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Pflichten des Planers bei Einschaltung eines Sonderfachmanns durch den Auftraggeber

OLG Nürnberg – Az.: 13 U 1896/11 – Urteil vom 20.02.2014

I. Auf die Berufungen beider Parteien wird das Grund- und Teilendurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 2. September 2011 abgeändert:

1. Die Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten sind dem Grunde nach gerechtfertigt, soweit die Beklagten der Klägerin gesamtschuldnerisch

a) den Schaden zu ersetzen haben, der sich daraus ergibt, dass das Wehr des streitgegenständlichen Wasserkraftwerks J… um 10 cm zu niedrig gebaut wurde,

b) 50 % des Schadens zu ersetzen haben, der sich daraus ergibt, dass die erforderliche Befestigung der Sohle des Flussbettes vor der Einlaufmuschel des Kraftwerks J… nicht vorgenommen wurde,

c) 50 % des Schadens zu ersetzen haben – mit Ausnahme eines eventuellen Schadens an Maschinenteilen des Kraftwerks -, der sich daraus ergibt, dass das vor der für den Bau errichteten Spundwand abgelagerte Geschiebe und Sediment nicht auf den geplanten Sohlverlauf des Flusses ausgebaggert wurde, bevor die Spundwand abgebrochen wurde.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten der Klägerin gesamtschuldnerisch 50 % des Schadens zu ersetzen haben, der von der Klägerin dem Land XY wegen Schäden am Brückenpfeiler zu ersetzen ist, die darauf zurückzuführen sind, dass die erforderliche Befestigung der Sohle des Flussbettes vor der Einlaufmuschel des Kraftwerks J… nicht vorgenommen wurde.

3. Die darüber hinausgehende Klage wird abgewiesen.

4. Zur Entscheidung über die Höhe der Ansprüche und über die Kosten auch des Berufungsverfahrens wird das Verfahren an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.

II. Die weitergehenden Berufungen der Parteien werden zurückgewiesen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss: Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.023.358,38 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über Schadensersatz wegen Planungs- und Bauüberwachungsmängeln bei Errichtung eines Wasserkraftwerks.

Dabei geht es zusammengefasst um folgende Haftungskomplexe:

– Schäden, die dadurch entstanden sind, dass das Wehr des Kraftwerks um – behauptete – 15 cm zu niedrig errichtet wurde,

– Schäden durch Erosion der Flusssohle (Kolkbildung) um den Mittelpfeiler einer vor dem Kraftwerk befindlichen Straßenbrücke,

– Schäden durch unterbliebenes Ausbaggern von Sedimenten vor Entfernung der für die Sicherung des Baus angebrachten Spundwände.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines an der M… gelegenen Stauwehres in J… Das Wehr liegt in Fließrichtung etwa fünf Meter hinter der Straßenbrücke der L… über die M…. Die Brücke wird durch einen im Fluss stehenden Mittelpfeiler gestützt.

Im Rahmen des Umbaus des Wehres in eine Wasserkraftanlage beantragte der von der Klägerin zunächst beauftragte Dipl.-Ing. G… F… am 10. April 1997 und ergänzend am 15. August 1997 die Erteilung der erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligung (Anlagen K 3 a und K 4 a). Diese wurde durch Bescheid vom 9. November 1998 (Anlage K 5 a) erteilt. Im Anschluss daran schloss die Klägerin am 18. November 1998 mit einer Arbeitsgemeinschaft (im Folgenden: ARGE), bestehend aus den beiden Beklagten, einen Ingenieurvertrag über die Bauplanung, statische Planung, Bauvermessung, Baukostenanfrage, die Bauoberleitung und die örtliche Bauleitung für das Wasserkraftwerk (Anlage K 6 a). Grundlage des Vertrages waren insbesondere das Schreiben der K… GmbH vom 21. Oktober 1997 (Anlage K 9 a) und das Angebot der Beklagten zu 1) vom 13. November 1997 (Anlage K 8 a).

Der Wasserbauingenieur F… hatte zur Ergänzung des Antrags der wasserrechtlichen Genehmigung am 10. April 1997 einen sog. Sohlspannungsnachweis gefertigt, in welchem er ausführte, dass die neue Anlage die Fließverhältnisse im Brückenbereich nur unwesentlich verändere, und schlussfolgerte, dass im Brückenbereich keine besonderen Sohlsicherungsmaßnahmen erforderlich seien (Nr. 4 in Anlage K 3 a). Dabei legte er zugrunde, dass den Mittelpfeiler der Brücke eine als Kolkschutz dienende Spundwand umgibt, die bis in eine Tiefe von 67,50 m ü. NN (vgl. Anlage K 1 q) hinunterreicht, also 1,70 m tiefer liegt als die vor der Wehranlage projektierte Flusssohle (69,20 bis 69,36 m ü. NN, vgl. Anlage K 1 q). Davon ausgehend plante er eine Höhe der Sohle am Brückenpfeiler bei Höhe 70,58 m ü NN (Anlage K 3 a, „Grundrisse u. Schnitte“, dort insbesondere Längsschnitte B-B und C-C hinsichtlich der Sohlneigung vor der Einlaufmuschel, mit Höhenangabe bei Längsschnitt D-D; Anlage K 8). Das Gefälle zur fünf Meter hinter dem Pfeilerende liegenden Einlaufmuschel des Kraftwerks hätte damit einen Höhenunterschied von 1,38 m auf einer Distanz von fünf Metern aufgewiesen (70,58 m ü NN auf 69,20 m ü NN; entspricht einem Gefälle von 27,6 %).

Der Beklagten zu 1) und der Klägerin war spätestens seit Februar 1999 bekannt, dass nach den Bestandsplänen des Straßenbauamts W… die Unterkante der Spundwand, welche den Mittelpfeiler der Brücke als Kolkschutz umgibt, bei 69,60 m ü. NN liegt, also 2,10 m höher als für die Planungen des Wasserbauingenieurs F… zugrunde gelegt und auch höher als die geplante Flusssohle an der Wehranlage. Die Beklagte zu 1) kündigte der Klägerin mit Schreiben vom 10. Februar 1999 (Anlage K 1 q) an, sie werde sich deswegen mit dem Straßenbauamt in Verbindung setzen.

Die Beklagte zu 1) fertigte einen „vorläufigen Planentwurf Stand 18.02.1999“ (Anlage K 15 a). In diesem ist die Sohlhöhe am Brückenpfeiler um 1,17m höher angesetzt als bei den Planungen des Wasserbauingenieurs F… zugrunde gelegt, auf nunmehr 71,75 m ü NN statt auf 70,58 m ü NN, so dass das Gefälle zum Beginn der Einlaufmuschel nun 2,55 m Höhendifferenz auf einer Strecke von 5,00 m überwinden muss (= 51 % Gefälle). Die Beklagte zu 1) sah im Planentwurf vom 18. Februar 1999 eine Sicherung des Gefälles (Anböschung) der Sohle um das Ende des Brückenpfeilers herum mittels in Beton verlegten Steinsatzes vor.

In einer Besprechung beim Straßenbauamt W… am 24. Februar 1999 teilte ein Vertreter des Amts dem Bauleiter der Klägerin mit, dass es um den Brückenmittelpfeiler herum – abweichend von den Bestandsplänen – überhaupt keine Spundwand gebe. Die Notiz des Bauleiters H… (Anlage B 7.1 c = K 14 a) von der Besprechung wurde dem Geschäftsführer der Klägerin, E… B…, zeitnah bekannt.

Am 23. März 1999 reichte die Beklagte zu 1) den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung beim Bauordnungsamt des Landkreises B… ein (Anlage K 10 a). Auf dem „Lageplan, Bauwerksdraufsicht“ (Beilage 4 zum Bauantrag, mit Unterschrift eines Geschäftsführers der Klägerin, datiert auf den 1. April 1999) ist die im Planentwurf vom 18. Februar 1999 noch enthaltene Steinsatzsicherung der Sohle am Brückenpfeiler nicht mehr eingezeichnet, bei im übrigen unveränderter Steilheit der Anböschung (Gefälle vom Ende des Brückenpfeilers zur Einlaufmuschel von 51 %). Es findet sich lediglich der Vermerk: „Bedarfsweise Sohlsicherung Peiler (sic) in Absprache mit Straßenbauamt und Bauleitung“.

Mit Bescheid vom 22. Juli 1999 wurde die Baugenehmigung gegenüber der Klägerin erteilt (Anlage K 18 a). Im September 1999 wurde mit dem Bau der Wasserkraftanlage begonnen.

Am 4. Dezember 2000 fand eine telefonische Unterredung und am 6. Dezember 2000 eine Baubesprechung der Parteien statt, deren übereinstimmendes Ergebnis war, dass von einem weiteren Ausbaggern der im Fluss vorhandenen Anlandungen vor Inbetriebnahme des Wasserkraftwerks abgesehen werden könne.

Die baulichen Arbeiten an der Wasserkraftanlage wurden am 12. April 2001 abgenommen und die Anlage in Betrieb genommen. Bereits am 17. April 2001 kam es zum Stillstand, weil sich größere Mengen von Steinen vor dem Einlauf der Anlage angesammelt hatten und diesen verstopften.

Ein zunächst vor der Bayerischen Ingenieurskammer – Bau durchgeführtes Schlichtungsverfahren scheiterte daran, dass die ARGE die von der Schlichtungsstelle am 16. Mai 2002 vorgeschlagene Schlichtungsvereinbarung mit Schreiben vom 13. Juni 2002 ablehnte (Anlage K 35 a).

Die Klägerin behauptet, die von der ARGE erstellte Planung sei mangelhaft gewesen. Die Wasserkraftanlage sei nicht funktionsfähig gewesen. Die Kies- und Schottermassen, welche sich binnen weniger Tage nach Inbetriebnahme vor dem Einlauf der Anlage angesammelt hätten, würden von dem vor der Anlage angeschwemmten Sand sowie den Auskolkungen im Bereich um den Brückenpfeiler und im Bereich zwischen Brückenpfeiler und Einlaufmuschel stammen.

 

Nach den ursprünglichen Planungen habe zwischen dem Brückenpfeiler und der Einlaufmuschel der Wasserkraftanlage ein höhengleicher Zufluss und ein ruhiger Wasserzustrom gewährleistet und Auskolkungen der Flusssohle vermieden werden sollen. Diese Voraussetzungen seien durch die ARGE jedoch nicht geschaffen worden. Insbesondere sei versäumt worden, den Zustand der Flusssohle zu ermitteln. Allein durch ein Wegspülen der Ablagerungen habe das planerisch vorgegebene Flusssohlenprofil nicht geschaffen werden können. Dies entspreche nicht den anerkannten Regeln der Technik, was die ARGE hätte wissen müssen. Auch die unzureichende Sicherung des Brückenpfeilers und die dadurch erhöhte Gefahr einer Auskolkung seien der ARGE bekannt gewesen.

Die ARGE sei für die Funktionstüchtigkeit der Gesamtplanung der Wasserkraftanlage verantwortlich, weil sie die Planung des Ingenieurbüros F… in mehreren wesentlichen Punkten verändert hatten.

Des Weiteren sei die Wasserkraftanlage durch die ARGE um 15 cm zu niedrig gebaut worden. Die Anlage erreiche nicht das in der wasserrechtlichen Genehmigung vorgesehene Stauziel von 72,43 m über NN, sondern lediglich 72,28 m über NN.

Die Klägerin habe die Flusssohle vom 1. bis 14. August 2002 auf das im Genehmigungsverfahren festgelegte Niveau gelegt. Ferner sei die Flusssohle im Bereich zwischen Brückenpfeiler und Einlaufmuschel befestigt worden, indem man Flusssteine in den Untergrund eingebracht habe. Weiter sei es notwendig gewesen, die Einlaufkammern vom Kies zu räumen und die Rechenreinigungsanlage zu reparieren.

