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Verspätet erteilte Baugenehmigung – Schadensersatz

Das Oberlandesgericht Brandenburg beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Neuruppin zurückzuweisen, da die Baubehörde keine schuldhafte Verzögerung bei der Bearbeitung des Bauantrags zu verantworten hat. Die auferlegten Auflagen, insbesondere die bodendenkmalrechtlichen Bedingungen und Brandschutzmaßnahmen, seien rechtmäßig, im öffentlichen Interesse und nicht unverhältnismäßig. Somit hat die Klägerin keinen Anspruch auf Schadensersatz für die durch die verspätete Baugenehmigung entstandenen finanziellen Verluste.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 2 U 37/22

✔ Kurz und knapp


  • Keine verspätete Erteilung der Baugenehmigung, da es sich um ein umfangreiches Bauvorhaben handelte und die letzten Unterlagen erst Mitte Dezember 2015 eingereicht wurden.
  • Die bodendenkmalrechtliche Erlaubnis wurde zu Unrecht ausgeklammert, verzögerte das Vorhaben aber nicht entscheidend.
  • Die meisten Auflagen waren nicht rechtswidrig, sondern im öffentlichen Interesse und verhältnismäßig.
  • Einzelne Auflagen wie zur Fotodokumentation waren zwar rechtswidrig, verzögerten die Fertigstellung aber nicht unzumutbar.
  • Kein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss, da der Beklagte nicht verpflichtet war, auf mögliche denkmalrechtliche Auflagen hinzuweisen.
  • Kein Verdacht auf Korruption des Beklagten, um sich vom Mietvertrag zu lösen.
  • Insgesamt lag keine schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten vor.

Baugenehmigung: Kein Schadensersatz für Bauherrn bei rechtzeitiger Prüfung

Bauvorhaben sind oft komplexe Projekte, die eine sorgfältige Planung und Genehmigung erfordern. Die Erteilung einer Baugenehmigung durch die zuständige Behörde ist dabei ein entscheidender Schritt. Kommt es zu Verzögerungen in diesem Prozess, können dadurch erhebliche Kosten und Schäden für den Bauherrn entstehen.

Rechtliche Fragen rund um verspätet erteilte Baugenehmigungen und den daraus resultierenden Schadensersatzansprüchen sind ein häufig diskutiertes Thema im Baurecht. Entscheidend sind hierbei vor allem, ob ein Verschulden der Behörde vorliegt und inwieweit etwaige Verzögerungen kausal für die eingetretenen Schäden waren. Die Rechtsprechung hat hierzu in den letzten Jahren eine Reihe von Urteilen gefällt, die richtungsweisend für die Beurteilung solcher Fälle sind.

Im Folgenden soll ein aktuelles Urteil eines Oberlandesgerichts zu diesem Thema näher betrachtet und die wesentlichen Kernaussagen herausgearbeitet werden.

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✔ Der Fall vor dem Landgericht Neuruppin


Streit um verspätete Baugenehmigung und Schadensersatzansprüche

Die rechtliche Auseinandersetzung betrifft einen Fall, in dem die Klägerin Schadensersatzansprüche wegen einer verspätet erteilten Baugenehmigung und damit verbundenen, aus ihrer Sicht unberechtigten Auflagen geltend macht. Die Baugenehmigung wurde von der zuständigen Baubehörde erteilt, jedoch mit Verzögerungen und zusätzlichen Bedingungen, die aus Sicht der Klägerin die rechtzeitige Fertigstellung eines Bauprojekts verhinderten. Das Bauvorhaben umfasste die Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft. Die Klägerin erwarb das Grundstück später und trat in die Rechte der ursprünglichen Antragstellerin ein, welche die Baugenehmigung beantragt hatte.

Die Baubehörde, hier der Beklagte, erteilte die Genehmigung erst nach Einreichung der letzten erforderlichen Unterlagen Mitte Dezember 2015 und entschied darüber im Januar 2016. Die Klägerin behauptet, dass die Genehmigung unrechtmäßige Auflagen enthielt, die das Projekt weiter verzögerten. Zu den strittigen Auflagen gehörten insbesondere denkmalrechtliche Bestimmungen, wie die Pflicht zur wissenschaftlichen Dokumentation archäologischer Funde und die Einrichtung von Rauch- und Wärmeabzugsanlagen. Aufgrund der Verzögerungen konnte das Bauprojekt nicht rechtzeitig abgeschlossen werden, was zur Kündigung durch den Mieter und zu erheblichen finanziellen Verlusten für die Klägerin führte.

Urteil des Landgerichts Neuruppin

Das Landgericht Neuruppin wies die Klage ab. Es verneinte einen Amtshaftungsanspruch, da die Baubehörde ihrer Pflicht zur schnellen Bearbeitung nachgekommen sei. Das Gericht stellte fest, dass die Verzögerungen nicht auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen seien. Die Prüfung eines umfangreichen Bauvorhabens erfordere die Berücksichtigung zahlreicher rechtlicher und technischer Fragen. Obwohl die Baubehörde die bodendenkmalrechtliche Erlaubnis zunächst nicht in die Genehmigung einbezog, habe dies das Vorhaben nicht verzögert, da die Klägerin auch gegen später erteilte Auflagen Widerspruch eingelegt hätte.

Das Gericht erkannte die Notwendigkeit der beanstandeten Auflagen an. Diese seien im öffentlichen Interesse und nicht unverhältnismäßig. Dazu zählten beispielsweise die Dokumentation archäologischer Funde und die Sicherstellung des Brandschutzes gemäß den geltenden Vorschriften. Die Klägerin konnte keine unzumutbaren Belastungen nachweisen, die über das hinausgingen, was bei solchen Projekten üblich ist.

Berufung und Beurteilung durch das Oberlandesgericht

Das Brandenburgische Oberlandesgericht beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Neuruppin zurückzuweisen. Der Senat sieht die Berufung als offensichtlich unbegründet an. Das Oberlandesgericht stellt fest, dass die Baubehörde keine schuldhafte Verzögerung bei der Bearbeitung des Bauantrags zu verantworten hat. Die letzte Einreichung der notwendigen Unterlagen erfolgte Mitte Dezember 2015 und die Genehmigung wurde im Januar 2016 erteilt, was den gesetzlichen Fristen entspricht.

Das Gericht bekräftigt, dass die Auflagen rechtmäßig und im öffentlichen Interesse seien. Die bodendenkmalrechtlichen Bedingungen sind erforderlich, um archäologische Funde zu sichern und den Denkmalschutz zu gewährleisten. Die verlangte Dokumentation und die beteiligten Fachleute entsprechen den gesetzlichen Anforderungen und dienen dem Schutz des kulturellen Erbes.

Rechtliche Erwägungen und Konsequenzen

Die Klägerin argumentierte, dass die Baugenehmigung schneller hätte erteilt werden müssen und die auferlegten Auflagen unzumutbar seien. Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass die baurechtlichen und denkmalrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden müssen, um eine Genehmigung zu erteilen. Die Einhaltung dieser Vorschriften erforderte eine sorgfältige Prüfung und die Berücksichtigung aller relevanten Belange, einschließlich des Denkmalschutzes.

Das Gericht stellte zudem fest, dass der Beklagte seiner Pflicht zur Information der Klägerin über mögliche Verzögerungen und Auflagen nachgekommen sei. Die Klägerin wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass die Genehmigung durch die zuständigen Behörden erfolgen müsse und keine Garantie für eine schnelle Erteilung gegeben werden könne. Die vertraglichen Regelungen zum Sonderkündigungsrecht des Mieters im Falle von Verzögerungen wurden ebenfalls berücksichtigt und als zulässig erachtet.

Insgesamt bestätigt das Oberlandesgericht die Entscheidung des Landgerichts Neuruppin, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Schadensersatz hat, da die Verzögerungen nicht auf ein schuldhaftes Verhalten der Baubehörde zurückzuführen sind und die auferlegten Auflagen rechtmäßig und verhältnismäßig sind.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Die Entscheidung verdeutlicht, dass Baubehörden bei der Erteilung von Genehmigungen sowohl baurechtliche als auch denkmalschutzrechtliche Bestimmungen sorgfältig prüfen und einhalten müssen. Verzögerungen, die sich daraus ergeben, begründen keinen Schadensersatzanspruch, solange die Behörde nicht schuldhaft handelt und die Auflagen verhältnismäßig sind. Das Urteil betont die Bedeutung des öffentlichen Interesses und des Schutzes kulturellen Erbes im Rahmen von Bauvorhaben.

✔ FAQ – Häufige Fragen: Verspätete Baugenehmigung und Schadensersatzansprüche


Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Bauherr Schadensersatzansprüche gegen eine Baubehörde geltend machen kann, wenn die Baugenehmigung verspätet erteilt wurde?

Um als Bauherr erfolgreich Schadensersatzansprüche gegen eine Baubehörde wegen verspäteter Erteilung der Baugenehmigung geltend zu machen, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein.

Zunächst muss eine Amtspflichtverletzung der Baubehörde vorliegen. Das bedeutet, die Behörde muss ihre Pflichten im Zusammenhang mit der Erteilung der Baugenehmigung verletzt haben, indem sie beispielsweise die gesetzlich vorgeschriebenen Bearbeitungsfristen nicht eingehalten hat.

Des Weiteren muss die Pflichtverletzung der Behörde für den entstandenen Schaden ursächlich sein. Es muss also ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen der Verzögerung bei der Genehmigungserteilung und dem eingetretenen Schaden bestehen. Hätte die Behörde pflichtgemäß gehandelt und die Baugenehmigung rechtzeitig erteilt, wäre der Schaden nicht entstanden.

Außerdem muss die Behörde die Amtspflichtverletzung verschuldet haben. In der Regel genügt einfache Fahrlässigkeit, das heißt, die Behörde hätte die Verzögerung bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt vermeiden können und müssen. Das Verschulden wird nach einem objektivierten Maßstab beurteilt, es kommt also nicht auf die individuellen Fähigkeiten des einzelnen Amtsträgers an.

Ein Beispiel für einen ersatzfähigen Schaden wäre, wenn der Bauherr aufgrund der verspäteten Baugenehmigung höhere Baukosten hatte, weil sich die Preise für Material und Handwerkerleistungen in der Zwischenzeit erhöht haben. Auch entgangene Mieteinnahmen, die bei rechtzeitiger Fertigstellung erzielt worden wären, können einen zu ersetzenden Schaden darstellen.

Wichtig ist, dass der Bauherr alle zumutbaren Maßnahmen ergreift, um den Schaden möglichst gering zu halten oder abzuwenden. Er darf sich nicht einfach zurücklehnen, sondern muss im Rahmen des Zumutbaren aktiv werden, um eine unnötige Schadensausweitung zu verhindern.

Liegen die genannten Voraussetzungen vor, kann der Bauherr Schadensersatzansprüche gegen die Anstellungskörperschaft der Behörde geltend machen, in der Regel also gegen die Kommune oder das Bundesland. Dafür muss er Klage vor den ordentlichen Gerichten erheben. Es gelten die normalen zivilrechtlichen Verjährungsfristen.

Zu beachten ist, dass reine Vermögensnachteile oft schwerer zu beweisen sind als Sachschäden. Der Bauherr trägt die Darlegungs- und Beweislast für den entstandenen Schaden und die weiteren Anspruchsvoraussetzungen. Eine sorgfältige Dokumentation aller relevanten Vorgänge ist daher sehr wichtig.

Wann liegt eine schuldhafte Verzögerung der Baugenehmigung durch die zuständige Behörde vor?

Eine schuldhafte Verzögerung der Baugenehmigung durch die zuständige Behörde liegt vor, wenn die Behörde die gesetzlich vorgeschriebenen Fristen zur Bearbeitung des Bauantrags ohne sachlichen Grund überschreitet. Die konkreten Fristen sind in den Landesbauordnungen geregelt und variieren daher je nach Bundesland.

In Baden-Württemberg sieht § 54 der Landesbauordnung beispielsweise vor, dass die Behörde innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Eingang des Bauantrags dessen Vollständigkeit zu prüfen hat. Anschließend hat sie einen Monat Zeit, um die Gemeinde und andere betroffene Stellen anzuhören. Die endgültige Entscheidung über den Bauantrag muss spätestens nach zwei Monaten erfolgen. Werden diese Fristen von der Behörde schuldhaft, d.h. ohne zureichenden Grund wie z.B. eine extreme Arbeitsüberlastung, überschritten, kann eine Amtspflichtverletzung vorliegen, die Schadensersatzansprüche des Bauherrn begründen kann.

