Architektenhonorar verwehrt – Fehlende Genehmigungsfähigkeit führt zu Rückzahlungspflicht
Das Urteil des OLG Celle (Az.: 14 U 12/23) vom 07.02.2024 befasst sich mit einem Streit zwischen einem Architekten und einem Immobilienunternehmen hinsichtlich des Honorars für Architektenleistungen im Rahmen eines Bauvorhabens. Der Architekt forderte Honorar für seine Planungsleistungen, welche das Gericht teilweise als nicht genehmigungsfähig einstufte, wodurch die Hauptforderung des Architekten abgelehnt wurde. Es wurde festgestellt, dass der Architekt nicht alle vertraglich geschuldeten Leistungen erbracht hat, insbesondere fehlte es an einer genehmigungsfähigen Planung.
Der Architekt erhielt lediglich einen Teil des geltend gemachten Honorars für die Leistungsphasen 1 und 2 der HOAI. Zudem musste er einen Teil der bereits erhaltenen Vergütung zurückzahlen. Die Revision wurde nicht zugelassen.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
- Der Architekt hat keinen vollständigen Anspruch auf das geltend gemachte Honorar, da seine Planungsleistungen teilweise nicht genehmigungsfähig waren.
- Eine Rückzahlung eines Teils der bereits erhaltenen Vergütung an das Immobilienunternehmen wurde angeordnet.
- Der Architekt erhielt lediglich für die Leistungsphasen 1 und 2 der HOAI eine Vergütung.
- Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.
Übersicht
- Architektenhonorar verwehrt – Fehlende Genehmigungsfähigkeit führt zu Rückzahlungspflicht
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- Genehmigungsfähigkeit in der Architektenplanung: Rechtliche Herausforderungen im Baurecht
- Kernprobleme eines umstrittenen Bauvorhabens: Die Grenzen der Genehmigungsfähigkeit
- Das Spannungsfeld von architektonischer Vision und baurechtlicher Genehmigung
- Gerichtliche Klärung und das Urteil des OLG Celle
- Finanzielle und rechtliche Konsequenzen für die Beteiligten
- Fazit: Die essenzielle Bedeutung genehmigungsfähiger Planung
- ✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Genehmigungsfähigkeit in der Architektenplanung: Rechtliche Herausforderungen im Baurecht
Die sorgfältige Planung und Sicherstellung der Genehmigungsfähigkeit sind im Baurecht von zentraler Bedeutung. Architekten sind nach dem Architektenvertrag dazu verpflichtet, eine Planung zu erstellen, die die Genehmigung der zuständigen Behörden gewährleistet. Wird diese Pflicht verletzt, liegt eine Pflichtverletzung vor, die weitreichende Folgen haben kann. Bauherren können bei Fehlen einer genehmigungsfähigen Planung unter Umständen den Vertrag mit dem Architekten kündigen. Selbst wenn die Genehmigungsfähigkeit nachträglich durch Änderungen erreicht werden kann, bleibt die anfängliche Pflichtverletzung bestehen.
Kernprobleme eines umstrittenen Bauvorhabens: Die Grenzen der Genehmigungsfähigkeit
Im Mittelpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung stand das ambitionierte Projekt eines Immobilienunternehmens, vertreten durch die Beklagte, das die Realisierung von 40 Wohneinheiten nebst Tiefgarage auf einem bereits bebauten Grundstück in H. anvisierte. Der Kläger, ein Architekt, wurde mit der Planung des Vorhabens beauftragt. Schnell traten jedoch erhebliche Differenzen zwischen der visionären Planung und den rechtlichen sowie administrativen Realitäten hervor. Trotz mehrfacher Gespräche mit den zuständigen Baubehörden und einem städtebaulichen Wettbewerb zur Findung alternativer Planungsansätze, blieben die genehmigungsrechtlichen Hindernisse unüberwindbar.
Das Spannungsfeld von architektonischer Vision und baurechtlicher Genehmigung
Die wesentlichen Stolpersteine für das Bauvorhaben waren die Überschreitung der im Fluchtlinienplan festgelegten Baugrenzen und eine geplante Dreigeschossigkeit, die sowohl mit der bestehenden Bebauung als auch mit dem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan Nr. 1772 nicht vereinbar war. Dieser sah für das Gebiet lediglich eine zweigeschossige Bebauung vor, um einen harmonischen Übergang zum benachbarten Landschaftsschutzgebiet zu gewährleisten. Die Konsequenzen dieser Planungsdivergenzen manifestierten sich in mehreren ablehnenden Bescheiden der Baubehörde und später auch in gerichtlichen Niederlagen.
Gerichtliche Klärung und das Urteil des OLG Celle
Das OLG Celle hatte schließlich über die Berufung des Klägers zu entscheiden, der sich gegen das Urteil des Landgerichts Hannover wandte. Das Gericht stellte fest, dass der Kläger seinen vertraglichen Pflichten nicht nachgekommen war, da die von ihm erstellte Planung nicht dauerhaft genehmigungsfähig war. Es wurde deutlich, dass eine Planung, die elementare baurechtliche Vorgaben nicht beachtet, nicht den vertraglichen Anforderungen entspricht. Das Gericht wies darauf hin, dass der Architekt auch für die Einhaltung der baurechtlichen Genehmigungsfähigkeit verantwortlich ist und nicht lediglich eine künstlerische oder visionäre Leistung erbringt.
Finanzielle und rechtliche Konsequenzen für die Beteiligten
Die finanziellen Forderungen des Klägers wurden weitestgehend abgewiesen. Er konnte lediglich Ansprüche auf das Honorar für die Leistungsphasen der Grundlagenermittlung und Vorplanung geltend machen, während die weiterführenden Planungsleistungen als nicht verwertbar und somit nicht vergütungspflichtig eingestuft wurden. Die Beklagte hingegen erhielt teilweise Rückzahlungen bereits geleisteter Honorare, da das Werk des Klägers mangelhaft und die Planung nicht genehmigungsfähig war.
Fazit: Die essenzielle Bedeutung genehmigungsfähiger Planung
Das Urteil verdeutlicht die essenzielle Bedeutung einer realistischen und im Einklang mit baurechtlichen Vorgaben stehenden Planung im Bauwesen. Es unterstreicht die Verantwortung des Architekten für die Genehmigungsfähigkeit seiner Entwürfe und mahnt zur sorgfältigen Abwägung zwischen kreativen Visionen und rechtlichen Rahmenbedingungen.
✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
Was bedeutet „genehmigungsfähige Planung“ im Kontext des Baurechts?
Im Kontext des Baurechts bezieht sich der Begriff „genehmigungsfähige Planung“ auf die Anforderung, dass Bauplanungen so gestaltet sein müssen, dass sie bei der zuständigen Baugenehmigungsbehörde genehmigt werden können. Dies bedeutet, dass die Planung alle relevanten öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfüllen muss, die im baurechtlichen Genehmigungsverfahren geprüft werden. Der Architekt oder Planer ist verpflichtet, einen Entwurf zu erstellen, der nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft genehmigungsfähig ist, um eine nachhaltige und nicht mehr rücknehmbare Baugenehmigung zu erreichen.
Bereits in der Entwurfsphase muss die Planung genehmigungsfähig sein. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat klargestellt, dass selbst wenn der Planer nur mit der Grundlagenermittlung, Vorplanung und Entwurfsplanung beauftragt wurde und nicht mit der Genehmigungsplanung, er dennoch einen genehmigungsfähigen Entwurf schuldet. Der Architekt trägt das Risiko der Genehmigungsfähigkeit der Planung und kann bei Nichterfüllung dieser Anforderung haftbar gemacht werden, insbesondere wenn die Genehmigungsbehörde die Genehmigung versagt oder nur mit Auflagen erteilt, die erhebliche wirtschaftliche Folgen haben können.
Eine Planung gilt als genehmigungsfähig, wenn sie den bauplanungsrechtlichen Vorschriften der §§ 29 ff. BauGB und den bauordnungsrechtlichen Normen entspricht. Die Baugenehmigungsbehörde prüft die Übereinstimmung mit diesen Vorschriften und kann eine Genehmigung erteilen, wenn keine öffentlich-rechtlichen Hindernisse bestehen. Sollte die Baugenehmigung aufgrund von Planungsmängeln zurückgenommen werden, entbindet dies den Architekten nicht von der Haftung gegenüber dem Bauherrn.
Zusammengefasst ist eine genehmigungsfähige Planung im Baurecht eine Planung, die alle notwendigen rechtlichen und bautechnischen Anforderungen erfüllt, um von der zuständigen Behörde eine Baugenehmigung zu erhalten. Architekten und Planer sind verpflichtet, solche Planungen zu erstellen und tragen das Risiko, sollte die Planung nicht genehmigungsfähig sein.
Welche Rolle spielt der Bebauungsplan bei der Genehmigung eines Bauvorhabens?
Der Bebauungsplan spielt eine zentrale Rolle bei der Genehmigung von Bauvorhaben, da er die rechtliche Grundlage für die Zulässigkeit von Baumaßnahmen auf einem bestimmten Grundstück bildet. Er enthält detaillierte Festsetzungen darüber, was und wie auf einem Grundstück gebaut werden darf. Diese Festsetzungen umfassen unter anderem die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen.
Zulässigkeit von Vorhaben gemäß Bebauungsplan
Ein Vorhaben ist zulässig, wenn es den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht. Dies gilt insbesondere für qualifizierte Bebauungspläne, die gemäß § 30 Absatz 1 BauGB alle wesentlichen Festsetzungen enthalten. Wenn ein Bauvorhaben den Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist, kann es genehmigt werden.
Bauvoranfrage und Bauvorbescheid
Bauherren können mittels einer Bauvoranfrage klären lassen, ob ihre Bauvorstellungen genehmigungsfähig sind. Dies ist besonders empfehlenswert, wenn kein Bebauungsplan vorliegt oder Unsicherheiten bestehen. Die Bauvoranfrage ist jedoch kein Genehmigungsverfahren und der Bauvorbescheid berechtigt nicht zum Baubeginn.