Die Klägerin meint daher, sie könne von den Beklagten Schadensersatz hinsichtlich ihrer Aufwendungen für die Feststellung des Schadens, für die Beseitigung des Schadens an der Wasserkraftanlage einschließlich Einlaufmuschel sowie der Ertragsausfälle infolge der Stilllegung der Anlage verlangen. Hinzu komme der Ersatz eines erfolglos durchgeführten Schlichtungsverfahrens vor der Bayerischen Ingenieurkammer – Bau. Wegen der Einzelheiten zu Art und Höhe des geltend gemachten Schadens wird auf die Klageschrift vom 28. Februar 2003 (Bl. 10 ff. der Akte) sowie auf die Schriftsätze vom 10. August 2007 (Bl. 301 ff. der Akte) und vom 23. Oktober 2009 (Bl. 405 ff. der Akte) Bezug genommen.

Um das geplante Stauziel zu erreichen sei es ferner notwendig, das vorhandene Schlauchwehr durch ein 1,65 m hohes Schlauchwehr zu ersetzen. Die hierfür anfallenden Kosten sowie der bisherige und bis August 2005 zu schätzende Gewinnausfall sei mit insgesamt 159.476,08 € zu beziffern. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 18. November 2004 (Bl. 182 ff. der Akte) verwiesen.

Der ursprünglich angekündigte Klageantrag wurde durch Schriftsätze vom 17. Oktober 2003 (Bl. 62 der Akte), vom 18. November 2004 (Bl. 182 der Akte), vom 10. August 2007 (Bl. 301 der Akte) und vom 23. Oktober 2009 (Bl. 405 der Akte) erweitert bzw. geändert, wobei die Klägerin zum zuletzt noch gestellten Feststellungsantrag erläutert hat, dieser beziehe sich nur noch auf den Schaden, der möglicherweise dem Land XY wegen der Schäden am Brückenpfeiler zu ersetzen sei (Bl. 419 der Akte, Mitte).

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 1.019.358,38 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus 381.874,13 € seit dem 20. Juni 2002,

aus 161.380,39 € seit dem 27. Mai 2003,

aus 138.184,81 € seit dem 22. Oktober 2003,

aus 24.476,08 € seit dem 25. November 2004,

aus 50.946,47 € seit dem 16. August 2007 und

aus 262.496,58 € seit dem 11. November 2009 zu bezahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche über den Klageantrag zu Ziffer 1) hinausgehenden materiellen Schäden zu ersetzen, welche der Klägerin dadurch entstehen, dass die Beklagten als bauleitende Ingenieure den Bau der Wasserkraftanlage in J… an der M… fehlerhaft geplant und überwacht haben, insbesondere die Flusssohle im Bereich zwischen der Einlaufmuschel der Wasserkraftanlage und dem stromoberhalb gelegenen Brückenpfeiler der Landstraße L… nicht entsprechend der erteilten Baugenehmigung vom 22. November 1999 hergestellt haben, sondern die während der Bauzeit vor der Wasserkraftanlage angelandeten Schwemmsande durch Inbetriebnahme der Anlage haben wegschwemmen lassen, wodurch im Bereich zwischen der Einlaufmuschel der Wasserkraftanlage und dem Brückenpfeiler eine Auskolkung der Flusssohle entstand und die Wasserkraftanlage durch Schwemmsande und aus dem Flussuntergrund herausgerissenen Schotter wenige Tage nach ihrem Anlaufen am 17. April 2001 zum Stillstand kam.

Die Beklagten haben erstinstanzlich beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, die Klägerin sei eine fachkundige Baubeteiligte, die mit dem Betrieb von Wasserkraftanlagen bestens vertraut sei. Bereits aus Kostengründen sei die Beauftragung der ARGE auf das unbedingt Erforderliche begrenzt gewesen. Dies habe nur den baulichen Bereich betroffen, den die Klägerin selbst oder deren Sonderfachleute nicht hätten erbringen können.

Zwischen den Parteien sei eine ausdrückliche Aufgabentrennung festgelegt worden. Dabei seien die Beklagten nur für den Baukörper selbst zuständig gewesen. Die ARGE habe sich bei jeglicher weiteren Bauplanung an die Vorplanung des Ingenieurbüros F… und die darauf beruhende wasserrechtliche Bewilligung halten müssen. Strömungstechnische Fragen seien nicht in den Aufgabenbereich der ARGE gefallen. Aufgrund der Planungen des Ingenieurbüros F… habe die ARGE davon ausgehen können, dass Kolkbildungen über das bestehende Maß hinaus nicht auftreten würden. Auch seitens des Straßenbauamtes seien keinerlei Warnhinweise gegeben worden.

Die Beklagte zu 1) habe auf die Geschiebeproblematik hingewiesen. Jedoch habe die Klägerin eine Konzeptänderung in Form einer Verlagerung der Wasserkraftanlage an das linke Flussufer ausdrücklich abgelehnt. Die Klägerin selbst sei der Auffassung gewesen, dass im Brückenbereich keine besonderen Sohlesicherungsmaßnahmen erforderlich seien. Sie habe die Entscheidung für ein Abschwemmen, d. h. für eine Beseitigung der Ablagerungen durch die Flussströmung, allein getroffen. Die Klägerin habe die Kosten des Ausbaggerns sparen wollen und trage hierfür die volle Verantwortung.

Nach der Aufgabentrennung der Parteien sei die Klägerin für sämtliche Maschinenbauteile verantwortlich gewesen. Hierzu zähle auch die Rechenreinigungsanlage, welche die Klägerin in eigener Zuständigkeit gemeinsam mit dem Hersteller entwickelt habe. Auch hier habe sich die Klägerin von Kostengesichtspunkten leiten lassen. Es habe sich jedoch herausgestellt, dass die Rechenanlage nicht einmal in der Lage gewesen sei, geringe Mengen Geschiebe abzuarbeiten. Hierauf wiederum seien die Beschädigung der Hydraulik der Anlage und deren vollständiges Versagen zurückzuführen.

Weiterhin erklärt die Beklagte zu 1) die hilfsweise Aufrechnung mit einer behaupteten Schadensersatzforderung, die gegen die Klägerin im Fall einer Verurteilung im Verfahren vor dem Landgericht Dessau-Roßlau (Az. 2 0 472/04) bestehe. Hierzu wird auf den Schriftsatz vom 17. Mai 2011 (Bl. 513 ff. der Akte) Bezug genommen.

Schließlich machen die Beklagten geltend, die Klageforderung sei verjährt. Gegenüber der ARGE, einer GbR, sei Verjährung eingetreten, so dass sich die Beklagten analog § 129 Abs. 1 HGB hierauf berufen könnten.

Das Landgericht hat bislang Beweis erhoben durch Erholung eines Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. J. K. und Vernehmung der Zeugen R.W; und M.H.. Auf die schriftlichen Gutachten des Sachverständigen vom 1. September 2006 (Bl 214 ff. der Akte), vom 19. März 2007 (Bl. 272 ff. der Akte) und vom 5. August 2008 (Bl. 322 ff. der Akte) wird Bezug genommen. Wegen der Inhalts der Zeugenvernehmungen wird auf das Sitzungsprotokoll vom 21. Juni 2004 (Bl. 135 ff. der Akte) verwiesen.

Das Landgericht hat am 2. September 2011 folgendes Grund- und Teilurteil erlassen:

1. Der Anspruch der Klägerin ist dem Grunde nach mit der Maßgabe gerechtfertigt, dass die Klägerin ein Mitverschulden an der Schadensverursachung von 50 % trifft.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klägerin habe einen Schadensersatzanspruch aus dem am 18. November 1998 geschlossenen Ingenieurvertrag in Verbindung mit § 635 BGB a. F. (Art. 229 § 5 EGBGB). Der aus den Beklagten bestehenden ARGE falle im Zuge der Ausführung dieses Vertrages eine Pflichtverletzung zur Last, die zur Schädigung der Klägerin geführt habe.

Es stehe nach der Beweisaufnahme hinreichend sicher fest, dass es im Flussbett zu Strömungsturbulenzen komme, die eine Materialerosion an der Gewässersohle um den Pfeiler herum (Kolkbildung) bewirken. Dabei bestünden durch die steile, vor der Einlaufmuschel des Kraftwerks unbefestigte Sohlneigung verursachte starke Schleppspannungen, welche die Gefahr des Materialtransports an der Sohle und damit der Sohlerosion erhöhten.

Die achsgleiche Lage des Wehres zum nur kurz vor diesem liegenden Brückenpfeiler sei dabei erheblich nachteilig, die Konzeption und der Versuch, die angespülten Sedimentmassen durch die Turbinen des Wehres abzuführen, hätten sich als untauglich erwiesen.

Die von der ARGE geplante Anlage sei nicht dauerhaft funktionsfähig, weil das wegen der genannten Konzeption in die Turbine hineingetragene sedimentierte Sohlmaterial zu Beschädigungen, zumindest aber zu einem Abfall der Turbinenleistung führen könne.

Diese Folgen hätten bei fachgerechter Planung dadurch vermieden werden können und müssen, dass die Sohlebefestigung bis zum Brückenpfeiler verlängert und ein Spülkanal eingerichtet wird.

Der oberwasserseitige Zulauf und die Erosionssicherung seien nach Nrn. 2 und 3.4 DIN 19752 in den Planungsbereich der Arbeitsgemeinschaft gefallen und von dieser mangelfrei zu konzipieren gewesen. Die Beklagten könnten sich daher nicht auf die Position zurückzuziehen, die ARGE sei lediglich „Lückenfüller“ für einen abgrenzbaren baulichen Bereich gewesen. Dies entspreche nicht aus den sich dem umfassenden Planungsauftrag vom 18. November 1998 ergebenden Pflichten.

Selbst wenn es der Wille der Klägerin gewesen sein sollte, auf zusätzliche Sohlesicherungsmaßnahmen aus Kostengründen zu verzichten, habe es der ARGE oblegen, auf die hiermit verbundenen Gefahren deutlich hinzuweisen, gerade auch wegen der erhöhten Gefahren durch die achsgleiche Lage des Kraftwerkseinlaufs mit dem Brückenpfeiler. Tatsächlich sei sie aber dem Verzicht auf die Sohlesicherung und dem Abschwemmen durch die Turbine in keiner Weise entgegengetreten.

Der Rückgriff auf die Vorplanungen des Ingenieurbüros F… entlaste die ARGE nicht, nachdem sie eine eigene Genehmigungsplanung erstellt habe, die zur Grundlage der baulichen Ausführung geworden sei und sich von der des Ingenieurbüros F… inhaltlich unterschieden habe, und zwar insbesondere hinsichtlich der problematischen Neigung des Einlaufbereichs und der Betonierung der Sohle. Damit sei die ARGE im Verhältnis zur Auftraggeberin vollständig dafür verantwortlich gewesen, dass die Planung dem Stand der Technik entspricht. Auf eine ungeprüfte Übernahme der Vorplanungen habe sie sich ohnehin nicht beschränken dürfen.

Der Architekt habe insgesamt bei seiner Planung auf die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zu achten. Demgegenüber dürfe sich der Auftraggeber – hier die Klägerin – auf die Planungen der bauleitenden Ingeniere und deren fachliche Eignung verlassen. Die Anforderungen an eine fachgerechte Planung bestünden auch dann uneingeschränkt, wenn ein Auftraggeber selbst fachkundig und im Betrieb entsprechender Anlagen versiert sei.

Da sich die Planungsmängel bereits in der Vollendung des Bauwerks verkörpert hätten und nicht mehr zu beheben gewesen seien, habe seitens der Klägerin eine weitere Frist zur Nachbesserung nicht ausgesprochen werden müssen.

Die ARGE habe folglich für den Vermögensschaden aufzukommen, der der Klägerin infolge der Planungsfehler entstanden sei. Den Eintritt solcher Schäden habe die Klägerin schlüssig vorgetragen. Dass sie tatsächlich vorgelegen hätten, sei nach gegenwärtiger Sachlage überwiegend wahrscheinlich. Über den konkreten Umfang sei aber im Betragsverfahren weiterer Beweis zu erheben und zu entscheiden.

Es sei allerdings bereits jetzt festzustellen, dass die Klägerin an der Schadensentstehung ein erhebliches Mitverschulden treffe. Dieses liege darin, dass die Klägerin aus Gründen der Kostenersparnis den Vorschlag der ARGE zu einer seitlichen Anordnung der Wasserkraftanlage und der Errichtung einer leeren Schleuse zur Abführung von Geschiebe nicht aufgegriffen habe. Darüber hinaus sei für das Mitverschulden von Bedeutung, dass die von der Klägerin in eigener Verantwortung beigesteuerte Rechenreinigungsanlage nicht für eine Geschiebeentnahme geeignet gewesen sei.

