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Bauvertragskündigung wegen unterbliebener Mitwirkung des Auftraggebers

Bauvertrag gekündigt: Auftraggeber verweigert Mitwirkung

In der Baubranche spielt das Vertragsrecht eine entscheidende Rolle, insbesondere wenn es um die Kündigung von Bauverträgen geht. Hierbei ist die Frage zentral, unter welchen Umständen ein Bauvertrag aufgrund von Vertragsverletzungen, wie etwa der Nichterfüllung von Mitwirkungspflichten durch den Auftraggeber, gekündigt werden kann. Dies berührt das Baurecht im Kern und führt oft zu rechtlichen Auseinandersetzungen. Besonders interessant sind dabei die Fälle, in denen über die Wirksamkeit einer Bauvertragskündigung und die damit verbundenen finanziellen Ansprüche, wie Vergütungen für bereits erbrachte Leistungen, entschieden wird. Solche Entscheidungen, wie sie beispielsweise vom Oberlandesgericht Brandenburg getroffen werden, setzen wichtige Maßstäbe für die Praxis und das Verständnis des Baurechts. Sie beleuchten die Rechte und Pflichten der beteiligten Parteien eines Bauvertrages und bieten Orientierung, wie in Fällen von Vertragsverletzungen und -beendigungen verfahren werden sollte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 12 U 152/14  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg hebt die Bedeutung der Mitwirkungspflichten des Auftraggebers im Baurecht hervor und zeigt auf, dass deren Nichterfüllung zu einer berechtigten Bauvertragskündigung durch den Auftragnehmer führen kann, mit daraus resultierenden finanziellen Verpflichtungen.

Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Bauvertragskündigung: Die Klägerin kündigte den Bauvertrag aufgrund der Nichterfüllung von Mitwirkungspflichten durch die Beklagten.
  2. Vergütung für erbrachte Leistungen: Die Klägerin hat Anspruch auf Vergütung in Höhe von 14.391,72 € für bereits erbrachte Planungsleistungen.
  3. Bedeutung der VOB/B: Die Anwendung der VOB/B im Vertrag spielte eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Kündigung und der Vergütung.
  4. Keine Klageänderung: Die Neuberechnung der Klageforderung durch die Klägerin stellt keine Klageänderung dar, da der Streitgegenstand gleich blieb.
  5. Wirksamkeit der Kündigung: Das Gericht beurteilte die Kündigung des Werkvertrages als wirksam gemäß § 9 Nr. 1 a) VOB/B 2002.
  6. Verjährung des Anspruchs: Die Forderung der Klägerin war nicht verjährt, da die Verjährungsfrist erst nach Zugang der prüffähigen Schlussrechnung begann.
  7. Kein Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns: Der Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns wurde von der Klägerin nicht schlüssig dargelegt.
  8. Kostenverteilung: Die Kosten des Rechtsstreits wurden auf beide Parteien verteilt, wobei die Klägerin einen Teil der Kosten der Berufungsinstanz tragen musste.

Die Ursachen der Bauvertragskündigung im Detail

Im Kern des Falles steht die Bauvertragskündigung durch die Klägerin gegenüber den Beklagten. Dieser Schritt erfolgte aufgrund unterbliebener Mitwirkung des Auftraggebers. Konkret hatten die Beklagten es versäumt, ein baureifes Grundstück bereitzustellen und die Kosten für die Baugenehmigung zu begleichen. Diese Mitwirkungspflichten waren vertraglich festgelegt, und ihr Nichterfüllen stellte einen wesentlichen Vertragsbruch dar. Interessanterweise wurde der Bauvertrag zunächst durch ein Schreiben der Beklagten zu 1. vom 07.02.2006 nicht beendet, da aus Sicht des Gerichts keine eindeutige Vertragskündigungsabsicht zu erkennen war.