Ausnahmen und Befreiungen
Wenn ein Vorhaben nicht den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht, besteht die Möglichkeit, dass die Bauaufsichtsbehörde auf Antrag und im Einvernehmen mit der Gemeinde Ausnahmen oder Befreiungen von den Festsetzungen erteilt. Dies setzt voraus, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern.
Planungsrechtliche Zulässigkeit ohne Bebauungsplan
In Gebieten ohne Bebauungsplan richtet sich die Zulässigkeit eines Bauvorhabens nach § 34 BauGB. Das Bauvorhaben muss sich in die vorhandene Struktur einfügen. Auch hier kann eine Bauvoranfrage sinnvoll sein, um Planungssicherheit zu erhalten.
Der Bebauungsplan ist ein entscheidendes Instrument im Baugenehmigungsverfahren. Er definiert die Rahmenbedingungen für Bauvorhaben und gewährleistet, dass diese sich in die städtebauliche Ordnung einfügen. Bauherren sollten sich frühzeitig mit dem Bebauungsplan auseinandersetzen und gegebenenfalls eine Bauvoranfrage stellen, um die Genehmigungsfähigkeit ihres Vorhabens zu prüfen. Ausnahmen und Befreiungen können in bestimmten Fällen ermöglicht werden, erfordern jedoch eine sorgfältige Prüfung und Abwägung durch die zuständigen Behörden.
Das vorliegende Urteil
OLG Celle – Az.: 14 U 12/23 – Urteil vom 07.02.2024
Auf die Berufung des Klägers wird das am 21. Dezember 2022 verkündete Schlussurteil in der Form des Berichtigungsbeschlusses vom 4. April 2023 der Einzelrichterin der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover – 14 O 189/20 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 3.058,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. Oktober 2020 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass dem Kläger aus seiner Honorarschlussrechnung vom 22. Juli 2020 gegenüber der Beklagten kein Honorarrestforderungsbetrag in Höhe von 191.517,92 € zusteht.
3. Auf die Widerklage der Beklagten wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 29.999,68 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. Dezember 2020 zu zahlen. Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.
4. Die Wider-Widerklage wird abgewiesen.
5. Die Klage wird im Übrigen abgewiesen, die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
6. Von den Kosten des Rechtsstreits der I. Instanz tragen der Kläger 62% und die Beklagte 38%. Von den Kosten des Rechtsstreits der II. Instanz tragen der Kläger 75%, die Beklagte 25%.
7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
8. Die Revision wird nicht zugelassen.
9. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 295.300,04 €.
Gründe
Der Kläger ist Architekt und verlangt mit seiner Klage ein Honorar für seine Architektenleistungen für das Bauvorhaben „40 Wohneinheiten nebst Tiefgarage auf dem Grundstück L./I.“ in H., für das er von der Beklagten – einem Immobilienunternehmen – im Jahr 2016 beauftragt wurde.
Auf dem Grundstück, auf dem die Beklagte das Bauvorhaben realisieren wollte, befanden sich bereits ein ehemaliges Gaststättengebäude und ein Hotel. Südlich des Grundstücks waren vier Doppelhäuser belegen. Die östlich liegenden Flächen wurden kleingärtnerisch genutzt und gingen in das Landschaftsschutzgebiet „L.“ über. Die westliche Seite der Straße war mit mehrgeschossigen Wohngebäuden bebaut. Das Gebiet nördlich der L. wurde bereits durch den Bebauungsplan Nr. 1029 überplant und eine maximal zweigeschossige Bauweise festgesetzt. Außerdem lag dort ein 16m breiter Streifen nicht überbaubarer Fläche. Für das streitgegenständliche Gebiet war zu diesem Zeitpunkt noch kein Bebauungsplan in Kraft getreten, aber ein Erlass bereits durch die Landeshauptstadt H. beabsichtigt.
Bereits deutlich vor der Beauftragung des Klägers durch die Beklagte im Jahr 2016 beschloss am 17.11.2012 der Verwaltungsausschuss der Landeshauptstadt H. die Aufstellung eines Bebauungsplanes Nr. 1772 für das streitgegenständliche Gebiet. Darin ist die Festsetzung eines allgemeinen Wohngebietes mit maximal zwei Vollgeschossen vorgesehen. Für die im Osten geplanten Einfamilienhäuser sollte durch eine niedrige Ausnutzung (GRZ=0,25) und durch eng umgrenzte Baufenster ein verträglicher Übergang zum benachbarten Landschaftsschutzgebiet „L.“ geschaffen werden (Beschlussdrucksache Nr. 2234/2012 „I./L.“, Anlage K36).
Mit Vertrag vom 11./12.02.2016 beauftragte die Beklagte den Kläger auf der Grundlage des Angebots vom 06.02.2016 mit der Erbringung von Architektenleistungen der Grundlagenermittlung und Vorplanung für das Bauvorhaben „40 Wohneinheiten nebst Tiefgarage auf dem Grundstück L./I., H.“. Vertraglich vereinbart wurde eine zu planende Wohnfläche von ca. 4.000 qm (vgl. Anlagen K1 und 2).
Bereits kurz nach dem Vertragsschluss, in einem Gespräch am 18.03.2016 zwischen dem Kläger und Mitarbeitern der Baubehörde der Stadt H., signalisierten diese, dass sie das anvisierte Projekt für nicht genehmigungsfähig hielten. Die Ausnutzung des Grundstückes erscheine sowohl gem. § 34 BauGB als auch unter Ansetzung der Inhalte des Planvorentwurfs Nr. 1772 als zu hoch. Ferner seien in dem Gebiet nur zwei Vollgeschosse zulässig, die geplante Dreigeschossigkeit sei dort nicht erlaubt (vgl. Gesprächsvermerk des Klägers vom 18.03.2016, Anlage B6).
Eine entsprechende Bauvoranfrage wurde mit Bescheid vom 10.08.2016 abgelehnt. Als Begründung wurde ausgeführt, das Bauvorhaben sei nicht genehmigungsfähig. Es füge sich nicht gem. § 34 BauGB ein. Der Baukörper sei zu groß, er sei mindestens 30 % größer als der vorhandene Gebäudekomplex des ehemaligen Hotelbetriebes, überdies seien die festgesetzten Baufluchtlinien überschritten (Anlage B8).
Der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 1772 wurde am 25.08.2016 vom Verwaltungsausschuss beschlossen (Beschlussdrucksache Nr. 1553/2016).
Mit Schreiben vom 16.11.2016 informierte die Landeshauptstadt H. die Beklagte über den unlängst gefassten Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 1772 und übersandte eine Beschreibung der städtebaulichen Ziele und Rahmenbedingungen für das Plangebiet (Anlagenkonvolut B29, 30).
Ebenfalls Ende 2016 führte die Beklagte, moderiert durch den Kläger, einen städtebaulichen Wettbewerb mit drei Architekturbüros durch, die Alternativen unter Beachtung der städtebaulichen Rahmenbedingungen ausarbeiten sollten. Das vorgenannte Schreiben der Stadt H. vom 16.11.2016, in dem auf den Aufstellungsbeschluss Nr. 1772 Bezug genommen wird und die städtebaulichen Ziele und Rahmenbedingungen für das Plangebiet mitgeteilt werden, lag zu diesem Zeitpunkt dem Kläger vor (Anlagekonvolut B29, vgl. auch B19: E-Mail des Klägers an die Baubehörde, in der er dieser die drei Alternativentwürfe übersandte).
Der Widerspruch der Beklagten vom 31.08.2016, mit dem diese eine Befreiung von den Vorgaben des Fluchtlinienplanes beantragte (Anlage K42), wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18.04.2018 zurückgewiesen. Die Behörde wies erneut u.a. auf den Baufluchtlinienplan Nr. 384 hin, dessen festgesetzten Fluchtlinien um 2m überschritten würden, was nicht zulässig sei. Ein Ausnahmefall liege nicht vor. Das geplante Objekt überschreite den durch die Umgebungsbebauung gesetzten Rahmen deutlich (Anlage B9).
Die Behörde teilte zudem (erneut) mit, dass der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 1772 am 25.08.2016 vom Verwaltungsausschuss beschlossen worden sei (Beschlussdrucksache Nr. 1553/2016) und dessen Festsetzungen ebenfalls nicht mit dem geplanten Projekt im Einklang stünden (Anlage B9, Seite 4).
Am 22.02.2017 beschloss der Stadtbezirksrat B. die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit gem. § 3 Abs. 1 BauGB in Bezug auf den Erlass des beabsichtigten Bebauungsplans.
Mit einer Vertragserweiterung vom 03.03.2017 wurde der Kläger von der Beklagten zusätzlich mit der Entwurfsplanung und Genehmigungsplanung entsprechend den Leistungsphasen 3 und 4 der HOAI beauftragt (Anlage B3).
Am 28.04.2017 beantragte die Beklagte für die – bereits durch Bauvoranfrage abschlägig beschiedenen – klägerischen Planungen eine Baugenehmigung für die Erstellung von 43 Wohneinheiten. Es sollten zwei dreigeschossige Wohnkörper mit einer gemeinsamen Tiefgarage entstehen.
Dieser Antrag wurde – ebenso wie die Bauvoranfrage – mit Bescheid vom 19.02.2018 abgelehnt. Die Behörde führte aus, dass das beabsichtigte Vorhaben teilweise im Außenbereich gem. § 35 BauGB liege und bereits deshalb nicht genehmigungsfähig sei. Überdies füge sich der geplante Baukörper, der im Innenbereich liege, hinsichtlich des Maßes nicht in die nähere Umgebung ein. Er finde hinsichtlich seiner Bruttogeschossfläche, seiner Massivität und Kubatur keine Entsprechung in der näheren Umgebung (Anlage B10).