Der Anspruch gegen die Beklagten sei auch nicht verjährt. Ebenso wie für das Recht der offenen Handelsgesellschaft – also im unmittelbaren Anwendungsbereich der §§ 128 ff. HGB – sei weithin anerkannt, dass sich ein für eine Gesellschaftsschuld persönlich in Anspruch genommener Gesellschafter, wenn ihm gegenüber die Verjährung wirksam gehemmt worden ist, nicht darauf berufen könne, gegenüber der Gesellschaft sei Verjährung eingetreten. Die im Schrifttum vereinzelt vertretene Gegenansicht überzeuge nicht, nachdem sie dazu führen würde, dass ein Gesellschaftsgläubiger vorsorglich stets auch gegen die – u. U. vermögenslose – Gesellschaft klagen und hierdurch ein höheres Prozess- und Kostenrisiko in Kauf nehmen müsste. Damit würde der Akzessorietätsgedanke über Gebühr beansprucht und das Wahlrecht des Gläubigers, welchen Schuldner er in Anspruch nimmt (§ 421 BGB), ebenso geschmälert wie der Zweck der persönlichen Haftung eines jeden Gesellschafters.

Die Verjährungsfrist für die Ansprüche gegen die Beklagten sei durch das Schlichtungsverfahren erstmals gehemmt worden (jetzt: § 203 BGB). Die am 23. bzw. 26. Mai 2003 zugestellte Klage sei vor Eintritt der Verjährung erhoben worden.

Gegen dieses Urteil haben sämtliche Parteien form- und fristgerecht Berufung eingelegt, die Klägerin mit dem Ziel einer Verurteilung in vollem Umfang, die Beklagten mit dem Ziel einer vollständigen Klageabweisung.

Die Klägerin macht geltend, sie treffe kein Mitverschulden an den Mängeln.

a) Im angegriffenen Urteil sei zunächst offenbar übersehen worden, dass Schadensersatzansprüche aus zwei unterschiedlichen Schadensursachen geltend gemacht werden, nämlich der „Auskolkungsschaden“ (fehlende Sohlbefestigung, Abschwemmen von Sedimenten durch die Turbine) einerseits und die um 15 Zentimeter zu niedrigen Errichtung des Wehres andererseits. Das Erstgericht habe zwar im Tenor über den gesamten Ersatzanspruch entschieden, in den Entscheidungsgründen über den Mangel bei der Wehrhöhe aber kein Wort verloren. Dementsprechend fehle im Urteil auch jede Begründung, warum die Klägerin an der zu niedrigen Höhe des Wehres eine Mitschuld treffen solle. Tatsächlich gebe es keinen schlüssigen Vortrag der Beklagten dazu.

Schon im Baueingabeplan vom 1. April 1999 sei ausdrücklich für den Höhenfestpunkt Mauerbolzen 75,591 einmal „üHN“ und einmal „üNN“ vermerkt. Im Besprechungsprotokoll vom 28. September 1999 sei ausdrücklich vermerkt gewesen, dass der Firma B… als Höhe der Höhenfestpunkt 75,591 in ü HN übergeben worden sei mit dem Hinweis, dass sich die Höhenangaben in den Plänen auf das System NN bezögen, welches von HN um 15,7 cm abweiche.

b) Die Ursache des Auskolkungsschadens liege darin, dass die ARGE in der Ausführungsplanung die angesichts der Strömungsverhältnisse erforderlichen baulichen Maßnahmen zur Sohlsicherung nicht vorgesehen habe, wie insbesondere die Sicherung des Brückenpfeilers mittels Steinsatzes, die angesichts der gegenüber den Vorgaben des Wasserbauingenieurs F… steileren Anböschung vor der Einlaufmuschel erforderlich gewesen sei.

Die vom Erstgericht genannten Punkte – mittige Positionierung der Wasserkraftanlage, Nichtanlage eines Spülkanals und zur Geschiebeentnahme ungeeignete Rechenreinigungsanlage – begründeten kein Mitverschulden der Klägerin:

aa) Die Positionierung der Wasserkraftanlage in der Mitte des Flusses habe einen gleichmäßigen Zustrom von Wasser gewährleisten sollen und verstoße als solche nicht gegen die anerkannten Regeln der Technik. Sie sei Bestandteil der Auftragserteilung an die ARGE gewesen, weshalb die ARGE sich bei der Planung hierauf hätte einstellen müssen. Es könne sich daher kein Mitverschulden der Klägerin daraus ergeben, dass sie die ARGE damit beauftragt haben, ein in der Mitte des Flusses liegendes Wasserkraftwerk zu errichten.

bb) Entsprechendes gelte für den Nichteinbau eines Spülkanals. Die Errichtung ohne Spülkanal sei ebenfalls bereits Gegenstand der Auftragserteilung gewesen, ein Spülkanal sei zum Abführen von Geschiebe nach den anerkannten Regeln der Technik nicht zwingend geboten gewesen und in der norddeutschen Tiefebene mit ihrer vergleichsweise geringen Geschiebeproblematik nicht üblich. Vielmehr genüge es, wenn – wie auch an der streitgegenständlichen Anlage praktiziert – bei den etwa alle zwei Jahre durchzuführenden Reinigungsarbeiten, bei welchen im Einlaufbereich ein Absperrschutz niedergebracht wird, das in geringem Umfang angelagerte Geschiebe mit einem Autokran abzubaggern.

cc) Schließlich sei der Auskolkungsschaden auch nicht durch die Rechenreinigungsanlage verursacht worden. Diese habe von vorneherein nur dazu gedient, oberflächliches Treibgut oder im Wasser schwebende Schwimmstoffe zurückzuhalten und mit einer Putzharke über eine Spülrinne auf dem Wehrrücken ins Unterwasser weiterzuleiten. Zur Geschiebeentnahme sei sie nicht geeignet, aber auch nicht vorgesehen gewesen.

Die Klägerin beantragt daher im Berufungsverfahren, das Grund- und Teilurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 2. September 2011 insoweit aufzuheben, als zulasten der Klägerin hinsichtlich des dem Grunde nach gerechtfertigten Anspruchs ein Mitverschulden von 50 % festgestellt wird und deshalb der Anspruch dem Grunde nach vollumfänglich gerechtfertigt ist.

Hilfsweise das Urteil insoweit aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückzuverweisen, als die Klägerin Schadensersatz beansprucht, weil die Beklagten das Wehr der Wasserkraftanlage um 15 cm zu niedrig gebaut haben.

Die Beklagten beantragen insoweit, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Hinsichtlich ihrer eigenen Berufungen beantragen die Beklagten, das Grund- und Teilurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 2. September 2011 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt insoweit, die Berufungen der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagten machen mit ihren Berufungen geltend:

a) Wegen der Höhendifferenz bei der Stauhöhe bestehe schon dem Grunde nach kein Schadensersatzanspruch, da die ARGE davon habe ausgehen dürfen, dass es lediglich einen Höhenbezug gebe und zwar den in den Unterlagen im ersten Blatt „Absteckriss“ mit der Bezeichnung „HH“ bezeichneten Höhenpunkt in HN mit Bezugspunkt Ostsee. Der „Fortführungsriss“ nenne zwar ebenfalls Höhenpunkte, biete aber keinen Hinweis auf einen anderen Höhenbezug, etwa in NN.

Außerdem werde bestritten, dass de facto zu niedrig gebaut worden ist, es sei vielmehr anzunehmen, dass sogar um 3 cm höher gebaut worden sei.

b) Der Auskolkungsschaden beruhe allein auf Planungsfehlern des Wasserbauingenieurs Dipl.-Ing. F…, der als Sonderfachmann die Aufgabe gehabt habe, die hydraulischen Verhältnisse, die Wechselwirkungen zwischen Fluss, Brückenbauwerk und Kraftwerk zu beurteilen. Dieser habe einen Sohlspannungsnachweis gefertigt, in welchem er die Schleppspannungskräfte der Gerinnesohle beurteilt und das daraus resultierende Geschiebeverhalten bewertet habe. Auf dieser Grundlage sei ein wasserrechtlicher Bescheid beantragt worden.

Die Wasserrechtsbehörde habe das Ergebnis des Wasserbauingenieurs F… geprüft und genehmigt. Die ARGE sei an den bereits vor ihrer Beauftragung ergangenen wasserrechtlichen Bescheid gebunden gewesen. Die ARGE sei nur mit der Bauplanung für das Wasserkraftwerk beauftragt worden. Zu diesem gehörten nur das Betriebsgebäude und das Bauwerk, welches die maschinellen und elektrischen Einrichtungen beinhalte, einschließlich der Einlaufmuschel; der Planungsbereich der ARGE ende an der äußeren Spundwand. Der Bereich der Flusssohle vor der Einlaufmuschel gehöre nicht dazu, an der Flusssohle habe aufgrund der wasserrechtlichen Genehmigung nichts verändert werden dürfen, ebensowenig an der vorgegebenen Geometrie des Bauwerks, daher hätten auch Fragen der Strömungsmechanik und der hydraulischen Verhältnisse im Fluss nicht zum Leistungsumfang der ARGE gehört. Die Koordination zwischen Betonbauwerksplanung, Maschinentechnik und wasserrechtlicher Thematik habe sich die Klägerin vorbehalten.

Die ARGE hätte die Richtigkeit der Berechnungen und Bewertungen des Wasserbauingenieurs auch nicht beurteilen können, da ihr Einzelheiten der hoch spezialisierten Berechnungen nicht bekannt und für sie angesichts der Schlussfolgerungen des s auch nicht relevant gewesen seien. Die ARGE hätte auf die Schlussfolgerung des s vertrauen dürfen, dass aufgrund der von ihm durchgeführten Untersuchungen und Berechnungen keine besonderen Sohlsicherungsmaßnahmen erforderlich seien. Erst recht habe sich der ARGE nicht, was für ihre Haftung im Verhältnis zum  erforderlich wäre, geradezu aufdrängen müssen, dass die Feststellungen des s fehlerhaft sind. Dagegen spreche auch die hohe Komplexität der Berechnung von Schleppspannungen in mehrdimensionalen Berechnungsverfahren, mit denen selbst ein Spezialist keine sicheren Vorhersagen treffen, sondern nur eine Abschätzung der zu erwartenden Erosion abgeben könne.

Der Auskolkungsschaden sei außerdem nicht durch das Werk der ARGE entstanden, sondern durch die von der Klägerin veranlasste vorzeitige und nicht fachgerechte Inbetriebnahme vor behördlicher Abnahme. Dabei sei der Betrieb auf einmal und nicht – wie erforderlich – schrittweise in größeren Zeitabständen und unter ständiger Kontrolle der Sohl-Stabilität aufgenommen worden. Die Inbetriebnahme sei durch den Schleusenwärter der Betreiberin, B… G…, auf Anordnung des Bauleiters der Klägerin, Herrn H… erfolgt, der sich seinerseits in eigener Zuständigkeit beim Turbinenhersteller V… erkundigt habe, ob eine Beschädigung der Turbinen durch das Durchspülen von Sand möglich sei.

Selbst wenn man aber dem Grunde nach eine Mitverantwortung der ARGE annehmen wollte, träte diese hinter dem wesentlich überwiegenden Verschulden des s F… welches sich die Klägerin nach § 254 Abs. 2, § 278 BGB zurechnen lassen müsse, zurück.

c) Auch für das unterbliebene Ausbaggern der Anlandungen vor der äußeren Spundwand sei nicht die ARGE zuständig gewesen, sondern die Klägerin selbst, welche die Bauleitung und Koordination übernommen habe und dafür den Zeugen H… als Bauleiter und Mühlbaumeister beschäftigt habe. Die Klägerin habe den ursprünglich bereits an die Firma B… erteilten Auftrag zum Ausbaggern zurückgezogen.

