden Umsatzsteuerbeträge, insgesamt 12.737,88 EUR, aufgeführt waren. Am 11./24.05.2016 schlossen der Zedent und das klagende Land einen Abtretungsvertrag (Bl. 31 ff. der Akten), mit dem der Zedent zur Tilgung seiner Umsatzsteuerschuld die Umsatzsteueranteile seiner Werklohnforderungen gegen die Beklagte aus den Bauvorhaben K.-straße 10 und B.-straße 2 „an Zahlungs statt“ an das klagende Land abtrat. Zur näheren Bestimmung der Forderungen, deren Umsatzsteueranteile von der Abtretung erfasst sein sollten, wurden in einer Anlage zu dem Vertrag die Rechnungsnummern 13411, 00212, 02612, 05212 und 07812 angegeben.

Mit Schreiben vom 25.05.2016 (Bl. 76 ff. der Akten) forderte das klagende Land die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 28.06.2016 zur Erfüllung der abgetretenen Forderungen auf. Die Aufforderung blieb erfolglos.

Das klagende Land ist der Ansicht, dass sich aus einer ergänzenden Auslegung der zwischen dem Zedenten und der Beklagten geschlossenen „VOB-Bauverträge mit Einheitspreisen“ bzw. aus den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage Ansprüche auf Zahlung weiteren Werklohns in Höhe der auf den gezahlten Netto-Werklohn entfallenden Umsatzsteueranteile ergeben.

Mit der Beklagten am 30.12.2016 zugestelltem Mahnbescheid hat das klagende Land aus abgetretenem Recht des Zedenten einen Betrag in Höhe von 12.737,88 EUR, der den in den Rechnungen 15156, 15155, 15154, 15153 und 15152 ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträgen entspricht, nebst Zinsen gerichtlich gegen die Beklagte geltend gemacht. In der Güteverhandlung am 01.09.2017 hat das klagende Land die Klage wegen eines Betrages von 364,23 EUR, der der auf die Differenz zwischen den Rechnungsbeträgen und den von der Beklagten anerkannten Rechnungsbeträgen entfallenden Umsatzsteuer entspricht, zurückgenommen.

Das klagende Land beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an es 12.373,65 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.06.2016 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte, die der Ansicht ist, dass ergänzende Werklohnansprüche nicht bestehen bzw. dem klagenden Land nicht wirksam abgetreten wurden, beruft sich hilfsweise auf die Einrede der vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung und zudem auf Verjährung.

Im Verhandlungstermin am 01.09.2017 haben die Parteien ihre Zustimmung zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt. Mit Beschluss vom 16.10.2017 hat das Gericht den 02.11.2017 als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, und den 06.11.2017 als Verkündungstermin bestimmt. Mit Schriftsatz vom 25.10.2017 hat die Beklagte mitgeteilt, dass „kein Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren besteht“.

Wegen des übrigen Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und auf das Protokoll über die Verhandlung am 01.09.2017 (Bl. 93 ff. der Akten) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

1. Die Voraussetzungen des § 128 Abs. 2 S. 1 ZPO für eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren liegen vor. Die Parteien haben die erforderliche Zustimmung wirksam erteilt. Sollte der Schriftsatz der Beklagten vom 25.10.2017 als Widerruf der Zustimmung gemeint sein, steht dies der Entscheidung nicht entgegen. Der Widerruf der Zustimmung zum schriftlichen Verfahren ist gemäß § 128 Abs. 2 S. 1 ZPO nur im Falle einer wesentlichen Änderung der Prozesslage wirksam. Dafür ist hier nichts ersichtlich.

2. Die zulässige Klage ist vollständig begründet.

a) Das klagende Land hat gemäß §§ 631 Abs. 1, 398 S. 2 BGB einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung des geltend gemachten Umsatzsteueranteils der ursprünglich dem Zedenten zustehenden Werklohnforderung für die Erbringung von Leistungen betreffend das Bauvorhaben …….in Höhe von 6.979,06 EUR.

