OLG München – Az.: 28 U 452/19 – Urteil vom 28.01.2020
1. Auf die Berufung der Kläger wird das Schlussurteil des Landgerichts München I vom 28.12.2018, Az. 4 O 23908/15, wie folgt abgeändert:
1.1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1) 53.603,65 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 41.142,13 Euro seit dem 4.3.2016 und aus 12.461,52 Euro seit dem 4.3.2017 zu bezahlen.
1.2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zu 2) und 3) als Gesamtgläubiger 105.670,94 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 21.663,10 Euro seit dem 4.3.2016 und aus 84.007,84 Euro seit dem 4.3.2017 zu bezahlen.
1.3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 4) 54.501,72 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 21.851,48 Euro seit dem 4.3.2016 und aus 32.650,24 Euro seit dem 4.3.2017 zu bezahlen.
2. Die weitergehende Berufung der Kläger und die Anschlussberufung der Beklagten werden zurückgewiesen.
3. Von den Gerichtskosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 84 %, die Kläger jeweils 4 %.
Die Beklagte trägt von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 4) jeweils 83 % und von den außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 2) und 3) jeweils 84 %.
Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Kläger jeweils 4 %.
Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die jeweiligen Vollstreckungsschuldner können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Die Kläger fordern Schadensersatz wegen der nicht rechtzeitigen Fertigstellung von Photovoltaikanlagen.
Das Landgericht wies die Klage ab, da die Ansprüche verjährt seien. Die Lieferung einer Photovoltaikanlage sei als Kaufvertrag zu beurteilen, die Zusicherung einer Lieferzeit sei eine Beschaffenheitsvereinbarung und es sei die zweijährige Verjährungsfrist einschlägig, die bereits abgelaufen sei.
Bezüglich der weiteren Sachverhaltsdarstellung, der Begründung der landgerichtlichen Entscheidung sowie der Antragstellung in erster Instanz wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Die Kläger wenden sich gegen diese Klageabweisung, da ihnen wegen der verspäteten Fertigstellung der Anlagen Schäden entstanden seien.
Die Kläger beantragen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1) 64.844,74 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten p.a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zu 2) und 3) als Gesamtgläubiger 126.173,81 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten p.a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 4) 65.415,66 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten p.a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt: Die Berufung wird zurückgewiesen.
und im Wege der Anschlussberufung
1.1. Hilfsweise für den Fall, dass die Berufung der Kläger erfolglos bleibt:
Die Kläger zahlen als Gesamtschuldner an die Beklagte EUR 10.728,82 und EUR 7.941,75 jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit.
2. Hilfsweise und für den Fall, dass die Klageforderung ganz oder teilweise besteht und soweit die Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin durch die Hilfsaufrechnung nicht verbraucht sind, erhebt die Beklagte Widerklage und beantragt, die Kläger als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Beklagte den nach der Hilfsaufrechnung noch verbleibenden Betrag [aus den Aufwendungsersatzansprüchen wegen des einstweiligen Verfügungsverfahrens gegen die … AG und des selbstständigen Beweisverfahrens gegen die Drescher GmbH in Höhe von insgesamt EUR 18.670,57] zu bezahlen.
Die Kläger beantragen hierzu: Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte prozessierte vor dem Landgericht sowie dem Oberlandesgericht Rostock und führte beim Landgericht Halle ein selbständiges Beweisverfahren, wobei es jeweils um den möglichst schnellen Anschluss der Stromversorgung der von der Beklagten veräußerten Anlagen ging. Die Beklagte behauptet, die Kläger hätten sie hierzu beauftragt und sie ist daher der Auffassung, dass die Kläger die Rechtsverfolgungskosten hierfür schuldeten.
Der Senat hat mit Verfügung vom 29.4.2019 einen umfangreichen Hinweis erteilt. Auf den Hinweis und die insoweit ergangenen Gegenerklärungen wird Bezug genommen.
II.
