Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Gericht Ellwangen weist Klage auf Vorschusszahlung für Baumängelbeseitigung ab
- Hintergrund des Rechtsstreits: Streit um Mängel an einem Gebäude in Hüttlingen
- Vorschussforderung und Klageeinreichung nach Beweisverfahren
- Die Argumentation der Klägerin: Verweigerung der Nacherfüllung und erhebliche Pflichtverletzung
- Die Verteidigung des Beklagten: Keine Fristsetzung und mögliche Verjährung
- Entscheidung des Landgerichts Ellwangen: Klageabweisung mangels Fristsetzung zur Nacherfüllung
- Bedeutung des Urteils für Betroffene: Fristsetzung zur Nacherfüllung ist essentiell für Mängelansprüche
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Ellwangen
- Datum: 09.10.2023
- Aktenzeichen: 6 O 93/23
- Verfahrensart: Zivilprozess betreffend Vorschusszahlung auf Mängelbeseitigungskosten
- Rechtsbereiche: Baurecht, Werkvertragsrecht
- Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Auftraggeberin des in den Jahren 2014 und 2015 errichteten Gebäudes; fordert, dass der Stuckateur einen Vorschuss zur Deckung der Mängelbeseitigungskosten zahle.
- Stuckateur: Verantwortlich für die Ausführung des Innen- und Außenputzes am Gebäude; es wird bestritten, ob er zur Zahlung des Vorschusses verpflichtet ist.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin ließ ein zweistöckiges Gebäude mit Supermarkträumlichkeiten im Erdgeschoss und Wohnräumen im Obergeschoss errichten und beauftragte dafür verschiedene Handwerker, unter anderem den Stuckateur für den Innen- und Außenputz. Nach Fertigstellung des Gebäudes entstand ein Streit über die Verpflichtung des Stuckateurs zur Zahlung eines Vorschusses auf Mängelbeseitigungskosten.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob der Stuckateur verpflichtet ist, einen Vorschuss zur Deckung der Mängelbeseitigungskosten zu leisten.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen.
- Folgen: Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar; der Streitwert wurde auf 13.810,00 EUR festgesetzt.
Der Fall vor Gericht
Gericht Ellwangen weist Klage auf Vorschusszahlung für Baumängelbeseitigung ab

Das Landgericht Ellwangen hat in einem aktuellen Urteil (Az.: 6 O 93/23) vom 09. Oktober 2023 eine Klage einer Gebäudeeigentümerin gegen einen Stuckateur auf Zahlung eines Vorschusses für die Beseitigung von Baumängeln abgewiesen. Der Fall drehte sich um die Frage, ob ein Handwerker zur Vorschusszahlung verpflichtet ist, wenn er nicht zuvor eine angemessene Frist zur Nacherfüllung, also zur Behebung der Mängel, erhalten hat. Das Gericht stellte in seinem Urteil klar, dass eine solche Fristsetzung in der Regel erforderlich ist, bevor ein Auftraggeber einen Vorschuss für die Mängelbeseitigung verlangen kann.
Hintergrund des Rechtsstreits: Streit um Mängel an einem Gebäude in Hüttlingen
Die Klägerin, eine Gebäudeeigentümerin, hatte in den Jahren 2014 und 2015 ein zweistöckiges Gebäude in Hüttlingen errichten lassen. Dieses Gebäude beherbergt im Erdgeschoss einen Supermarkt und im Obergeschoss Wohnungen. Für die verschiedenen Gewerke beauftragte die Klägerin diverse Handwerksbetriebe, darunter den Beklagten, einen Stuckateur, für die Ausführung der Innen- und Außenputzarbeiten. Der Stuckateur beendete seine Arbeiten Anfang 2015, und die Klägerin nahm das Gebäude noch im selben Jahr in Gebrauch.
Später traten jedoch Mängel auf, die die Klägerin dem Stuckateur anlastete. Es kam zu einem Ortstermin zwischen dem Ehemann der Klägerin und einem Mitarbeiter des Beklagten, dessen genauer Zeitpunkt jedoch nicht mehr feststellbar war. Im Jahr 2019 leitete die Klägerin ein selbstständiges Beweisverfahren beim Landgericht Ellwangen ein, um die Mängelursachen und den Umfang der Schäden zu klären. Der Stuckateur war einer von mehreren Antragsgegnern in diesem Verfahren.
