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Restwerklohn bei  Bauvertrag – Verjährung

Ein Bauvertrag, unbezahlte Rechnungen und behauptete Mängel: Der Fall des OLG Hamm

In einem komplexen Rechtsstreit, der seinen Ursprung in einem Bauvertrag zwischen einem Generalbauunternehmen (der Klägerin) und den Eigentümern eines Grundstücks (den Beklagten) hatte, spielten behauptete Mängel und unbezahlte Restwerklohnzahlungen eine zentrale Rolle. Der Streit ging schließlich bis zum Oberlandesgericht Hamm, wo die Klägerin in Berufung ging, nachdem das Landgericht Münster ihre Klage abgewiesen hatte. Im Herzen des Disputs standen die Auslegung des Bauvertrages und die Beurteilung der Bauleistungen des Unternehmens.

Direkt zum Urteil Az: I-24 U 194/20 springen.

Ein Bauvertrag und offene Rechnungen

Der Ursprung des Falles liegt in einem Bauvertrag, den die Parteien im Jahr 2014 abgeschlossen hatten. Dieser sah die Errichtung eines Bungalows durch das Generalbauunternehmen auf dem Grundstück der Beklagten vor. In den folgenden Monaten stellte die Klägerin den Beklagten mehrere Abschlagsrechnungen und eine Schlussrechnung, welche einen noch offenen Betrag von 52.506,08 EUR auswies. Die Beklagten zogen in das neu errichtete Haus ein, lehnten jedoch eine Abnahme der Bauleistung ab und machten ein auf behauptete Mängel gestütztes Zurückbehaltungsrecht geltend.

Mängelvorwürfe und juristische Auseinandersetzungen

Die Beklagten leiteten ein selbständiges Beweisverfahren vor dem Landgericht Münster ein, in dem sie die Feststellung von insgesamt 21 Mängeln begehrten. Im Rahmen dieses Verfahrens wurden insgesamt 9 Gutachten erstellt. Gleichzeitig verweigerten sie die Zahlung des aus der Schlussrechnung noch offenen Betrages, wodurch sich die Auseinandersetzungen zwischen den Parteien weiter intensivierten.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm

In dem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm wurde die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Münster zurückgewiesen. Die Klage wurde als unbegründet abgewiesen und die Kosten des Berufungsverfahrens wurden der Klägerin auferlegt. Darüber hinaus wurde entschieden, dass dieses und das angefochtene Urteil jeweils ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar sind.


Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Az.: I-24 U 194/20 – Urteil vom 10.03.2022

Die Berufung der Klägerin gegen das am 12.11.2020 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Dieses und das angefochtene Urteil sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Gründe

I.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen auf das angefochtene, am 12.11.2020 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Münster.

Die Klägerin begehrt von den Beklagten Zahlung von Restwerklohn.

Die Klägerin ist ein Generalbauunternehmen. Die Parteien schlossen am 27.03.2014 einen Bauvertrag über die Errichtung eines Bungalows auf dem Grundstück der Beklagten A-Straße ## in B. Der Bauvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

„§ 2 VERTRAGSGEGENSTAND

Der Auftragnehmer verpflichtet sich, das Bauwerk fachgerecht und nach den Regeln der Baukunst zu erstellen nach Maßgabe folgender Unterlagen:

a) diesen Bauvertrag

f) die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB Teil B) in der diesem Vertrag beigefügten Fassung

§ 7 ABNAHME UND GEWÄHRLEISTUNG

Zwischen den Parteien wird vereinbart, dass nach Fertigstellung der Bauleistung und vor Einzug oder Nutzung des Hauses durch den Bauherrn eine förmliche Abnahme stattfindet. Sie kann von beiden Seiten verlangt werden und hat innerhalb von 14 Tagen nach Aufforderung durch die Gegenseite stattfinden. Der Auftraggeber kann sich durch eine schriftlich bevollmächtigte Person vertreten lassen. Findet keine förmliche Abnahme statt, so gilt die Bauleistung mit Einzug als abgenommen.

Bei Prüfung der Bauleistungen sind eventuelle Mängel oder unerledigte Restarbeiten in einem Aufnahmeprotokoll festzuhalten, dass von beiden Parteien zu unterzeichnen ist.“

Auf den weiteren Inhalt des Bauvertrages (Anlage = Bl. 48-52 d.A.) wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Die Klägerin stellte den Beklagten die 1. Abschlagsrechnung vom 24.04.2014 über 27.435,00 EUR brutto, die 2. Abschlagsrechnung vom 13.05.2014 über 18.290,00 EUR brutto, die 3. Abschlagsrechnung vom 28.05.2014 über 36.580,00 EUR brutto und die 4. Abschlagsrechnung vom 15.07.2014 über 54.870,00 EUR brutto und begehrte mit Schlussrechnung vom 01.10.2014 (Anlage K4) von den Beklagten die Zahlung eines noch offenen Betrages i.H.v. 52.506,08 EUR.