1. Die zulässige Berufung der Kläger ist teilweise begründet.
Die Kläger haben gegen die Beklagte jeweils einen Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB.
a. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts greift das allgemeine Leistungsstörungsrecht, so dass die o.g. Anspruchsgrundlage anwendbar ist; die Beurteilung von Störungen richtet sich nicht nach den werkvertraglichen Sekundärrechten (§ 634 ff. BGB), da eine Abnahme (oder ein abnahmeersetzendes Rechtsinstitut) nicht erfolgt ist.
(1) Die Errichtung der Photovoltaikanlagen richtet sich im konkreten Fall nach Werkvertragsrecht.
Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des VII. Senats des Bundesgerichtshofs an (vgl. BGH VII ZR 348/13).
Neben dem „klassischen“ Abgrenzungskriterium des geschuldeten „Erfolgs“ – bereits dieser Gesichtspunkt spricht für die Einordnung als Werkvertrag – muss weiter berücksichtigt werden, welche Vorschriften der Gesetzgeber zur Lösung der widerstreitenden und wechselseitigen Interessen geschaffen hat, die sich aus der konkreten Vertragsbeziehung ergeben können.
Die Vorschriften des Kaufrechts orientieren sich hierbei an dem für diese Vertragsart typischen Leistungsaustausch, der sich in einem bestimmten und kurzfristigen Moment der Übergabe „Ware gegen Geld“ vollzieht und damit beendet ist. Beim Werkvertragsrecht hingegen wird dem Umstand Rechnung getragen, dass häufig eine den Dauerschuldverhältnissen ähnliche, langfristige Vertragsbeziehung entsteht, die störanfälliger ist, als der „schnelle“ Leistungsaustausch. Vor diesem Hintergrund gewinnen Kündigungsvorschriften (§ 648 BGB), verloren gegangenes Vertrauen (§ 648 a BGB), der Umgang mit Preissteigerungen (§ 649 BGB) oder Absicherungen (§ 647 BGB) besondere Bedeutung. Ferner bedingt der dem Werkvertragsrecht immanente und zentrale „Erfolg“ im Vergleich zur bloßen „Funktionsfähigkeit“ der Kaufsache Regeln wie die Abnahme oder Ersatzvornahme. Der Vertragspartner hat im Werkvertragsrecht das Recht und die Pflicht die Vertragsmäßigkeit der Leistung zu untersuchen; im Fall der Mangelhaftigkeit kann er zur Sicherung des „Erfolg“ zum Institut der Selbstvornahme greifen.
Vor diesem Hintergrund bleiben keine Zweifel an der Zuordnung des vorliegenden Vertrags als Werkvertrag. Die Planung und Lieferung sind aufwendig und auch nach Abschluss der Arbeiten ist in zeitlicher Hinsicht der Erfolg überhaupt erst nach einer gewissen Zeitdauer und eines „Probelaufs“ überprüfbar.
Soweit die Parteien den Vertrag als „Kaufvertrag“ bezeichnet haben, ist dieser Umstand unschädlich, da die Zuordnung eines Rechtsgeschäfts zu den Vertragstypen als Rechtsfrage nicht der Vertragsfreiheit unterliegt.
(2) Eine Abnahme ist ersichtlich nicht erfolgt.
Ob die Abnahme vorliegend entbehrlich gewesen wäre, da die Vertragsparteien aufgrund der rechtlichen Unsicherheiten im Hinblick auf die Entscheidung des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH VIII ZR 318/12), wonach die Lieferung einer Photovoltaikanlage sich nach kaufrechtlichen Bestimmungen richten kann, möglicherweise von einem Kauf ausgegangen sind, kann offenbleiben, da die Leistung nicht vollständig (s. u.) erbracht wurde.
b. Die Beklagte war mit ihrer Leistung, der Errichtung der Photovoltaikanlagen, in Verzug.
Die Beklagte schuldete ihre Leistung (Ziff. (1)) zum 31.12.2011 (Ziff. (2)), ein Verschulden ist nicht erforderlich (Ziff. (3)) und der Schaden konnte geschätzt werden (Ziff. (4)).