Zwischenzeitlich hatte das Verwaltungsgericht über die dort erhobene Klage auf Erteilung eines Bauvorbescheides entschieden und diese mit Urteil vom 30.05.2018 abgewiesen. Das Verwaltungsgericht folgte nicht der Argumentation der Beklagten, ihr Vorhaben füge sich harmonisch in die Umgebungsbebauung ein und der Fluchtlinienplan sei funktionslos geworden. Es führte vielmehr aus, das Vorhaben sei schon daher unzulässig, weil das geplante Bauvorhaben die Baugrenzen zur L. überschreite. Zweifel an der Gültigkeit des Fluchtlinienplanes bestünden nicht. Die Beklagte habe auch keinen Anspruch auf eine von ihr geforderte Befreiung von den Festsetzungen des Fluchtlinienplanes (Urteil vom 30.05.2018, Az 4 A 9677/17, Anlage B12).
Der Widerspruch der Beklagten gegen den Ablehnungsbescheid in Bezug auf den Erlass einer Baugenehmigung wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2018 von der Baubehörde zurückgewiesen. Die Behörde legte dar, dass das beantragte Vorhaben aufgrund mehrerer Punkte nicht zulässig sei. Es liege zum einen teilweise im Außenbereich, was einer Genehmigungsfähigkeit entgegenstehe. Ferner füge es sich im Übrigen hinsichtlich des geplanten baulichen Maßes nicht in die nähere Umgebung ein. Es wurde erneut auf die zu hohe Grundfläche und die dreigeschossige Bauweise hingewiesen, was die dort vorhandene städtebauliche Situation verändere. Insbesondere die südlich liegenden Reihenhäuser würden einem in dieser Umgebung untypischem dreigeschossigen Baukörper ausgesetzt (Anlage B11).
Am 28.07.2018 beschloss der Rat der Landeshauptstadt H. die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 1772, der für das streitgegenständliche Gebiet ein allgemeines Wohngebiet vorsah, drei zweigeschossig zu bebauende Baufenster sowie einen 16m breiten Streifen nichtüberbaubarer Fläche südlich der L.
Am 27.06.2019 wurde der Bebauungsplan Nr. 1772 als Satzung beschlossen. Mit Bekanntmachung trat er am 22.08.2019 in Kraft (Amtsblatt, Anlage K38).
Der gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil auf Erteilung eines Bauvorbescheides eingelegte Berufungszulassungsantrag wurde mit Beschluss vom 27.10.2020 vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg als unzulässig verworfen, weil zwischenzeitlich der Bebauungsplan in Kraft getreten sei.
Die am 30.08.2018 erhobene Klage der Beklagten auf Erteilung einer Baugenehmigung wurde ebenso vom Verwaltungsgericht Hannover abgewiesen (Urteil vom 08.11.2021 – Az. 4 A 5489/18). Die Beklagte meinte, ihr Bauvorhaben erfülle im Wesentlichen die Anforderungen, die der zwischenzeitlich in Kraft getretene Bebauungsplan Nr. 1772 aufstelle. Dem folgte das Verwaltungsgericht Hannover nicht. Der Bebauungsplan setze eine zweigeschossige Bauweise und eine Grundflächenzahl von 0,4 fest. Diese Maßgaben halte die Planung der Beklagten nicht ein. Nach deren Planzeichnungen im Bauantrag handelte es sich bei dem Erd- und Obergeschoss (lichte Höhe jeweils 2,62m) und dem Dachgeschoss (lichte Höhe 2,22m) augenscheinlich um Vollgeschosse. Es fehle jedoch ein konkreter Nachweis dazu sowie zu der geplanten Grundflächenzahl. Soweit die Beklagte rüge, die Festsetzungen des Bebauungsplanes fielen zu gering aus, folgte die Kammer des Verwaltungsgerichts ebenfalls nicht. Es gebe keine Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit des Bebauungsplanes (vgl. Urteil vom 08.11.2021 – Az. 4 A 5489/18, Seite 7, Anlage B25).
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg durch Beschluss vom 13.09.2022 abgelehnt. Als Begründung wurde ausgeführt, dass die Planung nicht den Vorgaben des Bebauungsplanes entspreche (Beschluss vom 13.09.2022 – 1 LA 183/21, Anlage B38).
Der Rechtsanwalt der Beklagten und der Kläger versuchten sodann eine Genehmigung des beabsichtigten Vorgehens mittels einer sog. Deckblattlösung zu erreichen. Diese sieht vor, eine Baugenehmigung aufgrund von falschen „Deckblättern“ zu erhalten, die nicht der tatsächlichen Planung entsprechen und sodann – nach Erhalt der Baugenehmigung – mittels einer Befreiung die ursprünglich gewollte Planung durchzusetzen (Schreiben des Prozessbevollmächtigen der Beklagten vom 12.03.2020, Anlage B39).
Einem solchen Vorgehen stimmte der Geschäftsführer der Beklagten nicht zu.
Die Beklagte beauftragte schließlich das Büro des Architekten Dipl.-Ing. P. H., das eine neue Planung einreichte, die eine nahezu identische Wohnfläche ausweist und von der Landeshauptstadt H. genehmigt wurde (vgl. Anlagen B31-34).
Der Kläger verlangt für seine Planungsleistungen mit Honorarschlussrechnung vom 22.07.2020 gemäß den Vorgaben der HOAI für die Leistungsphasen 1-4 eine Honorarrestforderung in Höhe von 191.517,92 € (brutto) und eine entsprechende Sicherheitsleistung (Anlage K4). Die Gesamthonorarforderung des Klägers beträgt dabei 295.300,26 € (brutto) bzw. 248.151,48 € (netto); abzüglich der Abschlagszahlungen der Beklagten in Höhe von 103.782,12 € (brutto) ergibt sich die Honorarrestforderung des Klägers.
Die Beklagte leistete keine weitere Zahlung und auch keine Sicherheit, so dass der Kläger mit Schreiben vom 17.09.2020 die Kündigung des Architektenvertrages erklärte (Anlage K7).
Mit seiner Klage hat der Kläger – nach Teilrücknahme – eine Sicherheit für seine Honorarforderung in Höhe von 191.517,92 € geltend gemacht. Die Beklagte hat sodann im Wege der Widerklage beantragt, festzustellen, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Honorars in Höhe von 191.517,92 € hat, sowie im Wege der Leistungsklage verlangt, an sie das bereits gezahlte Honorar in Höhe von 103.782,12 € zzgl. Zinsen zurückzuzahlen.
Nachdem das Landgericht zunächst ein Teilurteil erlassen hat, in dem es die Beklagte verurteilt hat, dem Kläger eine Sicherheit über den verlangten Honoraranspruch zu gewähren (Teilurteil vom 19.07.2022 – 14 O 189/20), hat der Kläger eine Wider-Widerklage erhoben, mit der er beantragt hat, die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein Architektenhonorar in Höhe von 191.517,92 € zzgl. Zinsen zu zahlen.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat mit Schlussurteil vom 21.12.2022 die Klage und die Wider-Widerklage abgewiesen und die Widerklage für begründet erachtet. Es stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger keine abnahmefähige Architektenleistung erbracht habe. Es sei jedoch grundsätzlich die Leistungspflicht des Architekten, eine genehmigungsfähige Planung vorzulegen. Der Kläger habe auch nicht den ihm obliegenden Beweis erbracht, dass die Beklagte das Risiko einer nicht genehmigungsfähigen Planung übernommen habe.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.
Der Kläger meint, seine ursprüngliche Planung sei genehmigungsfähig gewesen und hätte genehmigt werden müssen. Dass zwischenzeitlich ein Bebauungsplan erlassen worden sei, an dem die Planung zu messen sei, falle nicht in sein Risiko. Die Beklagte habe auch konkrete Vorgaben zur zu erreichenden Wohnfläche gemacht. Sie habe den Kläger darauf hingewiesen, dass sie mindestens 4.500 qm Wohnfläche benötige. Der Kläger habe dies als „ehrgeiziges Ziel“ bezeichnet. Der Wunsch der Beklagten nach viel Wohnfläche finde sich auch im Vertrag, der eine extra Vergütung für den Kläger für diesen Fall vorsehe.
Der Beklagten, einer Immobiliengesellschaft, sei das Risiko einer Versagung der Genehmigung bekannt gewesen. Nicht zuletzt deshalb habe sie dem Kläger einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht, der im Namen der Beklagten die verwaltungsgerichtlichen Verfahren geführt hat, an die Seite gestellt. Der Kläger sei kein Jurist und könne die Erfolgsaussichten der Anträge, Widersprüche und Klagen nicht einschätzen. Er habe sich auf die Beratung des Rechtsanwalts verlassen, der Erfolgsaussichten hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit gesehen habe.
Schließlich sei es treuwidrig von der Beklagten gewesen, sich dem sog. Deckblattverfahren zu verweigern. Es habe insofern die mündliche inoffizielle Zusage eines Mitarbeiters der Baubehörde gegeben, dass es eine Genehmigung geben würde. Der Geschäftsführer der Beklagten sei zu dem kurzen Zeitpunkt, zu dem ein solches „Deckblattverfahren“ Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, nicht erreichbar gewesen. Mit diesem „Deckblattverfahren“ hätte sodann ein Dispens erreicht werden können, der schließlich im Ergebnis das gesamte Projekt legalisiert hätte. Dieses Vorgehen habe der Geschäftsführer der Beklagten verhindert.
Nicht zuletzt könne der Kläger nichts dazu, dass einige Personen aus dem Bauamt dem Projekt nicht wohlgesonnen gewesen seien.
Er beantragt, unter Änderung des Schlussurteils des Landgerichts Hannover vom 21.12.2022, Az.: 14 O 189/20,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.058,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 06.08.2020 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 191.517,92 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 22.08.2020 zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.058,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 04.09.2020 zu zahlen;
4. die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte meint, der Kläger habe keinen Honoraranspruch. Seine gesamte Arbeit sei nutz- und wertlos. Sie sei davon ausgegangen, dass – insbesondere nach dem durchgeführten städtebaulichen Wettbewerb – die Planungen des Klägers bei der Baubehörde genehmigt würden. Es habe zu keinem Zeitpunkt den Hinweis des Klägers gegeben, dass seine Planungen nicht genehmigungsfähig seien. Es sei der Beklagten stets um eine Realisierung einer Planung gegangen, sie habe schließlich bauen wollen. Der Kläger habe der Beklagten stets suggeriert, dass die Baubehörde und auch das Verwaltungsgericht Hannover falsch lägen und ein Anspruch auf eine Genehmigung bestehe. In Bezug auf die Leistungsphasen 1 und 2 der HOAI habe der Kläger nicht alle Grundleistungen erbracht, insbesondere wäre er verpflichtet gewesen, das Planungskonzept mit maßstabsgetreuen Zeichnungen darzustellen, was nicht geschehen sei.