Die Klägerin übergab den Beklagten 2014 die Bauschlüssel zur Erledigung von Eigenleistungen. Die Beklagten bezogen das Haus im Oktober 2014, nachdem sie ihr vorheriges Haus nach dessen Verkauf räumen mussten. In der Folgezeit lehnten die Beklagten eine Abnahme ab und machten hilfsweise ein auf Mängel gestütztes Zurückbehaltungsrecht geltend.

Mit Antragsschrift vom 08.01.2015 (Anl. K7) leiteten die Beklagten vor dem Landgericht Münster das selbständige Beweisverfahren 14 OH 1/ 15 ein und begehrten die Feststellung von insgesamt 21 aufgeführten Mängeln. Das Landgericht holte im selbständigen Beweisverfahren insgesamt 9 Gutachten des Sachverständigen C ein.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 01.10.2018 (Anlage K 15) setzte die Klägerin den Beklagten eine Frist zur Zahlung des Schlussrechnungsbetrages bis zum 12.10.2018. Die Beklagten erhoben für den Fall, dass eine Abnahme durch Einzug im Jahr 2014 anzunehmen sein sollte, die Einrede der Verjährung, und setzten der Klägerin mit Schriftsatz vom 21.08.2020 eine Frist zur Mangelbeseitigung hinsichtlich des unter der Bodenplatte eingebauten Recyclingmaterials und der oberhalb der Bodenplatte eingebauten PE-Folie bis zum 04.11.2020.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie habe einen Anspruch auf den mit der Schlussrechnung ausgewiesenen offenen Restwerklohn i.H.v. 52.506,08 EUR gegen die Beklagten. Ihr Anspruch sei auch fällig. Die Beklagten könnten wegen des Zeitablaufs keine förmliche Abnahme, die nicht vereinbart worden sei, verlangen und in der Erhebung der Zahlungsklage sei ihr Abnahmeverlangen zu sehen. Ungeachtet dessen sei das Objekt abnahmereif. Der Einbau des Recyclingmaterials stelle keinen Mangel dar und sei überdies ausdrücklich vereinbart worden. Ein Mangel der Klinker bestehe ebenfalls nicht, zumal die Verblendung zu keinem Zeitpunkt mit Säure abgewaschen worden sei. Auch ansonsten sei die Ausführung fachgerecht.

Verjährt sei ihr Restwerklohnanspruch nicht; mit anwaltlichem Schreiben vom 08.01.2015 (Anl. K8) sei zu allen behaupteten Mängeln Stellung genommen und vorgeschlagen worden, vor Ort Vergleichsgespräche zu führen. Der gemeinsame Besprechungstermin habe – unstreitig – am 24.02.2015 stattgefunden. Demgemäß habe man versucht, einen Vergleich herbeizuführen. Ungeachtet dessen hätten die Beklagten stets darauf verwiesen, sie hätten die Abnahme verweigert; auch in ihrem Antrag auf Einleitung des selbstständigen Beweisverfahrens hätten sie in der eidesstattlichen Versicherung wörtlich ausgeführt, dass sie aufgrund der Mängel die Abnahme verweigert hätten. Insofern könnten sich die Beklagten nicht einerseits auf die fehlende Abnahme und andererseits auf Verjährung berufen.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an sie 52.506,08 EUR zzgl. 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 11.10.2014 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben gemeint, das Klagevorbringen sei bereits deswegen unschlüssig, weil weder die förmliche Abnahme durchgeführt noch verlangt worden sei. Mit ihrem Einzug seien keine Abnahmewirkungen verbunden gewesen, weil sie hierzu gezwungen gewesen seien, da sie ihr früheres Haus aufgrund eines bestehenden Kaufvertrages hätten räumen müssen. Überdies sei die Leistung der Klägerin mangelhaft. Die Klägerin habe, wahrscheinlich um Kosten zu sparen und in der vermuteten Erwartung, es werde wohl niemals auffallen, statt der nach der Baubeschreibung vorgesehenen kapillarbrechenden Schotterschicht günstigeres Recyclingmaterial eingebaut. Dem eingebauten Material fehle die kapillarbrechende Wirkung. Das Material müsse ausgetauscht werden, was nur im Zuge eines Abrisses des Gebäudes möglich sei. Zudem sei die verwendete PE-Folie nicht ausreichend dick und genüge insoweit der DIN 18185-4. Teil nicht. Es sei ein wirtschaftlicher Totalschaden eingetreten, weil die Feuchtigkeit auf der Oberseite der Bodenplatte deutlich erhöht sei.

Der Mangelbeseitigungsaufwand belaufe sich auch bei Verneinung eines Totalschadens auf mindestens 32.943,25 EUR; deshalb werde primär ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht. Sei hingegen von einem Abrechnungsverhältnis auszugehen, werde dieser Betrag als Vorschussanspruch im Wege der Aufrechnung geltend gemacht.

Überdies bestünden noch weitere Mängel, so etwa die Schimmelpilzbildung an den Laibungen der Fenster des Schlafzimmers und Mängel am Verblendmauerwerk, da die Fassade abgesäuert und die Säure nicht ordnungsgemäß entfernt worden sei.

