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Eigentumswohnung – Verzugsschadensersatz bei verzögerter Übergabe

KG Berlin – Az.: 21 U 90/17 – Urteil vom 15.05.2018

1.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts vom 22. Februar 2017 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.620,45 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 9.996,85 € seit dem 11. April 2016 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.

Die Berufung der Beklagten im Übrigen und die Berufung der Klägerin werden zurückgewiesen.

3.

Die Kosten des Rechtsstreits über beide Instanzen hat die Klägerin zu tragen.

4.

Dieses und fortan auch das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einem Bauträgervertrag auf Schadensersatz wegen der verzögerten Übergabe einer Eigentumswohnung in Anspruch.

Mit notariellem Vertrag vom 8. November 2011 (Anlage K 1, im Folgenden auch: Bauträgervertrag) kaufte die Klägerin von der Beklagten einen Miteigentumsanteil von 530/10.000 an dem Grundstück G… …, … … verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan der Teilungserklärung vom 22. August 2011 mit Nr. 24 bezeichneten Wohnung (im Folgenden: “Wohnung 24”). Daneben kaufte die Klägerin das Sondereigentum an den Stellplätzen Nr. 31 und 50 in der zu der Anlage gehörenden Tiefgarage mit den dazu gehörenden Miteigentumsanteilen von jeweils 24/10.000 (Wohnung 24 und die Stellplätze im Folgenden auch als “Kaufgegenstand” oder “Vertragsobjekt” bezeichnet).

In Abschnitt III. des Vertrages verpflichtete sich die Beklagte zur Herstellung des Kaufgegenstands gemäß einer in Bezug genommenen Baubeschreibung. Ferner heißt es im Abschnitt III, wobei die Beklagte als “Verkäufer” und die Klägerin als “Käufer” bezeichnet werden:

4. Fertigstellung

Der Verkäufer sichert zu, den Kaufgegenstand … bis spätestens 31. März 2012 bezugsfertig herzustellen, sofern die Sonderwünsche und etwaige Grundrissänderungen bis zum 30. 11.2011 festgelegt sind.

Die vollständige Fertigstellung erfolgt bis zum 30. April 2012. (…)

5. Vertragsstrafe

Hat der Verkäufer die Fristüberschreitung – bezogen auf die Bezugsfertigkeit – zu vertreten, so hat er dem Käufer eine Vertragsstrafe von 10,- €/m² je Monat zu zahlen, wobei die Berechnung tageweise erfolgt. Im Übrigen verbleibt es bei den gesetzlichen Bestimmungen.”

Als Kaufpreis für die Wohnung 24 vereinbarten die Parteien 671.365,- €, für die beiden Tiefgaragenstellplätze jeweils 28.500,- €, insgesamt mithin 728.365,- €. 95 % des Kaufpreises sollten in den folgenden Raten fällig werden (vgl. V.2.1 des Vertrages, Anlage K 1):

  • 25 % nach Beginn der Erdarbeiten (1. Rate)
  • 28 % nach Rohbaufertigstellung, einschließlich Zimmererarbeiten (2. Rate)
  • 12,6 % für die Herstellung der Dachflächen und Dachrinnen sowie für den Fenstereinbau einschließlich der Verglasung (3. Rate)
  • 10,5 % für die Rohinstallation der Heizungs-, Sanitär- und Elektroanlagen sowie für den Innenputz, ausgenommen Beiputzarbeiten (4. Rate)
  • 4,9 % für den Estrich sowie für die Fliesenarbeiten im Sanitärbereich (5. Rate)
  • 10,5 % nach Bezugsfertigkeit und Zug um Zug gegen Besitzübergabe sowie für die Fassadenarbeiten (6. Rate)
  • 3,5 % nach vollständiger Fertigstellung (7. Rate).

Weiter heißt es in Abschnitt V.2.1 des Vertrages:

“Der Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5 % ist zur Zahlung fällig, wenn der Kaufgegenstand (einschließlich Gemeinschaftseigentum) rechtzeitig und ohne wesentliche Mängel (Bezugsfertigkeit) fertig gestellt ist (Abnahmereife). Ist dies nicht der Fall, bestimmt sich die Fälligkeit nach den gesetzlichen Bestimmungen.”

In VI.5 des Vertrages heißt es, wobei die Parteien wiederum als Käufer und Verkäufer bezeichnet werden:

“Der Verkäufer ist zur Übergabe verpflichtet, wenn die Abnahme des Sondereigentums durchgeführt ist und der Käufer alle zu diesem Zeitpunkt fälligen Zahlungen – einschließlich der Hinterlegung der letzten Rate in Höhe von 3,5 % – geleistet hat oder Zug um Zug gegen Übergabe leistet.”

Am 3. April 2012 führten die Parteien einen Termin in Wohnung 24 durch, bei dem die Klägerin wegen diverser Mängel die Abnahme verweigerte. Am 15. Juni 2012 besichtigten die Parteien erneut die Wohnung, die Klägerin erklärte wiederum wegen diverser Mängel (vgl. die Liste Anlage K 13) keine Abnahme. Zwischen den Parteien war insbesondere umstritten, ob das Parkett in der Wohnung ordnungsgemäß verlegt war. Deshalb beauftragten sie im Anschluss an den Termin einen Sachverständigen … B… mit der Erstellung eines Gutachtens. Die Klägerin schrieb der Beklagten am 20. Juni 2012 per Mail, “die Abnahme rückwirkend zum 15.6.” zu erklären, “sollte der Gutachter feststellen, dass keine Mängel am Parkett vorliegen” (Anlage B 9).

Am 17. Juli 2012 untersuchte der Sachverständige B… das Parkett und stellte einzelne Mängel fest, die die Beklagte sogleich nachbessern ließ. In einem zweiten Termin am 20. Juli 2012 stellte der Sachverständige B… fest, dass “sämtliche nachzuarbeitenden Bereiche” “entsprechend den Vorgaben zufriedenstellend abgearbeitet” waren, was er in einem Gutachten vom 30. Juli 2012 festhielt (Anlage B 10, S. 10). Des weiteren heißt es in dem Gutachten:

“Sofern kein erhöhter Schallschutz bezüglich der Parkettarbeiten zu erbringen war, kann die Bezugsfertigkeit der Parkettarbeiten für den 20.07.2012 bestätigt werden”(S. 11). “War erhöhter Schallschutz zu erbringen, hätte unter die Sockelleisten ein Entkopplungsstreifen eingebaut werden müssen”(S. 9).

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 2. August 2012 bot die Beklagte der Klägerin die sofortige Übergabe des Kaufgegenstands an, allerdings nur gegen eine Zahlung von 148.452,15 €. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin von dem Gesamtkaufpreis von 671.365,- € für die Wohnung 24 an die Beklagte 525.768,74 € gezahlt und weitere 24.495,28 € für die Schlussrate auf das hierfür bestimmte Anderkonto der beauftragten Notarin eingezahlt. Den Kaufpreis für die beiden Stellplätze hatte die Klägerin ebenfalls nicht vollständig bezahlt.

Die Klägerin ließ der Beklagten mit Schreiben vom 9. August 2012 mitteilen, die Wohnung sei nicht abnahmereif hergestellt, da die Beklagte nicht nachgewiesen habe, dass die Vorgaben für einen erhöhten Schallschutz nach Beiblatt 2 der DIN 4109 eingehalten seien. Die Klägerin verweigerte deshalb zunächst weitere Zahlungen.

Die Klägerin beantragte im September 2012 am Landgericht Berlin die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens über die Frage, ob die Wohnung 24 den Anforderungen des erhöhten Schallschutzes nach Beiblatt 2 zur DIN 4109 genügt (27 OH 4/12). Der vom Gericht beauftragte Sachverständige Dr. T… stellte in seinem Gutachten vom 16. August 2013 fest, dass die von ihm untersuchten Bauteile der Wohnung 24 diese Vorgaben einhielten.

Im September 2012 erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin wegen des Zahlungsrückstands den Rücktritt vom Bauträgervertrag und nahm die Klägerin sodann vor dem Landgericht Berlin auf Bewilligung der Löschung ihrer Auflassungsvormerkung in Anspruch. Das Kammergericht wies diese Klage mit Urteil vom 24. September 2015 (27 U 98/14) ab. Zur Begründung führte das Gericht aus, der Rücktritt sei unwirksam, da es an einem fälligen Zahlungsanspruch und einer Fristsetzung gemäß § 323 Abs. 1 BGB fehle. Das Urteil ist rechtskräftig.

Am 19. November 2015 führten die Parteien einen erneuten Termin durch, bei dem die Klägerin die Abnahme unter Vorbehalt diverser Mängel erklärte (Anlage K 30). Nachdem die Beklagte Gelegenheit zu Nachbesserungen erhalten und die Klägerin am 23. September 2015 und 2. Dezember 2015 weitere Zahlungen in Höhe von insgesamt 149.600,99 € an die Beklagte geleistet hatte, übergab die Beklagte am 17. Dezember 2015 der Klägerin das Vertragsobjekt.

Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Schadensersatz für die Nachteile in Anspruch, die ihr durch die unterbliebene Übergabe des Vertragsobjekts in den Jahren 2012 und 2013 entstanden sein sollen. Die Klägerin macht insbesondere die Kosten der Miete einer Ersatzwohnung, der Einlagerung ihrer Möbel, erhöhte Finanzierungskosten, die Vertragsstrafe, Nutzungsentschädigung und entgangene Erträge für ihr zum Kauf eingesetztes Eigenkapital geltend. Den Gesamtbetrag dieses Schadens und somit ihren Zahlungsantrag beziffert die Klägerin mit 239.642,63 €. Außerdem hat die Klägerin vor dem Landgericht die Feststellung beantragt, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr sämtliche darüber hinausgehende Schäden zu ersetzen, die ihr aus der verspäteten Übergabe der Wohnung 24 nebst der beiden Stellplätze entstanden sei.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Nach ihrer Auffassung besteht der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch weder dem Grund noch der Höhe nach.

Mit Urteil vom 22. Februar 2017 hat das Landgericht Berlin die Beklagte zur Zahlung von 26.525,76 € nebst Zinsen verurteilt und den restlichen Zahlungsantrag als unbegründet, den Feststellungsantrag als unzulässig abgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens und wegen der Begründung des Landgerichts wird auf dieses Urteil verwiesen.

Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit der Berufung, zu deren Begründung sie jeweils ihr erstinstanzliches Vorbringen vertiefen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landgerichts dahin abzuändern, dass die Beklagte zur Zahlung von 239.642,63 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz verurteilt wird.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts dahin abzuändern, dass die Klage vollständig abgewiesen wird.

Ferner beantragen beide Parteien, die Berufung der jeweiligen Gegenseite zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg, da der Klageanspruch nicht in der vom Landgericht zuerkannten, sondern nur einer geringeren Höhe besteht. Aus diesem Grund ist die ebenfalls zulässige Berufung der Klägerin in vollem Umfang unbegründet. Soweit die Berufung der Beklagten keinen Erfolg hat, ist auch sie unbegründet.

Beide Berufungen betreffen nur die Entscheidung des Landgerichts über den Zahlungsantrag der Klägerin über insgesamt 239.642,63 € zuzüglich Zinsen. Mit diesem verfolgt sie ihren Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen der verspäteten Übergabe der Wohnung 24 nebst den beiden Stellplätzen, allerdings beschränkt auf die ihr in den Jahren 2012 und 2013 entstandenen Nachteile. Soweit das Landgericht den Feststellungsantrag der Klägerin als unzulässig abgewiesen hat (Urteil des Landgerichts, S. 9), hat die Klägerin dagegen kein Rechtsmittel eingelegt.

1.

Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des Landgerichts dahin abzuändern, dass der umstrittene Schadensersatzanspruch der Klägerin nur in Höhe von 10.620,45 € zuzüglich Zinsen besteht (§§ 280, 286 BGB). Ein darüber hinausgehender Anspruch für die Jahre 2012 und 2013 ist nicht gegeben.

a)

Die Beklagte befand sich mit der Übergabe der Wohnung 24 nebst der Stellplätze an die Klägerin vom 1. April 2012 bis zum 20. Juli 2012 in Verzug. Einen weiteren Verzugszeitraum gab es in den Jahren 2012 und 2013 nicht.

aa)

Wenn ein Bauträger vertraglich verpflichtet ist, eine Wohneinheit bezugsfertig herzustellen und dem Erwerber zu übergeben, setzt sich diese Pflicht aus zwei Elementen zusammen: Einer Herstellungsverpflichtung, bei der der Bauträger wie bei einem Werkvertrag (vgl. § 641 Abs. 1 S. 1 BGB) vorleistungspflichtig ist, und einer Übergabepflicht, bei der die gegenseitigen Pflichten der Vertragsparteien gleichrangig, also Zug um Zug zu erfüllen sind. Diese Kombination aus Vorleistungspflicht und gleichrangiger Pflicht, die in § 3 Abs. 2 MaBV angelegt ist, trägt der Besonderheit des Bauträgervertrags Rechnung, wonach der Bauträger nicht nur die Herstellung des Vertragsobjekts, sondern auch dessen Übereignung und Übergabe schuldet.

Bei der Durchführung des Leistungsaustauschs ist allerdings zu beachten, dass die Höhe der vom Erwerber Zug um Zug gegen Besitzverschaffung geschuldeten Zahlungen nicht ohne Weiteres dem Vertrag entnommen werden kann, sondern davon abhängt, wie der Bauträger seine zuvor zu leistende Bauverpflichtung erfüllt hat. Hat er das Vertragsobjekt zwar im Wesentlichen vertragsgemäß hergestellt, liegen aber trotzdem Mängel vor, die lediglich der Bezugsfertigkeit nicht entgegenstehen, ist der Erwerber berechtigt, einen Einbehalt von der Bezugsfertigkeitsrate vorzunehmen (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011, VII ZR 84/09, Rz 10). Dieser Einbehalt beläuft sich auf die Beseitigungskosten zzgl. eines Druckzuschlags, somit analog § 641 Abs. 3 BGB in der Regel auf die doppelten Beseitigungskosten. Der Erwerber schuldet für die Übergabe eines Kaufgegenstands, der Mängel aufweist, die die Bezugsfertigkeit nicht ausschließen, also nur die Bezugsfertigkeitsrate abzüglich des Mängeleinbehalts. Wegen der Gleichrangigkeit von Übergabepflicht und Zahlungspflicht ist der Bauträger nur zur Übergabe des Vertragsobjekts verpflichtet, wenn der Erwerber auch zur Zahlung der ggf. reduzierten Bezugsfertigkeitsrate bereit ist. Eine verhältnismäßig geringfügige Unterschreitung des geschuldeten Zahlungsstands ist dabei unerheblich (§ 320 Abs. 2 BGB, vgl. Kammergericht, Urteil vom 4. Oktober 2017, 21 U 79/17).

bb)

Aus diesen Überlegungen folgt:

(1)

Der Bauträger ist in Verzug mit der Übergabe der bezugsfertigen Wohneinheit, wenn er zum Solltermin entweder die Wohneinheit nicht bezugsfertig hergestellt hat oder die Wohneinheit – aus welchen Gründen auch immer – jedenfalls nicht übergibt.

