LG Bonn – Az.: 1 O 304/17 – Urteil vom 18.07.2018
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen ihn vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der vollstreckende Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtsfolgen eines Arbeitsunfalls, der sich am 01.10.2014 auf der Baustelle „D“ am C-Platz in F zugetragen haben soll.
1.
Der Kläger ist Maler und Lackierer und war auf der Baustelle als Mitarbeiter des an dem Rechtsstreit unbeteiligten Malerunternehmens X GmbH & Co. KG tätig.
Die Beklagte zu 1) ist die Bauherrin. Sie hatte im Rahmen eines Architektenvertrages die Bauleitung an die A übertragen. Diese hatte ihrerseits – im Einverständnis mit der Klägerin – Teilleistungen der Leistungsphasen 6 – 9 der Beklagten zu 2) übertragen. Hierzu gehörte auch die Objektüberwachung.
Mit den Aufgaben des Sicherheits- und Gesundheitskoordinators (im Folgenden: SiGeKO) beauftragte die Beklagte zu 1) die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 3), das damalige Ingenieurbüro W, E + Partner. Die Beklagten zu 4) bis 6) sind die Gesellschafter der Beklagten zu 3).
Die Beklagte zu 7) war mit Gerüstbauarbeiten beauftragt worden. Sie hat das Gerüst erstellt, auf dem es zu dem hier streitgegenständlichen Unfall gekommen sein soll.
2.
Der Kläger war von seinem Arbeitgeber angewiesen worden, ab Mitte August 2014 die Holzfronten der Dachgauben des Hauses der Bildung und ein sich jeweils darüber befindliches, durchgängiges hölzernes Fries zu malern. Die Dachgauben befinden sich in einer Höhe von ca. 15 m.
Das Gebäude war zuvor bereits von der Beklagten zu 7) eingerüstet worden. Die Freigabe des Gerüsts war am 10.06.2014 erfolgt.
Der Kläger konnte die Dachgauben nicht in einem Durchgang malern. Seine Arbeit schloss sich vielmehr unmittelbar an die Arbeit der Dachdecker an, welche die Dachgauben ein- und wieder ausbauten und neu eindeckten. Auch am Morgen des 01.10.2014 stieg der Kläger auf das Gerüst, um weitere Dachgauben bzw. das darüber befindliche Fries zu malern. Das weitere Geschehen ist streitig.
Nach dem Unfallgeschehen stellte sich heraus, dass sich an der mutmaßlichen Unfallstelle eine nicht ordnungsgemäße Gerüsterweiterung befand. Dort war am Hauptkorpus des Gerüstes zum Dach hin ein kurzes Gerüstrohr mit einer einzigen Schelle befestigt worden. Auf der Gaubenseite lag dieses kurze Rohr zusätzlich auf einem in die Gaube geschlagenen einzelnen Nagel auf (vgl. Anlage K3, Bl. ## d.A.).
Nach dem Unfallereignis wurde ein Rettungswagen gerufen. Durch den erstbehandelnden Arzt wurden eine Thoraxprellung und Schürfwunden diagnostiziert. Am 07.10.2014 erfolgte zudem eine Kernspin-Untersuchung des Klägers. Bei dieser wurde lediglich eine leichte Osteochondrose (eine durch Abnutzung der Bandscheiben bedingte knöcherne Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule) bei den Wirbeln C5/6 festgestellt, sowie bei den Wirbeln C6/C7 ein geringer medianer sublig. Prolaps (Bandscheibenvorfall) ohne Myelonkontakt.
Der Kläger war bis zum 21.11.2014 arbeitsunfähig krankgeschrieben und arbeitet seit dem 22.11.2014 wieder.