Ein etwaiger Anspruch der Klägerin sei verjährt; zwar sei eine förmliche Abnahme vereinbart worden. Diese könne nach dem Vertrag jedoch entfallen und die Bauleistung gelte dann als abgenommen, wenn der Bauherr einziehe. Darauf, dass diese Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam sei, könne sich die Klägerin nicht berufen. Da der Einzug im Oktober 2014 erfolgt sei, habe die Verjährung am 31.12.2014 zu laufen begonnen und habe am 31.12.2017 geendet. Das selbständige Beweisverfahren habe die Verjährung nicht gehemmt, weil es ausschließlich um Gewährleistungsansprüche, nicht aber Vergütungsansprüche der Klägerin gegangen sei.

Das Landgericht hat nach Beiziehung der Akten des selbständigen Beweisverfahrens 14 OH1/15 und Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen C vom 25.02.2020 und Einvernahme des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2020 die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Restwerklohnanspruch der Klägerin nicht fällig sei. Die gemäß § 7 des Bauvertrages vorgesehene förmliche Abnahme habe nicht stattgefunden und auch eine ausdrückliche Abnahme sei nicht feststellbar. Der Einzug der Beklagten begründe ebenfalls keine Abnahme. Eine Abnahmewirkung ergebe sich nicht aus der Regelung des § 7 des Bauvertrages, da diese Regelung wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam sei. In dem Einzug liege auch keine konkludente Abnahme, da die Beklagten auf die Nutzung der Sache angewiesen gewesen seien und ein verständiger Auftragnehmer in der Position der Klägerin nicht habe annehmen können, dass die Beklagten das Werk gebilligt hätten, als sie eingezogen seien. Die Beklagten verweigerten die Abnahme des Werkes auch nicht unberechtigt. Die Klägerin habe den Beweis dafür, dass sie die Bodenplatte ordnungsgemäß abgedichtet habe, nicht zu führen vermocht. Der Sachverständige habe festgestellt, dass die Abdichtung nicht direkt oberhalb der Bodenplatte, sondern erst oberhalb der Dämmung eingebaut worden sei. Unabhängig von der Stärke der Bodenplatte, den Grundwasserverhältnissen und der Unterkonstruktion sei eine Abdichtung aber unmittelbar auf der Bodenplatte erforderlich. Zwar sei eine stärkere Bodenplatte aus WU-Beton wasserundurchlässig. Wasserdampf könne indes durchdringen. Die vorhandene Abdichtung oberhalb der Dämmung reiche nicht, weil so Feuchtigkeit in die Dämmung eindringen könne.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie rügt, das Landgericht habe verkannt, dass die Parteien konkludent auf das Erfordernis einer förmlichen Abnahme verzichten könnten, so dass auf eine konkludente Abnahme habe abgestellt werden müssen. Abnahmereife sei spätestens im April 2016 anzunehmen gewesen. Auch sei die Beweiswürdigung des Landgerichts fehlerhaft, weil sich das Landgericht nicht mit der von ihr im Termin mitgeführten Fachliteratur auseinandergesetzt und unterlassen habe, die Ausdrucke als Anlage zum Protokoll zu nehmen, und zudem verkannt habe, dass die Feststellungen des Sachverständigen widersprüchlich seien. Überdies sei der Sachverständige von falschen Anknüpfungstatsachen ausgegangen. Die Feststellung des Sachverständigen, dass bei dem gewählten Aufbau die Vorgaben der DIN 18195 einzuhalten seien, gehe deswegen fehl, weil bei der Verwendung einer Bodenplatte aus WU-Beton weder die Vorschriften der DIN 18195 noch die für Abdichtungsarbeiten geltende DIN 18336 Anwendung fänden. Sowohl der Sachverständige als auch das Landgericht hätten verkannt, dass nach der DIN 18195 auf die vom Sachverständigen geforderte Abdichtung verzichtet werden könne, wenn unter der Bodenplatte eine kapillarbrechende Schicht von mindestens 150 mm eingebracht werde. Hierdurch werde der Wassertransport durch die Bodenplatte verhindert.

Soweit die Beklagten nunmehr Abplatzungen an sämtlichen Ziegeln der Dacheindeckung rügten, handele es sich zwar um einen herstellerseits zu verantwortenden Produktmangel, der bei Einbau nicht erkennbar gewesen sei. Ein etwaiger Anspruch wegen dieser Abplatzungen sei aber verjährt, da dieser Mangel nicht Inhalt des selbstständigen Beweisverfahrens gewesen sei.

Die Klägerin beantragt, abändernd, die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldnerin an sie 52.506,08 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.10.2014 zu zahlen, hilfsweise die landgerichtliche Entscheidung dahingehend abzuändern, dass die Beklagten verurteilt werden, als Gesamtschuldner vorgenannten Betrag von 52.506,08 % Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.10.2014 als Abschlagszahlung an sie zu leisten.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil und meinen, ein erstmals in 2. Instanz geltend gemachter Anspruch auf Zahlung einer Abschlagssumme sei verjährt und zudem unbegründet, da nach Auffassung der Klägerin das gesamte Bauvorhaben abrechnungsreif sei. Überdies seien Werklohnansprüche insgesamt verjährt, da der Einzug in das Objekt im Oktober 2014 gemäß dem im AGB-Recht geltenden Meistbegünstigungsgrundsatz die Verjährung in Gang gesetzt habe.