Der Senat hat Beweis erhoben aufgrund Beweisbeschlusses vom 13. Dezember 2012 (Bl. 667 f. der Akte), abgeändert durch Beschluss vom 5. Februar 2013 (Bl. 695 f. der Akte) durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs Dipl.-Ing. J.T., welches dieser unter dem 27. Mai 2013 erstattet hat (Bl. 716 bis 734 der Akte). Der Sachverständige wurde außerdem mündlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 28. Oktober 2013 Bezug genommen (Bl. 775 bis 777 der Akte).

B.

I.

Zulässigkeit des Grundurteils bei gleichzeitiger Entscheidung über den Feststellungsantrag:

Das vom Landgericht erlassene Grundurteil zum Leistungsantrag war unzulässig, weil mangels gleichzeitiger Entscheidung über den Feststellungsantrag hinsichtlich des weiteren Schadens die Gefahr widersprechender Entscheidungen im weiteren Verfahren zum Anspruchsgrund nicht ausgeschlossen war. Um dieser Gefahr vorzubeugen musste über den Anspruchsgrund für den Leistungsantrag und den unbezifferten Feststellungsantrag zum künftigen Schaden gleichzeitig entschieden werden (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 304 Rn. 3).

Da allerdings das Verfahren auch hinsichtlich des Feststellungsantrags entscheidungsreif war, hat der Senat diesen Teil des Rechtsstreits an sich gezogen und nunmehr auch über diesen Antrag entschieden. Damit konnte nun auch das Grundurteil bzgl. des Leistungsantrags zulässig ergehen.

II.

Das Grund- und Teilurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth war dahingehend zu korrigieren, dass die selbständigen Haftungsgründe und bei diesen insbesondere die unterschiedlichen Mitverschuldensanteile zu unterscheiden waren sowie über den Feststellungsantrag mitentschieden werden musste, um den Erlass eines Grundurteils überhaupt zu ermöglichen. Im Ergebnis waren die Berufungen beider Parteien jeweils zum Teil erfolgreich, die Berufung der Klägerin dahingehend, dass sie hinsichtlich der zu niedrigen Wehrhöhe kein Mitverschulden trifft, die Berufung der Beklagten dahingehend, dass sie nur eine Haftung für ein um 10 cm statt um 15 cm zu niedriges Wehr trifft und sie nicht für Maschinenschäden (mit-)haften, welche durch das unterbliebene Ausbaggern entstanden sind.

Zusammengefasst hat die Klägerin dem Grunde nach Ersatzansprüche gegen die analog § 128 HGB gesamtschuldnerisch haftenden Beklagten gemäß § 635 BGB a. F. hinsichtlich

– des Schadens, der sich daraus ergibt, dass das Wehr des streitgegenständlichen Wasserkraftwerks J… um 10 cm zu niedrig gebaut wurde,

– 50 % des Schadens, der sich daraus ergibt, dass die erforderliche Befestigung der Sohle des Flussbettes vor der Einlaufmuschel des Kraftwerks J… nicht vorgenommen wurde,

– 50 % des Schadens – mit Ausnahme eines eventuellen Schadens an den Maschinenteilen des Kraftwerks -, der sich daraus ergibt, dass das vor der für den Bau errichteten Spundwand abgelagerte Geschiebe und Sediment nicht auf den geplanten Sohlverlauf des Flusses ausgebaggert wurde, bevor die Spundwand abgebrochen wurde.

1. Schadensersatz wegen zu niedriger Höhe des Wehres

Die Beklagten haften gemäß § 635 BGB a. F. für den Schaden, welcher der Klägerin dadurch entstanden ist, dass das Wehr um zumindest 10 cm zu niedrig gebaut wurde (Differenz zwischen geplanter Wehrhöhe und tatsächlicher Wehrhöhe, wobei Messunsicherheiten und allgemeine Bautoleranzen für bewegliche Wehre zugunsten der Beklagten berücksichtigt wurden).

a) Geplante Höhe des Wehres

Die wasserrechtliche Bewilligung vom 9. November 1998 legt die (maximale) Stauhöhe auf 72,43 m ü. NN fest, davon „Wehrkrone fest“ auf 71,03 m ü. NN sowie von 71,03 m ü. NN bis 72,43 m ü. NN durch Schlauchwehraufsatz (Anlage K 5 a, S. 2).

Auf dem von der Beklagten zu 1) gefertigten „Lageplan, Bauwerksdraufsicht“, den diese dem Bauantrag vom 23. April 1999 als Beilage 4 beigefügt hat (in K 10 a und – nochmals – als K 1 g), hat sie auf der rechten Seite vermerkt: „Vom Höhenfestpunkt – Mauerbolzen 75,591 ü. NN“. Den Mauerbolzen selbst hat sie – rechts auf dem Plan gelegen – bezeichnet mit „Höhenfestpunkt – Mauerbolzen 75,591 ü. HN“ (Hervorhebungen in den Zitaten jeweils durch den Senat). Das zu erreichende Stauziel hatte die Klägerin auf dem genannten Plan an zwei Stellen mit „72,43 m ü. NN“ vermerkt. Dies entspricht der Vorgabe durch die wasserrechtliche Bewilligung.

Auf den ebenfalls von der Beklagten zu 1) gefertigten Ansichten vom Bauwerk aus vier Himmelsrichtungen (Beilage 6 zum Bauantrag vom 23. April 1999, Anlage K 7) ist als Stauziel „72,430“ (an vier Stellen) eingetragen und als Oberkante Betonwehr „73,03“ (ebenfalls an vier Stellen, wobei 71,03 gemeint gewesen sein muss, weil dies dem Wert in der wasserrechtlichen Bewilligung entspricht und die Oberkante des Betonwehrs unterhalb des Stauziels liegen muss). An den Ansichten sind die Zahlen weder mit Maßeinheiten (m) noch Bezugshöhensystem (NN oder HN) versehen.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Betonoberseite des Wehres als solche – auf ihrer ganzen Tiefe – lediglich eine Höhe von 70,93 m ü NN erreichen muss, weil die weiteren 0,10 m zur in der Baugenehmigung vorgesehenen Höhe durch eine zur Strömung hin aufgesetzte weitere schmälere Betonkante erreicht werden, die dazu dient, den aufgesetzten Schlauch, wenn er vollständig entlüftet und damit gelegt ist, zu schützen.

b) Tatsächliche Höhe des Wehrs

Das tatsächlich errichtete Wehr erreichte, bezogen auf den Betonsockel, nur eine Höhe von (maximal) 70,82 m ü. NN, ist also (mindestens) 11 cm niedriger als geplant.

aa) Die Beklagte zu 1) hat mit Schriftsatz vom 14. November 2012 „bestritten, dass de facto zu niedrig gebaut worden ist“, es sei vielmehr zu schließen, dass sogar 3 cm höher gebaut worden sei als geplant, was allerdings im Toleranzbereich liege. Soweit für den Senat aus den Akten nachvollziehbar haben die Beklagten damit erstmals – acht Jahre nach der diesbezüglichen Klageerweiterung vom 18. November 2004 (Bl. 182 ff. der Akte) und mehr als ein Jahr nach ihrer Berufungsbegründung vom 5. Dezember 2011 (Bl. 582 ff. der Akte) – den Vortrag der Klägerin bestritten, dass das Wehr tatsächlich 15 cm niedriger als geplant gebaut ist. Der Senat war jedoch deshalb daran gehindert, den Vortrag nach § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil das Erstgericht im Tatbestand des angegriffenen Urteils die tatsächliche Wehrhöhe nicht bei der Darstellung der unstreitigen Tatsachen wiedergegeben hat, sondern als (streitigen) Vortrag der Klägerin. Zur Beweiskraft des Tatbestands gehört auch die Frage, ob eine bestimmte Behauptung bestritten ist oder nicht (BAG NJW 2004, 1061 <1062>). Da insoweit weder der Tatbestand in sich widersprüchlich ist noch eine Tatbestandsberichtigung beantragt worden war oder eines der Sitzungsprotokolle das Gegenteil beweist, wirkte die Beweiskraft des Tatbestands des erstinstanzlichen Urteils (§ 314 BGB) dahingehend, dass der Senat – trotz gegenteiligen Akteninhalts – unterstellen musste, dass die Beklagten die tatsächliche Wehrhöhe bereits erstinstanzlich bestritten hatten.

Damit wurde in zweiter Instanz eine weitere Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten erforderlich, welche das Verfahren um ein weiteres Jahr verlängerte, Kosten für den Sachverständigenbeweis von 4.586,91 € erzeugte (zusätzlich zu den erstinstanzlich bislang aufgewandten Gutachterkosten von 13.665,59 €) und den Vortrag der Klägerin schließlich überwiegend bestätigte.

bb) Nach den Messungen des vom Senat als Sachverständigen beauftragten, öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs J.T. befindet sich die Oberkante des Betonsockels des Wehrs auf einer Höhe von 70,78 m ü NN, worauf allerdings zur Berücksichtigung der Toleranzen bei der Übertragung vom Ausgangspunkt des Höhensystems (hier Pegel Amsterdam) ein Aufschlag von 3 cm vorzunehmen ist, so dass deshalb von einer Höhe von 70,81 m ü NN auszugehen ist. Zusätzlich bestehen nach den nachvollziehbaren und den Senat überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen noch Messungenauigkeiten im Rahmen des konkreten Anpeilens der Bauwerksoberkante vor Ort (d. h. genaues Treffen des höchsten Punktes), welche sich – mit den sehr geringen Geräteungenauigkeiten (im Bereich von max. 3 mm) – auf insgesamt maximal 1 cm belaufen. Daraus ergibt sich, dass das Wehr wegen dieser Messfehler zwischen 0,3 cm niedriger und 1,0 cm höher als die bis dahin ermittelten 70,81 cm sein kann (Sachverständiger Dipl.-Ing. J. T. in seiner Anhörung vor dem Senat vom 28. Oktober 2013, Bl. 776 der Akte, 4. und 5. Absatz). Angesichts der Beweislastverteilung zwischen den Parteien – die Klägerin will Ansprüche daraus herleiten, dass das Wehr zu niedrig gebaut sei – ist damit für die Entscheidung davon auszugehen, dass die Betonoberkante des Wehres tatsächlich auf einer Höhe von 70,82 cm ü. NN liegt, also 11 cm niedriger als die geplanten 70,93 m ü. NN.

c) Mangelhaftigkeit der Werkleistung der Beklagten hinsichtlich der Wehrhöhe

Die ARGE schuldete eine Bauvermessung und Bauüberwachung (§ 1 des Ingenieurvertrages vom 18. November 1998; Anlage K 6 a), die das Erreichen der geplanten Höhe des Wehres sicherstellt. Das Werk war damit im genannten Umfang mangelhaft.

d) Entbehrlichkeit einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung

Da sich der Bauüberwachungsmangel bereits im vollendeten Bauwerk verwirklicht hat, kann der Schaden durch eine Nacherfüllung (also nachträgliche mangelfreie Bauüberwachung) nicht mehr beseitigt werden (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl., Rn. 2167, m. w. Nw.), so dass schon aus diesem Grund eine Fristsetzung zur Nacherfüllung mit Ablehnungsandrohung (§ 634 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F.) als Anspruchsvoraussetzung für den streitgegenständlichen Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB a. D. entbehrlich ist.

Darüber hinaus hat die von den Beklagten gebildete ARGE auch vorgerichtlich jegliche Verantwortlichkeit für den Mangel so kategorisch abgestritten, dass die Fristsetzung auch nach § 634 Abs. 2 BGB a. F. entbehrlich wäre.

 

e) Verschulden

aa) Vorhandener Messausgangspunkt

Die Beklagten berufen sich darauf, sie hätten „aufgrund des Gesamtpakets“ der ihnen übergeben Unterlagen nicht davon ausgehen können, „dass in den Unterlagen unterschiedliche Höhenbezüge genannt sein könnten.“ Es habe davon ausgegangen werden können, dass es lediglich einen Höhenbezug gebe, und zwar in HN mit Bezugspunkt Ostsee. Auch der „Fortführungsriss“ (Anlage B 3 c) biete keinen Anhaltspunkt für einen anderen Höhenbezug.

Die Argumentation der Beklagten geht am Sachverhalt vorbei. Der von den Beklagten genannte „Fortführungsriss“(Anlage B 3 c) enthält den Höhenfestpunkt „H = 75,591“, hinsichtlich dessen die ARGE nach dem eigenen Vortrag der Beklagten – zutreffend – davon ausgegangen sind, dass die Höhenangabe wie im Absteckriss (Anlage B 2 c) im Höhensystem HN erfolgt.

Genau dieser ortsnahe Höhenfestpunkt ist im von der Beklagten zu 1) gefertigten „Lageplan, Bauwerksdraufsicht“ (in K 10 a und – nochmals als K 1 g) enthalten, bezeichnet mit „Höhenfestpunkt – Mauerbolzen 75,591 ü. HN“ (Hervorhebung durch den Senat). Demgegenüber hatte die Beklagte zu 1) das zu erreichende Stauziel an zwei Stellen mit „72,43 m ü. NN“ (Hervorhebung durch den Senat) verzeichnet, was genau der Vorgabe durch die wasserrechtliche Bewilligung entspricht, dort ebenfalls mit der Bezeichnung „NN“.

Zusammengefasst: Der ARGE war bekannt, dass die Höhe 75,951 m für den in unmittelbarer Nähe des Bauwerks direkt am Ufer vorhandenen Mauerbolzen (Höhenfestpunkt) sich auf das Höhensystem HN bezieht, das zu erreichende Stauziel von 72,43 m aber auf das Höhensystem NN.

Dass beide Höhensystem von einander abweichen, im Bereich J… um etwa 15 cm, war den Beklagten ebenfalls bekannt. Es war Thema der Besprechung im Büro der Beklagten zu 1) vom 28. September 1999, an welcher beklagtenseits der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) und deren Bauleiter W… sowie D… K… für die Beklagte zu 2) teilnahmen. In der Aktennotiz über die Besprechung hat die Beklagte zu 1) zum Inhalt der Besprechung festgehalten (Anlage K 7 n, nachfolgende Hervorhebungen wie im Original):

„Der Firma B… wird als Höhe der Höhenfestpunkt am Nachbarhaus mit einer Höhe von 75,591 m ü. HN übergeben. (Alle Höhenangaben in den Plänen beziehen sich auf das Höhensystem HN, … Die Differenz zwischen HN- und NN-System beträgt plus 15,7 cm)“

Auch im Schreiben des Staatlichen Amts für Umweltschutz D/W vom 18. Oktober 1999 an die Beklagte zu 1) wird ausschließlich der „Umrechnungsfaktor HN-NN von 15 cm“ genannt (Anlage B 4 c).

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der angesprochene Mauerbolzen sich tatsächlich in einer Höhe von 75,591 m ü. HN befindet. Der ARGE stand also ein ortsnaher Bezugspunkt zur Verfügung, anhand dessen bei der gebotenen Umrechnung der in NN vorgegebenen Höhenangaben in den Plänen und der wasserrechtlichen Bewilligung eine zutreffende Einmessung des Bauwerks auf vergleichsweise kurze Distanz (Entfernung zur westlichen Seite des Wehres nur etwa 22 m, vgl. „Lageplan, Bauwerksdraufsicht“, Anlage K 10 a) möglich gewesen wäre.

Die Beklagten machen schließlich geltend, der zweitinstanzlich beauftragte Sachverständige habe zur Feststellung der tatsächlichen Höhe des Wehres kilometerweit entfernte amtliche Messpunkte zum Ausgangspunkt seiner Vermessung gemacht, die Beklagten hätten eine Vermessung über diese Distanz nicht geschuldet. Auch dieser Einwand geht an der tatsächlichen Situation vorbei. Von der ARGE war lediglich verlangt worden, dass sie ausgehend von dem dem Wehr nahe gelegenen Mauerbolzen „75,591 m u. HN“, unabhängig davon, ob er (noch) im Verzeichnis der amtlichen Messpunkte geführt ist, dafür sorgt, dass das Bauwerk in der geplanten Höhe errichtet wird. Bei fachgerechter Bauvermessung und Bauüberwachung hätte sie auf dieser Grundlage ein plangerechtes Ergebnis erzielt, weil der genannte Mauerbolzen sich in der richtigen Höhe befand, auch wenn er im amtlichen Verzeichnis nicht mehr geführt war.

bb) Unvermeidliche Toleranzen

Die Beklagten berufen sich darauf (Bl. 199 der Akte), dass sich Toleranzen von 4 bis 6 cm ergäben durch Bauwerkssetzungen (1 bis 2 cm), Vermessungstoleranzen (etwa 2 cm) und allgemeinen baulichen Abweichungen (1 bis 2 cm).

Bereits der erstinstanzlich beauftragte Sachverständige Prof, Dr.-Ing. K… hat dazu in seinem ersten Ergänzungsgutachten (vom März 2007) nachvollziehbar ausgeführt, dass die von den Beklagten vorgetragenen Toleranzen weit überhöht seien. Da kein neues Wehr errichtet, sondern ein bestehendes Wehr umgebaut worden sei, sei davon auszugehen, dass Untergrundsetzungen längst abgeklungen seien. Außerdem müssten beim Bau eines beweglichen Wehres die Toleranzen auf Minimalwerte reduziert werden, weil dort neben der Betonkonstruktion ein bewegliches Verschlussorgan eingesetzt werde, welches ortsfern hergestellt und als Ganzes eingesetzt werde.

Die gerätebedingten Messtoleranzen betragen bei Messungen auf kürzere Distanz, wie sie etwa vom vorhandenen Mauerbolzen „75,591“ aus vorgenommen hätten werden können, lediglich 3 mm (Sachverständiger Dipl.-Ing. J. T. in seiner Anhörung vor dem Senat vom 28. Oktober 2013, Bl. 776 der Akte). Die darüber hinausgehende Messungenauigkeit von insgesamt – inkl. Geräteungenauigkeit von 3 mm – 1 cm, die der Sachverständiger Dipl.-Ing. J. T. in seiner Anhörung vor dem Senat vom 28. Oktober 2013 angesprochen hat, ergibt sich aus der Unsicherheit des „Treffens“ des höchsten Punktes beim Anpeilen eines bestehenden Objekts zur Bestimmung der Höhe des Objekts. Sie gilt damit nicht für das Festlegen eines Höhenpunktes. Bei der Vermessung als solcher für die Errichtung eines Bauwerks besteht damit lediglich eine Toleranz von 3 mm.

Davon zu unterscheiden ist die Frage, inwieweit bei der Bauausführung als solcher wiederum nicht vermeidbare Abweichungen von der durch die Vermessung bestimmten Höhe bestehen. Die Beklagten behaupten insoweit Toleranzen für allgemeine bauliche Abweichungen von 1 bis 2 cm. Der Sachverständige Prof Dr.-Ing. K… ist dem im Hinblick auf die besonderen Anforderungen beim Bau eines beweglichen Wehres entgegengetreten mit der Erklärung, die beklagtenseits genannten Toleranzen seien „weit überhöht“ und auf Minimalwerte zu reduzieren. Der Senat geht auf dieser Grundlage davon aus, dass jegliche weiteren Toleranzen (Messungenauigkeit bei Einmessung auf kurze Distanz und allgemeine Bauausführungstoleranzen) bei der Bauwerkserrichtung insgesamt mit 1 cm hinreichend abgedeckt sind.

e) Gründe für ein Mitverschulden der Klägerin dafür, dass das Wehr zu niedrig gebaut wurde, sind nicht ansatzweise ersichtlich.

2. Schadensersatz wegen unterbliebene Planung eines Kolk- und Erosionsschutzes

Die Beklagten sind auch gemäß § 635 BGB a. F. dem Grunde nach verpflichtet, der Klägerin die infolge des unzureichenden Kolk- und Erosionsschutzes entstandenen Schäden zu ersetzen. Diesbezüglich ist der Anspruch allerdings um einen Mitverschuldensanteil der Klägerin von 50 % zu kürzen.

a) Geschuldete Werkleistung der aus den Beklagten gebildeten ARGE

Zur vereinbarten Beschaffenheit gehören alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Der vertraglich geschuldete Erfolg bestimmt sich auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit liegt vor, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck des Werkes nicht erreicht wird und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt. Die vereinbarte Beschaffenheit fehlt, wenn die Planung eines Architekten den nach dem Vertrag vorausgesetzten Zweck nicht erfüllt (BGHZ 197, 252, Rn. 12, m. w. Nw.).

Die aus den Beklagten gebildete ARGE schuldete aus dem Ingenieurvertrag eine Planung, bei der auf die durch das Gefälle zur Einlaufmuschel bestehenden Auswirkungen auf das Oberwasser besonders zu achten war, hier also auf die mögliche Erosion einer steilen Anböschung hinter einem nur fünf Meter vor dem Kraftwerkseinlauf befindlichen Brückenpfeiler. Die Planung musste so erfolgen, dass die Gründung des Brückenpfeilers nicht durch die vom zu errichtenden Kraftwerk bewirkten Strömungsverhältnisse gefährdet wird.

Dieser Vertragsinhalt ergibt sich im Einzelnen aus folgendem:

aa) Im Ingenieurvertrag vom 18. November 1998 (§ 1; Anlage K 6 a) ist der Gegenstand folgendermaßen beschrieben:

„Bauplanung, die statische Planung, die Bauvermessung, die Baukostenanfrage bei Baufirmen, die Bauoberleitung und die örtliche Bauleitung für das Wasserkraftwerk J… an der M….“

Die DIN 19752 Wasserkraftanlagen, Regeln für Planung und Betrieb, April 1986 (231 ff.) enthält für die Planung folgende Vorgaben:

Kap. 2 Planungsgrundlagen:

„Die Planung soll den gesamten Bereich vom Einlauf- bis zum Auslaufbauwerk der Wasserkraftanlage sowie Auswirkungen auf das Ober- und Unterwasser erfassen.“

bb) Es gibt in den in Bezug genommenen Unterlagen zum Ingenieurvertrag keine Vereinbarung, welche Aufgaben aus dem Ingenieurvertrag ausnimmt, soweit es um die Frage der Berücksichtigung der Auswirkungen auf das Ober- und Unterwasser geht, auch nicht im Angebot der Beklagten zu 1) vom 13. Oktober 1997 (Anlage K 8 a), in welchem unter der Rubrik „II. Aufgabentrennung“ im Wesentlichen, wie später im Ingenieurvertrag auch, die Maschinentechnik ausgenommen ist. Die ersten drei der vier dort genannten Punkte betreffen ausschließlich maschinenbauliche Fragen. Der vierte Punkt lautet: „Sie informieren uns über die zu erstellende Hauptbauform und die beabsichtigte Untergliederung und Bauabschnitte, die Zufahrt zum Baufeld, die erforderliche Hochwassersicherheit.“

Entsprechendes gilt für die Rubrik „III. Angebot“, Unterpunkt „4. Bauoberleitung und örtliche Bauleitung“ im genannten Schreiben. Auch dort werden bei der Benennung der „Leistungen Dritter“ schwerpunktmäßig die Arbeiten für die Maschinentechnik aufgeführt sowie „die Koordinierung sämtlicher Beteiligter“.

Demgegenüber wird unter „Unsere Leistungen“ (gemeint sind die der ARGE) insbesondere „die Aufsicht und Koordinierung des Baues, der Prüfung und Freigebung von Plänen“ aufgeführt (textlich im Wesentlichen identisch mit § 3 Nr. 4 des Ingenieurvertrags vom 18. November 1998, Anlage K 6 a, S. 3).

