OLG München, Az.: 28 U 3361/14 Bau, Beschluss vom 19.03.2015
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 01.08.2014 in der mit Beschluss vom 10.09.2014 berichtigten Fassung, Aktenzeichen 8 O 4271/10, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 132.314,38 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Beklagte verfolgt im Berufungsverfahren seinen Abweisungsantrag gegen die vom Landgericht der Klägerin zugesprochenen Zahlungsansprüche weiter.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Ergänzend ist darzustellen, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Prozessbevollmächtigten des Beklagten mit Schreiben vom 13.01.2011 (Anlage K 20) zur Vermeidung weiterer Unklarheiten gesondert auch eine (formale) Schlussrechnung mit Datum 24.09.2009 (Anlage K19) übersandt hat.
Das Landgericht hat seiner Entscheidung zu Grunde gelegt, dass die Klägerin gegenüber dem Beklagten gemäß §§ 631 I BGB, 8 Nr. 1. (2) VOB/B Leistungen im (Netto-)Wert von 168.198,90 € abrechnen könne. Der Beklagte habe die von der Klägerin mit den Anlagen K 22 – 27 dargelegten Massen trotz entsprechenden Hinweises nicht substantiiert bestritten.
Hinsichtlich der von der Klägerin nicht mehr erbrachten Leistungen könne die Klägerin vom Beklagten aus §§ 649S 1, 3 BGB, 8 Nr. 1. (2) VOB/B einen Betrag von 2112,70 € beanspruchen. Eine wirksame Kündigung nach §§ 4 Nr.7., 8 Nr. 3.(1) VOB/B sei nicht gegeben.
Der sich danach zuzüglich Mehrwertsteuer (für erbrachte Leistungen) und abzüglich geleisteter Abschlagszahlungen zu errechnende Anspruch von 66.157,19 € sei, nach vom Beklagten veranlasster Ersatzvornahme(n) durch Dritte, auch ohne Abnahme der klägerischen Leistungen durch den Beklagten fällig, zumal der Beklagte eine fehlende Prüfbarkeit der Schlussrechnung erst außerhalb der Frist des 16 Nr. 3. (1) VOB/B gerügt habe.
Dem Beklagten stünden keine Mängelrechte zu. Für einen Anspruch aus § 13 Nr. 5. (2) VOB/B auf Erstattung der Ersatzvornahmekosten fehle es an einer Fristsetzung zur Mängelbeseitigung nach (vor Abnahme notwendiger) Kündigung, welche nicht gegeben sei.
Eine Nichtigkeit des Vertrags auf Grund von Wucher ergäbe sich nicht.
Der Beklagte macht demgegenüber mit seiner Berufung im Wesentlichen geltend:
Das Landgericht habe zur Frage der ordnungsgemäßen Fertigstellung der von der Klägerin als erbracht abgerechneten Leistungen verfahrenfehlerhaft die vom Beklagten gegenbeweislich angetretenen Zeugenbeweise übergangen. Die Einvernahme der vom Beklagten benannten Zeugen sei geboten gewesen. Es sei falsch, dass der Beklagte dem klägerischen Vortrag zu den erbrachten Leistungen nicht substantiiert widersprochen habe. Da die Leistungen der Klägerin nicht abgenommen worden seien, bedürfe es keiner Unterscheidung zwischen mangelhafter und nicht erbrachter Leistung. Nur eine mangelfreie Leistung sei als vertragsgemäß zu vergüten. Die Klägerin habe deshalb darzulegen, unter Beweis zu stellen und zu beweisen, dass sie ein mangelfreies Werk erbracht hat. Schon dies sei nicht erfolgt. Jedenfalls aber habe der Beklagte zur nicht ordnungsgemäßen Fertigstellung durch die Klägerin ausreichend vorgetragen (insbesondere Anlage B 32) und Beweis dafür angeboten (insbesondere Zeuge G.), dass so gut wie keine der nach dem klägerischen Aufmaß als erledigt behaupteten Wohnungen abschließend und mangelfrei fertiggestellt gewesen sei. Allenfalls 15 Wohnungen seien von der Klägerin annähernd (mangelfrei) hergestellt worden.
Eine wirksame Kündigung nach §§ 4 Nr. 7., 8 Nr. 3. (1) VOB/B sei gegeben. Das Landgericht überspanne die Anforderungen an eine solche Kündigung, wenn es die Anschreiben Anlagen B 7 und B 10 hierfür nicht genügen lasse. Im Übrigen sei vorliegend eine Fristsetzung mit Androhung des Auftragsentzugs ohnehin entbehrlich gewesen, weil dem Beklagten ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten gewesen sei. Die rein vorsorglich gesetzte Frist gemäß Schreiben Anlage B 7 könne in diesem Zusammenhang dem Beklagten nicht entgegengehalten werden. Es sei von vorneherein rechtsfehlerhaft, vorliegend den Ersatz von Fremdnachbesserungskosten überhaupt von einer Kündigung gemäß §§ 4 Nr. 7., 8 Nr. 3. VOB/B abhängig zu machen.
Das Landgericht gehe zu Unrecht von der Prüfbarkeit der Schlussrechnung aus. Es habe sich nicht mit vom Beklagten als Mangelfolgeschaden geltend gemachten Bauzeitzinsen befasst, sowie die Anforderungen an die Voraussetzungen des Wuchers überspannt und damit § 138 BGB falsch angewendet.
Der Beklagte beantragt deshalb, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München I zu Az: 8 O 4271/10 vom 01.08.2014 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt demgegenüber die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Sie beruft sich darauf, dass weder dem Vortrag des Beklagten in erster Instanz, noch der Berufungsbegründung mit hinreichender Sicherheit entnommen werden könne, welche Arbeiten die Klägerin nicht oder nur mangelhaft ausgeführt haben soll. Der Beklagte sei mit dem ohnehin nicht gerechtfertigten Einwand der fehlenden Prüffähigkeit der Schlussrechnung jedenfalls ausgeschlossen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Auftraggeberkündigung nach § 8 Nr. 3. VOB/B hätten nicht vorgelegen. Der Beklagte habe bereits vor der Fristsetzung zur Mangelbeseitigung und der Androhung einer Ersatzvornahme solche Arbeiten anderweitig beauftragt, die an sich vom Werkvertrag mit der Klägerin erfasst gewesen seien. Nicht einmal die Fristsetzung zur Mangelbeseitigung oder Fertigstellung als solche sei wirksam erfolgt. Ein Anspruch auf Verrechnung bzw. Erstattung von Ersatzvornahmekosten sei somit zu Recht nicht zuerkannt worden. Berechtigt gerügte Mängel seien von der Klägerin behoben worden. Ein schlüssiger Vortrag zum behaupteten Anspruch wegen (ohnehin vom Beklagten zu verantwortender) Bauverzögerung fehle. Das Landgericht habe zutreffend die tatbestandlichen Voraussetzungen des Wuchers abgelehnt.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 01.08.2014, Aktenzeichen 8 O 4271/10, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordern.
Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
Begründend wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den das Berufungsvorbringen bereits erschöpfend behandelnden Hinweis des Vorsitzenden des Senats vom 28.01.2015 Bezug genommen.
Die hierzu erfolgten Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 12.03.2015 geben zu einer Änderung keinen Anlass.
Im Hinblick auf diesen Vortrag bleibt lediglich noch auszuführen:
1. Der Vergütungsanspruch des Unternehmers (der Klägerin) für ein selbst mangelhaftes Werk wird auch ohne Abnahme fällig, wenn der Besteller (der Beklagte) nicht mehr Erfüllung, sondern – wie hier – Schadensersatz verlangt (BGH VII ZR 479/00).
2. Nach Durchführung der Ersatzvornahme kann sich der Beklagte auch nicht mehr darauf berufen, dass er ursprünglich zu Recht die Abnahme hätte verweigern können (BGH VII ZR 146/04).
3. Auf die Frage, ob und inwieweit die Klägerin zur Abwehr von Gewährleistungsansprüchen des Beklagten die Mangelfreiheit ihrer Leistung darlegen und beweisen müsste, kommt es im streitgegenständlichen Verfahren nicht an, weil dem Beklagten die geltendgemachten Gewährleistungsansprüche unabhängig von einer tatsächlichen Mangelhaftigkeit aus Rechtsgründen nicht zustehen.
4. Es ist nicht unstreitig, dass die Klägerin die vertraglich die geschuldete Leistung (Grundierung) auch nach Nacherfüllung nicht erbracht, aber gleichwohl als erbracht abgerechnet hat.
5. Der Vortrag des Beklagten, wonach ein erschüttertes Vertrauensverhältnis und die Verzögerung des Bauvorhabens eine Fristsetzung mit Androhung der Auftragsentziehung entbehrlich gemacht haben sollen, wird dadurch widerlegt, dass der Beklagte selbst die Klägerin in Kenntnis der Umstände zur Nacherfüllung aufgefordert und auch zugelassen hat und dies sogar noch mit Schreiben vom 23.10.2009 (Anlage B 7).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß § 708 Nr. 10 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 3 ZPO, 45 GKG bestimmt.
Anhaltspunkte, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten und deshalb einer Sachbehandlung nach § 522 II ZPO entgegenstünden, ergeben sich weder aus dem Vortrag der Parteien noch aus den Umständen. Der Senat setzt sich insbesondere nicht über die vom Beklagten angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinweg.