OLG Stuttgart – Az.: 10 U 132/15 – Urteil vom 26.06.2017
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28.09.2015, Az.: 3 O 20/15, über den rechtskräftigen Teil, insbesondere einen Zahlanspruch von 45.605,86 €, sowie über das Teilurteil des Senats vom 10.05.2016 (u.a. Kostenvorschussanspruch in Höhe weiterer 58.299,89 €) hinaus wie folgt abgeändert:
a) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 60.501,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 30.09.2014 zu bezahlen.
b) Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 2.975,00 € erledigt ist.
c) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle Aufwendungen und Schäden wegen folgenden weiteren Mangels am Gebäude … Straße in … zu ersetzen:
– überlange Ausstoßzeit von Warmwasser an den Waschtischen in den Wohnungen jenseits der Erdgeschosswohnung (20).
d) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen in erster Instanz die Klägerin zu 1/5, die Beklagte zu 4/5, in zweiter Instanz die Klägerin zu 1/4, die Beklagte zu 3/4.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart ist, soweit es durch das Teilurteil vom 10.05.2016 und dieses Schlussurteil aufrechterhalten bleibt, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 178.953,52 € festgesetzt (Antrag 1: 166.953,52 €, Antrag 2: 12.000,- €).
Gründe
I.
Hinsichtlich des Tatbestands wird auf das Teilurteil vom 10.05.2016 verwiesen. Streitgegenständlich sind noch die Mangelbehauptung 20, die Höhe der Mangelbeseitigungskosten hinsichtlich Mangelbehauptung 28 sowie die Architektenkosten für die Mangelbeseitigungsmaßnahmen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, soweit sie nicht durch Teilurteil vom 10.05.2016 entschieden ist.
Mit Schriftsatz vom 06.02.2017 hat die Klägerin den Rechtsstreit in Höhe von 2.975,- € für erledigt erklärt, nachdem der Sachverständige Dr.-Ing. S. eine Untersuchung von Bohrkernproben bereits im Rahmen seiner Gutachtertätigkeit unternommen hatte.
Die Klägerin beantragt
1. festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 2.975,00 Euro erledigt ist,
2. die Berufung im Weiteren zurückzuweisen.
Zur Erledigungserklärung der Klägerin hat die Beklagte keine Erklärung abgegeben.
Der Senat hat am 10.05.2016 ein Teilurteil erlassen, das rechtskräftig geworden ist. In der Folge hat er Beweis erhoben durch Einholung zweier Sachverständigengutachten der Sachverständigen H. (hinsichtlich Mangelbehauptung 20) und Dr.-Ing. S. (hinsichtlich Mangelbehauptung 28) und diese mündlich angehört. Insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2017 verwiesen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb verlängerter Frist fristgerecht begründet worden, §§ 511, 517, 519, 520 ZPO. Sie ist – soweit die Sache nach dem Teilurteil noch streitgegenständlich ist – teilweise begründet.
Nach dem Teilurteil gemäß § 301 ZPO sind noch streitgegenständlich der behauptete Mangel 20 einer zu langen Wartezeit für Ausstoß von Warmwasser an den Waschtischen im Bad in sämtlichen Wohnungen außer der Erdgeschosswohnung (1.), die Frage der Höhe der aufzuwendenden Mangelbeseitigungskosten wegen des Mangels 28 der Pfützenbildung und der Risse in der Bodenplatte in der Tiefgarage, insbesondere aufgrund der Frage der Notwendigkeit einer Beschichtung der Bodenplatte im Rahmen der Mangelbeseitigung (2.), sowie nach Feststellung des Gesamtumfangs der Mangelbeseitigungsaufwandes die Höhe der erforderlichen Architektenleistungen für Planung, Ausschreibung und Bauüberwachung der Mangelbeseitigungsarbeiten (3.). Die Klage ist teilweise erledigt (4.), die Feststellungsklage ist hinsichtlich Mangel 20 begründet (5.).
Hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage, insbesondere der Frage der Prozessführungsbefugnis der Klägerin und der Zulässigkeit des Feststellungsantrags, wird auf das Teilurteil verwiesen.