Die rechtlichen Herausforderungen und Entscheidungen des Oberlandesgerichts Brandenburg

Das Oberlandesgericht Brandenburg musste in seinem Urteil vom 22.12.2015 verschiedene rechtliche Aspekte bewerten. Einerseits galt es, die Wirksamkeit der Kündigung des Bauvertrages zu prüfen, andererseits die Angemessenheit der geltend gemachten Vergütungsansprüche zu beurteilen. Die Klägerin forderte eine Vergütung für bereits erbrachte Planungsleistungen, basierend auf § 631 Abs. 1 BGB und § 9 Nr. 3 Satz 1 VOB/B 2002. Das Gericht erkannte diesen Anspruch an und verurteilte die Beklagten zur Zahlung von 14.391,72 €. Wesentlich war hierbei die Feststellung, dass die Klägerin die Planungsleistungen tatsächlich erbracht hatte und ihre Ansprüche nicht verjährt waren.

Vergütungsansprüche und ihre Berechnung

Bei der Bewertung der Vergütungsansprüche achtete das Gericht darauf, dass die Klägerin eine nachvollziehbare Berechnung der Vergütung für die erbrachten Leistungen vorlegte. Interessant ist, dass die Klägerin als Bauträgerin nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich der HOAI fiel, was bedeutete, dass die Prüfbarkeit der anrechenbaren Kosten nach HOAI für diesen Fall irrelevant war. Stattdessen war entscheidend, dass die Klägerin das Verhältnis der erbrachten Planungsleistungen zum vereinbarten Pauschalpreis darlegte.

Fazit des Urteils und dessen Tragweite

Das Urteil zeigt auf, wie wichtig die Einhaltung von Mitwirkungspflichten im Baurecht ist. Das Nichterfüllen dieser Pflichten kann zur Kündigung des Bauvertrages führen und erhebliche finanzielle Forderungen nach sich ziehen. Das Oberlandesgericht Brandenburg betonte in seiner Entscheidung die Bedeutung der präzisen Vertragsauslegung und der gerechten Bewertung von erbrachten Leistungen. Dieses Urteil ist daher nicht nur für die beteiligten Parteien von Bedeutung, sondern hat auch eine Signalwirkung für ähnliche Fälle im Baurecht.

Zusammengefasst präsentiert dieser Fall ein exemplarisches Beispiel für die Komplexität von Bauvertragsbeziehungen und die Bedeutung der präzisen Vertragserfüllung. Das Oberlandesgericht Brandenburg hat mit seinem Urteil einen wichtigen Beitrag zur Rechtsprechung im Baurecht geleistet und wesentliche Aspekte für die Praxis des Baurechts aufgezeigt.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bedeutet Mitwirkungspflicht des Auftraggebers im Baurecht?

Die Mitwirkungspflicht des Auftraggebers im Baurecht bezieht sich auf die Verpflichtungen, die der Auftraggeber im Rahmen eines Bauvertrags erfüllen muss, um die ordnungsgemäße Durchführung des Projekts zu gewährleisten. Diese Pflichten ergeben sich aus § 642 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) .

Zu den Mitwirkungspflichten des Auftraggebers gehört insbesondere die Beschaffung der eventuell notwendigen Baugenehmigung. Darüber hinaus muss der Auftraggeber dafür sorgen, dass von ihm zu treffende Entscheidungen zügig und rechtzeitig getroffen werden, damit die Arbeiten des Auftragnehmers nicht behindert werden.

Wenn der Auftraggeber seine Mitwirkungspflichten vernachlässigt, kann er in Annahmeverzug geraten. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn er die Abnahme der Bauleistung unterlässt.

Es ist auch zu erwähnen, dass der Auftraggeber und der Auftragnehmer im Rahmen der Abwicklung eines Bauvertrags umfangreiche Kooperationspflichten haben. Beide Parteien sind zur konstruktiven Zusammenarbeit und Kooperation verpflichtet.

Fehlende Planungsvorgaben des Auftraggebers, fehlende Vorleistungen auftraggeberseitiger Vorunternehmer oder fehlende Entscheidungen zu Leistungen nach Probe können beispielsweise zu einer auftraggeberseitig zu vertretenden Behinderung bzw. Unterbrechung führen.

Es ist daher für den reibungslosen Ablauf eines Bauprojekts von entscheidender Bedeutung, dass der Auftraggeber seine Mitwirkungspflichten ernst nimmt und erfüllt.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 12 U 152/14 – Urteil vom 22.12.2015

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19. Juni 2014 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer – Einzelrichter – des Landgerichts Potsdam, Az.: 2 O 26/12, teilweise abgeändert.

Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin als Gesamtschuldner 14.391,72 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Dezember 2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 49 % und die Be- klagten als Gesamtschuldner 51 % zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß den §§ 517 ff ZPO eingelegte Berufung der Beklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

Die Klägerin kann von den Beklagten mit Erfolg lediglich Vergütung für die von ihr erbrachten Planungsleistungen in Höhe von 14.391,72 € gemäß § 631 Abs. 1 BGB, § 9 Nr. 3 Satz 1 VOB/B 2002 verlangen (dazu unter 1.). Ein weitergehender Anspruch ist nicht schlüssig vorgetragen (dazu unter 2.). Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht verjährt (dazu unter 3.).

1.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf restliche Vergütung für die von ihr erbrachten Planungsleistungen aus dem Werkvertrag vom 21.08.2004 in Höhe von 14.391,72 € schlüssig dargelegt.

a) Soweit die Klägerin auf den gerichtlichen Hinweis vom 02.07.2015 ihre Klageforderung nach Maßgabe des Schriftsatzes vom 04.09.2015 neu berechnet hat, bestehen gegen diese Vorgehensweise unter prozessualen Gesichtspunkten keine Bedenken. Es handelt sich nicht um eine Klageänderung, da der Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits unverändert geblieben ist. Die Klägerin verlangt weiterhin die ihr nach ihrer Auffassung zustehende restliche Vergütung aus dem Werkvertrag der Parteien vom 21.08.2004. Selbst wenn man von einer Klageänderung ausgehen würde, lägen die Voraussetzungen des § 533 Nr. 1 ZPO vor, da sich die Beklagten auf die neue Berechnung mit Schriftsatz vom 04.09.2015 eingelassen und im Termin zur mündlichen Verhandlung rügelos zur Sache verhandelt haben, worin eine Einwilligung in eine etwaige Klageänderung zu sehen wäre (§ 267 ZPO). Mit der Neuberechnung werden auch keine neuen Tatsachen vorgetragen, die nicht ohnehin bereits gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO der Entscheidung des Senats zugrunde zu legen sind.

b) Die Parteien haben einen Werkvertrag unter wirksamer Einbeziehung der Vorschriften der VOB/B in der zum Vertragszeitpunkt geltenden Fassung geschlossen. Dem Text des schriftlichen Bauvertrages waren in der Anlage die Vorschriften der VOB/B in der Fassung von 2002 beigefügt, so dass die Beklagten als im Baugewerbe unerfahrene Verbraucher die Möglichkeit hatten, vom Inhalt der VOB/B bei Vertragsschluss Kenntnis zu nehmen (vgl. dazu Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl., Rn. 1250). Bedenken gegen die wirksame Einbeziehung der VOB/B in der seinerzeit geltenden Fassung sind von den Beklagten auch nicht geltend gemacht worden.

c) Die Klägerin hat den Werkvertrag wirksam mit Schreiben vom 17.09.2008 gegenüber beiden Beklagten gemäß § 9 Nr. 1 a) VOB/B 2002 gekündigt. Die Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung des Bauvertrages nach dieser Vorschrift lagen vor. Die Beklagten befanden sich trotz einer Fristsetzung der Klägerin mit Schreiben vom 15.08.2008 mit den ihnen obliegenden Mitwirkungshandlungen, ein baureifes Grundstück zur Verfügung zu stellen sowie die Kosten der Baugenehmigung zu begleichen (§ 11 des Bauvertrages), in Verzug.

Der Bauvertrag ist nicht zuvor durch das Schreiben der Beklagten zu 1. vom 07.02.2006 beendet worden. Das Schreiben ist aus dem objektiven Empfängerhorizont der Klägerin nicht als Kündigung des Werkvertrages auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Dem Schreiben der Beklagten zu 1. vom 07.02.2006 lässt sich nicht mit der hinreichenden Deutlichkeit entnehmen, dass eine Beendigung des Vertragsverhältnisses für die Zukunft gewollt war. Es heißt in dem Schreiben lediglich, dass „die Bauausführung um zwei Jahre verschoben“ und „im Frühjahr 2008 noch einmal über die Planung und die Realisierung des Vertrages“ gesprochen und der Bauantrag „wie geplant“ eingereicht werden sollte. Davon, dass von dem Bauvorhaben Abstand genommen werden sollte, ist bereits nach dem Wortlaut nicht die Rede. Dem Schreiben vom 07.02.2006 ließ sich vielmehr für die Klägerin entnehmen, dass die Beklagten den Vertrag gerade nicht eindeutig beenden wollten, sondern unter Verwendung der von der Klägerin bis dahin erbrachten Leistungen den Bauantrag „wie geplant“ zu einem späteren Zeitpunkt einzureichen und damit das Bauvorhaben weiterhin durch die Klägerin durchführen lassen wollten. Auch aus der Mitteilung, dass sich das Bauvorhaben aus gesundheitlichen Gründen des Beklagten zu 2. nicht wie geplant umsetzen lasse, ließ sich für die Klägerin nicht eindeutig entnehmen, dass die Beklagten von dem Bauvorhaben Abstand nehmen wollten. Vielmehr heißt es in dem Schreiben, dass der Beklagte zu 2. im November 2005 seine Arbeit habe aufnehmen können, so dass die Krankheit des Beklagten zu 2. jedenfalls kein hinreichender Grund mehr für eine Nichtrealisierung des Bauvorhabens darstellte. Gerade im Hinblick auf das vorangegangene Schreiben der Klägerin vom 19.01.2006 und die darin enthaltene Bezugnahme auf ein vorangegangenes Telefonat, wonach die Beklagten die Bauausführung für zwei Jahre aufschieben wollten, hätte es nahegelegen, den wirklichen Willen zur endgültigen Vertragsbeendigung, wenn dieser bereits im Frühjahr 2006 vorgelegen hätte, eindeutig durch eine entsprechende Wortwahl zum Ausdruck zu bringen.

Das Kündigungsrecht der Klägerin ist nicht verwirkt. Da die Beklagte zu 1. selbst von einer Verschiebung des Bauvorhabens um zwei Jahre gebeten hat, konnten die Beklagten nicht davon ausgehen, die Klägerin werde die Sache auf sich beruhen lassen, sondern mussten damit rechnen, dass die Klägerin im Jahre 2008 auf sie erneut wegen der Realisierung des Bauvorhabens zukommen würde. In der bloßen Untätigkeit der Klägerin ist daher kein weiterer Erklärungsinhalt zu sehen, aus dem die Beklagten hätten entnehmen können, dass die Klägerin ihr Einverständnis mit einer Vertragsaufhebung zum Ausdruck bringen wollte.

Letztlich ist die Frage, ob es sich bei dem Schreiben der Beklagten zu 1. vom 07.02.2006 um eine „freie“ Kündigung i.S.d. § 649 Satz 1 BGB handelt, nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung, da sich bei Annahme einer „freien“ Kündigung ein entsprechender Werklohnanspruch der Klägerin aus § 649 Satz 2 BGB i.V.m. § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B ergibt.

d) Nach § 9 Nr. 3 Satz 1 VOB/B 2002 hat die Klägerin Anspruch auf Vergütung für die von ihr erbrachten Leistungen, die nach den Vertragspreisen abzurechnen sind. Die Klägerin hat demnach unter Angabe der entsprechenden Kalkulationsgrundlagen die erbrachten von den nicht erbrachten Leistungen abzugrenzen und die Vergütung für die nicht erbrachten Leistungen ins Verhältnis zu dem nach dem Vertrag vereinbarten Pauschalpreis zu setzen. Im Streitfall ist die Klägerin dieser Darlegungslast mit ihrer ergänzenden Berechnung mit Schriftsatz vom 04.09.2015 nachgekommen. Sie hat in dem Schriftsatz nachvollziehbar aufgeschlüsselt, wie sich der geltend gemachte Betrag in Höhe von 14.391,72 € für die von ihr erbrachten Planungsleistungen der Leistungsphasen 1 bis 4 des § 15 HOAI a. F. zusammensetzt und welchen Anteil die Vergütung für die Planungsleistungen nach der ursprünglichen Kalkulation der Klägerin auf der Basis des damals geltenden Mehrwertsteuersatzes von 16 % an dem ursprünglich vereinbarten Pauschalpreis von 179.158,00 € brutto ausmacht. Wie sich der Betrag von 14.391,72 € im Einzelnen zusammensetzt, hat die Klägerin anhand der für die jeweiligen Leistungsphasen der Objektplanung, Tragwerksplanung, Wärmeschutz und Baugrundbeurteilung ermittelten Honorare nachvollziehbar aufgeschlüsselt. Die dagegen gerichteten Einwendungen der Beklagten greifen nicht durch. Darauf, ob die Planungsleistungen nach der HOAI zutreffend berechnet worden sind, kommt es im Streitfall nicht an. Die Klägerin fällt als Bauträgerin nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich der HOAI (vgl. BGH BauR 1997, 677). Auf die Höhe und die Prüfbarkeit der anrechenbaren Kosten kommt es daher nicht an. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass die Klägerin im Rahmen der vorzunehmenden Abrechnung nach Vertragspreisen das Verhältnis der erbrachten Planungsleistungen zu dem vereinbarten Pauschalpreis darlegt. Dies ist erfolgt. Selbst wenn der Anteil der Vergütung für Planungsleistungen unzutreffend nach den Vorschriften der HOAI berechnet sein sollte, ist er in dieser Höhe in die Kalkulation der Klägerin und damit in den ursprünglich vereinbarten Pauschalpreis mit eingeflossen, so dass die Klägerin den dieser Leistungserbringung entsprechenden Anteil an der Vergütung schlüssig dargelegt hat. Da es sich um Vergütung für erbrachte Leistungen handelt, hat die Klägerin insoweit auch Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer (vgl. BGHZ 174, 267, zitiert nach Juris, Rn. 16).

e) Die Klägerin hat auch zur Überzeugung des Senats den Nachweis erbracht, dass sie die von ihr in Rechnung gestellten Planungsleistungen vollständig erbracht hat (§ 286 ZPO). Soweit die Beklagten die Erbringung der Planungsleistungen pauschal bestreiten, ist dieses Bestreiten anhand der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen unbeachtlich. Die Klägerin hat zu den von ihr im Einzelnen erbrachten Leistungen detailliert vorgetragen und entsprechende Planungsunterlagen als Anlagen vorgelegt. Es wäre daher Sache der Beklagten gewesen, konkret und substanziiert zu den vorgelegten Unterlagen Stellung zu nehmen. Die Unterlagen enthalten auch die von den Beklagten bemängelten Nachweise für Brandschutz, den Wärmeschutznachweis und die statischen Berechnungen. Der amtliche Lageplan wurde von der Klägerin mit Schreiben vom 07.01.2005 an die Baubehörde nachgereicht (Anlage K44). Die pauschale Behauptung der Beklagten, es seien nicht alle Leistungen vollständig erbracht worden, ist nicht einlassungsfähig und in seiner Pauschalität daher unbeachtlich.

Wie sich aus dem Schreiben der Baubehörde vom 28.02.2005 (Anlage K3) im Übrigen ergibt, ist die Baugenehmigung seinerzeit lediglich aus dem Grunde nicht erteilt worden, weil die Beklagten die entsprechenden Gebühren nicht überwiesen haben. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt lag der Baubehörde der Antrag genehmigungsfähig vor. Mängel hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit sind von den Beklagten nicht substanziiert vorgetragen worden.

2.

Ein weitergehender Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns ist von der Klägerin hingegen nicht schlüssig dargetan worden.

a) Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 9 Nr. 3 Satz 2 VOB/B 2002 i.V.m. § 642 Abs. 2 BGB. Der Anspruch aus § 642 Abs. 2 BGB umfasst nicht entgangenen Gewinn und Wagnis, da er wegen Gläubigerverzugs des Bestellers und nicht wegen Verletzung seiner Schuldnerpflicht besteht (vgl. BGHZ 143, 32, zitiert nach Juris, Rn. 26). Die Regelung des § 642 BGB gewährt eine Entschädigung nur für die Nachteile, die dem Auftragnehmer durch den Verzug des Auftraggebers während der ursprünglichen Vertragsdauer entstanden sind und erfasst daher nur die bis zur Kündigung entstandenen Verzögerungskosten (vgl. BGH NJW 2009, 3717, zitiert nach Juris, Rn. 28).

b) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Ersatz des ihr entgangenen Gewinns aus § 9 Nr. 3 Satz 2, 2. Halbs. VOB/B 2002 i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB bzw. § 649 Satz 1 BGB i.V.m. § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B 2002 im Falle einer auftraggeberseitigen Kündigung.

Zwar haben die Beklagten – wie bereits ausgeführt – ihre Mitwirkungspflicht nach § 11 des Bauvertrages verletzt, indem sie weder die Gebühren für die Erteilung der Baugenehmigung bezahlt, noch ein baureifes Grundstück zur Verfügung gestellt haben, so dass die im Bauvertrag vorgesehenen Bauleistungen von der Klägerin nicht durchgeführt werden konnten (vgl. Joussen/Vygen in Ingenstau/Korbion, VOB, 19. Aufl., § 9 Abs. 3 VOB/B Rn. 29). Der dadurch entstandene Schaden besteht in der für die nicht erbrachten Leistungen vereinbarten Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen und anderweitigen oder böswillig unterlassenen Erwerbs (vgl. BGH NJW 2009 a.a.O., Rn. 30). Ein solcher Schaden ist von der Klägerin jedoch nicht schlüssig dargelegt worden. Zum einen ist nicht vorgetragen, wie sich die von ihr vorgetragenen allgemeinen Geschäftskosten in Höhe von 18.078,44 € zusammensetzen. Zum anderen hat die Klägerin nicht vorgetragen, was sie sich an anderweitigem Erwerb anrechnen lassen muss. Da der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers von vornherein nur abzüglich der ersparten Aufwendungen und des Erwerbs durch anderweitige Verwendung der Arbeitskraft des Auftragnehmers besteht, obliegt es der Klägerin, nicht nur zu den ersparten Aufwendungen, sondern auch zum anderweitigen Erwerb schlüssig vorzutragen. Im Streitfall erscheint es wenig glaubhaft, dass die Klägerin in der ursprünglich nach § 6 des Werkvertrages vorgesehenen Ausführungszeit von drei Monaten nach Baubeginn, gerechnet spätestens zwölf Wochen nach Erteilung der Baugenehmigung, zuzüglich jeweils drei Wochen Betriebsurlaub im Sommer und Winter, ihre Arbeitskräfte nicht anderweitig durch entsprechende im Jahre 2008 angenommene Füllaufträge hat einsetzen können oder entsprechende Subunternehmeraufträge nicht hat kündigen können. Auf den fehlenden Vortrag ist die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung ausdrücklich hingewiesen worden. Der Klägervertreter hat jedoch ausdrücklich erklärt, hierzu nicht mehr gesondert Stellung nehmen zu wollen.

3.

Der danach verbleibende restliche Vergütungsanspruch der Klägerin in Höhe von 14.391,72 € ist nicht verjährt.

a) Gemäß §§ 195, 199 BGB beginnt die Verjährungsfrist mit Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder hätte erlangen können. Im Streitfall ist der Anspruch der Klägerin frühestens mit Zugang der prüffähigen Schlussrechnung vom 31.12.2008 bei den Beklagten fällig geworden. Die Verjährungsfrist konnte somit nicht vor dem 31.12.2011 ablaufen und ist rechtzeitig durch die auf den Zeitpunkt der Einreichung des Mahnbescheidantrages am 29.12.2011 zurückwirkende Zustellung des Mahnbescheides gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Soweit es bei der Zustellung des Mahnbescheides an den Beklagten zu 2. zu einer Verzögerung durch die zunächst unzutreffende Angabe der Adresse des Beklagten zu 2. gekommen ist, ist diese Verzögerung geringfügig und hindert daher die Wirkungen der „demnächstigen“ Zustellung i.S.d. § 167 ZPO nicht.

b) Die Klägerin muss sich auch nicht nach Treu und Glauben behandeln lassen, als sei Fälligkeit bereits im Jahre 2006 eingetreten und sie in diesem Jahre hätte bereits Schlussrechnung legen müssen. Da das Schreiben vom 07.02.2006 den Bauvertrag zwischen den Parteien nicht wirksam beendet hat, war zu diesem Zeitpunkt der Vergütungsanspruch der Klägerin noch nicht fällig. Die Beklagten durften auch nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die Klägerin ihre Werklohnforderung nicht mehr geltend machen würde, nachdem die Beklagte zu 1. in dem Schreiben vom 07.02.2006 selbst nur von einer Verschiebung der Bauausführung um zwei Jahre gesprochen hat. Im Übrigen hätte es den Beklagten freigestanden, die Klägerin selbst im Jahre 2006 zur Rechnungslegung aufzufordern. Die Beklagten haben auch keine Tatsachen dazu vorgetragen, dass sie aufgrund einer unterlassenen früheren Rechnungslegung Vermögensdispositionen getroffen haben, aufgrund derer die Zahlung der Klageforderung für sie nunmehr eine unzumutbare Härte darstellen würde.

4.

Der Zinsanspruch ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aus den §§ 288 Abs. 1 Satz 1, 291 BGB begründet. Ein früherer Verzugseintritt ist nicht vorgetragen. Dieser setzt nach § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B 2002 die Setzung einer angemessenen Nachfrist voraus. Dass den Beklagten nach Schlussrechnungslegung und Ablauf der Prüffrist eine Nachfrist gesetzt worden ist, hat die Klägerin nicht vorgetragen.

Zwar handelt es sich bei dem zugrunde liegenden Bauvertrag um einen Verbrauchervertrag, so dass die Bestimmungen der VOB Teil B auch dann einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff BGB unterliegen, wenn sie als Ganzes vereinbart worden sind (vgl. BGH BauR 2008, 1603). Danach hält § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B einer isolierten Inhaltskontrolle wegen seiner Abweichung von der gesetzlichen Grundregelung des § 286 Abs. 3 BGB und dem damit verbundenen Ausschluss des Beginns der Verzinsung ohne weitere Handlung des Gläubigers nicht stand (vgl. BGH BauR 2009, 1736, 1741). Dies gilt jedoch nur, wenn der Auftraggeber Verwender der VOB/B ist. Ist hingegen der Auftragnehmer als Verwender anzusehen, findet eine Inhaltskontrolle zu seinen Gunsten nicht statt. Letzteres ist hier der Fall, da davon auszugehen ist, dass die VOB/B bei Vertragsschluss von der Klägerin den Beklagten als Vertragsbedingungen gestellt worden sind. Gleiches gilt, wenn beide Vertragsparteien übereinstimmend von der Geltung der VOB/B ausgegangen sind.

Mangels Eintritts des Verzuges hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Ersatz der ihr entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus den §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB.

5.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Kosten der Berufungsinstanz sind gemäß § 97 Abs. 2 ZPO zur Gänze der Klägerin aufzuerlegen, da ihr teilweises Obsiegen in der Berufungsinstanz auf dem Umstand beruht, dass sie mit Schriftsatz vom 04.09.2015 die Klageforderung neu berechnet hat. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Klage unschlüssig, insoweit wird auf den rechtlichen Hinweis des Senats vom 02.07.2015 Bezug genommen. § 97 Abs. 2 ZPO gilt auch im Verhältnis zum obsiegenden Berufungsbeklagten (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 97 Rn. 14). Bei sorgfältiger und auf Förderung des Verfahrens bedachter Prozessführung hätte für die Klägerin Anlass bestanden, bereit erstinstanzlich ihren Vortrag im Sinne des Hinweises des Senats klarzustellen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 3 ZPO i.V.m. § 47 Abs. 1 GKG auf 23.349,62 € festgesetzt.

Wert der Beschwer für die Klägerin: 8.957,90 €

Wert der Beschwer für die Beklagten: 14.391,72 €

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