Der Senat hat den Geschäftsführer der Klägerin und die Beklagten persönlich angehört und ergänzend Beweis erhoben durch Einvernahme des Sachverständigen C in der mündlichen Verhandlung vom 17.02.2022. Wegen des Ergebnisses der persönlichen Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Protokolls vom 17.02.2022 und den das wesentliche Ergebnis der persönlichen Anhörung und der Beweisaufnahme zusammenfassenden Vermerk des Berichterstatters vom 17.02.2022 verwiesen. Die Akten des selbständigen Beweisverfahrens 14 OH 1/15 LG Münster lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist die Klageforderung jedoch nicht mangels Fälligkeit als derzeit unbegründet, sondern als insgesamt unbegründet abzuweisen, da ein etwaiger Restwerklohnanspruch gegen die Beklagten zu 1) und 2) verjährt ist.

1.

Der geltend gemachte Anspruch der Klägerin nach § 631 Abs. 1 BGB auf Restwerklohnzahlung in Höhe von 52.506,08 EUR verjährt binnen der 3jährigen Regelverjährung nach § 195 BGB (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 26. Juni 2013 – 1 U 1080/11 – zitiert nach juris). Die Verjährung beginnt gemäß § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und die Klägerin von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Entstanden im Sinne des § 199 BGB ist ein Anspruch, sobald er erstmals geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1980 – VII ZR 41/80 – juris). Im Sinne des Verjährungsrechts ist ein Werklohnanspruch deshalb nicht schon mit Abschluss des Werkvertrages, sondern erst bei Fälligkeit mit der Abnahme der Werkleistungen entstanden, wobei im Falle der Vereinbarung der VOB/B zusätzlich eine prüfbare Schlussrechnung erteilt werden muss. Denn „bei der Abnahme des Werkes“ ist die Vergütung zu entrichten (§ 641 Abs. 1 BGB). Von diesem Zeitpunkt ab kann der Unternehmer die Vergütung, notfalls mit einer Feststellungsklage, geltend machen.

2.

Vorliegend ist die nach § 7 Abs. 1 Satz 1 des Bauvertrages vorgesehene förmliche Abnahme – unstreitig – nicht erfolgt und es ist auch keine konkludente Abnahme anzunehmen.

Eine konkludente Abnahme liegt nur dann vor, wenn dem Verhalten des Auftraggebers zu entnehmen ist, dass er die Leistung als im Wesentlichen vertragsgerecht billigt (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 2013 – VII ZR 220/12 – NJW 2013, 3513; BGH, Urteil vom 25. Februar 2010 – VII ZR 64/09 – NZBau 2010, 318; OLG Düsseldorf, Urteil vom 08. April 2016 – I-22 U 165/15 – BauR 2017, 1540). Dabei kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich Mängel bestehen, sondern darauf, ob der Auftragnehmer annehmen darf, dass aus der Sicht des Auftraggebers das Werk im Wesentlichen mängelfrei hergestellt ist, etwa weil sich Mängel noch nicht gezeigt haben, und dieser durch sein Verhalten die Billigung des Werkes zum Ausdruck gebracht hat (vgl. Senat, Urteil vom 30. April 2019 – 24 U 14/18 – zitiert nach juris). Macht der Auftraggeber – innerhalb einer ihm einzuräumenden Prüffrist – keine Mängel geltend, nachdem er das Werk erhalten hat und der Werkunternehmer ihm seine Leistungen als abgeschlossen zur Verfügung gestellt hat, kann hieraus auf die Abnahme geschlossen werden (vgl. Senat, Urteil vom 30. April 2019 – 24 U 14/18 – zitiert nach juris). Nach Ablauf eines halben Jahres ist regelmäßig nicht mehr damit zu rechnen ist, dass der Besteller das Werk zurückweist (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 2013 – VII ZR 220/12 – NJW 2013, 3513). Indes ist die Bestimmung der Prüfungsfrist Sache des Einzelfalls (vgl. Senat, Urteil vom 30. April 2019 – 24 U 14/18 – zitiert nach juris).

Eine konkludente Abnahme ist hier auszuschließen. Die Beklagten bezogen das Haus im Oktober 2014. Bereits mit Antragsschrift vom 08.01.2015 (Anl. K7) leiteten die Beklagten vor dem Landgericht Münster das selbständige Beweisverfahren 14 OH 1/ 15 ein und begehrten die Feststellung von insgesamt 21 aufgeführten Mängeln; darunter auch die hier im Streit stehenden Mängel des „Bauschutts“ unter der Bodenplatte (Mangel Nr. 14, Bl. 4 d. BA 14 OH 1/15). Daher konnte auch aus Sicht der Klägerin nicht angenommen werden, dass die Beklagten das Werk als im Wesentlichen vertragsgerecht anerkennen wollten.