Das sog. Deckblattverfahren sei dem Geschäftsführer der Beklagten zu riskant gewesen. Mit dem „Deckblattverfahren“ habe der Landeshauptstadt H. der Eindruck vermittelt werden sollen, es gebe kein drittes Vollgeschoss. Tatsächlich sollte ein solches gebaut und nachträglich über einen Dispens legalisiert werden. Er habe sich selbst Ende 2019 mit Vertretern des Bauamtes getroffen, die ihm deutlich gemacht hätten, dass die Baubehörde hierzu nicht bereit sei. Es müsse der komplette Bauantrag überarbeitet und entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen neu eingereicht werden (Anlage B 42). Er habe das Risiko einer fehlerhaft erteilten Baugenehmigung, die einen Baustopp nach sich ziehen könnte, bei einem derartigen Großprojekt nicht eingehen wollen.
Die Beklagte behauptet, ihr Geschäftsführer habe Ende September 2019 vom Kläger eine Nachbesserung seiner Planung verlangt, um eine Baugenehmigung zu erhalten. Der Kläger habe eine kostenfreie Nachbesserung seiner Planung abgelehnt und mit E-Mail vom 20.09.2019 ein weiteres Honorar von 25.466, € für die Überarbeitung der vorhandenen Planungsunterlagen verlangt (Anlagen B26 und B30).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf den vorgetragenen Inhalt der zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.01.2024.
II.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben und begründet worden. In der Sache hat sie teilweise Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung des im Wege der Wider-Widerklage geltend gemachten Honorarrestanspruchs in Höhe von 191.517,92 €. Seine Berufung in Bezug auf die Widerklage der Beklagten, die die bereits erbrachten Honorarzahlungen vollständig zurückfordert, hat teilweise Erfolg. Im Einzelnen:
1. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von Architektenhonorar gem. § 631 Abs. 1 BGB iVm der Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen (2013) für die von ihm erbrachten Leistungen in Höhe von 73.782,44 € (brutto) für Leistungen der Grundlagenermittlung und Vorplanung entsprechend den Leistungsphasen 1 und 2 der Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen. Auf das Rechtsverhältnis der Parteien ist die Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen vom 10.07.2013 (in Kraft getreten am 17.07.2013, in der bis zum 31.12.2020 gültigen Fassung) anzuwenden (im Folgenden: HOAI). Dieser Anspruch ist durch Zahlung der Beklagten in Höhe von 103.782,12 € erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB). Der Kläger ist bereits überzahlt.
a) Die Parteien haben zunächst einen Architektenvertrag geschlossen, wonach der Kläger Leistungen der Grundlagenermittlung und Vorplanung (gem. Leistungsphasen 1 bis 2 des Leistungsbildes Gebäude und Innenräume gem. § 34 HOAI) erbringen sollte (vgl. Vertrag vom11./12.02.2016 mit Anlage vom 06.02.2016, Anlagen K1, K2).
In den ersten Leistungsphasen eines Bauprojekts geht es zunächst darum, die Wünsche des Bauherrn herauszuarbeiten und zu prüfen, welche Vorgaben, Einschränkungen und Zwänge diesen entgegenstehen könnten. Ein Bauherr, der im Verlauf des Projekts zahlreiche Zielkonflikte zu lösen hat, schaltet einen Architekten gerade deshalb ein, damit dieser ihn hierbei unterstützt (vgl. KG Berlin, Urteil vom 10. Juli 2018 – 21 U 152/17, Rn. 37, juris). Dass sich ein Vorhaben sodann später nicht – wie gewünscht – realisieren lässt, kann in den ersten Leistungsphasen nicht dazu führen, dass der Architekt – mangels späterer Genehmigungsfähigkeit – keinen Honoraranspruch hat.
Deshalb kann die Aufgabenstellung für einen Architekten durchaus darin bestehen, hinsichtlich eines wichtigen Punktes (zum Beispiel: Genehmigungsfähigkeit) nicht den sichersten Weg zu gehen, sondern umgekehrt, die Umsetzbarkeit von Maximalvorstellungen auszuloten. Auch dann mag es dem Auftraggeber letzten Endes um eine genehmigungsfähige Planung gehen – schließlich will er im Zweifel am Ende bauen – aber die Absprache mit dem Architekten kann durchaus dahingehen, dass von den Maximalvorstellungen erst zurückgesteckt werden soll, wenn feststeht, dass sie nicht umsetzbar sind. In einem solchen Fall schuldet der Architekt bis zu diesem Scheitern der Maximalvorstellung deren Umsetzung und nicht den sicheren Weg einer zweifelsfrei genehmigungsfähigen „kleinen” Lösung. Erst nach dem Scheitern ändert sich das dynamische Leistungssoll des Vertrages hin zu einer genehmigungsfähigen Planung (KG Berlin, Urteil vom 10. Juli 2018 – 21 U 152/17, Rn. 38, juris).
Demgemäß richtet sich die Frage der Mangelhaftigkeit selbständig nach diesem Planungsstadium, für das eine hinreichende Aussicht auf Genehmigung in der Regel ausreichen muss (BGH, Urteil vom 18. September 1997 – VII ZR 300/96, Rn. 8, juris).
b) So liegt der Fall hier. Der Kläger war im Rahmen einer gestuften Beauftragung mit der Grundlagenermittlung und Vorplanung beauftragt. Er schuldete daher als selbständigen Werkerfolg zunächst nur diese.
Die Parteien vereinbarten vertraglich eine zu planende Wohnfläche von ca. 4.000 m² (vgl. Anlage K1), wobei der Geschäftsführer der Beklagten den Wunsch äußerte, eine höhere Quadratmeterzahl an Wohnfläche zu erreichen (4.500 m² vgl. Anlage K11), was sich auch in der Vertragsklausel niederschlug, nach der der Kläger für „jede weitere genehmigte 100m² Wohnfläche über 4.000m² hinaus 2.500 € pro 100m² zusätzlich vergütet“ werden sollte. Gemäß dem Wunsch seiner Auftraggeberin war der Kläger also zunächst zu einer Planung verpflichtet, die möglichst über 4.000 m² Wohnfläche schafft. Dass es sich dabei um ein „ehrgeiziges Ziel“ handelt (so der Kläger in einer E-Mail an den Geschäftsführer der Beklagten, vgl. Anlage K11), teilte der Kläger dem Geschäftsführer der Beklagten noch vor der Vertragsunterzeichnung mit, in die sodann dennoch der Anreiz, möglichst viel Wohnfläche zu schaffen, aufgenommen wurde (s.o.).
Dass grundsätzlich eine hinreichende Aussicht auf Genehmigung für ein Bauprojekt der streitgegenständlichen Art gegeben war, steht zwischen den Parteien nicht in Frage und ist auch durch die letztlich erfolgte Genehmigung, wenn auch aufgrund der Planung eines anderen Architekten, dokumentiert.
aa) Im Rahmen der Grundlagenermittlung geht es insbesondere darum, den Bauwunsch des Auftraggebers klar zu umreißen und die Vorstellungen des Bauherrn in einen bauordnungsrechtlich, wirtschaftlichen und technisch ausführbaren Rahmen zu bringen sowie die wirtschaftlichen Grenzen des Auftraggebers abzustecken (vgl. Korbion, in: Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, Kommentar, 9. Aufl. 2016, § 34, Rn. 67 mwN). Soweit die Beklagte rügt, dass der Kläger in der Leistungsphase 1 keine Beratung der Beklagten zum gesamten Leistungs- und Untersuchungsbedarf und eine entsprechende Zusammenfassung seiner Grundlagenermittlung bzw. keine entsprechende Dokumentation vorgenommen hat, folgt der Senat dem nicht.
Maßgeblich sind insoweit nicht die in der HOAI genannten Leistungsbilder, sondern die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Was ein Architekt oder Ingenieur vertraglich schuldet, ergibt sich aus dem geschlossenen Vertrag, in der Regel also aus dem Recht des Werkvertrages. Der Inhalt dieses Architekten-/Ingenieurvertrages ist nach den allgemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Vertragsrechts zu ermitteln. Die HOAI enthält keine normativen Leitbilder für den Inhalt von Architekten- und Ingenieurverträgen. Die in der HOAI geregelten „Leistungsbilder“ sind Gebührentatbestände für die Berechnung des Honorars der Höhe nach. Ob ein Honoraranspruch dem Grunde nach gegeben oder nicht gegeben ist, lässt sich daher nicht mit Gebührentatbeständen der HOAI begründen.
(BGH, Urteil vom 24. Oktober 1996 – VII ZR 283/95, Leitsätze, juris). Daraus folgt, dass es sich bei den Vorgaben des § 34 Abs. 3 und Anlage 10.1 HOAI nicht um eine abschließende Darstellung, sondern vielmehr um eine Auslegungshilfe handelt. Die in der Anlage 10.1 HOAI aufgeführten Grundleistungen sind insofern nicht alle zwingend für einen vollständigen Honoraranspruch zu erbringen, wenn dies für den vereinbarten Leistungsumfang nicht erforderlich ist (Korbion, in: Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, Kommentar, 9. Aufl. 2016, § 34, Rn. 46 mwN).
