OLG Koblenz – Az.: 5 U 1270/15 – Beschluss vom 11.05.2016
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 29. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Koblenz und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des angefochtenen Urteils bzw. hiesigen Beschlusses vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 34.103,22 € festgesetzt.
Gründe
I. Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes sowie der erst- und zweitinstanzlich gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Koblenz vom 29. Oktober 2015 (Bl. 227 ff. GA), den Beschluss des Senats vom 11. April 2016 (Bl. 340 ff. GA) sowie die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und die Beiakte Bezug genommen.
II. Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 29. Oktober 2015 ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
Die gegen eine Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO angeführten Einwände gebieten keine andere Verfahrensweise. Das Erfordernis der offensichtlichen Erfolglosigkeit setzt nicht voraus, dass die Aussichtslosigkeit der Berufung gewissermaßen auf der Hand liegt. Vielmehr kann sie auch das Ergebnis vorgängiger gründlicher Prüfung sein (Ball, in: Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 522 Rn. 21 m.w.N.). Allein der Verfahrensfehler des Landgerichts berührt die Frage der Offensichtlichkeit – anders als der Kläger offenbar meint – daher nicht. Eine Vorgehensweise nach § 522 Abs. 2 ZPO ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Senat die Klageabweisung auf gegenüber der Begründung des Landgerichts abweichende rechtliche Gesichtspunkte stützt. Ein Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO mag in dieser Konstellation nicht immer geeignet erscheinen; zwingend ausgeschlossen ist es nicht. Lässt sich das unrichtige oder verfahrensfehlerhaft zu Stande gekommene Urteil erster Instanz mit anderer Begründung aufrechterhalten, darf die Berufung vielmehr durch Beschluss zurückgewiesen werden, wenn das Berufungsvorbringen nach entsprechendem Hinweis auch insoweit keinerlei Erfolgsaussicht bietet (Ball, a.a.O., Rn. 21a m.w.N.). Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die vom Senat herangezogenen rechtlichen Gesichtspunkte im Zentrum der erstinstanzlichen Auseinandersetzung der Parteien standen. Beide Parteien haben eingehend zu den für die Beurteilung der von der Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung maßgebenden tatsächlichen Umständen vorgetragen. In dieser Konstellation kann auf der Grundlage des umfassend von den Parteien aufbereiteten Sachverhalts ohne weiteres auch mit der ausgetauschten Begründung eine Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO erfolgen. Gesichtspunkte, die eine mündliche Verhandlung gebieten, zeigt der Kläger nicht auf.
III. Zur Begründung der Zurückweisungsentscheidung in der Sache wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats (Bl. 340 ff. GA) Bezug genommen. Die Gegenerklärung des Klägers im Schriftsatz vom 2. Mai 2016 (Bl. 353 ff. GA) gebietet keine abweichende Beurteilung.
1. Der Senat geht auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Klägers vom Vorliegen der Voraussetzungen einer sog. konkludenten Abnahme aus.
a) Soweit der Kläger anführt, aufgrund der Geschehensabläufe vor der Stellung der Schlussrechnung bzw. Ingebrauchnahme im April 2006 könne auch unter Berücksichtigung des Aufbaus auf die Werkleistung durch weitere Bauunternehmen nicht von einer konkludenten Abnahme ausgegangen werden, unterzieht er den Sachverhalt einer einseitigen Bewertung.
Das vom Kläger angeführte Verhalten, das einer konkludenten Abnahmeerklärung entgegenstehen soll, erstreckt sich zunächst bis zum Schreiben vom 19. Februar 2006 (Anlage K15). Hieraus entnimmt der Kläger eine Beanstandung, die für die gesamte Zukunft einer konkludenten Abnahme entgegenstehen soll. Allerdings blendet der Kläger hierbei aus, dass sich die Sachlage nach der unstreitig erfolgten Abstimmung der Parteien über Meinungsunterschiede zur bisherigen Abrechnung und Leistungserbringung Mitte Februar 2006 geändert hat. Mitte Februar 2006 lagen lediglich erste Abschlagsrechnungen vor. Insoweit wurde über Abrechnungsfaktoren gestritten und letztlich eine Übereinkunft erzielt (vgl. auch die Aussage des Klägers als Zeuge im Werklohnprozess; Bl. 115 GA zu 7 C 655/07 – AG Sinzig: „Ich habe dann am 16. Februar die Klägerin aufgesucht. (…) Grund war die überhöhte Schlussrechnung. (…) Wir haben uns dann (…) geeinigt.“). Die Leistungsausführung selbst war zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen. Es entspricht dem beiderseitigen Vortrag, dass die Beklagte nach dem Gespräch Mitte Februar 2006 weitere Leistungen ausgeführt hat. Gerade hierauf wollte der Kläger auch mit seinem Schreiben vom 19. Februar 2006 (Anlage K15), dessen Inhalt anschließend nicht mehr thematisiert wurde, hinwirken. In seinem Schriftsatz vom 2. März 2015 (Bl. 131 ff. GA) trägt er vor, im Werklohnprozess sei über die Rechnungen vom 16. März 2006 „über die nach dem 16. Februar 2006 ausgeführten Arbeiten“ gestritten worden. Es kam also – wie auch die Beklagte vorgetragen hat – zur Fortsetzung der Leistungsausführung. Insofern ist gerade kein Sachverhalt gegeben, nach dem der Auftraggeber die Abnahme verweigert bzw. Mängel gerügt hat und deshalb mangels entsprechenden Tätigwerdens des Auftragnehmers auch bei Nutzung der Werkleistung keine Grundlage für eine konkludente Abnahme gegeben ist.