Vorschussforderung und Klageeinreichung nach Beweisverfahren
Nach Abschluss des selbstständigen Beweisverfahrens im Februar 2023 forderte der Stuckateur die Klägerin auf, Klage zu erheben. Die Klägerin reagierte darauf mit einem anwaltlichen Schreiben vom April 2023, in dem sie den Stuckateur zur Zahlung eines Vorschusses in Höhe von 13.810,00 Euro netto für die Mängelbeseitigung aufforderte. Als der Stuckateur dieser Forderung nicht nachkam, erhob die Klägerin Klage vor dem Landgericht Ellwangen.
Die Argumentation der Klägerin: Verweigerung der Nacherfüllung und erhebliche Pflichtverletzung
Die Klägerin argumentierte, dass sie bereits Ende 2018 einen Mitarbeiter des Beklagten auf die aufgetretenen Mängel, insbesondere Risse und Schimmelbildung, hingewiesen habe. Dieser Mitarbeiter habe jedoch eine Mängelbeseitigung abgelehnt. Zudem sei der Beklagte für die Mängel verantwortlich, da er erkennbar fehlerhafte Vorarbeiten anderer Handwerker ignoriert und seine Putzarbeiten dennoch ausgeführt habe, ohne Bedenken anzumelden. Die Klägerin war der Ansicht, dass der Beklagte aufgrund der Verweigerung der Nacherfüllung sein Recht zur Mängelbeseitigung verloren habe und sie daher direkt einen Vorschuss für die Reparaturkosten verlangen könne. Sie argumentierte weiterhin, dass das Verschulden des Beklagten so erheblich sei, dass ihr eine Nacherfüllung durch ihn nicht mehr zuzumuten sei.
Die Verteidigung des Beklagten: Keine Fristsetzung und mögliche Verjährung
Der Beklagte wies die Vorwürfe zurück und argumentierte, dass er erstmalig durch das selbstständige Beweisverfahren von den Mängelvorwürfen erfahren habe. Er sei zu keiner Zeit zur Mängelbeseitigung aufgefordert worden und habe die behaupteten Mängel an den Vorleistungen nicht erkennen können. Der Beklagte war der Auffassung, dass er nicht zur Vorschusszahlung verpflichtet sei, da ihm keine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt worden war. Zudem wies er darauf hin, dass Gewährleistungsansprüche möglicherweise bereits verjährt seien, da die Arbeiten im Jahr 2015 abgeschlossen wurden und die Klage erst im Jahr 2023 erhoben wurde.
Entscheidung des Landgerichts Ellwangen: Klageabweisung mangels Fristsetzung zur Nacherfüllung
Das Landgericht Ellwangen wies die Klage der Gebäudeeigentümerin ab. Das Gericht stellte fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für die Mängelbeseitigung hat. Zwar sah das Gericht es als erwiesen an, dass der Beklagte die Rissbildung in den Innenwänden mitverursacht hatte, indem er Materialwechsel beim Innenputz nicht sachgerecht berücksichtigte. Bezüglich der Feuchtigkeitseintritte und Schimmelbildung konnte im Beweisverfahren jedoch keine eindeutige Ursache und damit keine Verantwortlichkeit des Beklagten festgestellt werden.
Entscheidend für die Klageabweisung war jedoch, dass die Klägerin dem Beklagten keine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hatte. Nach § 637 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist die Fristsetzung zur Nacherfüllung jedoch grundsätzliche Voraussetzung für den Anspruch auf Vorschusszahlung. Das Gericht betonte, dass die Fristsetzung dem Unternehmer die Möglichkeit geben soll, den Mangel selbst zu beseitigen und somit einen möglicherweise höheren Schaden durch die Beauftragung eines Dritten und die damit verbundenen Vorschusskosten abzuwenden.
