Nachbarin scheitert mit Eilantrag gegen Baugenehmigung für Clusterwohnungen
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat im Urteil Az.: 2 K 2030/23 entschieden, dass der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Neubau von zwei Wohnhäusern abgelehnt wird. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Gericht sieht keine Verletzung nachbarschützender Vorschriften und begründet die Entscheidung umfassend unter Berücksichtigung der rechtlichen und sachlichen Lage, insbesondere hinsichtlich des Gebots der Rücksichtnahme und der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Antrag auf aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Baugenehmigung wurde abgelehnt.
- Die Kosten des Verfahrens sind von der Antragstellerin zu tragen.
- Das Gericht sieht keine Verletzung nachbarschützender Vorschriften durch das Bauvorhaben.
- Die Entscheidung stützt sich auf eine umfassende Prüfung der Rechts- und Sachlage, einschließlich des Gebots der Rücksichtnahme.
- Clusterwohnungen als geplante Wohnform stehen im Einklang mit der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit im festgesetzten reinen Wohngebiet.
- Die Landhausbauweise und die zwei-Wohnungs-Klausel bieten keinen Anhaltspunkt für eine nachbarschützende Wirkung im konkreten Fall.
- Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot wurde nicht festgestellt, da die befürchteten Belästigungen als sozialadäquat angesehen werden.
- Die Festsetzung des Streitwerts erfolgte auf 30.000 Euro, basierend auf der Bedeutung des Bauvorhabens und der rechtlichen Auseinandersetzung.
Übersicht
- Nachbarin scheitert mit Eilantrag gegen Baugenehmigung für Clusterwohnungen
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- Nachbarn können sich juristisch wehren
- Baurechtliche Auseinandersetzung in Siegen-Kreuztal: Nachbarin scheitert mit Eilantrag gegen Baugenehmigung
- Detailanalyse des Eilantrags und der Baugenehmigung
- Gerichtliche Bewertung und Entscheidungsfindung
- Die Rolle des Bebauungsplans und der Landhausbauweise
- Schlussfolgerungen und Streitwertfestsetzung
- ✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
- Was bedeutet vorläufiger Rechtsschutz im Baurecht?
- Wie wird der Gebietserhaltungsanspruch im Baurecht definiert?
- Welche Rolle spielt das Rücksichtnahmegebot im Nachbarschaftsrecht?
- Inwiefern ist die Bauweise eines Gebäudes im Bebauungsplan relevant?
- Wie wird die Zulässigkeit von Clusterwohnungen im Baurecht bewertet?
- Das vorliegende Urteil
Nachbarn können sich juristisch wehren
Im Baurecht haben Nachbarn das Recht, sich gegen Baugenehmigungen zu wehren, wenn sie ihr Recht durch das Bauvorhaben verletzt sehen. Diese Option ist nicht nur theoretisch gegeben, sondern wird auch in der Praxis genutzt. Jedoch ist ein solcher Antrag an bestimmte rechtliche Voraussetzungen geknüpft. Inwieweit ein Antrag Aussicht auf Erfolg hat, ist eine komplexe Frage, die von den Umständen des Einzelfalls und der Auslegung der geltenden Gesetze abhängt.
Baurechtliche Auseinandersetzung in Siegen-Kreuztal: Nachbarin scheitert mit Eilantrag gegen Baugenehmigung
Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe über den Eilantrag einer Nachbarin entschieden, die sich gegen die Baugenehmigung für den Neubau von zwei Wohnhäusern mit zwölf Wohneinheiten in Siegen-Kreuztal zur Wehr setzte. Die Baugenehmigung wurde der Beigeladenen, einer Eigentümerin des nördlich, jedoch nicht direkt angrenzenden Grundstücks, erteilt. Die Antragstellerin, Eigentümerin eines benachbarten Grundstücks, sah durch das geplante Bauvorhaben ihren Gebietserhaltungsanspruch verletzt, insbesondere durch die Errichtung von Clusterwohnungen, welche sie als nicht vereinbar mit dem historischen Charakter des Bebauungsplans „Neuenheimer Feld – östlich der Berliner [Frankfurter] Straße“ ansah.
Detailanalyse des Eilantrags und der Baugenehmigung
Die Beigeladene hatte für den Neubau von zwei Wohnhäusern eine Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren beantragt. Die geplanten Clusterwohnungen sollten hauptsächlich Studierenden und Lehrenden als Wohnraum dienen. Die Antragstellerin argumentierte, dass solche Wohnformen den Intentionen des historischen Bebauungsplans widersprächen, welcher ein reines Wohngebiet in Landhausbauweise vorsah. Sie führte an, dass die Genehmigung des Bauvorhabens nicht nur architektonische, sondern auch soziale und gesundheitliche Qualitätsziele des ursprünglichen Plangebers unterlaufe.
Gerichtliche Bewertung und Entscheidungsfindung
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe wies den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurück und entschied, dass die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens zu tragen habe. Das Gericht führte aus, dass die Antragstellerin keinen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs habe. Für die Entscheidung waren insbesondere die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache maßgeblich, welche das Gericht als gering einstufte. Es befand, dass die Baugenehmigung voraussichtlich weder formelle noch materielle nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts verletzte.
Die Rolle des Bebauungsplans und der Landhausbauweise
Das Gericht stellte klar, dass die Festsetzung der Landhausbauweise im Bebauungsplan nicht als nachbarschützend anzusehen sei und somit kein allgemeiner Gebietserhaltungsanspruch bestehe. Es wurde betont, dass die Landhausbauweise primär die Bebauungsdichte und nicht die Art der baulichen Nutzung regelt. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass das Vorhaben der Beigeladenen, Clusterwohnungen für bis zu 26 Personen zu errichten, eine zulässige Wohnnutzung darstelle und im Einklang mit dem festgesetzten Gebietscharakter eines reinen Wohngebiets stehe.
Schlussfolgerungen und Streitwertfestsetzung
Das Gericht sah keine besonderen Umstände, die eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen würden. Die Entscheidung zur Kostenauferlegung folgte aus der Abwägung der Interessen und der summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage. Der Streitwert wurde auf 30.000 Euro festgesetzt, was die Bedeutung des Verfahrens für die Antragstellerin unterstreicht.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe verdeutlicht, dass die Hürden für den Erfolg eines Eilantrags gegen eine Baugenehmigung hoch sind, insbesondere wenn keine Verletzung nachbarschützender Vorschriften nachgewiesen werden kann. Die Auslegung des Bebauungsplans und die Bewertung der zulässigen Art der baulichen Nutzung spielen dabei eine zentrale Rolle.
✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
Was bedeutet vorläufiger Rechtsschutz im Baurecht?
Vorläufiger Rechtsschutz im Baurecht ermöglicht es Beteiligten, eine vorläufige gerichtliche Entscheidung zu erwirken, die bis zur endgültigen Klärung eines Rechtsstreits wirksam ist. Dieses Instrument ist besonders relevant, da im Baurecht oft schnelle Entscheidungen erforderlich sind, um irreparable Schäden oder erhebliche wirtschaftliche Nachteile zu verhindern. Der vorläufige Rechtsschutz kann in verschiedenen Formen auftreten, einschließlich einstweiliger Anordnungen oder Verfügungen, und dient dazu, die Rechtspositionen der Parteien vorübergehend zu sichern.
Im Kontext von Baugenehmigungen und -vorhaben spielt der vorläufige Rechtsschutz eine zentrale Rolle, da er es Dritten ermöglicht, gegen Baugenehmigungen vorzugehen, die möglicherweise ihre Rechte verletzen. Nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 212a BauGB entfaltet die Klage eines Dritten gegen eine Baugenehmigung keine aufschiebende Wirkung, was bedeutet, dass der Bau trotz anhängigem Rechtsstreit fortgesetzt werden könnte. Der vorläufige Rechtsschutz bietet hier die Möglichkeit, den Baubeginn vorläufig zu stoppen, bis über die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung entschieden wurde.
Die Antragsbefugnis im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes setzt voraus, dass der Antragsteller durch die Baugenehmigung möglicherweise in seinen Rechten verletzt wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Baugenehmigung gegen eine drittschützende Norm verstößt. Darüber hinaus muss der Antragsteller ein Rechtsschutzbedürfnis nachweisen, was bedeutet, dass er ein rechtlich schutzwürdiges Interesse an der vorläufigen Regelung hat. Dieses Bedürfnis kann beispielsweise entfallen, wenn die Klage in der Hauptsache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat oder verfristet ist.
Die Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im Baurecht sind komplex und erfordern eine sorgfältige Prüfung der Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags. Die Gerichte müssen dabei eine Abwägung der Interessen vornehmen und entscheiden, ob die vorläufige Regelung notwendig ist, um schwerwiegende Nachteile oder die Vereitelung des Rechtsschutzes zu verhindern.
Zusammenfassend bietet der vorläufige Rechtsschutz im Baurecht eine wichtige Möglichkeit für Betroffene, ihre Rechte effektiv zu schützen und potenziell rechtswidrige Baumaßnahmen vorläufig zu stoppen, bis eine endgültige gerichtliche Klärung erfolgt.
Wie wird der Gebietserhaltungsanspruch im Baurecht definiert?