Allerdings reicht die bloße Überschreitung der Frist für sich genommen noch nicht aus. Vielmehr müssen weitere Voraussetzungen erfüllt sein Die Behörde muss die Verzögerung zu vertreten haben, was bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit der Fall ist. Zudem muss dem Bauherrn durch die Verzögerung ein kausaler Schaden entstanden sein, etwa in Form von Mietausfällen oder zusätzlichen Finanzierungskosten.

Bei der Bewertung, ob eine noch akzeptable Bearbeitungsdauer überschritten wurde, ist auch die Komplexität des konkreten Bauvorhabens zu berücksichtigen. Ein einfaches Wohnhaus im Neubaugebiet wird in der Regel schneller zu beurteilen sein als ein Gewerbebau im Außenbereich oder ein Gebäude in einer denkmalgeschützten Altstadt. Hier sind aufwändigere Prüfungen erforderlich, so dass sich die Bearbeitungszeit verlängern kann.

Ferner kommt es darauf an, wie die Behörde auf unvollständige Bauantragsunterlagen reagiert. Teilt sie dem Bauherrn unverzüglich mit, welche Unterlagen noch fehlen und setzt sie ihm hierfür eine angemessene Frist, ist ihr kein Vorwurf zu machen. Die Prüffrist beginnt dann erst mit Einreichung der vollständigen Unterlagen zu laufen. Unterlässt die Behörde einen solchen Hinweis oder setzt sie eine zu kurze Frist, kann darin wiederum eine Amtspflichtverletzung liegen.

Ein Beispiel aus der Rechtsprechung Das OLG Dresden hatte einen Fall zu entscheiden, in dem die Baugenehmigungsbehörde erst nach über einem Jahr über einen Antrag auf Vorbescheid entschieden hatte. Das Gericht bejahte hier eine Amtspflichtverletzung. Zwar sei die gesetzliche Drei-Monats-Frist für sich genommen noch nicht ausreichend für einen Schadensersatzanspruch. Doch ergebe sich aus dem erheblichen Fristverstoß in Verbindung mit einem schuldhaften Verhalten der Behörde und einem kausalen Schaden des Bauherrn ein Anspruch aus Amtshaftung.

Welche Auflagen in einer Baugenehmigung können als rechtmäßig und verhältnismäßig angesehen werden, selbst wenn sie zu Verzögerungen führen?

Bei der Erteilung einer Baugenehmigung können Behörden dem Bauherrn verschiedene Auflagen machen, die trotz möglicher Verzögerungen des Bauvorhabens als rechtmäßig und verhältnismäßig anzusehen sind. Solche Auflagen dienen in der Regel übergeordneten öffentlichen Interessen und sind daher vom Bauherrn grundsätzlich hinzunehmen.

Ein wichtiger Grund für behördliche Auflagen ist der Denkmalschutz. Soll ein historisches Gebäude umgebaut oder erweitert werden, kann die Genehmigungsbehörde zum Schutz des Baudenkmals spezielle Anforderungen stellen, etwa zur Verwendung bestimmter Materialien oder zur Erhaltung prägender Gestaltungselemente. Auch wenn dies die Bauausführung verkompliziert, ist es im öffentlichen Interesse gerechtfertigt.

Ebenso können Umweltauflagen Bauprojekte verzögern. Beispielsweise kann angeordnet werden, dass vor Baubeginn ein Artenschutzgutachten einzuholen ist, um die Auswirkungen auf geschützte Tierarten zu prüfen. Auch Lärmschutzauflagen zum Schutz der Nachbarschaft sind üblich und müssen bei der Bauplanung berücksichtigt werden.

Besonders relevant sind zudem Brandschutzauflagen. Behörden und Feuerwehr legen hier oft strenge Maßstäbe an, um die Sicherheit von Menschen und Sachwerten zu gewährleisten. Selbst wenn dadurch zusätzliche bauliche Maßnahmen erforderlich werden, sind diese Auflagen in aller Regel verhältnismäßig.

Allerdings sind behördlichen Auflagen auch Grenzen gesetzt. Sie dürfen nicht zu einer unzumutbaren Belastung für den Bauherrn führen. Auflagen müssen stets erforderlich und angemessen sein, um die jeweiligen öffentlichen Belange zu schützen. Überzogene Anforderungen, die außer Verhältnis zum verfolgten Zweck stehen oder den Bauherrn unverhältnismäßig belasten, können im Einzelfall als rechtswidrig eingestuft und gerichtlich aufgehoben werden.

Insgesamt gilt Bauherren sollten frühzeitig das Gespräch mit den zuständigen Behörden suchen, um mögliche Auflagen zu erörtern und in der Bauplanung zu berücksichtigen. Durch eine sorgfältige Vorbereitung lassen sich Verzögerungen im Genehmigungsverfahren minimieren. Zugleich ist anzuerkennen, dass der Schutz gewichtiger öffentlicher Interessen Vorrang vor den privaten Belangen des Bauherrn haben kann. Ein gewisses Maß an Beeinträchtigungen durch behördliche Auflagen ist daher meist unvermeidbar und hinzunehmen.

Inwieweit können Bauherren Schadensersatz für Folgeschäden wie Mietausfälle oder Vertragsstrafen aufgrund einer verspäteten Baugenehmigung verlangen?

Hier eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Punkte zum Thema Schadensersatz für Folgeschäden aufgrund verspäteter Baugenehmigung:

Grundsätzlich können Bauherren Schadensersatz für Folgeschäden wie Mietausfälle oder Vertragsstrafen verlangen, wenn die Baugenehmigung schuldhaft verspätet erteilt wurde und dadurch ein Schaden entstanden ist.

  • Voraussetzung ist, dass die Baubehörde ihre Amtspflichten verletzt hat, indem sie die Genehmigung nicht innerhalb der vorgesehenen Frist erteilt hat. Der Bauherr muss nachweisen, dass die Verzögerung ursächlich für den entstandenen Schaden war.
  • Als ersatzfähige Schäden kommen insbesondere Mietausfälle in Betracht, wenn der Bauherr die Immobilie aufgrund der Verzögerung später als geplant vermieten konnte. Auch Vertragsstrafen, die der Bauherr an Mieter oder Erwerber zahlen musste, können unter Umständen erstattet verlangt werden.
  • Der Bauherr muss die Höhe des Schadens darlegen und beweisen, z.B. durch Mietverträge, Mahnungen der Mieter, Zahlungsbelege über Vertragsstrafen etc. Reine Schätzungen reichen nicht aus.
  • Die Haftung der Behörde kann ausgeschlossen sein, wenn der Bauherr den Schaden mitverursacht hat, z.B. durch verspätete oder unvollständige Einreichung der Bauvorlagen.
  • Im Zweifelsfall sollte anwaltlicher Rat eingeholt werden, da die Rechtslage komplex ist und immer die Umstände des Einzelfalls zu prüfen sind.

Zusammengefasst haben Bauherren gute Chancen auf Schadensersatz für Folgeschäden, wenn sie die Verzögerung und den konkreten Schaden nachweisen können. Die Darlegungs- und Beweislast liegt aber beim Bauherrn.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 839 BGB (Amtshaftung): Dieser Paragraph regelt die Haftung des Staates für Schäden, die durch Beamte in Ausübung ihres Amtes verursacht werden. Im vorliegenden Fall prüfte das Gericht, ob die Baubehörde ihre Amtspflichten schuldhaft verletzt hat, indem sie die Baugenehmigung verzögerte.
  • Art. 34 GG (Staatshaftung): Dieser Artikel des Grundgesetzes begründet die Haftung des Staates für rechtswidriges Handeln seiner Organe. Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob die Verzögerung der Baugenehmigung einen Anspruch auf Schadensersatz aus Staatshaftung begründen könnte.
  • § 63 BbgBO a. F. (Brandenburgische Bauordnung): Dieser Paragraph regelte die Fristen und Verfahren für die Behandlung von Bauanträgen in Brandenburg, die zum Zeitpunkt des Falls relevant waren. Das Gericht analysierte, ob die Baubehörde die dort festgelegten Fristen eingehalten hat.
  • § 67 Abs. 1 Satz 2 BbgBO a. F. (Konzentrationswirkung der Baugenehmigung): Diese Regelung besagt, dass die Baugenehmigung alle für das Bauvorhaben notwendigen weiteren behördlichen Entscheidungen einschließt, z. B. denkmalschutzrechtliche Erlaubnisse. Die Klägerin argumentierte, der Beklagte habe die denkmalrechtliche Erlaubnis zu Unrecht zunächst aus der Genehmigung ausgeklammert.
  • § 9 BbgDSchG (Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz): Dieser Paragraph regelt die Genehmigungspflicht für Veränderungen an Denkmalen und die Verpflichtung zur Dokumentation. Im vorliegenden Fall wurden die Auflagen zum Denkmalschutz auf Grundlage dieses Gesetzes geprüft und als rechtmäßig befunden.
  • § 7 BbgDSchG: Dieser Paragraph definiert die Zumutbarkeitsgrenze für denkmalrechtliche Auflagen. Im vorliegenden Fall prüfte das Gericht, ob die denkmalrechtlichen Auflagen die Nutzung des Gebäudes in unzumutbarer Weise einschränkten, und kam zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall war.
  • § 311 Abs. 2 BGB (Schuldverhältnis durch Vertragsverhandlungen): Dieser Paragraph besagt, dass bereits die Aufnahme von Vertragsverhandlungen zu einem Schuldverhältnis führen kann, aus dem sich Schutzpflichten ergeben. Das Gericht prüfte, ob der Beklagte seine vorvertraglichen Aufklärungspflichten gegenüber der Klägerin verletzt hatte.
  • § 241 Abs. 2 BGB (Inhalt des Schuldverhältnisses): Dieser Paragraph regelt die gegenseitigen Rücksichtnahmepflichten in einem Schuldverhältnis. Im Kontext des Falls wurde geprüft, ob der Beklagte die Klägerin über mögliche Verzögerungen und Auflagen im Baugenehmigungsverfahren hätte aufklären müssen.


⬇ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Neuruppin

Brandenburgisches Oberlandesgericht – Az.: 2 U 37/22 – Beschluss vom 16.05.2023

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 17. August 2022, Az. 2 O 418/21, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht Schadenersatz für die aus ihrer Sicht verspätete und sodann mit unberechtigten Auflagen und Bedingungen verknüpfte Erteilung einer Baugenehmigung durch den Beklagten. Dieser habe damit als Baubehörde die rechtzeitige Fertigstellung der als Flüchtlingsunterkunft vorgesehenen Immobilie unmöglich gemacht und so das für diesen Fall ihm als Mieter eingeräumte Kündigungsrecht entstehen lassen, wovon er sogleich Gebrauch gemacht habe. Die Klägerin, die das Grundstück zwischenzeitlich erworben und alle Entschädigungsansprüche abgetreten bekommen hat, macht frustrierte Aufwendungen und Mietausfall geltend.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In dem Urteil, auf das wegen der Einzelheiten gemäß § 522 Abs. 4 Satz 2 ZPO Bezug genommen wird, heißt es zur Begründung:

Ein Amtshaftungsanspruch bestehe nicht. Zwar unterfalle der geltend gemachte Mietausfallschaden durchaus dem Schutzzweck der Amtspflicht, ein Baugesuch im Einklang mit dem geltenden Recht gewissenhaft, förderlich und sachdienlich zu behandeln, ohne Verzögerung innerhalb angemessener Frist zu bescheiden und dabei jede vermeidbare Schädigung des Antragstellers zu unterlassen. Bei schuldhafter Verletzung dieser Pflicht sei der Antragsteller so zu stellen, wie wenn sein Gesuch rechtzeitig und zutreffend beschieden worden wäre. Der erforderliche Bezug zur baulichen Nutzbarkeit des Grundstücks sei hier gegeben. Auf die Erhebung der Verjährungseinrede habe der Beklagte verzichtet, soweit die verzögerte Behandlung des Baugesuchs und vorvertragliche Aufklärungspflichten betroffen seien; hinsichtlich des Vorwurfs rechtswidriger Nebenbestimmungen gelte wenigstens entsprechend der Grundsatz der Hemmung während des Primärrechtsschutzes.

Der Beklagte habe allerdings seine Pflicht zur raschen Entscheidung nicht verletzt. Es handele sich um ein umfangreiches Bauvorhaben, welches die Prüfung zahlreicher rechtlicher und technischer Fragen erforderlich gemacht habe. Die letzten erforderlichen Unterlagen habe die Rechtsvorgängerin der Klägerin erst Mitte Dezember 2015 eingereicht, derweil die Entscheidung schon Mitte Januar 2016 ergangen sei. Zwar habe der Beklagte darin zu Unrecht die bodendenkmalrechtliche Erlaubnis ausgeklammert. Das habe aber das Vorhaben für sich nicht verzögert, hätte sich doch die Rechtsvorgängerin der Klägerin auch dann gegen die im April 2016 einbezogenen Auflagen gewandt, wenn sie schon im Januar 2016 ausgesprochen worden wären.