Das Gericht sah auch keine Ausnahme von der Fristsetzungspflicht als gegeben an. Insbesondere lag keine endgültige und ernsthafte Verweigerung der Nacherfüllung durch den Beklagten vor, da die Klägerin nicht nachweisen konnte, dass der Mitarbeiter des Beklagten im Jahr 2018 tatsächlich eine Mängelbeseitigung abgelehnt hatte. Auch das Argument der Klägerin, das Verschulden des Beklagten sei so erheblich, dass ihr eine Nacherfüllung durch ihn nicht mehr zumutbar sei, überzeugte das Gericht nicht. Es fehlten konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Beklagten irreparabel zerstört gewesen wäre.
Bedeutung des Urteils für Betroffene: Fristsetzung zur Nacherfüllung ist essentiell für Mängelansprüche
Das Urteil des Landgerichts Ellwangen unterstreicht die zentrale Bedeutung der Fristsetzung zur Nacherfüllung im Werkvertragsrecht. Für Bauherren und Auftraggeber bedeutet dies, dass sie einem Handwerker, dem sie Mängel an seiner Leistung vorwerfen, immer zunächst eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung einräumen müssen, bevor sie weitergehende Rechte wie die Forderung nach Vorschusszahlung oder die Beauftragung eines Drittunternehmens geltend machen können. Eine vorschnelle Forderung nach Vorschusszahlung ohne vorherige Fristsetzung kann dazu führen, dass die Klage abgewiesen wird, wie der vorliegende Fall zeigt. Handwerker und Auftragnehmer hingegen können aus diesem Urteil die Bestätigung ableiten, dass sie grundsätzlich das Recht haben, Mängel zunächst selbst zu beseitigen, bevor sie mit finanziellen Forderungen in Form von Vorschusszahlungen konfrontiert werden. Es ist daher ratsam, im Falle von Baumängeln immer zuerst den Dialog mit dem Auftragnehmer zu suchen und ihm die Chance zur Nacherfüllung einzuräumen, bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden. Dies dient der Konfliktvermeidung und kann im besten Fall zu einer schnellen und kostengünstigen Lösung des Problems führen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Kernbotschaften des Urteils sind: Bevor ein Bauherr Vorschuss für Mängelbeseitigungskosten verlangen kann, muss er dem Handwerker zunächst eine angemessene Frist zur Nachbesserung setzen. Diese Fristsetzung muss konkret und eindeutig erfolgen – ein unverbindliches Gespräch oder der bloße Wunsch nach „Entgegenkommen“ reicht nicht aus. Nur in Ausnahmefällen kann auf eine solche Fristsetzung verzichtet werden, wobei die Anforderungen sehr streng sind. Bauherren sollten daher bei Mängeln immer zuerst schriftlich zur Nachbesserung auffordern und eine konkrete Frist setzen, bevor sie weitere rechtliche Schritte einleiten.
Benötigen Sie Hilfe?
Unklare Fristsetzungen im Werkvertragsrecht?
Mängelrügen und damit verbundene Forderungen können rasch zu rechtlichen Grauzonen führen, wenn einem Handwerker nicht eine angemessene Frist zur Nacherfüllung eingeräumt wird. Solche Situationen erfordern oft eine genaue Prüfung der vertraglichen und gesetzlichen Voraussetzungen, um zu klären, inwieweit Ansprüche berechtigt sind und welche Konsequenzen sich aus einem Versäumnis ergeben.
Wir unterstützen Sie dabei, Ihren individuellen Sachverhalt präzise zu analysieren und eine fundierte Bewertung Ihrer rechtlichen Position vorzunehmen. Vertrauen Sie auf eine sachliche und detaillierte Beratung, die Ihnen Orientierung bietet und Ihnen ermöglicht, zukünftige Schritte sicher und wohlüberlegt zu planen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie muss eine wirksame Fristsetzung zur Mängelbeseitigung formuliert werden?
Eine wirksame Fristsetzung zur Mängelbeseitigung muss eindeutig und präzise formuliert sein und dem Auftragnehmer unmissverständlich aufzeigen, welche Mängel zu beseitigen sind.
Form und Zustellung
Die Fristsetzung sollte zwingend schriftlich erfolgen, am besten per Einschreiben mit Rückschein oder per Fax mit qualifiziertem Sendebericht. Dies dient der Beweissicherung und verhindert spätere Streitigkeiten über den Zugang der Aufforderung.
Notwendige Bestandteile
Eine rechtswirksame Fristsetzung muss folgende Elemente enthalten:
- Konkrete Mangelbeschreibung mit genauer Bezeichnung und Lokalisierung der Mängel
- Eindeutige Aufforderung zur Mängelbeseitigung
- Angemessene Frist mit konkretem Enddatum (in der Regel 14 Tage)
- Androhung möglicher Konsequenzen bei Fristablauf
Angemessene Formulierung
Wenn Sie eine Fristsetzung formulieren, können Sie sich an folgendem Muster orientieren:
„Ich fordere Sie auf, die im Wohnzimmer an der Nordwand festgestellten Putzrisse bis spätestens [konkretes Datum] zu beseitigen. Nach fruchtlosem Fristablauf werde ich die Mängelbeseitigung durch ein anderes Unternehmen auf Ihre Kosten vornehmen lassen.“
Bei der Fristsetzung handelt es sich um eine Vornahmefrist, nicht um eine Beginnfrist. Das bedeutet, die Mängel müssen innerhalb der gesetzten Frist vollständig beseitigt sein, nicht nur mit der Beseitigung begonnen werden.
Besondere Situationen
Bei Gefahr im Verzug, also wenn ein Mangel die Sicherheit des Gebäudes oder der Bewohner gefährdet, kann auf eine Fristsetzung verzichtet werden. In diesem Fall ist eine sofortige Mängelbeseitigung erforderlich.
Wenn der Auftragnehmer eine erste Nachbesserung mangelhaft durchführt und Sie diese Nachbesserung angenommen haben, müssen Sie für denselben Mangel eine erneute Frist setzen. Dies gilt jedoch nicht, wenn Sie die mangelhafte Nachbesserung ausdrücklich zurückweisen.
Welche Folgen hat der Ablauf einer gesetzten Nacherfüllungsfrist?
Nach Ablauf einer gesetzten Nacherfüllungsfrist verliert der Werkunternehmer sein Recht zur eigenhändigen Nachbesserung. Dies bedeutet für Sie als Auftraggeber, dass Sie nun verschiedene rechtliche Möglichkeiten haben, um Ihre Interessen durchzusetzen.
Unmittelbare Rechtsfolgen
Mit dem fruchtlosen Fristablauf entstehen automatisch weitergehende Mängelrechte. Sie können nun zwischen mehreren Optionen wählen:
- Die Selbstvornahme der Mängelbeseitigung durch einen anderen Handwerker
- Die Geltendmachung eines Kostenvorschusses für die Mängelbeseitigung
- Die Minderung der Vergütung
- Den Rücktritt vom Vertrag
- Die Forderung von Schadensersatz
Kostenvorschuss und Selbstvornahme
Besonders relevant ist der Anspruch auf Kostenvorschuss nach § 637 Abs. 3 BGB. Sie können diesen Vorschuss bereits vor der tatsächlichen Durchführung der Mängelbeseitigung verlangen. Der ursprüngliche Werkunternehmer muss dann die voraussichtlichen Kosten für die Beauftragung eines anderen Unternehmens vorstrecken.
Wichtige Besonderheiten
Der bloße Beginn von Nachbesserungsarbeiten am letzten Tag der Frist ist nicht ausreichend. Die Mangelbeseitigung muss innerhalb der gesetzten Frist vollständig abgeschlossen sein. Nur in sehr eng begrenzten Ausnahmefällen, etwa wenn nur noch geringfügige Restarbeiten ausstehen, kann hiervon abgewichen werden.
Wenn Sie sich für die Selbstvornahme entscheiden, müssen Sie den erhaltenen Kostenvorschuss innerhalb einer angemessenen Frist für die Mängelbeseitigung verwenden. Sollten die tatsächlichen Kosten niedriger ausfallen als der gezahlte Kostenvorschuss, sind Sie zur Rückzahlung des überschüssigen Betrags verpflichtet.
Wie lange muss die Frist zur Nacherfüllung bei Baumängeln mindestens sein?
Die übliche Frist zur Mängelbeseitigung beträgt 14 Tage. Diese Standardfrist ist jedoch nicht starr, sondern muss an die konkreten Umstände des Einzelfalls angepasst werden.
Kriterien für die Fristbemessung
Die Angemessenheit der Frist richtet sich nach mehreren wichtigen Faktoren:
- Der konkrete Leistungsumfang
- Die Dringlichkeit der Arbeiten
- Die tatsächlichen Möglichkeiten des Bauunternehmers
- Die persönlichen Verhältnisse der Beteiligten
Bei kleinen, schnell behebbaren Mängeln kann eine kürzere Frist ausreichend sein. Bei schwerwiegenden Mängeln, die beispielsweise die Statik betreffen, kann die Frist auf mehrere Wochen oder sogar Monate ausgedehnt werden.
Besondere Fallkonstellationen
In bestimmten Situationen kann von einer Fristsetzung ganz abgesehen werden. Dies ist möglich, wenn:
- Der Auftragnehmer die Mängelbeseitigung eindeutig und endgültig verweigert
- Der Auftragnehmer sich bei der Bauausführung nachweislich unzuverlässig verhalten hat
- Die Nacherfüllung für den Auftraggeber unzumutbar ist
Praktische Gestaltung
Bei der Fristsetzung sollten Sie ein konkretes Datum angeben. Eine gestaffelte Fristsetzung kann sinnvoll sein:
- Eine Frist zur Bestätigung der Mängelbeseitigungspflicht
- Eine Frist zum Beginn der Nacherfüllung
- Eine Frist zur Fertigstellung der Arbeiten
Die Frist muss so bemessen sein, dass der Bauunternehmer den Mangel unter größtmöglichen Anstrengungen und optimalem Personal- sowie Maschineneinsatz beseitigen kann.
In welchen Ausnahmefällen kann auf eine Fristsetzung verzichtet werden?
Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung ist in bestimmten gesetzlich geregelten Situationen nicht erforderlich. Wenn Sie sich in einer der folgenden Situationen befinden, können Sie Ihre Rechte auch ohne vorherige Fristsetzung geltend machen:
Verweigerung der Nacherfüllung
Der Verkäufer verweigert die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Verkäufer ausdrücklich erklärt, dass er nicht nachbessern wird, oder wenn er die Nacherfüllung wegen unverhältnismäßiger Kosten ablehnt.
Besondere zeitliche Vereinbarungen
Wenn Sie mit dem Verkäufer einen bestimmten Termin oder eine bestimmte Frist für die Leistung vereinbart haben und Ihr Interesse am Kauf ausdrücklich an diese Zeitvorgabe gebunden war. Dies kommt häufig bei Saisonware oder termingebundenen Geschäften vor.
Unzumutbarkeit und Unmöglichkeit
Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn die Nacherfüllung für Sie unzumutbar ist oder wenn die Nacherfüllung von vornherein unmöglich ist. Ein typisches Beispiel wäre ein verspätet gelieferter Dünger, der für die Feldbestellung nicht mehr verwendbar ist.
Schwerwiegende Mängel
Bei schwerwiegenden Mängeln können Sie seit dem 1. Januar 2022 sofort vom Vertrag zurücktreten. Dies gilt auch, wenn sich trotz eines Nacherfüllungsversuchs weiterhin ein Mangel zeigt oder wenn offensichtlich ist, dass der Unternehmer nicht nacherfüllen wird.
Besondere Umstände
Wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung von Rechten rechtfertigen. Dies kann der Fall sein, wenn die Saisonware unverkäuflich wird oder wenn der ausländische Käufer wegen des Lieferverzugs keine Importlizenz mehr erhält.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Nacherfüllung
Ein gesetzlich geregelter Anspruch des Auftraggebers im Werkvertragsrecht, der dem Handwerker die Möglichkeit gibt, Mängel seiner Arbeit zu beheben. Dies ist im § 635 BGB geregelt und stellt das vorrangige Mängelrecht dar. Der Auftraggeber muss dem Handwerker grundsätzlich diese „zweite Chance“ einräumen, bevor er andere Rechte geltend machen kann.