Der Gebietserhaltungsanspruch ist ein Rechtsinstitut aus dem öffentlichen Baurecht in Deutschland, das dem Eigentümer eines Grundstücks im Geltungsbereich eines Bebauungsplans das Recht gewährt, das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung abzuwehren. Dieser Anspruch basiert auf der Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan und soll sicherstellen, dass die typische Prägung der jeweiligen Gebietsart erhalten bleibt. Der Anspruch ermöglicht es einem Grundstückseigentümer, sich gegen die Zulassung einer Nutzung zu wehren, die nicht mit der im Bebauungsplan festgesetzten Art der baulichen Nutzung vereinbar ist, unabhängig davon, ob die gebietswidrige Nutzung ihn persönlich unzumutbar beeinträchtigt oder nicht.
Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat diesen Anspruch entwickelt, um die Integrität von Baugebieten zu schützen und zu gewährleisten, dass die Nutzung von Grundstücken innerhalb eines Baugebiets mit der dort vorgesehenen Gebietsart übereinstimmt. Der Gebietserhaltungsanspruch ist auf das jeweilige Baugebiet begrenzt und vermittelt keinen gebietsübergreifenden Rechtsschutz.
Ein Grundstückseigentümer kann sich also gegen jedes Vorhaben in seinem Baugebiet zur Wehr setzen, das weder Regel- noch Ausnahmebebauung nach der Baunutzungsverordnung (BauNVO) ist und somit der allgemeinen Zweckbestimmung des Gebiets widerspricht. Der Anspruch ist ein Instrument des Nachbarschutzes und dient der Erhaltung der Gebietscharakteristik, indem er gebietsfremde Nutzungen abwehrt, die die festgesetzte Art der baulichen Nutzung stören könnten.
Welche Rolle spielt das Rücksichtnahmegebot im Nachbarschaftsrecht?
Das Rücksichtnahmegebot spielt eine zentrale Rolle im Nachbarschaftsrecht, indem es einen Ausgleich zwischen den Interessen der Bauherren und der umgebenden Nachbarschaft schafft. Dieses Gebot basiert auf dem Grundsatz der nachbarschaftlichen Rücksichtnahme, der sich aus § 242 BGB ableitet und durch die Rechtsprechung weiterentwickelt wurde. Es verpflichtet die Beteiligten, auf die schutzwürdigen Interessen der anderen Seite Rücksicht zu nehmen und in einer Weise zu handeln, die Störungen vermeidet oder beseitigt.
Im öffentlichen Baurecht dient das Rücksichtnahmegebot als Auslegungshilfe, um zu bestimmen, ob und wie eine Norm aus dem Baurecht drittschützenden Charakter haben kann. Es hilft bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit und ist insbesondere im Kontext von § 34 I 1 BauGB relevant, wo es durch den Begriff des „Einfügens“ partiellen Drittschutz entfaltet. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot liegt vor, wenn eine Unzumutbarkeit für die Nachbarn gegeben ist.
Das Rücksichtnahmegebot fällt unter den einzelfallbezogenen Drittschutz, der eine unzumutbare Betroffenheit voraussetzt. Es ist ein objektiv-rechtliches Gebot, das nicht nur die objektiv-rechtliche Zulässigkeit eines Bauvorhabens betrifft, sondern auch verlangt, dass der Nachbar eine rücksichtnahmebedürftige Position aufzeigen kann.
Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann den Nachbarn in seinen Rechten verletzen, insbesondere wenn die nachteiligen Einwirkungen eines Bauvorhabens ihm nicht mehr zumutbar sind. Die Beurteilung der Zumutbarkeit hängt von einer Interessenabwägung ab, die sich am Kriterium der Unzumutbarkeit orientiert. Dabei spielen sowohl die Schutzwürdigkeit des Nachbarn als auch das Interesse des Bauherrn an der Umsetzung seines Vorhabens eine Rolle.
Das Rücksichtnahmegebot findet auch Anwendung, wenn die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 34 BauGB beurteilt wird. In diesem Kontext ist das Gebot der Rücksichtnahme Teil des Einfügungsgebots, das verlangt, dass sich ein Bauvorhaben in die vorhandene Umgebung einfügt und dabei die Interessen der Nachbarn berücksichtigt.
Zusammengefasst gewährleistet das Rücksichtnahmegebot im Nachbarschaftsrecht, dass die Interessen der Nachbarn bei Bauvorhaben angemessen berücksichtigt werden und dient als wichtiger Mechanismus zum Schutz der Nachbarn vor unzumutbaren Beeinträchtigungen durch Bauvorhaben.
Inwiefern ist die Bauweise eines Gebäudes im Bebauungsplan relevant?
Die Bauweise eines Gebäudes im Bebauungsplan ist aus mehreren Gründen von großer Bedeutung. Sie definiert, wie Gebäude in Bezug auf die seitlichen Grundstücksgrenzen errichtet werden dürfen, was direkte Auswirkungen auf die städtebauliche Struktur, das Erscheinungsbild eines Gebiets, die Privatsphäre der Bewohner und die Nutzungsmöglichkeiten der Grundstücke hat.
Offene und geschlossene Bauweise
Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden. Die offene Bauweise, gekennzeichnet durch den Buchstaben „o“, erfordert, dass Gebäude mit seitlichem Grenzabstand errichtet werden. Dies bedeutet, dass zwischen den einzelnen Gebäuden Abstände bleiben müssen, was in der Regel zu einer lockeren Bebauungsstruktur führt. Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen können in offener Bauweise errichtet werden, wobei die Länge dieser Hausformen höchstens 50 Meter betragen darf.
Die geschlossene Bauweise, gekennzeichnet durch den Buchstaben „g“, erlaubt hingegen den Bau von Gebäuden ohne seitlichen Grenzabstand. Dies führt zu einer zusammenhängenden Bebauung, bei der die Außenwände aneinandergrenzender Gebäude sich berühren. Geschlossene Bauweise wird oft in städtischen Gebieten angewandt, um eine dichte Bebauung zu ermöglichen und charakteristische Straßenräume zu schaffen.
Abweichende Bauweise
Neben der offenen und geschlossenen Bauweise kann im Bebauungsplan auch eine abweichende Bauweise festgesetzt werden. Diese ermöglicht eine spezifische Anpassung an die städtebaulichen Ziele oder die bestehende Bebauung eines Gebiets. Die abweichende Bauweise muss im Bebauungsplan genau definiert und begründet werden.
Bedeutung der Bauweise
Die Festsetzung der Bauweise im Bebauungsplan hat weitreichende Konsequenzen für die Gestaltung des öffentlichen Raums, die Wohnqualität und die Nutzungsdichte eines Gebiets. Sie beeinflusst, wie Gebäude zueinander und zur Straße positioniert sind, was wiederum Auswirkungen auf Aspekte wie Belichtung, Belüftung, Privatsphäre und das städtebauliche Erscheinungsbild hat.
Durch die Wahl der Bauweise können Gemeinden steuern, wie sich ein Gebiet entwickelt, und sicherstellen, dass neue Bauvorhaben sich harmonisch in die bestehende Struktur einfügen. Die Bauweise ist somit ein zentrales Instrument der städtebaulichen Planung, das hilft, die Lebensqualität in einem Gebiet zu erhalten oder zu verbessern und die städtebaulichen Ziele der Gemeinde umzusetzen.
Wie wird die Zulässigkeit von Clusterwohnungen im Baurecht bewertet?
Die Zulässigkeit von Clusterwohnungen im Baurecht wird anhand bauplanungs- und bauordnungsrechtlicher Vorschriften bewertet. Clusterwohnungen, auch als Gruppenwohnungen bezeichnet, sind ein Wohnkonzept, das private Wohneinheiten mit gemeinschaftlich genutzten Räumen kombiniert. Sie können als eine Form des geförderten Wohnraums dienen, insbesondere für bestimmte Zielgruppen wie Studierende, Auszubildende oder Menschen mit Behinderungen.
Im Kontext der öffentlichen Wohnraumförderung können Clusterwohnungen Gegenstand spezifischer Förderprogramme sein. Dabei müssen bestimmte Voraussetzungen für die Förderung erfüllt sein, wie etwa die Zielgruppe der Förderung und die Einhaltung von Vorgaben hinsichtlich der Wohnraumversorgung. Die Förderung kann sich auf die Schaffung von Wohnraum für Menschen mit kleinem Einkommen, die Anpassung bestehenden Wohnraums an demografische Veränderungen oder die energetische Nachrüstung beziehen.
Die bauplanungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit von Clusterwohnungen, wie bei jedem anderen Wohngebäude auch, richtet sich nach den §§ 30 bis 35 des Baugesetzbuches (BauGB). Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans ist die Zulässigkeit klar geregelt, und ein Unterschreiten der zulässigen Höchstgrenzen stellt kein Hindernis für die Genehmigungsfähigkeit dar.
Die konkrete Ausgestaltung und Zulässigkeit von Clusterwohnungen hängt von den örtlichen Bebauungsplänen und den baurechtlichen Vorschriften ab. Diese können beispielsweise die Art und Dichte der Bebauung, die Höhe der Gebäude und die Gestaltung des Wohnumfelds regeln. Darüber hinaus müssen bei der Planung und Realisierung von Clusterwohnungen auch Aspekte wie die Erschließung, die Adressbildung und die Bereitstellung von Grünflächen berücksichtigt werden.
Insgesamt ist die Zulässigkeit von Clusterwohnungen im Baurecht ein Ergebnis der Prüfung verschiedener baurechtlicher und städtebaulicher Kriterien sowie der Einhaltung von Förderbedingungen, falls eine öffentliche Förderung in Anspruch genommen wird.
Das vorliegende Urteil
VG Karlsruhe – Az.: 2 K 2030/23 – Beschluss vom 29.08.2023
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 30.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Neubau von zwei Wohnhäusern.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. …6/23, Im B…, auf der Gemarkung der Antragsgegnerin. Dieses ist mit einem Wohnhaus bebaut. Die Beigeladene ist Eigentümerin des nördlich gelegenen, aber nicht an das Grundstück der Antragstellerin angrenzenden Baugrundstücks Flst.-Nr. …6/25, W…straße …, …. Auf diesem befand sich ein Wohnhaus, das zwischenzeitlich abgerissen wurde. Daneben ist die Beigeladene Eigentümerin der südlich des Baugrundstücks liegenden Grundstücke Flst.-Nrn. …6/24 und …6/62. Alle Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Neuenheimer Feld – östlich der Berliner [Frankfurter] Straße“ der Antragsgegnerin vom 19.05.1956.
Die örtliche Lage stellt sich nach dem Kartendienst der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (www.lubw.de) wie folgt dar:
Die Beigeladene beantragte am 01.07.2022 im vereinfachten Verfahren eine Baugenehmigung für den Neubau von zwei Wohnhäusern mit insgesamt zwölf Wohneinheiten. Auf jedes Gebäude sollen sechs Einheiten entfallen. Es handelt sich nach dem Bauantrag um sog. Clusterwohnungen für Studierende und Lehrende. Bei dieser Wohnform sind mehrere Räume, insbesondere mit einer etwas größeren gemeinschaftlichen Küche, zu einer gemeinsamen Wohnung zusammengefasst, wobei den einzelnen Bewohnern der Räume neben einem eigenen Wohn- und Schlafraum auch ein eigenes Bad sowie eine rudimentäre Kochmöglichkeit in ihren privaten Räumen zur Verfügung stehen. Bis auf eine Wohneinheit sind alle Wohneinheiten so ausgestaltet, dass die einzelnen Zimmer nur durch die Gemeinschaftsküche betreten werden können. Beide Gebäude sollen mit einer gemeinsamen Tiefgarage unterkellert werden, in der u. a. 14 Stellplätze für Pkw sowie 32 Stellplätze für Fahrräder vorgesehen sind. Die Zufahrt verläuft an der nördlichen Grundstücksgrenze zu den Grundstücken Flst.-Nrn. …59, W…straße …, und …60, B…straße ….
Im Rahmen der Nachbarbeteiligung erhob die Antragstellerin mit Schreiben vom 04.08.2022 Einwendungen gegen das Vorhaben. Sie trug im Wesentlichen vor, dass das Bauvorhaben gegen ihren Gebietserhaltungsanspruch verstoße, da die vorgesehene Errichtung von Clusterwohnungen dem Planungsziel des historischen Plangebers (Einfamilienhäuser) widerspreche. Der Plangeber habe seinerzeit ein reines Wohngebiet in Landhausbauweise festgesetzt. Damit habe er keine Clusterwohnungen ermöglichen wollen, da ihm diese Wohnform fremd gewesen sei. Er habe eine hochwertige gesundheitliche und architektonische Gestaltung der Bebauung, welche ergänzend auch positive soziale Auswirkungen haben sollte, ermöglichen wollen und damit auch die Art der zulässigen Gebäude regeln wollen. Die Landhausbauweise regle damit keineswegs nur die offene Anordnung der Baukörper, sondern stelle vielmehr auch Anforderungen an die Art der zulässigen Gebäude und sogar deren architektonische Qualität. Jedenfalls liege ein Verstoß gegen die hier ausnahmsweise drittschützende Bauweise vor. Zudem führte sie aus, dass ein Verstoß gegen die Festsetzung zur überbaubaren Grundstücksfläche vorliege und etwaige Befreiungen vorliegend ausschieden. Des Weiteren sei das Bauvorhaben rücksichtslos im Hinblick auf die Volumina der Baukörper und die erheblichen Verschattungen und Einsichtnahmemöglichkeiten, die sich auf ihr Grundstück auswirken könnten. Auch das Verkehrsaufkommen und die Immissionen seien rücksichtslos. Die Tiefgaragenzufahrt im rückwärtigen Bereich gehe zu Lasten der übrigen Anwohner. Rückwärtige Grundstücksbereiche seien regelmäßig von Lärm- und Geruchsbelästigungen von Stellplätzen zu verschonen, sofern keine Vorbelastung existiere. So liege der Fall hier. Die Genehmigung des Bauvorhabens stelle zudem eine massive und nicht hinnehmbare Ungleichbehandlung von Bauwilligen zu ihren Lasten dar. Sie habe 2019/2020 ihr Gebäude aufstocken wollen. Damals habe die Antragsgegnerin auf die Einhaltung des Bebauungsplans genau geachtet.
Die Antragsgegnerin erteilte der Beigeladenen unter dem 28.03.2023 eine Baugenehmigung für die Errichtung von zwei Wohnhäusern (zwölf Wohneinheiten) für Studierende und Lehrende mit einer Tiefgarage auf dem Grundstück Flst-Nr. …6/25. Zudem wies sie die Einwendungen der Antragstellerin mit Schreiben vom 28.03.2023, dort eingegangen am 13.04.2023, zurück. Die Antragstellerin erhob hiergegen mit Schreiben vom 10.05.2023 Widerspruch, zu dessen Begründung sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholte und vertiefte. Über den Widerspruch ist bislang nicht entschieden worden.
Die Antragstellerin hat am 24.05.2023 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe den vorliegenden Antrag im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gestellt. Sie wiederholt und vertieft zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen aus dem Baugenehmigungs- und Widerspruchsverfahren. Zudem sei auf Grund der Gestaltung des rückwärtigen Bereichs des Grundstücks mit erheblichen Lärm- und Geruchsbelästigungen zu rechnen, die rücksichtslos seien. Des Weiteren beantragt sie den Erlass einer Zwischenverfügung, mit der die Antragsgegnerin verpflichtet werden soll, der Beizuladenden bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Eilverfahren zu untersagen, Bauarbeiten vorzunehmen.
Die Antragstellerin beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 10.05.2023 gegen die der Beigeladenden von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung vom 28.03.2023 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung verweist sie insbesondere auf das Schreiben vom 28.03.2023, in welchem die Einwendungen der Antragstellerin zurückgewiesen wurden. Zudem habe die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe bereits mehrfach über die streitgegenständliche Festsetzung „Landhausbauweise“ entschieden und diese als nicht nachbarschützend angesehen. Mit Blick darauf, dass die Antragstellerin am anderen Ende des Gevierts wohne, sei ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme sowieso nicht zu erkennen.
Die Beigeladene beantragt, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung trägt sie vor, dass es durchaus so sein dürfte, dass der damalige Plangeber moderne Wohnformen jenseits eines familiären Wohnens nicht gekannt habe. Er habe jedenfalls lediglich städtebauliche Ziele im Plangebiet verfolgt, aber gerade nicht den Nachbarn im Blick gehabt. Die Festsetzung der „Landhausbauweise“ sei demnach bereits dem Wortlaut, aber auch dem Sinn und Zweck nach keine Festsetzung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung. Daher scheide ein Gebietserhaltungsanspruch aus. Darüber hinaus liege das Grundstück der Antragstellerin so weit vom Baugrundstück entfernt, dass sie ohnehin nicht in eigenen Rechten verletzt sein könne, was die meisten ihrer Einwendungen betreffe. Da die Baugenehmigung somit nicht gegen drittschützende Vorschriften verstoße und sie – die Beigeladene – dieses Jahr von der Baugenehmigung noch keinen Gebrauch machen wolle, sei auch die begehrte Zwischenverfügung zurückzuweisen.
Dem Gericht liegen die Bauakte der Antragsgegnerin zu dem Bauvorhaben der Beigeladenen sowie der Bebauungsplan „Neuenheimer Feld – östlich der Berliner [Frankfurter] Straße“ vom 19.05.1956 vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird hierauf und auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag ist nicht begründet.
1. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 10.05.2023 durch das Verwaltungsgericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m. § 80a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 VwGO.
In Ermangelung eigener gesetzlicher Maßstäbe nach § 80a VwGO gelten grundsätzlich auch im mehrpoligen Verhältnis die Maßstäbe des § 80 Abs. 5 VwGO, wie sich aus § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO ergibt (vgl. hierzu auch Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80a Rn. 23). Das Gericht hat folglich eine Interessenabwägung zwischen dem neben dem gesetzlich nach § 212a Abs. 1 BauGB normierten zusätzlich auch privaten Interesse der Beigeladenen am Vollzug der Baugenehmigung (Vollzugsinteresse) und dem Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs (Suspensivinteresse) vorzunehmen.
Das Gewicht der gegenläufigen Interessen wird – wie im Falle des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO – wesentlich durch die summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs des Betroffenen in der Hauptsache geprägt. Hierbei ist mit Blick auf die in der Konstellation des § 80a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 VwGO streitgegenständliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung im Interesse eines Dritten zudem der allgemeine Grundsatz zu berücksichtigen, dass im Falle einer gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts der Rechtsbehelf eines Betroffenen keine aufschiebende Wirkung entfaltet (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) und der Dritte diese gesetzlich im Interesse des Begünstigten vorgesehene sofortige Vollziehung im eigenen subjektiven Interesse zu durchbrechen sucht. Da der Gesetzgeber dem Vollziehungsinteresse im Grundsatz den Vorrang eingeräumt hat, erfordert die Anordnung der aufschiebenden Wirkung – die darüber hinaus nur bei zumindest offenen Erfolgsaussichten des Drittrechtsbehelfs in Betracht kommt – das Vorliegen besonderer Umstände, die vom Antragsteller vorgetragen werden und im konkreten Einzelfall ausnahmsweise ein Abweichen von der gesetzgeberischen Grundentscheidung rechtfertigen müssen (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 26.10.2021 – 10 S 471/21 -, VBlBW 2022, 245; VG Karlsruhe, Beschl. v. 15.06.2023 – 2 K 1405/23 -, juris).