aa) Die Beklagte war nach den im „VOB-Bauvertrag mit Einheitspreisen“ vom 06./10.10.2011 getroffenen Vereinbarungen unstreitig verpflichtet, dem Zedenten für Glaserarbeiten Werklohn in Höhe von jedenfalls 36.731,92 netto zu zahlen. Der Anspruch des Zedenten gegen die Beklagte auf Nachzahlung des auf diesen Betrag entfallenden Umsatzsteueranteils von 6.979,06 EUR ergibt sich aus der gebotenen ergänzenden Auslegung der Vergütungsregelung des „VOB-Bauvertrags mit Einheitspreisen“ vom 06./10.10.2011. Die ergänzende Vertragsauslegung ist zulässig, wenn eine Vereinbarung der Vertragspartner in einem regelungsbedürftigen Punkt fehlt und keine Regelung des dispositiven Gesetzesrechts eingreift. Dabei ist es unerheblich, ob die Vertragspartner bewusst auf eine ins Einzelne gehende Regelung verzichtet haben; ebenso unerheblich ist, ob die Lücke von Anfang an bestanden oder sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (BGH, Urteil vom 24.01.2008 – III ZR 79/07 –). Die hier getroffene Vergütungsregelung enthält in einem regelungsbedürftigen Punkt eine Unvollständigkeit. Die Beklagte und der Zedent sind ausweislich des Inhalts von Nr. 17 des Vertrages davon ausgegangen, dass die Beklagte Schuldnerin der Umsatzsteuer ist und der Zedent deshalb Nettorechnungen zu stellen hat. Für den Fall, dass sich dieser Umstand als falsch herausstellen oder ändern sollte, haben sie eine Regelung nicht getroffen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass mit der Wiedergabe der gemeinsamen Vorstellung von der Steuerschuldnerschaft der Beklagten zugleich eine allgemeingültige Regelung zur Tragung der Umsatzsteuer im Innenverhältnis getroffen werden sollte. Durch dispositives Recht kann die Lücke der Vergütungsabrede nicht gefüllt werden. Wenn die Vertragspartner den offen gebliebenen Punkt bedacht hätten, dann hätten sie nach dem von ihnen gewollten Vertragszweck bei sachgemäßer Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise vereinbart, dass dem Zedenten im Falle seiner Steuerschuldnerschaft ein ergänzender Anspruch gegen die Beklagte in Höhe der auf den vereinbarten Nettopreis entfallenden Umsatzsteuer zustehen soll. Dies ergibt sich zwanglos daraus, dass nach dem vertraglichen Regelungszusammenhang die Vertragspartner zugrunde gelegt haben, dass die Beklagte wirtschaftlich die Umsatzsteuer tragen und dem Zedenten der vereinbarte Werklohn umsatzsteuerfrei verbleiben soll. Schutzwürdige Interessen der Beklagten stehen dieser ergänzenden Auslegung der Vergütungsabrede nicht entgegen. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Vertragspartner davon ausgehen konnten, dass der Zedent die ihn treffende umsatzsteuerrechtliche Belastung unter Berufung auf eine angebliche Verfassungswidrigkeit der den Vertrauensschutz nach § 176 AO modifizierenden Regelung des § 27 Abs. 19 UStG würde abwehren können. Nachdem niemals eine Möglichkeit zu einem umsatzsteuerrechtlich unbelasteten Leistungsbezug, bei dem die Beklagte Umsatzsteuer weder an den Zedenten zu zahlen hatte noch den Leistungsbezug selbst versteuern musste, im Raum stand, geht das Interesse der Beklagten auf die Erzielung eines steuerrechtlichen Zufallsgewinns durch Ausnutzung der Diskrepanz zwischen bisheriger Verwaltungspraxis und neuer Rechtsprechung; ein solches Interesse ist unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage in keiner Weise schutzwürdig (vgl. BFH, Urteil vom 23.02.2017 – V R 16, 24/16 –).

Der Anspruch ist auch fällig. Der Zedent hat seine Werklohnforderung mit Rechnung vom 18.01.2012 zur Rechnungsnummer 00212 schlussabgerechnet; die Beklagte hat die Schlussrechnung geprüft, ohne dass sie binnen der Frist des § 16 Abs. 3 Nr. 1 S. 3 VOB/B Einwendungen gegen die Prüfbarkeit erhoben hätte. Die Leistung gilt gemäß Nr. 9 Abs. 2 des Vertrages jedenfalls mit der vorbehaltlosen Schlusszahlung der Beklagten als abgenommen. Mit der Fälligkeit der Forderung ist zugleich der nicht in der Schlussrechnung aufgeführte Umsatzsteueranteil des Werklohns fällig geworden (vgl. BGH, Urteil vom 12.02.1970 – VII ZR 168/67 –). Der Umstand, dass der Zedent am 28.10.2015 unter Nennung der Rechnungsnummern 02612 und 05212 „Gutschriften“ erteilte, hat vor dem Hintergrund dieser „Gutschriften“ weder auf den Bestand noch auf die Fälligkeit der Werklohnforderung Einfluss.

bb) Der Zedent hat den Umsatzsteueranteil seines Werklohnanspruchs gegen die Beklagte für die Erbringung von Leistungen betreffend das Bauvorhaben K.-straße 10 mit dem Abtretungsvertrag vom 11./24.05.2016 wirksam an das klagende Land abgetreten. Dass in dem Abtretungsvertrag zur Kenntlichmachung der Forderung auf die Rechnungen mit den Rechnungsnummern 13411 und 00212, deren Beträge der Beklagten am 28.10.2015 „gutgeschrieben“ worden sind, Bezug genommen wurde, ist unschädlich, da es nicht auf die Rechnungen, sondern auf die den Rechnungen zugrunde liegenden Forderungen, die – wie oben ausgeführt – durch die „Gutschriften“ nicht gegenstandslos geworden sind, ankommt.