Beispiel: Ein Maler hat eine Wand fehlerhaft gestrichen. Bevor der Auftraggeber einen anderen Maler beauftragen kann, muss er dem ersten Maler die Gelegenheit geben, den Mangel selbst zu beseitigen.
Vorschusszahlung
Ein rechtlicher Mechanismus im Werkvertragsrecht, bei dem der Auftraggeber vom Handwerker die vorherige Zahlung der geschätzten Mängelbeseitigungskosten verlangen kann (§ 637 Abs. 3 BGB). Dies setzt voraus, dass die Frist zur Nacherfüllung erfolglos abgelaufen ist.
Beispiel: Ein Bauherr schätzt die Kosten für die Reparatur eines mangelhaften Dachs auf 10.000 €. Er kann diesen Betrag vom ursprünglichen Dachdecker vorab verlangen, um einen anderen Handwerker zu beauftragen.
Mängelbeseitigungskosten
Die finanziellen Aufwendungen, die entstehen, um einen Mangel am Werk fachgerecht zu beseitigen. Diese umfassen nach §§ 635, 637 BGB sowohl Material- als auch Arbeitskosten sowie eventuell notwendige Nebenkosten. Die Kosten müssen angemessen und erforderlich sein.
Beispiel: Bei einem undichten Fenster gehören dazu die Kosten für neue Dichtungen, Arbeitslohn und ggf. notwendige Maurerarbeiten.
Fristsetzung
Eine formelle Aufforderung an den Handwerker, innerhalb einer bestimmten Zeitspanne einen Mangel zu beheben. Sie ist nach § 637 Abs. 1 BGB zwingende Voraussetzung für weitergehende Mängelrechte. Die Frist muss angemessen sein und eindeutig kommuniziert werden.
Beispiel: „Wir fordern Sie auf, die Risse im Putz bis zum 15.12.2023 zu beseitigen.“
Werkvertragsrecht
Das im BGB (§§ 631-651) geregelte Rechtsgebiet, das die Herstellung oder Veränderung einer Sache oder eines Erfolges regelt. Es definiert die Rechte und Pflichten zwischen Auftraggeber und Werkunternehmer, insbesondere bei Mängeln.
Beispiel: Ein Vertrag über die Errichtung eines Hauses oder die Installation einer Heizung ist ein Werkvertrag.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 634a BGB (Verjährung der Mängelansprüche): Die Verjährungsfrist für Mängelansprüche bei Bauwerken beträgt 5 Jahre ab Abnahme. Diese Frist ist zwingend und kann nur in engen Grenzen modifiziert werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Arbeiten Anfang 2015 beendet wurden und die erste dokumentierte Mängelrüge erst 2019 erfolgte, sind die Mängelansprüche möglicherweise verjährt.
- § 637 BGB (Selbstvornahme): Der Besteller kann nach erfolglosem Ablauf einer zur Nacherfüllung bestimmten Frist den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Dies schließt auch einen Vorschussanspruch ein. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Vorschussanspruch der Klägerin setzt eine vorherige erfolglose Aufforderung zur Nacherfüllung voraus, die hier nicht nachgewiesen wurde.
- § 13 VOB/B (Mängelansprüche): Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber seine Leistung zum Zeitpunkt der Abnahme frei von Sachmängeln zu verschaffen. Er muss Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung dem Auftraggeber unverzüglich mitteilen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Beklagte hätte eventuelle Bedenken gegen die Vorleistungen anderer Gewerke anmelden müssen, um eine Haftung für daraus resultierende Mängel zu vermeiden.
- § 166 ZPO (Selbständiges Beweisverfahren): Das selbständige Beweisverfahren dient der vorsorglichen Beweissicherung und unterbricht die Verjährung. Es ersetzt jedoch nicht die Fristsetzung zur Nacherfüllung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens allein begründet noch keinen Vorschussanspruch der Klägerin.
Das vorliegende Urteil
LG Ellwangen – Az.: 6 O 93/23 – Urteil vom 09.10.2023
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