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Bauvertrag – Gewährleistung bei Übergang in Abrechnungsverhältnis

OLG Celle – Az.: 8 U 133/19 – Urteil vom 06.02.2020

Auf die Berufung des Klägers wird das am 12. Juni 2019 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Verden teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der Berufung und der Anschlussberufung im Übrigen insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 19.026,87 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 10. Juli 2018.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf bis zu 45.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt Zahlung von Werklohn.

In der 34. KW des Jahres 2017 schlossen die Parteien des Rechtsstreits mündlich einen BGB-Werkvertrag über die Außendämmung eines unter der postalischen Anschrift H. 10 in A. belegenen Mehrfamilienhauses durch den Kläger. Unter anderem vereinbarten die Parteien, dass der Beklagte dem Kläger einen Teil der für die Arbeiten benötigten Materialien zur Verfügung stellt.

Der Kläger begann mit den Arbeiten im September 2017. In der Folgezeit kam es zu Verzögerungen bei den Arbeiten, wobei die Ursache dieser Verzögerung zwischen den Parteien streitig ist.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 4. Dezember 2017 (Bl. 15, 16 d. A.) forderte der Beklagte den Kläger auf, die Arbeiten bis zum 19. Dezember 2017 fertigzustellen. Der Kläger reagierte seinerseits mit anwaltlichem Schreiben vom 15. Dezember 2017 (Bl. 17 – 21 d. A.) und meldete unter anderem Bedenken an, die Arbeiten am Außenputz trotz der herrschenden winterlichen Temperaturen durchzuführen. Darüber hinaus forderte er den Beklagten auf, hinsichtlich der ausstehenden Werklohnforderung eine Bauhandwerkersicherung zu stellen.

Daraufhin kündigte der Beklagte den Werkvertrag mit anwaltlichem Schreiben vom 22. Januar 2018 (Bl. 27 – 31 d. A.). Der Kläger kündigte im Anschluss den Werkvertrag seinerseits mit Schreiben vom 23. Januar 2018 (Bl. 32 – 33 d. A.).

Der Kläger stellte dem Beklagten im Anschluss für die durchgeführten Arbeiten einen Betrag in Höhe von 19.026,87 € in Rechnung (Bl. 51 d. A.). Zahlungen leistete der Beklagte hierauf nicht.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 19.026,87 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 22. März 2018 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Ihm stehe aufgrund mangelhafter Durchführung der Arbeiten ein Schadensersatzanspruch zu, mit dem er die Aufrechnung erkläre. An der Fassadenfläche sei der Armierungsputz teilweise ungleichmäßig mit teilweise freiliegendem Armierungsgewebe. Teilweise fehle vollständig der Oberputz. Die Grundierung fehle teilweise vollständig. Der Anschluss an die Rolladenkästen sei unsauber hergestellt. Dasselbe gelte für die Anschlüsse an Fensterlaibung und Sturzbereich pp. Die Brandriegel seien durchfeuchtet und nicht verdübelt. Putzträgerplatten im Gaubenbereich seien durchnässt. Hinsichtlich der Einzelheiten der behaupteten Mängel wird auf Bl. 76, 77 d. A. Bezug genommen. Insgesamt – so der Beklagte – würden sich die Sanierungs- und Fertigstellungskosten auf 34.600,00 € brutto belaufen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 23. November 2018 (Bl. 146, 147 d. A.) in der Fassung des Beschlusses vom 13. Dezember 2018 (Bl. 156 d. A.). Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. H. vom 12. Februar 2019 (in der Aktentasche) und seine ergänzende schriftliche Stellungnahme vom 13. Mai 2019 (Bl. 197 – 199 d. A.). Weiter hat das Landgericht den Sachverständigen angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen F. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 22. Mai 2019 Bezug genommen (Bl. 200 – 204 d. A.).

Mit Urteil vom 12. Juni 2019 (Bl. 230 – 240 d. A.) hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Den vom Kläger geltend gemachten Vergütungsanspruch habe der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach unstreitig gestellt. Allerdings sei der Werklohnanspruch des Klägers durch die Aufrechnung des Beklagten wieder erloschen. Der Kläger habe die in Auftrag gegebenen Putzarbeiten mangelhaft ausgeführt und auch das Wärmedämmverbundsystem mangelhaft erstellt. Das ergebe sich aus der Aussage des Privatsachverständigen F. Dieser habe verschiedene Mängel festgestellt. Insgesamt seien dem Zeugen zufolge 2/3 der Arbeiten mangelhaft gewesen und 1/3 der Arbeiten sei beanstandungsfrei gewesen. Unter weiterer Berücksichtigung der Angaben des vom Landgericht beauftragten Sachverständigen beliefen sich die Mängelbeseitigungskosten somit auf 19.560,50 € netto.

Hiergegen richten sich die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung des Beklagten.

Der Kläger behauptet, die Putzarbeiten nicht mangelhaft ausgeführt und das Wärmedämmverbundsystem mangelfrei erstellt zu haben. Insoweit fehle es den Feststellungen des Landgerichts bereits an Präzision. Auch nach der Lektüre des Urteils bleibe unklar, was mit „stellenweisen“ Rissen und „teilweise“ zu beanstandenden Punkten gemeint sei. Auch die vorgelegten Fotos würden insoweit keine nähere Einschätzung erlauben. Diesen könne nicht einmal entnommen werden, welcher Gebäudeteil aufgenommen worden sei.

Hinzu komme, dass der Werkvertrag vorzeitig gekündigt worden sei. Dementsprechend hätte das Gericht differenzieren müssen zwischen Leistungen, die nur noch nicht fertiggestellt seien, und Leistungen, die mangelhaft seien.

Hinzu komme, dass der Beklagte seinerseits Nachbesserungsarbeiten habe ausführen lassen. Dementsprechend hätte der Beklagte die tatsächlich anfallenden Kosten zur Mängelbeseitigung beziffern können und müssen. Zu einer fiktiven Abrechnung sei der Beklagte hingegen nicht berechtigt gewesen.

Schließlich habe das Gericht auch nicht geprüft, ob der Beklagte dem Kläger überhaupt ausreichend Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben habe.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Verden vom 12. Juni 2019, Az. 7 O 150/18, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 19.026,87 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 22. März 2018 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlussberufung beantragt er, festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, dem Beklagten sämtliche Kosten zu erstatten, die dem Beklagten für die Beseitigung der von dem Kläger zu vertretenden Mängel an dem WDVS und für die Erneuerung der Brandriegel an dem Mehrfamilienhaus in der H.10 in A. entstehen werden.

Der Kläger beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Auf entsprechenden Hinweis hat der Beklagte vorgetragen, den Kläger unter anderem mit Schreiben vom 29. März 2018 zur Nachbesserung der Mängel an der Fassadendämmung aufgefordert zu haben.

Er hat weiter vorgetragen, für die provisorische Mängelbeseitigung bislang Kosten in Höhe von 10.004,06 € aufgewendet zu haben. Hinzu komme die vom Kläger und seiner Ehefrau aufgewendete Arbeitszeit, die mit 6.615,00 € zu vergüten sei, sowie Aufwand für die Fahrtkosten in Höhe von 252,00 € (Bl. 351, 352 d. A.). Mit diesen provisorischen Mangelbeseitigungskosten werde nunmehr die Aufrechnung erklärt.

Das im Berufungsverfahren erstmals geltend gemachte Feststellungsbegehren beziehe sich auf die noch nicht angefallenen, aber erforderlichen und erstinstanzlich zur Aufrechnung gestellten Kosten der endgültigen Mängelbeseitigung unter Berücksichtigung des BGH-Urteils vom 22. Februar 2018 zum Az. VII ZR 46/17.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Übrigen und im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen S. P. und M. S. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 20. Januar 2020 Bezug genommen (LA Bl. 509 – 514 d. A.).

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist mit Ausnahme eines Teils der begehrten Zinsen begründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von Werklohn gemäß § 631 Abs. 1 BGB in tenorierter Höhe zu. Diese Forderung ist nicht durch die Aufrechnung des Beklagten mit einer Gegenforderung wieder erloschen.

Die im Wege der Anschlussberufung erhobene Feststellungsklage ist bereits unzulässig.

Im Einzelnen:

A. Zahlungsklage des Klägers

Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von Werklohn gemäß § 631 Abs. 1 BGB im geltend gemachten Umfang zu.

1. Unstreitig schlossen die Parteien einen BGB-Werkvertrag im Sinne von § 631 BGB über die Montage eines Wärmedämmverbundsystems einschließlich Putzarbeiten an einem Mehrfamilienhaus. Die von ihm geschuldeten Arbeiten führte der Kläger unstreitig jedenfalls teilweise auch aus.

2. Der geltend gemachte Werklohnanspruch ist auch fällig. Zwar wird auch nach einer Kündigung des Werkvertrags durch den Besteller gemäß § 648 BGB der Vergütungsanspruch des Unternehmers für das bereits erstellte Teilwerk erst mit der Abnahme der bis zur Kündigung erbrachten Leistungen fällig (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 – VII ZR 146/04). Verlangt der Auftraggeber aber nach der Kündigung seinerseits wegen Mängeln Zahlung von Schadensersatz anstelle von Erfüllung bzw. Mängelbeseitigung und hat der Unternehmer dem Besteller das Teilwerk seinerseits als fertiggestellt angeboten, entsteht ein Abrechnungsverhältnis und der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers wird auch ohne Abnahme fällig (vgl. BGH, Urteile vom 19. Januar 2017 – VII ZR 301/13, VII ZR 235/15, VII ZR 193/15).  Zwar betreffen die drei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten und nicht die Fälligkeit des Werklohnanspruchs. Weil aber der Werklohnanspruch mit der Entstehung eines Abrechnungsverhältnisses fällig wird und der Bundesgerichtshof in seinen Urteilen die generellen Anforderungen an die Entstehung eines solchen Rechtsverhältnisses definiert hat, sind die drei Entscheidungen auf den vorliegenden Fall übertragbar.

a) Im vorliegenden Fall stützte der Beklagte seine Aufrechnung nach den Feststellungen des Landgerichts auf einen Schadensersatzanspruch wegen angeblicher Mängel des vom Kläger hergestellten Werks. Ob der Schadensersatzanspruch tatsächlich besteht, ist insoweit unerheblich (vgl. Kniffka in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., 5. Teil, Rn. 214).

b) Darüber hinaus bot der Kläger dem Beklagten sein Werk als fertiggestellt zur Abnahme an. Hierfür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Unternehmer für den Besteller erkennbar zum Ausdruck bringt, das Werk nach seiner Auffassung fertiggestellt zu haben. Er muss es dem Besteller entweder ausdrücklich oder konkludent, etwa durch Räumung der Baustelle, als fertiggestellt zur Abnahme anbieten (vgl. Wellner, Die strikte Alternativität zwischen Erfüllung und Mängelrechten als Verjährungsfalle für den Besteller, NZBau 2018, 398).