(1) Der Umfang der geschuldeten Leistung ergibt sich aus einer Auslegung des Vertrags (§§ 133, 157 BGB).
aa. Bereits die grammatikalische Auslegung ergibt, dass umfassend die Errichtung einer Photovoltaikanlage versprochen wurde und hierzu rechnen entgegen der Ansicht der Beklagten auch die Transformatoren.
So heißt es in der Präambel zu den Verträgen, dass die Leistung eine „schlüsselfertige Photovoltaikanlage“ sei. Die „Schlüsselfertigkeit“ wird in der Präambel definiert als „betriebsfertig“, „also […] auf dem Dach montiert, die erforderlichen Anschlussleitungen verlegt und die Installation der erforderlichen Schalt- und Messanlagen erfolgt ist“. In Ziff. 1 des „Kaufvertrags“, in der der Vertragsgegenstand beschrieben wird, heißt es weiter, dass die einzelnen Gegenstände, das Zubehör und die technischen Details im Anhang 3 aufgeführt wären. Sodann erfolgte eine Bezeichnung des Vertragsgegenstands als „Photovoltaik-Komplettanlage mit Montage und Netzanschluss“.
Ein objektiver Empfänger konnte das Angebot nur als umfassende und ohne jede Einschränkung versehene Photovoltaikanlage auffassen; entgegen der Ansicht der Beklagten waren damit auch erforderliche Transformatoren geschuldet.
[1] Bereits die Wendung „schlüsselfertig“ suggeriert, dass der Erwerber nur noch den Schlüssel „umdrehen“ muss, um die Sache in Gebrauch zu nehmen und zu nutzen, was die vollständige Funktionsfähigkeit bedingt, die wiederum die Vollständigkeit der zu erbringenden Leistung erfordert.
Diese Nutzungs- und Vollständigkeitserwartung wird für den objektiven Empfänger bestärkt durch die vertragseigene Definition mit „betriebsfertig“. Da eine Photovoltaikanlage mit dem Ziel Gewinne zu erwirtschaften allein durch den „Betrieb“ genutzt wird, bedeutet betriebsfertig, dass genau hiermit – die Erwirtschaftung von Gewinnen – begonnen werden kann. Dass die Betriebsfertigkeit dann mit Montage, vollständiger Verlegung und Installation weiter beschrieben wird, lässt keine Einschränkungen entnehmen, sondern unterstreicht diese Erwartungshaltung. Ein objektiv verständiger Empfänger weiß, dass neben der Montage einer Photovoltaikanlage auf dem Dach umfassende elektronische Arbeiten für eine Einspeisung erforderlich sind und genau das wird durch die „vollständige Verlegung“ und „Installation“ suggeriert.
[2] Diese Erwartungshaltung vom Umfang der Leistung wird im Vertrag unterstrichen, da die Anlage im Folgenden als „Komplettanlage mit Montage und Netzanschluss“ beschrieben wird.
„Komplett“ ist zunächst ein Synonym für vollständig und umfassend. Neben der technischen Vollständigkeit wird weiter klargestellt, dass auch die Montage geschuldet ist, d.h. das Anbringen am Dach; zuletzt wird der Netzanschluss zugesichert. Nicht nur für den Laien, sondern auch für den entscheidenden Fachsenat, wird damit eine umfassende Leistung versprochen.
bb. Die grammatikalische Deutung wird bestätigt durch die den Vertrag begleitenden Umstände, die in Ziff. 9 der Verträge zum Ausdruck kommen.
Das klassische Anschaffungsmotiv einer Photovoltaikanlage ist die Erwirtschaftung von Gewinnen durch die Stromeinspeisung, die abhängig ist von der gezahlten Einspeisevergütung. Nachdem eine Reduzierung der Einspeisevergütung drohte – ein Umstand, den die Branche naturgemäß für Werbezwecke verwendet -, wollten sich die Kläger die noch geltende höhere Einspeisungsvergütung sichern. Genau dies kommt in Ziff. 9 des Vertrags zum Ausdruck, da eine Fertigstellungsgarantie für genau den Zeitpunkt übernommen wurde, in dem noch die höhere Einspeisungsvergütung zum Tragen kam.