Die Klage ist – soweit noch rechtshängig – überwiegend begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses zur Mangelbeseitigung nach §§ 634 Nr. 2, 633, 637 Abs. 3 BGB in Höhe von insgesamt brutto 164.407,39 €, d.h. in Höhe von 60.501,64 € über den rechtskräftig gewordenen Zahlbetrag des erstinstanzlichen Urteils von 45.605,86 € sowie die mit Teilurteil rechtskräftig gewordenen weiteren 58.299,89 € brutto hinaus.
Nicht durchzugreifen vermag die in der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2017 geäußerte Auffassung des Beklagtenvertreters, dass lediglich ein anteiliger Anspruch hinsichtlich des Eigentümers bestehe, der die Abnahme erklärt habe. Dieser habe auch seinen Kaufpreis vollständig bezahlt. Andere Erwerber hätten jedoch noch ausstehende Kaufpreiszahlungen. Es seien lediglich die Erfüllungsansprüche abgetreten, die nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht automatisch zu einem Vorschussanspruch führen würden. Diese Frage hat der Senat bereits im Teilurteil vom 10.05.2016 beantwortet. Insoweit wird auf den letzten Absatz auf Seite 25 sowie Seite 26 oben des Teilurteils vom 10.05.2016 verwiesen. Vor diesem Hintergrund kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten auf die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Gewährleistungsrechten vor Abnahme nicht an. Eine Abnahme jedenfalls hinsichtlich der von den Erwerbern B. abgetretenen Ansprüche liegt vor.
1.
Das Ergebnis der Beweisaufnahme hat den behaupteten Mangel 20 einer zu langen Wartezeit für Ausstoß von Warmwasser an den Waschtischen im Bad in den Wohnungen außer der Erdgeschosswohnung lediglich teilweise bestätigt (§ 633 BGB).
Mit Gutachten vom 05.08.2013 im selbständigen Beweisverfahren der Parteien hat der Sachverständige H. festgestellt, dass an Waschbecken im Bad die Ausstoßzeiten für warmes Wasser zu lang seien. Zwar werde die Zeit von 30 Sekunden eingehalten, die bis zur Erreichung der hygienisch erforderlichen 55° Celsius gefordert wird. Zu fordern sei nach der VDI 6003 Komfortstufe II und der Literatur (Dr.-Ing. Feurich, IKZ Haustechnik Ausgabe 13/2000, S. 28 ff.) jedoch eine Ausstoßzeit bei Waschbecken von 8 bis 10 Sekunden. Unter Ausstoßzeit verstehe man die Zeit, bis das Wasser beginne, sich zu erwärmen. Bis die Nutztemperatur erreicht werde, dauere es dann noch eine gewisse Zeit (Gutachten vom 05.08.2013, S. 73 f.; Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2017, S. 6 f.).
Der Mangel in der Wohnung im Erdgeschoss wurde unstreitig gestellt und war im Teilurteil enthalten. Auf die Beweisfrage im Beweisbeschluss vom 10.05.2016, ob die übrigen Wohnungen nicht von zu langen Ausstoßzeiten von Warmwasser an den Waschtischen betroffen seien, führte der Sachverständige einen Ortstermin am 08.09.2016 durch. Im Querbau haben sich in sämtlichen Wohnungen der Eigentümer B., L. und Br. zu lange Ausstoßzeiten von 12 bzw. 14 Sekunden ergeben (Gutachten vom 17.10.2016, S. 6 f.). Im Vorderhaus wurde in der Wohnung He. eine zu lange Ausstoßzeit von 12 Sekunden festgestellt (Gutachten vom 17.10.2016, S. 8). Kein Mangel wurde festgestellt in den Wohnungen We., Vi. und Bl., in diesen war eine Ausstoßzeit von jeweils 8 Sekunden gemessen worden (Gutachten vom 17.10.2016, S. 8). Weshalb in den Wohnungen He., We. und Vi. unterschiedliche Messergebnisse trotz gleichen Schnitts der Wohnungen gemessen wurde, konnte der Sachverständige nicht angeben. Ohne Vorlage der Pläne könne er Näheres zu den Ursachen nicht angeben und z.B. nicht sagen, ob einzelne Duschen, WCs oder Waschbecken versetzt worden seien. Im Fall des Vorliegens von Plänen könne bei zu langer Ringleitung ein Mangel festgestellt werden. Wenn sich aus diesen noch kein Mangel herleiten lasse, müsse vor Ort gemessen werden (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2017, S. 5 f.). Damit hat der Sachverständige nachvollziehbar angegeben, dass sich selbst bei Vorlage von Plänen noch keine definitive Aussage zu einer Mangelhaftigkeit der Waschtische in den verschiedenen Wohnungen treffen lässt. Entscheidend ist jedenfalls für den Fall, dass die Pläne nicht bereits einen Mangel belegen, die Untersuchung vor Ort.
Eine Begutachtung der Wohnungen Th., D./A. und M./G. konnte nicht erfolgen, da diese beim Ortstermin vom 08.09.2016 nicht zugänglich waren. Der Sachverständige konnte aufgrund unterschiedlicher Bauweise aus den untersuchten Wohnungen keine Rückschlüsse auf diese nicht zugänglichen Wohnungen ziehen. Insoweit ist nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung auf Klägerseite davon auszugehen, dass keine Mängel vorliegen.
Nur ein vorwerfbares, missbilligenswertes Verhalten kann den mit beweisrechtlichen Nachteilen verbundenen Vorwurf der Beweisvereitelung tragen (BGH NJOZ 2016, 1563; BGH NJW-RR 1996, 1534). Eine Beweisvereitelung liegt vor, wenn jemand seinem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert oder unmöglich macht. Dies kann vorprozessual oder während des Prozesses durch gezielte Handlungen geschehen, mit denen bereits vorhandene Beweismittel vernichtet oder vorenthalten werden. Eine Beweisvereitelung kann auch in einem fahrlässigen Unterlassen einer Aufklärung bei bereits eingetretenem Schadensereignis liegen, wenn damit die Schaffung von Beweismitteln verhindert wird, obwohl die spätere Notwendigkeit einer Beweisführung dem Aufklärungspflichtigen bereits erkennbar sein musste (BGH NJW 2009, 360; BGH NJW 2004, 222). Der subjektive Tatbestand der Beweisvereitelung verlangt einen doppelten Schuldvorwurf. Das Verschulden muss sich sowohl auf die Zerstörung oder Entziehung des Beweisobjekts als auch auf die Beseitigung seiner Beweisfunktion beziehen, also darauf gerichtet sein, die Beweislage des Gegners in einem gegenwärtigen oder künftigen Prozess nachteilig zu beeinflussen (BGH NJW 2004, 222; BGH NJOZ 2016, 1563; BGH NJW 2008, 982).
In der Rechtsprechung wurde ein Fall der Beweisvereitelung angenommen, wenn eine Partei gegenüber dem Sachverständigen des Versicherers grundlos die Besichtigung eines Unfallwagens verweigert (Prütting in: Münchener Kommentar, ZPO. 5. Aufl. 2016, § 286 Rn. 81; BGH VersR 1984, 79 – Folge Schadensersatz wegen Mehrkosten der Schadensregulierung). Als Fall der Beweisvereitelung wurde es gewertet, dass eine beschlossene weitere Beweisaufnahme vor Ort unterbleiben musste, weil der Auftraggeber dem Werkunternehmer bzw. dessen Vertreter den Zutritt zum Hausgrundstück und damit die Teilnahme an der Ortsbesichtigung mit dem Sachverständigen untersagt hat. Ohne die Teilnahme des Auftragnehmers wäre die Beweisaufnahme nicht verwertbar gewesen nach § 357 ZPO, so dass mit dem Zutrittsverbot gegenüber der anderen Partei eine Beweisvereitelung vorlag (OLG Koblenz NJW-RR 2013, 796; OLG München NJW 1984, 807; Leipold in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2008, § 286 Rn. 195; Berger in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2015, § 371 Rn. 38; vgl. Zöller – Greger, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 357 Rn. 2; vgl. auch OLG Düsseldorf NJW 2014, 1115 und BauR 2016, 1495 – unberechtigte Ersatzvornahme als Beweisvereitelung; OLG Düsseldorf BauR 2016, 299). Eine Beweisvereitelung kann auch vorliegen, wenn einem Sachverständigen die Besichtigung des Untersuchungsobjekts unmöglich gemacht wird (Ahrens in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl. 2014, § 444 Rn. 10 mit Hinweis auf BGH NJW 1998, 79; BGH NJW 2006, 434; LG Frankfurt NJW-RR 1991, 13).