Umgekehrt gilt, dass der Bauträger jedenfalls in den folgenden beiden Konstellationen mit seiner Pflicht zur bezugsfertigen Übergabe der Wohneinheit nicht (mehr) in Verzug ist:

  • Kein Verzug besteht, wenn der Bauträger die Wohneinheit abnahmereif bezugsfertig hergestellt hat, ein Abnahmetermin durchgeführt worden ist und er zur Übergabe der Wohnung bereit ist. Jedenfalls durch den vorherigen Abnahmetermin ist der Erwerber in der Lage (ggf. durch Hinzuziehung eines Sachverständigen), die Mängel zu prüfen und einen Einbehalt vorzunehmen. Dass der Erwerber keine Abnahme erklärt hat, ist unerheblich, denn bei abnahmereifer Herstellung ist er dazu verpflichtet. Die Nichterfüllung dieser Pflicht durch den Erwerber kann sich nicht zu Lasten des Bauträgers auswirken.
  • Auch wenn der Bauträger nach abnahmereifer Herstellung der Wohneinheit und Durchführung eines Abnahmetermins nicht zur Übergabe bereit ist, kommt es aufgrund der Gleichrangigkeit von Übergabepflicht und Zahlungspflicht gleichwohl in Betracht, dass er sich nicht mehr in Verzug befindet. Dem ist so, wenn der Erwerber seinerseits nicht zur Leistung seiner Zug um Zug zu erbringenden Zahlungen bereit ist. Die dann zugunsten des Bauträgers bestehende Einrede nach § 320 Abs. 1 BGB, schließt seinen Verzug aus (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2006, X ZR 124/03, Rz 34; Urteil vom 23. Mai 2003, V ZR 190/02; Urteil vom 6. Dezember 1991, V ZR 229/90, BGHZ 116, 244). Denn solange sich ein Schuldner auf die Einrede des § 320 BGB berufen kann, hat er den Eintritt des Verzugs jedenfalls nicht zu vertreten (§ 286 Abs. 4 BGB). Dies gilt auch dann, wenn der Schuldner die Einrede des § 320 nicht ausdrücklich geltend macht (vgl. BGH a.a.O.).

Zugunsten des Bauträgers besteht gegenüber seiner Pflicht zur Übergabe der Wohneinheit so lange die Einrede des § 320 BGB, wie der Erwerber nicht die von ihm Zug um Zug geschuldeten Zahlungen geleistet hat oder sie ihm in Annahmeverzug begründender Weise gegen Übergabe anbietet. Dieser Grundsatz kommt auch in § 298 BGB zum Ausdruck. Können sich die Parteien über die Modalitäten dieser Zahlung Zug um Zug nicht einigen, muss letzten Endes der Weg einer Zahlungsabwicklung über den Notar gewählt werden (vgl. Pause, Bauträgerkauf, 6. Auflage, 2018, Rz 331; Basty, Der Bauträgervertrag, 9. Auflage, 2018, Rz 523). Bei dieser Abwicklung ist eine Mitwirkung des Bauträgers erforderlich, sodass letzten Endes ein hierauf gerichtetes wörtliches Angebot des Erwerbers (§ 295 BGB) ausreichend, aber auch erforderlich ist, um das Verzugshindernis der Einrede nach § 320 BGB wegfallen und den Verzug eintreten zu lassen (§ 286 Abs. 4 BGB).

(2)

Der Erwerber schuldet Zug um Zug gegen Übergabe der Wohneinheit Zahlung zunächst derjenigen Kaufpreisanteile, die bei Bezugsfertigkeit geschuldet sind, im vorliegenden Fall 96,5 % abzüglich des Sicherheitseinbehalts von 5 % (vgl. Abschnitt V.2.1 des Bauträgervertrags Anlage K 1). Will der Erwerber von seinem Recht Gebrauch machen, Zug um Zug gegen Übergabe nicht die volle Bezugsfertigkeitsrate zu zahlen, sondern wegen bestehender Mängel einen Einbehalt vorzunehmen, dann obliegt es ihm, die Höhe seines Einbehalts und den sich daraus ergebenden geringeren Kaufpreis konkret zu beziffern. Ein den Annahmeverzug begründendes Angebot hat ein Erwerber folglich erst dann dem Bauträger unterbreitet, wenn er eine ausreichende Zahlung angeboten hat – notfalls unter weiterem Angebot der Abwicklung über einen Notar. Eine geringfügige Unterschreitung des vom Erwerber zu entrichtenden Betrages ist unschädlich (§ 320 Abs. 2 BGB).

b)

Auf dieser Grundlage ermittelt sich der Verzug der Beklagten mit der Übergabe des Kaufgegenstandes an die Klägerin vom 1. April 2012 bis zum 20. Juli 2012 wie folgt:

aa)

Nach Abschnitt III.4 des Bauträgervertrags (Anlage K 1) war die Beklagte verpflichtet, den Kaufgegenstand bis zum 31. März 2012 bezugsfertig zu übergeben.

Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin auf die Einhaltung dieses Termins rechtsverbindlich verzichtet hätte. Ebenso wenig hat die Beklagte nachvollziehbar dargelegt, dass dieser Termin aufgrund von Sonderwünschen der Klägerin nicht mehr haltbar gewesen wäre. Da die Klägerin das Vertragsobjekt am 1. April 2012 unstreitig nicht erhalten hatte, beginnt deshalb an diesem Tag der Verzug der Beklagten mit der Erfüllung der Übergabepflicht.

bb)

Dieser Verzug dauerte bis zum 20. Juli 2012 fort.

Vor dem 20. Juli 2012 hatte die Beklagte die werkvertragliche Komponente ihrer Übergabepflicht nicht erfüllt, die darin besteht, das Vertragsobjekt bezugsfertig herzustellen.

Der Sachverständige B…, den die Parteien gemeinsam beauftragt hatten, stellte in seinem Gutachten vom 30. Juli 2017 fest, dass das Parkett in der Wohnung erst ab dem 20. Juli 2012 bezugsfertig war, nachdem die von ihm zuvor festgestellten Mängel behoben waren (Anlage B 10). Diese Feststellungen sind zwischen den Parteien unstreitig.

cc)

Mit der Herstellung der Bezugsfertigkeit des Parketts ist der Verzug der Beklagten analog § 187 Abs. 1 BGB ab dem Folgetag, also dem 21. Juli 2012, weggefallen. Von diesem Tag an war die Beklagte weder mit der werkvertraglichen Komponente ihrer Verpflichtung (bezugsfertige Herstellung) in Verzug noch mit der kaufvertraglichen Komponente (Übergabe der Wohneinheit).

Im Einzelnen:

(1)

Die Beklagte war nach dem 21. Juli 2012 mit der werkvertraglichen Komponente ihrer Vertragspflicht nicht weiter in Verzug. Denn sie hatte die Wohneinheit nicht nur in Bezug auf das Parkett, sondern insgesamt abnahmereif hergestellt.

Weitere wesentliche Mängel, die der Bezugsfertigkeit entgegen standen, gab es über den 20. Juli 2012 hinaus nicht mehr.

(a)

Insbesondere genügte die Wohnung 24 den vertraglichen Anforderungen an den Schallschutz. Dies hat das Landgericht festgestellt, ohne dass aufgrund von konkreten Anhaltspunkten Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen bestünden; sie sind für die Berufungsinstanz mithin bindend (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Landgericht hat für seine Feststellungen zu Recht auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. T… vom 16. August 2013 Bezug genommen. Dieses Gutachten steht dem Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen im vorliegenden Rechtsstreit gleich (§ 493 Abs. 1 ZPO), was das Landgericht zutreffend erkannt hat. Die Klägerin hat gegen die Feststellungen des Sachverständigen weder im Verlauf der ersten Instanz noch in der Berufungsbegründung konkrete Einwendungen erhoben.

Es ist unerheblich, falls der vertragsgemäße Schallschutz erst dadurch hergestellt worden sein sollte, dass die Beklagte nachträglich die Schallschutzstreifen eingebaut hat, die im Juli 2012 noch nicht vorhanden waren (vgl. das Gutachten B … vom 30. Juli 2012, Anlage B 10). Dies trägt die Klägerin erstmalig in ihrem Schriftsatz vom 10. April 2018 so vor. Selbst wenn dies zutreffen sollte, hätte dieser Umstand der Bezugsfertigkeit nicht entgegen gestanden. Diese Streifen sind lediglich unter den Sockelleisten des Parketts einzubauen (Anlage B 10, S. 10), zudem entstanden hierdurch offenbar nur Kosten in Höhe von 1.500,- € (Schriftsatz des Klägervertreters vom 10. April 2018, S. 3), sodass ihr Fehlen die Bezugsfertigkeit der Wohneinheit nicht hindert.

(b)

Die Abnahmereife scheitert nicht daran, dass die Beklagte kein Gutachten, keinen Prüfbericht oder Ähnliches präsentierte, wodurch die Einhaltung des Schallschutzes dokumentiert wird. Ein Bauträger schuldet im Rahmen seiner Bauerrichtungspflicht im Grundsatz nur die Erbringung einer Bauleistung, die den vertraglichen Vorgaben genügt. Er muss nicht zusätzlich auch einen Nachweis dafür erbringen, dass er diese Vorgaben eingehalten hat. Für eine solche Pflicht eines Bauträgers oder Werkunternehmers gibt es keine Grundlage im Gesetz. Danach ist es ausreichend, wenn der Erwerber beim Abnahmetermin die Gelegenheit erhält, die Leistung zu prüfen – ggf. unter Heranziehung eines von ihm beauftragten Sachverständigen. Gerade wenn der Erwerber an der Vertragsgemäßheit der Leistung des Bauträgers zweifelt, könnte seinem Prüfinteresse durch einen vom Bauträger zu beschaffenden Nachweis in der Regel gar nicht genüge getan werden. Denn der Wert einer Bestätigung von technischer Mangelfreiheit wird maßgeblich durch die Unabhängigkeit des Bestätigenden begründet. Genau an dieser Unabhängigkeit wird der Erwerber bei einem vom Bauträger vorgelegten Nachweis aber häufig zweifeln.

Daraus folgt: Legt der hierzu nicht verpflichtete Bauträger bei der Abnahme keinen Nachweis für die technische Mangelfreiheit seiner Leistung in einem bestimmten Punkt vor, muss der Besteller die Werkleistung selbst untersuchen lassen und bis zum Abschluss der Untersuchung entweder die Abnahme verweigern oder sich jedenfalls die Abnahme des von ihm befürchteten Mangelsymptoms vorbehalten, um insoweit nicht die Beweislast zu übernehmen. Anderes mag dann gelten, wenn die Parteien ausdrücklich vereinbart haben, dass der Bauträger in einem bestimmten Punkt nicht nur eine Bauleistung gemäß den anerkannten Regeln der Technik, sondern eine bestimmte Form des Nachweises dieser Regelkonformität schuldet.

Im vorliegenden Fall ist eine dahingehende Vereinbarung zwischen den Parteien in Bezug auf den Schallschutz aber nicht vorgetragen.

(c)

Schließlich dauert der Verzug der Beklagten auch nicht aus dem Grund über den 20. Juli 2012 hinaus fort, weil sie mit der Klägerin keinen Abnahmetermin durchgeführt hätte. Zwar gehört es zur vollständigen Erfüllung der werkvertraglichen Komponente der Übergabepflicht, dass der Bauträger dem Erwerber die Durchführung eines Abnahmetermins anbietet bzw. diesen durchführt. Denn der Erwerber muss die Möglichkeit erhalten, die Bauleistung des Bauträgers dahin zu überprüfen, ob sie überhaupt abnahmereif sind bzw. welche Mängel vorliegen. Nur dann ist der Erwerber in der Lage, einen eventuellen Mängeleinbehalt von der Bezugsfertigkeitsrate zu berechnen (vgl. BGH Urteil vom 27. Oktober 2011, VII ZR 84/09), wozu er wiederum in der Lage sein muss, um bei einem bezugsfertigen aber mangelhaften Kaufgegenstand den Bauträger unter Angebot der geminderten Rate in Verzug setzen zu können.

Im vorliegenden Fall ist die Beklagte dem aber nachgekommen. Sie hat mit der Klägerin sogar zwei Abnahmetermine durchgeführt, nämlich am 3. April 2012 und am 15. Juni 2012. Die Klägerin konnte deshalb die Bauleistung der Beklagten bewerten und entscheiden, ob sie abnehmen und in welcher Höhe sie ggf. einen Mängeleinbehalt vornehmen möchte. Das hat die Klägerin selbst durch ihre Mail vom 20. Juni 2012 bestätigt, wo sie der Beklagten mitteilt, die Abnahme zu erklären, wenn der Parkettsachverständige feststellen sollte, dass keine Mängel am Parkett vorliegen sollten (Anlage B 9). Vor diesem Hintergrund musste die Beklagte mit der Klägerin nach dem Gutachten des Parkettsachverständigen nicht noch einen weiteren Abnahmetermin durchführen. Dies gilt erst recht, nachdem auch noch der Gerichtssachverständige im selbständigen Beweisverfahren zwischen den Parteien (Landgericht Berlin, 27 OH 4/12) in seinem Gutachten vom 16. August 2018 bestätigt hatte, dass auch der von der Klägerin befürchtete weitere Mangel am Schallschutz der Wohneinheit nicht besteht.

(2)

Ab dem 20. Juli 2012 war die Beklagte auch nicht mit dem kaufvertraglichen Bestandteil ihrer Pflicht in Verzug, nämlich der Pflicht, die bezugsfertige Wohneinheit Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises der Klägerin zu übergeben.

(a)

Zwar steht fest, dass die Beklagte in dem gesamten Zeitraum ab April 2012 nicht oder nicht uneingeschränkt zur Übergabe der Wohneinheit an die Klägerin bereit war. Bis zum September 2012 war es die Beklagte nur gegen Zahlung von weiteren 148.452,15 €, was sie in ihrem Schreiben vom 2. August 2012 der Klägerin ausdrücklich so mitteilte (Anlage K 18). Nach ihrem Rücktritt vom Bauträgervertrag im September 2012 war die Bereitschaft der Beklagten wohl vorübergehend vollständig entfallen, weil sie davon ausging, der Vertrag habe sich in ein Rückgewährschuldverhältnis gewandelt. Zum Gesinnungswandel kam es bei der Beklagte offenbar erst, nachdem ihre Klage auf Rückabwicklung des Bauträgervertrags rechtskräftig abgewiesen war.

Obgleich die Beklagte damit eine vertragliche Pflicht nach Erreichen des verbindlichen Leistungszeitpunkts (31. März 2012) auch nach dem 20. Juli 2012 nicht erfüllte, hat sie den damit grundsätzlich fortdauernden Verzug aber nicht zu vertreten (§ 286 Abs. 4 BGB). Denn die Klägerin hat ihr die Zug um Zug gegen Übergabe geschuldeten Zahlungen nicht in Annahmeverzug begründender Weise angeboten, sodass zugunsten der Beklagten die verzugshindernde Einrede des § 320 Abs. 1 BGB bestand.

(b)

Betrachtet man aus Gründen der Vereinfachung und zugunsten der Klägerin nur den Kaufpreis für die Wohnung 24 und lässt die beiden Stellplätze außer Acht, so ergibt sich, dass die Klägerin der Beklagten zumindest die Herstellung eines Zahlungsstands von rund 608.000,- € hätte anbieten müssen.

Ausgehend von einem vollen Kaufpreis für die Wohnung von 671.365,- € ermittelt sich dieser Betrag wie folgt:

Wegen fortbestehender Restmängel war die Fertigstellungsrate von 3,5 % noch nicht zur Zahlung fällig (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011, VII ZR 84/09), die Bezugsfertigkeitsrate hingegen schon, weil die Wohnung objektiv keine wesentlichen Mängel aufwies und also abnahmereif und bezugsfertig war. Allerdings war die Klägerin außerdem zum Einbehalt eines Kaufpreisanteils von 5 % als Erfüllungssicherheit gemäß § 632a Abs. 3 S. 1 BGB bzw. Abschnitt V.2.1 des Bauträgervertrages berechtigt. Zu diesem Sicherheitseinbehalt ist die Klägerin so lange berechtigt, wie der Sicherungszweck nicht weggefallen ist. Dieser Sicherungszweck besteht mindestens bis zum Tag des rechtskräftigen Abschlusses des vorliegenden Rechtsstreits fort. Denn die Sicherheit nach § 632a Abs. 3 S. 1 BGB sichert den Erwerber des Bauträgervertrags für die rechtzeitige Herstellung des Werks ohne wesentliche Mängel. Damit sind auch Ansprüche des Erwerbers auf Schadensersatz wegen Verzugs des Bauträgers oder Vertragsstrafe vom Sicherungszweck erfasst. Da die Beklagte den Kaufgegenstand nicht termingerecht übergeben hat und der Klägerin deshalb derartige Ansprüche gegen die Beklagte zustehen – wenn auch nicht in der stark überzogenen Höhe ihrer Klageforderung – ist sie weiterhin zum Sicherheitseinbehalt berechtigt.