Ein verständiger Erwerber der Anlage, für den die zeitliche Weichenstellung der Einspeisungsvergütung ein zentrales Anschaffungsmotiv darstellt, verbindet mit der Fertigstellungsgarantie die Zusage, dass ab diesem Zeitpunkt die Anlage in Betrieb genommen und Gewinne erwirtschaftet werden können, was die vollständige Fertigstellung bedingt als denknotwendige Fortsetzung der grammatikalischen Bedeutung von „schlüsselfertig“ und „betriebsfertig“.
(2) Die jeweilige Leistung war zum 31.12.2011 zu erbringen.
Aufgrund erheblicher Schwierigkeiten mit der für die Einspeisung erforderlichen Trafostation, die erst 2014 behoben wurden, begann die Stromeinspeisung ab dem 5.8.2014 und damit verspätet.
Eine Mahnung war nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich. Soweit die Beklagte meint, eine Leistungszeit sei nicht vereinbart worden, steht dies im Widerspruch zum eindeutigen Wortlaut der Klausel „garantiert der Ersteller die Fertigstellung bis zum 31.12.2011“. Dass – wie die Beklagte meint – hiermit nicht die Fertigstellung zugesagt wurde, sondern nur die Sicherung der höheren Einspeisevergütung, kommt in der Klausel nicht zum Ausdruck.
Auch verkennt die Beklagte das Gebot der kundenfreundlichen Auslegung und ein Adressat einer Fertigstellungsgarantie verbindet mit dieser Wendung eine Leistungszeit. Der Verwender von Klauseln, das ist letztlich der Sinn der gebotenen kundenfreundlichen Deutung, trägt das Risiko von Missverständnissen, da ein Klauselgegner bei vermeintlich bereits geregelten Gesichtspunkten kein vertragliches Regelungsbedürfnis sieht. Im vorliegenden Fall findet ein verständiger Erwerber die Garantie einer Leistungszeit vor und wird daher keinesfalls die Vertragsverhandlungen auf Zusicherung eine Leistungszeit lenken; eine Notwendigkeit, handschriftlich unter „garantierte Fertigstellung bis zum 31.12.2011“ zu vermerken, dass das stimmt und die Fertigstellung tatsächlich zum 31.12.2011 versprochen wird, ist vor diesem eher fernliegend.
Es mag durchaus sein, dass die Beklagte sich hierunter etwas anderes vorgestellt hat, aber innere Vorbehalte werden (vgl. § 116 BGB) nicht Vertragsbestandteil. Auch verkennt die Beklagte, dass die Zusage einer Leistungszeit für den Kunden insgesamt eine immense Bedeutung hat. Neben der für Photovoltaikanlagen zentralen Sicherung der Einspeisevergütung wird mit dem Fertigstellungsdatum auch der Zeitpunkt versprochen, ab dem die Anlage Umsätze und damit Gewinne produziert. Diesem Zeitpunkt kommt daher gerade für die Finanzierung – die Anlagenkosten belaufen sich immerhin auf sechsstellige Beträge – gravierende Bedeutung zu und vorliegend ist den Klägern über einen Zeitraum von 31 Monaten die erwartete Vergütung entgangen.
(3) Das für Verzögerungsschäden grundsätzlich erforderliche Verschulden wurde in Ziff. 9 des Kaufvertrages abbedungen.
aa. In Absatz eins der Ziff. 9 heißt es, dass die Fertigstellung zum 31.12.2011 „garantiert“ wird. In Absatz zwei findet sich eine Bestimmung, falls für die zu späte Errichtung ein Subunternehmer des Auftragnehmers verantwortlich sein sollte und in Absatz drei eine entsprechende Bestimmung für eine Verantwortung des Auftraggebers.
bb. Aus einer Gesamtschau dieser Absätze ergibt sich für den objektiven Empfänger des Angebots, dass die Fertigstellung „unbedingt“ versprochen wurde.
Das für den Verzögerungsschaden grundsätzlich erforderliche Verschulden ist damit keine Voraussetzung für den Anspruch im vorliegend Fall.
