Bei einem Werkvertrag kann es leider vorkommen, dass Mängel am ausgeführten Werk auftreten. In solchen Fällen hat der Auftraggeber das Recht, die Mängelbeseitigung vom Auftragnehmer zu verlangen. Häufig werden diese Mängelrechte dann an einen Dritten abgetreten, der sich um die Umsetzung und Abwicklung kümmert. Strittig ist dabei oft, ob dieser Dritte auch einen Anspruch auf Kostenvorschuss vom Auftragnehmer hat. Das Landgericht Karlsruhe hat in einem aktuellen Urteil dazu Stellung bezogen. Im Folgenden wird dieser Fall näher beleuchtet.
Übersicht
[Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 10 O 181/23 >>>]
✔ Das Wichtigste in Kürze
- Die vollständige Abtretung von Mängelrechten aus einem Werkvertrag lässt keinen Anspruch auf Kostenerstattung für den Zedenten entstehen, selbst wenn er die Mangelbeseitigung vornimmt.
- Der Zessionar kann daher keinen Anspruch auf Kostenvorschuss nach § 637 Abs. 3 BGB geltend machen, da der Vorschuss auf den Erstattungsanspruch geleistet wird.
- Beabsichtigt der Zessionar, den Vorschuss nicht zweckgebunden für die Selbstvornahme zu verwenden, sondern an den Zedenten weiterzureichen, liegt keine Voraussetzung für den Vorschussanspruch vor.
- Die Kosten für eine Bonitätsauskunft können einen erstattungsfähigen Verzugsschaden darstellen, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren.
- § 33 Abs. 1 ZPO regelt keinen allgemeinen Konnexitätserfordernis für Widerklagen, sondern spezielle Gerichtsstände.
- Bei teilweiser Nichtleistung kann der Gläubiger Verzugszinsen und Inkassokosten als Verzugsschaden geltend machen.
Streit um Kostenvorschuss nach Abtretung von Mängelrechten
Im vorliegenden Fall stritten die Parteien um einen Anspruch auf Kostenvorschuss gemäß § 637 Abs. 3 BGB aus abgetretenem Recht. Die Klägerin hatte von der Beklagten einen Auftrag zur Durchführung von Estricharbeiten bei einem Bauvorhaben erhalten. Die Beklagte wiederum hatte die Klägerin mit der Aufbringung einer Spezialimprägnierung auf einer Werkhalle beauftragt. An dieser Imprägnierung wurden später Mängel festgestellt, da sie nicht die vereinbarte Funktionalität gewährleistete, konkret die Widerstandsfähigkeit gegen bestimmte im Betrieb verwendete Emulsionen. Die Mängelrechte wurden an die Beklagte abgetreten, die nun im Wege der Widerklage von der Klägerin einen Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung verlangte.
Gericht verneint Anspruch auf Kostenvorschuss
Das Landgericht Karlsruhe wies die Widerklage der Beklagten ab und entschied, dass ihr kein Anspruch auf Kostenvorschuss zustehe. Zwar sei die Klägerin mit der Zedentin durch einen Werkvertrag verbunden und es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die erbrachten Leistungen mangelhaft seien. Auch die Abtretung der Mängelrechte an die Beklagte sei wirksam. Ein Anspruch auf Kostenvorschuss scheitere jedoch daran, dass die Beklagte als Zessionarin nicht beabsichtige, den Vorschuss selbst zur Mängelbeseitigung einzusetzen, sondern diesen an den Zedenten weitergeben wolle.
Anspruch auf Kostenvorschuss erfordert zweckgebundene Verwendung
Das Gericht stellte klar, dass der Anspruch auf Kostenvorschuss nach § 637 Abs. 3 BGB grundsätzlich nur dann bestehe, wenn der Vorschussgläubiger beabsichtige, die Mittel zur Mangelbeseitigung durch Selbstvornahme einzusetzen. Dies gelte auch für den Fall der Abtretung der Mängelrechte. Zwar müsse der Besteller die Selbstvornahme nicht unmittelbar selbst durchführen, sondern könne auch ein Unternehmen damit beauftragen. Im vorliegenden Fall beabsichtigte die Beklagte jedoch, den Vorschuss an den Zedenten weiterzugeben, der seinerseits die Mängelbeseitigung vornehmen sollte.
Kein Kostenerstattungsanspruch bei vollständiger Abtretung
Das Gericht führte aus, dass die vollständige Abtretung der Mängelrechte an die Beklagte dazu führe, dass dem Zedenten kein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 637 Abs. 1 BGB entstehen könne, selbst wenn er die Mängelbeseitigung vornehmen würde. Folglich könne auch der Beklagten kein Anspruch auf Kostenerstattung und damit auch kein Anspruch auf Kostenvorschuss zustehen. Der Anspruch auf Kostenvorschuss sei ein Vorschuss auf den Anspruch auf Kostenerstattung und setze daher voraus, dass die Verwendung des Vorschusses auch zu einem Erstattungsanspruch führe.
Entscheidung zugunsten der Klägerin – Widerklage abgewiesen
Das Gericht wies die Widerklage der Beklagten ab. Die Klägerin obsiegte auch mit ihrer Klage auf Zahlung des offenen Restwerklohns und der geltend gemachten Verzugskosten. Ihr wurden die Hauptforderung, die Verzugszinsen sowie die Mahn-, Inkasso- und Auskunftskosten zugesprochen.
✔ Häufige Fragen – FAQ
Was bedeutet die Abtretung von Mängelrechten?
Die Abtretung von Mängelrechten bedeutet, dass der ursprüngliche Gläubiger einer Forderung aus einem Vertrag, bei dem Mängel aufgetreten sind, seine Rechte zur Geltendmachung von Ansprüchen wegen dieser Mängel an einen Dritten überträgt. Durch die Abtretung wird der neue Gläubiger (Zessionar) Inhaber der Mängelrechte und kann diese gegenüber dem Schuldner des mangelhaften Vertrags ausüben.
Die Abtretung von Mängelrechten ist grundsätzlich zulässig und formfrei möglich. Sie erfolgt durch Einigung zwischen dem bisherigen Gläubiger (Zedent) und dem neuen Gläubiger (Zessionar). Der Schuldner muss der Abtretung nicht zustimmen.
Ein wichtiger Anwendungsfall ist die Abtretung von Mängelrechten aus einem Werkvertrag, z.B. vom Bauherrn an den Käufer eines Gebäudes. Der neue Gläubiger kann dann vom Werkunternehmer z.B. Nacherfüllung, Selbstvornahme oder Schadensersatz verlangen sowie ggf. den Werklohn mindern. Er tritt insoweit vollständig in die Rechtsposition des ursprünglichen Gläubigers ein.
Bei Abtretung der werkvertraglichen Mängelrechte kann der Zessionar auch einen Kostenvorschuss nach § 637 Abs. 3 BGB verlangen, wenn er beabsichtigt, den Mangel selbst zu beseitigen. Der Vorschussanspruch ist ein vorläufiger Anspruch, der nach Durchführung der Mängelbeseitigung auf Zahlung der tatsächlich entstandenen Kosten gerichtet ist.
Unter welchen Umständen besteht ein Anspruch auf Kostenvorschuss nach § 637 Abs. 3 BGB?
Nach § 637 Abs. 3 BGB kann der Besteller vom Unternehmer einen Vorschuss für die zur Beseitigung eines Mangels erforderlichen Aufwendungen verlangen. Folgende Voraussetzungen müssen dafür vorliegen:
- Es muss ein nachbesserungsfähiger Mangel des Werks bestehen. Ein Mangel liegt vor, wenn das Werk nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist oder sich nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 633 Abs. 2 BGB).
- Der Besteller muss dem Unternehmer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben. Eine Fristsetzung ist nur entbehrlich, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Besteller unzumutbar ist (§ 637 Abs. 2 BGB).
- Der Besteller muss zur Selbstvornahme berechtigt sein, d.h. er muss den Mangel selbst beseitigen dürfen. Dies setzt die Voraussetzungen des § 637 Abs. 1 BGB voraus.
- Der Vorschuss darf nur für die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. Der Besteller muss den Vorschuss zweckgebunden für die Mangelbeseitigung verwenden.
- Der Anspruch besteht grundsätzlich erst nach Abnahme des Werks. Ausnahmsweise kann er auch schon vorher entstehen, wenn der Besteller berechtigt ist, Mängelrechte geltend zu machen, z.B. nach Rücktritt oder Schadensersatzverlangen.
Liegen diese Voraussetzungen vor, hat der Besteller einen Anspruch auf Zahlung des Kostenvorschusses durch den Unternehmer. Der Vorschuss soll dem Besteller die Durchführung der Mängelbeseitigung finanziell ermöglichen und seinen Aufwendungsersatz sichern.