Außerdem ist die Klägerin zum Einbehalt eines Teils der Bezugsfertigkeitsrate wegen der fortbestehenden Mängel berechtigt. Dieser beläuft sich maximal auf weitere 6.000,- €. Die bei der Abnahme von der Klägerin gerügten Mängel (vgl. Anlage K 13, zusammen gestellt im Schriftsatz der Beklagten vom 31. Mai 2016, S. 7)) betreffen neben der Parkettproblematik nur Kleinigkeiten. Die Beklagte hat vorgetragen, der durch die Beseitigung entstehende Aufwand belaufe sich auf 300,- € (vgl. a.a.O.). Dies ist bis zum Termin in der zweiten Instanz unstreitig geblieben, worauf der Senat die Klägerin hingewiesen hat. Wenn man diesen Betrag für etwas zu gering erachtet und zugunsten der Klägerin – auch wegen der vielleicht erforderlichen Schallschutzstreifen (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 10. April 2018, S. 13 f) – gemäß § 287 Abs. 1 ZPO das Zehnfache ansetzt – also 3.000,- € -, ergäbe sich ein Einbehalt von 6.000,- €. Ein höherer Mängeleinbehalt erscheint dem Senat auf Grundlage des Vorbringens der Klägerin als ausgeschlossen.

(c)

Es errechnet sich ein von der Klägerin Zug um Zug gegen Übergabe der Wohnung geschuldeter Zahlungsstand von 671.365,- € x 0,915 = 614.298,97 € – 6.000,- € = 608.298,97 €.

(d)

Demgegenüber hatte die Klägerin nur 525.768,74 € auf den Kaufpreis für die Wohnung 24 gezahlt. Daneben hatte sie die Schlussrate von 24.495,28 € hinterlegt, aber nicht an die Beklagte gezahlt.

In den hier zu untersuchenden Jahren 2012 und 2013 hat die Klägerin somit keine Zahlungen in der Zug um Zug geschuldeten Höhe an die Beklagte geleistet und auch nicht in dieser Höhe angeboten. Vielmehr hat sie nach dem Juli 2012 die Fälligkeit bzw. Einredefreiheit von fünfter und sechster Kaufpreisrate unter Verweis auf angebliche Mängel explizit in Abrede gestellt (vgl. Anlage K 19, S. 4). Die Behauptung der Klägerin in der Klageschrift (S. 16), sie habe sich zu einem unbestimmten Zeitpunkt “bereit erklärt”, “30.000,- € mehr zu zahlen” ist kein ausreichender Vortrag, denn “30.000,- € mehr” als die gezahlten 526.000,- € wären immer noch kein Angebot einer ausreichenden Zahlung gewesen.

Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 10. April 2018 in Reaktion auf den Hinweis des Senats vom 6. März 2018 erstmals vorträgt, ihr Vater habe auf Vermittlung des Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten nach dem 5. Dezember 2012 ein Gespräch mit dem Vorstand der Beklagten geführt, bei dem “selbstverständlich” die “vollständige Bezahlung des Kaufpreises” “angeboten worden” sei (S. 17 f), steht auch damit ein den Annahmeverzug begründendes Zahlungsangebot der Klägerin nicht fest. Denn aus dem unklaren Vortrag der Berufungsklägerin ergibt sich nicht unmissverständlich, dass die Klägerin einen Betrag in der geschuldeten Höhe von rund 608.000,- € Zug um Zug gegen Übergabe der Wohnung anbot und dass dieses Angebot nicht wieder nur unter der Prämisse der Beseitigung sämtlicher von ihr befürchteter Mängel stand. Vielmehr ergibt sich aus dem weiteren von der Klägerin selbst vorgelegten Schriftverkehr umgekehrt, dass eine solche Zahlungsbereitschaft bei ihr tatsächlich nicht vorhanden war: Denn nachdem ihr die Beklagte im Anschluss an das Gespräch die aus ihrer Sicht zu leistenden Zahlungen bezifferte (Anlage K 53), zeigte sich die Klägerin eben nur zu einer Zahlung von weiteren rund 50.000,- € bereit (vgl. ihre Mail vom 6. Februar 2013, Anlage K 54), was ein zu geringer Betrag war und die Beklagte weiterhin zur Einrede nach § 320 BGB berechtigte.

(e)

Dass die Beklagte ihrerseits von der Klägerin Zug um Zug gegen Übergabe eine zu hohe Zahlung forderte (148.452,15 € in ihrem Schreiben vom 2. August 2012, Anlage K 18), ist unerheblich. Die auf diese Zuvielforderung gestützte Weigerung zur Übergabe führt zwar im Grundsatz zum Verzug der Beklagten. Erst recht ist dieser Verzug durch die unbedingte Verweigerungshaltung der Beklagten nach dem vermeintlichen Rücktritt vom Vertrag grundsätzlich gegeben. Ein Verzugsschadensanspruch zugunsten der Klägerin resultiert hieraus aber erst dann, wenn sie ihrerseits ihre gegenläufige Verpflichtung erfüllt oder dies anbietet. Daran fehlt es.

Entgegen der Ansicht der Klägerin (Schriftsatz vom 10. April 2018, S. 8 f) ergibt sich aus dem Urteil des BGH vom 6. Dezember 1991 (V ZR 229/90, BGHZ 116, 244) nicht, dass unabhängig von einem Zahlungsangebot der Klägerin allein das fehlende Angebot der Beklagten, eine formelle Abnahme durchzuführen, ihren Verzug begründet. Zwar verlangt der BGH in diesem Urteil vom Verkäufer eines Grundstücks das den Annahmeverzug begründende Angebot der Auflassung als Voraussetzung des Schuldnerverzugs (Rz 17 ff). Die Klägerin übersieht aber, dass in jenem Fall anders als vorliegend der Verkäufer des Grundstücks Gläubiger des auf den Schuldnerverzug gestützten Anspruchs war. Er war mithin in der Position, in der sich im vorliegenden Rechtsstreit die Klägerin befindet. Wenn es die notwendige Bedingung für ihren Anspruch aus §§ 280, 286 BGB ist, dass sie ihre Leistung (hier: nicht Grundstück, sondern Geld) in Annahmeverzug begründender Weise der Beklagten angeboten hat, so deckt sich dies folglich mit dem Urteil des BGH.

dd)

Möglicherweise lebte der Verzug der Beklagten mit der Übergabe der Wohnung 24 im Jahr 2015 wieder auf. Denn nachdem die Klägerin am 23. September 2015 rund 76.000,- € und am 2. Dezember 2015 weitere rund 73.000,- € an die Beklagte geleistet hatte (Schriftsatz der Beklagten vom 31. Mai 2016, S. 3), übergab ihr diese die Wohneinheit erst am 17. Dezember 2015 (Klageschrift, S 21). Mit diesen beiden Zahlungen könnte – insbesondere wenn auch die Klägerin ihrerseits keine Verzugszinsen schuldete – ein hinreichender Zahlungsstand erreicht worden sein, der analog § 187 Abs. 1 BGB bereits mit Wirkung vom 3. Dezember 2015 zum Wegfall der Einrede der Beklagten aus § 320 BGB geführt hat. Diese Frage kann hier aber offen bleiben, da die Klägerin mit ihrer Klage Schadensersatz nur wegen der in den Jahren 2012 und 2013 angeblich erlittenen Verzugsschäden geltend macht.

c)

Durch den Verzug der Beklagten mit der Übergabe der Wohnung vom 1. April 2012 bis zum 20. Juli 2012 ist der Klägerin ein Schaden von 10.620,45 € entstanden.