[1] Eine grammatikalische Auslegung der Wendung „garantiert“ ist eine im Geschäftsverkehr typische Umschreibung eines schuldunabhängigen Leistungsversprechens, das der Gesetzgeber u.a. verwendet in § 443 BGB. In § 276 Abs. 1 BGB – der zivilrechtlichen Legaldefinition der „Verantwortlichkeit“ des Schuldners – wird klargestellt, dass der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten hat, wenn nicht eine strengere oder mildere Haftung bestimmt ist oder aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie folgt. Genau dieses Garantieverständnis legt der Geschäftsverkehr zu Grunde und ein objektiver Empfänger eines „Garantieversprechens“ versteht hierunter die stärkste Form der Absicherung.
Ein anderes Verständnis lässt sich mit der getroffenen Vereinbarung nicht in Einklang bringen. Ein Schuldner haftet nach den gesetzlichen Bestimmungen für eine Leistungsverzögerung schon nach den gesetzlichen Bestimmungen; bei Zusicherung einer Leistungszeit werden vertragliche Regelungen zur „Verantwortlichkeit“ nur erforderlich, wenn von der gesetzlichen Grundkonstellation abgewichen werden soll. Genau eine solche Abweichung findet sich in den Absätzen eins bis drei.
[2] Eine andere Leseart – wonach in Absatz eins lediglich eine Leistungszeit zugesichert wird und in Absatz zwei die Rechtsfolgen bei Nichteinhaltung geregelt sind – ist weder näherliegend noch geboten.
Zum einen wäre jede Haftung des Auftragnehmers ausgeschlossen, wenn dieser die Verzögerung verursacht hätte, weil Absatz zwei nur auf die Verantwortlichkeit der Subunternehmer abstellt und keine Regelung zu einem Vertreten des Auftragnehmers enthält. Zum anderen wird durch die Wendung „garantiert“ in Absatz eins beim objektiven Kunden ein erhebliches Vertrauen auf die Einhaltung der Leistungszeit erzeugt, da der Geschäftsverkehr mit einer Garantie die stärkste Form eines Leistungsversprechens verbindet (s.o.). Wären dann die Rechtsfolgen ein Minus zur bestehenden Gesetzeslage, wäre das widersprüchlich. In Absatz zwei wird nun allein eine Reduzierung des Kaufpreises zugesagt, womit die weiteren – und das zeigt die Klage – erheblicheren Verzögerungsschäden abbedungen wären; der Kunde stünde letztlich schlechter, als nach den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 286 ff. BGB. Zudem – und das verkennt die Beklagte – sind Allgemeine Geschäftsbedingungen grundsätzlich verwenderfeindlich, d.h. kundenfreundlich, auszulegen und aus der Sicht eines Kunden dominiert die „Garantie“zusage.
[3] Schließlich ist Absatz zwei intransparent und verstößt gegen § 307 Abs. 1 S. 1, S. 2 BGB.
Es ist völlig unklar, was eine „Reduzierung des Kaufpreises entsprechend der Einspeisevergütung nach EEG“ bedeuten soll.
So bleibt insgesamt unklar, ob sich der Kaufpreis – knappe 300.000 Euro – um die geringere Einspeisevergütung pro kWh, pro Tag, pro Monat, pro Jahr, auf Lebenszeit, tatsächlich oder fiktiv reduziert. Die Regelung ist insgesamt nicht verständlich.
Da Ziff. 9 Abs. 1 – Absatz drei ist per se nicht relevant – einen eigenständigen Regelungsgehalt aufweist, ist er von der Unwirksamkeit nicht betroffen (§ 306 Abs. 1 BGB, sog. blue pencil Test).
[4] Soweit die Beklagte meint, dieses Verständnis berücksichtige nicht ausreichend die Regelung in Ziff. 6 Abs. 5 des Vertrages, in dem die Beklagte den Klägern alle „Garantie- und Gewährleistungsansprüche“ gegen die „Sub“unternehmer abgetreten hat, folgt der Senat dem nicht. Die Beklagte verkennt hierbei die Relativität der Schuldverhältnisse. Die Beklagte war ihrerseits bereits nicht verpflichtet, parallele Verträge mit „Sub“unternehmern zu schließen. Wenn nun diese Verträge keine Garantie einer Leistungszeit kennen – wofür vieles spricht, da die Beklagte davon ausgeht, eine solche nicht zu schulden -, die Verträge Abweichungen enthalten, was den Umfang der Leistung angeht u.w., laufen die jeweiligen Garantie-, Gewährleistungsansprüche oder die Verjährung derselben nicht parallel. Zum anderen verkennt die Beklagte, dass im Hinblick auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein b2c bzw. b2b Verhältnis vorliegt und damit die Verträge (§ 310 Abs. 1, Abs. 3 BGB) nicht mehr vergleichbar sind. Zuletzt würde das Insolvenzrisiko unangemessen verlagert.
Ein verständiger Empfänger versteht daher die Abtretung als zusätzliche Absicherung, nicht aber als künftige Leistung an Erfüllungs statt (§ 364 BGB), sollten Garantie- oder Gewährleistungsansprüche entstehen.
(4) Der Schaden kann gem. § 287 ZPO geschätzt werden.
aa. Da die Anlage nicht, wie versprochen, zum 31.12.2011 in Betrieb genommen werden konnte, sind den Klägern bis zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme Gewinne entgangen, die nach § 252 BGB unmittelbar Bestandteil des Schadens sind.
Nach Ansicht des Senats ist zur Schadensfeststellung weder ein Wetter- noch ein betriebswirtschaftliches Gutachten erforderlich, in welchem Umfang an der Stelle der verbauten Photovoltaikanlage aufgrund der tatsächlichen Sonnenausbeute welche Stromerzeugung möglich gewesen wäre.
Die Kläger haben die Anlage nunmehr über mehrere Jahre in Betrieb. Auf Basis der jährlich erwirtschafteten Gewinne kann somit ein entsprechender Mittelwert gebildet werden. Ein weiterer tatsächlicher Nachweis ist den Klägern, zumal sie Adressat eines „Garantieversprechens“ waren, nicht zumutbar.
bb. Der Kläger zu 1) erzielte 2015 bis 2018 Stromeinnahmen über insgesamt 97.454,30 Euro (25.394,86 Euro für 2015; 24.502,72 Euro für 2016; 21.569,02 Euro für 2017; 25.987,70 Euro für 2018), d.h. in Höhe von 2.030,30 Euro pro Monat. Hiervon sind der monatliche Anteil der Kosten für Instandhaltung und Werkzeuge in Höhe von 301,15 Euro in Abzug zu bringen, verbleiben 1.729,15 Euro.
Für die entgangenen 31 Monate stehen dem Kläger zu 1) demnach 31 × 1.729,15 Euro zu, d.h. 53.603,65 Euro.
An Nebenforderungen sind Rechtshängigkeitszinsen zuzusprechen: Mit der am 3.3.2016 zugestellten Klage wurde zunächst ein bezifferter Antrag über 41.142,13 Euro gestellt; der Antrag wurde mehrfach geändert, zuletzt im Termin am 3.3.2017. Die Verzugszinsen sind daher im Hinblick auf § 308 ZPO entsprechend zu staffeln.
cc. Für die Beklagten zu 2) und 3) gilt entsprechendes: Sie erzielten 2015 bis 2017 (49.412,06 Euro für 2015; 47.678,32 Euro für 2016; 42.955,57 für 2017) monatlich 3.890,17 Euro, wobei die Kosten für Instandhaltung und Werkzeuge in Höhe von 481,43 Euro monatlich abzuziehen sind. Es verbleiben 3.408,74 Euro. Auf 31 Monate hochgerechnet ergeben sich 105.670,94 Euro.