Kann der Anspruch auf Kostenvorschuss bei einer Abtretung erhalten bleiben?
Ja, der Anspruch auf Kostenvorschuss nach § 637 Abs. 3 BGB kann bei einer Abtretung der Mängelrechte grundsätzlich erhalten bleiben und vom neuen Gläubiger (Zessionar) geltend gemacht werden.
Der Vorschussanspruch ist ein unselbständiger Hilfsanspruch, der dem Besteller die Durchsetzung seines Rechts auf Selbstvornahme der Mängelbeseitigung ermöglichen soll. Er geht daher als Nebenrecht zusammen mit dem Hauptrecht auf Selbstvornahme auf den Zessionar über, wenn die Mängelrechte wirksam abgetreten werden.
Allerdings muss der Zessionar die Voraussetzungen des § 637 Abs. 3 BGB erfüllen, um den Vorschuss verlangen zu können. Insbesondere muss er den Vorschuss zweckgebunden für die Mängelbeseitigung verwenden wollen. Eine anderweitige Verwendung der Mittel würde dem Zweck des Vorschussanspruchs zuwiderlaufen.
Zudem darf der Zessionar den Vorschuss nur für die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Aufwendungen verlangen. Er kann also nicht beliebig hohe Beträge fordern, sondern nur die voraussichtlich notwendigen Kosten.
Beachtet der neue Gläubiger diese Voraussetzungen, kann er den Anspruch auf Kostenvorschuss ebenso wie die übrigen abgetretenen Mängelrechte gegenüber dem Unternehmer geltend machen. Die Abtretung lässt den Vorschussanspruch also grundsätzlich unberührt, solange er zweckentsprechend ausgeübt wird.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 637 Abs. 3 BGB: Regelung des Kostenvorschusses im Werkvertragsrecht. Sobald der Besteller Mängelbeseitigungsmaßnahmen selbst durchführt oder durchführen lässt, ermöglicht ihm dieser Paragraph, von dem Unternehmer einen angemessenen Vorschuss zu verlangen. Im vorliegenden Fall geht es darum, ob der Zessionar diesen Anspruch nach der Abtretung der Mängelrechte geltend machen kann.
- § 637 Abs. 1 BGB: Definiert den Anspruch des Bestellers auf Selbstvornahme der Mängelbeseitigung und daraus resultierende Erstattung der erforderlichen Aufwendungen. Dieser Paragraph ist relevant für die Beurteilung, ob der Zessionar, nachdem er die Rechte abgetreten bekommen hat, berechtigt ist, die Kosten für die Mängelbeseitigung erstattet zu bekommen.
- § 33 Abs. 1 ZPO: Festlegung von speziellen Gerichtsständen. Dieser Paragraph wird im Urteil herangezogen, um die Zuständigkeit des Gerichts für die Widerklage zu diskutieren, was auf den Zivilprozess direkten Einfluss hat.
- Grundsatz der Aufrechnung im BGB: Wird nicht durch spezifische Paragraphen im gegebenen Textzitat belegt, spielt jedoch eine wesentliche Rolle, wenn Schuldverhältnisse gegeneinander verrechnet werden, wie im Fall der von der Beklagten vorgebrachten Widerklage gegen die Klageforderung des Hauptverfahrens aufgrund einer abgetretenen Forderung.
- Inkassokosten und Verzugsschäden: Relevant, da im Fall der Nichtzahlung der Beklagten nach Mahnung weitere Kosten wie Inkassokosten und Zinsforderungen entstehen, welche die Klägerin im Wege des Schadensersatzes geltend macht. Dies bezieht sich auf die allgemeinen Regelungen im BGB zum Verzug (§§ 280 ff. BGB), die hier direkt anwendbar sind.
Jeder dieser Punkte spielt eine kritische Rolle im Verständnis der Rechtslage wie im vorliegenden Fall dargestellt, wobei die Interaktion zwischen verschiedenen Rechtsnormen und die spezifischen Bedingungen der Mängelrechte im Werkvertragsrecht besondere Beachtung finden.
Das vorliegende Urteil
LG Karlsruhe – Az.: 10 O 181/23 – Urteil vom 19.01.2024
Leitsatz
1. Im Falle der umfassenden Abtretung der werkvertraglichen Mängelrechte kann der Zessionar Kostenvorschuss nach § 637 Abs. 3 BGB nur verlangen, wenn er beabsichtigt, den Vorschuss der gestaltet zur Mängelbeseitigung einzusetzen, dass ihm dadurch ein Kostenerstattungsanspruch nach § 637 Abs. 1 BGB entsteht. Dies ist nicht der Fall, wenn der Zessionar beabsichtigt, den Kostenvorschuss dem Zedenten zur Verfügung zu stellen.
2. § 33 Abs. 1 ZPO regelt einen besonderen Gerichtsstand. Der Norm kann kein allgemeines Konnexitätserfordernis im Sinne einer besonderen Prozessvoraussetzung für Widerklagen entnommen werden.
3. Die Kosten für eine Bonitätsauskunft können einen ersatzfähigen Verzugsschaden darstellen.
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.546,39 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszins hieraus ab dem 12.01.2022 sowie vorgerichtliche Mahnkosten i.H.v. 20,00 €, vorgerichtliche Inkassokosten i.H.v. 169,40 € und Auskunftskosten i.H.v. 23,50 € zu zahlen.
2. Die Widerklage wird abgewiesen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 22.523,24 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Restwerklohn in Anspruch, die wiederum im Wege der Widerklage einen Kostenvorschuss aus abgetretenem Recht geltend macht.
Die Klägerin war durch die Beklagte mit Estricharbeiten bei dem Neubau eines Mehrfamilienhauses in V. in der R.-Straße beauftragt. Die Klägerin beauftragte ihrerseits mindestens einen Subunternehmer. Die Arbeiten wurden ausgeführt, durch die Beklagte abgenommen und durch die Klägerin mit Rechnung vom 13.12.2021 (Anlage K1) über 28.903,63 € abgerechnet. Die Klägerin zog ihrerseits von den Rechnungen ihres Subunternehmers für Estricharbeiten dreimal jeweils 500,00 € ab. Der Subunternehmer teilte dies dem Geschäftsführer der Beklagten mit. Die Beklagte zahlte auf die Rechnung der Klägerin darauf am 21.12.2021 ihrerseits nur 26.536,52 €, wobei auf die Zahlung noch ein Skonto in Höhe von 820,72 € gebucht wurde. Weitere Zahlungen blieben aus, obwohl die Klägerin die offene Forderung mindestens dreimal anmahnte. Dadurch entstanden der Klägerin Mahnkosten in Höhe von 20,00 €.
Mit E-Mail vom 14.01.2022 (Anlage K2) schrieb ein Mitarbeiter der Beklagte der Klägerin:
„Hr. T. hat mir den Auftrag gegeben 1500 € abzuziehen, weil sich die Subunternehmer von Ihnen beschweren, dass die nicht ihr ausgemachtes Geld bekommen und denen 1500 € bei den letzten Baustellen fehlen würde. Und das obwohl die arbeiten komplett erledigt waren und auch mit unserer Zufriedenheit. Das können Ihre Subunternehmen nicht verstehen.
Bezügl. dem Thema wäre es am besten, wenn sich ihr Mann vlt mit Hr. T. kurz telefonisch abspricht.“
Nach (nur teilweise vorgelegter) weiterer Korrespondenz, in der die Klägerin Gründe für die Abzüge gegenüber ihren Subunternehmern genannt hatte (vgl. Anlage K3), forderte sie die Beklagte mit E-Mail vom 16.09.2022 (Anlage K3) erneut zur Zahlung des „Restbetrages“ von „1.500,00 €“ bis zum 23.09.2022 auf und drohte an, andernfalls ein Inkassobüro zu beauftragen.
Nach Fristablauf beauftragte die Klägerin das Inkassobüro B. GmbH mit der außergerichtlichen Beitreibung der Forderung. Dieses mahnte die Beklagte erneut außergerichtlich an. Daneben wurde im Rahmen des Telefoninkassos versucht, die Beklagte telefonisch zu erreichen und zur Zahlung zu bewegen. Der Klägerin entstanden hierdurch Inkassokosten in Höhe von 169,40 €. Im Folgenden beauftragte die Klägerin das Inkassobüro mit der Prüfung, ob eine gerichtliche Geltendmachung wirtschaftlich sinnvoll sei. Hierzu holte das Inkassobüro Informationen über die Betriebs- und Inhaberverhältnisse sowie die Zahlungsfähigkeit der Beklagten ein. Hierfür berechnete das Inkassobüro der Klägerin 23,50 €.