Nach dem Vortrag der Klägerin zur notwendigen Dauer der Bauarbeiten setze ein Schadensersatzanspruch voraus, dass der Beklagte verpflichtet war, eine Baugenehmigung ohne die beanstandeten Auflagen bis Ende Februar 2016 zu erteilen. Dies sei nicht der Fall. Die erteilten Auflagen seien nicht rechtswidrig, jedenfalls aber vertretbar.

Die Pflicht zur wissenschaftlichen Dokumentation und Bergung der im Boden verborgenen archäologischen Funde und Befunde gemäß Nr. 2.2.1 sei im öffentlichen Interesse zu gewährleisten und nicht unverhältnismäßig. Es sei nicht sicher von einer früheren Teilzerstörung im Bereich des Versorgungskanals auszugehen. Die Anzeige der Fertigstellung mindestens zwei Wochen vor Beginn der Nutzung nach 3.1.3 folge § 68 Abs. 5 BgbBauO a.F. Die Herstellung einer Rauch- und Wärmeabzugsanlage in 3.1.6 sei nur im Sinne des von der Klägerin selbst vorgelegten Brandschutzkonzeptes zu verstehen. Die Dokumentation nach Denkmalschutzrecht nach 4.1.1 folge § 9 Abs. 3 BgbDSchG. Gleiches gelte für die Auflagen 4.1.2 und 4.1.3 zur Sondierung durch einen Restaurator. Für die Übersendung der Plansätze an die Denkmalschutzbehörde nach 4.1.8 genügten offenbar die bereits bei der Baubehörde eingereichten. Die vorgesehene Erhaltung der Fluröffnungen nach 4.2.1 widerspreche nicht dem Mietvertrag, wobei die Rechtmäßigkeit der Auflage ohnehin allein am Denkmalschutzrecht zu messen sei. Unbedenklich sei auch der Vorbehalt von Änderungen der bodendenkmalschutzrechtlichen Auflagen in 4.4.1. Unzumutbare Belastungen im Sinne des § 7 BgbDSchG seien nicht dargelegt, sondern nur pauschal behauptet und in keiner Weise konkret belegt. Auf die weiteren Auflagen komme es nicht entscheidend an, da die Klägerin sich schon gegen die erwähnten Auflagen gewandt und so die Verzögerungen herbeigeführt habe.

wie solche nach dem Ordnungsbehördengesetz, § 51 Abs. 6 BbgBO a.F. bzw. § 57 Abs. 6 BbgBO n. F. Ein Verschulden bei Vertragsschluss könne dem Beklagten nicht angelastet werden. Auf die Möglichkeit von denkmalschutzrechtlichen Auflagen sei die Klägerin nicht gesondert hinzuweisen gewesen angesichts der ihr bekannten historischen Bedeutung des Objekts.

Das am 17. August 2022 verkündete Urteil ist der Klägerin am 6. September 2022 zugestellt worden. Sie hat am 6. Oktober 2022 Berufung eingelegt und am Montag, dem 7. November 2022 auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 6. Dezember 2022 angetragen, was ihr gewährt wurde. Ihre Berufungsbegründung ist am 5. Dezember 2022 eingegangen.

Die Klägerin ist der Auffassung, das Landgericht habe zutreffend erkannt, dass der geltend gemachte Schaden vom Schutzzweck der Amtshaftung umfasst und ihr Anspruch nicht verjährt sei. Allerdings habe der Beklagte dadurch seine Pflicht zur Entscheidung in angemessener Zeit verletzt, dass er erstmals am 12. Januar 2016 über den Antrag der Rechtsvorgängerin der Klägerin entschieden hat. Beide Vertragsparteien einschließlich des Beklagten seien bei Mietvertragsschluss von einer Genehmigungsdauer von ein bis zwei Monaten ab erstmaliger Antragstellung ausgegangen. Das Nachreichen von Unterlagen zum Bauantrag sei üblich. Am 19. Dezember 2015 seien lediglich letzte Unterlagen hereingereicht worden. Der Beklagte habe sich seit Ende September 2015 mit dem Vorhaben befassen und eine Entscheidung vorbereiten können. Die zeitkritische Unterbringung von Flüchtlingen habe ein besonderes öffentliches Interesse an einer zügigen Bescheidung begründet, mag das Bauvorhaben auch umfangreicher gewesen sein.

Der Beklagte habe in dem Genehmigungsbescheid vom 12. Januar 2016 die denkmalrechtliche Erlaubnis nach dem Bodendenkmalschutz nicht ausklammern dürfen, sie angesichts der Konzentrationswirkung der Baugenehmigung nach § 67 Abs. 1 BbgBauO a.F. vielmehr in diese aufzunehmen gehabt. Zwar sei davon auszugehen, dass die späteren bodendenkmalrechtlichen Auflagen aus der Baugenehmigung vom 4. April 2016 ebenfalls angegriffen worden wären, da sie unzumutbare Kosten und – auch zeitlichen – Mehraufwand verursacht hätten. Das sei aber kein Fall eines schadensausschließenden rechtmäßigen Alternativverhaltens. Die zeitliche Verzögerung lasse sich bei der Schadensursächlichkeit schon deshalb nicht hinwegdenken, weil Anfang April nicht mehr die bei Mietvertragsschluss als erforderlich angenommenen vier Monate Bauzeit ab Genehmigungserteilung zur Verfügung gestanden hätten. Es liege ein Fall der alternativen Kausalität vor, da sowohl die verzögerte Erteilung der bodendenkmalrechtlichen Erlaubnis erst Anfang April wie auch die Rechtswidrigkeit der bodendenkmalrechtlichen Auflagen jeweils für sich die rechtzeitige Fertigstellung des Mietobjektes vereitelt hätten. Die Auflagen 3.1.3 (Mitteilung der Fertigstellung der baulichen Anlagen – Verzögerung 2 Wochen), 4.1.1 (Fotodokumentation – Verzögerung 3 bis 4 Wochen) und 4.1.8 (Plansätze – Verzögerung im guten Fall 4 Wochen) hätten für sich noch nicht den Rechtsweg erfordert, da sie allein die Fertigstellung noch nicht unzumutbar gemacht hätten.

Die weiteren Auflagen seien rechtswidrig. Insoweit verfehle das Landgericht die Maßstäbe, wenn es auf den Durchschnittsbeamten abstellt ohne zu berücksichtigen, dass schon dieser stets über eine fundierte fachliche und behördenspezifische Qualifikation verfügt, äußerst kompetent um die rechtlichen Rahmenbedingungen seines Dezernats weiß und das Recht im Sinne der Bürger und seines Dienstherrn stets sach- und fachgerecht anwendet. Hier würden auch Fragen der Rechtmäßigkeit mit denen des Verschuldens vermengt. Keine Berücksichtigung finde das Interesse des Beklagten, sich nach dem Abflauen des Flüchtlingsstroms von dem Mietvertrag lösen zu können. Es werde auch an seinem Rücktritt zum frühestmöglichen Zeitpunkt deutlich.

Auch nach den unzutreffend weiten Maßstäben seien die Auflagen aber eklatant rechtswidrig. Die Auflage 2.2.1 zur Dokumentation aller Bodenarbeiten sei ermessensfehlerhaft und berücksichtige nicht, dass in dem fraglichen Bereich keine Funde mehr zu erwarten gewesen seien. Hier habe es bereits mehrfach Arbeiten durch den Energieversorger e… gegeben, in deren Bereich man sich unmittelbar gehalten hätte. Die Auflage 3.1.3 zur Mitteilung des Nutzungsbeginns stelle auf die Fertigstellung und nicht wie gesetzlich vorgesehen auf den Baubeginn bzw. auf den absehbaren Zeitpunkt der Fertigstellung ab. Die Auflage 3.1.6 zur Herstellung einer Rauch- und Wärmeabzugsanlage beziehe sich auf mehr als das im Brandschutzgutachten genannte Fenster, zumal der Bescheid vom 12. Januar 2016 noch die Norm VDI erwähnt habe, die sich eindeutig auf eine technische Anlage beziehe. Die Auflage 4.1.1 zur Fertigung der Dokumentation erfasse das gesamte Gebäude und damit ermessensfehlerhaft auch diejenigen Teile, die schon zu DDR-Zeiten erheblich umgestaltet worden seien, um seine Nutzung als Pflegeheim zu ermöglichen. Sie stammten aus der Zeit nach 1978 und hätten keinen bauhistorischen Wert. Der Beklagte habe konzediert, dass nur bestimmte Gebäudeteile dokumentiert werden sollten. Die Umsetzung der weitergehenden Auflage hätte die Arbeiten um drei bis vier Wochen verzögert.

Die angeordnete Sondierung bestimmter Arbeiten mit dem Denkmalschutz (Auflage 4.1.2) und die Beauftragung eines Restaurators mit der Erfassung der Ausbauelemente (Auflage 4.1.3) erfassten zum einen viele Gestaltungen aus der Zeit nach 1978 und seien zum anderen nicht auf die übliche exemplarische Dokumentation beschränkt; das sei erst im Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2016 erfolgt und damit zu spät, teils sogar erst in der hiesigen Klageerwiderung. Für die erst im Widerspruchsbescheid erfolgte Klarstellung der Anforderung 4.1.8 an die Plansätze gelte Entsprechendes. Die Auflage 4.2.1 zum Einbau von Trockenbauwänden stehe im Widerspruch zum Mietvertrag und dessen Vorgabe an die Raumanzahl. Diese begründe die auch im Denkmalschutzrecht zu beachtenden privaten und öffentlichen Interessen. Der Vorbehalt weiterer bodendenkmalschutzrechtlicher Auflagen in Auflage 4.4.1 sei zum einen unbestimmt und verletze zum anderen den Anspruch auf eine abschließende Bescheidung. Zur Risikominimierung wäre es erforderlich gewesen, vor weiteren Bauarbeiten die Erledigungsbestätigung des Denkmalamtes abzuwarten. Sie könne erfahrungsgemäß bis zu zwei Jahre in Anspruch nehmen. Die durch die Auflagen ausgelösten, in der Klageschrift dargelegten Mehrkosten von 60 % der Plankosten machten die Unzumutbarkeit der Auflagen deutlich; Sachverständigenbeweis habe sie angeboten.

Im Übrigen bestehe ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss. Der Beklagte habe richtigerweise nicht auf mögliche denkmalrechtliche Auflagen hinweisen müssen, wohl aber auf solche, die die Fertigstellung bis Ende Juni 2016 ausschlossen. Für diese vorvertragliche Pflicht habe es keiner vertraglichen Vereinbarung bedurft. Der Beklagte habe aus seiner Erfahrung mit entsprechenden Vorhaben wissen müssen, dass die angenommene kurze Dauer nicht realistisch sei, und ihre Rechtsvorgängerin nicht ins offene Messer laufen lassen dürfen. Dieser seien die Auswirkungen des Denkmalschutzrechts unbekannt gewesen. Die Regelung im Mietvertrag zum Sonderkündigungsrecht bei erheblicher Kostensteigerung infolge nicht rechtzeitiger Genehmigung stehe dem nicht entgegen, da sie allein die von der Rechtsvorgängerin der Klägerin kalkulierten Kosten in den Blick nehme. Es bestehe der Verdacht, dass der Beklagte von Korruption betroffen gewesen sei und sich deshalb vom Mietvertrag habe lösen wollen.