An Nebenforderungen sind Rechtshängigkeitszinsen zuzusprechen: Mit der am 3.3.2016 zugestellten Klage wurde zunächst ein bezifferter Antrag über 21.663,10 Euro gestellt; der Antrag wurde mehrfach geändert, zuletzt im Termin am 3.3.2017. Die Verzugszinsen sind daher im Hinblick auf § 308 ZPO entsprechend zu staffeln.
dd. Für die Beklagte zu 4) gilt: Sie erzielte im Zeitraum 2015-2018 (25.387,02 Euro für 2015; 24.810,67 für 2016; 22.208,76 für 2017; 26.143,31 für 2018) monatlich 2.053,12 Euro, wobei die Kosten für Instandhaltung und Werkzeuge über monatlich 295,00 Euro zu berücksichtigen sind, verbleiben 1.758,12 Euro. Auf 31 Monate hochgerechnet ergeben sich 54.501,72 Euro.
An Nebenforderungen sind Rechtshängigkeitszinsen zuzusprechen:
Mit der am 3.3.2016 zugestellten Klage wurde zunächst ein bezifferter Antrag über 21.851,48 Euro gestellt; der Antrag wurde mehrfach geändert, zuletzt im Termin am 3.3.2017. Die Verzugszinsen sind daher im Hinblick auf § 308 ZPO entsprechend zu staffeln.
2. Die Ansprüche der Kläger sind nicht durch Aufrechnung erloschen (§ 389 BGB), da keine Aufrechnungslage besteht (siehe unten Ziff. III.).
3. Die Ansprüche der Kläger sind nicht verjährt (§ 214 BGB).
Für Verzögerungsschäden aus dem Primärrecht gilt die Regelverjährung von drei Jahren (§ 195 BGB). Der „erste“ Anspruch – der Verzögerungsschaden entsteht periodisch und im Hinblick auf § 199 Abs. 1 BGB ist verjährungsrechtlich eine jährliche Betrachtungsweise ausreichend – entstand mit Ablauf des Garantiedatums am 31.12.2011, d.h. im Jahr 2012. Die Verjährung beginnt demnach mit Schluss des Jahres 2012 und endete mit Schluss des Jahres 2015.
a. Die Klageerhebung im Jahr 2015 hemmte die Verjährung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) umfassend. Die Klagezustellung am 3.3.2016 erfolgte angesichts der Streitwertfestsetzung am 1.2.2016, der Rechnungserstellung am 2.2.2016, der Zahlung am 24.2.2016 jedenfalls demnächst und damit gerade noch rechtzeitig (§ 167 ZPO), da aus Sicht des Senats das Erstgericht die Verzögerung der Streitwertfestsetzung überwiegend verursacht hat.
Der Senat folgt der Argumentation der Beklagten nicht, dass der nunmehr geltend gemachte Verzögerungsschaden nicht von der ursprünglichen Klageerhebung umfasst war: Der Telos der vorgenannten Bestimmung als gesetzliche Konkretisierung der Verwirkung (§ 242 BGB) ist, dass der Schuldner eines Anspruchs ein schützenswertes Vertrauen bilden kann, wonach ein untätiger Gläubiger auch weiter untätig bleiben wird, wenn die Untätigkeit nur lange genug währt. Dieses schützenswerte Vertrauen wird erschüttert, wenn der Gläubiger unbedingte Maßnahmen ergreift, die Forderungen durchzusetzen. Daher ist es nach der Rechtsprechung irrelevant, ob die vom Gläubiger ergriffenen Maßnahmen zulässig sind oder nicht, da es in solchen Fällen am Umstandsmoment mangelt. Eine „Untätigkeit“, die Grundlage für eine Vertrauensbildung sein kann, liegt nicht mehr vor; ein „Vertrauen“ wäre nicht mehr schützenswert. Daher sind unzulässige Klagen, Mahnbescheide, Aufrechnungen u.w. taugliche Hemmungstatbestände, nicht aber – konsequent – die unzulässig Streitverkündung, da die Streitverkündung lediglich eine mögliche und ungewisse Forderungsdurchsetzung vorbereitet.
b. Die Kläger haben in ihrer Klage vom 28.12.2015 neben einer bezifferten Leistungsklage auch eine umfassende Feststellungsklage erhoben, wonach „den Klägern sämtliche Schäden zu ersetzen sind, die auf den verspäteten Netzanschluss“ zurückzuführen sind. In der Begründung verweisen die Kläger darauf, dass ihnen durch die verspätete Feststellung entsprechende Gewinne entgangen seien. Damit war der Verzögerungsschaden – entgegen der Ansicht der Beklagten schuldet die Partei allein einen tatsächlichen Vortrag; nicht die Rechtsmeinung, sondern der Sachvortrag ist relevant für die Bestimmung des Streitgegenstandsbegriffs – bereits Teil der ursprünglichen Klage. Ob der Feststellungsantrag zulässig war oder nicht, ist für die Hemmung der Verjährung nicht maßgeblich.