Dies ergibt sich auch aus § 3 Abs. 2 Satz 1 HOAI, wonach die in den Leistungsbildern erfassten Grundleistungen im Allgemeinen zur ordnungsgemäßen Erfüllung eines Auftrags erforderlich sind. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass nicht immer alle in der jeweiligen Leistungsphase aufgeführten Grundleistungen zur Lösung der jeweiligen konkreten Planungsaufgabe zwingend erbracht werden müssen. Sind bestimmte Grundleistungen nicht zur Lösung der konkreten Planungsaufgabe erforderlich, führt es nicht zu einer Honorarkürzung, wenn diese – nicht erforderlichen – Leistungen nicht erbracht wurden (zum Führen eines Bautagebuches als Grundleistung: BGH, Urteil vom 11. März 1982 – VII ZR 128/81, Rn. 27, juris, „der Kläger hat diejenigen Grundleistungen zu erbringen, die die Baumaßnahme erfordert“; hierzu: Korbion, in: Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, Kommentar, 9. Aufl. 2016, § 34, Rn. 46 ff. mwN).
Gemessen daran, hat der Kläger die erforderlichen Leistungen zur Erfüllung der Leistungsphase 1 erbracht. Vertraglich vereinbart war gem. Seite 1 des Vertrages vom 11./12.2.2016 in Bezug auf die Leistungsphase 1 „Klärung der Aufgabenstellung und Feststellung der Planungsvoraussetzungen“ (Anlage K2). Diese Leistungen hat der Kläger erfüllt.
Im Übrigen folgt bereits aus dem Akteninhalt, dass sich der Kläger intensiv mit den Wünschen der Beklagten auseinandergesetzt, mit dem Geschäftsführer der Beklagten darüber in Austausch war, beraten und Bedenken angemeldet hat. Wären die klägerischen Leistungen im Rahmen der Grundlagenermittlung seitens der Beklagten als nicht ausreichend erachtet worden, hätte sie dies dem Kläger zum damaligen Zeitpunkt gegenüber rügen und diesem die Möglichkeit zur Nachbesserung geben müssen.
bb) In Bezug auf die Vorplanung war vertraglich vereinbart, dass der Kläger insoweit „wesentliche Teile der Lösung der Planungsaufgabe als Planungskonzept mit Kostenschätzung“ erarbeiten sollte (Anlage K2). Dass der Kläger eine Kostenschätzung erstellt hat, ergibt sich aus der Anlage vom 06.02.2016 (Anlage K1).
Soweit die Beklagte rügt, der Kläger habe keine maßstabsgetreue Zeichnung gefertigt, gehört zum auszuarbeitenden Planungskonzept in erster Linie die zeichnerische Darstellung der wesentlichen Teile der Vorstellung des Architekten über die Lösung der ihm gestellten Bauaufgabe, was im Allgemeinen durch Grundrisse und/ oder Ansichten zum Ausdruck gebracht werden kann. Hierbei ist ihm eine gewisse künstlerische Gestaltungsfreiheit einzuräumen (vgl. Korbion, in: Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, Kommentar, 9. Aufl. 2016, § 34, Rn. 96 mwN). Der Kläger hat unbestritten Zeichnungen gefertigt, die die Beklagte in die Lage versetzt haben, die konzipierte Gesamtvorstellung zu erkennen und weitere Entscheidungen zu treffen. Wären die klägerischen Leistungen im Rahmen der Vorplanung seitens der Beklagten als nicht ausreichend erachtet worden, hätte sie dies dem Kläger zum damaligen Zeitpunkt gegenüber ebenfalls rügen und diesem die Möglichkeit zur Nachbesserung (s.o.) geben müssen.
Die Beklagte hat aber – im Gegenteil – nach Abschluss der Leistungsphasen 1 und 2 eine Vertragserweiterung für die Leistungsphasen 3 und 4 mit dem Kläger abgeschlossen (vgl. Anlage K3), woraus der Senat ebenfalls schließt, dass die Beklagte die Leistungsphase 1 und 2 als im Wesentlichen erfüllt betrachtet hat.
c) In Bezug auf die Fälligkeit der Honoraransprüche des Klägers kann die Frage, ob die Architektenleistungen des Klägers in Bezug auf die Leistungsphasen 1 und 2 von der Beklagten auch abgenommen wurden, dahingestellt bleiben. Grundsätzlich ist die Abnahme zwar Fälligkeitsvoraussetzung für den Honoraranspruch des Architekten im Sinne von § 15 Abs. 1 HOAI (aa). Vorliegend ist aber zwischenzeitlich ein Abrechnungsverhältnis zwischen den Parteien entstanden, was das Abnahmeerfordernis als Fälligkeitsvoraussetzung entfallen lässt (bb).
aa) Gem. § 15 Abs. 1 HOAI ist die Abnahme Fälligkeitsvoraussetzung für den Honoraranspruch des Architekten. In Betracht kommt eine konkludente Abnahme seitens der Beklagten bzw. ihres Geschäftsführers. Erforderlich ist hierzu ein tatsächliches Verhalten des Auftraggebers, das geeignet ist, einen Abnahmewillen eindeutig und schlüssig zum Ausdruck zu bringen. Ob eine konkludente Abnahme vorliegt, beurteilt sich grundsätzlich nach den Umständen des Einzelfalls (BGH, Urteil vom 20. Februar 2014 – VII ZR 26/12, Rn. 15 mwN, juris). Es kommt stets maßgeblich darauf an, ob nach den gesamten Umständen das Verhalten des Auftraggebers dahin verstanden werden kann, er billige die erbrachte Leistung als im Wesentlichen vertragsgerecht. Das kann auch der Fall sein, wenn die Leistung Mängel hat oder noch nicht vollständig fertig gestellt ist (BGH, Urteil vom 20. Februar 2014 – VII ZR 26/12, Rn. 18, juris).
So liegt der Fall hier. Der Geschäftsführer der Beklagten hat seinen Abnahmewillen für die Beklagte mit der vorbehaltlosen Entgegennahme der klägerischen Leistungen in Bezug auf die Grundlagenermittlung und Vorplanung der Leistungsphasen 1 und 2 der HOAI, der sodann erfolgten weiteren Beauftragung der Leistungsphasen 3 und 4 gem. § 34 HOAI und der vorbehaltlosen Zahlung von Abschlägen schlüssig zum Ausdruck gebracht (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 1982 – VII ZR 128/81, Rn. 27, juris).
bb) Jedenfalls ist das Vertragsverhältnis aber in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen. Dies ist dann der Fall, wenn der Besteller nicht mehr die Erfüllung des Vertrags verlangen kann. Das Erfordernis der Abnahme entfällt dann (BGH, Urteil vom 19. Januar 2017 – VII ZR 301/13, Rn. 44; vgl. Senat, Urteil vom 13. Mai 2020 – 14 U 71/19, Rn. 88; Senat, Urteil vom 18. September 2019 – 14 U 30/19, Rn. 82, alle juris).
So liegt der Fall hier. Das gesamte Bauvorhaben ist anderweitig umgesetzt. Beide Parteien haben kein Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit. Der Kläger hat das Vertragsverhältnis wirksam gekündigt (dazu unten) und eine Schlussrechnung gestellt. Die Beklagte verlangt nicht zuletzt die gezahlten Abschlagszahlungen zurück und bringt insoweit zum Ausdruck, keine weiteren Leistungen des Klägers mehr entgegennehmen zu wollen.
d) Im Ergebnis hat der Kläger einen Anspruch auf Zahlung der Leistungsphasen 1 und 2 in Höhe von 57.945,84 € (netto) aus der Honorarrechnung vom 22.07.2020 (Anlage K4). Hinzu kommen Nebenkosten in Höhe von 7% (pauschal) sowie 19% Mehrwertsteuer (vgl. § 28 Abs. 1 UStG, anzusetzen ist der Leistungszeitraum gem. Abschn. 13.1 Abs. 3 UStAE, der hier vor der zeitlich begrenzten Mehrwertsteuerreduzierung auf 16% lag), sodass auf die Grundlagenermittlung und die Vorplanung insgesamt ein Bruttohonorar in Höhe von 73.782,44 € entfällt.
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Architektenhonorar gem. § 631 Abs. 1 BGB iVm der HOAI für von ihm erbrachten Leistungen der Entwurfsplanung und Genehmigungsplanung (gem. Leistungsphasen 3 und 4 des Leistungsbildes Gebäude und Innenräume gem. § 34 HOAI) aus der Vertragserweiterung vom 03.03.2017 (Anlage K3).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schuldet ein Architekt, der sich zur Erstellung einer Genehmigungsplanung verpflichtet, als Werkerfolg eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung (BGH, Urteil vom 19. Februar 1998 – VII ZR 236/96; Urteil vom 25. Februar 1999 – VII ZR 190/97; Urteil vom 19. März 1992 – III ZR 117/90; Urteil vom 25. März 1999 – VII ZR 397/97, Rn. 13, alle zitiert nach juris). Zur Erfüllung dieser Vertragspflicht reicht es nicht aus, dass die Baugenehmigung tatsächlich erteilt wird; erforderlich ist vielmehr, dass sie rechtmäßig und nicht rücknehmbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Mai 1983 – III ZR 212/82; BGH, Urteil vom 19. März 1992 – III ZR 117/90 –, Rn. 18, beide juris).
Diese Leistung hat der Kläger nicht erbracht. Mit Ergänzungsvertrag vom 03.03.2017 haben die Parteien Leistungen der Entwurfsplanung und Genehmigungsplanung (gem. Leistungsphasen 3 und 4 des Leistungsbildes Gebäude und Innenräume gem. § 34 HOAI) vereinbart. Die Leistung des Klägers war nicht genehmigungsfähig (a). Die Beklagte hat auch nicht das Risiko einer Versagung der Baugenehmigung übernommen (b).
a) Die erbrachte klägerische Leistung war nicht genehmigungsfähig. Soweit der Kläger meint, seine Planung wäre zum Zeitpunkt der Einreichung der Planungsunterlagen genehmigungsfähig gewesen, folgt der Senat dem nicht.
Die Planung des Klägers war weder zum Zeitpunkt der Einreichung der Planungsunterlagen noch später genehmigungsfähig. Zum Zeitpunkt der Einreichung des Bauantrags war der später erlassene Bebauungsplan, dessen Festsetzungen die klägerische Planung auch nicht einhält, noch nicht in Kraft, so dass das Vorhaben zunächst an den Maßstäben des § 34 BauGB zu messen war.
aa) Die Anwendbarkeit des § 34 Abs. 1 BauGB eröffnet der Baugenehmigungsbehörde kein Ermessen. Liegen die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 BauGB vor, wonach sich das Vorhaben u.a. in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen muss, besteht ein Rechtsanspruch auf die Erteilung der Baugenehmigung. Liegen sie nicht vor, ist der Bauantrag abzulehnen (vgl. hierzu Mitschang/Reidt, in: Battis/Kreuzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 34 Rn. 25 ff. mwN; vgl. auch BVerwG, ZfBR 1999, 49).