3.
a)
Der Kläger behauptet, er sei am 01.10.2014 auf eine Gerüstdiele gestiegen, die sich an der fraglichen Stelle zwischen dem Gerüstkorpus und einer Dachgaube befunden habe. Diese habe auf der rechten Seite auf dem oben beschriebenen kurzen Rohr aufgelegen und auf der linken Seite auf einem längeren, mit mehreren Schellen am Gerüstkorpus befestigten Rohr. Entsprechende Vorrichtungen seien an allen Dachgauben, an denen der Kläger zuvor gearbeitet habe, vorhanden gewesen. Derartige Konstruktionen seien notwendig gewesen, um überhaupt an den Dachgauben arbeiten zu können.
Die Konstruktion habe der Kläger am 01.10.2014 vorgefunden, als er das Gerüst betreten habe, nachdem er am Tag zuvor aufgefordert worden war, einen neuen, von den Dachdeckern abgearbeiteten Bereich zu malern. Da auf den Rohren/Stangen, die Richtung Gaube verlegt waren, Gerüstdielen aufgelegt gewesen seien, habe er davon ausgehen müssen, dass es sich um eine bewährte Konstruktion handele, die zuvor von den Dachdeckern benutzt worden sei.
Stattdessen habe sich die Diele aber kurze Zeit nach dem Betreten auf der rechten Seite abwärts bewegt. Der Kläger habe sich noch im letzten Moment mit einem Sprung an das Gaubendach auffangen können. Anderenfalls wäre er abgestürzt. Die mangelhafte Befestigung der abgestürzten Diele sei für den Kläger nicht zu erkennen gewesen.
Der Kläger habe durch den „rettenden Sturz an das Gaubendach“ eine bis heute andauernde Verletzung erlitten. Diese sei verbunden mit Bewegungseinschränkungen vor allem im vorderen linken Schulterbereich. Er könne seinen linken Arm nicht über den Kopf strecken, sondern nur bis ca. 50 % der Maximalleistung. Er könne nicht über längere Zeit auf der linken Körperseite liegen. Komme dies dennoch vor, werde er nachts von erheblichen Schmerzen wach. Morgens habe er in beiden Händen ein Taubheitsgefühl, das sich erst nach mehrminütigen Bewegungsübungen auflöse. Im linken Oberarm habe er das Gefühl, dass eine Zwinge angelegt werde. Der linke Unterarm fühle sich extrem schwer an, als ob ein Gewicht dranhängen würde. Die Beschwerden seien erstmals zeitnah nach dem Unfall aufgetreten. Er arbeite nur deshalb voll, da die Ärzte für seine Beschwerden keine Erklärung hätten. Ferner leide der Kläger unter einer psychischen Beeinträchtigung. Wenn er sich nicht an der Gaube aufgefangen hätte, wäre er mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Tode gekommen. Er arbeite daher nur noch in Ausnahmefällen in solchen Höhen.
Der Kläger behauptet ferner, die Beklagte zu 1) habe keinerlei Kontrollmaßnahmen gegenüber ihrer Bauleiterin eingerichtet und habe sich von ihrem Bauprojekt schlicht abgekoppelt. Ferner bestreitet er die Zuverlässigkeit und Tauglichkeit der Beklagten zu 2) als Bauleiterin. Die Beklagte zu 1) habe durchaus im Vorfeld konkreten Anlass gehabt, an der Kompetenz und Fähigkeit der Bauleitung zu zweifeln, da es zwei Wochen vor dem Vorfall zu einem ähnlichen Geschehen gekommen sei. Ein Mitarbeiter der Dachdeckerfirma, die dem Kläger vorangehend gearbeitet habe, habe einem Kollegen des Klägers gegenüber erklärt, der Kläger sei schon der zweite innerhalb von zwei Wochen, der auf dem Gerüst im Bereich des Daches verunfallt sei.
Der Kläger behauptet, die Beklagte zu 2) habe nur äußerst sporadisch und punktuell Sichtprüfungen des Baugerüsts durchgeführt. Dies sei eindrucksvoll dadurch belegt, dass eine Begehung der Unfallstelle durch die Beklagten erst zwei Monate danach stattgefunden habe. Er ist der Ansicht, der Beklagten zu 2) habe trotz der Beauftragung eines SiGeKo eine tägliche Gerüstbegehung oblegen.
Der Kläger ist ferner der Ansicht, die Beklagte zu 3) habe ihre Pflichten als SiGeKo zur Überwachung und Prüfung des Baugerüsts verletzt. Er behauptet, wenn die Beklagte zu 3) die gesicherte Nutzung des Baugerüsts durch verschiedene Handwerker koordiniert und die Kontrolle der entsprechenden Planung vorgenommen hätte, wäre es zu dem Unfall nicht gekommen.
Der Kläger behauptet schließlich, die Beklagte zu 7) habe nicht nur das Gerüst im Allgemeinen sondern insbesondere die streitgegenständliche Konstruktion vor der fraglichen Gaube im Rahmen der Gerüsterstellung errichtet. Er ist der Ansicht, der Beweis des ersten Anscheins spreche hierfür, so dass die Beklagte zu 7) sich entlasten müsse. Diese hafte nach §§ 836, 837 BGB.
b)
Der Kläger beantragt:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld zu bezahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird und sich im Mindestbetrag auf 4.000,00 EUR beläuft.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner dem Kläger sämtliche künftigen, materiellen und immateriellen Schäden, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit, zu bezahlen haben, insoweit diese nicht auf Dritte, insbesondere Sozialversicherungsträger übergegangen sind.
Die Beklagten zu 1) – 7) beantragen, die Klage abzuweisen.
c)
aa)
Die Beklagte zu 1) ist der Ansicht, sie hafte nicht, da sie im Rahmen des Bauvorhabens sämtliche ihr als Bauherrin obliegenden Verkehrssicherungspflichten auf zuverlässige Dritte übertragen habe. Sie behauptet, im Rahmen der von ihr durchgeführten Kontrollen hätten sich keine Anzeichen dafür ergeben, dass diese ihre Pflichten nicht vollständig erfüllen würden. Der Projektleiter der Beklagten zu 1), Herr L, habe nicht nur vor Erteilen der jeweiligen Aufträge überprüft, ob die jeweiligen Unternehmen über hinreichende Erfahrung und Fachkunde verfügten. Er sei zudem von Beginn an an meist mehreren Tagen in der Woche vor Ort gewesen und habe stichprobenartig kontrolliert, ob die beauftragten Unternehmen ihren Pflichten nachkommen.
Den Unfallhergang bestreitet die Beklagte zu 1) mit Nichtwissen. Bei einer Begehung der Unfallstelle durch Mitarbeiter der Beklagten zu 2) und 3) unmittelbar nach dem Unfall sei festgestellt worden, dass auf dem Belag der Gerüstkonsole Bohlen gestapelt worden waren. Dies habe den Rückschluss nahe gelegt, dass der Kläger selbst die fragliche Konstruktion als Leiter benutzt habe, um das Holzgesims der Gaube zu streichen.
Im Rahmen einer Gerüstbegehung mit der Beklagten zu 7) sei am 02.12.2014 festgestellt worden, dass unsachgemäße Veränderungen an dem Gerüst vorgenommen worden waren. In der Folge sei es nicht gelungen, herauszufinden wer diese Veränderungen vorgenommen hatte. Sollte die Gerüstveränderung nicht durch den Kläger selbst vorgenommen worden sein, seien diese für den Kläger jedenfalls zweifelsfrei erkennbar gewesen.
bb) Die Beklagte zu 2) behauptet, die Einrüstung habe sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befunden. Von dieser habe die in Rede stehende Dachgaube ohne Hilfsmittel gestrichen werden können. Der First der Gaube habe sich ca. 1,70 m über der gewöhnlichen Gerüstlage befunden. Das zu streichende Giebelbrett sei für jedermann leicht zu erreichen gewesen. Einer Hilfskonstruktion habe es nicht bedurft. Die Beklagte zu 2) könne nur vermuten, dass der Kläger die fragliche Hilfskonstruktion als Hilfsmittel genutzt hat, um das Holzgesims der Gaube noch bequemer streichen zu können.
Die Beklagte zu 2) ist der Ansicht, jeder, der eine Einrüstung benutzen will, sei verpflichtet, vor der Nutzung diese zu begehen und etwaige Mängel zu erkennen. Die Unfalldarstellung sei schon nicht plausibel. Nimmt man an, dass sich die fragliche Hilfskonstruktion in einer Höhe von 50 cm befunden habe, habe man nicht darauf stehen können, da sich die normalen Gerüstlagen nur 2 m auseinander befunden hätten. Zum anderen hätte man dann auch nicht abstürzen und mit der Schulter gegen das Gaubendach fallen können.
Die Beklagte zu 2) bestreitet zudem, dass die klägerseits behaupteten Verletzungen auf den von ihm beschriebenen Sturz zurückzuführen seien.
Die Beklagte zu 2) ist der Ansicht, dass sie aufgrund der Bestellung des SiGeKo gegenüber den am Bau Beteiligten keine Sicherungspflichten trafen.
Sie behauptet, im Rahmen der Objektüberwachung den ordnungsgemäßen Aufbau des Gerüstes geprüft zu haben. Im Übrigen seien während der Bauüberwachung natürlich auch die Gerüste begangen worden. Sofern dabei unzulässige Umbauten an der Rüstung aufgefallen seien, sei dies von der Beklagten zu 2) angezeigt worden.
cc) Die Beklagten zu 3) bis 6) sind der Ansicht, die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 3) habe die ihr als SiGeKo obliegenden Pflichten erfüllt. Als solche hätten ihr nur stichprobenartige Kontrollen oblegen. Eine bestimmte Anzahl von Baustellenkontrollen oder ein Zeitabstand sei nicht geschuldet gewesen. Sie behaupten, sie hätten mindestens zweimal im Monat die Baustelle kontrolliert. Die letzten Kontrollen vor dem 01.10.2014 hätten am 02.09.2014 und am 18.09.2014 stattgefunden. Hierbei seien keine Sicherheitsgefährdungen am Gerüst festgestellt worden. Die klägerseits behauptete Arbeitsweise, den Unfallhergang und die Unfallursache bestreiten die Beklagten zu 3) – 6) mit Nichtwissen.
Sie sind ferner der Ansicht, dass es zuvorderst der Arbeitgeberin des Klägers oblegen hätte, das Gerüst zu kontrollieren und den Kläger zu instruieren, bevor sie diesen auf das Gerüst schickt.
dd) Die Beklagte zu 7) behauptet, das Gerüst sei ordnungsgemäß erstellt worden. Insbesondere stamme die Gerüsterweiterung, die dem Kläger zum Verhängnis geworden sei, nicht von der Beklagten zu 7). Sie selbst hätte hierfür Systemkonsolen verwendet. Zudem habe die Schelle, mit der das kurze Rohr am Gerüst befestigt war, eine von der Beklagten zu 7) nicht verwendete Schlüsselweite. Sie ist der Ansicht, dass ihr nach Erstellung, Prüfung und Freigabe des Gerüsts keine Prüfpflichten mehr oblagen. Auch habe dem Kläger bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt die Ungeeignetheit der Konstruktion vor deren Betreten auffallen müssen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.06.2018 Bezug genommen.
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen N2, B und M. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.06.2018 (Bl. ### ff. d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist – bei Verständiger Würdigung des Klagevortrags – zulässig. Insbesondere genügt der Klageantrag zu 2) bei verständiger Auslegung den Anforderungen, die gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO an seine Bestimmtheit zu stellen sind. Danach beschränkt sich das Feststellungsbegehren auf die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für materielle und immaterielle Schäden, die aus dem Unfallereignis vom 01.10.2014 herrühren.
II.
Die Klage ist unbegründet.
Dem Kläger stehen die geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten zu 1) – 7) nicht zu.
1.
Einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 1) hat der Kläger nicht dargelegt.
a)
Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem zwischen der Beklagten zu 1) und der Arbeitgeberin des Klägers geschlossenen Werkvertrag als Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter. Nach der Rechtsprechung des BGH gehört es bei Werkverträgen regelmäßig zum Vertragsinhalt, dass der Besteller verpflichtet ist, seinen Vertragspartner bei der Ausführung der Arbeiten vor Schaden zu bewahren. Hiervon sind regelmäßig die Mitarbeiter des Werkunternehmers im Sinne eines Vertrages mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter umfasst (vgl. BGH NJW 2018, 1537 m.w.N.).
Eine Verletzung dieser Schutzpflichten durch die Beklagte zu 1) hat der Kläger jedoch nicht dargelegt. Unstreitig hat die Beklagte zu 1) der Arbeitgeberin des Klägers zur Erfüllung von deren Werkverpflichtungen das durch die Beklagte zu 7) erstellte Gerüst gestellt. Dem entsprechend war die Beklagte zu 1) verpflichtet, dieses zur Verfügung gestellte Baugerüst zu überwachen. Dies hat die Beklagte zu 1) aber durch Bestellung eines SiGeKo getan. Anhaltspunkte dafür, dass der bestellte Sicherheits- und Gesundheitskoordinator seinen übertragenen Pflichten, insbesondere seiner Pflicht zur Überwachung des Baugerüsts nicht nachgekommen ist, hat der Kläger nicht vorgetragen. Erst recht nicht, dass dies für die Beklagte zu 1) erkennbar war.
Soweit der Kläger kritisiert, dass die Baustellenkontrollen in unregelmäßigen Abständen erfolgt sind, verfängt dies nicht. Würde der SiGeKo Kontrollen in regelmäßigen Abständen durchführen, könnten sich die beteiligten Werkunternehmer auf die Kontrollen einstellen und unzulässige Arbeitserleichterungen rechtzeitig demontieren. Dies würde dem Zweck der Kontrollen widersprechen. Auch dass die Kontrollen durchschnittlich zweimal im Monat stattfanden, ist nicht zu beanstanden.
Ohnehin müsste der Kläger darlegen und beweisen, dass ein engermaschiger Kontrollrhythmus zum Aufdecken der nach dem Klägervortrag schadensursächlichen Hilfskonstruktion geführt hätte. Das setzt aber voraus, dass die Hilfskonstruktion weder vom Kläger selbst im Vorfeld seiner Arbeiten geschaffen wurde, noch von Dritten im unmittelbaren zeitlichen Vorfeld des 01.10.2014. Beides kann die Kammer nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht ausschließen.
Die Vernehmung der Zeugen N2 und B hat zwar den Vortrag des Klägers zum Vor- und Nachgeschehen des behaupteten Unfalls weitgehend bestätigt. Auch konnte der Zeuge N2 die Unfallstelle ergänzend beschreiben und die – ohnehin unstreitige – Gerüstgestaltung mit dem unzureichend befestigten kurzen Gerüstrohr bestätigen. Zum Unfallgeschehen selbst und zu den entscheidenden Fragen, wer die streitgegenständliche Gerüsterweiterung vorgenommen hat und wann, konnten beide Zeugen hingegen keine Angaben machen.
b)
Die Beklagte zu 1) haftet dem Kläger auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht. Als Bauherrin obliegt der Beklagten zu 1) zwar grundsätzlich die primäre Verkehrssicherungspflicht für ihre Baustelle. Die Beklagte hat jedoch – über die kklf – die Beklagte zu 2) mit der Objektüberwachung beauftragt und die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 3) als SiGeKo bestellt. Ihre Verkehrssicherungspflicht verengte sich daher auf Auswahl-, Instruktions- und Überwachungspflichten. D.h. es oblag ihr lediglich, die Beklagten zu 2) und 3) sorgfältig auszuwählen und stichprobenartig zu überwachen. Dass die Beklagte diese Verpflichtung verletzt hat und dies ursächlich für den nach seinem Vortrag eingetretenen Schaden geworden ist, trägt der Kläger nicht substantiiert vor. Insbesondere benennt er keine Umstände, welche die Beklagte zu 1) hätten veranlassen müssen, an der Eignung der Beklagten zu 2) und 3) zu zweifeln. Soweit er ein angebliches weiteres Unfallereignis zwei Wochen vor dem 01.10.2014 ins Feld führt, bleibt sein Vortrag unsubstantiiert. Selbst wenn ein Mitarbeiter der Dachdeckerfirma – wie vorgetragen – einem Kollegen des Klägers erzählt haben sollte, der Kläger sei schon der zweite innerhalb von zwei Wochen, der auf dem Gerüst im Bereich des Daches verunfallt sei, folgt daraus weder, dass es ein weiteres Unfallereignis gegeben hat, noch dass dieses von der Art war, dass es den Beklagten zu 2) und 3) im Rahmen der Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten hätten zur Kenntnis gelangen müssen. Erst recht folgt daraus nicht, dass dieses behauptete zweite Unfallereignis von der Art war, dass es bei der Beklagten zu 1) Zweifel an der Eignung der Beklagten zu 2) und 3) zur Erfüllung ihrer übernommenen Verpflichtungen hätte wecken müssen.
Im Übrigen hat der Kläger keinen Beweis für das von ihm behauptete zweite Unfallereignis selbst angetreten, obwohl ihm die fragliche Dachdeckerfirma von der Beklagten zu 1) auf seinen Wunsch hin im Prozess benannt worden war. Das zweite Unfallereignis hat die Beklagte zu 1) zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten.
2.
Auch die Beklagten zu 2) und 3) haften nach dem Sach- und Streitstand nicht nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung der jeweiligen ihnen obliegenden, von der Beklagten zu 1) übernommenen Verkehrssicherungspflichten. Auch eine derartige, schadensursächliche Pflichtverletzung hat der Kläger nicht dargelegt. Insbesondere ist weder dargelegt noch unter Beweis gestellt, wann die streitgegenständliche Hilfskonstruktion angebracht worden ist. Nach dem Sach- und Streitstand kann weder ausgeschlossen werden, dass diese durch den Kläger selbst, noch dass diese kurze Zeit vor dem 01.10.2014 durch die zuvor tätigen Dachdecker angebracht wurde. Weder die dem mit der Objektüberwachung beauftragten Architekten noch dem SiGeKO obliegt es jedoch, im Rahmen der von ihnen übernommenen Pflichten unzulässige Gerüsterweiterungen sofort, im unmittelbaren Anschluss an ihre Erstellung zu entdecken und beseitigen zu lassen. Zudem fehlt es auch im Verhältnis zu den Beklagten zu 2) und 3) an einem Beweisantritt zum Unfallhergang. Die Beklagte zu 3) bestreitet den Unfallhergang zulässigerweise mit Nichtwissen. Die Beklagte zu 2) hat den Unfallhergang – durch ihren Vortrag zur Unbrauchbarkeit der Zwischenlage als Standpunkt – sogar substantiiert bestritten. Dem ist der Kläger nicht mehr entgegen getreten.
Zutreffend weist die Beklagte zu 2) zudem darauf hin, dass eine Haftung des mit der Objektüberwachung beauftragten Architekten gegenüber den auf der Baustelle tätigen Arbeitnehmern im Regelfall ausscheidet, wenn ein SiGeKO bestimmt ist (vgl. Locher/Koeble/Frings, HOAI, 12. Auflage, § 34 Rn. 251). Der Architekt haftet für die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten nur, soweit er diese vom Bauherrn übernommen hat. Mit Bestellung eines SiGeKo hat die Beklagte zu 1) die Schutzplichten zu Gunsten der Nachunternehmer gerade auf die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 3) übertragen.
3.
Da die Beklagte zu 3) nicht haftet, kommen auch Ansprüche gegen die Beklagten zu 4) – 6) nicht in Betracht. Diese werden lediglich als persönlich haftende Gesellschafter der Beklagten zu 3) in Anspruch genommen. Ein konkretes Fehlverhalten der Beklagten zu 4) – 6) behauptet der Kläger nicht.
