OLG Celle – Az.: 7 U 334/18 – Urteil vom 04.03.2020
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer (1. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Lüneburg vom 16. August 2018 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise geändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 303.307,98 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 286.074,51 EUR seit dem 26. November 2014 und Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 17.233,47 EUR seit dem 30. März 2015 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin nicht anrechenbare vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 4.386,50 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. März 2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen zu 8 % die Klägerin und zu 92 % die Beklagten.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen zu 18 % die Klägerin und zu 82 % die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschwer für die Parteien: jeweils über 20.000 EUR.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung anlässlich eines vorzeitig durch Kündigung beendeten Bauvertrages in Anspruch.
Die Beklagte hatte die Klägerin im Jahre 2014 mit der Durchführung von Bauarbeiten für das Bauvorhaben „Errichtung des Fachmarktzentrums I. Center II, Lüneburg“ zu einem Pauschalpreis von 1.280.560 EUR beauftragt. Da es zu Störungen des Vertragsverhältnisses kam, hatte die Klägerin von der Beklagten im Sommer 2014 eine Sicherheit gemäß § 648a BGB von über 1 Mill. EUR gefordert. Weil die Beklagte dieser Aufforderung nicht nachkam, hatte die Klägerin den Bauvertrag mit Schreiben vom 14. August 2014 gekündigt.
Mit Schlussrechnungen vom 24. Oktober 2014 rechnete die Klägerin die erbrachten Leistungen mit insgesamt 193.861,03 EUR und die nicht erbrachten Leistungen mit 94.203,20 EUR ab. Ferner stellte die Klägerin der Beklagten im Hinblick auf einen eingetretenen Stillstand im Juni 2014 unter dem 22. Juli 2014 einen Betrag in Höhe von 25.814,64 EUR in Rechnung. Ferner hatte die Klägerin von der Beklagten mit Rechnung vom 21. November 2014 für ihren vermeintlichen Mehraufwand wegen weiterer Behinderungen eine Entschädigung/Schadensersatz in Höhe von 15.949,18 EUR verlangt.
Mit ihrer im März 2015 beim Landgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von 329.828,05 EUR in Anspruch genommen. Das Landgericht hat am 28. April 2016 ein Grundurteil erlassen, wonach die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt ist. In den Entscheidungsgründen hat das Landgericht ausgeführt, dass der Klägerin gemäß § 648a Abs. 5 BGB ein Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen zustehe, dass die vorgelegten Abrechnungen nicht zu beanstanden seien und dass insbesondere auch die ersparten Aufwendungen nachvollziehbar dargestellt worden seien. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte keine Berufung eingelegt.
Nach Vernehmung von Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens hat das Landgericht durch Urteil vom 16. August 2018 dem Zahlungsbegehren der Klägerin nahezu in vollem Umfang stattgegeben. Als Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass eine Überprüfung der Schlussrechnungen ergeben habe, dass der Klägerin für die erbrachten Leistungen eine Vergütung in Höhe von 191.538,16 EUR und für die nicht erbrachten Leistungen eine Vergütung in Höhe von 94.536,35 EUR zustehe, wobei die Abweichung zu den Schlussrechnungen darauf beruhe, dass als erbrachte Leistungen abgerechnete Positionen als nicht erbrachte Leistungen abzurechnen seien. Im Übrigen sei die Berechnung der nicht erbrachten Leistungen nicht zu beanstanden; es hätte der Beklagten oblegen, hierzu qualifiziert Stellung zu nehmen, was nicht geschehen sei. Nach Ansicht des Landgerichts könne der Klägerin gemäß § 6 Abs. 6 VOB/B bzw. § 642 BGB auch die Begleichung ihrer Rechnung über 25.814,64 EUR verlangen; die Beweisaufnahme habe ergeben, dass Mitarbeiter der Klägerin wegen seitens der Beklagten verursachter Behinderungen nicht hätten arbeiten können, die Klägerin ihnen dennoch den vollen Lohn hätte zahlen müssen; die von der Klägerin vorgelegte Abrechnung sei nicht zu beanstanden. Nach Auffassung des Landgerichts stehe der Klägerin ferner ein Anspruch auf Erstattung zusätzlicher Kosten in Höhe von 15.949,17 EUR zu. Die Baumaßnahme sei mit massiven durch die Beklagte verursachten Behinderungen begleitet gewesen, wobei die Höhe der Mehrkosten auf der Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens gemäß § 287 ZPO auf die geltend gemachte Höhe zu schätzen sei.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen und der Entscheidungsgründe wird auf das Grundurteil des Landgerichts vom 28. April 2016 und auf das nunmehr angefochtene Urteil des Landgerichts vom 16. August 2018 verwiesen.
Soweit die Beklagte zur Zahlung einer Vergütung für nicht erbrachte Leistungen in Höhe von 94.536,35 EUR sowie zur Zahlung von Schadensersatz von 25.814,64 EUR und 15.949,17 EUR verurteilt worden ist, wendet sich die Beklagte gegen das landgerichtliche Urteil mit ihrer fristgerecht eingelegten Berufung. Sie macht unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens geltend, dass die von der Klägerin vorgelegten Berechnungen nicht geeignet seien, den geltend gemachten Anspruch aus § 648a Abs. 5 BGB schlüssig zu begründen; die Klägerin habe nicht ausreichend vorgetragen, um ihr, der Beklagten, eine Prüfung zu ermöglichen. Soweit es um die Rechnung über 25.814,64 EUR gehe, habe die Beweisaufnahme nicht ergeben, dass die Mitarbeiter der Beklagten nicht hätten eingesetzt werden können; zudem sei die Höhe der Entschädigung nicht zutreffend berechnet worden. Soweit es um die Rechnung über 15.949,17 EUR gehe, könne die Klägerin ihr Zahlungsbegehren auf keine Anspruchsgrundlage stützen, die auch vom Landgericht nicht genannt worden sei.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts vom 16. August 2018 abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen, wie die Beklagte zur Zahlung von mehr als 191.538,26 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. November 2014 und zur Zahlung von vorgerichtlich entstandener Anwaltskosten in Höhe von 4.386,50 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. März 2015 verurteilt worden ist.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, aufgrund des Grundurteils stehe fest, dass die Abrechnung der nicht erbrachten Leistungen ausreichend sei. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, zu den einzelnen Positionen der Schlussrechnung Stellung zu nehmen, was nicht geschehen sei. Auch die Einwände der Beklagten gegen ihre Rechnungen über 25.814,64 EUR und 15.949,17 EUR würden nicht durchgreifen; wegen der dauerhaften Behinderungen sei es bei ihr zu Mehrkosten gekommen, so dass ihr zumindest eine Entschädigung aus § 642 BGB zustehe.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt ihrer in erster Instanz und in der Berufungsinstanz eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Akten 7 O 125/14 des Landgerichts Lüneburg sind beigezogen gewesen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet.
1. Der Klägerin kann von der Beklagten für nicht erbrachte Leistungen eine Vergütung in Höhe des ausgeurteilten Betrages von 94.536,35 EUR beanspruchen.
In ihrer Schlussrechnung Nr. 7683710S hat die Klägerin eine Vergütung für ihre nicht erbrachten Leistungen unter Anrechnung ersparter Aufwendungen abgerechnet. Ein derartiger Anspruch steht der Klägerin gemäß § 648a Abs. 5 BGB a.F. nach Kündigung des Bauvertrages wegen Nichterbringung der Sicherheitsleistung durch die Beklagte zu. Dies hat das Landgericht in seinem Grundurteil vom 28. April 2016 bindend festgestellt. Sogleich hat das Landgericht in seinem Grundurteil bindend festgestellt, dass die von der Klägerin vorgenommenen Abrechnungen der erbrachten und nicht erbrachten Leistungen als solche nicht zu beanstanden sind.
Hiergegen wendet sich die Beklagte zwar mit ihrer Berufung, die in ihrer Berufungsbegründung vorbringt, dass die Berechnung der Klägerin nicht schlüssig sei; anhand dieser Abrechnung sei ihr eine Prüfung nicht möglich. Im Hinblick auf das ergangene Grundurteil des Landgerichts ist die Beklagte aber mit diesem Einwand im hiesigen Verfahren ausgeschlossen.
Nach § 304 Abs. 1 ZPO kann das Gericht, wenn ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig ist, über den Grund vorab entscheiden. Hiervon hat vorliegend das Landgericht Gebrauch gemacht. Zum Grund des Anspruchs gehören dabei alle anspruchsbegründenden Tatsachen, alle den Anspruchsgrund leugnenden Einwendungen und ferner die Einreden, die zur vollen Klageabweisung führen (vgl. Zöller, ZPO, 31. Auflage, zu § 304 Rdnr. 7a, 8, 9 m.w.N.). Was bindend aufgrund des Grundurteils erkannt worden ist, ergibt die Auslegung der Urteilsformel in Verbindung mit den Entscheidungsgründen (BGH, NJW-RR 2014, 1118, Rdnr. 17). Auf Streitpunkte, die in das Verfahren über den Grund gehören und dort geltend gemacht worden sind, kann im Verfahren über das Betragsverfahren nicht mehr eingegangen werden (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 36. Auflage, § 304 Rdnr. 20).
Vorliegend betrifft die Einrede der Beklagten, wonach die Klägerin ihren Vergütungsanspruch nach § 648a Abs. 5 Satz 2 BGB a.F. unter Anrechnung von ersparten Aufwendungen und anderweitigem Erwerb nicht schlüssig dargelegt hat, den Grund des Anspruchs. Denn dieser Einwand führt, wenn er berechtigt ist, zur vollen Klageabweisung. Dies ergibt sich daraus, dass nicht die Klägerin als Auftragnehmerin, sondern die Beklagte als Auftraggeberin darzulegen und zu beweisen hat, dass höhere Ersparnisse oder mehr anderweitiger Erwerb erzielt wurde, als der Auftragnehmer sich anrechnen lässt. Um dem Auftraggeber eine dahingehende Prüfung und Darlegung zu ermöglichen, hat der Auftragnehmer im Rahmen der ihm zukommenden sekundären Darlegungslast zu den ersparten Aufwendungen schlüssig vorzutragen und diese zu beziffern; ferner hat er sich zu einem anderweitigen Erwerb zu erklären (vgl. auch Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage, 9. Teil Rdnr. 27ff, 31/32). Kommt der Auftragnehmer im Rahmen eines Klageverfahrens seiner dahingehenden sekundären Darlegungslast nicht nach und kann sich der Auftragsgeber deshalb zu höheren Ersparnissen (auch im Zusammenhang mit der Vermutungsregelung des § 648a Abs. 5 Satz 3 BGB a.F.) nicht erklären, ist die auf § 648a Abs. 5 Satz 2 BGB a.F. gestützte Klage nicht schlüssig, was zur Klageabweisung führt.
Vorliegend war schon vor Erlass des Grundurteils zwischen den Parteien im Streit, ob die Klägerin ihrer sekundären Darlegungslast ordnungsgemäß nachgekommen war. Die Klägerin hat in ihrer Klageschrift auf ihre Schlussrechnung Nr. 7683710S vom 24. Oktober 2014 nebst Anlagen Bezug genommen, in der sie für jede einzelne nicht ausgeführte Leistung die ersparten Aufwendungen anhand ihrer Ursprungskalkulation ermittelt und von der vereinbaren Vergütung in Abzug gebracht hat. In der Klageschrift hat die Klägerin die überreichten Unterlagen erläutert und zugleich dargelegt, dass sie aufgrund der Kündigung keinen anderweitigen Erwerb hatte bzw. einen solchen nicht böswillig unterlassen hatte. Dies hat die Klägerin sodann in ihrer Replik auf die Klageerwiderung der Beklagten wiederholt und vertieft. Die Beklagte ist dagegen bei ihrer Auffassung geblieben, dass die Berechnungen und Ausführungen der Klägerin nicht schlüssig seien.
In seinem am 28. April 2016 verkündeten Grundurteil hat das Landgericht die Klage betreffend den von der Klägerin erhobenen Anspruch auf Zahlung einer vereinbarten Vergütung aus § 648a Abs. 5 BGB a.F. abzüglich ersparter Aufwendungen dem Grunde nach für gerechtfertigt (also für schlüssig) erklärt. In seinem Grundurteil hat das Landgericht nicht nur festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Kündigung des Bauvertrages seitens der Klägerin vorgelegen haben, sondern sogleich festgestellt, dass die Abrechnungen der Klägerin bezüglich der erbrachten und nicht erbrachten Leistungen nicht zu beanstanden sind. Ferner heißt es in den Entscheidungsgründen des Grundurteils: „Auch die seitens der Klägerin für die ersparten Aufwendungen vorgenommenen Berechnungen wurden nachvollziehbar dargestellt. Die Beklagte war danach ohne weiteres in der Lage, etwaige Einwendungen gegen die Abrechnung vorzubringen (vgl. auch OLG Celle, Urteil vom 20. Januar 2016, 7 U 86/15).“ Sodann hat das Landgericht abschließend in seinem Grundurteil festgehalten, dass die Klägerin nachvollziehbar dargelegt hat, was sie verlangt und wie sie zu ihrer Forderung gekommen ist.
Soweit das Landgericht auf die Entscheidung des Senats vom 20. Januar 2016 Bezug genommen hat, ist diese in dem Parallelverfahren zwischen den Parteien ergangen, in dem die Klägerin die Beklagte auf Stellung einer Bauhandwerkerhypothek in Anspruch genommen hatte. In dem vor dem Landgericht zum Aktenzeichen 7 O 125/14 geführten Verfahren ging es ebenfalls darum, ob die Klägerin die von ihr berechnete Vergütung für die nicht erbrachten Leistungen schlüssig begründet hat. Im Berufungsverfahren 7 U 86/15 hat der Senat in seinem Urteil vom 20. Januar 2016 hierzu im Einzelnen ausgeführt, dass die Schlussrechnung der Klägerin vom 24. Oktober 2014 betreffend eine Vergütung für die nicht erbrachten Leistungen schlüssig und nachvollziehbar ist, ferner, dass die Klägerin auch hinsichtlich eines anderweitigen Erwerbs ihrer sekundären Darlegungslast gekommen ist. (Anzumerken ist, dass der Vortrag der Klägerin hierzu in beiden Verfahren nahezu identisch ist.)
Festzuhalten ist sonach, dass aufgrund des Grundurteils des Landgerichts mit Bindungswirkung feststeht, dass die Klägerin ihrer im Rahmen des § 648 Abs. 5 Satz 2 BGB a.F. obliegenden Darlegungslast in vollem Umfang nachgekommen ist, d.h. dass ihre geltend gemachte Klageforderung, soweit diese eine Vergütung für nicht erbrachte Leistungen zum Gegenstand hat, schlüssig ist.
Steht mithin bindend fest, dass die Abrechnung der Klägerin im Zusammenhang mit ihrem Vortrag zu den ersparten Aufwendungen und dem anderweitigen Erwerb ausreichend ist, die hier in Rede stehende Klageforderung also nicht mangels Schlüssigkeit der Abweisung unterlag, kann sich die Beklagte im hiesigen Betragsverfahren nicht mehr darauf berufen, dass die Berechnungen der Klägerin und ihr Vortrag zu den ersparten Aufwendungen und dem anderweitigen Erwerb nicht schlüssig seien und ihr, der Beklagten, eine Prüfung nicht möglich sei. Auf das gesamte Vorbringen der Beklagten hierzu in ihrer Berufungsbegründung, welches eine Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags sowie Angriffe gegen das o.g. Urteil des Senats beinhaltet, kommt es deshalb nicht an.
Für das hiesige Verfahren ist zugrunde zu legen, dass die Klägerin ihren Vergütungsanspruch aus § 648a Abs. 5 BGB a.F. schlüssig dargetan hat und es im anstehenden Betragsverfahren ausschließlich um die Frage geht, ob der Klägerin der geltend gemachte Vergütungsanspruch von 94.536,35 EUR tatsächlich in dieser Höhe auch zusteht. Dies sieht die Beklagte ausweislich ihres Schriftsatzes vom 12. Dezember 2019 letztlich selbst so, denn in diesem Schriftsatz führt sie aus, dass aufgrund des Grundurteils feststeht, dass der Klägerin dem Grunde nach ein Vergütungsanspruch zusteht, wobei die Höhe des Vergütungsanspruchs von der Berechtigung einzelner Anspruchspositionen abhängt. Von der Beklagten sind jedoch zu keinem Zeitpunkt Einwände gegen die einzelnen Anspruchspositionen der Schlussrechnung Nr. 7683710S erhoben worden. Sie hat auch keine (konkreten) Einwände zu den von der Klägerin dargelegten ersparten Aufwendungen und zu deren Ausführungen zu dem anderweitigen Erwerb vorgebracht, obgleich ihr insoweit die Darlegungs- und Beweislast zukommt. Mit ihrer Berufungsbegründung beanstandet sie lediglich pauschal, dass die hier in Rede stehende Klageforderung insbesondere wegen eines nicht ausreichenden Vortrags zu einem anderweitigen Erwerb nicht schlüssig sei. Aufgrund des ergangenen rechtskräftigen Grundurteils des Landgerichts ist die Beklagte indes mit diesem Einwand ausgeschlossen, die gegen sich gelten lassen muss, dass die Klageforderung, weil diese von der Klägerin schlüssig dargelegt worden ist, dem Grunde nach besteht. Die Beklagte kann sich nicht mehr darauf berufen, dass die Berechnungen der Klägerin nicht nachvollziehbar und unvollständig seien, weil diese insbesondere einen etwaigen anderweitigen Erwerb nicht berücksichtigen, nachdem sie es unterlassen hatte, Berufung gegen das Grundurteil mit der Begründung einzulegen, dass die Abrechnung der Klägerin entgegen der Ansicht des Landgerichts zu beanstanden sei, weil sich diese nicht zu einem „anderweitigen Erwerb“ verhalte.