Eine Beweisvereitelung ist nur anzunehmen, wenn die Mitwirkungshandlung der betroffenen Partei zumutbar war bzw. sie keinen anzuerkennenden Weigerungsgrund hatte. Maßgeblich ist dabei, aus welchen Gründen die Weigerung erfolgt. Sofern triftige Gründe bestehen, verbietet sich der Schluss, die Weigerung sei erfolgt, weil die Begutachtung zur Feststellung der behaupteten ungünstigen Tatsache geführt hätte (vgl. Berger in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2015, § 371 Rn. 39; Ahrens in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl. 2014, § 444 Rn. 7).
Nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2017 hatte die Verwaltung einen Aushang in der WEG vorgenommen und die einzelnen Eigentümer bzw. Mieter persönlich angesprochen. Weshalb einzelne Eigentümer bzw. Mieter den Zutritt zu ihren Wohnungen beim Ortstermin nicht gewährleistet haben, könne nicht näher angegeben werden, insoweit würden WEG-interne Probleme vermutet. Die Verwalterin der Klägerin ergänzte, dass neben dem Aushang jeder Partei ein persönliches Anschreiben in den Briefkasten geworfen worden sei.
Damit wurden sämtliche Eigentümer bzw. Mieter nachhaltig auf den Ortstermin zur Begutachtung hingewiesen. Die Klägerin hat weder nach dem Ortstermin noch nach Vorlage des Gutachtens vom 17.10.2016 bis zur oder in der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2017 eine Erklärung abgegeben, weshalb der Zutritt zur Begutachtung trotz vorheriger Ankündigung nicht möglich war. Zu keiner Zeit wurde dieses Verhalten entschuldigt oder wurden nachvollziehbare Gründe für die Verweigerung des Zutritts zu den Wohnungen angegeben. Auch wurde kein weiterer Ortstermin von ihrer Seite aus angeboten oder erbeten. Die Beklagte forderte die Klägerin mit Schriftsatz vom 10.11.2016 förmlich auf, einen Termin bis 21.11.2016 zu nennen, an dem die Wohnungen zugänglich sind und Messungen durchgeführt werden können. Ein Termin wurde nicht benannt. Unter diesen Umständen des Einzelfalls ist in Anbetracht der dargelegten Grundsätze von einer Beweisvereitelung der Klägerseite auszugehen. Der doppelte Schuldvorwurf im subjektiven Tatbestand der Beweisvereitelung liegt vor. Schuldhaft hat die Klägerin durch Verweigern des Zutritts zu den Wohnungen seitens ihrer Eigentümer das Beweisobjekt der Begutachtung entzogen und damit vorwerfbar die Beweislage der Beklagten im gegenwärtigen Prozess nachteilig beeinflusst. Der Senat kann gemäß § 144 Abs. 1 Satz 3 ZPO zu Lasten der Wohnungseigentümer und -nutzer die Duldung der Begutachtung nicht anordnen.