3.

Dennoch ist zu Gunsten der Beklagten von einem Beginn der Verjährung des Werklohnanspruchs mit dem Schluss des Jahres 2014, in dem sie in das Objekt eingezogen sind, auszugehen.

a)

Nach § 7 Abs. 1 Satz 4 des Bauvertrages gilt dann – wenn keine förmliche Abnahme stattfindet – die Bauleistung mit Einzug als abgenommen.

aa)

Zwar stellt § 7 Abs. 1 Satz 4 des Bauvertrages eine unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung dar.

(1)

Die Klägerin stellt nicht in Abrede, dass es sich bei dem von ihr verwandten Vertragsexemplar um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt.

 

(2)

Grundsätzlich ist es den Vertragsparteien eröffnet, Vereinbarungen zur Abnahme zu treffen. Eine Klausel, nach der die Abnahme unmittelbar bzw. allein an die Ingebrauchnahme des Vertragsgegenstandes geknüpft wird, ist indes als unwirksam anzusehen. Insofern ist zu berücksichtigen, dass der als Abnahmefiktion geregelte Einzug mangels anderweitiger Regelungen auch zum Beginn der Verjährung von Mangelansprüchen führt, weil das Gesetz den Verjährungsbeginn an die Abnahme knüpft (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 2004 – VII ZR 130/03 – NJW-RR 2004, 949; BGH, Urteil vom 09. Oktober 1986 – VII ZR 245/85 – zitiert nach juris; OLG Koblenz, Urteil vom 19. Oktober 2016 – 5 U 458/16 – zitiert nach juris; OLG Hamm, Urteil vom 24. November 1993 – 12 U 29/93 – zitiert nach juris).

Der Unwirksamkeit der Abnahmeklausel steht nicht entgegen, dass eine Abnahme nach § 640 BGB bei Ingebrauchnahme des Werkes nach Ablauf einer hinreichenden Prüffrist ohne Rüge unter Umständen als stillschweigend erteilt angesehen werden kann. Denn diesen Rechtsgrundsätzen trägt die Regelung im Vertrag der Parteien gerade nicht Rechnung; vielmehr knüpft diese nach ihrem Wortlaut an den Einzug eine ausnahmslose und unmittelbare Fiktion der Abnahme und blendet damit den rechtsgeschäftlichen Charakter der Abnahme aus. Nach ihrem Wortlaut müsste der Auftraggeber somit den Einzug ablehnen, wenn er einer Abnahmewirkung entgegentreten wollte (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 19. Oktober 2016 – 5 U 458/16 – zitiert nach juris).

bb)

Indes ist es der Klägerin als Verwenderin der von ihr gestellten, unwirksamen Formularklausel nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit zu berufen (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2016 – VII ZR 188/13 – NJW-RR 2016, 1143; BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – VII ZR 171/15 – NJW 2016, 2878; BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 – VII ZR 49/15 – NJW 2016, 1572; BGH, Urteil vom 04. Dezember 1986 – VII ZR 354/85 – NJW 1987, 837; OLG Nürnberg, Urteil vom 26. April 2018 – 13 U 1908/16 – zitiert nach juris).

Die Inhaltskontrolle von Formularklauseln dient ausschließlich dem Schutz des Vertragspartners des Verwenders; der Verwender kann sich nicht auf die Unwirksamkeit einer von ihm gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingung berufen und darf aus einer solchen Unwirksamkeit keine Vorteile ziehen (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2016 – VII ZR 188/13 – NJW-RR 2016, 1143; BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – VII ZR 171/15 – NJW 2016, 2878; BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 – VII ZR 49/15 – NJW 2016, 1572; BGH, Urteil vom 04. Dezember 1986 – VII ZR 354/85 – NJW 1987, 837). Die Klägerin hat durch die Stellung des § 7 Abs. 1 Satz 4 des Bauvertrages den Eindruck erweckt, dass dann, wenn – wie hier – keine förmliche Abnahme stattfindet, ihr Werk mit Einzug als abgenommen gilt. Sie muss daher nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) als Verwenderin den Nachteil tragen, dass trotz fehlender ausdrücklicher oder konkludenter Abnahme die Abnahme mit dem Einzug der Beklagten als erfolgt gilt.

b)

Die Fälligkeit der Schlussrechnungsforderung ist nicht etwa deswegen über den nach § 7 Abs. 1 Satz 4 des Bauvertrages fingierten Abnahmezeitpunkt hinausgezögert, weil die Parteien im Zahlungsplan des § 4 des Bauvertrages die Fälligkeit der 10. Rate nach „Fertigstellung des Gebäudes und Zug um Zug gegen Übergabe“ und die 11. Rate „nach den im Abnahmeprotokoll festgestellten Mängeln“ vereinbarten. Denn auch diese beiden Teilbeträge sind auf der Grundlage des Wortlauts der von der Klägerin gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, an dem sie sich unabhängig von der AGB-rechtlichen Unwirksamkeit festhalten lassen muss, jedenfalls im Zeitpunkt des Einzugs der Beklagten fällig geworden, so dass die Klägerin sie – insofern zu Recht – in ihre Schlussrechnung vom 01.10.2014 einbezogen hat.

