KG Berlin – Az.: 7 U 102/12 – Urteil vom 21.02.2014
Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.Juni 2012 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Berlin 101 – 101 O 14/12 – wird, soweit sie nicht zurückgenommen worden ist, auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A.
Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
B.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist, soweit das Rechtsmittel nicht zurückgenommen worden ist, unbegründet. Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung der Reparaturkosten für die Aufzugsanlage in Höhe von 6.954,06 EUR brutto verurteilt.
1.
Nach dem Hinweisbeschluss des Senats und der daran anschließenden Stellungnahme der Beklagten besteht weiterhin Streit zwischen den Parteien, ob die Beklagte der Klägerin den Zusatzauftrag erteilt hat, die an der Aufzugsanlage durch den Gebrauch der – dem Rechtsstreit nicht beigetretenen – Streitverkündeten … entstandenen Schäden abweichend von der gesetzlichen Gefahrtragungsregel des § 644 BGB zu beseitigen und die Kosten dafür zu übernehmen. Dabei ist der Beklagten insoweit zu folgen, dass die Höhe der Kosten sich nicht allein aus dem Abtretungsvertrag vom 10./17.11.2010 (Anl. K 7) ergeben kann. Den darin von der Beklagten unterzeichneten Text hat die Klägerin dahingehend abgeändert, dass der Schadensbetrag nicht erst „nach Abrechnung und Schadensbeseitigung“ zu zahlen ist, sondern 50 % der Reparaturkosten vor der Ausführung überwiesen werden müssen. Dieser Modifikation hat die Beklagte im Schreiben vom 14.12.2010 widersprochen und die Klägerin zur Reparatur der Anlage mit der Maßgabe aufgefordert, die Kosten bei der Streitverkündeten einzufordern (Anl. B 4). Eine Vereinbarung über die zu erstattenden Reparaturkosten ist damit durch den Abtretungsvertrag nicht zustande gekommen, weil die Klägerin diesen nicht uneingeschränkt angenommen hat (BGH NJW-RR 2010, 1127, juris Tz. 19). Das ändert aber nichts daran, dass der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach besteht.
2.
Für die Reparaturkosten der Aufzugsanlage nach der Benutzung durch die Streitverkündete hat die Beklagte dem Grunde nach einzustehen, weil die Parteien darüber eine Einigung erzielt haben. Soweit die Beklagte im Schreiben vom 14.12.2010 (Anl. K 7) meint, ein Kostenerstattungsanspruch bestehe nicht, kann der Senat dem schon deshalb nicht folgen, weil die Benutzung der Aufzugsanlage durch die Streitverkündete ausdrücklich davon abhängig gemacht worden ist, dass die danach anfallenden Mängelbeseitigungskosten von der Beklagten getragen werden. Das ergibt sich aus dem E-Mail-Verkehr vom 9.7.2010 (Anl. K 2 und K 3) und dem Schreiben der Beklagten vom selben Tag, mit dem sie den Auftrag für die „Einweisung am Aufzug für bauseitig getätigte Arbeiten“ mit dem Zusatz erteilt, den Zustand der Aufzuganlage in einem Protokoll festzuhalten (Anl. K 4). Damit war von Anfang an klar, dass die Gefahr für die Beschädigung durch die Streitverkündete nicht von der Klägerin, sondern von der Beklagten getragen werden sollte. An dieser Vereinbarung muss sich die Beklagte festhalten lassen. Sie kann sich nicht drauf berufen, dass über die Höhe der Reparaturkosten und die Zahlungsmodalitäten keine Einigung erzielt werden konnte, weil zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht feststand, ob und ggfls. in welcher Höhe diese Kosten entstehen werden. Die Vereinbarung über die Haftung dem Grunde nach ist daher durch den Zusatz der Klägerin zur Zahlungsmodalität auf dem Abtretungsvertrag nicht in Frage gestellt. § 150 S. 2 BGB findet insoweit keine Anwendung. Der Abtretungsvertrag betrifft nicht den Grund der von der Beklagten zu erstattenden Reparaturkosten.
3.
Die Forderung der Klägerin ist aber auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Der Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Reparaturkosten ergibt sich der Höhe nach aus § 2 Nr. 6 Abs. 1 VOB/B (2006); denn es handelt sich um eine zusätzliche Leistung, die zu der ursprünglichen Errichtung der Aufzugsanlage hinzutritt. Die Bestimmung ist anwendbar, weil die Parteien im Bauvertrag vom 5.6.2009 die Geltung der VOB/B in der damals gültigen Fassung vereinbart haben.
a) Gemäß § 2 Nr. 6 Abs. 2 S. 1 VOB/B (2006) bestimmt sich die Vergütung nach den Grundlagen der Preisermittlung für die vertragliche Leistung und den besonderen Kosten der geforderten Leistung. Spielt die geforderte Zusatzleistung für die Erfüllung des Hauptauftrages keine Rolle und kommen zusätzliche Kostenelemente zum Tragen, sind allein diese für die Preisermittlung heranzuziehen (vgl. Ingenstau/Korbion/Keldungs, VOB/B, 18. Aufl., § 2 Abs. 6 Rn. 28). So liegt der Fall hier. Es ist nicht ersichtlich, dass die von der Klägerin im Schriftsatz vom 2.4.2013 im Einzelnen gelisteten Reparaturmaßnahmen bei der Preiskalkulation für den Einbau der Aufzugsanlage, die zu einem Pauschalpreis erfolgt ist, eine wesentliche Rolle gespielt haben; denn Reparaturkosten sind mit den Herstellungskosten einer neuen Aufzugsanlage grundsätzlich nicht vergleichbar. Warum hier eine Ausnahme vorliegen könnte, hat die Beklagte nicht dargetan.