4.
Auch ein Anspruch gegen die Beklagte zu 7) besteht nicht.
a)
Insbesondere haftet die Beklagte zu 7) nicht nach den §§ 836, 837 BGB. Anders als bei den übrigen Beklagten kommt eine Haftung nach diesen Normen im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Beklagte zu 7) in Betracht. Bei einem Baugerüst handelt es sich um ein anderes Werk im Sinne von § 837 BGB, das der Gerüstbauer auf einem fremden Grundstück besitzt (vgl. BGH NJW 1997, 528). Hieran ändert es nichts, dass die Beklagte zu 7) das Gerüst bereits Monate vor dem Unfalltag errichtet hat, denn der Gerüstbauer bleibt auch nach Freigabe des Gerüsts zumindest mittelbarer Eigenbesitzer.
Eine Haftung der Beklagten zu 7) aus §§ 836, 837 BGB scheidet aber aus, da nicht festgestellt werden kann, dass die Beklagte zu 7) das Gerüst fehlerhaft errichtet hat und sich deshalb ein Teil abgelöst hat.
Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass die fragliche Hilfskonstruktion von der Beklagten zu 7) errichtet wurde und damit Teil des von ihr errichteten Werkes war. Entsprechendes ist Voraussetzung einer Haftung nach §§ 836, 837 BGB. Der Gerüstbesitzer haftet nach diesen Normen nur für Fehler des eigenen Werkes. Für nachträgliche Veränderungen hat er nicht einzustehen.
Entgegen der Klägeransicht spricht auch nicht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Hilfskonstruktion von der Beklagten zu 7) stammt. Es lässt sich bereits kein Erfahrungssatz für die Annahme aufstellen, nach dem auch Monate nach der Gerüsterstellung davon auszugehen ist, dass alle Teile des Gerüstes vom Gerüstbauer erstellt und von Dritten keine Veränderung vorgenommen wurden. Aber selbst wenn man einen solchen Erfahrungssatz annehmen würde, hätte die Beklagte zu 7) durch ihren Vortrag zu der Fremdartigkeit der verwendeten Gerüstelemente hinreichend die Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs dargelegt, so dass selbst dann der Anscheinsbeweis nicht greifen würde. Erst recht besteht keine Grundlage für eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast.
Schließlich hat auch die Vernehmung des Zeugen P zur Überzeugung der Kammer ergeben, dass die fragliche Gerüsterweiterung nicht von der Beklagten zu 7) stammt. Dieser hat glaubhaft ausgesagt, dass er das fragliche kurze Gerüstrohr an einer Farbmarkierung und die fragliche Schelle an der abweichenden Schlüsselweite als betriebsfremd identifiziert hat.
b)
Auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten der Beklagten zu 7) hat der Kläger nicht dargelegt. Verkehrssicherungspflichten oblagen der Beklagten zu 7) jedenfalls im Rahmen der Gerüsterstellung. Eine Verletzung dieser Pflicht zur Herstellung eines fachgerechten Gerüsts durch Herstellung der fraglichen Hilfskonstruktion hat der Kläger jedoch nicht dargelegt. Es spricht vielmehr mehr dafür, dass die Hilfskonstruktion nachträglich angebracht wurde.
Die Verletzung einer späteren Kontroll- und Überwachungspflicht hat der Kläger ebenso nicht dargelegt. Eine solche folgt nicht allein aus der Erstellung des Gerüstes. Eine solche Kontroll- und Überwachungspflicht obliegt vielmehr primär dem Bauherrn und sekundär den von ihm Beauftragten. Dass die Beklagte zu 7) von der Beklagten zu 1) mit der Überwachung des Gerüstes beauftragt wurde, hat der Kläger jedoch nicht vorgetragen.
5.
Da ein Schadensersatzanspruch dem Grund nach schon nicht dargelegt ist, gehen auch die geltend gemachten Nebenansprüche und der Feststellungsantrag ins Leere.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 BGB; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwert: 7.000,00 EUR