Eine Fälligkeit der 10. Rate ist jedenfalls mit dem Einzug der Beklagten anzunehmen, weil spätestens beim Einzug die Übergabe erfolgt ist und die Fälligkeit der Rate lediglich von der Fertigstellung und – im Gegensatz zu § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, 12. Spiegelstrich MaBV – gerade nicht von der vollständigen Fertigstellung, die eine vollständige Beseitigung von Protokollmängeln erfordern könnte, abhängig gemacht worden ist. Mit der Übergabe des Objekts an die Beklagten und dem Einzug haben die Parteien übereinstimmend zum Ausdruck gebracht, das Werk als solches ungeachtet etwaiger Mängel als fertiggestellt zu betrachten.

Auch die 11. Rate nach § 4 des Bauvertrages, die „nach den im Abnahmeprotokoll festgestellten Mängel“ zu entrichten ist, ist mit Einzug der Beklagten fällig geworden. Nach § 7 Abs. 1 Satz 4 des Bauvertrages, auf dessen Unwirksamkeit sich die Klägerin im Verhältnis zu den Beklagten nicht berufen kann, gilt das Werk mit Einzug als abgenommen. Da eine – förmliche oder konkludente – Abnahme nicht erfolgt und ein einem Abnahmeprotokoll vergleichbares Mangelprotokoll vor Einzug nicht erstellt worden ist, ist für die Fälligkeit der 11. Rate der Einzug als fingierte Abnahme maßgeblich. Damit ist insgesamt Schlussrechnungsreife mit Einzug der Beklagten im Oktober eingetreten, wovon auch die Klägerin ausgeht, da sie ihre Schlussrechnung am 01.10.2014 (Anl. K4) gestellt hat.

c)

Ob die VOB/B wirksam zwischen den Parteien vereinbart worden ist, steht zwar deswegen im Streit, weil die Beklagten bestreiten, dass ihnen die VOB/B in Textform anlässlich der Vertragsunterzeichnung übergeben worden sei. Indes kann dahinstehen, ob vorliegend ein VOB/B-Bauvertrag anzunehmen ist. § 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B setzt zwar für die Fälligkeit des Werklohnanspruchs neben der Abnahme der Werkleistung die Vorlage einer prüffähigen Aufstellung durch den Auftragnehmer sowie die Prüfung und Feststellung durch den Auftraggeber, alternativ den Ablauf der Prüffrist von 30 Tagen, voraus. Da die Beklagten keinerlei Einwendungen gegen die Prüffähigkeit der Schlussrechnung binnen der Frist erhoben haben, wäre damit auch bei Annahme eines VOB/B-Bauvertrages jedenfalls im Jahr 2014 Fälligkeit eingetreten.

d)

Die Verjährungsfrist begann damit nach § 187 Abs. 1 BGB am 01.01.2015, 0:00 Uhr, und endete gemäß § 188 Abs. 2 BGB nach drei Jahren am 31.12.2017 um 24:00 Uhr.

Die Restwerklohnklage wurde indes erst am 14.12.2018 anhängig gemacht, so dass sie selbst bei Abstellen auf den Zeitpunkt des Eingangs der Klageschrift gemäß § 167 ZPO keine Hemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB mehr bewirken konnte, weil Verjährung bereits eingetreten war.

Die Verjährung war auch bis zur Klageerhebung nach § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB oder § 203 BGB jedenfalls nicht ausreichend lange gehemmt.

aa)

Eine auf den Zeitpunkt des Eingangs des Antrags auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens nach § 167 ZPO rückwirkende Hemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB ist schon deswegen nicht anzunehmen, weil nicht die Klägerin den Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens im Hinblick auf ihren Restwerklohnanspruch gestellt hat, um die Abnahmereife ihrer Werkleistungen und damit die tatsächlichen Voraussetzungen für die Fälligkeit ihres Restwerklohnanspruchs feststellen zu lassen (vgl. BGH, Beschluss vom 09. Februar 2012 – VII ZR 135/11 – NJW 2012, 1140; OLG Hamm, Urteil vom 30. Mai 2011 – I-17 U 152/10 – MDR 2011, 1033; Koeble, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage 2020, Teil 14 Rn. 194), sondern die Beklagten im Hinblick auf die Feststellung von Mängeln zur Durchsetzung ihrer Mängelgewährleistungsansprüche. Insofern stehen zwar die geltend gemachten Mängelrechte in einem engen Zusammenhang mit der Restwerklohnforderung der Klägerin. Eine Hemmungswirkung im Hinblick auf die Verjährung des Restwerklohnanspruchs tritt jedoch deswegen nicht ein, weil – wie vorliegend – das selbständige Beweisverfahren nicht von der Klägerin geführt worden ist, damit lediglich nur mittelbar ihr Restvergütungsanspruch betroffen wurde und Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens lediglich die Tatsachenbehauptungen die angeblichen Mängel betreffend waren (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2008 – XI ZR 160/07 – NJW 2008, 1729; Koeble, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage 2020, Teil 14 Rn. 194).

bb)

Auch eine Hemmung nach § 203 BGB ist nicht anzunehmen.