Im Rahmen der Entscheidung über die Erteilung einer Baugenehmigung hat die Baurechtsbehörde, hier die Antragsgegnerin, grundsätzlich zu prüfen, ob das Vorhaben insgesamt die von ihr zu prüfenden Vorschriften des öffentlichen Rechts wahrt (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO). Vorliegend ist der Prüfungsmaßstab auf Grund der für das Vorhaben im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden Genehmigungsfähigkeit weiter eingeschränkt, sodass von der Baurechtsbehörde lediglich die in § 52 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 LBO benannten Vorschriften zu prüfen sind (vgl. zum Prüfungsumfang im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 30.11.2018 – 5 S 854/17 -, VBlBW 2019, 247; Beschl. v. 16.02.2016 – 3 S 2167/15 -, juris). Der sich gegen eine Baugenehmigung wendende Dritte kann darüber hinaus die Aufhebung der Baugenehmigung im Wege einer (Dritt-)Anfechtungsklage nur verlangen, soweit diese rechtswidrig ist und ihn in eigenen subjektiven Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klage wie auch der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gestellte Antrag eines Dritten gegen die Baugenehmigung können damit im Ergebnis nur Erfolg haben, sofern die Baugenehmigung unter Verstoß gegen eine der in § 52 Abs. 2 LBO genannten Vorschriften erteilt wurde und diese zugleich dem Schutz seiner Rechte zu dienen bestimmt ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 30.11.2018 – 5 S 854/17 -, VBlBW 2019, 247; Beschl. v. 16.02.2016 – 3 S 2167/15 -, juris Rn. 19; Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO, § 52 Rn. 28 ff.). Ferner darf der Dritte nicht mit jeder einzelnen seiner im gerichtlichen Verfahren geltend gemachten Einwendungen nach den Vorgaben des formellen Bauordnungsrechts präkludiert sein (vgl. § 55 Abs. 2 LBO).
Mit ihrem im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gemachten Vorbringen ist die Antragstellerin zwar nicht präkludiert (hierzu a)). Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im mehrpoligen Rechtsverhältnis vorzunehmenden vorläufigen Prüfung der Rechts- und summarischen Prüfung der Sachlage (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.02.2018 – 1 VR 11.17 -, ZStV 2019, 31; VG Karlsruhe, Beschl. v. 15.06.2023 – 2 K 1405/23 -, juris; Schoch, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand: 43. EL August 2022, § 80 VwGO Rn. 400 m. w. N.) verletzt die von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung vom 28.03.2023 die Antragstellerin jedoch voraussichtlich nicht in nachbarschützenden Vorschriften des Bauordnungs- oder Bauplanungsrechts (hierzu b)). Auch sonst sind keine besonderen Umstände gegeben, die im Rahmen der Interessenabwägung die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gebieten könnten (hierzu c)).
a) Die Antragstellerin ist mit ihrem Vorbringen nicht nach § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO präkludiert. Dieses ist Gegenstand ihrer im Rahmen der Angrenzerbenachrichtigung nach § 55 Abs. 1 LBO mit nach § 55 Abs. 2 Satz 1 LBO fristgerechtem Einwendungsschreiben vom 04.08.2023 gerügten Verstöße des Vorhabens der Beigeladenen gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften. Weitergehende und damit gegebenenfalls präkludierte Einwendungen hat die Antragstellerin weder im Widerspruchsverfahren noch im gerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren vorgebracht, sodass sich insoweit die Frage der möglichen Präklusion späteren Vorbringens von vornherein nicht stellt.
b) Das von der Baurechtsbehörde der Antragsgegnerin genehmigte Vorhaben verstößt voraussichtlich weder unter formellen noch unter materiellen Gesichtspunkten gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts. Andere Verstöße, etwa gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts oder sonstige Vorschriften zum Schutz der Antragstellerin, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
aa) Die Antragstellerin hat keinen allgemeinen Gebietserhaltungsanspruch im Hinblick auf die von ihr geltend gemachte Abweichung von der Landhausbauweise als solche. Die Festsetzung der Landhausbauweise stellt keine – den typisierten Baugebieten nach §§ 2 ff. BauNVO vergleichbare – Baugebietsfestsetzung dar; die Art der baulichen Nutzung wird vielmehr durch die Festsetzung „Reines Wohngebiet“ gekennzeichnet.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat zu der konkreten Festsetzung im hier maßgeblichen Bebauungsplan der Antragsgegnerin jüngst Folgendes entschieden (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 01.08.2023 – 3 S 2683/22 -, juris Rn. 11-17):
„a) Den in einem Bebauungsplan getroffenen Baugebietsfestsetzungen nach der Baunutzungsverordnung kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kraft Bundesrechts nachbarschützende Wirkung zu (grundlegend BVerwG, Urt. v. 16.9.1993 – 4 C 28.91 – BVerwGE 94, 151 und juris). Das Bundesverwaltungsgericht nimmt dementsprechend in ebenfalls ständiger Rechtsprechung an, dass sich der Eigentümer eines in einem Baugebiet nach der Baunutzungsverordnung gelegenen Grundstücks auch dann gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung wenden kann, wenn er selbst durch diese nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. Denn im Rahmen des durch die Festsetzung eines solchen Baugebiets begründeten nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll jeder Planbetroffene das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets verhindern können (BVerwG, Urt. v. 24.2.2000 – 4 C 23.98 – NVwZ 2000, 1054; Beschl. v. 2.2.2000 – 4 B 87.99 – NVwZ 2000, 679). Die zu den Festsetzungen eines Gebiets nach der Baunutzungsverordnung entwickelten Grundsätze gelten entsprechend für Gebietsfestsetzungen in gemäß § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG 1960 übergeleiteten Bebauungsplänen (BVerwG, Urt. v. 23.8.1996 – 11 C 9.96 – BVerwGE 101, 364 und juris Rn. 48 ff.; Senatsbeschl. v. 27.10.2015 – 3 S 1985/15 – juris Rn. 15).
b) Bei der Festsetzung „Reines Wohngebiet – Landhausbauweise“ handelt es sich nicht um eine eigenständige (typisierte) Gebietsfestsetzung, die sich im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung von einem sonstigen reinen Wohngebiet unterscheidet; die zulässige Art der baulichen Nutzung entspricht vielmehr der eines reinen Wohngebiets.
Unter der Überschrift „Art der Nutzung“ (Abschnitt II. B.) regelt § 4 der Stadtbauordnung von 15.8.1960 (StBO 1960) die einzelnen Baugebiete und die darin zulässige Art der Nutzung. Danach können Kleinsiedlungsgebiete, reine Wohngebiete, gemischte Wohngebiete, Geschäfts- und Gewerbegebiete und Industriegebiete ausgewiesen werden. „Landhausgebiete“ oder „Reine Wohngebiete mit Landhausbauweise“ werden in der Vorschrift nicht genannt. Auch in § 2 der Stadtbauordnung aus dem Jahr 1939 (StBO 1939) wird bei der Einteilung der Baugebiete und ihrer Nutzung die Landhausbauweise bzw. das Landhausgebiet nicht erwähnt.
Bezugnahmen auf die Landhausbauweise bzw. Regelungen zum Landhausgebiet finden sich in der Stadtbauordnung 1960 erst im Abschnitt C unter der Überschrift „Maß der Nutzung“. In der Stadtbauordnung 1939 war die Landhausbauweise ebenfalls nicht im Zuge der Vorschriften zur Art der baulichen Nutzung, sondern erst im Zusammenhang mit den Regelungen zur geschlossenen und offenen Bauweise (§§ 4 ff. StBO 1939) geregelt.
Auch inhaltlich handelt es sich bei den Vorschriften, die die Landhausbauweise bzw. das Landhausgebiet betreffen, nicht um Regelungen zur Art der baulichen Nutzung, sondern um Bestimmungen zur Bebauungsdichte innerhalb und außerhalb der Gebäude. So darf nach § 12 Abs. 1 Buchst. b) StBO 1939 bzw. § 11 Abs. 1 Buchst. a) StBO 1960 die Zahl der Hauptgeschosse bei Wohngebäuden bei offener Bauweise in einem Landhausgebiet höchstens zwei betragen. Nach § 6 Abs. 1 Buchst. a) StBO 1939 bzw. § 15 StBO 1960 finden im Landhausgebiet die Vorschriften über die offene Bauweise Anwendung. Außerdem dürfen Gebäude nicht mehr als zwei selbstständige Wohnungen enthalten; im Dachgeschoss dürfen selbstständige Wohnungen nicht errichtet werden. 50 % der Dachgeschossgrundfläche ist als Speicher freizuhalten (Buchst. a). Weiter sind nur Einzel- und Doppelhäuser zulässig, letztere nur mit einer Gesamtlänge von nicht mehr als 25 m (jeweils Buchst. b). Von diesen Vorschriften kann allenfalls die Zwei-Wohnungs-Klausel als eine Regelung verstanden werden, die auch die Art der baulichen Nutzung berührt; eine solche Klausel ist aber gleichwohl nicht aus sich heraus nachbarschützend (dazu sogleich).