Im vorliegenden Fall dürfte zwar die Räumung der Baustelle nicht als stillschweigendes Angebot der Leistung zur Abnahme zu verstehen sein, weil dies nach der Kündigung des Vertrags auf ausdrückliche Aufforderung des Beklagtenvertreters hin geschah (Bl. 31 d. A.). Ein entsprechendes stillschweigendes Angebot der Werkleistung als fertiggestellt ist allerdings in der Übersendung der Schlussrechnung des Klägers an den Beklagten mit Schreiben vom 19. Februar 2018 zu sehen (Bl. 52 d. A.). Denn in der Schlussrechnung liegt regelmäßig zugleich die Erklärung, die geschuldeten Arbeiten (vollständig) ausgeführt zu haben.

c) Soweit der Beklagte in seiner Berufungserwiderung die mangelnde Prüffähigkeit der Schlussrechnung beanstandet, ist dies jedenfalls für den streitgegenständlichen Anspruch keine Fälligkeitsvoraussetzung. Die Parteien schlossen den Werkvertrag vor dem 1. Januar 2018 und damit vor dem Inkrafttreten von § 650g Abs. 4 BGB. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Prüffähigkeit der Schlussrechnung aber jedenfalls im Grundsatz keine Fälligkeitsvoraussetzung. Dass die Parteien eine abweichende Vereinbarung trafen, kann dem Beklagtenvortrag nicht entnommen werden.

3. Dem Kläger steht der Werklohnanspruch auch in der geltend gemachten Höhe zu. Zutreffend hat das Landgericht in seinem Urteil ausgeführt, dass der Beklagte den Anspruch spätestens im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21. November 2018 unstreitig gestellt hat. In diesem Termin hat der Beklagte erklärt, dass es sich bei der von ihm erklärten Aufrechnung um eine Primäraufrechnung handele (Bl. 144 d. A.). Eine Primäraufrechnung liegt vor, wenn der Beklagte die mit zulässiger Klage geltend gemachte Hauptforderung anerkennt, indem er die zu ihrer Begründung schlüssig vorgetragenen Tatsachen nicht bestreitet, und ohne Weiteres mit einer Gegenforderung aufrechnet (vgl. BGH NJW-RR 1996, 699; Skamel in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2019, Rn. 202). Die Erklärung der Aufrechnung durch den Beklagten als Primäraufrechnung kann dementsprechend nur so verstanden werden, dass der Beklagte den geltend gemachten Hauptanspruch dem Grunde und der Höhe nach anerkennt.

Soweit der Beklagte in der Berufungserwiderung einzelne Bestandteile der Schlussrechnung wieder bestritten hat, handelt es sich unter Berücksichtigung der vom Beklagten erstinstanzlich jedenfalls zuletzt unstreitig gestellten Werklohnforderung um neuen und damit im Berufungsverfahren grundsätzlich unzulässigen Vortrag. Dass insoweit die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO vorliegen, hat der Beklagte nicht aufgezeigt und ist auch im Übrigen nicht ersichtlich.

Von dem erstinstanzlichen Anerkenntnis des Beklagten ist der Zinsanspruch allerdings nicht betroffen. Insoweit steht dem Kläger ein Anspruch gemäß § 280 Abs. 1, 2, § 286, § 288 Abs. 1 BGB erst ab dem 10. Juli 2018 zu.  Zwar hat sich der Kläger im Hinblick auf den Zinsbeginn auf die Verweigerung des Ausgleichs der Rechnung durch den Beklagten mit Schreiben vom 21. März 2018 (Anlage K16, Bl. 54 d. A.) gestützt. Zu diesem Zeitpunkt war der Werklohnanspruch aber mangels Abnahme noch nicht fällig. Ebenso fehlte es zu diesem Zeitpunkt an einem Abnahmesubstitut in Form eines Abwicklungsverhältnisses. Das entstand erst mit Eingang des Beklagtenschriftsatzes vom 9. Juli 2018. In diesem Schreiben erklärte der Beklagte die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen. In Verbindung mit der bereits zuvor erfolgten Übersendung der Schlussrechnung durch den Kläger führte der Beklagte damit zugleich die Fälligkeit der Werklohnforderung herbei. Aufgrund der bereits zuvor erklärten und fortbestehenden Leistungsverweigerung des Beklagten befand sich dieser somit ab dem 10. Juli 2018 in Verzug.

4. Der dem Kläger zustehende Anspruch ist nicht durch die Aufrechnung des Beklagten mit einem Schadensersatzanspruch gemäß § 398 BGB wieder erloschen.

Der Kläger hat erstinstanzlich mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 34.600,00 € brutto die Aufrechnung erklärt (Bl. 78 d. A.). Dabei ist bereits fraglich, ob die Aufrechnung des Beklagten hinreichend bestimmt gewesen ist, denn der Beklagte hat sowohl mit Kosten der Mängelbeseitigung als auch mit Fertigstellungskosten aufrechnet, ohne insoweit zu differenzieren oder die Reihenfolge der mit dem Aufrechnungseinwand geltend gemachten Ansprüche festzulegen. Auch im Rahmen der nachfolgenden Beweisaufnahme ist keine nähere Differenzierung erfolgt. Zwar hat der Sachverständige H. erklärt, dass ¾ der vom Privatgutachter ermittelten Kosten auf die Mängelbeseitigung und nur ¼ auf die Fertigstellung entfallen würden (Bl. 202 d. A.). Welche der Positionen aber konkret auf die Mängelbeseitigung (und nur mit diesen Ansprüchen kann der Beklagte aufrechnen) und welche auf die Fertigstellung entfallen, kann weder dem Gutachten des Gerichtssachverständigen noch dem des Privatgutachters durchgehend entnommen werden.

Letztlich kommt es hierauf aber nicht entscheidend an, denn der Beklagte hat nach einem entsprechenden Hinweis des Senats auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Berechnung von Schadensersatzansprüchen auf der Grundlage lediglich von Kostenvoranschlägen in der Berufungserwiderung näher vorgetragen. Danach habe er die seiner Ansicht nach mangelhaft erstellte Fassade (provisorisch) ausgebessert und hierfür konkrete, in der Berufungserwiderung näher dargestellte Kosten gehabt.

Dieser Vortrag ist im Berufungsverfahren auch gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zulässig, weil das Landgericht einen Hinweis auf die dem Beklagten erkennbar nicht gegenwärtige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs auf fiktiver Grundlage unterlassen hat.

Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB liegen aber nicht vor.

Im Einzelnen:

a) Der Abschluss eines BGB-Werkvertrags ist zwischen den Parteien unstreitig (s. o.).

b) Die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen scheitert auch nicht an einer etwaig unterbliebenen Abnahme des Werks, weshalb die Frage der Abnahme an dieser Stelle noch nicht erörtert werden muss.

Im Ausgangspunkt verneint der Bundesgerichtshof allerdings die Anwendung der werkvertraglichen Gewährleistungsrechte auf die Zeit vor Abnahme. Das begründet der BGH mit der Systematik des Gesetzes, die mit der Abnahme eine Zäsur für die Fälligkeit des Werklohns, den Übergang der Leistungsgefahr, die Beweislast für Mängel und den Verjährungsbeginn für Mängelrechte vorsieht (vgl. BGH, Urteile vom 19. Januar 2017 – VII ZR 301/13, VII ZR 235/15, VII ZR 193/15). Das werkvertragliche Gewährleistungsrecht findet jedoch dann Anwendung, wenn das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist (vgl. BGH, aaO). Das ist etwa der Fall, wenn der Besteller ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck bringt, unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer, der ihm das Werk als fertiggestellt zur Abnahme angeboten hat, zusammenarbeiten zu wollen, also endgültig und ernsthaft eine (Nach-)Erfüllung durch ihn ablehnt, selbst für den Fall, dass die Selbstvornahme nicht zu einer mangelfreien Herstellung des Werks führt.

Im Rahmen eines solchen Abrechnungs- und Abwicklungsverhältnisses können die Rechte aus § 634 Nr. 2-4 BGB auch ohne Abnahme geltend gemacht werden (vgl. BGH, aaO).

Im vorliegenden Fall ist ein solches Abrechnungsverhältnis entstanden. Zur Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die vorstehenden Ausführungen zur Fälligkeit des Werklohnanspruchs Bezug.

c) Ein Anspruch des Beklagten gegen den Kläger auf Zahlung von Schadensersatz scheitert allerdings daran, dass der Beklagte den Beweis einer ordnungsgemäßen Aufforderung zur Nacherfüllung vor Entstehung des Abrechnungsverhältnisses nicht geführt hat.

Alle über die Nacherfüllung und Schadensersatz neben der Leistung hinausgehenden Mängelrechte können grundsätzlich erst dann ausgeübt werden, nachdem der Besteller dem Unternehmer zuvor eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bzw. Mängelbeseitigung gesetzt hat (vgl. Kober in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2019, § 634, Rn. 168).

Die Fristsetzung muss sich auf die Beseitigung eines bestimmten oder mehrerer jeweils bestimmter individualisierbarer Mängel richten. Dabei reicht allerdings die Beschreibung eines Mängelsymptoms (vgl. Kober aaO, Rn. 172).

– Das vom Beklagten in der Berufungserwiderung angesprochene Schreiben vom 28. November 2017 (Bl. 11, 12 d. A.) stellt bereits deshalb kein wirksames Nachbesserungsverlangen dar, weil in dem Schreiben keine konkreten Mängel bezeichnet wurden.

– Das ebenfalls in der Berufungserwiderung angeführt anwaltliche Schreiben vom 4. Dezember 2017 (Bl. 15 d. A.) bezieht sich lediglich auf die Sockelabdichtung. Dieses Schreiben ist jedenfalls in Verbindung mit der in dem Schreiben angesprochenen Aufforderung des Beklagten vom 20. November 2017 auch ausreichend. Bei dieser Aufforderung dürfte es sich um die per WhatsApp an den Kläger übermittelte und im weiteren Verlauf des Rechtsstreits als Anlage K 17 (Bl. 108 d. A.) eingereichte und an den Kläger gerichtete Aufforderung zur Herstellung einer ordnungsgemäßen Abdichtung im Bereich Kellerdecke und EG Mauerwerk handeln.

Allerdings war diese Aufforderung unwirksam, weil zu diesem Zeitpunkt der Nacherfüllungsanspruch noch nicht fällig war. Eine Frist zur Beseitigung von Mängeln des Werks kann bei einem BGB-Werkvertrag nicht vor Erreichen des Fertigstellungszeitpunktes gesetzt werden (vgl. Sprau in: Palandt, BGB, 79. Aufl., § 636, Rn. 3; OLG Köln, NJW 2013, 1104). Dieser war hier am 20. November 2017 noch nicht erreicht.

– Dem Vortrag des Beklagten in der Berufungserwiderung zufolge soll der Kläger weiter mit Schreiben vom 21. März 2018 (Bl. 54 d. A.) zur Mängelbeseitigung aufgefordert worden sein. Auch das ist aber nicht der Fall. In diesem an den Rechtsanwalt des Klägers gerichteten Schreiben erwähnte der Beklagte lediglich kurz Mängelbeseitigungs- und Fertigstellungskosten in Höhe von 35.000,00 €. Um welche Mängel es dabei konkret geht, kann dem Schreiben aber nicht entnommen werden.

– Schließlich hat der Beklagte mit der Berufungserwiderung erstmals ein vom 29. März 2018 datierendes Schreiben vorgelegt, mit dem der Beklagte vom Kläger unter Hinweis auf eine Mängelliste die Beseitigung der Mängel bis zum 13. April 2018 verlangte (Bl. 364 – 368 d. A.).

Zwar ist dieses Schreiben in Verbindung mit der nachfolgenden Auflistung ausreichend, um die vom Beklagten behaupteten Mängel hinreichend sicher zu bestimmen und diese von den noch nicht durchgeführten Arbeiten jedenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen einigermaßen sicher abzugrenzen.