Nach § 203 BGB wird die Verjährung gehemmt, wenn zwischen den Parteien Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände schweben. Der Begriff der „Verhandlungen“ i.S.v. § 203 BGB ist grundsätzlich weit auszulegen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2009 – XI ZR 18/08 – NJW-RR 2010, 975). Es genügt daher jeder Meinungsaustausch über den Anspruch bzw. seine Grundlagen, sofern nicht sofort und eindeutig jeder Ersatz abgelehnt wird. Verhandlungen schweben schon dann, wenn der in Anspruch Genommene Erklärungen abgibt bzw. Verhaltensweisen an den Tag legt, die dem Gläubiger die Annahme gestatten, er lasse sich auf Erörterungen über die Ansprüche ein (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2006 – VII ZR 194/05 – NJW 2007, 587). Eine derart durch Verhandlungen in diesem weiten Verständnis eingetretene Hemmung endet sodann erst durch die ausdrückliche Verweigerung der Fortsetzung von Verhandlungen, wofür grundsätzlich – wiederum unter ergänzender Berücksichtigung von § 242 BGB – ein klares und eindeutiges Verhalten einer Partei im Sinne einer Verneinung des Anspruchs einerseits und jedweder weiterer Verhandlungen andererseits erforderlich ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 01. Oktober 2015 – I-22 U 48/15 – MDR 2015, 1222).

Zwar ist mit anwaltlichem Schreiben vom 08.01.2015 (Anl. K8) seitens der Klägerin zu behaupteten Mängeln Stellung genommen und vorgeschlagen worden, vor Ort Gespräche zu führen (Bl. 37 d.A.). Der gemeinsame Besprechungstermin fand auch am 24.02.2015 statt. Indes fanden Verhandlungen nicht über den Restwerklohnanspruch der Klägerin, sondern über Mängelrechte der Beklagten statt. Obgleich der Begriff der „Verhandlungen“ i.S.v. § 203 BGB grundsätzlich weit auszulegen ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2009 – XI ZR 18/08 – NJW-RR 2010, 975), ist doch erforderlich, dass sich der Meinungsaustausch inhaltlich auf einen der Art nach näher spezifizierten Anspruch bzw. seine Grundlagen beziehen muss (vgl. Meller-Hannich, in: beck-online.GK, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 01.12.2021, § 203 BGB Rn. 34). Die erfassten Gespräche drehten sich jedoch allein um behauptete Mängel, nicht aber um die Berechtigung des Restwerklohnanspruchs dem Grunde oder der Höhe nach. Erfasst werden zwar grundsätzlich alle Rechte, die der Gläubiger aus diesem Lebenssachverhalt herleiten kann (vgl. Peters/Jacoby, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 203 BGB Rn. 15). Es ist aber nicht ersichtlich, das die Restwerklohnansprüche der Klägerin in die Verhandlungen eingebracht wurden oder sie beeinflusst haben.

Aber selbst wenn davon auszugehen wäre, dass auch hinsichtlich des Restwerklohnanspruchs Verhandlungen geführt worden wären, wäre beachtlich, dass mit Schriftsatz vom 23.06.2015 (Anlage K 12) gegenüber dem Landgericht im selbstständigen Beweisverfahren das Scheitern der Verhandlungen mitgeteilt worden ist, so dass allenfalls von Januar 2015 bis Ende Juni 2015 von Verhandlungen auszugehen wäre. Die Hemmung endet, wenn – wie hier – die Fortsetzung weiterer Verhandlungen verweigert wird (vgl. BGH, Urteil vom 05. Dezember 2018 – XII ZR 116/17 – zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 19. Februar 1991 – VI ZR 165/90 – NJW-RR 1991, 796). Unter Berücksichtigung eines Hemmungszeitraums von knapp 6 Monaten wäre damit Verjährung jedenfalls Ende Juni 2018 anzunehmen; die Klageeinreichung im Dezember 2018 konnte mithin ebenfalls keine Hemmungswirkung mehr entfalten.

4.