Die Klägerin behauptet, ihr Subunternehmer hätte keine fälligen und durchsetzbaren Ansprüche gegen sie gehabt.
Die Klägerin meint, die Beklagte sei ihr zur Zahlung der als solche unbestrittenen Klageforderung verpflichtet und könne dem auch nicht etwaige Zahlungen an die Subunternehmerin entgegenhalten. Da sie sich in Verzug befinde, habe sie ferner die Inkassokosten zu erstatten. Es handele sich um zweckentsprechende und notwendige Rechtsverfolgungskosten.
Die Klägerin beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 1.546,39 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszins hieraus seit dem 12.01.2022 sowie 23,50 € vorgerichtliche Ermittlungskosten, 169,40 € vorgerichtliche Inkassokosten und 20,00 € vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
Die Beklagte beantragt: Klageabweisung.
Die Beklagte behauptet, sie habe den durch die Klägerin gegenüber ihrem Subunternehmer einbehaltenen Betrag von 1.500,00 € „zur Vereinfachung und Förderung der Arbeiten des Bauvorhabens“ direkt an den Nachunternehmer bezahlt, „damit dieser mit Freude weiterarbeitet“. Dieser habe seine Forderung gegen die Klägerin an die Beklagte abgetreten.
In der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2023 hat die Beklagte klargestellt, dass die abgetretene Forderung des Subunternehmers der Klageforderung im Wege der Aufrechnung entgegengehalten werden soll.
Mit Schriftsatz vom 22.08.2023 hat die Beklagte Widerklage erhoben.
Das zunächst vor dem AG Maulbronn anhängige Verfahren wurde darauf auf beiderseitigen Antrag mit Beschluss vom 29.08.2023 (Bl. 151 d.A.) an das LG Karlsruhe verwiesen.
Der Widerklage liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im Rahmen eines anderen Vertragsverhältnisses war die Klägerin als Subunternehmerin der F. Bauunternehmung (im Folgenden: Zedentin) für ein weiteres Bauvorhaben betreffend eine Werkhalle in der D.-Straße in N. (Firma S.) aufgrund eines Angebotes vom 23.07.2018 (Anlage K4) beauftragt worden. Vertragsgegenstand war es, ein von der Klägerin geplantes und empfohlenes SAG-FloorSystem W 67 sowie einen lösemittelfreien Fleckenschutz auf der Bodenfläche der Halle aufzubringen. Dem zugrunde lag die der Klägerin bekannte Anforderung der Bauherrin (Auftraggeberin der Zedentin), dass die bei dem Betrieb der Firma vorkommende Bohr- bzw. Sägeemulsion, wenn etwas danebengeht, noch innerhalb eines Tages abwischbar sein müsse. Um zu testen, ob die von ihr empfohlene Spezialimprägnierung für diesen Zweck geeignet ist, erhielt die Klägerin von der Bauherrin eine Probe der Emulsion. Diese ließ damit Tests durchführen und bestätigte die Eignung, bevor der Auftrag erteilt wurde. Im Folgenden brachte die Klägerin das angebotene System auf der Bodenfläche der Halle auf. Die Leistungen wurden abgenommen. Mit Rechnung vom 08.11.2019 (Anlage B2) stellte die Klägerin der Zedentin hierfür 20.976,85 € in Rechnung, die auch bezahlt wurden.
Am 26.09.2020 rügte die Bauherrin gegenüber der Zedentin Mängel u.a. in Form von Rissen in der Bodenplatte der Halle und machte ferner geltend, die vereinbarte „imprägnierende Beschichtung“ fehle oder sei fehlerhaft aufgebracht. Die Betonbotenplatten saugten deshalb Flüssigkeiten wie Wasser, Hydrauliköl, Maschinenöl oder Kühlmittel auf (vgl. Ablage B3, dort 3. Dokument).
Die Mängelrüge wurde mündlich an den Geschäftsführer der Klägerin weitergegeben.
Weiter wurden aufgrund einer zwischen der Bauherrin und (aus nicht ersichtlichen Gründen) der Beklagten (nicht der Zedentin) getroffenen Absprache ein Schiedsgutachten betreffend die Arbeiten an der fraglichen Halle vereinbart. Laut dem Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. E. vom 12.03.2021 (Anlage B4) wurde bei der Ortsbesichtigung mit den dortigen Parteien sodann aber einvernehmlich vereinbart, dass das Gutachten zunächst nur den Punkt „Rissbildung in der Bodenplatte und der Decke“ umfassen sollte (Anlage B4, S. 9). Insoweit gelangte der Gutachter zu dem Ergebnis, diese entsprächen dem geschuldeten Bausoll (näher Anlage B4, S. 11).
Die Imprägnierung der Bodenplatte wurden durch den Gutachter nicht mehr untersucht. Die Bauherrin verfolgte diesen Mangel aber weiter und machte mit Schreiben vom 30.06.2021 (bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht vorgelegt) die mangelhafte Bodenplattenabdichtung geltend.
Da der Schiedsgutachter E. für weitere Untersuchungen nicht mehr zur Verfügung stand, zog die Bauherrin einen Privatgutachter, Herrn Prof. Dr. Ing. S., hinzu. Dieser gelangte in seinem Gutachten vom 18.10.2021 (Anlage B6) zu dem Ergebnis, die Risse seien durch Zwang infolge Abfließen der Hydrationswärme sowie durch Frühschwinden infolge mangelhafter Nachbehandlung verursacht worden. Es werde vorgeschlagen, in den Arbeitsflächen und Stellflächen der Maschinen zur Sicherstellung der Dichtigkeit der Konstruktion eine rissüberbrückende dehnfähige Beschichtung aufzubringen. Ferner stellte er fest, nach Aussage des Bauherrn sei mit dem Planverfasser klar kommuniziert gewesen, für welche Nutzung die Halle geplant sei und dass mit auslaufenden Flüssigkeiten wie z.B. Öl zu rechnen sei. Insofern habe klar sein müssen, dass die Bodenflächen vor entsprechenden Flüssigkeiten zu schützen seien. Dies könne über Beschichtungen der Betonoberfläche erfolgen, zum anderen, indem die Betonoberfläche selbst rissfrei bleibe bzw. für eine Rissbreite von 0,1 mm bis 0,15 mm bemessen werde. Ferner konstatierte er u.a., es lägen Planungsfehler des Planverfassers (keine Planung der mit Blick auf die bekannte Hallennutzung notwendige Rissfreiheit oder rissüberbrückenden Beschichtung), des Tragwerkplaners (keine Betrachtungen zur Mindestbewehrung) aber auch Ausführungsfehler (nicht ausgeführte Scheinfugen in Abweichung von der Ausführungsplanung) vor.
Ein durch die Beklagte (aus unersichtlichen Gründen wiederum nicht die Zedentin) eingeholtes Angebot eines Drittunternehmers vom 03.12.2021 (Anlage B7) beziffert die voraussichtlichen Kosten für die „Sanierung und Abdichtung an Rissen“ in der Halle auf 100.987,00 € netto, wobei 61.920,00 € auf eine „Bodenbeschichtung“ entfallen.
Mit Schreiben vom 21.03.2023 (Anlage B8) rügte die Zedentin gegenüber der Klägerin einen wie folgt beschriebenen Mangel: „Nicht richtig ausgeführte Oberflächen-Optimierung für Böden in Industrie, Gewerbe und Produktion im Erd & Untergeschoss Kein Fleckschutz, Die Imprägnierung ist mangelhaft“. Zugleich setzte sie eine Frist „für den Eingang des Formulars, auf dem die erfolgte Mängelbeseitigung per Unterschrift bestätigt ist,“ bis zum 14.04.2023.
Im Mai 2023 wurde die Oberflächenfunktion des streitgegenständlichen Bodens im Rahmen eines Ortstermins durch die Klägerin vor Ort überprüft. Dabei fertigte diese die als Anlagen K7 und K8 vorgelegten Lichtbilder.
Mit E-Mail vom 13.06.2023 (Anlage B9) wies die Klägerin die Mängelrüge zurück. Das verarbeitete Produkt sei keine Beschichtung, sondern eine Oberflächenoptimierung. Es sei wasser- und ölabweisend. Bei ständigem Eintragung durch Öle und Fette hätten an den prägnanten Stellen aber Schutzmaßnahmen getroffen werden müssen. Eventuell hätte planerisch eine Beschichtung mit einer WHG Zulassung eingebaut werden müssen. Dies sei nicht kommuniziert worden.
Mit Abtretungsvereinbarung vom 18.08.2023 (Anlage B10) trat die Zedentin der Beklagten, „sämtliche Ansprüche aus und im Zusammenhang mit dem Nachunternehmervertrages betreffend SAG-Floor-System und Rechnung vom 08.11.2019“ ab.
