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Stellung einer Bauhandwerkersicherung

LG Berlin, Az.: 14 O 85/18, Urteil vom 05.11.2018

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin eine Sicherheit gemäß § 648a BGB in Verbindung mit §§ 232 ff. BGB in Höhe von 38.234,71 € zu stellen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung in Höhe von 38.237,18 € in Anspruch.

Stellung einer Bauhandwerkersicherung
Symbolfoto: Jakub Jirsak/Bigstock

Die Klägerin ist ein Bauunternehmen im Bereich Fassaden- und Malerarbeiten. Am 27.09.2016 machte die Klägerin der Beklagten ein Angebot zur Ausführung von Malerarbeiten an einem Bauvorhaben der Beklagten. Die Klägerin und die Beklagte schlossen am 27.10.2017 einen Bauvertrag unter Einbezug der VOB/B zu einer Pauschalvergütung in Höhe von 100.150,00€ netto. Die Parteien vereinbarten die Abführung der Umsatzsteuer durch die Beklagte sowie eine Umlage von 3%. Der Vertrag sieht u. a. eine schriftliche Einigung bei Zusatzleistungen (§ 3 Nr. 6), einen entschädigungslosen Entfall von Leistungen (§ 3 Nr. 7), eine Verlängerung der Fälligkeit der Schlusszahlung auf 60 Tage (§ 6 Nr. 3), die förmliche Abnahme unter Ausschluss des § 12 V VOB/V (§ 7 Nr. 1, Nr. 3) sowie die Kündigung des Werkvertrages nur mit Einschreiben (§ 12 Nr. 4 S. 2) vor. Die zum Vertrag vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sehen u. a. Rechte zur Vergütungsanpassung des Auftragnehmers bei Minderleistungen (I Nr. 7), Fristbeginn für die Gewährleistung mit Abnahme der Gesamtleistung durch den Beauftragten des Auftraggebers (I Nr. 8) sowie das Erfordernis einer schriftlichen Preisvereinbarung für zusätzliche Leistungen vor Ausführungsbeginn unter Ausschluss der Anerkennung von Nachforderungen oder nicht unterschriebenen Rapporten (I Nr. 11). Die Klägerin verpflichtete sich u. a., in den Treppenhäusern 5, 6 und 9 des OZ 1.4 des Bauobjekts der Beklagten einen Sockelanstrich vorzunehmen. Am 03.11.2017 nahm die Beklagte die Leistungen der Klägerin unter Vorbehalt von Mängeln ab. Am 04.12.2017 legte die Klägerin der Beklagten eine Schlussrechnung vor. Im Rahmen ihrer Schlussrechnungsprüfung bestätigte die Beklagte einen von der Klägerin bereits erbrachten Leistungsstand in Höhe von 143.347,47 € und nahm einen Abzug in Höhe von 5.421,18 € aufgrund des in den Treppenhäusern 5, 6 und 9 des OZ 1.4 des Bauobjekts noch nicht erbrachten Sockelanstrichs vor. Die Beklagte leistete an die Klägerin bereits eine Zahlung in Höhe von 109.544,52 €. Die Beklagte legte der Klägerin die Schlussrechnungsprüfung am 19.01.2018 vor und wies die Klägerin auf die Ausschlusswirkung eines nicht rechtzeitigen Vorbehalts gegen die Schlussrechnungsprüfung bis zum 16.02.2018 hin. Am 20.02.2018 unterbreitete die Klägerin der Beklagten unter Fristsetzung bis zum 23.02.2018 ein schriftliches Angebot zur Ausführung des Sockelanstrichs in den Treppenhäusern 5, 6 und 9 des OZ 1.4 des Bauobjekts und widersprach im selben Schreiben dem von der Beklagten vorgenommenen Abzug in Höhe von 5.421,18 €. Mit Schreiben vom 23.02.2018 machte die Beklagte das Angebot der Klägerin zur Nacherfüllung von einer Kostenbestätigung der Klägerin wegen zu erwartender Mietminderungen aufgrund der Nacherfüllungsarbeiten durch die Klägerin abhängig. Die Klägerin führte die Nacherfüllung daraufhin nicht aus. Am 12.04.2018 forderte die Klägerin die Beklagte schriftlich und mit Fristsetzung zum 23.04.2018 zur Erbringung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 34.758,38€ netto zzgl. 10% (Gesamtforderung: 38.237,18 € netto) auf. Die Beklagte erbrachte die Sicherheitsleistung nicht.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass sich aus dem von der Beklagten bestätigten Leistungsstand in Höhe von 143.347,47 € zzgl. des vorgenommenen Abzugs in Höhe von 5.421,71 € (148.776,65 €) abzgl. der vereinbarten Umlage von 3% in Höhe von 4.463,65€ (144.313,35€) abzgl. der geleisteten Zahlung in Höhe von 109.554,52 € (34.758,83 €) zzgl 10% gemäß § 648a BGB für Nebenforderungen ein zu sichernder Anspruch in Höhe von 38.237,18 € wegen unerfüllten Werklohnanspruchs in Höhe von 38.237,18 € gegen die Beklagte ergebe. Sie ist der Ansicht, dass ihr Anspruch auf Sicherheitsleistung nicht wegen eines etwaigen verspätet erklärten Vorbehalts nach § 16 III Nr. 2-5 VOB/B ausgeschlossen sei.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass hinsichtlich des zu sichernden Anspruchs kein Abzug in Höhe von 5.421,71€ vorzunehmen sei. Die Klägerin ist der Ansicht, dass sich die Beklagte bzgl. der Leistung „Sockelanstrich“ im Annahmeverzug befinde, dass die Voraussetzungen für eine Vergütungsminderung nach §13 VI VOB/B nicht vorlägen und dass die Beklagte keinen Anspruch auf Kostenbestätigung seitens der Klägerin wegen zu erwartender Mietminderungen infolge der Nacharbeiten habe.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine Sicherheit in Höhe von 38.234,71 € zu stellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich des weiteren Vortrages der Parteien wird auf die zwischen diesen und dem Gericht gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Sicherheitsleistung gemäß § 648a Abs. 1 S. 1 BGB.

Da der Vertragsschluss am 27.10.2017 erfolgt ist, findet die Vorschrift in der Fassung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Anwendung. Die Regelung des § 648a BGB gilt auch, wenn die Vertragsparteien die Einbeziehung der VOB/B vereinbart haben (BGH BauR 2009, 1152, Tz. 14).

Sicherungsberechtigt ist jeder, der eine Bauwerksleistung im Sinne des § 648a Abs. 1 S. 1 erbringt. Das ist vorliegend die Klägerin. Verpflichtet ist der Besteller der Bauwerksleistung. Das ist vorliegend die Beklagte.

Ein die Anwendbarkeit des § 648a Abs. 1 BGB ausschließender Fall des § 648a Abs. 6 BGB ist nicht einschlägig.

Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht nach § 16 III Nr. 2-5 VOB/B ausgeschlossen. Denn auch die jetzige Fassung des § 16 III Nr. 2-5 VOB/B vermag eine wirksame Einrede der vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung nur dann herbeiführen, wenn die VOB „als Ganzes“ vereinbart wurde (Locher, in: Kommentar VOB Teile A und B, § 16 III VOB/B Rn. 105; BGH, Urt. v. 16.12.1982 VII ZR 92/82; BGH, Urt. v. 22.01.1987 VII ZR 96/85). Denn § 16 III Nr. 2 VOB/B hält einer isolierten Inhaltskontrolle unter Zugrundelegung des Prüfungsmaßstabs des § 307 BGB nicht stand (BGH, Urt. v. 19.03.1998 VII ZR 116/97; BGH, Urt. v. 09.10.2001 X ZR 153/99; BGH, Urt. v. 18.04.2002 VII ZR 260/01; BGH Urt. v. 10.05.2007 VII ZR 226/05). § 16 III Nr. 2 VOB/B bleibt auch in der neuen Fassung AGB-rechtlich unwirksam. Denn die Vorschrift beachtet nach wie vor nicht das gesetzliche Leitbild, dass nämlich ein Auftragnehmer seinen Vergütungsanspruch nur dann verliert bzw. nicht mehr durchsetzen kann, wenn dieser entweder verwirkt oder verjährt ist und somit durch § 16 III Nr. 2-5 ein wesentlich früherer Verlust eintreten kann. In diesem Zusammenhang ist auch der Umstand zu berücksichtigen, dass die VOB/B im Vergütungsbereich keine annähernd gleichwertige Regelung zu Lasten der Auftraggeberseite vorsieht. Mithin weicht die VOB/B von der grundlegenden Forderung ab, dass eine Vergütungsforderung nur durch eine entsprechende Leistung getilgt wird (Locher, in: Kommentar VOB/B Teile A und B, § 16 Abs. 3 VOB/B Rn. 106; BGH, Urt. v. 19.03.1998 VII ZR 116/97).