Der Klägerin beantragt:

das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 17. August 2022 zum Aktenzeichen 2 O 418/21 abzuändern und

1. den Beklagten zu verurteilen, 453.829,23 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus 97.249,12 EUR seit dem 06.07.2017, aus 97.249,12 EUR seit dem 05.07.2018, aus 97.249,12 EUR seit dem 04.07.2019, aus 97.249,12 EUR seit dem 06.07.2020 sowie aus 64.832,75 EUR seit dem 04.03.2021 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.323,55 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 06.08.2016 an die Klägerin zu bezahlen,

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle künftigen Schäden zu ersetzen, die der … C…. AG aus der verzögerten bzw. rechtswidrigen Bescheidung des am 12.01.2016 bzw. 04.04.2016 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2016 von dem Beklagten beschiedenen Genehmigungsbescheides (Az. 01489/2015/WIT/04) noch entstehen,

hilfsweise

3. den Beklagten zu verurteilen, 708.906,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 07.06.2021 an die Klägerin zu bezahlen,

hilfsweise den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Neuruppin zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil. Die Baugenehmigungsbescheide seien nicht verzögert erteilt worden. Die Zedentin habe am 19. Dezember 2015 nicht nur unwesentliche letzte, sondern maßgebliche Unterlagen wie den Brandschutzprüfbericht übermittelt. Weniger als einen Monat danach sei am 12. Januar 2016 die Baugenehmigung erteilt worden. Das Ausklammern der Denkmalschutz-Fragen sei unschädlich deshalb, weil die Voraussetzungen für die Genehmigung in diesem Moment nicht vorgelegen hätten und deshalb lediglich in Betracht gekommen wäre, die Entscheidung ganz auszusetzen. Die Zedentin wäre ohnehin gegen die – nicht zu beanstandenden – Denkmalschutz-Auflagen vorgegangen, weshalb es keine schadenskausale Verzögerung gegeben habe. Die Versorgungsleitungen sollten fast 100 m von der ursprünglichen Trasse entfernt verlegt werden. Anstelle einer Wärmeabzugsanlage sei nur ein Fenster im Treppenhaus gefordert worden. Die Dokumentationspflicht entspreche dem Gesetz. Die denkmalpflegerischen Maßnahmen belasteten die Zedentin nicht unangemessen. Verschulden bei Vertragsschluss sei dem Beklagten nicht anzulasten. Die Zedentin habe bei dem Bau- und Bodendenkmal mit denkmalpflegerischen Auflagen rechnen müssen und sei hierauf auch bei den Vertragsverhandlungen mehrfach hingewiesen worden. Der Verlauf des förmlichen Genehmigungsverfahrens sei auch für ihn nicht absehbar gewesen. Der Vertrag lege das Umsetzungsrisiko der Vermieterseite auf. Es sei ihm nie darum gegangen, die Vertragsdurchführung zu vereiteln.

II.

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung auch aus sonstigen Gründen nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 ZPO).

Die zulässige Berufung ist offensichtlich unbegründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht insgesamt als unbegründet abgewiesen und damit dahinstehen lassen, ob der Feststellungsantrag unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Vorrangs der Leistungsklage unzulässig ist. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch aus keinem Rechtsgrund zu.

1.

Ansprüche aus § 38 Abs. 1 lit. b) OBG und § 1 Abs. 1 StHG bestehen nicht. Beide Vorschriften sind im Bereich des Bauordnungsrechts nicht anzuwenden, § 51 Abs. 6 der Brandenburgischen Bauordnung (BbgBO) in der zum hier in Rede stehenden Zeitpunkt 2015/2016 maßgeblichen Fassung der Neubekanntmachung vom 17. September 2008 (GVBl. I 14/2008, S. 226, künftig BbgBO a. F.). Der Gesetzgeber hat bewusst, dem Vorbild des § 10 Abs. 1 Satz 2 BbgStrG folgend, die verschuldensunabhängige Haftung nach diesen beiden Normen ausschließen wollen. Er befürchtete angesichts der hohen Baukosten und der wirtschaftlichen Bedeutung der Bauvorhaben einerseits und der komplexen bauaufsichtlichen Entscheidungen und der häufigen Streitbefangenheit andererseits, dass sich anderenfalls das Haftungsrisiko nachteilig auf die Entscheidungsfähigkeit der unteren Bauaufsichtsbehörden auswirkt (LT-Drs. 4/5691 S. 27).

2.

Ein Anspruch aus Amtshaftung gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG besteht nicht. Voraussetzung der auf die Körperschaft übergeleiteten Haftung ist, dass ein Beamter im haftungsrechtlichen Sinne in Ausübung eines ihm von der Beklagten anvertrauten Amtes schuldhaft eine ihm der Zedentin als Rechtsvorgängerin der Klägerin gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt und ihr so einen Schaden verursacht hat, für den – bei nur fahrlässigem Handeln des Beamten – diese nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

a)

Es ist die grundlegende Amtspflicht des Beamten, die Aufgaben und Befugnisse des Staates oder der Körperschaft, für die er tätig wird, im Einklang mit dem objektiven Recht wahrzunehmen und auszuüben. Die öffentlich-rechtlichen Rechtspflichten, die die öffentliche Hand dem Bürger gegenüber hat, bestimmen zugleich die persönlichen Amtspflichten, die dem Amtswalter obliegen. Er ist deswegen verpflichtet, sich an Recht und Gesetz zu halten, also die Verfassung, die förmlichen Gesetze, Rechtsverordnungen, Satzungen und sonstige Rechtsvorschriften, auch des Rechts der Europäischen Union, zu beachten. Da die Gerichte letztlich über die Auslegung und Anwendung von Normen zu befinden haben, hat der Beamte auch die Pflicht, die für seine Amtsausübung einschlägige Rechtsprechung zu berücksichtigen (Senat, Urteil vom 7. Dezember 2021 – 2 U 33/21 –, Rdnr. 14 bei juris; Reinert, in: Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, 65. Edition mit Stand 1. Februar 2023, § 839 BGB Rdnr. 53).

Zudem hat jede Behörde die Amtspflicht gegenüber dem Antragsteller, sein Gesuch im Einklang mit dem geltenden Recht gewissenhaft, förderlich und sachdienlich zu behandeln und zu bescheiden und dabei jede vermeidbare Schädigung des Antragstellers zu unterlassen (BGH, Urteil vom 21. November 1985 – III ZR 94/84 –, NVwZ 1986, 961 = MDR 1986, 916 Rdnr. 27). Hierzu gehört es, die an sie gestellten Anträge mit der gebotenen Beschleunigung innerhalb einer angemessenen Frist zu behandeln und, sobald eine ordnungsgemäße Prüfung abgeschlossen ist, in angemessener Frist zu bescheiden. Das gilt vor allem, wenn der Behörde ein dringendes Interesse des Antragstellers an einer alsbaldigen Sachentscheidung erkennbar ist. Ein Beamter verletzt daher seine Amtspflicht gegenüber dem Antragsteller, wenn er infolge schuldhafter Verkennung der Rechtslage zögert, einem Antrag zu entsprechen, und damit dem Antragsteller zumindest zeitweilig die Entscheidung vorenthält. Eine sofortige Erledigung von Anträgen kann aber in der Regel nicht verlangt werden. Welche Frist angemessen, welche Beschleunigung geboten ist, bestimmt sich nicht allein nach dem Interesse des Antragstellers oder des durch die erbetene Entscheidung betroffenen einzelnen, sondern auch danach, dass im Einzelfall eine sachgerechte Entscheidung ausreichend vorbereitet und ermöglicht wird. Aus der für eine Untätigkeitsklage erforderlichen Drei-Monats-Frist des § 75 VwGO lässt sich dabei keinerlei Hinweis auf die Angemessenheit der Entscheidungsfrist herleiten. Weder kann eine Pflichtverletzung erst bei einer Verzögerung von mindestens drei Monaten angenommen werden, noch ist schon jede Überschreitung dieser Zeitspanne für sich pflichtwidrig (BGH, Urteil vom 12. Juni 2008 – III ZR 38/07 –, NVwZ-RR 2008, 674 = MDR 2008, 1033; Urteil vom 11. Januar 2007 – III ZR 302/05 –, BGHZ 170, 260 = NJW 2007, 830 Rdnr. 17; Beschluss vom 23. Januar 1992 – III ZR 191/90 –, NVwZ 1993, 299, Rdnr. 4; Staudinger/Wöstmann (2013) § 839 BGB Rdnr. 129 und 131; Rönsberg/Krafft, in: Rotermund/Krafft, Kommunales Haftungsrecht, 5. Auflage 2013, Kapitel II Öffentliches Baurecht, Rdnr. 861 und 867).

Nach § 67 Abs. 1 BbgBO a. F. ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Die Baugenehmigung ist damit eine „gebundene Erlaubnis“ und muss bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen auf Antrag erteilt werden. Eine ablehnende Entscheidung stellt in solchen Fällen daher ebenso eine Amtspflichtverletzung dar wie eine stattgebende, die mit rechtswidrigen belastenden Nebenbestimmungen versehen ist. Gleiches gilt, wenn die Entscheidung über einen genehmigungsfähigen Antrag pflichtwidrig verzögert wird (BGH, Beschluss vom 23. Januar 1992 – III ZR 191/90 –, NVwZ 1993, 299, Rdnr. 4; Urteil vom 21. November 1985 – III ZR 94/84 –, NVwZ 1986, 961 = MDR 1986, 916, Rdnr. 20; Staudinger/Wöstmann (2013) § 839 BGB Rdnr. 573; Rönsberg/Krafft ebd. Rdnr. 849; so ausdrücklich auch LT-Drs. 2/4096 S. 84). Um eine solche Verzögerung festzustellen, bedarf es eines Vergleichs des tatsächlichen Ablaufs mit dem fiktiven Bearbeitungszeitraum, und dies erfordert wiederum die Feststellung des Zeitpunktes, zu dem die Baugenehmigung bei pflichtgemäßer Sachbehandlung erteilt worden wäre (fiktiv-rechtmäßiger Erlasszeitpunkt). Wann eine haftungsauslösende Verzögerung in diesem Sinne vorliegt, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der landesrechtlichen Vorgaben für die Behandlung des Bauantrags (Rönsberg/Krafft ebd. Rdnr. 862 und 864). Auf die privatrechtlichen Bindungen des Bauinteressenten kommt es nicht entscheidend an. Die Amtspflichten der Bauaufsichtsbehörden bestimmen sich ausschließlich nach öffentlichem Recht und können durch privatrechtlichen Vertrag weder beschränkt noch ausgedehnt werden (BGH, Beschluss vom 23. November 1989 – III ZR 161/88 –, NVwZ 1990, 501, Rdnr. 9).

Diese Amtspflicht besteht prinzipiell nur gegenüber dem Antragsteller, allein er ist deshalb regelmäßig durch § 839 BGB geschützter „Dritter“ (BGH, Beschluss vom 26. Juni 2008 – III ZR 118/07 –, NVwZ-RR 2008, 670 = MDR 2008, 1215; BGH, Urteil vom 24. Februar 1994 – III ZR 6/93 –, NJW 1994, 2091 = MDR 1994, 555, Rdnr. 13; Staudinger/Wöstmann (2013) § 839 BGB Rdnr. 575; Rönsberg/Krafft ebd. Rdnr. 851).

b)

Der Beklagte verletzte die ihm gegenüber der Zedentin bestehende Amtspflicht auf ungesäumte Bescheidung ihres Bauantrages nicht in schadensursächlicher Weise.

Der für Bauvorhaben wie das hier in Rede stehende maßgebliche § 63 BbgBO a. F. sah – nicht anders als nun § 69 BbgBO n. F. – verschiedene Fristen zur „Behandlung des Bauantrags“ vor, die ausdrücklich die Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens bezwecken (vgl. LT-Drs. 2/4096 S. 84 und LT-Drs. 3/5160 S. 71 und 134): Nach Absatz 1 hat die Bauaufsichtsbehörde binnen zwei Wochen nach Eingang des Bauantrags zu prüfen, ob die Bauvorlagen vollständig sind und den Eingang des Bauantrags schriftlich zu bestätigen. Ist der Bauantrag unvollständig oder weist er sonstige erhebliche Mängel auf, fordert die Bauaufsichtsbehörde gemäß Absatz 2 den Bauherrn mit der Eingangsbestätigung zur Behebung der Mängel innerhalb einer angemessenen Frist auf. Sind die Bauvorlagen vollständig, holt die Bauaufsichtsbehörde nach Absatz 3 unverzüglich die Stellungnahmen der Behörden und Stellen ein, deren Zustimmung, Einvernehmen oder Benehmen zur Baugenehmigung erforderlich ist oder deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Gemäß Abs. 4 sind, vorbehaltlich längerer Fristen nach Maßgabe bundesrechtlicher Vorschriften, die Stellungnahmen der beteiligten Behörden und Stellen prinzipiell innerhalb eines Monats abzugeben. Geht die Stellungnahme nicht innerhalb dieser Frist ein, so soll die Bauaufsichtsbehörde davon ausgehen, dass die von den Behörden und Stellen wahrzunehmenden öffentlichen Belange der Erteilung der Baugenehmigung nicht entgegenstehen. Nach Absatz 7 schließlich entscheidet die Bauaufsichtsbehörde über den Bauantrag innerhalb einer Frist von einem Monat nach Eingang aller Stellungnahmen.

Der Beklagte als Bauordnungsbehörde hat diese ihm gesetzlich gezogenen zeitlichen Grenzen auf den ersten Blick beachtet. Er hat den Bauantrag der Zedentin offenbar zeitnah geprüft und sie zur Nachreichung noch fehlender Unterlagen aufgefordert. Dass das nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des Absatzes 1 der Vorschrift geschehen sei, behauptet die Klägerin nicht. Auch die Beteiligung der anderen Stellen, hier der Denkmalschutzbehörde, ist offenbar erfolgt. Dass dies nicht unverzüglich im Sinne des Absatzes 3 erfolgt sei, lässt sich dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen. Die Monatsfrist des Absatzes 7 zur Entscheidung hat der Beklagte damit zunächst eingehalten bei einem Eingang der letzten noch fehlenden Unterlagen am 19. Dezember 2015 und der Entscheidung am 12. Januar 2016.