Richtig ist allerdings, dass wegen der in § 34 Abs. 1 BauGB verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe die Zulässigkeit eines Vorhabens aus der Sicht des Bauinteressenten nicht in allen Fällen zuverlässig beurteilt werden kann. Die den Baugenehmigungsbehörden insoweit obliegende Rechtsanwendung unterliegt zwar der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle, wobei den Instanzgerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, insbesondere in der Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse, ein Beurteilungsspielraum zukommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. November 1992 – 4 B 228/92; BGH, Urteil vom 25. März 1999 – VII ZR 397/97 –, Rn. 16, beide juris).
Die daraus resultierende Unsicherheit der Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Chancen eines Vorhabens bei der Genehmigung rechtfertigt es jedoch nicht, den Architekten im Verhältnis zum Bauherrn von vornherein von seiner eingegangenen vertraglichen Verpflichtung zur Erbringung einer genehmigungsfähigen Planung freizustellen. Der Architekt, der für ein Vorhaben i.S.d. § 34 BauGB eine genehmigungsfähige Planung verspricht, hat seine Planung so zu erstellen, dass sie als zulässig i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB beurteilt werden kann, also innerhalb eines etwaigen Beurteilungsspielraums liegt. Erst dann erfüllt er seine vertragliche Pflicht. (st. Rspr.: BGH, Urteil vom 25. März 1999 – VII ZR 397/97, Rn. 17, juris).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Architekt die zur Lösung dieser Aufgabe notwendigen Kenntnisse auf dem Gebiet des Bauplanungs- und des Bauordnungsrechts besitzen (vgl. BGH, Urteile vom 17. April 1980 – III ZR 167/78, vom 25. Oktober 1984 – III ZR 80/83, vom 19. März 1992 – III ZR 117/90, Rn. 18, alle juris).
bb) Dies war vorliegend nicht der Fall. Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover hat im Urteil vom 30.05.2018 (Az. 4 A 9677/17, Anlage B12) festgestellt, dass das Planungsvorhaben des Klägers gemessen an § 34 BauGB nicht genehmigungsfähig sei. Das Vorhaben scheitere schon daran, dass Fluchtlinien überschritten seien. Das klägerische Vorhaben überschreite die Baugrenze zur L. um 2m. Es komme auch keine Befreiung von den Festsetzungen des Fluchtlinienplanes in Betracht. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen der erkennenden Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover nach eigener Prüfung unter Bezugnahme auf das vorgenannte verwaltungsgerichtliche Urteil an.
Es handelt sich bei der Einhaltung der Grenzabstände (hier Baugrenzen) auch nicht um schwierige Rechtsfragen, deren Kenntnis nicht von einem Architekten verlangt werden kann, sondern das Wissen um Grenzabstände (ebenso wie Baugrenzen) gehört zu den grundlegenden Anforderungen, die ein Architekt bei der Planung zu beachten hat (st. Rspr. BGH, Urteil vom 19. März 1992 – III ZR 117/90, Rn. 18; BGH, Beschluss vom 27. Februar 1992 – III ZR 204/90, Rn. 8, beide juris).
Die klägerische Planung war auch nicht mit den Anforderungen des sodann in Kraft getretenen Bebauungsplans Nr. 1772 vereinbar. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg durch Beschluss vom 13.09.2022 abgelehnt. Als Begründung wurde ausgeführt, dass die Planung nicht den Vorgaben des Bebauungsplanes entspreche. Dieser sehe nur eine zweigeschossige Bauweise vor, bereits diese Vorgabe hält die Planung nicht ein (Beschluss vom 13.09.2022 – 1 LA 183/21, Anlage B38). Der Senat schließt sich auch dieser rechtlichen Würdigung unter Verweis auf den vorgenannten Beschluss an.
cc) Eine alternative Planung erfolgte nicht. In einem laufenden Planungsprozess hat der Architekt jedoch Alternativleistungen zu erbringen, ohne dass hierfür ein gesondertes Honorar verlangt werden kann (OLG Stuttgart, Urteil vom 28. November 2017 – 10 U 68/17, juris). Zusätzlich zu vergüten sind derartige Planungsanpassungen erst dann, wenn es sich nicht mehr um alternative Lösungsmöglichkeiten nach gleichen Anforderungen handelt, sondern um wesentliche Änderungen (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2008 – VII ZR 194/06; OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 11. Januar 2022 – 12 U 120/18, juris).
Der Kläger nahm weder die behördlichen Entscheidungen noch die gerichtlichen Entscheidungen in Bezug auf den nicht erteilten Bauvorbescheid zum Anlass, seine Planung zu ändern oder mit der Beklagten zu vereinbaren, dass diese das Risiko einer Genehmigungsversagung trägt (dazu unten), sondern er erstellte auf der Basis dieser gescheiterten Planung, einen Baugenehmigungsantrag und versuchte – über Jahre – seine nicht genehmigungsfähige Planung rechtlich mit Hilfe des Prozessbevollmächtigten der Beklagten durchzusetzen.
Damit ist er seiner vertraglichen Verpflichtung nicht gerecht geworden. Im Einzelnen:
Dem Kläger hätte bereits deutlich vor der Einreichung der Planungsunterlagen bewusst sein müssen, dass seine noch an § 34 BauGB ausgerichteten Planungsunterlagen nicht genehmigungsfähig sind. Dies gilt nicht nur für die nicht eingehaltenen Fluchtlinien (s.o.), sondern auch für die Vielzahl der anderen von der Behörde gerügten Punkte.
Bereits in einem Gespräch am 18.03.2016 zwischen dem Kläger und Mitarbeitern der Baubehörde der Stadt H. signalisierten diese, dass sie das anvisierte Projekt für nicht genehmigungsfähig hielten. Die Ausnutzung des Grundstückes erscheine sowohl gem. § 34 BauGB als auch unter Ansetzung der Inhalte des Planvorentwurfs Nr. 1772 als zu hoch. Ferner seien in dem Gebiet nur zwei Vollgeschosse zulässig, die geplante Dreigeschossigkeit sei dort nicht erlaubt (vgl. Gesprächsvermerk des Klägers vom 18.03.2016, Anlage B6). Die behördliche Prüfung der Bauvoranfrage für das vom Kläger geplante Projekt habe ergeben, dass dieses öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspreche und ein Bauvorbescheid nicht erteilt werden könne (s.o.).
Der Kläger hätte bei seinen Planungen auch nicht außer Acht lassen dürfen, dass bereits am 17.11.2012 (Beschlussdrucksache 2234/2012 der LHH) der Verwaltungsausschuss die Aufstellung eines Bebauungsplanes Nr. 1771 – I./L. beschlossen hatte. Darin ist die Festsetzung eines allgemeinen Wohngebietes mit maximal zwei Vollgeschossen vorgesehen. Für die im Osten geplanten Einfamilienhäuser solle durch eine niedrige Ausnutzung (GRZ=0,25) und durch eng umgrenzte Baufenster ein verträglicher Übergang zum benachbarten Landschaftsschutzgebiet „L.“ geschaffen werden.
Es drängt sich aus der Sicht des Senats geradezu auf, dass die Baubehörde – wie auch geschehen – diese Festsetzungen auch bei der Auslegung des baulichen Maßes gem. § 34 BauGB zugrunde legen würde. Die Baubehörde betont stetig wiederkehrend in jedem ihrer zahlreichen Bescheide, die in Bezug auf das streitgegenständliche Baugebiet ergangen sind, dass das vom Kläger geplante Projekt die in dem Gebiet zulässige Grundflächenzahl überschreite und außerdem mit drei Vollgeschossen zu hoch sei.
Insbesondere angesichts der vorbenannten Unsicherheiten bei der Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe in § 34 BauGB hätte sich der Kläger an den örtlichen Gegebenheiten orientieren und umplanen müssen, als er gemerkt hat, das weder Behörde noch Gerichte seinen Rechtsansichten folgen wollen (vgl. bereits die Begründung im Bescheid von 10.08.2016, Anlage B8). Dies konstatierte nicht zuletzt auch der eingeschaltete Prozessbevollmächtigte für das Verwaltungsverfahren bereits im Jahr 2015: „Der Baudezernent geht davon aus, dass das Vorhaben eine zu starke Verdichtung bewirkt und nach § 34 BauGB nicht genehmigungsfähig ist. Einen Bebauungsplan mit der Zielsetzung, diese Verdichtung zuzulassen, würde er auch nicht befürworten. Wir haben die Rechtslage und die rechtlichen Möglichkeiten erörtert, ich hatte Ihnen meine Einschätzung dargelegt, dass das Vorhaben gegen den Willen der Stadtverwaltung auch nicht nach § 34 BauGB durchsetzbar ist“ (Schreiben vom 26.11.2015, Anlage K32).
Der Kläger hat die behördlichen Einwände aber nicht in seinen Planungen fachlich aufgegriffen und eine Alternativplanung erstellt, sondern er hat sich den rechtlichen Argumenten des Prozessbevollmächtigten der Beklagten angeschlossen, der den Fluchtlinienplan angegriffen bzw. eine Befreiung davon verlangt hat, die drei Vollgeschosse „runtergerechnet“ und schließlich vertreten hat, die Festsetzungen des Bebauungsplans seien zu gering, der Bebauungsplan sei unwirksam (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 08.11.2021. Seite 7, Anlage B25).