Die Beklagte und Widerklägerin behauptet, die durch die Klägerin erbrachte Leistung sei ungeeignet für den der Klägerin bekannten Zweck. Tatsächlich genüge die aufgebrachte Spezialimprägnierung den vereinbarten Anforderungen nicht. Die in dem Betrieb verwendete Emulsion könne nach einem Tag nicht mehr rückstandslos weggewischt werden. Die der Klägerin vor der Auftragserteilung zur Verfügung gestellte Emulsion werde auch heute noch so von der Firma S. in deren Betriebsräumen verwendet.
Die in dem Privatgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Ing. S. vom 18.10.2021 (Anlage B6) neben der Verpressung zur Beseitigung der Risse geforderte Bodenbeschichtung sei nicht wegen der Risse, sondern wegen den Mängeln der Leistung der Beklagten erforderlich. Eine Bodenbeschichtung, wie sie in dem durch die Beklagte eingeholten Angebot vom 03.12.2021 (Anlage B7) angeboten ist, wäre von vorneherein erforderlich gewesen. Die Bauherrin fordere gegenüber dem Zedenten weiterhin Nachbesserung. Die Beklagte beabsichtige dementsprechend, einen erhaltenen Vorschuss dem Zedenten zur Verfügung zu stellen. Diese würde dann entsprechend den Mangelbeseitigungsauftrag erteilen.
Die Beklagte und Widerklägerin meint, da die von der Klägerin erbrachte Leistung für den vorgesehenen Zweck zur Vermeidung des Eindringens und Durchdringens der Betonbodenoberfläche von ölhaltigen Flüssigkeiten wertlos sei, habe die Beklagte und Widerklägerin aus abgetretenem Recht des Zedenten Anspruch auf die „Rückzahlung des Werklohns“ aufgrund der Rechnung vom 08.11.2019 i.H.v. 20.976,85 €. Abzüglich der Sowiesokosten entspreche dieser Betrag dem Kostenvorschussanspruch.
Die Beklagte und Widerklägerin beantragt widerklagend: Die Klägerin wird kostenpflichtig verurteilt, an die Beklagte 20.976,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Widerklage zu bezahlen.
Die Klägerin und Widerbeklagte beantragt: Abweisung der Widerklage.
Die Klägerin und Widerbeklagte behauptet, die von ihr an die Zedentin erbrachten Leistungen entsprächen dem Angebot: Die Imprägnierung sei bis heute funktionsfähig und erfülle die vereinbarten Anforderungen. Es sei allerdings nicht klar, welche Emulsion in dem Betrieb derzeit verwendet werde und ob diese derjenigen entspreche, die der Klägerin vorab zum Test überlassen worden sei.
Die Klägerin und Widerbeklagte meint, die Widerklage sei mangels Sachzusammenhang bereits unzulässig. Ihre im Rahmen der Widerklage streitgegenständlichen Arbeiten seien mangelfrei. Soweit die Beklagte abweichendes behaupte, obliege es ihr, konkret vorzutragen, welche Emulsion heute Verwendung finde.
Weitere Einzelheiten des Vorbringens der Parteien ergeben sich aus den gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen sowie dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2023 (Bl. 184 ff. d.A.), worauf jeweils Bezug genommen wird.
Das erkennende Gericht hat das persönliche Erscheinen der Parteien bzw. deren Geschäftsführer zur mündlichen Verhandlung angeordnet und den Geschäftsführer der Klägerin persönlich informatorisch angehört. Anstelle des Geschäftsführers der Beklagten ist der Inhaber der Zedentin erschienen, der eine Vollmacht der Beklagten nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO vorgelegt hat und ebenfalls informatorisch angehört wurde. Wegen der Angaben im Rahmen der informatorischen Anhörung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2023 (Bl. 184 ff. d.A.) Bezug genommen.
Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 16.11.2023 die zuvor fehlenden Anlagen B1 (Rechtsanwaltsschreiben der Klägerin an die Beklagte vom 01.03.2023) und B5 (Rechtsanwaltsschreiben der Bauherrin an den Inhaber der Zedentin vom 30.06.2023) nachgereicht, zu deren Inhalt zuvor nur schriftsätzlich vorgetragen war
Mit hierzu nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 23.11.2023 hat die Klägerin ihr Vorbringen dahingehend modifiziert, dass ihr Geschäftsführer zu dem bei dem Bauvorhaben Werkhalle N. verwendeten Produkt nur mitgeteilt habe, dass der Boden nach der Imprägnierung im Falle der Verschmutzung mit der zur Verfügung gestellten Testemulsion binnen eines Arbeitstages, d.h. nach oder während der Arbeitsschicht des Tages gereinigt werden müsse. Es sei nicht erklärt worden, dass Verschmutzungen mit der Testemulsion 24 Stunden auf dem Boden belassen werden könnten. Danach sei seitens des Zedenten auch nicht gefragt worden. Es sei vielmehr die Reinigungsanweisung (Anlage K10) übergeben und auf diese verwiesen worden.
Entscheidungsgründe
A.
(Klage)
Die zulässige Klage ist begründet.
I. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Restwerklohnanspruch gem. § 631 Abs. 1 BGB jedenfalls in der geltend gemachten Höhe von 1.546,39 € zu.
1. Zwischen den Parteien ist unstreitig ein Werkvertrag gem. § 631 BGB über die Erbringung von Estricharbeiten durch die Klägerin als Subunternehmerin bei dem Neubau eines Mehrfamilienhauses in V. zustande gekommen.
2. Der Werklohnanspruch der Klägerin ist auch fällig, da die Beklagte die geschuldeten Estricharbeiten abgenommen hat und die Klägerin der Beklagten eine prüfbare Schlussrechnung erteilt hat (§§ 641 Abs. 1, 650g Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BGB).
3. Auch die durch die Klägerin geltend gemacht Höhe der Werklohnforderung von im Ausgangspunkt 28.903,63 € ist unbestritten.
4. Auch unter Berücksichtigung der Erfüllungswirkung der durch die Klägerin angenommenen Teilleistung der Beklagten i.H.v. 26.536,52 € am 21.12.2021 (§ 362 Abs. 1 BGB) ist jedenfalls noch eine Restforderung in der geltend gemachten Höhe von 1.546,39 € offen, ohne dass es auf die Zulässigkeit des Skonto-Abzuges trotz unvollständiger Zahlung durch die Beklagte ankommt.
5. Auch die durch die Beklagte im Prozess erklärte Aufrechnung mit vermeintlichen Gegenforderungen der Subunternehmerin der Klägerin aus dem streitgegenständlichen Bauvorhaben ist nicht geeignet, die Klageforderung nach den §§ 387 ff. BGB zum Erlöschen zu bringen.
a) Zwar hat die Beklagte sich unbestritten (§ 138 Abs. 3 ZPO) etwaige Ansprüche des Nachunternehmers der Klägerin abtreten lassen.
b) Die abgetretenen Forderungen bestehen indes nicht.
aa) Die Beklagte hat schon nicht schlüssig vorgetragen, dass die durch die Klägerin von den Rechnungen des Nachunternehmers abgezogenen Beträge von dreimal 500,00 € jemals geschuldet und fällig waren, obgleich die Klägerin dies ausdrücklich bestreitet. Es fehlt jeglicher Vortrag zur Höhe des Werklohnanspruches des Subunternehmers wie auch zur Fälligkeit.
bb) Aber selbst wenn man unterstellt, dass es Werklohnforderungen des Nachunternehmers in dieser Höhe gab, wären sie infolge der darauf mit Fremdtilgungswillen durch die Beklagte selbst geleisteten Zahlung i.H.v. 1.500,00 € erloschen. Auch die Leistung eines Dritten auf Fremde Schuld hat Erfüllungswirkung mit der Folge, dass der Anspruch erlischt (§§ 267 Abs. 1, 362 Abs. 1 BGB, s. nur Grüneberg, in: Grüneberg, BGB, 83. Aufl. 2024, § 267 Rn. 6 f.).
Abweichend verhielt es sich zwar, wenn die Beklagte nicht auf fremde Schuld geleistet, sondern die etwaige Forderung des Subunternehmers gegen die Zahlung übernommen hätte (Forderungskauf). Für einen dahingehenden Willen bzw. entsprechende Absprachen mit dem Nachunternehmer ist indes nichts dargetan und auch sonst nichts ersichtlich. Im Gegenteil ist ausdrücklich eine Leistung auf Ansprüche gegen die Klägerin vorgetragen.