b) Entscheidend ist aber, dass die Klägerin der Beklagten die Reparaturkosten mit E-Mail vom 18.10.2010 (Anl. K 26) mitgeteilt hat und die Beklagte diese Kosten sodann zu Grundlage ihres Angebots zum Abschluss des Abtretungsvertrages gemacht hat. Sie hat mithin gegen die in der E-Mail gelisteten Reparaturpositionen und den sich daraus ergebenden Gesamtpreis keine Einwände erhoben, sondern den Preis der Klägerin für die gesamten Reparaturkosten schon mit dem Angebot zum Abtretungsvertrag akzeptiert. Damit haben sich die Parteien gemäß § 2 Nr. 6 Abs. 2 S. 2 VOB/B (2006) auf den Umfang der zu erstattenden Reparaturkosten bereits vor dem Abtretungsvertrag geeinigt.
aa) Soweit die Beklagte erstmals im Schriftsatz vom 12.9.2013 beanstandet, die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 2.4.2013 mitgeteilten Einzelpreise seien nicht prüfbar, kommt es darauf nicht mehr an, weil die Parteien über den Gesamtpreis schon zuvor eine Einigung erzielt haben. Es ist schlicht treuwidrig (§ 242 BGB), wenn die Beklagte nur deshalb, weil über die Zahlungsmodalität keine Einigung erzielt worden ist, sich nachträglich auf den Standpunkt stellt, alle zuvor getroffenen Vereinbarungen – auch zur Höhe der Reparaturkosten – seien hinfällig; denn nur aufgrund dieser Vereinbarungen war die Klägerin überhaupt erst bereit, der Streitverkündeten den Aufzug vor der Abnahme durch die Beklagte zur Verfügung zu stellen.
bb) Die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung geäußerte Ansicht, die Vereinbarung nach § 2 Nr. 6 Abs. 2 S. 2 VOB/B (2006) bedürfe der Schriftform, entbehrt jeglicher Grundlage und ist daher rechtlich unerheblich. Selbstverständlich reicht eine mündliche oder konkludente Einigung aus. Der Preis stand nach dem Angebot zum Abtretungsvertrag überhaupt nicht mehr zur Diskussion. Neu hinzugekommen ist nur die Abtretung von Ansprüchen der Klägerin gegen die Streitverkündete. Ob diese Abtretung wirksam ist, mag zweifelhaft sein, kann aber hier dahin stehen; denn die Reparatur sollte nach dem Willen der Parteien durch die Klägerin zu dem von ihr genannten Preis für die Beklagte kostenpflichtig durchgeführt werden. Darüber bestand schon aufgrund des Angebots der Beklagten Einigkeit. Gegenteiliges hat ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen.
c) Nur ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin: Selbst wenn über die Höhe der zu erstattenden Kosten vor dem Abtretungsvertrag noch keine Einigung erzielt worden sein sollte, kann die Beklagte sich nicht auf den formalen Standpunkt stellen, die Höhe der Kosten sei nicht dargetan. Jedenfalls haftet die Beklagte für die Erstattung der ortsüblichen Reparaturkosten nach § 632 Abs. 2 BGB. Wenn die Beklagte meint, die ihr bereits zuvor mitgeteilten Kosten, die sie ausweislich ihres Angebots zum Abschluss des Abtretungsvertrages akzeptiert hat, seien überhöht, hat sie dazu im Einzelnen vorzutragen und klarzustellen, warum das der Fall sein sollte. Auf den Schriftsatz der Klägerin vom 2.4.2013 hat sie die Ortsüblichkeit lediglich pauschal bestritten. Das würde im vorliegenden Fall nicht ausreichen, um in eine Beweisaufnahme einzutreten. Ohne Angabe von Gründen, warum die Preise überhöht sein sollen, handelt es sich um ein unzulässiges Bestreiten ins Blaue hinein; denn es ist nicht ersichtlich, warum die Beklagte bereit war, die von der Klägerin mitgeteilten Kosten zu übernehmen, wenn sie nicht ortsüblich waren. Sie konnte nämlich nicht damit rechnen, dass die Streitverkündete oder deren Versicherung bereit sein würden, überhöhte und nicht ortsübliche Kosten zu übernehmen.
4.
Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die beantragte Erklärungsfrist musste der Beklagten nicht gewährt werden. Die Voraussetzungen des § 139 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Der Streit zwischen den Parteien ging von Anfang an um die Frage, ob zwischen den Parteien eine Einigung über die Reparaturkosten erzielt worden ist. Es konnte die Beklagte daher nicht überraschen, dass der Senat den vorgetragenen Sachverhalt auswertet und auf dieser Grundlage seine Entscheidung trifft. Im Übrigen hat der Senat das persönliche Erscheinen des Geschäftsführers der Beklagten angeordnet, der aber nicht erschienen ist und daher auch keine weiteren Angaben zum Sachvortrag machen konnte. Ihr Prozessbevollmächtigter war jedenfalls dazu nicht in der Lage; denn er hat sich in der mündlichen im Wesentlichen auf eine Wertung der vorgetragenen Tatsachen beschränkt, die der Senat allerdings aus den vorstehend genannten Gründen, die in der mündlichen Verhandlung erörtert worden sind, nicht teilt.