Der Beklagte unterlag allerdings der Verpflichtung, den Bauantrag nicht ohne Beurteilung auch der denkmalschutzrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens zu bescheiden. Nach § 67 Abs. 1 Satz 2 BbgBO a. F. schließt die Baugenehmigung die für das Vorhaben erforderlichen weiteren behördlichen Entscheidungen ein. Hierzu gehört nach § 20 Abs. 1 Satz 1 des Brandenburgischen Denkmalschutzgesetzes (BbgDSchG) vom 24. Mai 2004 (GVBl. I Nr. 9/2004, S. 215) die nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BbgDSchG erforderliche Genehmigung für die Veränderung eines Denkmals in seiner Substanz, seinem Erscheinungsbild oder seiner Nutzung. Gleiches gilt für die Veränderung der Bodennutzung eines Grundstücks, von dem bekannt ist, dass es Bodendenkmale birgt. In diesen Fällen entscheidet die Bauaufsichtsbehörde gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 BbgDSchG im Benehmen mit der Denkmalschutzbehörde, die entsprechend nach § 63 Abs. 3 BbgBO a. F. zu beteiligen ist. Die so genannte Konzentrationswirkung der Baugenehmigung (LT-Drs. 3/5160, S. 138 f und 141; vgl. auch Boeddinghaus/Hahn/Schulte u.a., Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, 119. Lieferung, Teil C § 74 Rdnr. 275) fasst nicht nur für die Entscheidung, sondern auch schon für das Verfahren mehrere Genehmigungsverfahren zu einem zusammen. Die Behörden, deren Entscheidungen aufgrund der Konzentrationswirkung nicht mehr erforderlich sind, verlieren ihre Zuständigkeit und Entscheidungsbefugnis an die – hier: Bauordnungs- – Behörde, die anstelle der „an sich“ zuständigen Behörden alle notwendigen Entscheidungen trifft. Sie erlässt nicht mehrere selbständige Entscheidungen, die nur äußerlich zu einer zusammengefasst sind, sondern eine (Gesamt-)Entscheidung. Diese schließt eine Vielzahl gesonderter, selbständiger (Teil-)Regelungen ein, die auch selbständig anfechtbar sein können. Sofern spezialgesetzlich nicht anders geregelt, richtet sich das Verfahren allein nach den Vorschriften, die für die – hier – Bauordnungsbehörde und das Baugenehmigungsverfahren selbst gelten. Nicht berührt werden dagegen die materiell-rechtlichen Regelungen, die für die ersetzten Entscheidungen gelten. Sie werden – vorbehaltlich abweichender spezieller Regelungen – in ihrem Geltungsanspruch weder gemindert noch relativiert (vgl. Neumann/Külpmann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage 2022, § 75 VwVfG Rdnr. 13 ff; Martin Wickel, in: Fehling/Kastner/Störmer, Handkommentar zum Verwaltungsrecht, 5. Auflage 2021 § 75 VwVfG Rdnr. 20, je zur vergleichbaren Konzentrationswirkung des Planfeststellungsverfahrens; speziell zum Denkmalschutzrecht Franzmeyer-Werbe, in: Martin/Mieth/Graf/Sautter, Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz, 2. Auflage 2008, § 20 BbgDSchg zu 1. und 3.1, S. 225 und 227 f).

Die Entscheidung über das Vorliegen von Genehmigungsvoraussetzungen muss prinzipiell in der Baugenehmigung getroffen werden. Sie darf – auch für die infolge der Konzentrationswirkung einbezogenen Prüfgegenstände – nicht weitgehend ausgeklammert und in Nebenbestimmungen abgeschoben werden. Nebenbestimmungen sind vielmehr nur zulässig, soweit sie geeignet und erforderlich sind, ein bestehendes Genehmigungshindernis auszuräumen, ohne das Vorhaben grundlegend in Frage zu stellen oder zu ändern (Jäde/Dirnberger/Förster/Bauer/Böhme/ Michel/Radeisen, Bauordnungsrecht Brandenburg, § 67 BbgBauO 2008 Rdnr. 118 ff und § 72 BbgBO 2016 Rdnr. 110 ff; Greim-Diroll, in: Spannowsky/Manssen, Beck’scher Online-Kommentar zum Bauordnungsrecht Bayern, 24. Edition mit Stand 1. Dezember 2022, Art. 68 BayBO Rdnr. 51 und 53 f sowie 59).

Hiergegen verstieß der Beklagte, als er den Genehmigungsbescheid vom 12. Januar 2016 auf die Fragen des Bauordnungsrechts und den Baudenkmalschutz beschränkte, sich die Erlaubnis zum Bodendenkmalschutz aber mit folgender Bedingung vorbehielt:

„2.1.2 Mit jeglichen Erdeingriffen darf erst begonnen werden, wenn die denkmalrechtliche Erlaubnis zum Bodendenkmalschutz vorliegt. Diese wird mit einem gesonderten Bescheid erteilt.“

Damit stellte der Beklagte die Baugenehmigung letztlich unter die Bedingung einer noch von ihm selbst zu erbringenden Leistung, nämlich der Entscheidung über den Bodendenkmalschutz, und schob die Entscheidung damit als Ganzes auf. Denn erst mit dieser Entscheidung über die durch die Zedentin geplanten Grabungsarbeiten war entschieden, ob die Erschließung des Grundstücks insbesondere mit leitungsgebundenen Medien gesichert ist bzw. werden kann. Diese Entscheidung hat der Beklagte erst im Bescheid vom 14. April 2016 mit der Bedingung 2.2 nebst Anlage 1 getroffen. Erst damit lag die im September 2015 beantragte umfassende Baugenehmigung vor.

Gleichwohl kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte seine Pflicht zur rechtzeitigen Entscheidung über den Bauantrag der Zedentin verletzte. Er war durch § 63 Abs. 3 BbgBO a. F. gehalten, unmittelbar nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen am 19. Dezember 2015 alle beteiligten Stellen anzuhören, darunter auch die Denkmalschutzbehörde seines Hauses. Diese unterlag in der Folge der Pflicht zur Abgabe ihrer Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zugang dieses Ersuchens, § 63 Abs. 4 Satz 1 BbgBO a. F. Der Beklagte musste, sollte die Stellungnahme nicht innerhalb dieser Frist eingegangen sein, nach Satz 2 der Vorschrift prinzipiell davon ausgehen, dass denkmalrechtliche Belange der Erteilung der Baugenehmigung nicht entgegenstehen. Dadurch entstand allerdings der Anspruch des Bauherrn noch nicht. Eine Genehmigungs- oder Zustimmungsfiktion tritt durch den Ablauf der Frist nicht ein (Jäde/Dirnberger/Förster/Bauer/Böhme/Michel/Radeisen, Bauordnungsrecht Brandenburg, § 69 BbgBO 2016 Rdnr. 45 und 52). Die Bauaufsichtsbehörde soll zwar in der Regel davon ausgehen, dass die beteiligte Behörde keine Belange geltend macht. Sie kann aber, falls ihr entgegenstehende Belange bekannt sind, bei der zuständigen Behörde nochmals die Stellungnahme einfordern (LT-Drs. 3/5160 S. 134; Otto, Brandenburgische Bauordnung, 5. Auflage 2021, § 69 BbgBO Rdnr. 29 f). Erst wenn ihr alle Stellungnahmen vorliegen, ist sie durch § 69 Abs. 7 BbgBO zur Entscheidung binnen Monatsfrist verpflichtet (vgl. Otto ebd. Rdnr. 35). Nur wenn die Bauaufsichtsbehörde auf die noch offenen, aber verfristeten Stellungnahmen nicht zwingend für ihre Entscheidung angewiesen ist, also im Sinne der genannten Vorschrift davon ausgehen kann, dass die vom Interessen- und Aufgabenbereich dieser Behörden oder Stellen betroffenen Gesichtspunkte der Erteilung der Baugenehmigung nicht entgegenstehen, kann davon gesprochen werden, dass „alle“ Stellungnahmen eingegangen sind (Jäde/Dirnberger/Förster/Bauer/Böhme/Michel/Radeisen, Bauordnungsrecht Brandenburg, § 69 BbgBO Rdnr. 58).

Es ist auf der Grundlage des Parteivortrags nicht festzustellen, ob die Bauaufsichtsbehörde des Beklagten die Denkmalschutzbehörde nicht unverzüglich anhörte, diese nicht binnen der ihr gesetzlich eingeräumten Frist Stellung nahm oder wiederum die Bauaufsichtsbehörde bei ihrem Ausbleiben nicht davon ausging, dass keine entgegenstehenden Belange bestanden, und auch keine weitere Stellungnahmefrist setzte, oder diese ihre Stellungnahme nicht in der verlängerten Frist übermittelte. Es ist nicht vorgetragen, wann der Bauaufsichtsbehörde alle erforderlichen Stellungnahmen vorlagen mit der Folge, dass die ihr gesetzte Entscheidungsfrist zu laufen begann. Dass es auf die – im Januar 2016 augenscheinlich noch nicht vorliegende – vollständige Stellungnahme der Denkmalschutzbehörde nicht ankam, kann bereits nach dem Inhalt der Baugenehmigung nicht angenommen werden, die sich schon in der Fassung vom 12. Januar 2016 wesentlich mit Fragen des (Bau-)Denkmalschutzes befasst. Dass die Denkmalschutzbehörde ihrerseits die ihr obliegende Stellungnahme pflichtwidrig verzögert erteilte, lässt sich auf der Grundlage des Parteivortrags ebenso wenig feststellen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass ihr, wie noch auszuführen sein wird, ganz offenbar wesentliche, für die Beurteilung der denkmalrechtlichen Zulässigkeit erforderliche Dokumente und Unterlagen nicht vorlagen.

Zudem geht das Landgericht zutreffend von der fehlenden Kausalität einer möglicherweise verzögerten Erteilung der Baugenehmigung aus. Die Zedentin hätte sich auch dann gegen die erst im Bescheid vom 14. April 2016 getroffenen Nebenbestimmungen gewandt, wenn diese schon in den ursprünglichen Bescheid aufgenommen worden wären. Die Verzögerung in der Bescheidung als solche hätte sich damit nicht allein schadenskausal ausgewirkt. Auch der Inhalt des Bescheides ist ebenso in den Blick zu nehmen wie das von der Zedentin ergriffene Rechtsmittel. Wie das Landgericht zutreffend formuliert ist damit letztlich maßgeblich, ob der Beklagte verpflichtet war, am 12. Januar 2016 eine Genehmigung ohne die von der Klägerin angegriffenen Auflagen zu erteilen.

c)

Daran fehlt es. Die Nebenbestimmungen sind rechtlich nicht zu beanstanden.

(i)

Die Auflage 2.2.1 über die archäologische Begleitung der Bodenarbeiten ist rechtmäßig. Sie beruht auf § 9 Abs. 3 und 4 Satz 3 und 4 sowie § 7 Abs. 3 BbgDSchG. Nach § 9 Abs. 3 BbgDSchG sind alle Veränderungen und Maßnahmen an Denkmalen nach Maßgabe der Denkmalschutzbehörde zu dokumentieren. Gemäß Abs. 4 Satz 3 der Vorschrift kann bestimmt werden, dass – nach Art und Ausmaß bestimmte, Satz 4 – Maßnahmen nur nach einem von der Denkmalschutzbehörde genehmigten Konzept oder bestimmte Arbeiten nur durch Fachleute oder unter der Leitung von Sachverständigen, deren Auswahl die Denkmalfachbehörde zustimmt, ausgeführt werden. Die Kosten trägt der Veranlasser, § 7 Abs. 3 BbgDSchG. Denkmale sind nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 BbgDSchG Sachen, Mehrheiten von Sachen oder Teile von Sachen, an deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, wissenschaftlichen, technischen, künstlerischen, städtebaulichen oder volkskundlichen Bedeutung ein öffentliches Interesse besteht. Hierzu gehören namentlich Bodendenkmale im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 4 BbgDSchG, das heißt bewegliche und unbewegliche Sachen, insbesondere Reste oder Spuren von Gegenständen, Bauten und sonstigen Zeugnissen menschlichen, tierischen und pflanzlichen Lebens, die sich im Boden oder in Gewässern befinden oder befanden.

Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Unstreitig ist nicht nur das …haus selbst ein Baudenkmal im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 BbgDSchG. Auch der Boden des Grundstücks steht unter Denkmalschutz, da am nahegelegenen S… am 4. Oktober 1636 die „Schlacht bei Wittstock“ im 30-jährigen Krieg stattfand und dort noch immer mit Funden gerechnet werden kann, die diese bezeugen. Erdarbeiten im Bereich dieses Bodendenkmals sind mit der Gefahr seiner Teilzerstörung verbunden. Die baubegleitende Dokumentation soll es ermöglichen, die freigelegten Bereiche auf Einzelbefunde zu untersuchen und diese zu sichern (zur Dokumentation im Denkmalschutz siehe Sautter, in: Martin/Mieth/Graf/Sautter ebd., § 9 BbgDSchG, S. 154 f).

Die Dokumentation konnte nicht deshalb unterbleiben, weil sichergestellt gewesen wäre, dass die notwendigen Erdarbeiten nur in nicht schutzwürdigen Bereichen vorgenommen würden. Zwar trägt die Klägerin vor, die Arbeiten hätten allein in einem Bereich eines bereits vorhandenen Versorgungskanals erfolgen sollen. In diesem sei es – da dieser in den letzten 200 Jahren mehrfach modifiziert worden sei – ausgeschlossen, dass etwaige Grabstätten aus dem 30-jährigen Krieg beschädigt werden könnten. Vielmehr sei sicher von einer früheren Teilzerstörung auszugehen und das Auffinden archäologischer Funde sei auszuschließen, da der Bereich in der Vergangenheit bereits mehrfach ausgehoben worden sei, insbesondere von der e… Die Anschlussmedien hätten nach den Angaben der Klägerin „genau entlang“ dieses bereits vorhandenen Versorgungskanals verlegt werden sollen, bzw. „unmittelbar an dem Schacht“. Dem ist der Beklagte mit dem ebenso wenig zeichnerisch näher belegten Vortrag entgegengetreten, zwischen dem schon vor Ort existenten Versorgungskanal und dem Areal, in dem die für das Bauvorhaben benötigten Versorgungsleitungen eingebracht werden sollten, liege eine beträchtliche Entfernung von 80 bzw. fast 100 Metern. In jedem Fall wurden der Behörde nach den Angaben im Bescheid vom 14. April 2016 „schlüssige Pläne oder andere Unterlagen zu den vorzunehmenden Bodeneingriffen […] trotz Nachfrage nicht vorgelegt. Es ist somit damit zu rechnen, dass noch weitere Bodeneingriffe stattfinden“. Ausweislich des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2016 haben die „geplanten Schachtungen […] einen anderen Verlauf, als die mit einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis durchgeführten Schachtungen der e… Danach lagen dem Beklagten wenigstens bei Erlass des Widerspruchbescheides offenbar die von Nr. 3.2 der Anlage 3 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 BbgBauVorlV geforderten Pläne der beabsichtigten Erdarbeiten vor. Belege für den nun behaupteten Abstand von wenigstens 80 m zum vorhandenen Anschlusskanal fehlen demgegenüber. Gleichwohl lässt sich die geltend gemachte offenkundige Entbehrlichkeit der gesetzlich nicht nur zulässigen, sondern intendierten Dokumentationsauflage nicht feststellen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es auch bei Arbeiten „unmittelbar an“ einem bereits einmal freigelegten Schacht nicht von vornherein und mit Sicherheit ausgeschlossen, dass Bodendenkmale aufgefunden werden können. Weder ist vorgetragen, in welchem Bereich – in der Fläche und in der Tiefe – bereits wann welche Erdarbeiten erfolgt sind, noch wo genau die Arbeiten jetzt erfolgen sollten, geschweige denn, dass all dies dem Beklagten als Bauaufsichtsbehörde bekannt war.

Das genaue Ausmaß der erforderlichen Dokumentation wird durch die Nebenbestimmung unter den Vorbehalt des für die Zedentin Zumutbaren gestellt. Das ermöglicht die gebotene Wahrung der Verhältnismäßigkeit (vgl. Sautter ebd., § 9 BbgDSchG S. 155 f). Auf der anderen Seite muss das Konzept den „Anforderungen an die bodendenkmalpflegerische Dokumentation und Bergung“ genügen. So wird dem Interesse der Bauantragstellerin an Vorhersehbarkeit des von ihr Verlangten ebenso Rechnung getragen wie dem Bestimmtheitsgebot des § 9 Abs. 4 Satz 4 BbgDSchG (Sautter ebd., § 9 BbgDSchG ebd. S. 158 f).

Die zu lit. b. der Nebenbestimmung ausgesprochene Beauftragung archäologischen Fachpersonals entspricht § 9 Abs. 4 Satz 3 BbgDSchG. Für die Dokumentation eines Bodendenkmals sind besondere Fachkenntnis und Sorgfalt unabdingbar. Das rechtfertigt auch den ausgesprochenen Zustimmungsvorbehalt zur beauftragten Person (vgl. Sautter ebd., § 9 BbgDSchG S. 158). Nach der durch die Klägerin inhaltlich nicht in Frage gestellten Einschätzung der Fachbehörde erfüllt die von der Zedentin im jeweiligen Widerspruch benannte Person nicht die fachlichen Anforderungen.

(ii)

Die Nebenbestimmung 3.1.3 ist nicht zu beanstanden. Die so genannte Fertigstellungsanzeige nach § 68 Abs. 5 BbgBO a. F. (nun § 83 Abs. 2 BbgBO; hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. August 2018 – OVG 10 S 8.18 –) ist erst zu erstatten, wenn die vollständige Fertigstellung des Bauvorhabens bevorsteht (Jäde/Dirnberger/Förster/Bauer/Böhme/Michel/ Radeisen, Bauordnungsrecht Brandenburg, § 68 BbgBO 2003/2008 Rdnr. 36). Richtig ist, dass der Gesetzeswortlaut für die Fristberechnung auf die bevorstehende Fertigstellung abhebt und nicht – wie hier die in Rede stehende Nebenbestimmung – auf die beabsichtigte Nutzungsaufnahme. Die Vorschrift verweist allerdings auf § 76 Abs. 2 Satz 1 BbgBO a. F., wonach eine bauliche Anlage erst dann benutzt werden darf, wenn sie mit der erforderlichen Erschließung sicher benutzbar ist, nicht jedoch vor Ablauf von zwei Wochen nach Eingang der Fertigstellungsanzeige. Auch das Gesetz verknüpft damit diese Zeitpunkte. Die Zwei-Wochen-Frist soll der Bauaufsichtsbehörde die Möglichkeit eröffnen, die mit der Anzeige vorgelegten Bescheinigungen zu prüfen (Jäde/Dirnberger/Förster/Bauer/Böhme/Michel/Radeisen ebd., § 76 BbgbBO 2003/2008 Rdnr. 12).

Dass die Bauaufsichtsbehörde nach § 76 Abs. 3 BauGB a. F. Ausnahmen von dem Nutzungsverbot aussprechen kann, berührt die Verpflichtung des Bauherrn zur Anzeige der Fertigstellung und der beabsichtigten Nutzungsaufnahme nicht.

Die angesprochenen „geforderten Nachweise“ sind in § 76 Abs. 1 BbgBO a. F. genannt, der seinerseits auf § 68 Abs. 5 BbgBO a. F. verweist.

(iii)

Auch die Nebenbestimmung 3.1.6 ist nicht rechtswidrig. Sie fordert mit der Vorlage der „Bescheinigung Prüfsachverständiger über die ordnungsgemäße Beschaffenheit und Betriebssicherheit der … Rauch- und Wärmeabzugsanlage“ nicht den Einbau einer technischen – im Sinne von: maschinellen – Anlage zur Rauch- und Wärmeableitung. Zwar verpflichtet § 76 Abs. 1 Nr. 4 BbgBO a. F. als Rechtsgrundlage der Vorlageverpflichtung den Bauherrn zur Vorlage der Bescheinigungen bauaufsichtlich anerkannter Sachverständiger über die ordnungsmäßige Beschaffenheit und Betriebssicherheit „der technischen Anlagen und Einrichtungen“. Die Bescheinigung betrifft die Prüfung „sicherheitstechnischer Gebäudeausrüstungen“ vor der ersten Inbetriebnahme und dient gegenüber der Bauaufsichtsbehörde als Bestätigung, dass die erforderliche sicherheitstechnische Anlage oder Einrichtung ordnungsgemäß beschaffen und betriebssicher ist (Jäde/Dirnberger/Förster/Bauer/Böhme/Michel/Radeisen ebd., § 76 BbgbBO 2003/2008 Rdnr. 22). In vergleichbarer Diktion ermächtigt § 80 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a. F. zum Erlass einer Rechtsverordnung über die Prüfung von „Anlagen, die zur Verhütung erheblicher Gefahren oder Nachteile ständig ordnungsgemäß instand gesetzt und instand gehalten werden müssen“. Auf diese gesetzliche Grundlage stützt sich die Brandenburgische Sicherheitstechnische Gebäudeausrüstungs-Prüfverordnung, deren § 2 Abs. 1 Nr. 3 („Rauchabzugsanlagen“) der Widerspruchsbescheid als Rechtsgrundlage der Auflage heranzieht. Demgegenüber spricht das Gesetz in § 31 Abs. 10 BbgBO a. F. lediglich von der gebotenen „Öffnung zur Rauchableitung“ an der obersten Stelle eines notwendigen Treppenraumes.

Gleichwohl kann aus der Verwendung des Begriffs der „Rauch- und Wärmeabzugsanlage“ nicht die Notwendigkeit des Einbaus einer maschinellen Rauchabzugsanlage abgeleitet werden, die an keiner anderen Stelle der Bauvorlagen thematisiert wird und auch nicht Gegenstand des durch die Klägerin der Behörde vorgelegten Brandschutzgutachtens ist. Denn auch „Natürliche Rauchabzugsanlagen (NRA)“ ohne maschinelle Lufttransportvorrichtungen wie Ventilatoren zählen definitionsgemäß zu den „Rauch- und Wärmeabzugsanlagen“ nach DIN 18232-2, die Vorgaben zur Effektivität der Zu- und Abluftquerschnitte und dergleichen enthält. Das Bauordnungsrecht teilt dieses Begriffsverständnis grundsätzlich (vgl. (Molodovsky/Famers/ Waldmann, Bayerische Bauordnung, Art. 39 Rdnr. 31a). Die nach dem Brandschutzkonzept vorgesehene Gestaltung eines vom Erdgeschoss zu öffnenden Dachfensters im Treppenhaus entspricht diesem Verständnis einer „natürlichen Anlage“. Dass der Bescheid vom 12. Januar 2016 diesbezüglich noch auf eine technische Norm zum Hygieneschutz bei raumlufttechnischen Anlagen abhob, wurde mit dem Bescheid vom 14. April 2016 berichtigt.

(iv)

Die Auflage 4.1.1 über die fotografische Dokumentation des Gebäudes ist rechtmäßig. Sie hat ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 3, § 19 Abs. 1 BbgDSchG. Nach § 19 Abs. 1 Satz 2 BbgDSchG sind dem Antrag auf eine denkmalrechtliche Erlaubnis nach § 9 BbgDSchG – bzw. dem ein Denkmal betreffenden Bauantrag, § 20 Abs. 20 BbgDSchG – alle für die Beurteilung des Vorhabens und die Bearbeitung des Antrags erforderlichen Unterlagen wie Pläne, Dokumentationen, Bestandsuntersuchungen, Fotografien, Gutachten oder Kosten- und Wirtschaftlichkeitsberechnungen beizufügen. Das greift die Anlage 3 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 der Brandenburgischen Bauvorlagenverordnung auf, deren Nr. 3 die mit dem Bauantrag vorzulegenden besonderen Bauvorlagen benennt. Hierzu gehören die unter Nr. 3.1 genannten Dokumente, die bei der Zerstörung, Beseitigung oder Änderung eines Baudenkmals vorzulegen sind. Nr. 3.1.1 zählt hierzu die genaue Beschreibung des Denkmalbestandes und der Eingriffe, Nr. 3.1.2 Zeichnungen des Denkmalbestandes und der Planung. Nach Nr. 3.1.3 schließlich bedarf es der Vorlage von Fotos oder einer fotografischen Erfassung des Denkmals mit Detailaufnahmen zu den vom Eingriff betroffenen Bestandteilen. Nach § 9 Abs. 3 BbgDSchG sind alle Veränderungen und Maßnahmen an Denkmalen im Sinne des § 9 Abs. 1 BbgDSchG nach Maßgabe der Denkmalschutzbehörde zu dokumentieren.

