Wer in Deutschland ein Haus oder Gebäude besitzt, hat eine Eigentumsgarantie, diese erfolgt in Form des Bestandsschutzes.
Bestandsschutz spielt in vielen Bereichen des Baurechts eine Rolle. Er ist gesetzlich nicht geregelt, sondern leitet sich aus der in Artikel 14 Absatz 1 Grundgesetz festgelegten Eigentumsgarantie ab.
Was ist Bestandsschutz?
Bestandsschutz bedeutet ganz allgemein, dass eine baulichen Anlage, die ursprünglich rechtmäßig errichtet worden ist, weiterhin erhalten bleibt, selbst wenn sie zum jetzigen Zeitpunkt in dieser Form nicht mehr errichtet werden dürfte. Ändert sich also die Gesetzeslage und die Anlage wäre nach dann geltendem Recht rechtswidrig, darf sie dennoch bestehen bleiben. Der Bestandsschutz erstreckt sich dabei auch auf die Nutzung der Anlage. Man unterscheidet näher zwischen aktivem und passivem Bestandsschutz.
Passiver Bestandsschutz zur Erhaltung des Bestehenden
Passiver Bestandsschutz ist ein Abwehrrecht des Eigentümers. Er bedeutet, dass die bauliche Anlage in der jetzigen Form erhalten bleiben und genutzt werden darf, auch wenn sie mittlerweile nicht mehr dem geltenden Recht entspricht. Er bewahrt die Anlage vor Maßnahmen der Bauaufsichtsbehörde wie beispielsweise einer Abrissverfügung. Passiver Bestandsschutz schützt also bereits Bestehendes. Die bauliche Anlage und deren Nutzung werden nicht deshalb rechtswidrig, weil sich die Rechtslage geändert hat. Voraussetzung ist aber, dass die Anlage ursprünglich rechtmäßig errichtet worden ist.
Aktiver Bestandsschutz nur in eingeschränktem Rahmen
Unter aktivem Bestandsschutz versteht man das Recht des Eigentümers, die Anlage trotz Änderung der Rechtslage zu verändern. Was genau darunter fällt, wurde von der Rechtsprechung mehrfach diskutiert. Übereinstimmend wird nun angenommen, dass aktiver Bestandsschutz für den Fall gilt, dass Maßnahmen durchgeführt werden, die dem Erhalt des Gebäudes dienen. Das beinhaltet Reparatur-, Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen. Allerdings umfasst der aktive Bestandsschutz keine Veränderungen der Anlage, die den Bestand erweitern. Auch kann nicht das alte Gebäude abgerissen und dafür ein Ersatzbau errichtet werden.
Wann entfällt der Bestandsschutz? – Grenzen des Bestandsschutzes
Die bauliche Anlage ist nur dann in ihrem Bestand geschützt, wenn sie tatsächlich und erkennbar genutzt wird. Ist es offensichtlich, dass dies nicht mehr der Fall ist, entfällt der Bestandsschutz. Das bedeutet nicht, dass der Eigentümer die Nutzung aufgegeben haben muss. Nach außen muss es lediglich so erscheinen. Wird das Gebäude nur kurze Zeit nicht genutzt, hat dies noch keine Auswirkungen auf den Fortbestand des Bestandsschutzes. Nutzt der Eigentümer die Anlage jedoch über einen längeren Zeitraum in der dafür vorgesehenen Form nicht, wird dies als offensichtliche Nutzungsaufgabe gewertet. Soll die Art der Nutzung geändert werden, muss entschieden werden, ob die Änderung wesentlich oder unwesentlich für die bauliche Anlage ist. Ist sie wesentlich, muss ein neues Baugenehmigungsverfahren durchlaufen werden. Bestandsschutz besteht dann gerade nicht mehr. Anders ist es, wenn Nutzungsänderungen nur unwesentlich für die bauliche Anlage sind. Dann ist sie weiterhin durch Bestandsschutz geschützt.
Anwendung im Rahmen bauaufsichtlicher Maßnahmen
Bestandsschutz findet immer dann Anwendung, wenn die Bauaufsicht gegen die nunmehr rechtswidrige Anlage vorgeht. Dies kann in der Form geschehen, dass die Bauaufsichtsbehörde den Abriss des Gebäudes anordnet. Diese sogenannte Abrissverfügung ist in den Bauordnungen der Länder geregelt. Sie kann dann verfügt werden, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften gegen die Errichtung der baulichen Anlage sprechen. Des weiteren kann die Bauaufsicht die Nutzung der Anlage untersagen. Diesen Verfügungen kann der Eigentümer der Anlage dann entgegenhalten, dass sie seinerzeit rechtmäßig errichtet wurde und deshalb durch Bestandsschutz geschützt ist. Diesen kann er durch das Einlegen eines Widerspruchs geltend machen. Dabei überprüft die zuständige Verwaltungsbehörde noch einmal alle alten und neu bekannt gewordenen Tatsachen und kann in diesem Rahmen auch den Bestandsschutz berücksichtigen. Hat der Widerspruch keinen Erfolg, kann der Eigentümer gegen die Anordnung Anfechtungsklage beim zuständigen Verwaltungsgericht erheben. Diese ist in der Verwaltungsgerichtsordnung geregelt. Um mit einer Anfechtungsklage erfolgreich zu sein, muss die Abrissverfügung oder Nutzungsuntersagung formell oder materiell rechtswidrig sein. Im Fall eines bestehenden Bestandsschutzes ist sie materiell rechtswidrig und wird somit den Kläger vor einer solchen Verfügung schützen.