Der Beklagte hat den vom Kläger bestrittenen Zugang dieses Schreibens beim Kläger aber nicht zur Überzeugung des Senats bewiesen. Dem Vortrag des Beklagten zufolge habe er das Schreiben vom 29. März 2018 an demselben Tag persönlich und in Begleitung seiner Ehefrau um 6:50 Uhr morgens in den Briefkasten des Beklagten geworfen.

Dies hat die Zeugin S. P. zwar bestätigt und detailliert geschildert, wie die Absicht einer letztmaligen Aufforderung zur Nachbesserung bereits am Vortage anlässlich eines gemeinsamen Kaffeetrinkens bei der Firma D. entstanden sei. Noch am Abend des 28. März 2018 habe die Zeugin sodann die bereits Anfang Februar 2018 erstellte Excel-Tabelle mit den vom Beklagten festgestellten Mängeln ausgedruckt, während der Beklagte auf seinem iPad nach Formulierungen gesucht habe. Anschließend habe sie das Anschreiben gemäß den Vorgaben des Beklagten erstellt, dieses vom Beklagten unterschreiben lassen, eine Kopie gefertigt und die Urschrift zusammen mit der ausgedruckten Tabelle kuvertiert. Am darauffolgenden Tag seien die Zeugin und der Beklagte auf dem Weg in den Urlaub beim Kläger vorbeigefahren. Dort habe der Beklagte das Schreiben in den am Gartenzaun neben dem Eingangstor befindlichen Briefkasten geworfen.

Demgegenüber hat die Zeugin M. S. ausgesagt, dass an dem fraglichen Tag kein Briefumschlag in den Briefkasten des Beklagten geworfen worden sei. Das schließe sie daraus, dass sie mit ihrer Familie um die Zeit bereits frühstücke und man von der Küche einen Blick auf den Briefkasten habe. Darüber hinaus laufe zu der vom Beklagten angegebenen Zeit bereits der Hund des Klägers frei auf dem Grundstück. Wenn sich jemand dem Gartenzaun nähere, schlage der Hund an. Außerdem löse der Bewegungsmelder aus. Das bekomme man auch im Haus mit. An dem Tag habe der Hund allerdings nicht angeschlagen. Der Bewegungsmelder habe nicht ausgelöst und sie – die Zeugin – habe in dem Briefkasten auch kein Schreiben vorgefunden. Denn sonst wäre dies zu den Geschäftsunterlagen gelangt.

Der Senat sieht sich nicht in der Lage, einer der beiden widerstreitenden Aussagen mit dem erforderlichen Maß an Sicherheit den Vorrang zu geben.

Zwar haben sich zwischen der Aussage der Zeugin S. und den Angaben des Klägers insoweit gewisse Differenzen ergeben, als die Zeugin dem Kläger zufolge auch die Geschäftskorrespondenz immer öffne und dem Kläger auf den Schreibtisch im Büro lege. Demgegenüber hat die Zeugin S. ausgesagt, dass sie die für die Firma bestimmte Korrespondenz im Regelfall nicht öffne und dem Kläger üblicherweise mit dem verschlossenen Briefumschlag entweder übergebe oder ihm auf den Schreibtisch lege. Weiter hat sich die Zeugin an verschiedenen Punkten erkennbar auf Mutmaßungen beschränkt und erkennbar versucht, aus ihrem allgemeinen Tagesablauf Rückschlüsse auf die Ereignisse am 29. März 2018 zu ziehen. Auch hat die Zeugin S. insgesamt etwas unsicherer gewirkt als die Zeugin P. Schließlich werden die Angaben der Zeugin S. durch den Umstand relativiert, dass sich ihre Kinder am fraglichen Tag in den Schulferien befanden und dass sie jedenfalls an diesem Tag ihre Kinder nicht zur Schule begleitet haben dürfte.