cc) Die Einrede der vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B gegen die Nachforderung greift nicht durch; die Beklagte legt nicht dar, den Zedenten – wie es die Norm erfordert – auf die Ausschlusswirkung hingewiesen zu haben. Der Werklohnanspruch ist auch nicht verjährt. Die regelmäßige Verjährungsfrist begann frühestens mit Schluss des Jahres 2014. Im Zeitpunkt des Entstehens der Forderung ging der Zedent entsprechend der damaligen Praxis der Finanzverwaltung davon aus, dass die Beklagte Steuerschuldnerin sei. Der Zeitpunkt, in dem der Zedent als Gläubiger im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen erlangte oder hätte erlangen müssen, kann nicht vor dem Zeitpunkt liegen, in dem der Zedent erfuhr, dass die Beklagte die Umsatzsteuer für die erbrachten Leistungen zurückgefordert hatte. Da das klagende Land die Abführung der Umsatzsteuer durch die Beklagte im Hinblick auf die gemeinsame Fehlvorstellung der Vertragspartner über die Person des Steuerschuldners nicht beanstandet hätte, konnte erst der Umstand, dass die Beklagte die Rückerstattung der Umsatzsteuer forderte, dem Zedenten Veranlassung geben, den ergänzenden Werklohnanspruch gegen die Beklagte geltend zu machen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 04.08.2016 – 7 U 177/15 –). Mit der Zustellung des Mahnbescheids am 30.12.2016 ist die bis dahin noch nicht abgelaufene Verjährungsfrist gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt worden.

b) Das klagende Land hat gemäß §§ 631 Abs. 1, 398 S. 2 BGB einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung des geltend gemachten Umsatzsteueranteils der ursprünglich dem Zedenten zustehenden Werklohnforderungen für die Erbringung von Leistungen betreffend das Bauvorhaben B.-straße 2 in Uhingen von insgesamt 5.394,59 EUR. Die Beklagte war nach den im „VOB-Bauvertrag mit Einheitspreisen“ vom 06./14.02.2012 getroffenen Vereinbarungen unstreitig verpflichtet, dem Zedenten für Glaserarbeiten Werklohn in Höhe von jedenfalls 25.444,75 EUR netto zu zahlen; ebenso unstreitig war sie verpflichtet, dem Zedenten für die Lieferung von Alufenstern und Simsen zusätzlich 2.947,84 EUR netto zu zahlen. Der Anspruch des Zedenten gegen die Beklagte auf Nachzahlung des auf diese Beträge entfallenden Umsatzsteueranteils von zusammen 5.394,59 EUR ergibt sich aus der gebotenen ergänzenden Auslegung der Vergütungsregelung des „VOB-Bauvertrags mit Einheitspreisen“ vom 06./14.02.2012, die der Regelung im Vertrag über das Bauvorhaben K.-straße 10 entspricht. Der Anspruch ist auch fällig. Der Zedent hat seine Werklohnforderung mit Rechnung vom 14.05.2012 zur Rechnungsnummer 05212 schlussabgerechnet; die Beklagte hat die Schlussrechnung geprüft, ohne dass sie binnen der Frist des § 16 Abs. 3 Nr. 1 S. 3 VOB/B Einwendungen gegen die Prüfbarkeit erhoben hätte. Die Leistung gilt gemäß Nr. 9 Abs. 2 des Vertrages jedenfalls mit der vorbehaltlosen Schlusszahlung der Beklagten als abgenommen. Entsprechendes gilt für den mit der Nachtragsrechnung vom 10.07.2012 mit der Rechnungsnummer 07812 geltend gemachten Anspruch. Der Zedent hat den Umsatzsteueranteil der Ansprüche mit dem Abtretungsvertrag vom 11./24.05.2016 wirksam an das klagende Land abgetreten. Dass in dem Abtretungsvertrag zur Kenntlichmachung der Forderung auf die Rechnungen mit den Rechnungsnummern 02612, 05212 und 07812, deren Beträge der Beklagten am 28.10.2015 „gutgeschrieben“ worden sind, Bezug genommen wurde, ist unschädlich, da es nicht auf die Rechnungen, sondern auf die den Rechnungen zugrunde liegenden Forderungen, die durch die „Gutschriften“ nicht gegenstandslos geworden sind, ankommt. Die Einrede der vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B gegen die Nachforderung greift mangels schlüssigen Vortrags zum Hinweis auf die Ausschlusswirkung nicht durch; der Werklohnanspruch ist – wie oben begründet – auch nicht verjährt.

c) Der Anspruch des klagenden Landes auf Verzugszinsen aus den zugesprochenen Beträgen beruht auf §§ 286 Abs. 3 S. 1 bzw. S. 2, 288 Abs. 1 und 2, 398 S. 2 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung des Urteils beruht auf dem Rechtsgedanken des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die ursprüngliche Zuvielforderung des klagenden Landes war verhältnismäßig geringfügig und hat Mehrkosten des Rechtsstreits nicht verursacht.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 709 ZPO.

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