Da in beiden Leistungsbereichen als Aufgabe die „Koordinierung“ genannt ist – bauherrnseitig die „Koordinierung sämtlicher Beteiligter“ und auf Seite der Beklagten-ARGE die „Koordinierung des Baues“ -, bedarf es einer Auslegung, um die tatsächlich gewollte Abgrenzung festzustellen. Sieht man die Regelungen im Gesamtzusammenhang, so ist erkennbar gewollt, dass die vom Bauherrn vorzunehmende Koordinierung die Abstimmung zwischen der Beschaffung und dem Einbau der Maschinentechnik einerseits und den sonstigen Baumaßnahmen andererseits meint. Eine Aussage dahingehend, dass die ARGE sich bei ihren Planungsprüfungen nicht mit dem notwendigen Kolkschutz zu befassen hat, ist damit nicht verbunden. Der Kolkschutz ist nicht Bestandteil der Maschinentechnik, sondern seinerseits ein Bauwerk im engeren Sinne. Dies wird schon dadurch deutlich, dass der Kolkschutz sich bei richtiger Ausführung als Verlängerung der Einlaufmuschelbefestigung bis zum Brückenpfeiler darstellt. Genau in dieser Weise hat ihn die Beklagte zu 1) in ihren Planzeichnungen mit dem „Planungsstand 18.02.1999“ auch tatsächlich vorgesehen (Anlage K 15 a). Sie hat dort einen kompakten Steinsatz eingezeichnet (sowohl in der Draufsicht als auch in der Ansicht von Osten), um die steile Anböschung von der Oberkante der unmittelbaren Einlaufmuschel (Sohlhöhe dort: 69,20 m ü. NN) zum nur fünf Meter entfernt beginnenden Brückenpfeiler (Sohlhöhe dort: 71,75 m ü. NN) gegen Erosion (Schleppspannungserosion und Auskolkung) zu sichern. Die von der Beklagten zu 1) in diesen Plänen, welche sie dem Straßenbauamt Wittenberg übermittelt hatte, vorgesehene Sohlsicherung zeigt auch, dass sich die Beklagte zu 1) selbst auch für diesen Teil des Bauwerks, also die sohlsichernde Verlängerung der Einlaufmuschel zum Brückenpfeiler, verantwortlich fühlte.

Die Beklagten machen geltend, die Nichtverantwortlichkeit der ARGE für die Strömungsauswirkungen ergebe sich daraus, dass sie in ihrem Schreiben vom 15. September 1997 (BK 4) vorgegeben habe, der Auftraggeber habe zu klären: „erforderliche Hochwassersicherheit; Baufreiheit und Möglichkeit, an bestehende Brücke und angrenzende Ufergebäude baulich heranzurücken“. Hieraus soll sich nach Auffassung der Beklagten ergeben, dass die Auftraggeberseite ein „Einlauf- und Auslaufkonzept“ vorzugeben habe. Bei zutreffender Aussicht geht es aber bei den genannten Punkten allein darum, dass es im Verantwortungsbereich der Klägerin liegt, ob und gegebenenfalls wie weit an bestehende Objekte Dritter baulich herangerückt werden darf. Dies enthebt die Beklagte aber nicht davon, die Baumaßnahme als solche, auch in Bezug auf Auswirkungen zu den Drittobjekten hin (Brückenpfeiler und Uferbebauung) fachgerecht zu planen. Die Sicherung gegen Auskolkungs- und Schleppspannungserosion an der Sohle des Flusses ist auch keine allein dem Hochwasserschutz zuzuordnende Aufgabe.

b) Fehlerhafte Planung hinsichtlich des Kolkschutzes

Auf der Grundlage der Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständige Prof. Dr.-Ing. K… in seinem Gutachten vom August 2006 (Bl. 214 bis 230 der Akte) ist nachvollziehbar, dass an so steilen Böschungsneigungen wie der von den Beklagten zu 1) geplanten bei Strömung hohe Schleppspannungen auftreten, die beim im Umfeld des Brückenpfeilers vorhandenen sedimentierten Sohlmaterial einen Transportprozess (Erosion) auslösen, sofern dieses im Gefällebereich unbefestigt ist (Bl. 223 der Akte, unten). Der Prozess wird noch verstärkt, wenn sich – wie vorliegend – unmittelbar vor dem Beginn des Gefälles (Anböschung) ein Pfeiler im Fluss befindet und Nachlaufwirbel durch das im Wasser stehende Hindernis erzeugt werden, so dass eine Erosion in Form der sog. Kolkbildung zur durch die gefällebedingten Schleppspannung erzeugten Erosion hinzukommt (Bl. 224 der Akte, oben).

Der Sachverständige kommt zu dem nachvollziehbaren Ergebnis, dass die Sicherung der Gründung des Brückenpfeilers eine feste Sohlsicherung erfordert hätte. Er hat weiter nachvollziehbar ausgeführt, dass eine Verlängerung des Steinsatzes über die Einlaufmuschel hinaus bis zum Brückenpfeiler, wie sie im Planentwurf der Beklagten zu 1) zum „Planungsstand 18.02.1999“ noch vorgesehen war, eine geeignete Maßnahme gewesen wäre, um dem Pfeilerkolk zu begegnen (Bl. 226 der Akte, Nrn. (3) und (4)).

Damit steht fest, dass die Planung der Beklagten, die im weiteren Verlauf ab der Bauantragstellung keine Sohlsicherung mehr vorsah, in diesem Punkt nicht geeignet war, den mit dem Werk verfolgten Zweck zu erfüllen, und damit objektiv mangelhaft war.

c) Verschulden

Die Beklagte zu 1) beruft sich darauf, dass die ARGE sich auf die Aussagen des Wasserbauingenieurs F…, wonach keine besonderen Sohlsicherungsmaßnahmen erforderlich sind, habe verlassen dürfen. Es habe sich um Berechnungen eines hochspezialisierten s gehandelt.

aa) Inwieweit ein Planer auf die ihm übermittelten Angaben eines Auftraggebers – oder eines im Auftrag des Auftraggebers tätigen s – vertrauen darf, betrifft nicht die Mangelhaftigkeit des Werks des Planers, sondern ein eventuell zu verneinendes Verschulden an einem Mangel (BGHZ 197, 252, Rn. 14 a. E.)

Für die Beurteilung dieses Verschuldens gelten dieselben Grundsätze wie sonst bei der Einschaltung eines s: Fehlen einem Planer die erforderlichen Fachkenntnisse zur Beurteilung bestimmter Fragen, so muss er den Auftraggeber informieren und auf die Hinzuziehung der notwendigen Sonderfachleute hinwirken (BGHZ 147, 1, Rn. 18).

Ist ein  tätig gewesen, so wird vom Architekten grundsätzlich nicht erwartet, die Unterlagen des s auf ihre rechnerische Richtigkeit hin zu überprüfen (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl., Rn. 2942, für das Verhältnis zwischen Architekt und Statiker). Er muss sich aber vergewissern, ob der  von den gegebenen tatsächlichen Verhältnissen und den entsprechenden technischen Vorgaben ausgegangen ist (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl., Rn. 2502; 2942; etwa – beim Statiker – hinsichtlich der vorhandenen Bodenverhältnisse, BGH BauR 1971, 265). Erst recht muss er die Vorgaben des s beanstanden, wenn er positiv erkannt hat, dass Mängel vorhanden sind (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl., Rn. 2942). Stellt er dabei Fehler fest, hat er seine Bedenken gegenüber dem Bauherrn anzumelden (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl., Rn. 2502).

bb) Vorliegend durfte sich die ARGE nicht darauf verlassen, dass die Aussage des Wasserbauingenieurs F…, es sei am Brückenpfeiler keine Sohlsicherung erforderlich, zutrifft. Die ARGE hatte in mehrfacher Hinsicht Grund zu der Annahme, dass diese Aussage nicht zutrifft, weil der Beklagten zu 1) bekannt war, dass der Ingenieur F… von – grundlegend – anderen Voraussetzungen ausgegangen ist:

(1) Der ARGE war, wie die Beklagten zu 1) mit Schreiben an die Klägerin vom 10. Februar 1999 (Anlage K 1 q) dokumentierte, bekannt, dass nach den Bestandsplänen des Straßenbauamts W… der Kolkschutz (Spundwand) um 2,10 m weniger weit nach unten reicht als vom  zugrunde gelegt. Damit war ihr auch bekannt, dass das untere Ende jener Spundwand höher lag als die geplante obere Kante der befestigten Einlaufmuschel.

(2) Darüber hinaus war der ARGE bekannt, dass die von ihr in der Folge vorgesehene Anböschung von der Oberkante der Einlaufmuschel zum Brückenpfeiler wesentlich steifer ist als diejenige, die der Wasserbauingenieur F… seinen Berechnungen zugrunde gelegt hat (Höhendifferenz von 2,55 m statt 1,38 m auf 5 m horizontale Distanz).

Die ARGE hatte aus den vorgenannten Umständen auch zutreffend gefolgert, dass der Pfeiler der Brücke gefährdet ist (vgl. Schreiben vom 10. Februar 1999, Anlage K 1 q, und Zeugenaussage des bei der Beklagten zu 1) beschäftigten Bauingenieurs W… vom 21. Juni 2004, Bl. 138 der Akte). Dass unter diesen Voraussetzungen entweder eine grundlegende Neuberechnung durch einen  erforderlich ist oder, wenn diese unterbleibt, die Fundamente des Brückenpfeilers vorsorglich durch eine massive Sohlsicherung geschützt werden müssen, ist ohne Sonderkenntnisse geradezu mit Händen zu greifen und wurde – folgerichtig – von der Beklagten zu 1) in ihrem Plan mit dem „Planungsstand 18.02.1999“ (Anlage K 15 a) zunächst so vorgesehen (betonierte Steinsatzsicherung um den Brückenpfeiler herum stromabseitig).

cc) Das Wissen der ARGE, dass die vorliegende Einschätzung des s von (grundlegend) falschen tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, führt nicht dazu, dass die ARGE nun verpflichtet wäre, die genaue Beurteilung der Strömungsverhältnisse und daraus resultierenden Erosionswirkungen im Einzelnen selbst neu zu berechnen. Sie muss aber den Bauherrn klar und eindeutig darauf hinweisen, dass entweder die erneute Beurteilung durch einen Sonderfachmann erforderlich ist oder vorsorglich eine massive Absicherung gegen mögliche Erosion geplant und ausgeführt werden muss.

Diesen Anforderungen hat die ARGE nicht genügt. Zwar teilte die Beklagte zu 1) der Klägerin mit Schreiben vom 10. Februar 1999 (Anlage K 1 q) mit, dass der Wasserbauingenieur F… von falschen Voraussetzungen ausgegangen ist und angesichts der nun anhand der Bestandspläne festgestellten Lage der vorhandenen Spundwände um den Brückenpfeiler bei der Projektierung der Flusssohle nach den Plänen des Wasserbauingenieurs „eine Gefährdung“ gegeben wäre. Die Beklagte zu 1) teilte aber im genannten Schreiben auch abschließend mit, sie werde sich mit dem Straßenbauamt in Verbindung setzen.

Darüber hinaus fertigte die Beklagte zu 1) anschließend einen „vorläufigen Planentwurf Stand 18.02.1999“ (Anlage K 15 a), in welchem sie die Sohlhöhe am Brückenpfeiler um 1,17 m höher ansetzte als bei den Planungen des Wasserbauingenieurs F… zugrunde gelegt (auf nunmehr 71,75 m ü NN statt auf 70,58 m ü NN) und eine Sicherung des dadurch entstandenen steileren Gefälles (Anböschung) der Sohle um das Ende des Brückenpfeilers herum mittels in Beton verlegten Steinsatzes vorsah. Auf die Frage, warum die Beklagte zu 1) dem Straßenbauamt einen Plan mit entsprechender Sohlsicherung vorgelegt habe, hatte der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) im Termin vor dem Senat am 20. September 2012 formuliert, dies sei geschehen, um „das Projekt zu fördern“. Die Äußerung zeigt, dass die ARGE damit rechnete, dass das Straßenbauamt eine derartige Absicherung für erforderlich halten könnte, und sie deshalb dort den Eindruck erwecken wollte, bei den Planungen sei ein massiver Schutz der Gründung des Brückenpfeilers bereits vorgesehen. Der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) räumte im genannten Termin vor dem Senat ein, dass er den dem Straßenbauamt vorgelegten Plan vom 18. Februar 1999 (mit der Steinsatzsicherung um den Brückenpfeiler) dem Bauherrn, also der Klägerin, „wohl nicht gezeigt“ habe. Er schildert bei seiner informellen Befragung durch den Senat weiter, dass er sich „nicht daran erinnern (kann), inwieweit sich das Straßenbauamt zu diesem Plan und insbesondere der dort vorhandenen Sohlsicherung geäußert hat“, und er meine, „dass diese Sohlsicherung in die Pläne im Bauantrag vom 24.03.1999 nicht aufgenommen wurde, weil das Straßenbauamt nicht ausdrücklich erklärt hatte, dass diese Sicherung erforderlich ist.“ (Protokoll vom 20. September 2012, S. 3, Bl. 629 der Akte). Im Termin vom 29. November 2012 hat der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) auf die Frage des Senats, wie es dazu gekommen sei, dass im Baugenehmigungsplan die Sohlsicherung nicht mehr enthalten ist, erklärt, dies sei im Zuge der „Fortentwicklung“ des Projekts entstanden, „wohl“ in Abstimmung mit der Klägerin. Eine Kontaktaufnahme seinerseits mit dem Straßenbauamt, ob diese Änderung dort gebilligt werde, habe es nicht gegeben.