Die Rechtsfolgen im Falle einer Beweisvereitelung werden kontrovers diskutiert. Liegen die Voraussetzungen einer Beweisvereitelung vor, können nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Gunsten der beweisbelasteten Partei Beweiserleichterungen in Betracht kommen, die unter Umständen bis zur Umkehr der Beweislast gehen können (BGH NJOZ 2016, 1563; BGH NJW 2004, 222; BGH NJW 2006, 434; BGH NJW 2009, 360). Insoweit sind alle Umstände des Einzelfalls im Rahmen des § 286 ZPO zu würdigen, da nur so angemessene Ergebnisse erzielt werden können (BGH NJW 2009, 360; BGH NJW 2008, 982). Die Beweisvereitelung durch den Gegner der beweisbelasteten Partei führt nicht bereits als solche zum Verlust des Prozesses, sondern allenfalls dazu, dass ihr Verhalten im Rahmen der Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) zu ihren Lasten gewürdigt werden kann (BGH NJOZ 2016, 1563; BGH NJW-RR 2009, 995; BGH NJW 2009, 360; BGH NJW 2008, 982). Die Annahme einer Beweisvereitelung durch eine Partei rechtfertigt nicht die Annahme, dass vom Vortrag der beweisbelasteten Partei auszugehen ist (BGH NJOZ 2016, 1563; BGH NJW 2008, 982).
Nach §§ 427, 444, 371 Abs. 3 ZPO (vgl. auch § 441 Abs. 3, 446, 453 Abs. 2, 454 Abs. 1 ZPO – aus diesen Regelungen wurden die Grundsätze der Beweisvereitelung hergeleitet, BGH NJW 1998, 79) können im Fall einer dort geregelten Beweisvereitelung Behauptungen als bewiesen angenommen oder angesehen werden. Diese Vorschriften sind analog anwendbar, insoweit ist dem Gericht ein Ermessen eingeräumt. Für die Ausübung dieses Ermessens ist der Grad des Verschuldens der nicht beweisbelasteten Partei sowie das eventuell mitwirkende Verhalten der beweisbelasteten Partei von ausschlaggebender Bedeutung (Prütting in: Münchener Kommentar, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 286 Rn. 91 f.; Leipold in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2008, § 286 Rn. 188).
Im vorliegenden Fall ist in Anbetracht dieser Grundsätze davon auszugehen, dass die Behauptung der hinsichtlich der Mangelfreiheit ihrer Werkleistungen beweisbelasteten Beklagten nicht widerlegt ist, dass die Waschtische in den Bädern der nicht zugänglichen Wohnungen mangelfrei sind und keine zu lange Ausstoßzeit von Warmwasser aufweisen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf die nicht untersuchten Wohnungen konkrete Mängelrügen der jeweiligen Eigentümer oder Nutzer nicht vorgetragen wurden, sondern die Mängelrüge der WEG sich lediglich pauschal auf diese Wohnungen bezogen hat. Insoweit ist im Übrigen die Überlegung der Beklagten plausibel, dass die entsprechenden Eigentümer und Mieter, die den Zugang nicht gewährleistet hatten, im Falle einer Mangelhaftigkeit geneigt gewesen sein dürften, diesen Mangel durch Zugang zur Wohnung feststellen zu lassen.
Zur Mangelbeseitigung hat der Sachverständige die Stilllegung der Verbindungsleitung zwischen dem letzten Waschtisch und der Badewanne vorgeschlagen. Dazu müssen an den Armaturen des Waschtischs und der Badewanne die Doppelanschlüsse in einen Einfachanschluss umgebaut werden (Gutachten vom 05.08.2013, S. 75). Eine Mangelsanierung mit Begleitheizung wäre möglich, jedoch wesentlich teurer und aufwändiger im Unterhalt (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2017, S. 7). Für alle 11 Wohnungen hat der Sachverständige brutto 8.541,23 € an Mangelbeseitigungskosten festgestellt (Gutachten vom 05.08.2013, S. 75). Diese verteilen sich anteilig bzw. linear auf die 11 Wohnungen (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2017, S. 6). Daher kann die Klägerin für vier weitere mangelhafte Waschtische in vier Wohnungen jenseits der Erdgeschosswohnung einen Kostenvorschuss in Höhe von 3.105,90 € verlangen.
2.
Das Teilurteil vom 10.05.2016 hat dem Grunde nach bereits Mängel nach § 633 BGB in der Tiefgarage festgestellt durch die störende Pfützenbildung im Türbereich und die Risse mit Rissweiten über 0,3 mm in der Bodenplatte. Insoweit wird auf das Teilurteil (Seite 39 f.) Bezug genommen. Hinsichtlich des Umfangs der Mangelbeseitigungsmaßnahmen und -kosten ist die Entscheidung dem Endurteil vorbehalten und mit Beweisbeschluss vom 10.05.2016 ein Sachverständigengutachten eingeholt worden.