Der Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet.

a)

Die Klägerin macht hilfsweise ihren Restvergütungsanspruch als Abschlag geltend. Auch als solcher ist er aber verjährt. Abschlagsforderungen unterliegen zwar einer selbstständigen Verjährung (vgl. BGH, Urteil vom 05. November 1998 – VII ZR 191/97 – zitiert nach juris; OLG Celle, Urteil vom 17. Oktober 1990 – 6 U 223/89 -zitiert nach juris). Wird eine Schlussrechnung zu einem Zeitpunkt erstellt, in dem die Abschlagszahlungsforderung noch nicht verjährt ist, stellt diese zusammen mit dem Anspruch aus der Schlussrechnung eine einheitliche Forderung dar, für die die Verjährungsfrist einheitlich neu zu laufen beginnt (vgl. Koeble, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage 2020, Teil 11 Rn. 674). Hieraus aber folgt, dass auch ein etwaiger Anspruch auf Abschlagszahlung verjährt ist.

b)

Insofern weist der Senat lediglich der Vollständigkeit halber darauf hin, dass Abschläge dann nicht mehr verlangt werden können, wenn Schlussrechnungsreife besteht. Sollten sich die Beklagten dagegen wegen der zu ihren Gunsten wirkenden Unwirksamkeit der fingierten Abnahme darauf berufen können, wesentliche Mängel stünden der Abnahmereife entgegen, wäre der Anspruch auf Abschlagszahlung nicht fällig (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 26. November 2008 – 4 U 58/08 – zitiert nach juris), was auch für einen etwaig hier anzunehmenden VOB/B-Vertrag gelten würde (vgl. Senat, Urteil vom 30. April 2019 – 24 U 14/18 – zitiert nach juris). Denn für eine mangelhafte Leistung kann der Auftragnehmer vom Grundsatz her keine Vergütung beanspruchen (vgl. Senat, Urteil vom 30. April 2019 – 24 U 14/18 – zitiert nach juris). Dass nach der ab dem 01.01.2018 geltenden Neufassung des § 632a Abs. 1 Satz 2 BGB Mängel dem Anspruch auf Abschlagszahlung nicht entgegenstehen und der Auftraggeber diesem nur ein Leistungsverweigerungsrecht entgegenhalten kann, ist unerheblich; denn für den vorliegenden Fall ist die Regelung des § 632a BGB a.F. maßgebend. Ungeachtet dessen fehlt es an einer prüfbaren Aufstellung im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 VOB/B. Bei der Ermittlung der Höhe der Abschlagszahlung wäre dem Umstand des Vorliegens der Mängel, somit des qualitativen Zurückbleibens der erstellten Leistung gegenüber dem vertraglich Geschuldeten, dahingehend Rechnung zu tragen, als nur die Vergütung als Abschlagszahlung zu leisten ist, die dem Wert der lediglich mangelhaft erbrachten Leistung abzüglich des weiteren Druckzuschlages entspricht (vgl. Senat, Urteil vom 30. April 2019 – 24 U 14/18 – zitiert nach juris). Denn Abschlagszahlungen können lediglich in Höhe des Wertes der jeweils durch prüfbare Aufstellung nachgewiesenen „vertragsgemäßen Leistungen“ gefordert werden (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 1978 – VII ZR 269/77 – NJW 1979, 650). Die Schlussrechnung berücksichtigt jedenfalls den unstreitigen Mangel an den Dachziegeln nicht. Dieser hätte trotz der durch die Klägerin erhobenen Verjährungseinrede berücksichtigt werden müssen, da ungeachtet des Umstandes, dass nach der Rechtsprechung des Senats der Erfüllungsanspruch nicht früher als der nach Abnahme bestehende Nacherfüllungsanspruch verjährt (vgl. Senat, Urteil vom 30. April 2019 – 24 U 14/18 – zitiert nach juris; a.A. OLG Rostock, Teilurteil vom 02. Februar 2021 – 4 U 70/19 – zitiert nach juris), die Verjährung des Anspruchs des Bestellers auf Herstellung des versprochenen Werks nicht zur Fälligkeit des Werklohnanspruchs des Unternehmers führt (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2020 – VII ZR 108/19 – zitiert nach juris).

5.

Die Entscheidung des Senats steht auch nicht im Widerspruch zum aus der Bindung an die Berufungsanträge (§ 528 ZPO) abgeleiteten Verschlechterungsverbot, worauf der Senat die Klägerin im Senatstermin vom 17.02.2022 ausdrücklich hingewiesen hat. Danach darf dem Rechtsmittelführer nichts genommen werden, was ihm durch die allein von ihm angefochtene erstinstanzliche Entscheidung zuerkannt wurde. Dies war vorliegend zu erwägen im Hinblick darauf, dass das Landgericht die Klage wegen fehlender Fälligkeit lediglich als derzeit unbegründet abgewiesen hatte, während zutreffend wegen Verjährung der Klageforderung eine endgültige Abweisung als unbegründet vorzunehmen war.

Das Verbot der Reformatio in peius ist indes auf die vorliegende Konstellation nicht anwendbar, da die Klägerin durch das angefochtene Urteil insoweit noch keine schutzwürdige Position erlangt hat (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1988 – VII ZR 372/86 – zitiert nach juris; OLG Köln, Urteil vom 02. April 2015 – I-24 U 175/14 – zitiert nach juris; OLG Nürnberg, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 13 U 1907/12 – zitiert nach juris; OLG Nürnberg, Urteil vom 12. September 1997 – 6 U 2235/96 – zitiert nach juris; Heßler, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 528 ZPO Rn. 25 vgl. auch BGH, Urteil vom 14. März 1978 – VI ZR 68/76 – zitiert nach juris).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Das Urteil hat keine über den Einzelfall hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts.

 

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