Der auf Ersatz des Verzugsschadens gerichtete Schadensersatzanspruch der Klägerin zielt darauf ab, die Klägerin so zu stellen, wie sie stünde, wenn die Beklagte ihr den Kaufgegenstand termingerecht, also spätestens am 31. März 2012 übergeben hätte. Es ist folglich zu prüfen, welche geldwerten Nachteile der Klägerin aus dem Verzug entstanden sind und wie diese Nachteile zu bewerten sind. Dabei darf ein und derselbe Nachteil nicht mehrfach in Ansatz gebracht werden. Daraus folgt:

aa)

Während des Verzugs der Beklagten konnte die Klägerin den Kaufgegenstand – die Wohnung 24 und die beiden Stellplätze – nicht nutzen. Deshalb hat die Beklagte der Klägerin Schadensersatz für die Vorenthaltung dieses “physischen Nutzwerts” des Vertragsobjekts zu leisten. Dieser vorenthaltene physische Nutzwert kann durch den Erwerber eines Bauträgervertrags auf unterschiedliche Weise beziffert werden:

  • Wenn und soweit sich der Erwerber veranlasst sehen durfte, Kosten für Ersatzmaßnahmen aufzuwenden, stellen diese Kosten seinen Schaden dar (materieller Schadensersatz).
  • Unabhängig von der Entstehung solcher Kosten kann der Erwerber allein wegen der Vorenthaltung der Wohneinheit eine Nutzungsausfallentschädigung geltend machen, sofern sich die Vorenthaltung der Nutzungsmöglichkeit fühlbar auf seine Lebensführung ausgewirkt hat. Davon ist dann auszugehen, wenn dem Erwerber während des Verzugs kein in etwa gleichwertiger Wohnraum zur Verfügung stand (immaterieller Schadensersatz bzw. Nutzungsentschädigung vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2014, VII ZR 172/13, BGHZ 200, 203; Urteil vom 8. Mai 2014, VII ZR 199/13; Beschluss vom 9. Juli 1986, GSZ 1/86, BGHZ 98, 212).
  • Außerdem kann der Bauträgervertrag für die verspätete Übergabe der Wohneinheit eine Vertragsstrafe vorsehen (Vertragsstrafe).

Zu einer weiteren denkbaren Möglichkeit vgl. unten cc) (5).

Weil die hier genannten drei Möglichkeiten auf die Abgeltung ein und desselben Nachteils abzielen – nämlich den Nachteil der vorenthaltenen physischen Nutzungsmöglichkeit der Wohnung – kann der Erwerber die sich nach den unterschiedlichen Modellen jeweils errechnenden Beträge nicht kumulieren. Vielmehr sind diese Beträge aufeinander anzurechnen. Nur der höchste Betrag, der sich nach einem dieser Modelle errechnet, ist durchsetzbar (zur Anrechnung des materiellen Schadensersatzes auf die Nutzungsentschädigung vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2014, VII ZR 172/13, BGHZ 200, 203, Rz 14; Urteil vom 8. Mai 2014, VII ZR 199/13, Rz 27; zur Anrechnung von materiellem Schadensersatz bzw. Nutzungsentschädigung auf die Vertragsstrafe vgl. §§ 341 Abs. 2, 340 Abs. 2 BGB).

bb)

Der Klägerin ist durch die Vorenthaltung des physischen Nutzwerts des Vertragsobjekts in der Verzugsphase vom 1. April 2012 bis zum 20. Juli 2012 des Kaufgegenstands ein Schaden von 9.690,67 € entstanden.

Auf diesen Betrag beläuft sich der Wert des Nutzwerts der Wohnung 24 und der beiden Stellplätze in diesem Zeitraum. Die Klägerin ist für diese entgangene Nutzungsmöglichkeit zu entschädigen, da sie die Wohnung selbst nutzen wollte und als Ersatz nur eine wesentlich kleinere Wohnung angemietet hatte. Die Vorenthaltung der Nutzungsmöglichkeit war mithin für sie “fühlbar” (BGH, Urteil vom 20. Februar 2014, VII ZR 172/13, BGHZ 200, 203; Urteil vom 8. Mai 2014, VII ZR 199/13; Beschluss vom 9. Juli 1986, GSZ 1/86, BGHZ 98, 212).

(1)

Der Senat bewertet die Nutzungsmöglichkeit der Wohnung 24 mit 13,- € pro Quadratmeter. Ihm sind die Mietpreise für Immobilien wie der hier umstrittenen Wohneinheit in vergleichbaren Lagen in etwa bekannt, der Vorsitzende des Senats hat zuletzt im Jahr 2014 eine eigene Wohnung in vergleichbarer Berliner Lage vermietet. Diese Marktkenntnis ist ausreichend, um den Nutzungswert für die hier in Rede stehende Wohnung in freier Überzeugung gemäß § 287 Abs. 1 ZPO bestimmen zu können, denn auch eine Immobilienbewertung durch einen Sachverständigen erbringt lediglich Preisspannen, die mit einigen Unsicherheiten behaftet sind, wie der Senat in mehreren vergleichbaren Prozessen erfahren durfte. Hinzu kommt, dass die hier gesuchte Nutzungsentschädigung mit der ortsüblichen Miete genau genommen nicht einmal gleich zu setzen ist, sondern um die – letztlich fiktive – “Gewinnspanne des Vermieters” zu reduzieren sein soll (vgl. Pause, Bauträgerkauf, 6. Auflage, 2018, Rz 546), wodurch weitere Unschärfen entstehen.

Den vom Landgericht für das Jahr 2012 mit 13,- € pro m² angesetzten Betrag hält der Senat vor diesem Hintergrund für angemessen und setzt ihn ebenfalls nach freier Überzeugung gemäß § 287 Abs. 1 ZPO in dieser Höhe fest. Bei einer Wohnfläche von 190,7 m² errechnet sich für die gesamte Wohneinheit ein Tagessatz der Nutzungsentschädigung von 82,63 €, für die 111 Tage des Verzugs mithin ein Gesamtbetrag von 9.172,67 €.

(2)

Daneben kann die Klägerin auch Nutzungsentschädigung für die Vorenthaltung der beiden Tiefgaragenstellplätze beanspruchen. In Anbetracht des knappen Parkraums in Berlin hat die Klägerin auch insoweit eine “fühlbare” Beeinträchtigung erlitten (vgl. Pause, Bauträgerkauf, 6. Auflage, 2018, Rz 544). Der Senat hält auch hier die Bewertung des Landgerichts mit insgesamt 140,- € pro Monat für überzeugend (§ 287 Abs. 1 ZPO). Es errechnet sich ein Tagessatz für die Entschädigung von 4,67 €, für die 111 Tage des Verzugs mithin ein Gesamtbetrag von 518,- €.

(3)

Die Nutzungsentschädigung für den Kaufgegenstand insgesamt beläuft sich somit auf 9.172,67 € + 518,- € = 9.690,67 €.

(4)

Die Klägerin muss sich nicht den Umstand als Vorteil anrechnen lassen, dass sie in dem Zeitraum der entgangenen Nutzung des Vertragsobjekts nicht mit dem Wohngeld belastet war. Denn die vom Senat nach freiem Ermessen festgesetzte Entschädigung versteht sich als das geldwerte Äquivalent der reinen Nutzungsmöglichkeit des Kaufgegenstands ähnlich einer Nettomiete. Durch das Wohngeld hingegen werden die Nebenkosten des Wohnens (Strom, Wasser, Heizung, Müllentsorgung etc.) abgegolten. Insoweit hat der Erwerber durch die Vorenthaltung der Nutzungsmöglichkeit aber keinen anzurechnenden Vorteil erzielt. Hat er eine Ersatzwohnung angemietet, musste er entweder auch dort Nebenkosten an den Vermieter zahlen oder diese Nebenkosten waren im Zweifel in die Miet- oder Übernachtungskosten eingepreist. Wenn er bei Eltern oder Verwandten kostenfrei gewohnt haben sollte, dann wollten diese ihm nahestehenden Personen durch die Kostenübernahme nicht den Bauträger entlasten, sodass die Anrechnung dieses Vorteils bei der hier anzustellenden wertenden Betrachtung ebenfalls nicht geboten ist (vgl. Grüneberg in: Palandt, BGB, 77. Auflage, 2018, vor § 249 BGB, Rz 70 m.w.N.).

cc)

Neben dieser Nutzungsentschädigung steht der Klägerin kein Schadensersatz wegen der Vorenthaltung des physischen Nutzwerts des Kaufgegenstands zu. Der Klägerin sind hierdurch zwar Kosten in Höhe von 5.757,47 € entstanden, diese sind aber auf die Nutzungsentschädigung anzurechnen. Der hierauf gestützte Verzugsschaden in Höhe von 9.690,67 € wird hierdurch nicht erreicht und also nicht weiter erhöht.

Die Höhe des insoweit anzurechnenden Schadensersatzes ermittelt sich wie folgt:

(1)

Der Klägerin steht Schadensersatz für die Kosten zu, die ihr durch Anmietung einer Ersatzwohnung entstanden sind. Diese belaufen sich nach ihrem Vortrag auf 650,- € pro Monat. Wegen der einmonatigen Kündigungsfrist (vgl. § 2 des Mietvertrags, Anlage K 31) ist diese Miete für die Monate April bis einschließlich August 2012 erstattungsfähig, es errechnet sich ein ersatzfähiger Schaden von 5 x 650,- € = 3.250,- €. Darüber hinaus sind die Kosten für die Anmietung der Ersatzwohnung nicht erstattungsfähig, wobei sich der geltend gemachte Mehrbetrag – soweit ersichtlich – daraus ergibt, dass die Klägerin diese Kosten auch für den Zeitraum nach dem 20. Juli 2012 geltend macht.

(2)

Soweit die Klägerin vorträgt, ihr sei für die Verlängerung ihres Ersatzmietvertrags über den 31. März 2012 hinaus eine weitere Maklerprovision von 348,07 € entstanden (Anlage K 32), ist auch dieser Betrag erstattungsfähig.

(3)

Die Klägerin hat außerdem Anspruch auf die Kosten der Einlagerung ihrer Möbel. Diese Kosten musste sie aufwenden, weil ihre kleine Ersatzwohnung im Verzugszeitraum nicht groß genug war, um ihren gesamten Hausstand aufzunehmen, während dies im Kaufgegenstand im Zweifel möglich gewesen wäre. Mithin war die Klägerin veranlasst, eine Lagermöglichkeit anzumieten. Allerdings kann sie auch hier nur die Kosten ersetzt verlangen, die ihr in den Monaten April bis einschließlich August 2012 entstanden sind, also 5 x 263,88 € = 1.319,40 €. Lagerkosten (vgl. Anlage K 33), die ihr danach entstanden sind, sind nicht erstattungsfähig.

(4)

Die Kosten, die der Klägerin für die Unterbringung von Gästen entstanden sind, hat die Beklagte in Höhe von 840,- € zu ersetzen. Wäre der Klägerin ihre Wohnung termingerecht übergeben worden, hätte sie Gäste, in diesem Fall ihre Schwiegermutter, nicht in einem Hotel unterbringen müssen, sondern selbst beherbergen können. Allerdings sind nur die Kosten der Übernachtung vom 21. bis zum 28. Juni 2012 erstattungsfähig, die übrigen Aufenthalte lagen nicht im Verzugszeitraum, sondern danach (Anlage K 38).

(5)

Zinsen, die die Klägerin im Verzugszeitraum auf ein Darlehen zu zahlen hatte, dass sie zur Finanzierung ihrer Wohnung aufgenommen hat, sind nicht erstattungsfähig, wenn die Darlehensvaluta bereits ausgezahlt war. Denn solche Zinsen wären einem Erwerber auch bei termingerechter Übergabe des Vertragsobjekts entstanden. Dass bei verspäteter Übergabe den Zinszahlungen nicht durchgängig die Nutzungsmöglichkeit der Wohnung gegenüber steht, ist unerheblich. Entscheidend ist allein, dass sich die Gesamtzinsbelastung des Erwerbers nicht erhöht hat und die Zinsen nicht vergeblich aufgewendet sind, denn der Bauträgervertrag wird im Ergebnis durchgeführt und muss also finanziert werden. Wenn aus Sicht eines Erwerbers die Zinsbelastung durch ein Darlehen sich gewissermaßen als Gegenwert der Nutzungsmöglichkeit der Wohneinheit darstellt, kommt es vielleicht in Betracht, diese Nutzungsmöglichkeit mit der Höhe dieser Zinsen zu bewerten. Dies wäre eine alternative Methode zu der hier gewählten Ermittlung des Wohnwerts anhand des Mietpreisniveaus (vgl. oben aa)). Genau aus diesem Grund kann die Klägerin aber nicht kumulativ nach beiden Berechnungsarten Schadensersatz beanspruchen. Da die Nutzungsentschädigung nach Mietpreisniveau höher ist als die von der Klägerin geltend gemachte monatliche Zinsbelastung durch ihre im Verzugszeitraum bereits ausgezahlten Darlehen, ermittelt sich auf diesem Wege keine weitere ersatzfähige Schadensposition.

(6)

Anders verhält es sich bei Bereitstellungszinsen, die dem Erwerber vor der Auszahlung eines Finanzierungsdarlehens entstehen. Dazu unten ee) (1).

(7)

Der begründete Gesamtbetrag der Positionen (1) bis (6) beläuft sich auf 5.757.47 €. Da der Schadensersatzanspruch insoweit ebenfalls die Vorenthaltung der physischen Nutzungsmöglichkeit abgilt, ist er auf die Nutzungsentschädigung anzurechnen. Der Klägerin steht daher insoweit kein weiterer Anspruch zu.

dd)

Die Klageforderung erhöht sich ebenfalls nicht weiter wegen der Vertragsstrafe bzw. Schadenspauschale gemäß Abschnitt III.5 des Bauträgervertrags (Anlage K 1). Zwar hat die Klägerin durchaus Anspruch auf diese taggenau abzurechnende Vertragsstrafe für den Verzugszeitraum vom 1. April 2012 bis zum 20. Juli 2012, also für 111 Tage. Aus der vereinbarten Höhe von 10,- €/m² und der Wohnfläche von 190,7 m² (Abschnitt III.2 des Bauträgervertrages) errechnet sich ein Tagessatz dieser Vertragsstrafe von 63,57 €/m². Dies führt zu einer Vertragsstrafe von insgesamt 7.055,90 €, die aber ebenfalls auf die Nutzungsentschädigung anzurechnen ist (§§ 341 Abs. 2, 340 Abs. 2 BGB). Da diese höher ist, erhöht sich die Klageforderung nicht weiter.

ee)

Erhält der Erwerber eines Bauträgervertrags den Kaufgegenstand nicht termingerecht, können ihm dadurch auch Nachteile entstehen, die über die Vorenthaltung des physischen Nutzwerts der Wohneinheit hinausgehen. Insoweit kann ihm ein Verzugsschadensersatzanspruch (§§ 280, 286 BGB) zustehen, der nicht auf eine eventuelle Nutzungsentschädigung oder eine Vertragsstrafe anzurechnen ist. Im vorliegenden Fall beläuft sich dieser weitere Schaden der Klägerin auf 929,78 €. Soweit die Klägerin wegen dieser weiteren Nachteile einen höheren Betrag geltend macht, hat ihre Klage keinen Erfolg.

(1)

Die Beklagte hat der Klägerin Bereitstellungszinsen in Höhe von 623,60 € zu ersetzen. Ein weiter gehender Anspruch auf Erstattung von Bereitstellungszinsen besteht nicht. Bereitstellungszinsen können einem Darlehensnehmer dann von seiner finanzierenden Bank berechnet werden, wenn er das vereinbarte Darlehen nicht im vereinbarten Zeitraum, sondern erst später abruft. Die Bereitstellungszinsen werden dann typischerweise für den Zeitraum zwischen vorgesehenem und tatsächlichem Abruf erhoben. Durch sie erhöht sich die Gesamtbelastung des Darlehensnehmers, denn die Bereitstellungszinsen entstehen vor dem Abruf des Darlehens und haben keinen Einfluss auf die nach dem Abruf in der vereinbarten Zinsbindungsphase entstehenden Vertragszinsen.