Mit Gutachten vom 13.01.2017 erläutert der Sachverständige Dr.-Ing. S. nachvollziehbar und überzeugend, dass bei Erreichen der Bewehrung im Beton Chloride zu Korrosionsschäden am Stahl führen können und dies in der Folge Risse und Abplatzen der Betondeckung verursacht. Tausalzhaltiges Wasser kann in Verbindung mit Frost auch zu einer beschleunigten Schädigung des Betons führen. Nach der Richtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton ist ein Chloridgehalt über 0,5 % Cl- kritisch (Gutachten vom 13.01.2017, S. 7 f.). Auch wenn die Bewehrung der Bodenplatte eine reine Schwindbewehrung darstellt, hat die Bodenplatte eine aussteifende und damit tragende Funktion. Nach den anerkannten Regeln der Technik ist diese im Neubau zusätzlich zu schützen. Daher muss der chloridbelastete Beton über einem bestimmten Grenzwert entfernt werden, bevor die tragenden Bauteile geschützt werden (Gutachten vom 13.01.2017, S. 10 f.). Der Sachverständige hat insoweit Betonbohrmehlproben auf Chlorid untersuchen lassen (vgl. i.E. Gutachten vom 13.01.2017, S. 11 f.).
Der Sachverständige hat nachvollziehbar festgestellt, dass in gerissenen Bereichen der Bodenplatte in einer Probe (Cl 3) kritische Chloridgehalte bis in die Tiefe der Bewehrung vorliegen. Daher sind die Risse vor dem Aufbringen einer Schutzschicht aufzuweiten und zu verfüllen. An den Sockelbereichen von Wänden und Stützen liegen ebenfalls teilweise kritische Chloridwerte bis in die Tiefe der Bewehrungen vor. Mangels Gefälle kann chloridhaltiges Wasser an den Sockelbereichen anstehen. Daher wird eine Entfernung des Betons an allen Sockelstützen von 30 mm empfohlen, diese sind sodann neu aufzufüllen. An den Wandsockeln ist in Bereichen mit sichtbarer Pfützenbildung ebenso zu verfahren (Gutachten vom 13.01.2017, S. 13). Da ein Rest-Risiko eines weiteren Feuchtigkeitseintritts verbleibt, ist nach den anerkannten Regeln der Technik chloridbelasteter Beton oberhalb eines gewissen Grenzwertes vor einer Oberflächenbeschichtung zu entfernen (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2017, S. 3).
Aus statischer Sicht ist kein Gefälle in der Tiefgarage einzubauen. Seit 2005 besteht eine entsprechende Soll-Vorschrift nach dem Merkblatt für Parkhäuser des Deutschen Beton- und Bautechnikvereins für ein Gefälle von 2,5 %. Dies nicht aus statischen Gründen, sondern aus Gründen der Nutzungsfreundlichkeit. Praktisch besteht im vorliegenden Fall jedoch keine Möglichkeit eines nachträglichen Gefälleeinbaus, da die Türen nahezu eben mit der Bodenplatte der Tiefgarage eingebaut sind, sodass der Einbau eines Gefälles eine Schwelle und damit eine Stolperfalle produzieren würde (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2017, S. 2 f.). Die Ausführungen des Sachverständigen überzeugen, sie sind von hoher Sach- und Fachkunde geprägt. Der Senat macht sich diese Ausführungen zu eigen.
Zum Ausgleich der Pfützenbildung schlägt der Sachverständige nachvollziehbar den Einbau von Matten mit Kosten von 100,- € bis 200,- € vor, die von Zeit zu Zeit auszutauschen sind (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2017, S. 2 f.). Mit einem gut gewarteten Bodenbelag sind auf Dauer keine Schäden zu erwarten (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2017, S. 3).