Vorliegend haben die Parteien die VOB nicht „als Ganzes“ vereinbart.

Zwar heißt es in § 2 Ziffer 1.5, dass die allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen der VOB/ Teil B Vertragsbestandteil werden. Allerdings weist der zwischen den Parteien am 27.10.2017 geschlossenen Werkvertrags Regelungen auf, die erheblich von der VOB/B abweichen und diese entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nur inhaltlich modifizieren.

Dies ergibt sich zunächst aus der vertraglichen Regelung des § 3 Nr. 6. Denn dort heißt es:

„Sollte sich während der Ausführungszeit herausstellen, dass zusätzliche, nicht vertragsgegenständliche und für den AN vor Vertragsabschluss nicht erkennbare Leistungen sowie zusätzliche Stundenlohnarbeiten zur Ausführung gebracht werden sollen, so haben sie der AN und der AG über deren Vergütung und deren sonstige vertragsrelevanter Faktoren, vor Ausführungsbeginn, schriftlich zu einigen. Andernfalls verwirkt der AN seinen Vergütungsanspruch.“

Die Verwirkung des Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers weicht erheblich von der in § 2 Abs. 6 VOB/B getroffenen Regelung ab, wonach dem Auftragnehmer für zusätzliche, nach Vertragsschluss geforderte Leistungen auch eine zusätzliche Vergütung zusteht. Liegen Klauseln vor, die den § 2 Abs. 6 VOB/B einengen oder gar ausschließen, ist die VOB/B „als Ganzes“ nicht mehr gegeben (Keldungs, in: Kommentar zur VOB/B Teile A und B, §2 VI Abs. 6 VOB/B Rn. 2).

Auch die vertragliche Regelung des § 3 Nr. 7 zeigt, dass die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart ist. Denn dort heißt es:

„Dem AG wird das Recht eingeräumt Leistungsbestandteile dem Umfang und / oder der Wertigkeit nach zu minimieren. Für den Fall, dass sich der AN und der AG über deren Minderung und deren sonstiger vertragsrelevanter Faktoren vor Ausführungsbeginn schriftlich einigen, minimiert sich der Pauschalfestpreis entsprechend. Für die Minderung wird der AN keine zusätzliche Entschädigung geltend machen.“

Die Vorschrift greift erheblich in etwaige Entschädigungsansprüche des Auftragnehmers ein, wie sie z.B. in § 3 Abs. 1 VOB/B, § 3 Abs. 2 VOB/B, § 4 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 VOB/B und § 4 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 VOB/B in Verbindung mit § 642 BGB zu finden sind. Denn etwaige Entschädigungsansprüche des Auftragnehmers z.B. wegen der durch den Auftraggeber verursachten Bauablaufstörungen und einer darauf beruhenden Minimierung von Leistungsbestandteilen werden nicht nur fühlbar eingeengt, sondern sogar ausgeschlossen.

Aus der vertraglichen Vereinbarung des § 7 Nr. 1 und Nr. 3 folgt, dass die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart ist. Denn in § 7 Nr. 1 und Nr. 3 heißt es:

„1.

Der AN soll dem AG die vertragsgemäße und mangelfreie Fertigstellung seiner Arbeiten schriftlich mitteilen und den AG rechtzeitig, d.h. mit einer Frist von mindestens 10 Werktagen, zur förmlichen Abnahme auffordern.

2.

3.

Der AG verlangt bereits jetzt gemäß § 12 Nr. 4 VOB/B eine förmliche Abnahme (…).“

Aus dieser vertraglichen Regelung zur Abnahme geht hervor, dass nach dem Parteiwillen eine wirkliche und nicht nur fiktive Abnahme erfolgen soll und dass die fiktive Abnahme nach § 12 Abs. 5 VOB/B uneingeschränkt ausgeschlossen sein soll. Dies führt dazu, dass die VOB/B vorliegend nicht als Ganzes vereinbart worden ist. Denn die Abnahmefiktionen nach VOB/B sind abschließend und der Ausschluss der fiktiven Abnahme nach § 12 Abs. 5 VOB/B erfolgt im vorliegenden Vertrag uneingeschränkt (Oppler, in: Kommentar VOB Teile A und B, § 12 VOB/B Rn. 23).

Auch die Allgemeinen Vertragsbedingungen zum Vertrag enthalten weitere massive Eingriffe in die VOB/B.

Denn in I Nr. 7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen heißt es:

„Minderleistungen bei einzelnen Positionen berechtigen nicht zu einer Änderung der Einzelpreise, auch wenn die Massen mehr als 10% unterschritten werden. Der Auftraggeber behält sich vor, einzelne Leistungen nicht auszuführen bzw. zu ändern oder an andere Firmen zu vergeben, ohne dass Ansprüche darauf geltend gemacht werden können (…).“

Die vertragliche Regelung des I Nr. 7 stellt einen erheblichen Eingriff in § 2 Abs. 3 VOB/B dar. Denn bei einer Einengung des § 2 Abs. 3 VOB/B durch die Erhöhung der Grenze von 10% auf 20% ist die VOB/B als Ganzes nicht mehr gegeben (Keldungs, in: Kommentar VOB Teile A und B, § 2 Abs. 3 VOB/B Rn. 9; BGH, Urt. v. 22.01.2004 VUU ZR 419/02).

Auch I Nr. 8 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen schließt eine Vereinbarung der VOB/B als Ganzes aus. Denn dort heißt es:

„Für die abgeschlossenen Arbeiten ist eine Gewährleistung abweichend zur VOB über 5 Jahren zu übernehmen. Diese Frist beginnt mit der Abnahme der Gesamtleistung durch den Beauftragten des Auftraggebers. Die Abnahme kann erst nach Inbetriebnahme der Anlage vom Auftragnehmer gefordert werden (…).“

Die vertragliche Regelung stellt lediglich auf die Abnahme der Gesamtleistung ab und sieht keine Abnahme des Einzelgewerks (hier: Malerarbeiten) vor. Dies stellt einen Eingriff in § 12 Abs. 2 VOB/B dar. Denn in der Abweichung von der in § 12 Abs. 2 VOB/B vorgesehenen Teilabnahme liegt ein Eingriff in den Kernbereich der VOB/B vor (Oppler, in: Kommentar VOB Teile A und B, § 12 Abs. 2 VOB/B Rn. 4).

Nach richtiger Ansicht der Klägerin schließt auch I Nr. 11 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Vereinbarung der VOB/B als Ganzes aus. Denn dort ist vorgesehen:

„Für zusätzliche Leistungen ist vor Arbeitsausführung eine schriftliche Preisvereinbarung mit dem Auftraggeber zu treffen. Zusatzarbeiten dürfen erst nach Genehmigung der Bauleitung und des Bauherrn ausgeführt werden. Taglohnarbeiten dürfen nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Bauleitung ausgeführt werden. Hierfür sind der Bauleitung tägliche Rapporte in 2-facher Auslegung vorzulegen.“

Die vertragliche Regelung stellt einen erheblichen Eingriff in § 2 Abs. 6 VOB/B dar. Denn im Sinne oben stehender Klausel kann der Auftraggeber als Voraussetzung für die Vergütungspflicht bzgl. Zusatzleistungen schriftliche Angebote des Auftragnehmers verlangen. Dadurch wird der Vergütungsanspruch der Klägerin aus § 2 Abs. 6 VOB/B zwar nicht ausgeschlossen, jedoch fühlbar eingeengt. Mithin führt diese wesentliche Einengung dazu, dass die VOB/B als Ganzes nicht mehr gegeben ist (Keldungs, in: Kommentar VOB Teile A und B, § 2 Abs. 6 VOB/B Rn. 2).

Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt die vertragliche Vereinbarung des § 6 Nr. 3 nicht darauf schließen, dass die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart ist.

Denn dort heißt es:

„Der AN stellt nach Fertigstellung seiner geschuldeten Leistung eine Schlussrechnung, deren Rechnungszuwachs mindestens ___% der Nettoauftragssumme nach § 3 Ziffer 1 dieses Vertrages zuzüglich etwaig vom AG schriftlich bestätigter nettonachtragssummen betragen sollte.

Die Schlussrechnung ist entsprechend §16 (3) VOB/B aufgrund des Umfangs und der Komplexität dieses Vertragsverhältnisses innerhalb von 60 Tagen nach Rechnungseingang (beim AG) vom AG zu leisten.“

Diese Regelung schließt die Vereinbarung der VOB/B als Ganzes nicht aus. Denn die Grundregel des § 16 Abs. 3 Nr. 1 S. 1 VOB/B, wonach die prüffähige Schlussrechnung 30 Tage nach ihrem Zugang zur Zahlung fällig wird, gilt nicht ausnahmslos. Der Ablauf der Frist kann ausnahmsweise hinausgeschoben werden, wenn aus sachlich berechtigten Gründen die Prüfung und Feststellung innerhalb der Prüffrist nicht beendet werden kann (Locher, in: Kommentar VOB Teile A und B, § 16 III VOB/B Rn. 8, Rn. 29). Nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 kann sich die Frist aus solchen Gründen auf höchstens 60 Tage verlängern. Aufgrund obenstehender Ausführungen wird der Inhalt der VOB/B dadurch nicht verändert.

Entgegen der Ansicht der Klägerin vermag auch die vertragliche Regelung des §12 Nr. 4 S. 2 schließt eine Vereinbarung der VOB/B als Ganzes nicht aus.

Denn § 12 Nr. 4 S. 2 sieht vor:

„Die Kündigung des Bauvertrages muss per Einschreiben erfolgen.“

Die vertragliche Regelung stellt entgegen der Ansicht der Klägerin keinen erheblichen Eingriff in die Vorschriften der VOB/B dar. Denn gem. § 9 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B in Verbindung mit § 127 Abs. 1 BGB ist die Einhaltung der Schriftform grundsätzlich Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Kündigung des Bauvertrags durch den Auftragnehmer. Die Vereinbarung der Parteien, dass die Kündigung per Einschreiben erfolgen soll, stellt keine wesentliche Veränderung des diesbezüglichen Inhalts der VOB/B und somit keinen erheblichen Eingriff in die formellen Kündigungsvoraussetzungen des Bauvertrags durch den Auftragnehmer dar.

Zusammenfassend ist also die VOB/B vorliegend zwischen den Parteien nicht als Ganzes vereinbart.

Mithin greift die Einrede der Beklagten, dass der Anspruch der Klägerin auf Stellung einer Sicherheit nach Maßgabe des § 16 III Nr. 2-5 VOB/B ausgeschlossen sei, nicht durch.

Der von der Klägerin am 20.02.2018 erklärte Vorbehalt gegen die Schlussrechnungsprüfung der Beklagten vom 19.01.2018 ist somit auch nicht verfristet gewesen. Das Angebot der Klägerin zur Mängelbeseitigung durch Sockelanstrich in den Treppenhäusern 5, 6 und 9 des OZ 1.4 des Bauvorhabens der Beklagten ist damit entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht rechtlich wirkungslos gewesen. Eine Kürzung der Sicherheitsleistung um 5.421,71 € ist daher nicht vorzunehmen.

Die Geltendmachung des Sicherungsanspruchs durch die Klägerin ist auch nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 242 BGB. Denn die Klägerin hat bzgl. der 5.421,71€ ihr Nachbesserungsrecht nicht verloren. Sie hat die Nachbesserung angeboten, die Beklagte hat dieses Angebot jedoch nicht angenommen.

Die Klägerin hat somit einen Anspruch auf Stellung einer Sicherheit gemäß §648a Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit §§232 ff. BGB in Höhe des vertraglichen Nettovergütungsanspruchs von 34.761,07€, womit sich zzgl. 10% Nebenforderungen gemäß §648 BGB ein zu sichernder Anspruch in Höhe von 38.237,18€ ergibt.

Unerheblich sind zuletzt die Einwände der Beklagten zu möglichen Mängeln und einer Vertragsstrafe, wie mit den Parteien erörtert. Diese sind im Rahmen des hier nur vorliegenden Sicherungsprozesses unbeachtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §709 ZPO.

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