Bei der Überschrift „C. Maß der baulichen Nutzung“ nimmt die Stadtbauordnung 1960 ferner in einem Klammerzusatz auf die Ermächtigungsgrundlagen in § 32 Abs. 1 und § 109 Abs. 2 Ziff. 1, 4 und 5 der Badischen Landesbauordnung (BadLBO) Bezug. § 32 Abs. 1 BadLBO enthält Regelungen zum „Grad der zulässigen Überbauung der Grundstücke (Baudichtigkeit)“, mithin Regelungen zum Maß der baulichen Nutzung und zur Bebauungsdichte, und empfiehlt insoweit die Einteilung in „Bauklassen“. Als mögliche „Bauklasse“ wird in § 32 Abs. 2 BadLBO auch der „Landhausbezirk“ genannt. Mithin versteht auch die Badische Landesbauordnung die Festsetzung eines Landhausbezirks oder Landhausgebiets nicht als Regelung zur Art der baulichen Nutzung. § 109 Abs. 2 Nr. 5 BadLBO ermächtigt die Gemeinden, durch örtliche Bauvorschriften die Anzahl und Mindestgröße der Wohnungen und die Abstufung nach Bauklassen und nach Verwendungszwecken zu regeln. Dass es sich hierbei um Bestimmungen zur Art der baulichen Nutzung handelt, lässt sich auch dieser Ermächtigungsnorm nicht entnehmen.
Somit lassen weder die Stadtbauordnungen noch die ihr zugrundeliegenden Ermächtigungsgrundlagen der Badischen Landesbauordnung erkennen, dass die Festsetzung der Landhausbauweise bzw. eines Landhausbezirks oder -gebiets als Regelung zur Art der baulichen Nutzung zu verstehen ist. Nicht anderes folgt aus dem Umstand, dass in den „Besonderen Bauvorschriften und Bebauungsplänen“ (Anlage I. B. zur Stadtbauordnung 1960) das Landhausgebiet unter Buchst. a) „Art der baulichen Nutzung“ genannt wird. Zum einen ist die Stadtbauordnung insoweit nicht ganz konsistent; denn im Straßenverzeichnis (Anlage I.A.) wird unter „Art der baulichen Nutzung“ nur das „Reine Wohngebiet“, allerdings mit dem Klammerzusatz „Landhausgebiet“, genannt. Zum anderen kommt den einschlägigen Rechtsgrundlagen für die Festsetzung einer Landhausbauweise bzw. eines Landhausgebiets größeres Gewicht für die rechtliche Einordnung zu als der genannten Anlage zur Stadtbauordnung. Denn die Anlage I dient erkennbar der Zuordnung der zum Anbau bestimmten Straßen bzw. der einzelnen Teile des Stadtgebiets zu den jeweiligen Bebauungsplänen und Bauvorschriften. Wie schon das Verwaltungsgericht angenommen hat, dürfte es sich bei der Benennung der Landhausgebiete in erster Linie um eine räumliche Abgrenzung der Gebiete handeln, in denen die Maßgaben zur Landhausbauweise bzw. zum Landgebiet gelten sollen, und nicht um eine rechtliche Charakterisierung. Schließlich wird auch im Erläuterungsbericht zur Stadtbauordnung 1960 ausgeführt, Landhausgebiete seien nach der Art ihrer Nutzung reine Wohngebiete (vgl. unten 3.b) bb) (2)).“
Diesen rechtlich überzeugenden Erwägungen schließt sich die Kammer nach eigener Sachprüfung inhaltlich in vollem Umfang an.
Nichts anderes lässt sich aus der von der Antragstellerin genannten Fundstelle aus dem „Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften“ herleiten – im Gegenteil. Der Ingenieur, kommunale Baubeamter und Hochschullehrer Otto Lueger (https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Lueger, zuletzt abgerufen am 28.08.2023) beschreibt in seinem „Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften“ im 1. Band aus dem Jahr 1904 auf den Seiten 639 bis 641 die offene Bauweise wie folgt (http://www.zeno.org/Lueger-1904/A/Bebauung,+offene, zuletzt abgerufen am 28.08.2023):
„Bebauung, offene, auch offene Bauweise, zerstreute Bebauung, Landhausbauweise, Villenbau, Pavillonsystem genannt, unterscheidet sich von der »geschlossenen Bebauung« dadurch, daß die Gebäude in der Baufluchtlinie gewisse Abstände voneinander innehalten.“
Demnach war bereits viele Jahre vor Inkrafttreten des Bebauungsplans „Neuenheimer Feld – östlich der Berliner [Frankfurter] Straße“ der Antragsgegnerin vom 19.05.1956 die Landhausbauweise als – bloße – offene Bauweise bekannt. Insofern handelt es sich eindeutig um eine Festsetzung, die lediglich die Bauweise betrifft, nicht jedoch die Art der baulichen Nutzung. Unabhängig von der Frage des Drittschutzes wird das Bauvorhaben der Beigeladenen in offener Bauweise errichtet und verstößt daher offensichtlich nicht gegen den genannten Bebauungsplan (hierzu cc)).
Darüber hinaus geben die Ausführungen der Antragstellerin keinen Anlass für eine vertiefte Auseinandersetzung mit diesen.
bb) Aus dem Umstand, dass es sich bei dem Vorhaben der Beigeladenen um sog. Clusterwohnungen handelt, folgt keine Rechtsverletzung der Antragstellerin. Eine Cluster-Wohngemeinschaft (oder: Cluster-Wohnen) ist eine Wohnform, in der Menschen dort als Wohngemeinschaft leben (so https://de.wikipedia.org/wiki/Cluster-Wohnung, zuletzt abgerufen am 28.08.2023). Dementsprechend handelt es sich um Wohnnutzung im bauplanungsrechtlichen Sinn. Dies betrifft lediglich die Art der baulichen Nutzung. Auch ein Wohngebäude mit Clusterwohnungen ist der Nutzungsart nach ein Wohngebäude (VG Gelsenkirchen, Urt. v. 11.08.2020 – 6 K 3783/18 -, juris zur Nutzung eines Einfamilienwohnhauses durch Polizeischüler für einige Wochen; OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 08.12.2016 – 8 A 10680/16 -, juris zu einer studentischen Wohngemeinschaft von elf Personen in einem reinen Wohngebiet; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 04.10.1991 – 3 S 2087/91 -, BauR 1992, 45; VG Düsseldorf, Urt. v. 10.05.2012 – 4 K 5269/11 -, juris, beide zur Art der baulichen Nutzung für ein Studierendenwohnheim), das in einem reinen Wohngebiet zulässig ist. Die Anzahl der Wohnungen in einem Gebäude ist kein Merkmal, das die Art der baulichen Nutzung mitbestimmt; § 3 BauNVO stellt lediglich auf die Nutzungsart als solche, nicht aber auf die Nutzungsintensität ab (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 01.08.2023 – 3 S 2683/22 -, juris; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 28.05.2014 – 1 ME 47/14 -, BauR 2014, 1910 zu § 4 BauNVO).
Die Nutzung des Wohngebäudes der Beigeladenen durch bis zu 26 einzelne Bewohner, sei es nun in Form einer Wohngemeinschaft oder einzelner Mietverhältnisse, stellt eine in einem reinen Wohngebiet nach §§ 29, 30 Abs. 1 BauGB, 3 Abs. 1 BauNVO ohne weiteres zulässige Nutzung dar. Dies zeigt bereits ein Vergleich mit normalen Studierendenwohnheimen, welche nach ständiger Rechtsprechung Wohnnutzung im Sinne von § 3 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BauNVO sind (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, 148. EL Oktober 2022, § 3 BauNVO Rn. 43 ff.).
Angesichts der Wohnnutzung in zwölf Wohneinheiten durch bis zu 26 einzelne Personen wird die Antragstellerin deshalb ersichtlich nicht in eigenen Rechten verletzt; die Wohnnutzung entspricht dem festgesetzten Gebietscharakter eines reinen Wohngebietes, sodass ein Anspruch auf Erhaltung des Gebietscharakters für die Bewohner des Plangebiets ausscheidet.
cc) Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt ferner nicht gegen die im Bebauungsplan „Neuenheimer Feld – östlich der Berliner [Frankfurter] Straße“ vom 19.05.1956 festgesetzte offene Bauweise – hier „Landhausbauweise“ genannt. Hierzu trägt die Antragstellerin lediglich pauschal vor, das Bauvorhaben verstoße gegen diese Festsetzung, ohne dies näher zu begründen. Das in Rede stehende Bauvorhaben wird in offener Bauweise errichtet und entspricht somit den Festsetzungen des Bebauungsplans „Neuenheimer Feld – östlich der Berliner [Frankfurter] Straße“ vom 19.05.1956. Vor diesem Hintergrund erübrigen sich Ausführungen zu der Frage, ob ein Verstoß gegen die im Bebauungsplan festgesetzte Bauweise Drittschutz vermitteln kann (vgl. zum Maßstab VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 04.10.2007 – 8 S 1447/07 -, VBlBW 2008, 272; Beschl. v. 01.03.1999 – 5 S 49/99 -, VBlBW 1999, 270).
dd) Die Antragstellerin wird zudem nicht in eigenen Rechten verletzt, weil die Beigeladene von der Antragsgegnerin eine Befreiung von der sog. Zwei-Wohnungs-Klausel erhalten hat. Denn auch hierbei handelt es sich nicht um eine Festsetzung im Bebauungsplan, die dem Schutz der übrigen Bewohner im Plangebiet zu dienen bestimmt ist.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat zu der konkreten Festsetzung im hier maßgeblichen Bebauungsplan der Antragsgegnerin zuletzt Folgendes entschieden (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 01.08.2023 – 3 S 2683/22 -, juris Rn. 33-42):
„Vorliegend dürfte es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass der Wohnungsklausel eine drittschützende Wirkung zukommt, fehlen.
Weder der Bebauungsplan noch der zugehörige Erläuterungsbericht enthalten ausdrückliche Vorgaben zur zulässigen Anzahl der Wohneinheiten; die Festsetzung wird im Erläuterungsbericht auch nicht begründet. Die Geltung der Wohnungsklausel folgt allein daraus, dass nach Nr. 8 des Erläuterungsberichts die Vorschriften der Stadtbauordnung gelten. Nach § 6 StBO 1939 bzw. § 15 StBO 1960 sind bei Landhausbauweise bzw. in einem Landhausgebiet nur zwei Wohnungen je Gebäude zulässig.
Es gibt keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass den Vorschriften der Stadtbauordnung über die Zwei-Wohnungs-Klausel eine drittschützende Wirkung zukommt. § 6 StBO 1939 bzw. § 15 StBO 1960 finden wie dargelegt ihre Rechtsgrundlage in § 109 Abs. 2 Nr. 5 der Badischen Landesbauordnung vom 26.7.1935 (BadLBO). Danach kann u.a. die höchstzulässige Anzahl der Wohnungen durch Örtliche Bauordnungen festgesetzt werden. Örtliche Bauordnungen können nach § 109 Abs. 1 BadLBO Bestimmungen treffen u.a. zur „Berücksichtigung der eigenartigen klimatischen, gesundheitlichen und sozialen Verhältnisse, der Gelände-, Erwerbs- und Verkehrsverhältnisse, der Anforderungen an die Sicherheit und Bequemlichkeit des örtlichen Verkehrs und Zusammenlebens, der Erhaltung der heimischen Bauweise und des Schutzes von Bau- und Naturdenkmalen“. Örtliche Bauordnungen, wie sie die Stadtbauordnung darstellt, dienten mithin öffentlichen Interessen; dies zeigen auch die sonstigen Festsetzungsermächtigungen in § 109 Abs. 2 BadLBO, die im Wesentlichen bau-, feuer-, gesundheits-, sittlichkeits- und sicherheitspolizeiliche Zielsetzungen sowie gestalterische Belange verfolgen. Auch die Festsetzung der Bauklasse „Landhausbezirk“ erfolgte gemäß § 32 Abs. 2 BadLBO aus gesundheitlichen, wirtschaftlichen und verkehrlichen Interessen, wobei bei der Festsetzung der Bauklassen eine abnehmende Baudichtigkeit vom Ortsinnern nach außen anzustreben war. Wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen zutreffend dargelegt hat (BA S. 13 f.), diente die mäßige Wohndichte in Wohn- und Landhausbezirken mithin hygienischen, feuerpolizeilichen und sozialen Interessen und der Verhütung von Gefahren, die aus dem gedrängten Zusammenleben und dem hierdurch verursachten Mangel an Licht und Luft hervorgingen (vgl. Roth, Badische Landesbauordnung, 3. Auflage 1925, § 32, S. 157, 160 zur Badischen Landesbauordnung 1907). Die einschlägigen Rechtsgrundlagen geben danach keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Festsetzung der Landbauweise und die damit verbundene Beschränkung der Wohnungszahl andere als städtebauliche und baupolizeiliche Belange verfolgt.
Entgegen der Auffassung der Antragsteller folgt auch aus dem Erläuterungsbericht zur Stadtbauordnung aus dem Jahr 1959 nichts Anderes. In der Erläuterung zu § 15 heißt es:
„Auch für die bisherigen Gebiete der Landhaus- und Berghausbauweise (§§ 6 und 7 der alten Bauordnung) sind neue Bezeichnungen – Landhausgebiet und Berghausgebiet – gewählt worden, weil die Vorschriften sich nicht nur auf die Bauweise beziehen. Land- und Berghausgebiete sind nach der Art ihrer Nutzung reine Wohngebiete. Es gelten die Vorschriften über offene Bauweise. Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche und der zulässigen Anzahl von Wohnungen unterliegen die Gebiete jedoch strengeren Anforderungen. Sie genießen daher andererseits einen größeren Schutz vor Belästigungen. Deshalb ist auch die Vorschrift gestrichen, daß auf öffentliche Gebäude die Bestimmungen der Landhausbauweise keine Anwendung finden. Öffentliche Gebäude sind im Land-und Berghausgebiet fehl am Platz, es sei denn, sie wären in einem Bebauungsplan ausgewiesen. Im übrigen sind die alten Vorschriften inhaltlich nicht geändert.“
Die Beschwerde macht geltend, aus diesen Formulierungen werde erkennbar, dass die Stadtbauordnung von einem gegenseitigen Austauschverhältnis ausgehe. Den größeren Beschränkungen, denen die Grundstückseigentümer in einem Landhausgebiet ausgesetzt seien, stehe ein größerer Schutz vor Belästigungen gegenüber. Das Verwaltungsgericht habe den Schutz vor Belästigungen zu Unrecht auf das Verbot öffentlicher Gebäude reduziert und das Wort „auch“ übersehen.
Die Beigeladene weist zutreffend darauf hin, dass der Erläuterungsbericht zur Änderung der Stadtbauordnung aus dem Jahr 1959 im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses im Jahr 1956 vermutlich noch nicht in den Willen des Gemeinderats aufgenommen worden sein dürfte. Im Übrigen beschränkt sich die Erläuterung ersichtlich auf die Punkte, die in § 15 StBO 1960 gegenüber der ursprünglichen Fassung der Vorschrift in § 6 StBO 1939 geändert werden sollten. Da die Zwei-Wohnungs-Klausel unverändert blieb, dürfte sich die Erläuterung hierauf schon nicht beziehen und dieser Klausel daher auch keine neue Bedeutung im Sinne der Begründung eines wechselseitigen Austauschverhältnisses verschaffen. Auch im Übrigen gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Normgeber eine höhere Wohndichte innerhalb eines Gebäudes unter den Begriff „Belästigungen“ gefasst hat. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, spricht vielmehr die anschließende – wenn auch nur beispielhafte – Bezugnahme auf das Verbot öffentlicher Einrichtungen in Landhausgebieten dafür, dass mit Belästigungen Immissionen und Verkehrsbelastungen gemeint sind, die über die Auswirkungen einer reinen Wohnnutzung hinausgehen. Für diese Auslegung sprechen aber vor allem auch die Vorschriften der Stadtbauordnungen. Im Abschnitt D „Vorkehrungen gegen Belästigungen“ trifft § 44 StBO 1960 bauordnungsrechtliche Regelungen zur Verhinderung von schädlichen Umwelteinwirkungen auf die Nachbarschaft; so werden beispielsweise Bestimmungen zur Vermeidung von Immissionen durch Gerüche, ätzende Stoffen, Rauch, Ruß, Dampf, Staub und lärmerzeugende und geräuschvolle Arbeiten getroffen. § 39 StBO 1939 enthält unter der Überschrift „Vorkehrungen gegen Belästigungen“ entsprechende Bestimmungen. Nach damaligem Sprachgebrauch und Rechtsverständnis waren „Belästigungen“ im Sinne der Bauordnungen daher offenkundig schädliche Umwelteinwirkungen nach heutigem Verständnis. Es gibt hingegen keinen Anhaltspunkt dafür, dass unter diesem Begriff auch die sozialadäquaten Immissionen durch eine reine Wohnnutzung verstanden wurden oder die mit einer erhöhten Wohnnutzung verbundenen Auswirkungen für die Nachbarschaft als unzumutbar angesehen wurden.
Auch aus der Begründung des Bebauungsplans oder sonstigen Auslegungshilfen ergeben sich keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass durch die Zwei-Wohnungs-Klausel ein wechselseitiges nachbarliches Austauschverhältnis im Sinne einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft begründet wurde. Eine ausdrückliche Begründung gerade für die Festsetzung der Landhausbauweise findet sich weder im Erläuterungsbericht noch in den Gemeinderatsprotokollen oder in den sonstigen Verfahrensakten. Nach dem Erläuterungsbericht zum Bebauungsplan ergab sich die Notwendigkeit der Planung allgemein durch „Baulandumlegungen, gewandelte städtebauliche Erkenntnis und verkehrliche Belange, nicht zuletzt durch die wirtschaftliche Entwicklung nach dem Kriege“, mithin allein aus städtebaulichen Gründen. Ausweislich der Niederschrift zur Sitzung des Gemeinderats vom 1.6.1956 verfolgte die Planung den Zweck, die Straßentrassen neu zu ordnen und den Verkehr zu beruhigen, eine „gewisse Ordnung bezüglich der Aufstellung der Gebäude, Dachausbildung usw.“ herzustellen und Vorbehaltsflächen für den öffentlichen Bedarf wie z.B. Schulen zu sichern; maßgeblich waren also auch danach die Belange einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
Auch aus der objektiven Planungskonzeption wird nicht erkennbar, dass die Grundstückseigentümer in den Gebieten mit Landhausbauweise in ein wechselseitiges nachbarliches Austauschverhältnis eingebunden werden sollten. Wie die Beschwerde zutreffend darlegt, liegt dem Bebauungsplan zwar erkennbar die städtebauliche Konzeption zugrunde, die bereits vorhandene aufgelockerte, villenartige Bebauung im Norden und Osten des Plangebiets und am Neckarufer nach Westen hin in Richtung des Universitäts- und Klinikgeländes zu verdichten. So werden die sog. Baublöcke im Norden, Osten und Süden des Plangebiets als Reines Wohngebiet in Landhausbauweise und die mittleren Bereiche als ein Reines Wohngebiet (ohne Landhausbauweise) festgesetzt, während im Westen des Plangebiets entlang der damaligen Frankfurter Straße Vorbehaltsflächen für soziale und kulturelle Zwecke und ein hoher Nutzungsgrad vorgesehen sind. Diese Planungskonzeption ergibt sich auch aus dem Gemeinderatsprotokoll vom 1.6.1956 (S. 9). Entgegen dem Beschwerdevorbringen ergibt sich aus der dargestellten städtebaulichen Konzeption aber nicht per se, dass mit der geringeren Nutzungsdichte im Norden, Osten und Süden des Plangebiets auch ein wechselseitiges Austauschverhältnis begründet werden sollte, auch wenn die dortigen Grundstückseigentümer hiervon faktisch begünstigt werden (vgl. BayVGH, Beschl. v. 26.4.2023 – 1 CS 22.2416 – juris Rn. 11). Allein der Umstand, dass im Gemeinderat und in der Presse von einer Villenbebauung in den Landhausgebieten gesprochen wurde, bietet entgegen der Auffassung der Antragsteller noch keinen hinreichenden Anhaltspunkt für eine drittschützende Wirkung der maßgeblichen Festsetzungen. Zwar mag einer Zwei-Wohnungs-Klausel in einem reinen Wohngebiet zur Gewährleistung eines gehobenen, besonders ungestörten Wohnens – wie in einem „Villengebiet“ – eine drittschützende Wirkung zukommen können (vgl. Senatsbeschl. v. 22.2.1995 – 3 S 243/95 – juris Rn. 5, VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 9.8.1996 – 8 S 2012/96 – juris Rn. 4, VG Karlsruhe, Urt. v. 3.8.2016 – 4 K 4013/15 – juris Rn. 41); maßgeblich sind aber stets die Umstände des Einzelfalles. Vor dem Hintergrund der ausschließlich baupolizeilichen Zielrichtung einer Wohnungszahlbeschränkung nach damaliger Rechtslage und der dargestellten, allein städtebaulichen Zielsetzung der Planung bedürfte es konkreterer und handgreiflicherer Anhaltspunkte als die Äußerung zu einem „Villengebiet“ im Rahmen einer Gemeinderatssitzung für die Auslegung, dass die Grundstückseigentümer des Gebiets mit der Wohnungsklausel – ungeachtet der damaligen Rechtsgrundlagen – in ein wechselseitiges Austauschverhältnis zur Gewährleistung einer besonders gehobenen Wohnqualität eingebunden werden sollten. Solche Anhaltspunkte fehlen hier. Der Gemeinderat ging vielmehr davon aus, dass ein „großer Teil der einzelnen Baublöcke bereits angelegt“ ist (vgl. Protokoll v. 1.6.1956 S. 9), dass also die Eigentümer jedenfalls im Bestand keinen zusätzlichen Einschränkungen durch die Wohnungszahl unterworfen werden. Die im Bebauungsplan in Bezug genommene Stadtbauordnung lässt außerdem nicht nur „Villen“, d.h. im herkömmlichen Sinne Einzelhäuser (vgl. Senatsbeschl. v. 22.2.1995 – 3 S 243/95 -, juris Rn. 6), sondern auch Doppelhäuser zu (vgl. § 15 Buchst. b StBO 1960). Entgegen der Beschwerdebegründung ist auch nicht von Familienheimen oder Einfamilienhäusern die Rede – was eher für die Begründung eines besonderen Wohnwerts sprechen könnte -, sondern von Wohnungen je Gebäude. Da der Gebäudebegriff funktional zu verstehen ist, sind in einem Doppelhaus schon nach den planerischen Festsetzungen immerhin insgesamt vier Wohneinheiten zulässig. Geht man mit der Beigeladenen davon aus, dass im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses die Familien größer als heute gewesen sein dürften, lassen die Vorschriften der Stadtbauordnung (§ 6 StBO 1939 / § 15 StBO 1960) damit auch in Landhausgebieten eine nicht unerhebliche Wohndichte innerhalb eines Gesamtgebäudes zu. Gegen die Begründung eines gegenseitigen Austauschverhältnisses spricht zudem, dass die Landhausbauweise auch in unmittelbarer Nachbarschaft zu störintensiveren öffentlichen Einrichtungen – wie etwa dem Gymnasium an der Nordostecke des Plangebiets – festgesetzt wurde. Die Annahme einer objektiven Planungskonzeption, bei der der Festsetzung der Landhausbauweise je nach Baublock einmal drittschützende und einmal keine drittschützende Wirkung zukommt, wäre nicht schlüssig. Schließlich wurden die Einwendungen gegen den Bebauungsplan – die sich allerdings soweit ersichtlich nicht auf die Wohndichte innerhalb der Gebäude, sondern auf die Bebauungsdichte der Grundstücke bezogen – allein aus städtebaulichen Gründen zurückgewiesen.
In der Gesamtschau gibt es nach alledem keine hinreichend greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass der Wohnungsklausel auch eine Bedeutung im Rahmen von Bodennutzungskonflikten zwischen den Grundstückseigentümern zukommt und diese vom Plangeber in ein wechselseitiges, die Planbetroffenen zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbindendes Austauschverhältnis eingebunden worden sind. Der von den Antragstellern vorgelegte Pressebericht, wonach es sich um „bestes Wohngebiet“ handeln solle, vermag nach alledem keine andere Einschätzung zu rechtfertigen.“
Diesen rechtlich überzeugenden Erwägungen schließt sich die Kammer nach eigener Sachprüfung inhaltlich vollumfänglich an. Die Antragstellerin hat hierzu in der Sache nichts Abweichendes vorgetragen, sodass weitere Ausführungen nicht geboten sind.
ee) Die Antragstellerin zeigt überdies keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO auf. Auch im Übrigen kann die Kammer diesbezüglich nichts erkennen.
Die Nutzung des Nachbargebäudes durch eine Wohngemeinschaft von bis zu 26 Personen ist der Antragstellerin gegenüber auch nicht rücksichtslos. Aus dem gesamten Vorbringen über die hierdurch vorgeblich ausgelösten Belästigungen lässt sich zur Überzeugung der Kammer keine Verletzung des in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verankerten Gebotes zur nachbarlichen Rücksichtnahme entnehmen.
Das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme hat grundsätzlich lediglich einen objektiv-rechtlichen Gehalt (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.1982 – 4 C 36.79 -, NJW 1983, 1747; Urt. v. 10.12.1982 – 4 C 28.81 -, NJW 1983, 2460). Nachbarschützende Wirkung kommt ihm jedoch im Einzelfall insoweit zu, als in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Insoweit müssen die Umstände des Einzelfalles eindeutig ergeben, auf wen Rücksicht zu nehmen und inwieweit eine besondere rechtliche Schutzwürdigkeit des Betroffenen anzuerkennen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.08.1983 – 4 C 36.79 -, BVerwGE 67, 334; VG Augsburg, Urt. v. 16.11.2022 – Au 4 K 21.1034 -, juris).
Das Gebot der Rücksichtnahme besagt, dass ein Bauvorhaben im Einzelfall unzulässig ist, wenn von ihm Beeinträchtigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart der Umgebung unzulässig sind. Ob eine bauliche Anlage gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, wie schutzwürdig die Umgebung ist, wobei bestehende Vorbelastungen nicht außer Betracht bleiben dürfen (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.01.1983 – 4 C 59.79 -, BRS 40 Nr. 199; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.07.2011 – 10 S 2102/09 -, NuR 2012, 204).
Eine Verletzung des Gebotes der Rücksichtnahme ist dann anzunehmen, wenn sich unter Abwägung der widerstreitenden Interessen im konkreten Einzelfall ergibt, dass die Verwirklichung des jeweiligen Bauvorhabens dem Nachbarn nicht mehr zugemutet werden kann. Dabei setzt der Schutz des Nachbarn bereits unterhalb der eigentumsrechtlich im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG maßgeblichen Schwelle eines „schweren und unerträglichen Eingriffs“ ein. Was dem Nachbarn eines Vorhabens auf Grund der Eigenart der näheren Umgebung an nachteiligen Wirkungen zugemutet werden darf, bestimmt sich mithin nach der aus der (näheren) Umgebung herzuleitenden Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit. Dabei kommt eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots insbesondere dann in Betracht, wenn sich auf Grund der Errichtung des Bauvorhabens der Gebietscharakter der Umgebung ändert (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.09.1991 – 4 C 5.87 -, NVwZ 1992 S. 977).
Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze kommt die Kammer bei summarischer Prüfung zum Ergebnis, dass die Nutzung des Wohngebäudes durch die zukünftigen Bewohner allenfalls zur geringfügigen zusätzlichen Belästigungen oder Nachteilen für die Antragstellerin führt. Auch die gesetzgeberische Wertung, dass ein Studierendenwohnheim neben Einfamilienhäusern in reinen Wohngebieten ohne weiteres zulässig ist, zeigt, dass die hierdurch von einer Mehrzahl von Bewohnern typischerweise verursachten Einwirkungen auf das nachbarliche Umfeld grundsätzlich als sozial-adäquat hinzunehmen sind. Die der Antragstellerin insbesondere im Schriftsatz vom 21.08.2023 geschilderten „Belästigungen“ des (studentischen) Wohnens in der Nachbarschaft geben auch kein Bild rücksichtslosen Verhaltens, sondern eher ein Beispiel sozialer Verhaltensweisen, die zwar subjektiv als Belästigung empfunden werden können, indessen vielfach anzutreffen und deshalb im Einzelfall nicht rücksichtslos sind. Das allgemeine Bauplanungsrecht kann und soll keinen „Milieuschutz“ gewährleisten (BVerwG, Urt. v. 23.08.1996 – 4 C 13.94 -, BVerwGE 101, 364). Inwieweit die von der Antragstellerin befürchtete Zunahme von Lärm durch spielende Kinder berücksichtigungsfähig wäre, begegnet mit Blick auf die Wertung des § 22 Abs. 1a BImSchG ohnehin Zweifeln. Die sonst beschriebenen befürchteten Lärmbelästigungen sind allesamt in einem Wohngebiet sozialadäquat und können einen Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO nicht begründen.
ff) Die sonstigen von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen geben für die Kammer keinen Anlass zu einer vertieften Auseinandersetzung mit ihnen. Allein auf Grund des Umstandes, dass die Antragstellerin mehr als 20 m vom Baugrundstück entfernt wohnt (gemessen von der nordöstlichen Hausecke zur Grundstücksgrenze Flst.-Nr. …6/25 bei „Google Maps“), ist eine Verletzung der von ihr in Bezug genommenen Punkte unter Berücksichtigung des Gebots der Rücksichtnahme offensichtlich ausgeschlossen, zumal noch diverse, mit teils hohen Bäumen bestockte und damit eine unmittelbare Sichtbeziehung abriegelnde Grundstücke zwischen ihrem Grundstück und dem Baugrundstück liegen (Grundstücke Flst.-Nrn. 5726/50 bzw. 5726/24).
Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Tiefgarageneinfahrt, die im nördlichen Bereich des Baugrundstücks an der Grenze zu den Grundstücken Flst.-Nrn. …59 und …60 liegen soll, deren vermeintliche Rücksichtslosigkeit die Antragstellerin rügt. Hierzu trägt sie lediglich pauschal vor, die Tiefgarageneinfahrt sei den Anwohnern gegenüber rücksichtslos, weil diese im rückwärtigen Bereich des Grundstücks liege, das bislang nur durch Gärten geprägt sei. Dies vermag eine eigene Betroffenheit der Antragstellerin, deren Haus sich gut 60 m von der geplanten Garagenzufahrt entfernt befindet (gemessen über „Google Maps“), wobei ohnehin noch andere Grundstücke zwischen dem Grundstück der Antragstellerin und dem Baugrundstück liegen, nicht einmal im Ansatz aufzuzeigen.
Auch die gerügten vorgeblichen Verstöße gegen die zulässige überbaubare Grundstücksfläche und wegen möglicher Verschattungen und Einsichtnahmemöglichkeiten auf ihr Grundstück bedürfen angesichts dieser Umstände keiner weiteren Ausführungen durch die Kammer. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme liegt in diesem Sinne offenkundig und in keiner denkbaren Hinsicht vor.
gg) Soweit die Antragstellerin zudem das Volumen des geplanten Baukörpers rügt, befremdet das. Mit Blick auf die Ausmaße ihres eigenen Hauses (bei „Google Maps“ gemessen ergibt sich eine Länge ihres Wohnhauses von etwa 13,50 m und eine Breite von ca. 12,20 m) erscheint der Baukörper des geplanten Vorhabens mit 14,75 m Länge und 12,70 m Breite – abgesehen von dem Umstand, dass die Antragstellerin vom Bauvorhaben ohnehin nicht als direkte Angrenzerin, sondern nur als „sonstiger Nachbar“ i. S. d. § 55 LBO betroffen ist – der Antragstellerin gegenüber nicht im Ansatz rücksichtslos.
Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang die Ansicht vertritt, das Bauvorhaben der Beigeladenen erstrecke sich faktisch auf das direkt an ihr Grundstück angrenzende Grundstück, weil es ausweislich des in den Bauvorlagen enthaltenen Lageplans für eine Abstandsfläche in Anspruch genommen werden soll, hat sie damit nicht ansatzweise eine eigene Betroffenheit nachweisen können.
hh) Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG unter dem Aspekt der Gleichbehandlung hat die Antragstellerin, die unstreitig selbst vor Kurzem Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans erhalten hat, ebenfalls nicht ansatzweise darlegen können.
c) Andere Verstöße, etwa gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts oder sonstige Vorschriften zum Schutz der Antragstellerin, sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich.
Soweit die Antragstellerin lediglich pauschal rügt, bei dem obersten Geschoss des Vorhabens der Beigeladenen könne nicht geprüft werden, ob es sich um ein Dachgeschoss nach § 2 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 LBO – und damit nicht um ein Vollgeschoss i. S. d. § 2 Abs. 6 LBO – handelt, ist dies mit Blick auf ihre baurechtliche Rechtsstellung als Nachbarin schlechterdings unerheblich. Der Geschosszahl kommt nach gefestigter Rechtsprechung regelmäßig keine nachbarschützende Wirkung zu (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.06.1995 – 4 B 52.95 -, NVwZ 1996, 170; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.01.1995 – 3 S 3096/94 -, BauR 1995, 512; VG Freiburg, Beschl. v. 18.05.2001 – 7 K 689/01 -, juris; VG Karlsruhe, Beschl. v. 13.07.2023 – 2 K 712/23 -, juris).
d) Besondere Umstände, die trotz der voraussichtlichen Nicht-Betroffenheit der Antragstellerin in eigenen subjektiven Rechten im Rahmen der Abwägung zwischen Vollzugs- und Suspensivinteresse (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 -, NVwZ 2004, 93) ein Überwiegen des Suspensivinteresses der Antragstellerin nahelegen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Der Umstand, dass auf Grund der Vollziehbarkeit der Baugenehmigung gleichsam „vollendete Tatsachen“ durch Errichtung des Gebäudes geschaffen werden, ändert hieran nichts. Dies ist für sich genommen die gesetzlich vorgesehene Folge der sofortigen Vollziehbarkeit der Baugenehmigung, ohne dass hierdurch irreversible und unzumutbare Folgen bei der Antragstellerin einträten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 -, NVwZ 2004, 93).
2. Abgesehen davon, dass die Beigeladene weder eine Baufreigabe erhalten hat noch alsbald mit dem Bau beginnen möchte – was bereits für sich genommen dem Erlass einer verwaltungsgerichtlichen Zwischenentscheidung in Form eines sogenannten „Hängebeschlusses“ (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 14.10.2021 – 5 S 2503/21 -, juris) entgegenstünde – hat der Antrag der Antragstellerin nach dem Vorstehenden ohnehin offenkundig keinen Erfolg. Die Kammer hat deshalb vom Erlass einer solchen Zwischenentscheidung abgesehen.
3. Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nach den Grundsätzen der Billigkeit erstattungsfähig, da diese einen Antrag gestellt und hiermit ein Kostenrisiko übernommen hat.
4. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG in Anlehnung an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der zuletzt am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen (abgedruckt unter Hug, in: Kopp/Schenke, VwGO, Anhang zu § 164). Danach ist für die Klage eines Nachbarn ein Streitwert im Rahmen von 7.500 Euro bis 15.000 Euro festzusetzen, soweit nicht ein höherer wirtschaftlicher Schaden feststellbar ist. Ergeben sich aus dem Vortrag der Beteiligten zum Streitwert (vgl. § 61 GKG) keine abweichenden Anhaltspunkte, ist bei der Klage eines Nachbarn gegen die Baugenehmigung für ein Mehrfamilienwohnhaus in Anwendung des Rahmenvorschlags aus Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 ein Streitwert von 15.000 Euro festzusetzen; der Betrag von 15.000 Euro ist für jedes Wohnhaus gesondert in Ansatz zu bringen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 26.07.2023 – 5 S 695/23 -, n. v.; Beschl. v. 29.06.2023 – 5 S 2631/22 -, n. v.).
Eine Reduzierung dieses Streitwerts für Hauptsacheverfahren in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kommt nach Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs 2013 nicht in Betracht, wenn diese die Entscheidung in der Hauptsache ganz oder zum Teil vorwegnehmen. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung der Baurechtssenate des Verwaltungsgerichtshofs dann der Fall, wenn sich ein Baunachbar nicht allein gegen die Auswirkungen der zukünftigen Nutzung des Nachbargrundstücks, sondern – wie hier – gegen solche des Baukörpers zur Wehr setzt und einen vorläufigen Stopp dessen Errichtung begehrt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 01.04.2019 – 5 S 2102/18 -, VBlBW 2019, 459; Beschl. v. 27.08.2014 – 3 S 1400/14 -, juris; Beschl. v. 13.08.2014 – 8 S 979/14 -, juris; Beschl. v. 11.12.2013 – 3 S 1964/13 -, VBlBW 2014, 275).