Hinsichtlich der Mangelbeseitigungsmaßnahmen im Einzelnen wird auf S. 14 f. des Gutachtens vom 13.01.2017 verwiesen (vgl. zu Flexarbeiten auch Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2017, S. 4). An den Übergängen vom Boden zu den Wänden wird eine Hohlkehle eingebaut, die verhindert, dass chloridhaltiges Wasser vom Boden an die Wände fließt (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2017, S. 3). Der Sachverständige schätzt die Mangelbeseitigungskosten hierbei bei einer Grundfläche von 415 m² auf netto 29.687,50 € bzw. 35.328,13 € brutto (Gutachten vom 13.01.2017, S. 15).
Die Klägerin kann daher insoweit einen Kostenvorschuss in Höhe von 35.328,13 € zuzüglich 150,- € für den Matteneinbau von der Beklagten verlangen. Soweit die Klägerin darüber hinaus auf Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen H. vom 05.08.2013 (mit einer nicht zutreffend ermittelten Fläche von 856 m²) einen Kostenvorschuss von netto 62.212,- € zuzüglich Mehrwertsteuer verlangt hat, ist die Klage abzuweisen.
Soweit die Klägerin einen Zuschlag von 10 % verlangt, ist dies nicht nachvollziehbar. Vereinzelt werden in der Rechtsprechung Regiekosten nach den erfahrungsgemäßen Angaben der Sachverständigen pauschal mit 10 % bis 15 % geschätzt nach § 249 BGB, § 287 ZPO (OLG Düsseldorf, BauR 2014, 851; OLG München IBR 2007, 261; vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15 Aufl. 2015, Rn. 2114 m.w.N.). Diese Überlegung kann nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden, da hier die Architektenkosten und damit Regiekosten gesondert geltend gemacht werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beklagten angeführten Entscheidung des OLG Hamburg (IBR 2013, 736), in der der Sachverständige bei der Kostenschätzung 10 % wegen Unsicherheiten aufgeschlagen hat.
3.
Nach Abschluss der Beweisaufnahme zum Umfang der Mangelbeseitigungsarbeiten kann nunmehr die Höhe des Kostenvorschussanspruches der Klägerin für die erforderlichen Architektenleistungen zur Planung, Ausschreibung und Bauüberwachung der Mangelbeseitigungsarbeiten berechnet werden. Die Beklagte tritt diesem Anspruch dem Grunde nach nicht entgegen, sondern weist darauf hin, dass dieser sich allein nach den geschuldeten Mangelbeseitigungskosten richten würde. Der Sachverständige H. ging im Gutachten vom 05.08.2013 ausgehend von anrechenbaren Kosten in Höhe von 150.000,- €, der Honorarzone III, einem Mittelsatz beim Honorarsatz, erbrachten Leistungen von 71 % für die Leistungsphasen 5 bis 8, einem Zuschlag für Sanierung von 25 % und 5 % Nebenkosten von brutto 26.857,21 € aus (S. 120 des Gutachtens). Auf dieser Basis hat die Klägerin ihre Klage in dieser Höhe erhoben. Auf die Darlegung im Gutachten wird verwiesen (Gutachten vom 05.08.2013, S. 120).
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme besteht ein Kostenvorschussanspruch in Höhe von netto 119.739,31 €, so dass von anrechenbaren Kosten in dieser Höhe auszugehen ist. Anhand der klägerseits durch Bezugnahme auf das Gutachten vom 05.08.2013 vorgetragenen und jenseits der anrechenbaren Kosten nicht bestrittenen Berechnung errechnet sich so ein Architektenhonorar von 21.917,61 €. Im Übrigen ist die Klage insoweit abzuweisen.
4.
Soweit die Klägerin prozessual mit Schriftsatz vom 06.02.2017 eine teilweise Erledigungserklärung in Höhe von 2.975,- € abgegeben hat, verweist sie auf den Eintritt eines erledigenden Ereignisses. Der Sachverständige S. habe in diesem Umfang durch die Analyse der Chlorideindringtiefe die auf Grundlage des Gutachtens im selbständigen Beweisverfahren eingeklagten Mangelbeseitigungsmaßnahmen im Rahmen seiner Begutachtung bereits teilweise durchgeführt, so dass es dieser Maßnahme nicht mehr im Rahmen der Mangelbeseitigung bedürfe. Die Beklagte ist dem nicht entgegengetreten.