Es mag insofern dem Auftrag eines Rechtsanwaltes entsprechen, auch eine nicht genehmigungsfähige Planung prozessual durchzusetzen. Es entlastet den Architekten aber nicht von seiner eigenen werkvertraglich übernommenen Verpflichtung, eine genehmigungsfähige Planung zu erstellen, dass der Bauherr einen Rechtsanwalt beauftragt, der versucht, die – hier nicht genehmigungsfähige Planung – rechtlich durchzusetzen. Der Architekt hat eine – tatsächlich – genehmigungsfähige Planung zu erstellen und ggf. Alternativen zu entwickeln. Die Planungsverantwortung und der Erfolg der Planung waren allein vom Kläger geschuldet. Der Prozessbevollmächtigte mag seinen eigenen Auftrag verfolgt haben.
Der Kläger agiert im Übrigen widersprüchlich, wenn er gegenüber der Beklagten und im hiesigen Klage- und Berufungsverfahren stets betont, seine Planung sei genehmigungsfähig gewesen. Er nimmt insofern eine Beurteilungskompetenz für sich in Anspruch, beruft sich gleichzeitig aber darauf, er sei kein Rechtsanwalt, er könne die schwierigen Rechtsfragen hier nicht beurteilen (Einlassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat „der Kläger darf sich auf die Fachkunde des Rechtsanwaltes verlassen, von einem Architekten kann nicht erwartet werden, dass er komplexe Rechtsfragen beantwortet“, Protokoll vom 16.01.2024, Seite 3).
Wenn der Kläger nun meint, er könne die schwierigen Rechtsfragen nicht beurteilen, hätte er eine sicher genehmigungsfähige Planung erstellen müssen, die sich innerhalb der bekannten behördlichen Vorgaben erstreckt hätte. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass es der Beklagten stets um die Realisierung eines Bauvorhabens – und damit um seine Genehmigungsfähigkeit – gegangen ist. Es wäre insofern die Aufgabe des Klägers gewesen, mit dem Geschäftsführer der Beklagten zu besprechen, ob und ggf. wie die Planung nachgebessert werden soll, oder diesem deutlich mitzuteilen, dass die erstellte Planung nicht sicher genehmigungsfähig ist, und diesem die Entscheidung zu überlassen, wie weiter verfahren werden soll (vgl. KG Berlin, Urteil vom 10. Juli 2018 – 21 U 152/17, Rn. 40, juris).
dd) Der Geschäftsführer der Beklagten wäre jedenfalls keinesfalls verpflichtet gewesen, bei der zweifelhaften „Deckblattlösung“ mitzuwirken, wie der Kläger meint. Diese hat zum Inhalt, die Behörde über das tatsächlich gewollte Bauprojekt zunächst zu täuschen und dieses erst im Nachhinein (nach Beginn der Bautätigkeit) mittels Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB genehmigen zu lassen (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 09.02.2021, Seite 19, Bl. 61 d.A.). Dieses Vorgehen birgt folgende Risiken:
Errichtet der Bauherr aufgrund einer Baugenehmigung, die eine zweigeschossige Bauausführung vorsieht, ein dreigeschossiges Gebäude, entfaltet diese keine legalisierende Wirkung für das dreigeschossige Gebäude. Das gesamte Gebäude ist dann ein sog. Schwarzbau, der Gegenstand eines bauaufsichtlichen Einschreitens gem. § 79 Abs. 1 NBauO (Baustilllegung, Nutzungsuntersagung, Rückbau) ist.
Ein Einschreiten erfolgte nur dann nicht, wenn das Gebäude nachträglich unter Erteilung einer Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB genehmigt würde. Diese Befreiung kann dem Wortlaut nach aber nur erteilt werden, wenn „Grundzüge der Planung nicht berührt werden“. Berührt sind die Grundzüge der Planung dann, wenn die begehrte Befreiung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Dies ist bei der Geschossigkeit häufig der Fall (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. April 2020 – 1 LA 115/18, juris). Läuft eine Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider, kann eine Befreiung nicht als „Vehikel“ dafür herhalten, die von der Gemeinde seinerzeit getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben (OVG Lüneburg, Beschluss vom 11. März 2022 – 1 LA 95/21, Rn. 11, juris). Ob eine Befreiung erteilt wird, ist grundsätzlich eine Einzelfallentscheidung und unterliegt dem Ermessen der jeweiligen Baubehörde (Reidt, in: Battis/Kreuzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 31, Rn. 23 ff.).
Die vom Kläger noch vor dem Senat vertretene Behauptung, dass eine solche Befreiung von der Behörde erteilt worden wäre, erscheint nach den sämtlichen durchgeführten Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahren gegen die Landeshauptstadt H., welche alle verloren wurden, realitätsfremd. Diese Behauptung widerspricht im Übrigen auch der Einschätzung des damaligen Prozessbevollmächtigen für das Verwaltungsverfahren, der lediglich „die Hoffnung“ hatte, dass es möglich sein müsse, eine Befreiung vom Maß der Bebauung zu erreichen (vgl. Schreiben vom 12.03.2020, Seite 2, Anlage B39). Das Formulieren einer „Hoffnung“ mag immer berechtigt sein, Verpflichtungen können damit aber nicht begründet werden.
Die Rechtsansicht des Klägers, der Geschäftsführer der Beklagten habe sich treuwidrig gem. § 242 BGB verhalten, weil er trotz der – behaupteten – mündlichen Zusage eines Behördenmitarbeiters dem vorgenannten Vorgehen nicht zugestimmt habe, erscheint auch im Hinblick auf die dargestellten Risiken, die ein solches Vorgehen mit sich bringt, mindestens fernliegend (hierzu: BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 – VII ZR 8/10, juris: Sind dem Auftraggeber Umstände bekannt, aufgrund derer sich die Fehlerhaftigkeit der Genehmigungsplanung des Architekten aufdrängt, und macht er von der erteilten Baugenehmigung dennoch Gebrauch, verstößt er regelmäßig gegen die im eigenen Interesse bestehende Obliegenheit, sich selbst vor Schäden zu bewahren).
Überdies ließe sich auch aus einer – unterstellten – mündlichen Zusage eines Mitarbeiters der Baubehörde kein Anspruch auf den Erlass eines Verwaltungsakts herleiten. Gem. § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG bedarf eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form (hierzu: BGH, Urteil vom 16. Januar 1992 – III ZR 18/90, juris: Die im Rahmen eines förmlichen Bauvoranfrageverfahrens abgegebene mündliche Erklärung eines Sachbearbeiters, der zuständige Beamte des Bauamtes werde den beantragten Vorbescheid erlassen, begründet kein schutzwürdiges Vertrauen dahin, dass der Vorbescheid entsprechend erlassen werde). Eine entsprechende schriftliche Zusicherung hat es unstreitig nicht gegeben.
b) Die Beklagte hat auch nicht das Risiko einer nicht genehmigungsfähigen Planung übernommen. Ausnahmsweise können die Parteien eines Architektenvertrages im Rahmen der Privatautonomie vereinbaren, dass und in welchen Punkten die vom Architekten zu erstellende Planung nicht genehmigungsfähig sein muss. Von einer solchen Vereinbarung kann jedoch nur in Ausnahmefällen ausgegangen werden, etwa, wenn sich der Bauherr bewusst über die Vorschriften des öffentlichen Baurechts hinwegsetzen oder diese an die Grenze des Möglichen „ausreizen“ will (BGH, Urteil vom 25. März 1999 – VII ZR 397/97, Rn. 14, juris).
Allein die vom Kläger behauptete Kenntnis von einem Genehmigungsrisiko reicht hierfür jedoch nicht aus. Erforderlich ist vielmehr eine eingehende Aufklärung des Bauherrn durch den Architekten über das Risiko, das der Bauherr eingeht, wenn er bereits vor der Klärung der bestehenden Zweifelsfragen an der Genehmigungsfähigkeit einen Bauantrag erarbeiten lässt und hierdurch Kosten des Architekten auslöst (OLG Düsseldorf, BauR 2000, 1515, 1516).
Eine derart umfassende Aufklärung der Beklagten ist dem Klägervortrag nicht zu entnehmen. Der Kläger trägt keine Umstände vor, aus denen sich die Vereinbarung einer Übernahme des Genehmigungsrisikos durch die Beklagte ergeben könnte (ebenso: OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 21. November 2006 – 12 U 48/06, Rn. 6, juris). In seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht Hannover hat er vielmehr selbst bekundet, dass es zwischen ihm und dem Geschäftsführer der Beklagten keine Vereinbarung hinsichtlich einer Risikoübernahme bei der Versagung einer Baugenehmigung gegeben habe. Er habe auch „dem Geschäftsführer der Beklagten nie ausdrücklich gesagt, dass es keine Sicherheit dahingehend gäbe, dass meine Planungen sicher durch die Genehmigungsbehörde genehmigt würden“ (Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 10.11.2022, Seite 3).
Soweit der Kläger wiederholt ausführt, die Beklagte habe mindestens 4500qm Wohnfläche erreichen wollen, ergibt sich aus diesem Ziel der Beklagten keine Risikoübernahme. Zum einen ist es die Aufgabe des Architekten, den Bauherrn ausdrücklich darauf hinzuweisen, wenn seine Wünsche nicht genehmigungsfähig sind, zum anderen haben sich die Parteien vorliegend ausweislich der Anlage K1 auf eine Wohnfläche von ca. 4000 qm geeinigt. Es mag sein, dass die Beklagte den Wunsch gehabt hat, möglichst viel Wohnfläche genehmigt zu bauen. Damit geht aber nicht eine Risikoübernahme in Bezug auf die Genehmigungsfähigkeit einher. Die Beklagte hat gerade den Kläger beauftragt, damit er eine genehmigungsfähige Planung erbringt und ihr auch deutlich macht, wenn Vorstellungen nicht realistisch sind.
Auch aus der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten ergibt sich keine Risikoübernahme durch die Beklagte. Der Kläger hat der Beklagten stets – noch im Berufungsverfahren – suggeriert, seine Planung sei genehmigungsfähig. Es stellt nunmehr einen Widerspruch dar, der Beklagten das Genehmigungsrisiko aufbürden zu wollen und gleichzeitig stets vertreten zu haben, die Planung sei genehmigungsfähig. Wenn eine Planung sicher genehmigungsfähig ist, gibt es kein Risiko, das der Auftraggeber tragen könnte.
c) Eine Haftungsbefreiung des Klägers liegt ebenfalls nicht vor. Soweit sich der Kläger auf das Urteil des BGH, vom 10.02.2011 – VII ZR 8/10 – beruft, kann eine solche Befreiung hier nicht angenommen werden. Nach den Maßgaben des Bundesgerichtshofs kann eine Haftungsbefreiung dann eintreten, wenn dem Architekten eine bindende Vorgabe für die Planung gemacht wurde, er seinen Bedenkenhinweisen ordnungsgemäß nachgekommen ist und aus dem Verhalten des Auftraggebers der Schluss gezogen werden könne, er wolle die Fortführung der aus Sicht des Architekten bedenklichen Leistung.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es besteht bereits keine bindende Planungsvorgabe. Insbesondere die vom Kläger angesprochene Wohnfläche von 4000 qm ist laut Vertrag ein ca.-Wert. Darüber hinaus fehlt es auch an dem Bedenkenhinweis des Klägers. Im Gegenteil hat der Kläger der Beklagten fortwährend suggeriert, seine Planung sei genehmigungsfähig (vgl. Schriftsatz vom 09.02.2021, Seite 31 „Planung mangelfrei und genehmigungsfähig“). Dies widerspricht der nunmehr erhobenen Behauptung, die Beklagte habe gewollt, dass der Kläger eine nicht genehmigungsfähige Planung weiterverfolgt (s.o.).
d) Schließlich lag auch keine Beschaffenheitsvereinbarung gem. § 633 Abs. 2 BGB zwischen den Parteien vor, für die der Kläger ohnehin beweisbelastet wäre (vgl. BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 – VII ZR 185/13, Rn. 17, juris).
Ob die Parteien eines Werkvertrags eine Beschaffenheitsvereinbarung i. S. d. § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB getroffen und welche Beschaffenheit sie gegebenenfalls vereinbart haben, ist durch Auslegung des Werkvertrags zu ermitteln. Zur vereinbarten Beschaffenheit gehören alle Eigenschaften des Werks, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen (BGH, Urteil vom 31. August 2017 – VII ZR 5/17, Rn. 22, juris).
Vorliegend haben die Parteien vereinbart, dass die zu planende Wohnfläche bei ca. 4000 qm liegen soll (vgl. Anlage K1). Es ist wirtschaftlich nachvollziehbar und lebensnah, dass die Beklagte „so viel Wohnfläche wie möglich“ erreichen wollte, wofür auch die Extravergütung für mehr Wohnfläche spricht (Anlage B2). Eine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der zu schaffenden Wohnfläche kann jedoch bereits aufgrund des „ca.-Wertes“ nicht festgestellt werden. Soweit der Kläger in seiner Berufungsbegründung vom 22.03.2023 auf Seite 17 schreibt „In der Anlage zum Architektenvertrag vom 06.02.2016 ist ferner beim Ansatz des Honorars vorgesehen, dass durch die Planung eine Wohnfläche von mindestens 4.000 m² generiert werden sollte.“ (Unterstreichung vom Senat), stellt dies eine falsche Wiedergabe der Anlage K1 durch den Kläger dar.
3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten gem. § 280 Abs. 1, § 286 BGB in Bezug auf die Honorarforderung in Höhe von 191.517,92 €. Die hierzu korrespondierende Hauptforderung ist bereits nicht begründet (s.o.).
Einen Anspruch hat der Kläger indes auf Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.058,80 € gem. § 280 Abs. 1, § 286 BGB in Bezug auf die Sicherheitsleistung für die Honorarforderung, die dem Kläger mit Teilurteil vom 19.07.2022 zuerkannt wurde, sowie für die hierfür geltend gemachten Rechtshängigkeitszinsen (vgl. Schriftsatz vom 29.09.2020, Seite 5). Die Klage wurde der Beklagten am 13.10.2020 zugestellt, sodass ein Zinsanspruch gem. § 288 Abs. 1, § 291 BGB seit dem 14.10.2020 besteht.
4. Die Widerklage der Beklagten gem. § 33 ZPO ist zulässig und teilweise begründet.
a) Die Beklagte hat einen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 29.999,69 €. Gem. §§ 632, 633, 634, 638 Abs. 1, 4 BGB kann der Besteller die Vergütung entsprechend dem Wert des Werkes mindern. Hat gem. § 638 Abs. 4 BGB der Besteller mehr als die geminderte Vergütung gezahlt, so ist der Mehrbetrag zurück zu erstatten.
aa) Vor der Abnahme steht dem Besteller grundsätzlich der Herstellungsanspruch nach § 631 Abs. 1 BGB zu, der ebenso wie der Anspruch auf Nacherfüllung aus § 634 Nr. 1 BGB die mangelfreie Herstellung des Werks zum Ziel hat. Der Besteller kann diesen Anspruch einklagen und, falls notwendig, im Regelfall nach § 887 ZPO vollstrecken (BGH, Urteil vom 19. Januar 2017 – VII ZR 301/13, BGHZ 213, 349-361, Rn. 38).
bb) Der Besteller kann allerdings in bestimmten Fällen berechtigt sein, Mängelrechte nach § 634 Nr. 2 bis 4 BGB ohne Abnahme geltend zu machen. Das ist zu bejahen, wenn der Besteller nicht mehr die Erfüllung des Vertrags verlangen kann und das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist. Macht der Besteller gegenüber dem Unternehmer nur noch Schadensersatz statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes geltend oder erklärt er die Minderung des Werklohns, so findet eine Abrechnung der beiderseitigen Ansprüche statt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 – VII ZR 146/04, Rn. 26; Urteil vom 10. Oktober 2002 – VII ZR 315/01, Rn. 11; Urteil vom 16. Mai 2002 – VII ZR 479/00, Rn. 13; Urteil vom 19. Januar 2017 – VII ZR 301/13, Rn. 44, alle juris).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beklagte kann vom Kläger nicht mehr die Erfüllung des Vertrags verlangen.
b) Der Architektenvertrag vom 11./12.02.2016 mit Erweiterung vom 03.03.2017 (Anlagen K2, K3) ist durch die Kündigung des Klägers mit Schreiben vom 17.09.2020 (Anlage K7) beendet worden. Die Kündigung des Klägers unter Berufung auf die Vorschrift des § 648 a Abs. 5 Satz 1 BGB a.F. wegen Verweigerung der verlangten Sicherheitsleistung war auch wirksam.
Gemäß 648 Abs. 5 BGB a.F. steht dem Unternehmer ein Kündigungsrecht zu, wenn der Besteller die Sicherheit im Sinne des § 648 a Abs. 1 BGB a.F. nicht fristgemäß leistet. Der Kläger hatte einen solchen Anspruch auf Sicherung gemäß § 648 a BGB a.F. Nach dieser Regelung kann der Unternehmer bis zur Vollendung des Werkes jederzeit Sicherheit für die von ihm zu erbringenden Vorleistungen einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen in der Weise verlangen, dass er dem Besteller zur Leistung der Sicherheit eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmt, dass er nach Ablauf der Frist seine Leistung verweigere. Dies gilt auch für einen Architekten für die von ihm zu erbringenden Planleistungen, und zwar selbst dann, wenn mit der Ausführung des Bauvorhabens noch nicht begonnen wurde (vgl. Senat, Urteil vom 27. April 2022 – 14 U 96/19, Rn. 34, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 5. Oktober 2004 – I 21 U 26/04, Rn. 18, juris).
So liegt der Fall hier. Der Kläger hat mit Schreiben vom 24.08.2020 eine Sicherheitsleistung verlangt. Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen, sondern wurde erst mit Teilurteil vom 19.07.2022 vom Landgericht Hannover – 14 O 189/20 – hierzu verurteilt (s.o.).
c) Die Minderung erfolgt durch eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Es genügt insoweit auch eine konkludente Erklärung, bei der – ebenso wie bei einer ausdrücklichen Erklärung – gem. § 133 BGB der wirkliche Wille zu erforschen ist.
Die Beklagte verlangt zumindest hilfsweise einen Minderungsbetrag zurück. Die Beklagte hat mit ihrer Klagerwiderung vom 07.12.2020 hilfsweise die bereits gezahlten Beträge zurückgefordert, die die Kosten der Leistungsphasen 1 und 2 der HOAI gemäß der Honorarschlussrechnung des Klägers vom 22.07.2020 übersteigen. Die Beklagte setzt insoweit selbst die Vergütung des Klägers in einem Verhältnis herab, der dem Wert des klägerischen Werkes entspricht und verlangt den übersteigenden Minderungsbetrag zurück.
d) Danach hat der Kläger einen Anspruch auf Zahlung der Leistungsphasen 1 und 2 der HOAI (s.o.) in Höhe von 73.782,44 €. Die Beklagte hat bereits Zahlung in Höhe von 103.782,12 € (brutto) an den Kläger geleistet, sodass sich für den überschießenden Betrag ein vertraglicher Rückzahlungsanspruch in Höhe von 29.999,68 € an die Beklagte zzgl. Rechtshängigkeitszinsen gem. § 291 BGB ergibt.
e) Der ebenfalls im Wege der Widerklage vom Landgericht zuerkannte Feststellungsanspruch wurde mit der Berufungsbegründung inhaltlich nicht angegriffen gem. § 520 Abs. 3 ZPO. Er korrespondiert aber in Bezug auf die rechtlichen Erwägungen mit den Ausführungen zur Wider-Widerklage, mit der der Kläger den gleichen Betrag als Leistungsklage geltend macht (s.o.).
f) Der Senat hat den Vortrag aus den nicht nachgelassenen Schriftsätzen der Parteien vom 18.01.2014 und vom 23.01.2024 zur Kenntnis genommen. Ein Anlass für eine abweichende Entscheidung oder eine Wiedereröffnung der Verhandlung gem. § 156 ZPO ergibt sich insoweit nicht.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder eines anderen Oberlandesgerichts abweicht, so dass auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 ZPO.
V.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren beruht auf § 3 ZPO, §§ 45 Abs.1, 47 Abs. 1 GKG.