Der Zedentin oblag es daher schon vor Antragstellung, das – unstreitig denkmalgeschützte – Gebäude in seinem Bestand zeichnerisch und fotografisch zu dokumentieren und hierfür auch Detailaufnahmen zu den vom geplanten Eingriff betroffenen Bestandteilen anzufertigen. Nach den insoweit nicht angegriffenen Ausführungen im Widerspruchsbescheid lagen dem Bauantrag derartige Dokumente nicht bei. Es war damit für die Denkmalschutzbehörde nicht ersichtlich, welche Teile des Gebäudes sich noch in einem schutzwürdigen Zustand befanden und welche aufgrund der nunmehr geltend gemachten Teilzerstörungen nicht mehr. Eine genaue Abgrenzung der schutzwürdigen Bereiche, wie sie bereits die Zedentin in ihrem Widerspruch für geboten ansah, war der Behörde so nicht möglich. Es ist angesichts dessen nicht zu beanstanden, dass der Bescheid der Zedentin auferlegte, die – § 9 Abs. 3 BbgDSchG entsprechende – Dokumentation vor Beginn der Arbeiten zu erstellen und zu übergeben.

Gegenständlich bezieht sie sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht auf alle Räume des umfangreichen Gebäudes, sondern allein auf das Gebäude und seine städtebauliche Situation sowie auf die Innenräume mit den Reparaturstellen und die von Veränderungen betroffenen Gebäude- und Bauteileteile. Erfasst sind damit – über die Außensicht hinaus – nur diejenigen Bereiche im Gebäudeinneren, die umgestaltet (repariert, verändert) werden sollen. Dass dies auch Bereiche erfasst, die objektiv nicht (mehr) bauhistorisch schutzwürdig sind, macht die Auflage nicht ermessensfehlerhaft. Einerseits lagen dem Beklagten keine hinreichenden Dokumente vor, die ihm eine genauere Abgrenzung bzw. Ausgrenzung ermöglicht hätten. Diese zu erstellen und („mundgerecht“, Martin, in: Martin/Mieth/Graf/Sautter ebd., § 19 BbgDSchG Anm. 6.3.2 Seite 214) einzureichen, oblag der Zedentin. Andererseits hatte sie die diesbezüglichen Kosten ohnehin zu tragen (Martin ebd., Anm. 6.3.3, Seite 215), weshalb ihr mit dieser Auflage keine unzumutbare weitere Last auferlegt wurde.

(v)

Die Auflage 4.1.2 über die farbrestauratorische Sondierung ist nicht rechtswidrig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 19 Abs. 1 Satz 2 BbgDSchG, wonach zu den mit dem Antrag vorzulegenden Dokumenten auch (das Ergebnis von) Bestandsuntersuchungen gehören, in Verbindung mit § 20 Abs. 1 BbgDSchG und Nr. 3.1.1. der Anlage 3 zur Brandenburgischen Bauvorlagenverordnung. Danach ist als besondere Bauvorlage mit dem Bauantrag eine genaue Beschreibung des Denkmalbestandes und der Eingriffe unter Angabe von Materialien, Bauprodukten und Farben einzureichen, nebst einer schriftlichen Begründung für die Erforderlichkeit der Maßnahme. Das setzt die vorherige Untersuchung des Denkmals auf restauratorisch zu behandelnde Bereiche („Sondierung“) voraus. Eine solche Untersuchung lag augenscheinlich dem Bauantrag nicht bei. Es ist nicht ermessensfehlerhaft, dass der Beklagte diese Untersuchung und den entsprechenden Bericht nachforderte, einzureichen vor Beginn der Arbeiten. Das ermöglichte ihm, die Arbeiten zunächst prinzipiell zu genehmigen, aber sich nachträgliche Auflagen für den Fall vorzubehalten, dass die Sondierung erhaltens- bzw. restaurationswürdige Bereiche ergeben sollte.

Räumlich ist die Untersuchungspflicht auf die Fassaden, Treppenhäuser, Flure und den Bereich der ehemaligen zweigeschossigen Kapelle beschränkt. Die einzelnen Räume sind damit nicht erfasst. Soweit das Gebäude in diesen Bereichen zu DDR-Zeiten so weitgehend umgestaltet wurde, wie von der Zedentin im Verwaltungsverfahren und nun durch die Klägerin dargestellt, hätte die hier auferlegte genauere Sondierung dies rasch feststellen und das Fehlen erhaltens- bzw. restaurationswürdiger Substanz begründen können. Dass dies von vornherein feststand, war der Denkmalschutzbehörde des Beklagten nicht nachgewiesen. Die Auflage, die Untersuchung einem Restaurator mit wissenschaftlicher Ausbildung zu überantworten, ist fachlich nicht zu beanstanden und wird auch durch die Klägerin nicht angegriffen. Ihrer Auffassung, der Restaurator solle die Malerarbeiten begleiten, überwachen und überprüfen, liegt ein ganz augenscheinlich fehlgehendes Verständnis der „Sondierung“ zugrunde. Der Widerspruchsbescheid führt hierzu treffend aus, nach erfolgter Überprüfung und Fertigung seines Berichtes habe der Restaurator seine Arbeit abgeschlossen.

(vi)

Nichts anderes gilt für die Auflage 4.1.3 über die Sondierung der Ausbauelemente. Sie hat wie bereits die Auflage 4.1.2 ihre Rechtsgrundlage in § 19 Abs. 1 Satz 2 BbgDSchG in Verbindung mit § 20 Abs. 1 BbgDSchG und § 1 Abs. 1 BbgBauVorlV mit Nr. 3.1.1 der Anlage 3. Die Untersuchung der Ausbauelemente auf erhaltenswürdige Bausubstanz und die Zusammenfassung ihrer Ergebnisse in einem Bericht an die Denkmalschutzbehörde erfüllt die nach den genannten Normen erforderliche genaue Beschreibung des Denkmalbestandes und der Eingriffe unter Angabe von Materialien, Bauprodukten und Farben. Gefordert ist eine Untersuchung nach fachlichen Standards. Soweit fachlich ausreichend, kann und darf sie sich auf eine exemplarische Untersuchung beschränken, die einen hinreichend sicheren Schluss auf die weiteren Ausbauelemente zulässt. Der Auflage ist nicht zu entnehmen, dass die Untersuchung alle Ausbauelemente einbeziehen müsse und damit Unnötiges verlangt werde. Ohnehin sind nach ihrem Wortlaut untersuchungsrelevant ausschließlich die bauteilbezogenen Erstfassungen.

(vii)

Rechtsgrundlage der Anforderung 4.1.8 über die Einreichung weiterer Plansätze ist § 19 Abs. 1 Satz 2 BbgDSchG mit § 20 Abs. 1 BbgDSchG und § 1 Abs. 1 BbgBauVorlV mit Nr. 3.1.2 der Anlage 3. Danach gehören zu den einzureichenden besonderen Bauvorlagen Zeichnungen des Denkmalbestandes und der Planung in einem zu bestimmenden Maßstab, gegebenenfalls Detailzeichnungen (vgl. auch Martin ebd., § 19 BbgDSchG Anm. 6.3.1). Sie müssen nach § 8 Abs. 4 BbgBauVorlV die Zeichen und Farben der Anlage 1 zu dieser Verordnung verwenden, das heißt gelb für zu beseitigende Bauteile („Abbruch“) und rot für geplante Bauteile. Hierauf weist der kurze Klammerzusatz „gelb-rot“ hin. Die als Anlage K20 eingereichten Etagengrundrisspläne entsprechen dem. Bauzeichnungen müssen das Geplante wiedergeben. Entsprechen sie dem nicht, müssen sie neu erstellt werden. Entsprechen sie dem, genügen schon dem Wortlaut nach Kopien der bereits erstellten Pläne. Die behauptete Unverhältnismäßigkeit der Anforderung erschließt sich nicht.

(viii)

Rechtsgrundlage der ebenso wenig zu beanstandenden Auflage 4.2.1 über den Erhalt der Flurerweiterungen ist § 9 Abs. 4 Satz 1, § 7 Abs. 1 BbgDSchG. Die Zedentin war als Verfügungsberechtigte im Rahmen des Zumutbaren zum Erhalt und zum Schutz und Pflege des Denkmals verpflichtet. Dem konnten die Nebenbestimmungen zur Vornahme bestimmter Maßnahmen im Zuge der geplanten Bauarbeiten Rechnung tragen. Sie mussten sich hierbei allerdings im Rahmen des Zumutbaren halten, das in § 7 Abs. 4 BbgDSchG näher ausformuliert ist. Danach ist die Zumutbarkeit unter Berücksichtigung der durch die Denkmaleigenschaft begründeten sozialen Bindung des Eigentums und dessen Privatnützigkeit zu bestimmen. Unzumutbar sind insbesondere in der Eigenschaft des Denkmals begründete besondere Belastungen, die zur Aufhebung der Privatnützigkeit führen. Eine wirtschaftliche Belastung ist insbesondere unzumutbar, soweit die Kosten der Erhaltung und Bewirtschaftung dauerhaft nicht durch die Erträge oder den Gebrauchswert des Denkmals aufgewogen werden. Eine unzumutbare Belastung liegt auch dann vor, soweit durch die Versagung einer Erlaubnis oder Maßnahmen nach diesem Gesetz eine bisher rechtmäßige oder zulässige, der Lage und Beschaffenheit des Denkmals entsprechende, insbesondere wirtschaftliche Nutzung des Denkmals unmöglich oder in einer Weise erschwert wird, so dass von dem Denkmal kein vernünftiger Gebrauch gemacht werden kann. Können Verfügungsberechtigte oder Veranlasser Zuwendungen aus öffentlichen oder privaten Mitteln oder steuerliche Begünstigungen in Anspruch nehmen oder werden anderweitig Kompensationen eingeräumt, ist dies bei der Bestimmung der Zumutbarkeit zu berücksichtigen.

Die geplante Nutzung des Denkmals in Form der Vermietung bestimmt daher auch als privatautonom begründete Verpflichtung das denkmalrechtliche Schutzniveau mit und ist damit zwar – entgegen den Ausführungen des Landgerichts – nicht völlig unbeachtlich. Bauauflagen, die eine Nutzung des Gebäudes verunmöglichten, wären unzumutbar, falls sie die Privatnützigkeit des Eigentums aufhöben. Die geplante Nutzung des Gebäudes war im Streitfall indes mit der in der Auflage primär angesprochenen Offenhaltung bestimmter Flurerweiterungen auf Kosten der geplanten und mietvertraglich festgeschriebenen Raumanzahl nicht in Frage gestellt. Insbesondere ermöglichte Satz 2 der Nebenbestimmung das Einbauen der offenzuhaltenden Elemente „in Trockenbauwände“, das heißt die Verkleidung der Eisenträger und Säulen der Flurerweiterungen (so die treffendere ausführlichere Formulierung der Nebenbestimmung 3.3.1 im Bescheid vom 12. Januar 2016).

(ix)

Der Auflagenvorbehalt in Nr. 4.4.1 ist rechtmäßig. Seine Rechtsgrundlage ist § 9 Abs. 4 Satz 1 BbgDSchG in Verbindung mit § 1 VwVfGBbg und § 36 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG. Danach darf die denkmalrechtliche Erlaubnis mit einer Nebenbestimmung einschließlich des Vorbehalts der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage verbunden werden. Der Auflagenvorbehalt berechtigt damit zu einem Eingriff in die Bestandskraft des Verwaltungsaktes dergestalt, dass er die nachträgliche Beifügung von Auflagen und damit eine Teil-Aufhebung des ursprünglichen Verwaltungsaktes zulässt. Wie der Widerrufsvorbehalt beseitigt der Auflagenvorbehalt den Vertrauensschutz. Der Begünstigte muss damit rechnen, dass später von ihm ein weiteres Tun, Dulden oder Unterlassen verlangt wird. Der Auflagenvorbehalt kann nur mit einem begünstigenden Verwaltungsakt wie der hier vorliegenden Erlaubnis verbunden werden. Er ist nur zulässig, wenn zum Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes noch nicht sicher gesagt werden kann, ob die vorgesehenen Auflagen ausreichen, um die Voraussetzungen des Verwaltungsaktes abzusichern. Der Inhalt der zukünftigen Auflage braucht noch nicht präzisiert zu werden (U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage 2022, § 36 VwVfG Rdnr. 89 f).