III.
Die Anschlussberufung ist zurückzuweisen, da unter keinen rechtlichen Gesichtspunkten ein Anspruch der Beklagten auf die geltend gemachten Zahlungen besteht.
1. Die Kläger haben der Beklagten keinen entsprechenden Auftrag (§ 670 BGB) erteilt.
Willenserklärungen sind nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) auszulegen. Da die Beklagte umfassend eine Garantiezusage erteilt hatte, wonach die Photovoltaikanlagen zum 31.12.2011 betriebsfertig zu errichten war, gab es für die Kläger – was der Beklagten unmittelbar bewusst sein musste – bereits keinen Anlass einen solchen Auftrag zu erteilen. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des Erstgerichts an. Das Erstgericht hat diesbezüglich zutreffend hohe Anforderungen an die gerichtliche Überzeugungsbildung festgesetzt (§ 286 ZPO). Da die Beklagte im Verhältnis zur Klägerin wirtschaftlich für den Erfolg – die Einspeisungsvoraussetzungen der Photovoltaikanlage – verantwortlich war, gibt es keinen vernünftigen Grund für die Kläger, der Beklagten genau die Unkosten zu erstatten, die die Beklagte schuldet.
2. Soweit die Beklagte in der Berufung gerügt hatte, dass ein Beweisangebot nicht berücksichtigt wurde, hat der Senat die entsprechende Beweisaufnahme nachgeholt und den Zeugen Dr. B. schriftlich gehört.
a. Dieser hat die Behauptungen der Beklagen nicht im Ansatz bestätigt.
So schilderte der Zeuge umfangreich, wie es zu den gerichtlichen Verfahren kam. Auch war der Zeuge bei dem – von der Beklagten als maßgeblich behaupteten – Gespräch am 14.12.2012 in München anwesend; er schilderte nachvollziehbar die durchaus schwierigen Gespräche und Verhandlungen im Hinblick auf die Einspeisungsproblematik, die Diskussion um unterschiedliche Lösungswege, die Erörterung über das weitere taktische Vorgehen und die Entscheidung, gerichtlich vorzugehen. Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Vorgehens wurden dabei erwogen. Der Zeuge hatte keinerlei Erinnerung dazu, ob seitens der Kläger eine irgendwie geartete Kostenerstattung zugesagt wurde, meinte aber, dass das nicht der Fall gewesen sei. Er hätte die Gespräche so verstanden, dass im umfassenden Einvernehmen ein gerichtliches Vorgehen befürwortet wurde. An der Glaubhaftigkeit der Angaben besteht angesichts des Detailgrades, dem Zeitablauf, den eingeräumten plausiblen Erinnerungslücken, der Rolle des Zeugen sowohl in beruflicher als auch persönlicher Hinsicht für den Senat kein Zweifel.
b. Die Beklagte konnte daher keinen Nachweis führen, dass die Kläger die Übernahme der Verfahrenskosten zugesagt hätten.
Allein das vom Zeugen geschilderte Einvernehmen, gerichtlich vorzugehen, ist – auch unabhängig vor dem unter Ziff. 1 geschilderten Hintergrund – kein Indiz für einen entgeltlichen Auftrag seitens der Kläger. Es gibt keine Beweismittel, die diese Behauptung stützen und die von den Klägern geschilderten Umstände sind zur Überzeugung des Senats insgesamt plausibler.
Das landgerichtliche Urteil ist daher entsprechend der Tenorierung abzuändern. Die weitergehende Berufung der Kläger ist hingegen zurückzuweisen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Anhaltspunkte, welche die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, ergeben sich weder aus dem Vorbringen der Parteien noch aus den Umständen.