6. Hätte die Beklagte die Klägerin dadurch von einer bestehenden Schuld befreit, könnten ihr gegen die Klägerin zwar bereicherungsrechtliche Ansprüche aus eigenem Recht zustehen (§ 684 Satz 1 bzw. § 812 Abs. 1 BGB, s. nur BGH, Urteil vom 23. Februar 1978 – VII ZR 11/76 –, BGHZ 70, 389-398, Rn. 30). Solche Ansprüche sind indes nicht streitgegenständlich bzw. zur Aufrechnung gestellt. Ansprüche aus eigenem Recht bilden auch bei gleichem Klageziel einen anderen Streitgegenstand als Ansprüche aus abgetretenem fremden Recht, weil der zugrundeliegende Lebenssachverhalt im Kern ein anderer ist (st. Rspr., s. nur BGH, Urteil vom 27. September 2006 – VIII ZR 19/04 –, Rn. 8, juris; BGH, Urteil vom 24. Februar 2022 – VII ZR 13/20 –, Rn. 47, juris; BGH, Urteil vom 24. Mai 2022 – VI ZR 1215/20 –, Rn. 16, juris – jeweils m.w.N.). Hierauf hat das Gericht in der mündlichen Verhandlung nachdrücklich hingewiesen. Die Beklagte ist trotzdem dabei verblieben, nur den abgetretenen Anspruch des Nachunternehmers geltend zu machen und zur Aufrechnung zu stellen. Im Übrigen wäre aber auch zu Ansprüchen aus eigenem Recht letztlich nicht schlüssig vorgetragen, da – wie ausgeführt – bereits schlüssiger Vortrag zu den Forderungen des Nachunternehmers fehlt. Bestanden solche nicht, ergeben sich aus der unstreitig erbrachten Zahlung von 1.500,00 € an den Nachunternehmer aber keine Ansprüche gegen die Klägerin, sondern nur Bereicherungsansprüche der Beklagten gegen den Nachunternehmer (s. nur Grüneberg, in: Grüneberg, BGB, 83. Aufl. 2024, § 267 Rn. 8 m.w.N.).
II. Die Klägerin hat gegen die Beklagte mit Blick auf die Rechnungsstellung am 13.12.2021 ferner Anspruch auf Verzugszinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus der Hauptforderung ab dem 12.01.2022 (§§ 286 Abs. 3, 288 Abs. 2 BGB).
III. Als weiteren Verzugsschaden kann die Klägerin die ihr entstanden Mahnkosten ersetzt verlangen (§§ 280 Abs. 1, 2, 288 Abs. 4, 249 Abs. 1 BGB). Die behauptete Höhe von 20,00 € ist zwar kaum nachvollziehbar, zumal die Mahnungen offenbar per E-Mail erfolgten. Die Beklagte hat den Klägervortrag hierzu aber nicht bestritten (§ 138 Abs. 3 ZPO), sodass das Gericht daran gebunden ist und der Klägerin auch keine weitere Substantiierung des Schadens abzuverlangen war.
IV. Auch die Inkassokosten i.H.v. 169,40 € sind als weiterer Verzugsschaden zu ersetzen (§§ 280 Abs. 1, 2, 288 Abs. 4, 249 Abs. 1 BGB)
1. Die Inkassokosten sind dem Grunde nach ersatzfähig, da es sich um Rechtsverfolgungskosten handelt, die die Klägerin für erforderlichen und zweckmäßig erachten durfte (vgl. nur BGH, Versäumnisurteil vom 7. Dezember 2022 – VIII ZR 81/21 –, Rn. 22, juris).
a) Zwar sind kostenträchtige Maßnahmen zur außergerichtlichen Forderungsbeitreibung allgemein nicht veranlasst, weil absehbar zwecklos, wenn der Schuldner die Leistung bereits ernsthaft und endgültig verweigert hat oder sonst erkennbar zahlungsunfähig oder -unwillig ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2015 – IX ZR 280/14 –, Rn. 11, juris). Hierfür anfallende Kosten hat der Gläubiger ggf. selbst zu tragen (§ 254 BGB). Auch erscheint es naheliegend, dass die Einschaltung eines Inkassobüros bei bestrittenen Forderungen regelmäßig nicht geboten sein wird, da die Forderungsbeitreibung durch ein Inkassobüro – anders als die Einschaltung eines Rechtsanwaltes – regelmäßig nicht geeignet ist, einen Schuldner zur Zahlung zu bewegen, der Einwendungen gegen die Forderung erhebt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 1967 – VIII ZR 278/64 –, Rn. 29, juris; BGH, Urteil vom 29. Juni 2005 – VIII ZR 299/04 –, Rn. 36, juris; BVerfG, Beschluss vom 7. Juni 2023 – 2 BvR 2139/21 –, Rn. 22, juris; Feldmann, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2019, § 286 Rn. 235 m.w.N.). Dies gilt, solange noch keine ernsthaft und endgültige Erfüllungsverweigerung im Sinne eines letzten Wortes vorliegt, aber nicht uneingeschränkt. Insbesondere, wenn Einwendungen offensichtlich unbegründet sind oder als Hinhaltetaktik erscheinen, kann es im Einzelfall doch noch vertretbar sein, ein Inkassobüro zu beauftragen (Feldmann, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2019, § 286 Rn. 235; Löwisch, NJW 1986, 1725, 1727).
b) Gemessen hieran durfte die Klägerin auch vorliegend die Einschaltung des Inkassobüros aus ex post Sicht noch für zweckmäßig erachten. Soweit dies der Parteivortrag erkennen lässt, hatte die Beklagte ihre Abzüge von der streitgegenständlichen Rechnung der Klägerin nur in der E-Mail vom 14.01.2021 (Anlage K2) begründet. Die Begründung ging in dieselbe Richtung wie die – unschlüssigen – Einwendungen, die die Beklagte auch im Prozess erhoben hat. Allerdings hatte die Beklagte hier nicht einmal eine Zahlung auf die Drittforderung oder eine Abtretung behauptet, sondern lediglich vorgetragen, dass die Klägerin ihre Subunternehmer nicht bezahlt hätte. Jedenfalls das war evident ungeeignet, den Einbehalt zu rechtfertigen. Zudem wurde die Klägerin durch den Verfasser der E-Mail sogar noch ausdrücklich aufgefordert, sich mit Herrn T. (gemeint vermutlich der Geschäftsführer der Beklagten) telefonisch kurz abzusprechen. Das letzte Wort sollte hier also offensichtlich noch nicht gesprochen sein. Wie die aus der Anlage K3 teilweise ersichtliche E-Mail der Klägerin vom 07.04.2022 zeigt, hatte die Klägerin gegenüber der Beklagten im Folgenden auch nochmals die Abzüge gegenüber dem Subunternehmer erläutert. Dass die Beklagte hierauf vor Einschaltung des Inkassobüros nochmals erwidert hätte, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Vielmehr zahlte sie offenbar trotz weiterer Mahnungen der Klägerin (vgl. die E-Mail vom 16.09.2022, Anlage K3) schlicht nicht. Dann aber konnte die Klägerin zumindest berechtigterweise hoffen, die Einwendungen der Beklagten seien ausgeräumt oder vorgeschützt, und ein Inkassobüro könne die Beklagte doch noch zur Zahlung bewegen. Daran dürfen schließlich keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Es kommt darauf an, wie sich die voraussichtliche Abwicklung des Schadensfalls aus der Sicht des Geschädigten darstellt (BGH, Versäumnisurteil vom 7. Dezember 2022 – VIII ZR 81/21 –, Rn. 22, juris).
2. Der Höhe nach begegnen die der Klägerin unbestritten (§ 138 Abs. 3 ZPO) entstandenen Kosten i.H.v. 169,40 € gleichfalls keine Bedenken. Die Obergrenze des § 13e Abs. 1 RDG ist gewahrt. Zwar wären mit Blick auf die entsprechenden Anrechnungsvorschriften (Teil 3 Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG, § 15a Abs. 1 RVG) i.E. leicht geringere Gesamtkosten entstanden, wenn die Klägerin sogleich einen Anwalt und diesen sodann auch später mit der gerichtlichen Vertretung beauftragt hätte. Das begründet aber noch keinen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht (eingehend dazu BGH, Versäumnisurteil vom 7. Dezember 2022 – VIII ZR 81/21 –, Rn. 35 ff., juris).