Die Voraussetzungen für die Anordnung des Auflagenvorbehalts lagen vor. Die erforderliche Unsicherheit darüber, ob die übrigen Auflagen ausreichen, um die Voraussetzungen der denkmalrechtlichen Erlaubnis abzusichern, bestand vorliegend. Erfahrungsgemäß ist bei dem Instandsetzen von Denkmalen damit zu rechnen, dass unbekannte Details zutage treten oder sonstige Überraschungen im Hinblick auf den Erhaltungsstand, die Konstruktion oder Sanierungsmöglichkeiten bekannt werden (vgl. Sautter ebd., § 9 BbgDSchG Anm. 6.2.5, S. 158). Für die hier allein angesprochenen Bodendenkmäler gilt dies wenigstens in gleicher Weise (vgl. OVG Magdeburg, Urteil vom 26. Juli 2012 – 2 L 154/10 –, NVwZ-RR 2013, 217, Rdnr. 60 bei juris). Es muss auch vorliegend nicht entschieden werden, ob ein Auflagenvorbehalt nur rechtmäßig ist, wenn er die Voraussetzungen angibt, unter denen von ihm Gebrauch gemacht werden darf. Diese Frage ist streitig (dagegen Störmer, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Auflage 2021, § 36 VwVfG Rdnr. 36; bejahend Tiedemann, in: Bader/Ronellenfitsch, Beck’scher Online-Kommentar zum VwVfG, 59. Edition mit Stand 1. April 2023, § 36 VwVfG Rdnr. 69). Sie kann hier offenbleiben. Denn der Auflagenvorbehalt benennt mit der Formulierung, der Vorbehalt gelte „insbesondere im Falle der Änderungen der Bauplanung / des Schachtungsumfangs“ hinreichend vorhersehbar die Umstände, unter denen damit gerechnet werden muss, dass die Behörde von dem Vorbehalt Gebrauch macht. Zwar sind sie nicht abschließend, sondern nur exemplarisch benannt. Sie begrenzen den Anwendungsbereich aber hinreichend deutlich auf vergleichbar wesentliche Änderungen der Bauarbeiten und damit der Wahrscheinlichkeit, weitere Bodendenkmäler aufzufinden und/oder zu gefährden. Das mit den Bauarbeiten verbundene Risiko für die Zedentin wird damit nicht unzumutbar gesteigert. Es hätte zum einen durch eine – von Gesetzes wegen vorausgesetzte – vorhergehende Sondierung minimiert werden können. Zum anderen bleibt es begrenzt, solange sich die Arbeiten nach Lage und Tiefe in dem geplanten Bereich halten, der – nach den eigenen Angaben der Klägerin – ja ohnehin keine (neuerlichen) Bodendenkmäler erwarten lässt.

3.

Ein enteignungsgleicher Eingriff liegt nicht vor.

Zwar sind seine Grundsätze vorliegend anwendbar. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist seit langem anerkannt, dass insbesondere eine Verzögerung bei Erteilung einer Bauerlaubnis (faktische Bausperre) oder die verzögerte Bearbeitung einer nach geltendem Recht positiv zu bescheidenden Bauvoranfrage ebenso einen enteignungsgleichen Eingriff darstellen kann wie eine förmliche, dem geltenden Recht widersprechende Ablehnung der Baugenehmigung. Für Rechtswidrigkeit in diesem Sinne genügt im Gegensatz zum Amtshaftungsanspruch ein Verstoß gegen die objektive Rechtslage, auf ein Verschulden kommt es nicht an (BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 – III ZR 302/05 – NJW 2007, 830 Rdnr. 34; Dörr, in: BeckOnline-Großkommentar mit Stand 1. April 2023, § 839 BGB Rdnr. 1177; Papier/Shirvani, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 839 BGB Rdnr. 53). Die rechtswidrige Ablehnung eines Bauantrages oder eine ungerechtfertigte Verzögerung bei der Erteilung der Bauerlaubnis mit der Folge einer faktischen Bausperre ist als enteignungsgleicher Eingriff zu werten. Dadurch wird in die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Baufreiheit, die aus dem Grundeigentum abzuleiten ist, eingegriffen (BGH, Urteil vom 10. März 1994 – III ZR 9/93 –, BGHZ 125, 258, Rdnr. 15).

Das Staatshaftungsgesetz steht der Anwendbarkeit nicht entgegen. Die in § 1 StHG verankerte verschuldensunabhängige staatliche Unrechtshaftung geht zwar in ihrem Anwendungsbereich als spezialgesetzliche Konkretisierung den allgemeinen, auf Richterrecht beruhenden Grundsätzen über den enteignungsgleichen Eingriff vor (Senat, Urteil vom 17. April 2018 – 2 U 21/17 –, Rdnr. 23; Urteil vom 4. Oktober 2022 – 2 U 20/22 –, Rdnr. 33; BGH, Urteil vom 17. März 2022 – III ZR 79/21 –, BGHZ 233, 107, Rdnr. 66). Außerhalb seines Anwendungsbereichs gilt dies aber nicht (Senat, Urteil vom 23. Februar 2021 – 2 U 64/20 –, Rdnr. 10; Staudinger/Wöstmann (2020) § 839 BGB Rdnr. 486). Insbesondere wenn – wie oben erwähnt durch § 51 Abs. 6 der BbgBO a. F. – die Geltung der spezialgesetzlichen verschuldensunabhängigen Haftung ausgeschlossen wird, steht hier einem Rückgriff auf das allgemeine Haftungsinstitut des enteignungsgleichen Eingriffs nichts im Wege (BGH, Urteil vom 10. März 1994 – III ZR 9/93 –, BGHZ 125, 258, Rdnr. 11; Wöstmann ebd.).

Die Voraussetzungen des enteignungsgleichen Eingriffs sind aber nicht gegeben. Der Beklagte hat nicht rechtswidrig in eine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition von hoher Hand unmittelbar eingegriffen und dem Berechtigten dadurch ein besonderes, anderen nicht zugemutetes Opfer für die Allgemeinheit auferlegt. Die Verzögerung bei der Erteilung der Baugenehmigung war, soweit vorwerfbar, nicht schadenskausal. Die mit ihr erteilten Auflagen waren wie erörtert rechtmäßig.

4.

Schließlich steht der Klägerin auch ein auf §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB gestützter Anspruch wegen eines Verschuldens des Beklagten bei Vertragsschluss nicht zu.

Nach § 241 Abs. 2 BGB kann ein Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Ein solches Schuldverhältnis entsteht gemäß § 311 Abs. 2 BGB auch durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, die Anbahnung eines Vertrags oder ähnliche geschäftliche Kontakte. Für juristische Personen des öffentlichen Rechts, die sich am Privatrechtsverkehr beteiligen, gelten prinzipiell keine Sonderregeln (Sutschet, in: Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, 65. Edition mit Stand 1. Februar 2023, § 311 BGB Rdnr. 40). In Betracht kommt vorliegend insbesondere die Verletzung einer Aufklärungspflicht. Dabei ist es grundsätzlich Sache jeder Vertragspartei, sich über die Chancen und Risiken eines Geschäfts vor Abschluss des Vertrages zu informieren. Ausnahmsweise unterliegt aber auch der andere Teil einer Auskunfts- und Informationspflicht, vor allem über solche Umstände, die allein ihm bekannt sind und von denen er weiß oder wissen muss, dass sie für den Verhandlungspartner von besonderer Bedeutung für den Vertragsentschluss sind. Inhalt und Umfang der Aufklärungspflichten bestimmen sich dabei nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach den Gefahren, die dem Vertragspartner aus dem Vertragsabschluss typischerweise oder aber auch nach seiner Lebens- und Geschäftserfahrung drohen. Entscheidend ist, ob eine Aufklärungspflicht nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung im Einzelfall erwartet werden darf. Bestand und Ausmaß der Aufklärungspflichten sind deshalb zum Beispiel bei der Eingehung einer langfristigen Vertragsbeziehung anderer Art als bei Spekulationsgeschäften; auch ist danach zu unterscheiden, ob es sich bei den Vertragspartnern um Laien oder Fachleute handelt oder ob einer von ihnen über ein überlegenes Fachwissen verfügt. Der Informationsbedarf einer Partei ist umso größer, je ausgeprägter das intellektuelle oder wirtschaftliche Übergewicht der anderen Partei und damit deren Zugang zu den Informationsquellen ist. Insbesondere ist über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck vereiteln können oder aus denen sich besondere Gefahren bei der Vertragsdurchführung ergeben können und die daher für den anderen Teil von wesentlicher Bedeutung sind, sodass er nach der Verkehrsauffassung eine Mitteilung erwarten darf (Sutschet ebd. Rdnr. 76 ff m. w. N.).

Nach diesen Maßstäben lässt sich die Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht durch den Beklagten nicht feststellen.

Die Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens auch in denkmalrechtlicher Sicht und insbesondere auch die Dauer des Genehmigungsverfahrens waren zwar offenbar vertragswesentliche Umstände. Beide Parteien hatten ein Interesse an einem zeitnahen Mietbeginn und damit einer raschen Fertigstellung des Objektes. Der Beklagte musste einen akuten Unterbringungsbedarf decken. Ein verzögerter Mietbeginn entsprach nicht seinem erkennbaren, während der Vertragsverhandlungen wiederholt geäußerten Interesse. Dieses schlägt sich in der Angabe des Fertigstellungstermins in § 3 Abs. 2 und nicht zuletzt in der außerordentlichen Kündigungsmöglichkeit nach § 3 Abs. 3 des Vertrages für den Fall der Fristüberschreitung nieder. Ganz offensichtlich ist andererseits die rechtzeitige Fertigstellung abhängig von der rechtzeitigen Genehmigung der bei Mietvertragsschluss noch nicht einmal beantragten Bauarbeiten. Der Beklagte wäre daher nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen, die Zedentin über ihm bekannte Hinderungsgründe für eine rechtzeitige Fertigstellung zu informieren, die ihr – ihm erkennbar – nicht bewusst waren.

Daran fehlt es. Zwar lag aus Sicht der Zedentin nahe, dass der Beklagte, der hier zugleich Mieter wie auch Baubehörde ist, generell über überragendes Fachwissen zum Ablauf des Baugenehmigungsverfahrens wie zu seinem Ausgang verfügte. Ihre Annahme, er habe wenigstens über Erfahrungswissen aus vergleichbaren Genehmigungsverfahren verfügt, ist nachvollziehbar. Der bei Mietvertragsschluss fiskalisch handelnde Beklagte hatte aber schon während der Vertragsverhandlungen mehrfach darauf hingewiesen, dass die ihn hierbei vertretenden Mitarbeiter keine Einsicht in die Abläufe in der Baubehörde haben, von dieser strikt getrennt sind und keine Möglichkeit zur Einflussnahme haben. So hieß es in einer früheren Version des Mietvertrages unter § 7 Abs. 3, der Beklagte werde als Mieter die Genehmigungsverfahren / öffentliche Abnahme durch die Behörden unterstützend begleiten. Der Beklagte bat am 6. März 2015, diesen Paragraphen zu entfernen, und führte hierzu aus: „Gern sind wir bereit zu unterstützen, aber die Bauaufsicht hat auch ihre Vorschriften.“ Mit E-Mail vom 7. April 2015 übersandte der Beklagte eine entsprechende Anmerkung: „Gerade weil wir selbst Mieter sind, sollte man sowas nicht regeln. Die Bauaufsichtsbehörde hat nach ihren Vorschriften zu handeln.“ In der späteren Fassung des Vertragsentwurfs vom 23. Juni 2015 hieß es in der Präambel, der Mieter werde die Vermieterin bei den erforderlichen Antragstellungen gegenüber den zuständigen Behörden unterstützen. Der Beklagte erklärte hierzu am 25. Juni 2015: „Der [Landkreis] ist auf Grundlage des Privatrechts Mieter. Eine Unterstützung bei der Antragstellung ist nicht möglich, da hier die Interessen des [Landkreises] als Mieter und Baubehörde in Konflikt geraten“, und strich diese Passage aus dem Entwurf. Sie ist im endgültigen Vertrag nicht mehr enthalten. Einem etwaigen Vertrauen der Zedentin, ihre – wann und wie auch immer, wenn überhaupt kommunizierten – Erwartungen, das Genehmigungsverfahren könne ohne weitere Auflagen in ein bis zwei Monaten abgeschlossen werden, wurde damit von vornherein der Boden entzogen.

Die Zedentin war auch nicht mit Blick auf mögliche Denkmalschutzauflagen besonders schutzwürdig. Der notwendige Denkmalschutz war bereits im ersten Mietvertragsentwurf in § 7 Abs. 1 Satz 5 mit der Formulierung angesprochen, die Vermieterin werde „eine ggf. erforderliche denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zur Nutzungsänderung/Sanierung“ ebenso wie die Baugenehmigung einholen; sie findet sich in einer späteren Fassung in § 6 Abs. 5 (später: Abs. 2) Satz 3. Angesichts dessen musste der Zedentin von vornherein das Risiko eines gegebenenfalls länger andauernden Genehmigungsverfahrens ebenso bewusst sein wie die Möglichkeit von denkmalrechtlichen Auflagen. Zum Inhalt möglicher Vorgaben konnte der Beklagte vor der Antragstellung noch keine Angaben machen. Entsprechende Voruntersuchungen oblagen nach § 19 BbgDSchG der Zedentin als verfügungsberechtigten Eigentümerin des Bau- und Bodendenkmals.

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