Daraus folgt: Ruft der Erwerber das Darlehen erst bei Übergabe des Kaufobjekts ab und verschiebt sich diese Übergabe aufgrund des Verzugs des Bauträgers, dann handelt es sich bei den bis zum verspäteten Abruf entstehenden Bereitstellungszinsen um einen Nachteil, der verzugsbedingt ist und den der Bauträger zu erstatten hat – anders als die Zinsen, die der Erwerber nach Abruf eines Darlehens in einer etwaigen Verzugsphase zu zahlen hat (vgl. hierzu oben cc) (5)). Die Bereitstellungszinsen sind auch kein Nachteil, der unmittelbar aus der Vorenthaltung der physischen Nutzungsmöglichkeit der Wohnung folgt, sondern sie sind unmittelbare Folge der Vertragsgestaltung des Finanzierungsdarlehens. Deshalb kann der Erwerber den Ersatz verzugsbedingter Bereitstellungszinsen anders als die oben unter cc) behandelten Schadenspositionen neben der Nutzungsentschädigung beanspruchen.

Im vorliegenden Fall belaufen sich die Bereitstellungszinsen, die der Klägerin im Verzugszeitraum entstanden sind, auf 623,60 €. Auszugehen ist von einem verzögert abgerufenen Darlehen von 67.416,56 €, einem Zinssatz von 3 % p.a. (vgl. Klageschrift S. 26 und Schriftsatz der Klägerin vom 14. Februar 2017, S. 2) und einem Zeitraum von 111 Tagen. Es errechnet sich der genannte Betrag.

(2)

Soweit die Klägerin Schadensersatz für Zinsen beansprucht, die ihr für bereits abgerufene Darlehen im Verzugszeitraum entstanden sind, steht ihr kein Anspruch zu, da diese Zinsen weder durch den Verzug der Beklagten bedingt sind noch zur Bewertung der entgangenen Nutzungsmöglichkeit des Kaufgegenstands heranzuziehen sind (vgl. oben cc) (5)).

(3)

Unbegründet ist die Klage auch insoweit, wie die Klägerin den Kursgewinn ersetzt verlangt, den sie angeblich realisiert hätte, wenn sie das Eigenkapital, das sie zur Finanzierung ihrer Wohnung aufgewendet hat, stattdessen in Wertpapiere investiert hätte. Dieser Betrag soll sich für die Jahre 2012 und 2013 auf 50.765,81 € (Klageschrift S. 27) + 18.439,65 € (Schriftsatz der Klägerin vom 29. Dezember 2016, S. 4) belaufen.

Diese Beträge hat die Beklagte nicht zu erstatten. Da sich die Beklagte mit der Übergabe der Wohnung in Verzug befand, kann die Klägerin nur beanspruchen, so gestellt zu werden, wie sie stünde, wenn die Beklagte die Wohnung termingerecht übergeben hätte. Dann hätte die Klägerin ihrerseits den Kaufpreis termingerecht zahlen müssen, hätte dafür ihr Eigenkapital einsetzen müssen und hätte es nicht in Wertpapieren anlegen können. Somit wären ihr im Soll-Szenario keine Kursgewinne entstanden. Sie kann sie deshalb auch nicht mit Erfolg als Schadensersatz geltend machen.

(4)

Kopierkosten, die der Klägerin im Rahmen der Auseinandersetzung mit der Beklagten entstanden sind, können gemäß §§ 280, 286 BGB erstattungsfähig sein. Da die Klägerin sie nicht im Einzelnen darlegt, erachtet sie der Senat gemäß § 287 Abs. 1 ZPO aber nur in Höhe von pauschal 30,- € für angemessen. Ein weitergehender Anspruch wegen der Erstattung von Kopierkosten besteht nicht. Bei dieser Position handelt es sich ebenfalls um Kosten, die der Klägerin nicht unmittelbar als Folge der Vorenthaltung der physischen Nutzungsmöglichkeit des Kaufgegenstands entstanden sind. Sie treten deshalb neben die Nutzungsentschädigung.

(5)

Die Kosten des Nachsendeauftrags für die Zeit ab dem 1. April 2012 in Höhe von 12,- € (Anlage 39) sind ersatzfähig, ebenfalls zusätzlich zur Nutzungsentschädigung.

 

(6)

Die Kosten des Parkett-Sachverständigen K… in Höhe von 264,18 € (Anlage K 40) sind jedenfalls im vorliegenden Fall gemäß §§ 280, 286 BGB ersatzfähig, da die Überprüfung des Parketts unstreitig für die Frage von Bedeutung war, wann die verzögert übergebene Wohnung nun bezugsfertig war. Vor der Beauftragung des Schiedsgutachters durfte sich die Klägerin veranlasst sehen, einen eigenen Sachverständigen zu beauftragen. Auch diese Schadensposition tritt neben die Nutzungsentschädigung.

(7)

Soweit die Klägerin die Kosten diverser Anschaffungen als Schaden geltend macht – Küchengegenstände, Sommerkleidung, Handtücher, “Allergiker-Ausstattung” etc. – hat die Klage keinen Erfolg. Selbst wenn es sich hierbei – wie von der Klägerin behauptet – ausschließlich um Zweitanschaffungen gehandelt haben sollte, die erforderlich wurden, weil sie den Großteil ihres Hausstands in Containern eingelagert hatte und dort nicht mit vertretbarem Aufwand erreichen konnte, wären diese Kosten nicht ersatzfähig. Denn es handelt sich hierbei um Haushaltsgegenstände, die einer regelmäßigen Abnutzung unterliegen und deshalb ohnehin in gewissen Abständen neu anzuschaffen sind. Der Zweitkauf ist aus diesem Grund im Zweifel nicht ausschließlich durch die verzögerte Übergabe der Wohnung, sondern zumindest auch durch das allgemeine Bedürfnis nach Ersatzbeschaffung veranlasst und deshalb nicht als Verzugsschaden ersatzfähig. Das hinsichtlich der hier in Rede stehenden Gegenstände ausnahmsweise etwas anderes gelten muss, hat die Klägerin nicht näher vorgetragen.

(8)

Wegen angeblich erhöhter Handykosten im Verzugszeitraum steht der Klägerin ebenfalls kein Schadensersatzanspruch zu. Angesichts der weit verbreiteten Pauschaltarife für Mobiltelefonie (“Flatrates”) ist es keineswegs selbstverständlich, dass der Klägerin höhere Telefonkosten entstanden sind, wenn sie im Verzugszeitraum keinen Festnetzanschluss unterhalten hat. Jedenfalls müsste die Klägerin zur Darlegung einer solchen Steigerung einen aussagekräftigen Vergleich ihrer Mobiltelefonrechnungen bei Bestehen und bei Nichtbestehen eines Festnetzanschlusses anstellen und müsste von einer so dargelegten Differenz sodann die ersparten Kosten des Festnetzanschlusses abziehen. Das ist nicht geschehen.

ff)

Die Höhe des Schadensersatzanspruchs der Klägerin ermittelt sich somit wie folgt:

  • Nutzungsentschädigung 9.690,67 €
  • Bereitstellungszinsen 623,60 €
  • Kopierkosten 30,00 €
  • Nachsendeauftrag 12,00 €
  • Parkett-Sachverständiger    264,18 €
  • Insgesamt: 10.620,45 €

d)

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 280, 286, 288 Abs. 1 BGB, wobei zu beachten ist, dass die in der Klageforderung enthaltenen Bereitstellungszinsen nicht nochmals zu verzinsen sind (§ 289 BGB).

2.

Aus Ziff. 1 ergibt sich, dass die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts unbegründet ist.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711.

4.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Einheitlichkeit der Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

 

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