Zusammengefasst ergibt sich daraus: Die ARGE hat in Kenntnis dessen, dass die Bestandssituation des Kolkschutzes von den Annahmen des Sonderfachmanns ungünstig abweicht, der Klägerin mitgeteilt, sie – die ARGE – werde sich mit dem Straßenbauamt in Verbindung setzen. Diesem Amt hat die ARGE dann einen – der Klägerin nicht bekannten – Plan mit massivem Kolkschutz vorgelegt. Das Straßenbauamt hat sich hierzu (möglicherweise) nicht weiter geäußert, hatte dazu aber auch kaum Anlass, weil es nach den Plänen annehmen durfte, der Brückenpfeiler werde hinreichend gesichert. Den Umstand, dass das Straßenbauamt nicht ausdrücklich erklärt hatte, es halte die im Plan vorgesehene Sicherung für erforderlich, hat die ARGE zum Anlass genommen, die Sicherung in die Pläne für den Bauantrag vom 24. März 1999 nicht aufzunehmen und in die Pläne dort lediglich – in kleiner Schrift – den Vermerk aufzunehmen: „bedarfsweise Sohlsicherung Peiler in Absprache mit Straßenbauamt und Bauleitung“.

Die pauschale Behauptung der Beklagten, sie „denken“, dass der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) die Klägerin „allgemein auf die Problematik der unklaren bestehenden Sicherung des Brückenpfeilers, etwa durch Spundwände, angesprochen“ und erklärt habe, dass er „für diese Planungen nicht zuständig sei“ (Protokoll vom 20. September 2012, S. 3, Bl. 629 der Akte), hat der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) in der ausführlichen mündlichen Anhörung durch den Senat trotz Nachfrage weder zeitlich noch situativ näher eingegrenzt. Auch die dem Senat vorliegenden Schreiben der ARGE aus der Bauphase belegen lediglich Hinweise auf die Gefährdung des Brückenpfeilers, nicht aber eine Erklärung der Beklagten, hierfür nicht zuständig zu sein.

Der Senat ist angesichts der vorstehend festgestellten Abläufe unter Berücksichtigung des vorliegenden Schriftverkehrs und des gesamten Inhalts der Verhandlungen davon überzeugt, dass die ARGE dem von ihr selbst erzeugten Eindruck, sie würde die erforderlichen Abstimmungen im Hinblick auf die Kolksicherung mit dem Straßenbauamt vornehmen, während der Bauzeit niemals entgegengetreten ist. Die Pflichtverletzung der ARGE bekommt dabei besonderes Gewicht dadurch, dass die ARGE durch ihr Vorgehen die Gefahr, dass notwendige Kontrollen der beteiligten Behörden nicht stattfinden, erhöht hat: Das Straßenbauamt hatte aufgrund der ihm vorgelegten Pläne (mit Steinsatzsicherung) den Schutz der Gründung des Brückenpfeilers zumindest zunächst als gesichert angesehen und die Bauordnungsbehörde hatte angenommen, erforderliche Abstimmungsarbeiten zur Pfeilersicherung würden bauseits mit der Straßenbaubehörde vorgenommen, ohne dabei zu wissen, dass dem Straßenbauamt Pläne vorgelegt wurden, die bei der Kolkschutzsicherung von denjenigen, mit denen der Bauantrag gestellt wurde, abweichen.

Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus der Besprechungsnotiz vom 24. Februar 1999 (verfasst vom Bauleiter der Klägerin, Herrn H…, Anlage K 14 a). Sie bezieht sich auf die Begutachtung des Brückenpfeilers als solchem. Zur Überprüfung ihres Zustands bestand Anlass, nachdem festgestellt worden war, dass es entgegen der Bestandspläne überhaupt keine Spundwand gab, sondern bei einer früheren Brückensanierung lediglich „30 Pfähle in vorh. Pfeiler gebohrt” worden waren. Die Frage, ob sich der Kolkschutz durch Steinsatz nunmehr erübrigt, wird darin dagegen nicht thematisiert. Dies liegt im Übrigen auch deshalb fern, weil Erkenntnisse über eine noch ungünstigere Bestandssituation regelmäßig nicht dazu führen, dass sich die Anforderungen an Schutzmaßnahmen reduzieren.

d) Entbehrlichkeit einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung

Da sich der Planungsmangel bereits im vollendeten Bauwerk verwirklicht hat, kann der Schaden durch eine Nacherfüllung (also nachträgliche mangelfreie Planung) nicht mehr beseitigt werden (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl., Rn. 2167, m. w. Nw.), so dass schon aus diesem Grund eine Fristsetzung zur Nacherfüllung mit Ablehnungsandrohung (§ 634 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F.) als Anspruchsvoraussetzung für den streitgegenständlichen Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB a. D. entbehrlich ist.

Darüber hinaus hat die von den Beklagten gebildete ARGE auch vorgerichtlich jegliche Verantwortlichkeit auch für diesen Mangel so kategorisch abgestritten, dass die Fristsetzung auch nach § 634 Abs. 2 BGB a. F. entbehrlich wäre.

e) Mitverschulden

aa) Grundsätzlich ergibt sich ein Mitverschulden des Bauherrn nicht daraus, dass er die Planungen seines Architekten nicht überprüft. Etwas anderes gilt aber, wenn die Ursache für den Planungsfehler auch darin liegt, dass es an tauglichen Leistungen eines Sonderfachmanns fehlt und – wie vorliegend – die Zuständigkeit für dessen Beauftragung beim Bauherrn liegt.

Der Klägerin war ebenso wie der ARGE bekannt, dass die Vorleistungen des Sonderfachmanns F… zu den wasserbaulichen Fragen (Veränderungen der Strömungsverhältnisse infolge des Kraftwerksneubaus und Auswirkungen auf die Flusssohle) von falschen Voraussetzungen hinsichtlich des am Brückenpfeiler vorhandenen Kolkschutzes ausgegangen sind und damit für die weitere Planung keine Grundlage bilden konnten. Die Klägerin hatte über ihren Bauleiter H… ebenfalls Kontakt mit dem Straßenbauamt. Dieser hatte insbesondere an einer Besprechung mit Vertretern des Straßenbauamts am 24. Februar 1999 teilgenommen, in welcher das völlige Fehlen des ursprünglich angenommenen Bestandskolkschutzes durch Spundwände angesprochen wurde. Über die Besprechungsergebnisse war die Geschäftsleitung der Klägerin jeweils zeitnah informiert worden.

Vor diesem Hintergrund wäre die Klägerin in der selben Weise wie die ARGE gehalten gewesen, aktiv auf eine Klärung dazu hinzuwirken, ob der Kolkschutz am Brückenpfeiler vor der Einlaufmuschel trotz – allseits bekannten – Fehlens einer tragfähigen Expertise eines Sonderfachmanns gewährleistet ist. Der Senat bewertet das Mitverschulden der Klägerin daher hinsichtlich des mangelhaften Kolkschutzes mit 50 %.

bb) Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass folgende Umstände kein Mitverschulden der Klägerin begründen:

(1) Die Lage des Kraftwerkseinlaufs in der Flussmitte war bei Vertragsschluss vorgegeben. Die Beklagten schuldeten also die Planung eines funktionstauglichen Kraftwerksbaus mit Turbinenhaus und Einlauf in der Flussmitte (mit Ausnahme der Maschinentechnik, die vereinbarungsgemäß Sache der Klägerin war). Einen Bauherrn trifft kein Mitverschulden für Planungsmängel, weil das von ihm in Auftrag gegebene Werk anspruchsvoller ist als ein denkbares anderes Werk. Etwas anderes gilt nur, wenn das Werk so wie bestellt nicht tauglich herstellbar ist und der Bauherr trotz entsprechenden Hinweises des Planers auf der Werkerstellung besteht. Dies war aber vorliegend nicht der Fall. Mit der zunächst von den Beklagten selbst vorgesehenen Sohlbefestigung mittels Steinsatzes wäre das Werk mangelfrei erstellbar gewesen.

(2) Die Rechenreinigungsanlage hat mit dem Auskolkungsschaden nichts zu tun. Sie hätte ihn zum einen nicht verhindern können, zum anderen war aber auch ihr Zweck nicht die Entnahme von Sedimenten und Geschiebe, sondern die Befreiung des Grobrechens vor dem Turbineneinlauf von Schwimmstoffen, wenn diese den Rechen verlegt haben (vgl. Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. K… vom August 2006, S. 12, Bl. 225 der Akte, Mitte).

(3) Ebensowenig hätte ein Spülkanal den Auskolkungsschaden verhindert. Dieser wäre allenfalls eine von verschiedenen technischen Möglichkeiten gewesen, oberhalb der Staustufe abgelagertes oder sich im Laufe der Betriebszeit ablagerndes Material zu entfernen (vgl. Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. K… vom August 2006, S. 12, Bl. 225 der Akte, unten).

(4) Soweit, wie von den Beklagten geltend gemacht, die erste Inbetriebnahme der Anlage vor Installation der nach Nr. 2.6 der wasserrechtlichen Bewilligung vom 9. November 1998 (Anlage K 5 a) vorgeschriebenen Messeinrichtungen erfolgt sein sollte, ist dies für die Auskolkungsschäden schon allein deshalb ohne Bedeutung, weil es dort um Geräte zur Aufzeichnung der Ober- und Unterwasserstände geht, also nicht um Strömungsgeschwindigkeiten am Flussuntergrund.

(5) Schließlich spielte auch die von den Beklagten behauptete erstmalige Inbetriebnahme der Anlage durch die Klägerin vor behördlicher Abnahme für ein Mitverschulden der Klägerin für die mangelhafte Sohlsicherung als solche keine Rolle. Ein Planer hat keinen seine eigenen vertraglichen Pflichten mindernden Anspruch darauf, dass seine Planungs- und Bauüberwachungsfehler von öffentlichen Stellen korrigiert werden.

(6) Der Senat musste sich für die vorliegende Entscheidung auch nicht damit befassen, ob die Klägerin – wie die Beklagten meinen – verpflichtet gewesen wäre, den ersten Probebetrieb schrittweise mit größeren Zeitabständen bei ständiger Kontrolle der Sohlstabilität durchzuführen.

Der Senat würde eine derartige rechtliche Verpflichtung im Verhältnis zum Planer verneinen, weil – fachgerechte Planung und Bauausführung vorausgesetzt – nahe liegt, dass ein Bauherr von der Funktionsfähigkeit des Werks ausgehen darf und nicht verpflichtet ist, erst vorsichtig zu testen, ob das Werk vertragsgerecht ist. Unabhängig davon würde aber, selbst wenn man auch im Verhältnis zwischen Planer und Bauherrn eine derartige Pflicht des Bauherrn bejahen würde, dies allenfalls dafür eine Rolle spielen, ob die Klägerin es (pflichtwidrig) unterlassen hat, den Schaden zu mindern (§ 254 Abs. 2 BGB a. F.). Dies betrifft jedoch nicht den Anspruchsgrund und das für dessen Entstehung relevante Mitverschulden, sondern die Schadenshöhe und wäre damit gegebenenfalls erst im Betragsverfahren zu berücksichtigen.

3. Schadensersatz wegen Abbrechens der Spundwände ohne vorheriges Ausbaggern

Die Beklagten haften auch gemäß § 635 BGB a. F. für Schäden, die der Klägerin dadurch entstanden sind, dass das vor der für den Bau errichteten Spundwand (um die Einlaufmuschel herum) abgelagerte Geschiebe und Sediment nicht vor Abbruch der Spundwände auf den geplanten Sohlverlauf des Flusses ausgebaggert wurde. Auch diese Ansprüche sind um einen 50 %igen Mitverschuldensanteil der Klägerin zu kürzen.

Vollständig auszunehmen von dieser Haftung sind allerdings eventuelle Schäden an der Turbine und sonstigen Maschinenteilen, welche im alleinigen Verantwortungsbereich der Klägerin liegen.

a) Bei diesem Haftungsgrund geht es um die Beseitigung von Sedimenten und Geschiebe, welche sich vor der während des Baus wie ein Damm im Wasser stehenden Spundwand angehäuft haben, die um die spätere Einlaufmuschel geschlagen wurden, um eine trockene Baugrube im Flussbett zu schaffen.

Die Frage, ob und wie diese Sedimente zu entfernen sind, betrifft also letztlich eine fachgerechte „Baustellenreinigung“ bei Abschluss des Bauvorhabens. Sie ist damit Gegenstand der Bauüberwachung, welche nach dem Ingenieurvertrag ebenfalls von der aus den Beklagten gebildeten ARGE geschuldet war.

b) Der Sachverständige Prof. Dr.-Ing. K… hat in seinem Gutachten vom August 2006 nachvollziehbar ausgeführt, dass die Beseitigung von Material, welches oberhalb einer Staustufe abgelagert ist, durch Abschwemmen durch eine Turbine nicht fachgerecht ist, nachdem dieses nicht nur aus sedimentierten feinen Schwebstoffen bestehe, sondern auch Grobsand und Kies (Geschiebe) bis zu größeren Gesteinsbrocken anfallen könnten (Gutachten vom August 2006, S. 11, Bl. 224 der Akte). Zur Entfernung solchen Materials, welches sich nicht nur in der Bauzeit, sondern auch im Laufe der Betriebszeit wieder anlagere, gebe es mehrere technische Möglichkeiten. Entweder müsse in gewissen Zeitabständen, abhängig von der Menge, eine Ausbaggerung erfolgen (sog. temporäre Maßnahme) oder es müssten als bauliche Einrichtungen Spülkanäle oder Geschiebeschleusen vorgesehen werden, über welche sedimentierte Feststoffe störungsfrei in das Unterwasser wettergeleitet werden könnten (Gutachten vom August 2006, S. 11, Bl. 224 der Akte).

Daraus ergibt sich, dass eine Bauüberwachung, die nicht darauf hinwirkt, dass eine der genannten fachgerechten Maßnahmen ergriffen wird, mangelhaft ist.

c) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat unter Berücksichtigung der vorhandenen Schriftstücke davon überzeugt, dass die Möglichkeit, die vorhandenen Sedimente vor der die Einlaufmuschel umgebenden Spundwand durch die natürliche Strömung abschwemmen zu lassen, zwischen sämtlichen Beteiligten erörtert wurde, wobei von keiner Seite Widersprüche angemeldet wurden und die Entscheidung, schlussendlich die Sedimente durch die Turbinen abzuschwemmen, auch auf die Billigung durch die Beklagte zu 1) zurückzuführen ist.

In einer vom Zeugen W… (Bauingenieur der Beklagten zu 1)) nachträglich gefertigten Aktennotiz (Anlage K 22 a) über eine Besprechung vom 6. Dezember 2000 hat dieser als Ergebnis der Besprechung u. a. festgehalten: „Ein weiteres Ausbaggern der im Fluss vorhandenen Anlandungen ist nicht mehr notwendig.“ Teilnehmer der Besprechung waren u. a. die Geschäftsführer der Klägerin und der Beklagten zu 1), die auf beiden Seiten tätigen Bauleiter H… und W… und zwei Mitarbeiter der Baufirma B… (S… und K…). Dazu, wie diese Auffassung zustande kam, wurden erstinstanzlich die Zeugen W… (Bauingenieur bei der Beklagten zu 1) und H… (Mühlbautechniker bei der Klägerin) vernommen.

Eine Überzeugungsbildung dahingehend, dass dieses Vorgehen ein Vorschlag der Beklagten zu 1), konkret des für sie tätigen Bauingenieurs W… war, ist auch dem Senat nicht möglich. In keiner der vorhandenen Notizen ist aus sich heraus nachvollziehbar dokumentiert, von wem ein entsprechender Vorschlag stammte. Die Angaben der Zeugen, welche dreieinhalb Jahre nach den Vorgängen vernommen wurden, waren davon gekennzeichnet, dass Detailerinnerungen an die Gespräche erkennbar kaum mehr vorhanden waren und sich Annahmen zu Äußerungen einzelner Beteiligter eher auf Schlussfolgerungen denn auf konkrete Erinnerungen an den Vorgang als solchen stützten.

So äußerte der Zeuge H… nur allgemein, es sei „ein Vorschlag von Herrn W… und keine Anordnung meinerseits“ gewesen, „das Material der Natur zu überlassen“, Herr W… habe „letztlich“ in einer Baubesprechung geäußert, dass Anlandungen durch die Turbine entsorgt werden könnten (Protokoll vom 21. Juni 2004, S. 13, Bl. 147 der Akte).

Der Zeuge W… hat geschildert, er habe in seiner handschriftlichen Notiz vom 4. Dezember 2000 (Anlage K 19 a) die „Wünsche des Herrn H… aufgenommen und in Untergliederung mit Pfeilen niedergelegt“ (Protokoll vom 21. Juni 2004, S. 9, Bl. 143 der Akte). In der genannten Aktennotiz ist unter dem dritten Pfeil enthalten: „vorderhalb liegende Sohle > 69,20 wird sich durch Wasserabströmung der WKA ausgleichen, d. h. Ausbaggerung nicht notwendig!“ (Anlage K 19 a). Nachdem die Bauherrschaft ein versierter Wasseranlagenbetreiber gewesen sei, habe er keine Notwendigkeit gesehen, dieser Vorgehensweise zu widersprechen, da es wegen der Natur des Gewässers naheliege, dass Sedimente wieder abgetragen würden (Protokoll vom 21. Juni 2004, S. 9, Bl. 143 der Akte). „Man“ habe sich, so der Zeuge W… weiter, zunächst darauf verständigt, auszubaggern, dies aber dann eingestellt, weil „man sich auf das auf natürliche Art und Weise erfolgende Wegschwemmen“ verlassen habe (Protokoll vom 21. Juni 2004, S. 8, Bl. 142 der Akte). Es sei wieder um Kostenersparnis gegangen, er, der Zeuge W…, gehe davon aus, dass dies in den Baubesprechungen geäußert worden sei, ohne sich hieran wortwörtlich erinnern zu können.

Trotz der bereits Anfang Dezember 2000 gemeinsam erörterten und grundsätzlich gebilligten Möglichkeit, angelagerte Sedimente nicht auszubaggern, sondern nach dem Abbruch der Bauspundwände abschwemmen zu lassen, hat die Klägerin am 19. Dezember 2000 die Baufirma B… mit dem Ausbaggern beauftragt, verbunden mit der Anordnung, damit sofort zu beginnen (Anlage B 3 d, 2. Blatt). Dieser Auftrag wurde allerdings wegen der anschließenden Insolvenz der Firma B… nicht mehr ausgeführt. Im Anschluss hieran hat die Klägerin von der Beauftragung eines anderen Unternehmens abgesehen und die bereits Anfang Dezember 2000 von allen Beteiligten gebilligte Variante der Sedimentbeseitigung durch natürliches Abschwemmen nach Abbruch der Spundwände gewählt. Dass die ARGE dazu nach der Insolvenz des Bauunternehmens erneut zu Rate gezogen wurde, steht nicht fest. Die durch die Billigung des natürlichen Abschwemmens Anfang Dezember 2000 begründete (Mit-)Haftung der Beklagten wird jedoch nicht dadurch aufgehoben, dass die Klägerin sich zwischenzeitlich entschieden hatte, doch einen Auftrag zum Ausbaggern zu erteilen und von diesem wegen der Insolvenz der Baufirma wieder Abstand genommen und zu der Anfang Dezember 2000 allseits gebilligten Methode zurückgekehrt ist.

d) Die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nach § 633 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. war aus den gleichen Gründen entbehrlich wie bei den übrigen Mängeln. Eine Nachbesserung der Bauüberwachungsleistung hätte den eingetretenen Schaden nicht mehr verhindern können.

e) Auch hinsichtlich dieser Maßnahme bewertet der Senat das beiderseitige Verschulden als gleichwertig. Die Klägerin hat nicht einfach eine Entscheidung der ARGE vollzogen. Zum einen ist schon nicht feststellbar, dass – wie klägerseits behauptet – die Beklagte zu 1) das Vorgehen aktiv vorgeschlagen hatte. Die der ARGE nachgewiesene Pflichtverletzung kann nach Beweislastgrundsätzen nur darin gesehen werden, das Abschwemmen zu billigen. Darüber hinaus wird der eigenverantwortliche Beitrag der Klägerin zur Entscheidung für das Abschwemmen aber auch dadurch deutlich, dass sie selbst zunächst noch am 19. Dezember 2000 die Baufirma B… mit dem – fachgerechten – Ausbaggern beauftragt hatte und erst deren Insolvenz zum Anlass genommen hatte, hiervon doch wieder abzusehen.

f) Der den Beklagten zuzurechnende Schaden erstreckt sich allerdings nicht auf eventuelle Schäden an den Maschinen der Kraftwerksanlage. Diese liegen nach der im Ingenieurvertrag vorgenommenen Risikoverteilung im alleinigen Verantwortungsbereich der Klägerin. Dementsprechend hatte der Zeuge H… (Mühlbautechniker der Klägerin), wie er in seiner erstinstanzlichen Vernehmung bestätigt hat, beim Turbinenhersteller V… angefragt, ob eine Beschädigung durch den abzuschwemmenden Sand möglich sei, was dieser verneint habe (Protokoll vom 21. Juni 2004, S. 14, Bl. 148 der Akte). Sowohl aus Sicht der Klägerin als auch aus Sicht der Beklagten (ARGE) war es also allein Sache der Klägerin, zu prüfen, ob die Maschinen des Kraftwerks durch das Abschwemmen gefährdet werden.

4. Feststellungsantrag

Die Klägerin hat mit ihrer letzten Klageänderung (Schriftsatz vom 23. Oktober 2009, Bl. 405 ff. der Akte) ausdrücklich erklärt, ihr Feststellungsantrag beziehe sich nunmehr nur noch auf den Schaden, der möglicherweise dem Land XY wegen Schäden am Brückenpfeiler zu ersetzen ist. Der im selben Schriftsatz gestellte Feststellungsantrag war daher anhand seiner Begründung entsprechend auszulegen.

Da derartige Schäden lediglich als Folge des unzureichenden Kolkschutzes denkbar sind, nicht aber dadurch entstanden sein können, dass die während der Bauzeit an der Spundwand vor der Einlaufmuschel angelagerten Sedimente nicht ausgebaggert wurden, war dem Feststellungsantrag nur hinsichtlich der erstgenannten Schadensursache stattzugeben.

5. Verjährung

Die Ansprüche sind nicht verjährt. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die in diesem Punkt uneingeschränkt zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils (dort Nr. 7) Bezug.

6. Hinweise zum weiteren Verfahren – Schadenshöhe

Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass bei der Schadenshöhe insbesondere beim Kolkschutz und beim unterbliebenen Ausbaggern in erheblichem Maße Sowiesokosten im Raum stehen, die nicht ersatzfähig sind. Sowohl für die Sohlsicherung als auch für das Ausbaggern wären auch dann, wenn beides auf der Grundlage fachgerechter Planung bzw. Bauüberwachung von Anfang an erfolgt wäre, Kosten angefallen.

C.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Soweit Rechtsfragen berührt waren, folgt der Senat der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Verfahrensentscheidend sind vorliegend im Wesentlichen tatrichterliche Fragen der Feststellung tatsächlicher Umstände unter Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen (mit persönlichen Anhörungen der Geschäftsführer der Parteien und Auswertung der vorgelegten Unterlagen) und des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme.

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