3. Die Klägerin kann auch Ersatz der Inkassokosten in Geld verlangen. Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Geld besteht zwar nur, wenn diese durch den Schuldner bereits bezahlt wurden (§ 249 Abs. 1 BGB) oder die Voraussetzungen des § 250 BGB vorliegen (ggf. auch infolge einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung, vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Februar 2023 – VI ZR 137/22 –, Rn. 66, juris; Grüneberg, BGB 83. Aufl. 2024, § 250 Rn. 2). Andernfalls besteht nur ein Anspruch auf Freistellung (§ 249 Abs. 1 BGB). Ob die Klägerin die Inkassokosten bezahlt hat, lässt ihr Vortrag auch nicht erkennen. Allerdings hat die Beklagte die Leistung bereits durch den Widerspruch gegen den Mahnbescheid, spätestens aber im Prozess durch den Klageabweisungsantrag ernsthaft und endgültig verweigert.
V. Auch die Auskunftskosten i.H.v. 23,50 € kann die Klägerin als weiteren Verzugsschaden ersetzt verlangen (§§ 280 Abs. 1, 2, 288 Abs. 4, 249 Abs. 1 BGB). Zwar handelt es sich insoweit nicht um Kosten der Rechtsverfolgung i.e.S., die die Klägerin aufgewandt hätte, um die Forderung durchsetzen zu können. Vielmehr hat sie die entsprechenden Kosten im eigenen Interesse verauslagt, um zu prüfen, ob die gerichtliche Inanspruchnahme der Beklagten wirtschaftlich sinnvoll ist. Auch insoweit handelt es sich aber um Aufwendungen, die die Klägerin vernünftigerweise für geboten halten durfte und die ihr ohne den Verzug der Beklagten nicht entstanden wären, mithin um einen adäquat kausalen und auch sonst ersatzfähigen Verzugsschaden (i.E. wie hier Grüneberg, in: Grüneberg, BGB, 83. Aufl. 2024, § 286 Rn. 47; AG Düsseldorf, Urteil vom 7. November 2014 – 57 C 10222/14 –, Rn. 6, juris; OLG Naumburg, Urteil vom 24. Januar 2014 – 10 U 7/13 –, Rn. 30, juris; a.A. OLG Bamberg, Beschluss vom 6. Dezember 2001 – 4 W 128/01 –, Rn. 6, juris; LG Berlin, Urteil vom 14. Juli 2015 – 14 O 505/14 –, Rn. 34, juris).
B.
(Widerklage)
I. Die Widerklage ist zulässig.
a) Das Landgericht Karlsruhe ist mit Blick auf den Streitwert der Widerklage sachlich (§§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG, § 5 ZPO) und bereits mit Blick auf den allgemeinen Gerichtsstand der Klägerin, der im hiesigen Bezirk liegt, auch örtlich zuständig (§§ 12, 17 ZPO). Dass der besondere Gerichtsstand der Widerklage (§ 33 Abs. 1 ZPO) mangels Konnexität nicht gegeben ist, spielt für die örtliche Zuständigkeit daher keine Rolle.
b) Der Zulässigkeit der Widerklage steht auch sonst nicht entgegen, dass die Widerklage mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln nicht in Zusammenhang steht i.S.d. § 33 Abs. 1 ZPO.
§ 33 Abs. 1 ZPO regelt einen besonderen Gerichtsstand. Der Norm kann mit der heute praktisch allgemeinen Meinung kein allgemeines Konnexitätserfordernis im Sinne einer besonderen Prozessvoraussetzung für Widerklagen entnommen werden (s. nur OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. November 2008 – VI-U (Kart) 10/08 –, Rn. 33, juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 24. Mai 2012 – 6 U 103/11 –, Rn. 37, juris; Schultzky, in: Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 33 Rn. 1; Toussaint, in: BeckOK-ZPO, Stand 01.12.2023, § 33 Rn. 11 ff.; Heinrich, in: Musielak/Voit, ZPO; 20. Aufl. 2023, § 33 Rn. 3 – jeweils m.w.N.; dezidiert a.A. wohl zuletzt noch BGH, Urt. v. 27.05.1953 – II ZR 147/52, BeckRS 1953, 31203783, allerdings mit der Möglichkeit des Rügeverlustes nach § 295 Abs. 1 ZPO, der hier allerdings nicht in Betracht käme, da der Klägerbevollmächtigte im Rahmen der mündlichen Verhandlung für die Unzulässigkeit der Widerklage plädiert hat, nachdem das Gericht das Thema aufgeworfen hatte; offenlassend bis skeptisch BGH, Urteil vom 30. Mai 1969 – V ZR 11/68 –, Rn. 10, juris; lediglich referierend BGH, Urteil vom 21. Februar 1975 – V ZR 148/73 –, Rn. 11, juris). Dagegen sprechen nicht nur der eindeutige Wortlaut und die systematische Stellung der Norm bei den Gerichtsständen. Auch § 145 Abs. 2 ZPO, der die Abtrennung inkonnexer Widerklagen nach Ermessen des Gerichtes gestattet (s. nur Stadler, in: Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl. 2023, § 145 Rn. 8), setzt voraus, dass solche grundsätzlich zulässig sind und auch eine Abtrennung nicht zwingend gebieten. Soweit in der jüngeren Rechtsprechung des BGH noch von einem Sachzusammenhangserfordernis aus § 33 ZPO die Rede war, bezog sich dies auch durchweg auf Drittwiderklagen (vgl. BGH, Urteil vom 5. April 2001 – VII ZR 135/00 –, BGHZ 147, 220-225, Rn. 6; BGH, Urteil vom 11. Oktober 2018 – I ZR 114/17 –, Rn. 17 ff., juris; BGH, Urteil vom 27. April 2022 – IV ZR 344/20 –, Rn. 4 ff., juris), bei denen die Forderung nach einem Sachzusammenhang sicherlich gerechtfertigt, aber richtigerweise auch nicht aus § 33 ZPO abzuleiten ist (vgl. bereits BGH, Urteil vom 17. Oktober 1963 – II ZR 77/61 –, BGHZ 40, 185-191, Rn. 12).
II. Die Widerklage ist jedoch unbegründet.
Die Beklagte und Widerklägerin hat gegen die Klägerin und Widerbeklagte keinen Anspruch auf Kostenvorschuss (§ 637 Abs. 3 BGB) aus dem abgetretenen Recht der Zedentin.
1. Allerdings ist die Klägerin mit der Zedentin unstreitig durch einen Werkvertrag über die Aufbringung einer Bodenbeschichtung in der Werkhalle in N. verbunden.
2. Der Anwendungsbereich der Mängelrechte ist eröffnet, nachdem das Werk der Klägerin unstreitig durch die Zedentin abgenommen wurde.
3. Ferner kann das Gericht ohne Beweisaufnahme auch nicht ausschließen, dass die in Erfüllung dieses Vertrages durch die Klägerin erbrachten Werkleistungen der Klägerin i.S.d. § 633 Abs. 2 BGB mangelhaft sind.
a) Die Beklagte, die infolge der Abnahme die Darlegungs- und Beweislast für etwaige Mängel trifft (§ 363 BGB), hat einen Mangel schlüssig vorgetragen. Nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien (bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, die nachträgliche Vortragsänderung der Klägerin ist unbeachtlich, § 296a ZPO) entsprechend der insoweit übereinstimmenden Angaben der Parteien im Termin hatten die Vertragsparteien sich entsprechend den Anforderungen der Bauherrin darauf verständig, dass die durch die Klägerin aufzubringende Beschichtung gewährleisten sollte, dass die bei dem Betrieb der Firma vorkommende Bohr- bzw. Sägeemulsion entsprechend dem der Klägerin vorgelegten Muster noch innerhalb eines Tages abwischbar sein sollte. Die Beklagte hat ihren zunächst wenig klaren Mangelvortrag im Rahmen der mündlichen Verhandlung dahingehend präzisiert, dass die durch die Klägerin aufgebrachte Bodenbeschichtung diese vereinbarte Funktionalität nicht erfülle. Trifft das zu, entspricht das Werk nicht der vereinbarten Beschaffenheit und ist daher mangelhaft (§ 633 Abs. 2 Satz 1 BGB).
b) Die Beklagte hat ihr Vorbringen auch in geeigneter Weise unter Beweis gestellt, sodass in die Beweisaufnahme einzutreten wäre, wenn es auf die Mangelhaftigkeit ankäme. Welche Schmutzresistenz die durch die Klägerin aufgebrachte Bodenbeschichtung besitzt, kann im Rahmen des auch beklagtenseits angetretenen Sachverständigenbeweises aufgeklärt werden. Zwar kommt es für die Mangelhaftigkeit grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Gefahrüberganges an (s. nur Moufang/Koos, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 4. Aufl. 2022, § 633 Rn. 7 m.w.N.). Indes ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass sich die Beschaffenheit der Beschichtung bzw. deren Funktionalität nachträglich negativ verändert hätte. Die Klägerin macht vielmehr ausdrücklich geltend, das System erfülle weiterhin die ihm durch den Hersteller technisch zugedachte Funktion. Damit stellt sich die Frage, ob das Produkt auch dem vereinbarten Funktionalitätserfordernis mit Blick auf die konkrete Belastung im fraglichen Betrieb mit den dort anzutreffenden Emulsionen genügt. Die Beklagte hat die Zusammensetzung der Emulsion zwar nicht näher beschrieben. Die Vortrags- und Substantiierungslast ist aber auch kein Selbstzweck und darf nicht grundlos überspannt werden. Es muss im Prozess genügen, dass vorgetragen ist, dass dieselbe Emulsion auch heute noch Verwendung findet, da auf dieser Grundlage der angetretene Sachverständigenbeweis erhoben werden kann (vgl. Voit, in: BeckOK-BGB, Stand 01.11.2022, § 635 Rn. 19 m.w.N.). Zwar hat die Klägerin auch die für den Sachverständigenbeweis insoweit notwendige Anknüpfungstatsache, dass in dem Betrieb weiterhin dieselbe Emulsion Verwendung findet, bestritten. Allerdings hat die Beklagte hierzu im Termin Zeugenbeweis angetreten.
4. Ein Anspruch auf Kostenvorschuss würde, wenn man unterstellt, dass ein Mangel besteht, dem Grunde nach wohl auch nicht an der fehlenden Fristsetzung scheitern.
a) Eine Fristsetzung muss mit einem eindeutigen und bestimmten Verlangen nach Nacherfüllung verbunden sein. Dabei muss die Aufforderung erkennen lassen, welcher konkrete Mangel beseitigt werden soll (s. nur Voit, in: BeckOK-BGB, Stand 01.11.2022, § 637 Rn. 2). Allerdings genügt es dabei, den Mangel über das Mangelsymptom zu beschreiben; der Besteller ist nicht gehalten, die Mangelursachen im Einzelnen zu bezeichnen (sogenannte Symptomtheorie, st. Rspr. s. nur BGH, Beschluss vom 4. November 2020 – VII ZR 261/18 –, Rn. 14, juris m.w.N.). Auch bei der Beschreibung des Mangelsymptoms sind großzügige Maßstäbe anzulegen. So soll es genügen, sich auf unzureichenden Schallschutz zu berufen, ohne dass Einzelheiten zu bestimmten Ist- oder Soll-Werten erforderlich sein sollen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 – VII ZR 115/97 –, Rn. 10, juris).
b) Gemessen hieran, wird man in dem Schreiben der Zedentin vom 21.03.2023 (Anlage B8) eine wirksame Fristsetzung zur Mangelbeseitigung sehen müssen, wie sie auch für den Anspruch auf Kostenvorschuss Voraussetzung ist (§ 637 Abs. 1, 3 BGB). Die Beschreibung des Mangels mit „Nicht richtig ausgeführte Oberflächen-Optimierung für Böden in Industrie, Gewerbe und Produktion im Erd & Untergeschoss“ wäre für sich genommen sicherlich unzureichend. Der Zusatz: „Kein Fleckschutz, Die Imprägnierung ist mangelhaft“ lässt aber immerhin erkennen, dass die Imprägnierung die ihr zugedachte Funktionalität (Fleckenschutz) angeblich nicht erfüllen soll. Damit war der nunmehr auch streitgegenständliche Mangel zwar nicht sonderlich substantiiert, aber mit Blick auf die als fehlend monierte Funktionalität doch noch ausreichend konkret beschrieben. Die gesetzte Frist bis zum 14.04.2023 „für den Eingang des Formulars, auf dem die erfolgte Mängelbeseitigung per Unterschrift bestätigt ist,“ war dem Wortlaut nach zwar auch keine Mangelbeseitigungsfrist, sondern ein Verlangen nach einer Bestätigung. Damit hatte die Zedentin bei verständiger Würdigung aber zugleich auch unmissverständlich das Verlangen zum Ausdruck gebracht, dass die Nacherfüllung bis zum 14.04.2023 abgeschlossen sein sollte (§§ 133, 157 BGB).
c) Ob die Klägerin die Nacherfüllung im Folgenden oder auch durch ihr Prozessverhalten auch bereits ernsthaft und endgültige verweigert hätte, sodass eine Fristsetzung ohnehin entbehrlich wäre (§ 637 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB), würde damit keine Rolle mehr spielen.
5. Die Beklagte wäre auch aktivlegitimiert, den Anspruch auf Kostenvorschuss geltend zu machen. Unstreitig hat die Zedentin der Beklagten mit der als Anlage B10 vorgelegten Abtretungsvereinbarung sämtliche Ansprüche aus und im Zusammenhang mit dem insoweit streitgegenständlichen Nachunternehmervertrag abgetreten, wobei ersichtlich insbesondere die Mängelrechte gemeint waren. Damit ist die Beklagte in die Gläubigerstellung auch bzgl. des Kostenvorschussanspruches eingetreten (§ 398 Satz 2 BGB). Auch der Anspruch auf Kostenvorschuss ist ungeachtet seiner Zweckbindung grundsätzlich abtretbar (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1985 – VII ZR 31/85 –, Rn. 26 ff., juris; BGH, Urteil vom 8. Dezember 1988 – VII ZR 139/87 –, Rn. 13, juris; Voit, in: BeckOK-BGB, Stand 01.11.2022, § 637 Rn. 15; Moufang/Koos, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 4. Aufl. 2022, § 637 Rn. 32).
6. Jedenfalls in der Person der Beklagten und Widerklägerin als neue Gläubigerin liegen die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kostenvorschuss allerdings nicht mehr vor.
a) Der heute in § 637 Abs. 3 BGB kodifizierte Anspruch auf einen zweckgebundenen und daher abzurechnenden Kostenvorschuss für die zu erwartenden Aufwendungen zur Mangelbeseitigung, der ursprünglich aus den §§ 242, 669 BGB abgeleitet wurde, soll den Besteller in die Lage versetzen, die Selbstvornahme nach § 637 Abs. 1 BGB durchzuführen, ohne mit eigenen Mitteln in Vorleistung gehen zu müssen (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 1967 – VII ZR 215/64 –, BGHZ 47, 272-275, Rn. 35 ff.; BGH, Urteil vom 14. Januar 2010 – VII ZR 108/08 –, Rn. 12, juris). Er steht dem Besteller daher nur zu, wenn er auch beabsichtigt, den erhaltenen Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung einzusetzen (BGH, Urteil vom 5. April 1984 – VII ZR 167/83 –, Rn. 27, juris; Moufang/Koos, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 4. Aufl. 2022, § 637 Rn. 33). Im Allgemeinen ist das zu vermuten (vgl. BGH, Urteil vom 5. April 1984 – VII ZR 167/83 –, Rn. 27 f., juris). Die Darlegungs- und Beweislast für das Gegenteil soll den Unternehmer treffen (OLG Frankfurt, Urteil vom 11. November 2016 – 4 U 3/11 –, Rn. 98, juris).
b) Auch im Falle der Abtretung besteht ein Anspruch auf Kostenvorschuss grundsätzlich nur, wenn der Zessionar als neuer Vorschussgläubiger beabsichtigt, den Vorschuss zur Mängelbeseitigung im Wege der Selbstvornahme nach § 637 Abs. 1 BGB einzusetzen (Rast, in: BeckOGK-BGB, Stand 01.01.2024, § 637 Rn. 205; Krause-Allenstein, in: Kniffka, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand 19.10.2023, § 637 Rn. 67; Peters, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2019, Abtretung von Gewährleistungsansprüchen, Rn. 4). Auch dafür soll eine Vermutung sprechen können, wenn mit der Abtretung des Vorschusses auch das Eigentum an dem mangelhaften Werk auf den Zessionar übertragen wurde, nicht aber, wenn dieser keinen unmittelbaren oder mittelbaren Zugriff auf das Werk hat; die Darlegungs- und Beweislast für die Absicht zur Mangelbeseitigung soll dann den Besteller treffen (Rast, in: BeckOGK-BGB, Stand 01.01.2024, § 637 Rn. 205; anders evtl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1988 – VII ZR 139/87 –, Rn. 10, juris).
c) Gemessen hieran kann die Beklagte aus abgetretenem Recht keinen Anspruch auf Kostenvorschuss beanspruchen, da sie keine zweckentsprechende Verwendung des Vorschusses zur Selbstvornahme beabsichtigt.
aa) In tatsächlicher Hinsicht ist unstreitig, dass die Beklagte und Widerklägerin nicht beabsichtigt, den behaupteten Mangel selbst zu beseitigen oder die Mangelbeseitigung auf ihre Kosten in Auftrag zu geben. Die Beklagte und Widerklägerin behauptet vielmehr, sie wolle den Kostenvorschuss der Zedentin zur Verfügung stellen, die ihrerseits beabsichtige, diesen zur Mangelbeseitigung einzusetzen. Ob dies zutrifft und wen in dieser Konstellation die Darlegungs- und Beweislast für welche Tatsachen träfe, bedarf hier keiner Entscheidung.
bb) Auch wenn man zugunsten der Beklagten und Widerklägerin unterstellt, dass die Zedentin, der sie den Vorschuss weiterleiten möchte, beabsichtigt, damit die Mangelbeseitigung vorzunehmen, rechtfertigt dies in rechtlicher Hinsicht keinen Anspruch auf Kostenvorschuss.
(1) Unzweifelhaft muss der Besteller die Selbstvornahme nicht unmittelbar selbst durchführen wollen, um Anspruch auf Kostenvorschuss zu haben. Ausreichend ist die Absicht, ein Unternehmen hiermit zu beauftragen, da auch dadurch nach § 637 Abs. 1 BGB ersatzfähige Aufwendungen zur Mangelbeseitigung entstehen.
(2) Ferner besteht ein Anspruch auf Kostenvorschuss nach der Rechtsprechung auch dann, wenn der Hauptunternehmer von seinem Subunternehmer einen Vorschuss fordert, den er seinerseits als Kostenvorschuss an seinen Auftraggeber weiterleiten möchte oder bereits weitergeleitet hat (BGH, Urteil vom 1. Februar 1990 – VII ZR 150/89 –, BGHZ 110, 205-209, Rn. 12; implizit auch BGH, Urteil vom 9. November 2023 – VII ZR 92/20 –, Rn. 19, juris). Er ist nicht darauf beschränkt, den geleisteten Vorschuss als Schadensersatz Zug um Zug gegen Abtretung der aus der Vorschusszahlung folgenden Ansprüche gegen seinen Besteller ersetzt zu verlangen (dazu jüngst BGH, Urteil vom 9. November 2023 – VII ZR 92/20 –, Rn. 20 ff., juris). Das erscheint auf den ersten Blick zwar rechtsdogmatisch problematisch, da der Vorschussanspruch immer eine Vorleistung auf den Aufwendungsersatz nach § 637 Abs. 1 BGB ist und Mangelbeseitigungskosten, die der Hauptunternehmer seinem Besteller nach § 637 Abs. 1 BGB zu erstatten hat, strenggenommen keine Aufwendungen des Hauptunternehmers zur Mangelbeseitigung, sondern die Folge daraus sind, dass er eine solche gerade nicht selbst vorgenommen hat. Mit Blick auf den Sinn und Zweck des § 637 Abs. 1 wie auch des § 637 Abs. 3 BGB, den Besteller von den Mangelbeseitigungskosten freizuhalten, wird man aber auch einen entsprechenden Vorschuss- und Erstattungsanspruch in der Leistungskette zulassen müssen (vgl. i.E. unter Verweis auf § 242 BGB BGH, Urteil vom 1. Februar 1990 – VII ZR 150/89 –, BGHZ 110, 205-209, Rn. 12).
(3) Davon unterscheidet sich der vorliegende Fall: Die Beklagte und Widerklägerin will den Vorschuss an die Zedentin weiterleiten. Die Zedentin hat ihre Mängelrechte indes umfassend an die Widerklägerin abgetreten. Der Zedentin kann ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 637 Abs. 1 BGB daher nicht entstehen, auch wenn sie zur Selbstvornahme schreitet. Der Widerklägerin wiederum, die Inhaberin der Mängelrechte ist, kann durch eine von ihr nicht beauftragte Nachbesserung durch die Zedentin auch kein Anspruch auf Kostenerstattung gegen die Klägerin entstehen. Schließlich schuldet sie der Zedentin ihrerseits keine Kostenerstattung und keine Vergütung für die Nachbesserung. Ihr entstehen also gar keine Aufwendungen, wenn die Zedentin die Mangelbeseitigung durchführt. Da der Anspruch auf Kostenvorschuss nach § 637 Abs. 1 BGB aber ein Vorschuss auf den Anspruch auf Kostenerstattung nach § 637 Abs. 1 BGB ist, kommt ein Vorschussanspruch nicht in Betracht, wenn eine Verwendung beabsichtigt ist, die keinen Erstattungsanspruch auslösen wird.
(4) Gegen diese Sichtweise kann auch nicht eingewandt werden, dass der Kostenvorschussanspruch dadurch in seinem wirtschaftlichen Wert bzw. seiner Verwertbarkeit ausgehöhlt oder in der Realisierbarkeit tangiert würde. Ungeachtet seines zweckgebundenen Charakters ist der Vorschussanspruch ein vollwertiger Anspruch, der – ggf. auch ohne den Kostenerstattungsanspruch – abgetreten werden können wird. Leistet der Schuldner auf einen solchen Anspruch, wird sich der Zedent, wenn der Kostenerstattungsanspruch bei ihm verblieben ist (nicht anders als bei einer Erfüllung des Kostenvorschussanspruches im Wege der Aufrechnung), so behandeln lassen müssen, als hätte er den Vorschuss erhalten und wird diesen ggf. auch zurückzuerstatten haben, wenn und soweit er den fraglichen Betrag nicht zweckentsprechend verwendet hat. Schließlich ist der Anspruch auf Abrechnung und ggf. Rückzahlung des Vorschusses kein Bereicherungsanspruch, sondern ein aus dem Vertrag abgeleiteter Anspruch, der sich aus der Zweckbindung des Vorschusses rechtfertigt (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2010 – VII ZR 108/08 –, BGHZ 183, 366-376, Rn. 13; BGH, Urteil vom 9. November 2023 – VII ZR 92/20 –, Rn. 28, juris). Damit wird auch eine Inkassozession des Kostenvorschussanspruches oder eine Verpfändung oder sonstige wirtschaftliche Verwertung ohne gleichzeitige Abtretung des Erstattungsanspruches möglich. Werden die Mängelrechte jedoch – wie hier – insgesamt abgetreten, kann der Zessionar den Vorschuss nicht mehr zum Zwecke einer Selbstvornahme durch den Zedenten einziehen, sondern nur noch, wenn er die Mangelbeseitigung selbst und auf eigene (ihm dann vorzuschießende) Kosten beabsichtigt. Daran fehlt es hier unstreitig.
(5) Das Gericht verkennt auch nicht, dass das wirtschaftliche Ziel der Beklagten wie auch der Zedentin offenbar nichts Anderes war, als durch eine Art Inkassozession den fremden Anspruch auf Kostenvorschuss in den bereits anhängigen Prozess zwischen der Klägerin und der Beklagten einzuführen – zumal die Beklagte und die Zedentin offenbar persönlich und familiär eng verbunden sind und ihre geschäftlichen Aktivitäten auch sonst ersichtlich nicht immer sauber trennen. Dieses Ziel ändert aber nichts daran, dass ausdrücklich eine vollständige Abtretung aller Mängelrechte erfolgt ist. Dass diese zweckwidrige rechtliche Konstruktion dazu geführt hat, dem Anspruch auf Kostenvorschuss die Grundlage zu entziehen, rechtfertigt keine einschränkende Auslegung gegen den Wortlaut. Es handelt sich um einen auch für die Auslegung unbeachtlichen Motiv- bzw. Rechtsfolgenirrtum. Nachdem die Beklagte und Widerklägerin auch auf die Bedenkenhinweise des Gerichtes im Termin nicht reagiert hat und die Widerklage aus Rechtsgründen spruchreif abweisungsreif ist, verbietet sich eine Beweisaufnahme, auch wenn möglicherweise nur ein solche den Streit der Beteiligten endgültig befrieden könnte.
C.
(Nebenentscheidungen)
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 1, 2 ZPO.
D.
(Streitwert)
Der gem. § 63 Abs. 2 GKG festgesetzte Streitwert für die Gerichtsgebühren von 22.523,24 € folgt aus § 3 ZPO i.V.m. den §§ 39 Abs. 1, 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG. Er ergibt sich aus der gem. § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG gebotenen Addition der Klagehauptforderung (1.546,39 €) und der Hauptforderung aus der Widerklage (20.976,85 €). Die durch die Beklagte gegen die Klageforderung aufgerechnete (vermeintliche) Gegenforderung von 1.500,00 € erhöht den Streitwert nicht, da die Klägerin diese als einzige Einwendung im Wege der Primäraufrechnung und nicht als Hilfsaufrechnung eingewandt hat (§ 45 Abs. 3 GKG, s. nur Schindler, in: BeckOK-Kostenrecht, Stand 01.10.2023, § 45 GKG Rn. 19).