Eine der konkludenten Abnahme entgegenstehende Erklärung bzw. ein entsprechendes Verhalten hat der Kläger nicht vorgetragen. Die Verweigerung der Bezahlung der Rechnungen vom 16. März 2006 erfolgte (wiederkehrend) unter Verweis auf die Mängelrüge vom 7. Juli 2006, die aber nach Ablauf der Prüfungsfrist vorgenommen wurde. Dem Vorbringen des Klägers – auch im Werklohnprozess – ist keine vorhergehende Mängelrüge zu entnehmen. Insofern ist aufgrund des unstreitigen Geschehensablaufs von einer Abnahme auszugehen.
b) Die Beanstandung der vom Senat zugrunde gelegten Prüfungsfrist rechtfertigt kein abweichendes Ergebnis. Die Länge der angemessenen Prüfungsfrist wird durch die allgemeine Verkehrserwartung bestimmt. Sie hängt also von den Umständen ab. Insbesondere die Art des Gewerks ist hierbei zu berücksichtigen. Soweit der Kläger daher auf eine auch vom Senat im Hinweis angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofes verweist, in der für das Gewerk eines Tragwerksplaners eine dreimonatige Prüfungsfrist aus revisionsionsrechtlicher Sicht nicht beanstandet wurde (BGH, NJW-RR 2010, 748), kann dem keine bindende Vorgabe für die hiesige Konstellation entnommen werden. Gerade bei Sonderfachleuten, Statikern und Architekten kann die Prüfungsfrist mit mehreren Monaten anzusetzen sein. Hiervon unterscheidet sich der vorliegende Fall grundlegend. Die Innenausbauarbeiten der Beklagten sind überschaubar und zwar sowohl ihrer Art als auch ihres Umfangs nach. Die Beanstandungen des Klägers betreffen auch erkennbare Erscheinungsbilder. Insofern hält der Senat daran fest, dass bei dieser Sachlage eine Prüfungsfrist von sechs bis acht Wochen angemessen ist (vgl. auch OLG Jena, Urteil vom 14. Juli 2009 – 5 U 736/06, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 2012 – VII ZR 143/09).
c) Soweit für den Kläger „nicht ersichtlich“ ist, wann er sich auf einen erst nach der Abnahme eröffneten Nacherfüllungsanspruch nach § 635 BGB berufen haben soll, ist auf seinen Schriftsatz im Verfahren 7 C 655/06 vor dem Amtsgericht Sinzig vom 27. Februar 2007 (dort S. 2) zu verweisen. Dort hat er auf eine entsprechende gerichtliche Nachfrage klargestellt, hinsichtlich der Mängelrechte Nacherfüllung zu verlangen. Hinsichtlich der Deckenauslässe kommt aufgrund der durchgeführten Selbstvornahme im Jahr 2006 ohnehin keine Berufung auf eine fehlende Abnahme in Betracht.
d) Es besteht auch keine Bindung an die Rechtskraft der Entscheidung des Landgerichts Koblenz im Werklohnprozess (6 S 146/12). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes erwächst im Falle der Abweisung eines Zahlungsanspruchs als noch nicht fällig lediglich in materielle Rechtskraft, dass der Kläger bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gegen den Beklagten keinen zur Zahlung fälligen Anspruch hatte (vgl. nur BGH, NJW-RR 2011, 1528). Hiermit setzt sich der Kläger nicht inhaltlich auseinander, indem er die Auffassung des Senats lediglich negiert und eine umfassendere Rechtskraftwirkung befürwortet.
2. Der Kläger kann dem Verjährungseinwand auch nicht entgegenhalten, der Beklagte habe ihm die Mängel arglistig verschwiegen, weshalb die regelmäßige Verjährung gelte (§ 634a Abs. 3 BGB). Er vertritt nunmehr die Auffassung, die von ihm bereits im Juli 2007 gerügten Mängelsymptome seien für die Verjährungshemmung nicht maßgeblich, da nicht als möglich voraussehbare Schadensfolgen gegeben seien. Diese Sichtweise trifft den gegebenen Sachverhalt nicht im Kern. Bei dem Schadensbild, das der Kläger dem gerügten und im Werklohnprozess sachverständig aufgeklärten Mangelsymptom zuordnet, handelt es sich nicht um eine Schadensfolge. Vielmehr geht es um die Tragweite des Mangels. Es hat sich gerade nicht eine spätere Schadensfolge verwirklicht. Der Kläger hat das Schadensbild symptomartig gekannt, ist aber von einem geringeren Schadensumfang ausgegangen. Erforderlich ist für den Verjährungsbeginn aber nur die Kenntnis des Schadens dem Grunde, nicht auch seiner Höhe und seinem Umfang nach (vgl. auch BeckOK/Henrich/Spindler, Ed. 38, § 199 Rn. 26). Bei dieser Sachlage ist – wenn nicht bereits aufgrund der unstreitigen Kenntnis des Mangelsymptoms vom Verjährungsbeginn auszugehen ist – zumindest von der grob fahrlässigen Unkenntnis auszugehen, da es nicht mehr nachzuvollziehen ist, bei bekannten Mangelsymptomen eine Abklärung des Umfangs des Schadensbildes zu unterlassen und mit einer Rechtsverfolgung zuzuwarten.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung des § 3 ZPO bestimmt.