Da die Beklagte bereits erstinstanzlich keine konkreten Einwendungen gegen die Schlussrechnung der Klägerin Nr. 7683710S erhoben hat, hat das Landgericht von der Richtigkeit der Berechnungen der Klägerin und ihren ergänzenden Angaben auszugehen gehabt und ist dabei zu einem Anspruch der Klägerin in Höhe von 94.536,35 EUR gelangt. Hierbei hat es für die Berufungsinstanz zu verbleiben, nachdem sich, wie oben dargelegt, die Einwände der Beklagten hiergegen als unbeachtlich erweisen.
2. a) Im Zusammenhang mit der Rechnung Nr. 7683708 steht der Klägerin ein Zahlungsanspruch in Höhe von 17.233,47 EUR zu.
Mit der Rechnung Nr. 7683708 beansprucht die Klägerin eine Entschädigung/Schadensersatz dafür, dass vier ihrer Mitarbeiter in der Zeit vom 12. Juni 2014 bis 30. Juni 2014 auf der Baustelle nicht tätig werden konnten, nachdem die Beklagte auf die Behinderungsanzeige der Klägerin Nr.1 vom 6. Juni 2014, die die Klägerin unter dem 13. Juni 2014 wiederholt hat, keine Anordnung getroffen hatte. In Höhe von 17.233,47 EUR ist das Begehren der Klägerin, gestützt auf § 6 Abs. 1 VOB/B berechtigt.
Bei Abschluss des Bauvertrages ist von den Parteien die Geltung der VOB/B vorgesehen worden. Nach § 6 Abs. 1 VOB/B muss der Auftragnehmer dem Auftraggeber unverzüglich schriftlich anzeigen, wenn er an der ordnungsgemäßen Ausführung der Leistung behindert wird. Hat der Auftraggeber die hindernden Umstände zu vertreten, kann er von dem Auftragnehmer gemäß § 6 Abs. 6 VOB/B auf Schadensersatz oder gemäß § 642 BGB auf Entschädigung in Anspruch genommen werden.
Gemäß den Feststellungen des Landgerichts haben die von der Klägerin vorgetragenen und mit Behinderungsanzeige Nr. 1 geltend gemachten Behinderungen bestanden, die dazu geführt haben, dass vier Mitarbeiter der Klägerin in der Zeit vom 12. Juni 2014 bis zum 30. Juni 2014 auf der Baustelle nicht arbeiten konnten. Bei dieser Feststellung des Landgerichts hat es gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO für die Berufungsinstanz zu verbleiben. Denn es liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Derartige Anhaltspunkte werden von der Beklagten auch nicht aufgezeigt.
Die von der Klägerin benannten Zeugen A. (Polier), M. (Baggerfahrer), Heiko Sch. und Frank Sch. (beide Baufacharbeiter) haben übereinstimmend ausgesagt, dass es im Juni 2014 Probleme auf der Baustelle gegeben habe; sie hätten deshalb nicht arbeiten konnten; sie seien von der Arbeit freigestellt worden, hätten aber ihren vollen Arbeitslohn erhalten. Dies hat auch der Zeuge S. bestätigt. Demgegenüber hat zwar der Zeuge F., der von der Beklagten benannt worden ist, ausgesagt, dass nach seiner Einschätzung trotz der Behinderungen hätte weitergearbeitet werden können; zugleich hat der Zeuge aber eingeräumt, dass die Beklagte aufgrund der Behinderungsanzeige nichts unternommen hatte, obwohl die Klägerin mit Schreiben vom 13. Juni 2014 angekündigt hatte, dass vier ihrer Mitarbeiter die Arbeit einstellen werden.
Nach Würdigung dieser Zeugenaussagen ist das Landgericht in seinem Urteil zutreffend zu der Feststellung gelangt, dass die Einstellung der Arbeiten auf ein pflichtwidriges Verhalten der Beklagten zurückgeht. Die von der Beklagten mit ihrer Berufungsbegründung vorgebrachten Einwände gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts greifen nicht durch. Es ist nicht maßgeblich, ob nach der Einschätzung des Zeugen F. sämtliche Mitarbeiter der Klägerin trotz der Behinderungen in Form von Erdhaufen faktisch hätten arbeiten können; entscheidend ist, dass die Beklagte auf die berechtigten Behinderungsanzeigen nicht reagiert hatte und keine Anweisungen erteilt hatte, was die Klägerin zum Anlass genommen hatte, vier ihrer Mitarbeiter vorübergehend von der Baustelle abzuziehen.
Infolge der von der Beklagten zu vertretenen Behinderung der Ausführung der Arbeiten ist der Klägerin ein Schaden in Höhe von 17.233,47 EUR entstanden, den sie gemäß § 6 Abs. 6 VOB/B von der Beklagten ersetzt verlangen kann.
Nach § 6 Abs. 6 VOB/B kann der Auftragnehmer den Schaden erstattet verlangen, der konkret auf die Behinderung zurückgeht (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB, 17. Auflage, zu § 6 Abs. 6 VOB/B, Rdnr. 39, 41). Vorliegend besteht der konkrete Schaden, der bei der Klägerin aufgrund der Behinderung eingetreten ist, darin, dass sie an ihre vier Mitarbeiter, die infolge der Störung des Arbeitsablaufs von der Arbeit freigestellt wurden, den Arbeitslohn weitergezahlt hatte. Die von ihr (ohne Erhalt einer Gegenleistung) aufgewandten Lohnkosten stellen den über § 6 Abs. 6 VOB/B zu erstattenden Schaden dar.
In ihrer Rechnung vom 22. Juli 2014 hat die Klägerin allerdings nicht die bei ihr angefallenen Lohnkosten in Ansatz gebracht, sondern verfehlt auf übliche Stundensätze/Einheitspreise von 55,20 EUR und 45,82 EUR abgestellt. Diese Beträge, die die Klägerin ihren Auftraggebern in Rechnung stellt, wenn sie ihren Werklohn als übliche Vergütung auf Stundenlohn- und Materialbasis abrechnet, sind im Rahmen des Schadensersatzbegehrens nicht maßgeblich. Der Klägerin ist kein Schaden in Höhe von 55,20 EUR und 45,82 EUR pro Arbeitsstunde dadurch entstanden, dass sie an ihre Mitarbeiter trotz Nichterbringung von Arbeit den Arbeitslohn weitergezahlt hatte, zumal ihr Vergütungsanspruch gegenüber der Beklagten bestehen geblieben ist. Der Schaden der Klägerin besteht darin, dass sie ihre Mitarbeiter bezahlen musste, obwohl diese keine Gegenleistung (Arbeitsleistung) erbracht hatten.
Diesbezüglich hat die Klägerin ihren Schaden in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 9. Januar 2020 unter Vorlage einer Kostenaufstellung dargetan und beziffert. Danach beliefen sich ihre Lohn- und Lohnnebenkosten für die Baustelle der Beklagten im Monat Juni 2014 auf durchschnittlich 37,71 EUR/Stunde. Dies ergibt für 457 Stunden, an denen die Mitarbeiter nicht tätig waren, aber ihren Lohn fortgezahlt bekamen, einen Betrag von 17.233,47 EUR, der sich für die Klägerin als erstattungsfähiger Schaden darstellt. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte die Richtigkeit der Angaben in der Anlage BB1 und dabei auch die angegebenen Lohnkosten, Arbeitsstunden und den daraus abgeleiteten Mittelwert mit Nichtwissen bestreitet. Denn der Senat ist gemäß § 287 ZPO davon überzeugt, dass die Angaben der Klägerin in ihrer Kostenaufstellung zutreffend sind.
Ist die Schadenshöhe zwischen den Parteien umstritten, kann das Gericht gemäß § 287 Abs. 1 ZPO hierüber nach freier Überzeugung entscheiden. Vorliegend hat die Klägerin eine Kostenaufstellung für das Bauvorhaben der Beklagten, bezogen auf den Monat Juni 2014 vorgelegt, in dem sie u.a. die bei ihr angefallenen Lohnkosten für diesen Monat im Einzelnen aufgeführt hat. Danach beliefen sich ihre Lohn- und Lohnnebenkosten für 1.504,26 Stunden auf insgesamt 56.728,80 EUR, was im Mittel Kosten von 37,71 EUR pro Stunde ergibt. Dabei sind an die Mitarbeiter selbst ausweislich der Aufstellung für die 1.504,26 Stunden Zeitlöhne in Höhe von 28.343,74 EUR brutto ausgezahlt worden, was einem Mittellohn von 18,84 EUR entspricht. Es gibt keine Anhaltspunkte dahingehend, die Richtigkeit der Angaben in der Kostenaufstellung in Frage zu stellen. Dies gilt umso mehr, als dass der ausweislich der Aufstellung an die Mitarbeiter (Arbeiter und Poliere) ausgezahlte Mittellohn von 18,84 EUR sowie der sich der Ausstellung zu entnehmende Mittelwert von 37,71 EUR/h betreffend die bei der Klägerin angefallenen Lohn- und Lohnnebenkosten in diesem Rahmen üblicherweise unter normalen Umständen im Baugewerbe anfällt. Von der fachkundigen Beklagten wird auch nicht aufgezeigt, dass die vorbezeichneten Mittelwerte übersetzt sein können.
Soweit die Beklagte mit ihrer Berufungsbegründung vorbringt, dass es nicht zu ihren Lasten zu gehen habe, dass die Klägerin ausweislich ihrer Tagesarbeitsberichte ihre Mitarbeiter nicht nur für 8 Stunden pro Tag freigestellt habe, sondern teilweise bis zu 12,5 Stunden pro Tag, kann sie hiermit nicht gehört werden. Aus den von der Klägerin vorgelegten Tagesarbeitsberichten, (deren Richtigkeit von der Beklagten im Übrigen nicht bestritten wurde, worauf die Klägerin zutreffend in ihrer Berufungserwiderung hinweist) ergibt sich, an welchen Tagen für welche Stunden die Mitarbeiter freigestellt waren. So waren etwa am 12. Juni 2014 der Polier sowie drei weitere Mitarbeiter in der Zeit von 11.00 Uhr bis 19.00 Uhr infolge der Behinderung von der Arbeit beurlaubt. Da die Klägerin den Lohn an ihre Mitarbeiter für die volle vereinbarte Arbeitszeit von 6.30 Uhr bis 19.00 Uhr auszuzahlen hatte, waren von dieser Verpflichtung die vollen Behinderungszeiten bis 19.00 Uhr erfasst. Wie die vier Mitarbeiter der Klägerin als Zeugen vor dem Landgericht ausgesagt haben, hatten sie, auch soweit sie freigestellt waren, für die vorgesehene Arbeitszeit den vollen Lohn erhalten. Soweit die Beklagte offenbar in ihrem Schriftsatz vom 3. Februar 2020 nachträglich bestreiten will, dass die vier Mitarbeiter von dem Stillstand betroffen waren, muss ihr Bestreiten angesichts des Ergebnisses der von dem Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme ins Leere gehen.
b) Weitergehende Zahlungsansprüche stehen der Klägerin aus ihrer Rechnung Nr. Nr. 7683708 nicht zu.
aa) Ausweislich ihrer Rechnung Nr. 7683708 verlangt die Klägerin eine Entschädigung für die Vorhaltung eines Baggers und eines Radladers in der Zeit vom 12. Juni 2014 bis 30. Juni 2014, wobei sie wiederum verfehlt auf ortsübliche Vergütungssätze von 33,13 EUR und 17,62 EUR abgestellt hat. Dadurch, dass die Geräte auf der Baustelle vorübergehend nicht im Einsatz waren, ist der Klägerin nachweisbar keine Vergütung in dieser Höhe entgangen. Über § 6 Abs. 6 VOB/B wird ohnehin nur der nachweislich entstandene Schaden ausgeglichen.
In ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 9. Januar 2020 macht die Klägerin nunmehr die Kosten für den Einsatz der Geräte geltend, was aber ebenfalls kein über § 6 Abs. 6 VOB/B zu ersetzender schadensbedingter Stillstandschaden ist. Die Klägerin weist zwar unter Bezugnahme auf die Anlage BB1 darauf hin, dass der Radlader, als er im Mai 2014 für 19 Tage auf der Baustelle im Einsatz war, Kosten in Höhe von 1.577,00 EUR verursacht hat, was bei 8 Stunden pro Tag einen Stundensatz von 10,38 EUR/h ergibt. Diese Kosten sind vorliegend aber nicht maßgeblich, weil diese Aufwendungen ersichtlich nicht die Nachteile widerspiegeln, die bei der Klägerin deshalb angefallen sind, weil mit dem Radlader im Juni 2014 nicht gearbeitet wurde. Entsprechendes gilt für die von der Klägerin dargelegten Kosten für den Einsatz des Kettenbaggers, die im Übrigen ausweislich der Anlage BB1 ohnehin geschwankt haben. Während sich der Kostensatz für den Bagger am 30. Juni 2014 auf 23,27 EUR pro Stunde belief, fielen am 23. Juni 2014 nur Kosten in Höhe von 13,96 EUR für eine Stunde an. Letztlich kann dies dahinstehen, weil es hierbei ohnehin nicht um Stillstandkosten geht.
Bei dem Stillstandschaden geht es um die Nachteile, die bei der Klägerin dadurch eingetreten sind, dass sie die beiden Geräte im Zeitraum vom 12. Juni bis 30. Juni 2014 nicht auf der Baustelle einsetzen konnte. Sie hätte deshalb darlegen müssen, welche konkreten Nachteile es für sie mit sich gebracht hatte, dass die beiden auf der Baustelle stillgestandenen Geräte in diesem Zeitraum nicht genutzt werden konnten, wobei als möglicher Nachteil in Betracht gekommen wäre, dass die Geräte nicht rechtzeitig anderweitig eingesetzt werden konnten (vgl. hierzu Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Auflage, Rdnr. 2344). Ein derartiger Schaden ist von der Klägerin nicht dargetan worden, so dass diesbezüglich ein Schadensersatzanspruch aus § 6 Abs. 6 VOB/B nicht festgestellt werden kann.
bb) Soweit die Klägerin ihren wegen des Stillstandes vom 12. Juni 2014 bis zum 30. Juni 2014 in Rechnung gestellten Betrag in Höhe von 25.814,64 EUR (bzw. reduziert auf 23.237,46 EUR, Bl. 766 GG) als Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB geltend macht, erweist sich ihr Anspruchsbegehren auch insoweit der Höhe nach als unschlüssig.
Bei einem Anspruch aus § 642 BGB geht es letztlich um einen Anspruch aus einer Vergütungsvereinbarung. Dem Auftragnehmer soll eine Entschädigung dafür gewährt werden, dass er während der Dauer des Verzugs Kapital und Arbeitskräfte vorhalten muss, ohne dass der Werklohn dafür einen Ausgleich verschafft (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 8. Teil, Rdnr. 36). Maßgeblich für die Höhe der Entschädigung ist grundsätzlich die dem Vertrag zugrunde liegende Kalkulation (Kniffka/Koeble, aaO, Rdnr. 37), d.h. die für die betroffene Teilleistung, deren Ausführung sich verzögert hat, kalkulierten Lohn- und Gerätekosten sowie nach neuerer BGH-Rechtsprechung (BGH, NJW 2018, 544) auch anteilig die kalkulierten Geschäftskosten nebst den kalkulierten Zuschlägen für Wagnis und Gewinn.
Vorliegend ist von der Klägerin nicht dargelegt worden, wie sie die hier in Rede stehenden Lohn- und Gerätekosten seinerzeit kalkuliert hatte. Während sie in ihrer Rechnung vom 22. Juli 2014 auf die ortsübliche Vergütung abgestellt hat, verweist sie in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 9. Januar 2020 auf tatsächlich angefallene Kosten. Für einen Anspruch aus § 642 BGB kommt es aber nicht auf die tatsächlich angefallenen (Mehr-)Kosten an. Die Berechnung der Entschädigung hat auf der Basis der Ursprungskalkulation zu erfolgen, die um den zusätzlichen Aufwand, bedingt durch die Vorhaltung von Arbeitskräften, Geräten etc., fortzuschreiben ist. Hierzu fehlt es seitens der Klägerin an jeglichem Vortrag. In ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 9. Januar 2020 hat sie zwar vorgebracht, dass sie für das streitgegenständliche Bauvorhaben die Geschäftskosten sowie die Zuschläge auf Wagnis und Gewinn mit 17,4 % kalkuliert habe. Dies ist für sich gesehen aber unbeachtlich, nachdem sich die Klägerin nicht zu den maßgeblichen Lohn- und Gerätekosten aus ihrer Kalkulation erklärt hat, es mithin an der Berechnungsgröße für die kalkulierten Zuschläge fehlt.
3. Die Klägerin kann von der Beklagten ferner nicht die Begleichung ihrer Rechnung Nr. 7683711S verlangen.
Mit dieser Rechnung vom 21. November 2014 hat die Klägerin „wegen Störungen aus dem Bereich des Auftraggebers“ der Beklagten pauschal einen Betrag von 15.949,17 EUR in Rechnung gestellt. Mangels eines entsprechenden Sachvortrags kommen der Klägerin bezüglich dieser Rechnung keine Ansprüche zu.
a) Ausweislich der Klageschrift hat die Klägerin die erhobene Forderung über 15.949,17 EUR als Schadensersatzanspruch aus § 6 Abs. 6 VOB/B geltend gemacht. Dies hat die Klägerin damit begründet, dass sich ihre Mitarbeiter, nämlich der Bauleiter, der Abrechner, der Vermesser und der Bereichsleiter, aufgrund der von der Beklagten verursachten Störungen und Behinderungen beim Bauablauf während ihrer Arbeitszeit über den geplanten Zeitaufwand hinaus mit dem Bauvorhaben befassen mussten. So soll sich der Bauleiter etwa 10,2 Tage länger als vorgesehen mit dem Bauvorhaben beschäftigt haben. Unabhängig von der Frage, ob und inwieweit dies tatsächlich auf von der Beklagten zu vertretenden Behinderungen zurückzuführen war, hat die Klägerin ihren Schaden ohnehin nicht konkret dargelegt. Die Klägerin hat ihren Schaden lediglich abstrakt anhand der kalkulierten Bauzeit berechnet, was aber im Rahmen des § 6 Abs. 6 VOB/B nicht zulässig ist (vgl. etwa Werner/Pastor, aaO, Rdnr. 2341 m.w.N.). Die Klägerin hätte darlegen müssen, dass wegen der Mehrarbeit ihrer Mitarbeiter bei ihr tatsächlich Mehrkosten in Form von bezahlten Überstunden, Einstellung weiterer Mitarbeiter bzw. finanzielle Nachteile wegen liegengebliebener Arbeit angefallen sind. Dies ist seitens der Klägerin auch in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 9. Januar 2020 nicht geschehen. Sie legt dem vermeintlichen Mehraufwand schlicht den internen Tagessatz etwa für den Bauleiter von 450 EUR zugrunde und gelangt so für 10,20 Tage abstrakt zu Mehrkosten von 5.002,86 EUR. Dass der Bauleiter tatsächlich für 10,20 Tage ein zusätzliches Gehalt erhalten hat, was sich bei der Klägerin als konkreter Schadens dargestellt hätte, wird von ihr nicht vorgebracht. Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass die Mitarbeiter der Klägerin im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses während ihrer vereinbarten normalen Arbeitszeit die anlässlich des streitgegenständlichen Bauvorhabens angefallenen Arbeiten erbracht haben und dafür ihren normalen Arbeitslohn erhalten haben.
b) Soweit sich die Klägerin in der Berufungsbegründung für ihr Zahlungsbegehren über 15.949,17 EUR auf § 313 BGB als Anspruchsgrundlage beruft, kann sie hiermit nicht durchdringen, weil diese Regelung hier nicht einschlägig ist. Bei unvorhersehbaren Bauzeitverzögerungen kann zwar eine Anpassung der Vergütung verlangt werden (vgl. Werner/Pastor, aaO, Rdnr. 2349). Geht die Bauzeitverzögerung aber auf Behinderungen infolge Verletzung von Mitwirkungspflichten zurück, kommen die Regelungen in § 642 BGB bzw. § 6 Abs. 6 VOB/B zur Anwendung, so dass kein Raum für eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB ist.
c) Die Klägerin kann die geltend gemachte Forderung über 15.949,17 EUR schließlich nicht auf § 642 BGB stützen. Denn diesbezüglich liegt seitens der Klägerin weder ein schlüssiger Vortrag zum Anspruchsgrund noch zur Anspruchshöhe vor.
Hat der Auftraggeber eine vertragliche Mitwirkungspflicht nicht erfüllt, hat der Auftragnehmer ihm mittels einer Behinderungsanzeige in Annahmeverzug versetzt (was bei einem VOB-Vertrag erforderlich ist, s. Kniffka/Koeble, aaO, 8. Teil, Rdnr. 35), und ist es dadurch zu Verzögerungen bei dem Bauablauf gekommen, steht dem Auftragnehmer zwar eine Entschädigung zu, die sich gemäß § 642 BGB nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung bestimmt.
Das Bestehen eines Entschädigungsanspruchs nach § 642 BGB erfordert hier also, dass die Beklagte eine Mitwirkungshandlung unterlassen hatte, wodurch die Bauausführung behindert wurde, dass die Klägerin ihr aber ihre Leistung angeboten und ihr die Behinderung der ordnungsgemäßen Bauausführung mittels Behinderungsanzeige angezeigt hatte bzw. dies offenkundig ist (vgl. Ingenstau/Korbion, aaO, zu § 6 Abs. 6 VOB/B, Rdnr. 55, 56, 57). Um eine dahingehende Feststellung treffen zu können, hätte die Klägerin hinsichtlich jeder einzelnen Behinderung konkret die unterlassene Mitwirkung nebst Behinderungsanzeige, den sich daraus ergebenen Annahmeverzug und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf den Bauverlauf und die übernommenen Arbeiten darlegen müssen (vgl. Kniffka/Koeble, aaO, 8. Teil, Rdnr. 41). Dies ist seitens der Klägerin auch in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 9. Januar 2020 nicht geschehen.
Seitens der Klägerin fehlt es an jeglichem geordneten schlüssigen Sachvortrag zu den einzelnen unterlassenen Mitwirkungshandlungen der Beklagten, dem Annahmeverzug und den sich infolgedessen ergebenden Verzögerungen. Die Klägerin hat stattdessen nur allgemein Ausführungen zu eingetretenen Behinderungen gemacht, ohne sich schlüssig zu dem Annahmeverzug und dessen Auswirkungen zu erklären. Die Klägerin hat zwar ergänzend auf eine von ihr selbst gefertigte Dokumentation über die Störungen verwiesen, die als Anlage K41 vorgelegt worden ist. Der Verweis auf diese Anlage vermochte aber einen schlüssigen Sachvortrag schon deshalb nicht zu ersetzen, weil sich diese Dokumentation insbesondere nicht schlüssig zu der Kausalitätsproblematik verhält. Nur der Mehraufwand geht kausal auf die Behinderung/Störung zurück, die angefallen ist, um den Bauablauf zu fördern. Aufwendungen, mit denen die Klägerin eigene Zwecke verfolgt, sind nicht adäquat-kausale Folge der Behinderung, auch wenn diese der Anlass für die Aufwendungen war. Dies folgt daraus, dass es bei § 642 BGB um den Ausgleich der aus der vereinbarten Vergütung abgeleiteten Mehrkosten für die Zeit geht, um die sich das Bauvorhaben infolge des Annahmeverzugs verzögert (Kniffka/Koeble, aaO, 8. Teil Rdnr. 38). Vor diesem Hintergrund scheidet von vornherein eine vergütungsähnliche Entschädigung nach § 642 BGB etwa für die bei der Klägerin angefallenen 4,25 Tage für die Anforderung einer Bürgschaft sowie für die in Ansatz gebrachten 4,7 Tage betreffend den Abrechner und die 4,5 Tage betreffend den Vermesser anlässlich der Erstellung von weiteren Schlussrechnungen aus. Denn es geht hier nicht um Aufwendungen im Zusammenhang mit der verzögerlichen Bauausführung, sondern um Aufwendungen für die Geltendmachung eigener Ansprüche. Aber auch ansonsten erscheint zweifelhaft, ob die in der Anlage K41 dargelegten Zeitaufwendungen auf einen Annahmeverzug der Beklagten zurückgehen wie etwa die Tätigkeiten vor der ersten Behinderungsanzeige. Mangels eines entsprechenden Sachvortrags der Klägerin muss letztlich offenbleiben, inwieweit der zusätzlich angefallene Zeitaufwand Folge einzelner Annahmeverzüge der Beklagten ist.