Allein der Umstand, dass die klagende Partei ihr wirtschaftliches Interesse an der Durchsetzung der von ihr verfolgten Ansprüche verloren hat, ist im Zivilprozess kein Ereignis, das die Klage gegenstandslos macht (BGH NJW-RR 2006, 544; Zöller – Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 91 Rn. 5; Schulz in: Münchener Kommentar, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 91a Rn. 8). Ein solches bloßes Verlieren eines wirtschaftlichen Interesses liegt jedoch nicht vor. Der Mangelbeseitigungsanspruch hinsichtlich dieser Leistung ist im Rahmen der Begutachtung inhaltlich erledigt worden (vgl. Ziffer 1 unter 4.8.3.4 des Gutachtens vom 05.08.2013, S. 103), für diese Leistung gab es zunächst ein Bedürfnis und einen Anspruch, der durch die Tätigkeit des Sachverständigen weggefallen ist, so dass von einem erledigenden Ereignis auszugehen ist (vgl. Zöller – Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 91 Rn. 4). So hat der Sachverständige H. im Rahmen seiner hinsichtlich Mangelbehauptung 28 vorgeschlagenen Mangelbeseitigungsmaßnahmen als ersten Schritt die exemplarische Bohrkernentnahme und Bestimmung der Chlorideindringtiefe angegeben und diese Position mit 2.500,- € netto, mithin 2.975,- € brutto beziffert (Gutachten vom 05.08.2013, S. 103). Die Klägerin hat sich diese Darlegung im Rahmen ihrer Klage zu eigen gemacht. Durch die Probenentnahme und Untersuchung durch den Sachverständigen S. im Rahmen seiner Begutachtung hat sich diese Mangelbeseitigungsmaßnahmen erledigt, ein Kostenvorschuss ist hierfür nicht mehr erforderlich.
Dass die Beklagte nicht selbst eine Erfüllungshandlung vorgenommen hat, steht dem nicht entgegen. Bei der Frage, ob ein erledigendes Ereignis vorliegt, ist allein auf den objektiven Eintritt des Ereignisses und nicht auf die Frage einer subjektiven Verantwortlichkeit abzustellen; auf Billigkeitserwägungen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (BGHZ 184, 128, Rn. 30; BGH NJW-RR 1993, 1319; Zöller – Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 91 Rn. 4; Schulz in: Münchener Kommentar, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 91a Rn. 5 m.w.N.). Das erledigende Ereignis kann daher seine Ursache auch jenseits der Parteisphäre der Beklagten haben (Schulz in: Münchener Kommentar, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 91a Rn. 5 m.w.N.; BGH NJW-RR 1993, 1319).
5.
Der Anspruch der Klägerin auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung weiteren Mangelbeseitigungsvorschusses bzw. aller Aufwendungen und Schäden (Klagantrag Ziffer 2) wegen des Mangels einer überlangen Ausstoßzeit von Warmwasser an den Waschtischen der Wohnungen jenseits der Wohnung im Erdgeschoss ist wie der Kostenvorschussanspruch hierzu begründet. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen (unter 1.). Hinsichtlich der Mangelbehauptung 28 ist die begehrte Feststellung bereits im Teilurteil enthalten.
6.
Die Entscheidung zur Verzinsung beruht auf §§ 288 Abs. 1, 291 BGB. Die Klägerin beantragt Zinsen ab Rechtshängigkeit; diese trat mit Zustellung der Klage bei der Beklagten am 29.09.2014 ein, §§ 253, 261 ZPO. Die Zinspflicht beginnt wegen § 187 Abs. 1 BGB mit dem Folgetag der Rechtshängigkeit (Palandt – Grüneberg, BGB, 76. Aufl. 2017, § 291 Rn. 6).
7.
Die Kostenentscheidung erfolgt nach §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.
Anlass, die Revision nach § 543 ZPO zuzulassen, besteht nicht, weil die Rechtssache als Einzelfallentscheidung keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.