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Bauvertrag – Verlust des Kündigungsrechts

OLG München – Az.: 13 U 2466/15 Bau – Beschluss vom 12.07.2016

1. Die Berufung der Klägerin vom 09.07.2015 gegen das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 03.06.2015, Az.: 8 O 4768/13, berichtigt durch Beschluss vom 30.06.2015, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Das vorgenannte Urteil und dieser Beschluss sind vorläufig vollstreckbar. Die Klagepartei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in der genannten Höhe leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50.000,– € festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Auswirkungen der fristlosen Kündigung eines Bauvertrages.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des LG Traunstein vom 03.06.2015, Az.: 8 O 4768/13, berichtigt durch Beschluss vom 30.06.2015.

Mit genanntem Endurteil wies das Erstgericht die Klage ab. Tragend stellte es dabei darauf ab, dass eine wirksame Kündigung gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B wegen Nichtvorlage der vollständigen prüffähigen statischen Nachweise innerhalb der bis zum 08.02.2013 gesetzten Frist nicht gegeben sei und auch eine Kündigung aus wichtigem Grund über den Wortlaut des § 8 Abs. 3 VOB/B hinaus ausscheide.

Gegen dieses dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter dem 10.06.2015 zugestellte Urteil legte derselbe mit Schriftsatz vom 09.07.2015, beim Oberlandesgericht München eingegangen am gleichen Tag, Berufung ein (Bl. 314/315 d. A.). Nach Fristverlängerung bis zum 10.09.2016 (Bl. 321 d. A.) begründete der Prozessbevollmächtigte der Klägerin seine Berufung mit Schriftsatz vom 08.09.2015 (Bl. 322/378 d. A.), beim Oberlandesgericht München eingegangen am gleichen Tag. Die Klagepartei rügt sowohl die Verletzung formellen wie auch materiellen Rechts. Zum einen habe das Landgericht nicht den gesamten Streitstoff erfasst und umfassend gewürdigt und zudem habe es seine Hinweispflicht verletzt. Darüber hinaus habe das Erstgericht zu Unrecht eine Kündigung aus wichtigem Grund abgelehnt.

Die Klagepartei beantragt zuletzt, das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 03.06.2015 (Az.: 8 O 4768/13) abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin aufgrund der durch die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit Wirkung zum 05.03.2013 aus wichtigem Grund erfolgten Kündigung des Bauvertrages vom 28.09./08.10.2012 über die Errichtung einer Kaltfassade in Bad A. zur Erstattung der Mehrkosten der Klägerin für die Ausführung der Kaltfassade durch einen Dritten gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 VOB/B dem Grunde nach verpflichtet ist, hilfsweise das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 3.06.2015 (Az.: 8 O 4768/13) aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Traunstein zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Der Senat wies die Klagepartei mit Beschluss vom 25.11.2015 (Bl. 407/420 d. A.) darauf hin, dass er beabsichtige, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Hierauf erwiderte die Beklagte mit Schriftsätzen vom 15.01.2016 (Bl. 483/496 d. A.) und vom 18.03.2016 (Bl. 535/538 d. A.). Die Beklagtenpartei äußerte sich zunächst mit Schriftsatz vom 22.12.2015 zum Streitwert (Bl. 432 d. A.) sowie sodann zur Sache mit Schriftsatz vom 19.02.2016 (Bl. 520/528 d. A.).

II.

Bauvertrag - Verlust des Kündigungsrechts
(Symbolfoto: Monster Ztudio/Shutterstock.com)

Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung der Klagepartei hat nach einhelliger Überzeugung des Senats in der Sache keine Aussicht auf Erfolg und ist deshalb, da die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung erfordern, gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Zur Begründung wird zunächst gemäß § 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO auf den Hinweis des Senats vom 25.11.2015 Bezug genommen. Im Hinblick auf die in den Stellungnahmen der Klagepartei vorgebrachten Argumente sind ergänzend folgende Ausführungen veranlasst:

a) Der Senat bleibt bei seiner Auffassung, dass gerade das Schreiben vom 30.01.2013 (Anlage K 29) offenbart, dass die Klägerin wusste, dass mit E-Mail vom 16.01.2013 nicht die vollständigen und prüffähigen statischen Unterlagen übermittelt worden sind. Wenn die Zeugin Dr.-Ing. S. aus der am 16.01.2013 übersandten „Loseblattsammlung“ den Schluss gezogen haben will, dass die von der Klägerin geplante Ausführung möglich sei, es also gerade keine statischen Probleme gäbe, ergibt das Schreiben vom 30.01.2013 keinen Sinn.

b) Richtig trägt die Berufungsführerin vor, dass sie mit Schreiben vom 30.01.2013 (Anlage K 29) die Vorlage vollständiger und prüffähiger statischer Unterlagen bezüglich der Kaltfassadenkonstruktion gefordert hat, aber sie forderte solche Unterlagen, anhand derer die Bedenken der Beklagten nachzuvollziehen waren (Ziffer 4, 1. Spiegelstrich des Schreibens). Weiter forderte die Klägerin im genannten Schreiben die Beklagte auf, sich schriftlich zu erklären, ob sie die Kaltfassade jedenfalls in der ursprünglich im Leistungsverzeichnis niedergelegten Form, d. h. unter Einsatz der darin beschriebenen Halteagraffen, erstellen kann oder ob die Beklagte auch gegen diese Ausführungen Bedenken äußert. Für den Fall, dass die Beklagte ihrer Ansicht nach die Kaltfassade gemäß den ursprünglichen Vorgaben des Leistungsverzeichnisses ohne Bedenken auszuführen glaubt, forderte die Klägerin die Beklagte auf, eine geeignete Ausführungsplanung nach den Vorgaben des ursprünglichen Leistungsverzeichnisses vorzulegen.

Aus diesem Schreiben gewinnt der Senat nicht den Eindruck, dass am 30.01.2013 das Befestigungssystem bereits endgültig festgelegt war. Ganz im Gegenteil sollten bis zum 08.02.2013 nur die Bedenken hinsichtlich der aktuellen Kaltfassadenkonstruktion nachvollziehbar begründet und hinsichtlich einer weiteren Konstruktion geprüft werden.

Auch wenn der Zeuge D. bestätigt hat (Protokoll vom 10.12.2014, Bl. 239/241 d. A.), dass zum Termin vom 08.02.2014 die vollständige Statik vorliegen sollte und diese vermeintlich in der Mail vom 07.02.2013 enthalten war, so wurde doch in genanntem Termin über Abänderungen gesprochen, unter anderem den Abstand zu den Rolladenkästen, den Spaltmaßen zwischen den Scheiben und den Scheibengrößen. Zwar mag in der Besprechung dann konkret gesagt worden sein, dass jeder parallel arbeitet. Allerdings kann eine vollständige und prüfbare Statik erst dann erstellt werden, wenn eine konkrete abschließende Ausführungsplanung vorliegt.

c) Die Zeugin Dr.- Ing. S. ist von der Klagepartei als Statikerin hinzugezogen worden, um die Bedenken der Beklagten fachlich zu bewerten. Das Protokoll der Besprechung vom 08.02.2013 (Anlage K 30) sollte nach der Vorbemerkung den Teilnehmern sowie zusätzlich zu den Teilnehmern weiteren Personen mitgeteilt werden. Aus Seite 3 unten ergibt sich, dass es am 12.02.2013 erstellt wurde. Richtig ist, dass sich allein aus dem Besprechungsprotokoll nicht ergibt, wann und wer das Protokoll weitergeleitet hat. Die Klägerin muss sich allerdings zurechnen lassen, dass an der Besprechung selbst der für sie tätige Generalplaner von der SAI, nämlich Herr Sch. sowie Herr D. teilgenommen haben und es den Vertretern der Klägerin obliegt, die Klägerin zeitnah zu informieren. Verzögerungen durch die Generalplanerin wären der Klägerin zuzurechnen.

Auch wenn es sich um ein „technisches“ Gespräch gehandelt haben mag, so war die Klagepartei vom Gesprächsinhalt dann zu informieren, wenn aufgrund von maßgeblichen Verzögerungen eine Kündigung des Vertrages in Betracht kam. Angesichts des konkreten Schreibens vom 30.01.2013 (Anlage K 29) kann sich die Klagepartei nicht darauf berufen, es habe keine kritische Situation vorgelegen.

d) Der Senat ist weiterhin der Auffassung, dass die Klagepartei das Produkt S. vorgegeben hat. Es mag durchaus sein, dass im Ausschreibungsverzeichnis auch der Hinweis „oder gleichwertig“ enthalten ist. Angesichts der Vorgeschichte, wonach sich der Generalplaner und der Fassadenplaner für ein Glas der Fa. S. weitgehend entschieden hatten, dient die Formulierung „oder gleichwertig“ eher der Kosmetik.

e) Der Vorwurf, die Beklagte habe keine statischen Berechnungen in Auftrag gegeben, trifft nicht zu. Diese war bei der Fa. g. in Auftrag gegeben. Wie sich aus dem Protokoll der Besprechung vom 08.02.2013 (Anlage K 30) ergibt, war das Prozedere festgelegt. Eine statische Berechnung kann allerdings erst nach abschließender Ausführungsplanung erstellt werden.

Letztendlich ersetzt die Klagepartei die Beweiswürdigung des Erstgerichts durch ihre eigene. Dies kann allerdings der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 97 Abs. 1 ZPO.

V.

Die Streitwertfestsetzung gründet in §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 40, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 ff. ZPO. Da die Klägerin mit dem Berufungsverfahren die Feststellung begehrt, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin aufgrund der durch die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit Wirkung zum 05.03.2013 aus wichtigem Grund erfolgten Kündigung des Bauvertrages zur Erstattung der Mehrkosten der Klägerin dem Grunde nach verpflichtet ist, ist die Differenz aus der mit der Drittfirma vereinbarten vorläufigen Nettoauftragssumme (1.572.354,60 €, Anlage K 33) und der mit der Beklagten vereinbarten Nettoauftragssumme (1.508.496,98 €, Anlage K 12) zu bilden, diese beträgt 63.857,62 €. Nach Abschlag von etwa 20 % ergibt sich demnach ein Streitwert von 50.000,– €.

VI.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung.

 

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