Darüber hinaus liegt auch kein schlüssiger Vortrag der Klägerin zur Höhe einer Entschädigung nach § 642 BGB vor. Denn die Klägerin hat nicht, abgestellt auf die Ursprungskalkulation, die aufgrund der aufgetretenen Verzögerungen zusätzlich angefallenen Personalkosten dargetan. Die Klägerin hat, wie sie nochmals in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 9. Januar 2020 dargelegt hat, für die Bemessung der Mehrkosten wegen des erhöhten Zeitaufwands auf ihre internen Tagessätze abgestellt, was aber nicht maßgeblich ist. Denn die Berechnung der Entschädigung nach § 642 BGB, die gerade keinen Schadensausgleich zum Gegenstand hat, hat auf der Grundlage der Ursprungskalkulation zu erfolgen (vgl. Ingenstau/Korbion, aaO, zu § 6 Abs. 6 VOB/B, Rdnr. 61).
Soweit sich die Klägerin in ihrer Berufungserwiderung auf das von dem Landgericht eingeholte Sachverständigengutachten des Prof. Dr. W. beruft, ist dieser Einwand nicht zielführend.
Der Sachverständige sollte sich gemäß Beweisfrage I.17 des Beweisbeschlusses des Landgerichts vom 24. Oktober 2016 dazu erklären, ob der von der Klägerin in der Rechnung Nr. 768311S vom 21. November 2014 geltend gemachte Personalmehraufwand korrekt abgerechnet worden ist. Eine Beantwortung dieser Frage war dem Sachverständigen nicht möglich. Denn die Frage, ob die Abrechnung korrekt ist, hängt davon ab, was Grundlage der Berechnung ist. Hierauf hat der Sachverständige in seinem Gutachten hingewiesen, der angemerkt hat, dass er nicht beurteilen könne, ob es vorliegend um eine Mehrvergütungsberechnung, um eine Entschädigungsbetrachtung oder um eine Schadensberechnung gehe, wobei er abschließend in seinem Gutachten betont hat, dass mit der Fragestellung 1.17 „massiv“ juristisches Terrain tangiert werde. Sogleich hat der Sachverständige in seinen Gutachten zum Ausdruck gebracht, dass es an sich Sache des Gerichts ist, selbst zu beurteilen, ob das Vorbringen der Klägerin ausreichend ist. Denn in seinem Gutachten heißt es wörtlich: „Man kann zur Darstellung derartiger Behinderungssachverhalte baubetriebliche Gutachter beauftragen und hoffen, dass belastbare Ausarbeitungen gefertigt werden“. Zur Vorlage eines belastbaren Gutachtens hat sich der Sachverständige, der die Anlage K41 nicht als „gerichtsfest“ bezeichnen konnte, nicht in der Lage gesehen, weil er keine abschließende Beurteilung abgeben konnte. Demzufolge heißt es in dem Gutachten, dass der Sachverständige „den in der Beweisfrage implizierten Begriff der „korrekten Abrechnung“ so nicht bestätigen kann“.
Dem zu der hier in Rede stehenden Rechnung eingeholten Sachverständigengutachten kommt mithin keinerlei Beweiswert zu und hat insbesondere einen schlüssigen Sachvortrag der Klägerin zu einem Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB dem Grunde und der Höhe nach nicht entbehrlich gemacht, an dem es, wie oben dargelegt, fehlt.
4. Der Zinsanspruch, bezogen auf den Vergütungsanspruch, beruht auf §§ 286 Abs. 3, 288 Abs. 2 BGB. Der Zinsanspruch, bezogen auf den Schadensersatzanspruch, beruht auf §§ 288 Abs. 1, 291 BGB; diesbezüglich kann die Klägerin lediglich Zinsen ab Rechtshängigkeit beanspruchen, denn die Vorschrift des § 286 Abs. 3 BGB, auf die sich die Klägerin beruht, gilt nur für Entgeltforderungen.
5. Die Klägerin kann die verlangten Rechtsanwaltskosten unter Schadensersatzgesichtspunkten (§ 280 BGB) von der Beklagten erstattet verlangen. Wie die Klägerin in ihrer Klageschrift vorgetragen hat, hatte sie anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen, nachdem die Beklagte pflichtwidrig die Sicherheitsleistung gemäß § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. nicht erbracht hatte. Dem hat sich der Rechtsstreit 7 O 125/14 vor dem Landgericht Lüneburg angeschlossen. Für die vorprozessuale Tätigkeit ihrer Anwälte sind der Klägerin Gebühren in Höhe von 5.633,00 EUR in Rechnung gestellt worden. Die nicht in dem o.g. Verfahren anrechenbaren Anwaltsgebühren, die Klägerin unter Darlegung im Einzelnen mit 4.385,50 EUR angegeben hat, kann sie von der Beklagten erstattet verlangen. Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungsbegründung den Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten dem Grund und der Höhe nach bestreitet, ist sie mit diesem Bestreiten gemäß § 531 Abs. 2 ZPO in der Berufungsinstanz ausgeschlossen.
6. Die Kostenentscheidung hat ihre Grundlage in § 92 Abs. 1, § 97 ZPO.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 543 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 26 EGZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben.