KG Berlin, Az.: 21 U 67/15, Urteil vom 20.09.2016
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 29.05.2015 – 1 O 154/14 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufungsinstanz hat die Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen und des Parteivorbringens erster Instanz wird auf die angefochtene Entscheidung verwiesen.
Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 29.05.2015 vollumfänglich stattgegeben. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie behauptet, Zusatzleistungen seien im Umfang des ursprünglichen Auftrages enthalten gewesen. Weiter ist sie der Auffassung, dass die Werklohnforderung durch Aufrechnung in Höhe von 44.836,00 EUR erloschen sei, da eine Fristsetzung entbehrlich gewesen sei. Dazu trägt sie vor, dass sie der Klägerin über den vertretungsberechtigten Bruder ihrer Geschäftsführers am 19.02.2014 vorhandene Fehler bei der Bauausführung mündlich angezeigt und auf deren Beseitigung sowie Fertigstellung gedrängt habe. Die Klägerin habe sich jedoch geweigert, die Mängel zu beseitigen. Auch weitere Aufforderungen, Mängel zu beseitigen, habe die Klägerin zurückgewiesen. Wegen näherer Einzelheiten wird auf die Seiten 1 bis 3 der Berufungsbegründung verwiesen.
Die Beklagte macht zudem ein Zurückbehaltungsrecht wegen behaupteter weiterer Mängel am Bauvorhaben geltend und rechnet mit einem seitens der Wohnungseigentümer ihr gegenüber wegen Verzuges mit Bauleistungen geltend gemachten Vertragsstrafenanspruch in Höhe von 10.500,00 EUR auf.
Die Beklagte beantragt, die Klage unter Abänderung des am 29.05.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Außerdem bestreitet sie, dass die Zusatzleistungen Gegenstand der Hauptaufträge waren. Sie sei auch nicht mündlich zur Mängelbeseitigung aufgefordert worden oder habe eine solche abgelehnt. Sie erklärt, dass die geltend gemachten Restabschläge die Schlussabrechnung darstellen.
II.
Die statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO). Sie ist jedoch unbegründet.
1.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 631 Abs. 1 BGB auf Werklohn in Höhe von € 50.012,00 nebst ausgeurteilter Zinsen. Der Senat folgt insoweit den zutreffenden Gründen der landgerichtlichen Entscheidung.
a)
Die Klage ist zulässig, nachdem die Klägerin die restlichen Zahlungen nunmehr als Schlusszahlung aus den Pauschalpreisverträgen verfolgt und sie nicht mehr auf Abschlagsrechnungen stützt.
b)
Die Parteien haben mehrere Werkverträge über Dachdecker-, Abdichtungs- und Klempnerarbeiten am Bauvorhaben … …, … sowie über Zusatzarbeiten geschlossen. Die Vertragsbeziehungen sind, wovon beide Parteien ausgehen, beendet. Damit ist schlussabzurechnen.
Die Beklagte ist mit ihrem erstmalig in der zweiten Instanz erhobenen Vortrag, die Zusatzleistungen seien im Rahmen des ursprünglichen Auftrages zu erbringen gewesen, gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO präkludiert. Ein nicht auf Nachlässigkeit beruhender Grund, aus dem diese Behauptungen erst in der Berufungsinstanz vorgebracht werden, ist nicht ersichtlich. Die Zusatzleistungen sind damit zu vergüten.
c)
Die Leistungen sind auch erbracht.
Die Arbeiten am … … sind abgeschlossen. Am Bauvorhaben … … fehlen lediglich die Regenfallrohre. Die Klägerin macht aber auch insoweit nur die erbrachten Leistungen geltend, da sie insgesamt lediglich 30.000,00 EUR statt der vereinbarten 33.000,00 EUR geltend macht. Dabei geht sie davon aus, dass die noch fehlenden 3.000,00 EUR auf die nicht erbrachte Leistung, Montage der Regenfallrohre, entfallen. Hiergegen wendet die Beklagte sich nicht.
d) Fälligkeit
Der Anspruch ist fällig, § 641 Abs. 1 S. 1 BGB. Auf eine Abnahme kommt es nicht an, da die behaupteten Mängel beseitigt sind. Insoweit könnte die Beklagte sich auf ein Zurückbehaltungsrecht nicht mehr berufen, sondern sich nur noch mit auf Geldzahlung gerichteten Gewährleistungsansprüchen verteidigen. Dann aber besteht zwischen den Parteien ein Abrechnungsverhältnis, das die Abnahme entbehrlich macht. (vgl. hierzu Kniffka in Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage, 5. Teil Rn. 213).
Soweit die Beklagte sich nunmehr wegen neuer Mängel auf ein Zurückbehaltungsrecht beruft, hat sie die Klägerin nicht zur Nacherfüllung aufgefordert, §§ 634 Nr. 1, 635 BGB. Der an das Gericht gerichtete Schriftsatz vom 01.09.2015 ersetzt ein solches Verlangen nicht, da er keine derartige Aufforderung an die Klägerin enthält. Überdies werden Mängel geltend gemacht, die angeblich durch Ersatzvornahme beseitigt worden sind. Darunter fallen die losen Windfedern, die jedenfalls nicht die Klägerin angebracht haben soll, ebenso der fehlende Schutzanstrich, aber auch Mängel der durch die … Bau GmbH neu aufgebrachten Dachabdichtung sowie die nicht ordnungsgemäß angebrachten Rohrschellen. Nach Pos. 2 der Rechnung vom 26.09.2014 hat die vorgenannte Firma sämtliche bekannten fehlerhaften Anschlüsse an den Regenrinnen instandgesetzt, gelötet und befestigt.
Hinzu kommt, dass ein Zurückbehaltungsrecht nur dem Werklohnanspruch aus dem jeweiligen – gegenseitigen – Vertrag entgegengehalten werden kann. Insofern sind die Mängel am Bauvorhaben … . … von vornherein unbeachtlich, da der Werklohnanspruch erfüllt ist (vgl. Sprau in Palandt, BGB, 75. Auflage, § 641 Rn. 13).
e) Höhe
Der Anspruch errechnet wie folgt:
………………….
f) Hilfsaufrechnung mit Ersatzvornahmekosten
Die Werklohnansprüche sind auch nicht gem. § 389 BGB infolge der Hilfsaufrechnung mit Ersatzvornahmekosten erloschen. Denn die Beklagte hat wie das Landgericht zutreffend ausführt, keinen derartigen Anspruch aus §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB. Zunächst kann dahinstehen, ob die Beklagte überhaupt ordnungsgemäß zur Mängelbeseitigung aufgefordert hat. Denn es fehlt jedenfalls an einer Nachfristsetzung gem. § 637 Abs. 1 BGB. Den Zugang des Schreibens vom 20.02.2014 konnte die Beklagte nicht beweisen. Eine Fristsetzung ist auch nicht gem. §§ 637 Abs. 2 S. 1, 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich, da die Beklagte mit ihrem erstmals in der Berufung erhobenen und von der Klägerin bestrittenen Vortrag, Herr … … habe für die Klägerin die Mängelbeseitigung in einem Gespräch vom 19.02.2014 abgelehnt, gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO präkludiert ist. Es ist kein Grund ersichtlich, dessentwegen die Beklagte diese Behauptung nicht in erster Instanz vorgebracht hat. Hinzu kommt aber auch, dass die Beklagte nur auf vorhandene Fehler hinweist, ohne im Einzelnen darzulegen, über welche konkreten Mängel gesprochen worden sein soll. Im Übrigen erklärt sich das Schreiben vom 20.02.2014 nicht, das nicht auf ein solches Gespräch und die Ablehnung der Klägerin, die Mängel zu beseitigen, sondern vielmehr auf ein Schreiben vom 17.02.2014 Bezug nimmt und eine Frist zur Fertigstellung setzt. Auf eine Fertigstellung bezieht sich auch das Schreiben vom 20.03.2014, mit dem nicht, wie in der Berufungsbegründung auf S. 4 vorgetragen, die Beklagte der Klägerin mitteilt, dass sie nun eine Ersatzvornahme ergreifen müsse. Diese war zu dem Zeitpunkt bereits teilweise durchgeführt, wie sich aus der vom 19.03.2014 datierenden Rechnung der … Bau GmbH erschließt. Auch der weiter zwischen den Parteien geführte Schriftverkehr lässt keinerlei Schluss darauf zu, dass die Beklagte ordnungsgemäß zur Mängelbeseitigung aufgefordert und insbesondere eine Nachfrist gesetzt hätte.
Im Übrigen sind die Mängel im genannten Schreiben mit Ausnahme der an allen Häusern aufgetretenen Mängeln (Windfedern, fehlender Schutzanstrich Rinnen) und der fehlenden Fallleitungen in Haus 4 nicht hinreichend bezeichnet und rechtfertigen insbesondere nicht die in der Rechnung der … Bau GmbH vom 19.03.2014 abgerechneten Arbeiten, die eine provisorische und mehrere neue Flachdachabdichtungen betrifft. Gleiches gilt für die Rechnung vom 26.09.2014, die bis auf den Schutzanstrich für die Regenrinnen einzelnen Mängeln nicht zuzuordnen ist.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn der Anspruch auf §§ 280, 281 BGB gestützt wird, was der Fall ist, soweit die Beklagte lediglich zur Fertigstellung der Leistungen aufgefordert hat und nicht zur Mängelbeseitigung.
g) Zurückbehaltungsrecht
Auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen angeblich neu aufgetretener Mängel kann die Beklagte sich ebenfalls nicht berufen. Wie oben unter c) ausgeführt, fehlt es an einer Aufforderung zur Nacherfüllung gegenüber der Klägerin.
h) Wasserschaden Wohnung Nr. 8, … … , 1. OG
Auch insoweit gilt, dass es an einer Mängelbeseitigungsaufforderung gegenüber der Klägerin fehlt, §§ 637 Nr. 4, 281 Abs. 1 S. 1 BGB und im eine Verantwortung der Klägerin nicht ersichtlich ist, weil die Dachabdichtung im Wege der Ersatzvornahme erneuert worden sein soll. Soweit es um einen – im übrigen nicht bezifferten – Schadensersatzanspruch geht, kann mit diesem allenfalls aufgerechnet werden.
i) Aufrechnung mit Vertragsstrafe
Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches der Beklagten gegen die Klägerin wegen der ihr gegenüber geltend gemachten Vertragsstrafenansprüche einiger Eigentümer sind nicht dargetan, § 280 Abs. 1 BGB. Insbesondere fehlen konkrete Angaben, die eine Pflichtverletzung der Klägerin begründen könnten. Zudem hat die Beklagte diese Ansprüche bisher nicht erfüllt, was allenfalls zu einem Freistellungsanspruch führen könnte.
j)
Was die Beklagte in diesem Rechtsstreit rechtlich daraus herleiten möchte, dass die WEG … ein Beweissicherungsverfahren gegen sie führt, ist nicht nachvollziehbar.
2. Zinsen
Gegen die Zinsentscheidung wendet die Beklagte sich nicht. Der Senat sieht insoweit von einer teilweisen Verwerfung der Berufung als unzulässig ab (vgl. hierzu Zöller, aaO., § 538 Rn. 38)
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, die weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch aus Gründen der Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.