LG Wiesbaden – Az.: 9 O 79/15 – Urteil vom 10.03.2016
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von elf Zehnteln des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Gewährleistungsbürgschaft auf Zahlung in Anspruch.
Die Klägerin erteilte der A GmbH (nachfolgend: A) unter dem 04.08.2010 den Auftrag zur Sanierung des Bestandsgebäudes X in Stadt1. Hinsichtlich des Kellergeschosses und der Grundmauern heißt es in der zugehörigen Baubeschreibung:
„Die Grundmauern und Keller der Gebäude werden auf Nässeschäden hin untersucht. Die horizontale und vertikale Abdichtung wird hinsichtlich ihrer Funktionsfähigkeit überprüft und bei Bedarf in einen den zeitgemäßen technischen Anforderungen entsprechenden Zustand versetzt.“
Bei der Abnahme des Werkes wurden klägerischerseits gegenüber der A Mängel gerügt. Hierüber verhält sich die zu den Gerichtsakten als Anlage K 3 gelangte Vereinbarung vom 19.09.2011. Hinsichtlich der vertraglich vereinbarten Gewährleistungseinbehalte übergab die A der Klägerin die streitgegenständliche Gewährleistungsbürgschaft der Beklagten über 39.618,34 EUR. Wegen deren Wortlauts und Inhalts wird auf die Anlage K 4 Bezug genommen. In der Folgezeit aufgetretener Baumängel wegen wandte sich die Klägerin, da die A zwischenzeitlich in Insolvenz fiel, an die Beklagte. Diese zahlte mit Rücksicht auf die von ihr übernommene Gewährleistungsbürgschaft an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 8.378,99 EUR. Die Kosten auszugleichen, die durch die Mauerwerkstrockenlegung entstehen und sich voraussichtlich auf 25.069,67 EUR belaufen werden, lehnte die Beklagte indes ab.
Die Klägerin behauptet und ist der Auffassung, durch die notwendigen Trockenlegungsarbeiten wegen zwischenzeitlich aufgetretener Feuchtigkeit der Kelleraußenwände würden Kosten in Höhe von 25.069,67 EUR entstehen. Hierfür habe die Beklagte als Bürgin einzustehen. Der Geschäftsführer der inzwischen insolventen A habe nämlich mittlerweile eingeräumt, dass ungeachtet der vertraglichen Verpflichtung von seiten der A seinerzeit keinerlei Feuchteprüfungen vorgenommen und dementsprechend auch keinerlei Mauerwerksertüchtigungen durchgeführt worden seien. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Trockenlegung der Kellerräume liege demnach ein Mangel vor, für welchen die Beklagte mit Rücksicht auf die von ihr übernommene Gewährleistungsbürgschaft einzustehen habe. Da die Beklagte mit der sie treffenden Zahlungsverpflichtung sich spätestens seit dem 22.11.2014 in Verzug befinde, habe sie auch die klägerischerseits angefallenen Rechtsverfolgungskosten zu tragen.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 25.069,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 22.11.2014 zu zahlen; die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Nebenkosten i. H. v. 1.474,89 EUR (= volle außergerichtlich angefallene Geschäftsgebühr) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie behauptet und ist der Auffassung, hinsichtlich der Feuchtigkeit der Kelleraußenwände liege kein Mangel, sondern in Wahrheit Nichterfüllung des Vertrages hinsichtlich der hier interessierenden Position vor. Da die Klägerin nach dem Wortlaut der von ihr vorgelegten Unterlagen auch in Besitz einer Erfüllungssicherheit sei, möge die Klägerin etwaige Aufwendungen zur Erreichung des Vertragsziels mit dem Vertragserfüllungsbürgen und nicht etwa mit ihr, der Beklagten, als dem Gewährleistungsbürgen abrechnen. Da die geschuldete Kellerabdichtung selbst nach dem Vortrag der Klägerin niemals erbracht worden sei, Mängelansprüche aber nur für fertiggestellte Arbeiten besichert seien, könne der Klage allein deshalb kein Erfolg beschieden sein. Im Übrigen werde beklagtenseits in Abrede gestellt, dass die A die Schlusszahlung in Höhe von 15.500,00 EUR jemals erhalten habe. Ohnehin sei sie, die Beklagte, auf Grund der Vereinbarung vom 19.09.2011 aus der von ihr übernommenen Bürgschaftsverpflichtung wieder freigeworden. Ob der hier interessierende Mangel seinerzeit gerügt worden sei oder nicht, spiele nämlich insoweit keine Rolle.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die zugehörigen Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klage ist zulässig, das angerufene Gericht insbesondere sachlich (§§ 23, 71 GVG) und örtlich (§ 17 ZPO) zuständig.
Die Klage ist indes unbegründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 25.069,67 EUR aus der streitgegenständlichen Bürgschaft gemäß § 765 Abs. 1 BGB zu.
Zwar hat die Beklagte für die Gewährleistungsansprüche der Klägerin gegen die A aus dem streitgegenständlichen Werkvertrag unter dem 04.04.2011 die hier interessierende Bürgschaft übernommen. Zahlung auf diese kann die Klägerin jedoch mangels Eintritts des Bürgschaftsfalls nicht verlangen. Denn nach ihrem Wortlaut umfasst die Bürgschaft nur Mängelansprüche nach VOB, Teil B, § 13, für bereits fertiggestellte und ohne Beanstandungen und Auflagen abgenommene Arbeiten. Hinsichtlich der streitbefangenen Kellerabdichtung entsprechend der vorzitierten vertraglichen Regelung fehlt es bereits an fertiggestellten Arbeiten, so dass es auf die Frage, ob die entsprechenden Arbeiten daneben auch beanstandungsfrei abgenommen worden seien, erst gar nicht ankommt.
Entgegen der Einschätzung der Klägerin kommt es bei der Beantwortung der Frage, was unter fertiggestellten Arbeiten im Sinne der Bürgschaftsurkunde vom 04.04.2011 zu verstehen ist, in erster Linie auf den Wortlaut des der Bürgschaft zugrunde liegenden Bauvertrages an. Dies folgt zum einen aus dem Wesen der Bürgschaft als eines akzessorischen Sicherungsmittels. Fertiggestellte Arbeiten im Sinne der Bürgschaftsurkunde können hiernach keine anderen sein als die in dem Vertragstext als solche näher beschriebenen. Zum anderen handelt es sich bei der hier interessierenden Bürgschaft erklärtermaßen um eine Gewährleistungsbürgschaft, mit welcher die Beklagte insbesondere keine Bürgschaft für Vertragserfüllungsansprüche übernehmen wollte. Ob es sich aber bei den geltend gemachten Ansprüchen um solche auf Erfüllung des Vertrages oder aber auf Gewährleistung handelt, bemisst sich danach, ob das fragliche Werk bereits abgenommen worden ist, wobei Abnahmereife per definitionem die vorherige Fertigstellung voraussetzt. An einer solchen fehlt es vorliegend hinsichtlich der Kellerabdichtung. Dem als Anlage K 7 vorgelegten Schreiben des seinerzeitigen Geschäftsführers der A kann dies in einer keinen vernünftigen Zweifel zulassenden Weise entnommen werden. Der damalige Geschäftsführer der A räumt darin unverhohlen ein, dass er in den Bauunterlagen insoweit weder Messprotokolle finden könne noch Hinweise darauf, dass im Kellerbereich Abdichtungsarbeiten durchgeführt worden seien. Hiernach steht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts fest, dass weder die Grundmauern noch der Keller des Gebäudes auf Nässeschäden hin untersucht worden seien. Dementsprechend hat eine Überprüfung der vertikalen und der horizontalen Abdichtung auf deren Funktionsfähigkeit hin niemals stattgefunden. Folgerichtig kann von einer Sanierung der Abdichtung entsprechend dem Stand der Technik nicht die Rede sein. Fehlt es aber an fertiggestellten Arbeiten im Sinne der Bürgschaft, so kann die Klägerin dieserhalb nicht die Beklagte wegen der von dieser insoweit übernommenen Gewährleistungsbürgschaft in Anspruch nehmen. Vertragserfüllungsansprüche werden von dieser, worauf die Beklagte mit Recht hinweist, gerade nicht erfasst.
Erscheint die Klage nach allem bereits mangels Bürgschaftsfalls unbegründet, bedurfte die Frage, ob der Sicherheitseinbehalt in Gänze an A ausbezahlt worden sei und ob einer Inanspruchnahme der Beklagten aus der Bürgschaft nicht ohnehin die Vereinbarung vom 19.09.2011 entgegenstehe, daneben keiner Beantwortung.
Die als Nebenforderung geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten teilen das Schicksal der Hauptforderung. Die Klage unterlag auch insoweit der Abweisung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
Der Streitwert entspricht der Klageforderung, die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten wirken sich als Nebenforderung im Sinne von § 4 ZPO nicht streitwerterhöhend aus.