Auf der anderen Seite haben sich aber auch in der Aussage der Zeugin P. Unklarheiten ergeben. So wird im Schreiben des Beklagten vom 29. März 2018 auf die dem Kläger „bereits bekannten“ Mängel Bezug genommen und darauf hingewiesen, dass der Beklagte die Mängelliste aus der Zustandsfeststellung vom 2. Februar 2018 „noch einmal“ beifüge. Die Zeugin hat aber die Frage nicht beantworten können, wann und bei welcher Gelegenheit dem Kläger zwischen dem 2. Februar und dem 29. März 2018 die Mängelliste zugänglich gemacht worden sein soll. In der von den Parteien eingereichten vorgerichtlichen Korrespondenz finden sich keine Hinweise auf eine am 2. Februar 2018 erstellte und dem Kläger bereits vor dem 29. März 2018 zugänglich gemachte Mängelliste. Auch in dem an den Klägervertreter gerichteten Schreiben des Beklagten vom 21. März 2018 (Bl. 54 d. A.) behauptete der Beklagte pauschal eine mangelhafte Leistung des Klägers und damit einhergehende erhebliche Kosten für die Mängelbeseitigung und die Fertigstellung der ausstehenden Restarbeiten. Dabei hätte es durchaus nahegelegen, auf die Fristsetzung des Klägervertreters im Schreiben vom 5. März 2018 (Bl. 53 d. A.) im Gegenzug mit der Aufforderung zur Mängelbeseitigung und Vorlage der Mängelliste zur reagieren.

Natürlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass es insoweit lediglich zu einem Versäumnis entweder des Beklagten, des vom Beklagten außergerichtlich beauftragten Rechtsanwalts oder des im Rechtsstreit zunächst mandatierten Prozessbevollmächtigten kam. Ebenso wenig kann aber die Möglichkeit ausgeschlossen werden, dass die Mängelliste vom 2. Februar 2018 erst zu einem späteren Zeitpunkt im Zusammenhang mit der expliziten Nachfrage des Senats erstellt wurde. Für diese Möglichkeit spricht zusätzlich, dass die dem Schreiben beigefügte Mängelliste weitaus ausführlicher ist als die zu diesem Zeitpunkt bereits erstellte Mängelliste des vom Beklagten beauftragten Privatsachverständigen. Gleichwohl hat der Beklagte die von ihm selbst erstellte Liste erstinstanzlich zu keinem Zeitpunkt in den Rechtsstreit eingeführt. Demgegenüber hat der Beklagte im Zusammenhang mit der von ihm erklärten Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen und der hiermit verbundenen Darstellung der seinem Vortrag zufolge vorhandenen Mängel das weit weniger aussagekräftige Privatgutachten mit der Klageerwiderung vom 9. Juli 2018 vorgelegt.

Diese am Beklagtenvortrag bestehenden Zweifel hat die Zeugin P. im Ergebnis nicht ausräumen können. Auch unabhängig von den Angaben der Zeugin S. hat sich der Senat deshalb nicht mit der erforderlichen Sicherheit von der Behauptung des Beklagten überzeugen können, dass dieser den Kläger am 29. März 2018 ordnungsgemäß zur Nacherfüllung aufforderte.

Ein Nacherfüllungsverlangen war im vorliegenden Fall auch nicht ausnahmsweise entbehrlich, etwa weil der Kläger jede Nachbesserung endgültig und ernsthaft verweigert hätte. Im Gegenteil hatte der Kläger noch mit anwaltlichem Schreiben vom 15. Dezember 2017 seine Bereitschaft erklärt, die beauftragten Arbeiten ordnungsgemäß zu erfüllen (Bl. 18 d. A.).

Entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung hat die beiderseits erklärte Kündigung des Werkvertrags die Notwendigkeit eines Nachbesserungsverlangens nicht obsolet werden lassen. Die Geltendmachung der dem Besteller zustehenden Gewährleistungsansprüche wird durch die Kündigung als solche nicht ausgeschlossen. Da der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag insoweit Rechtsgrund für die Herstellung des Werkes bleibt, trifft den Unternehmer auch die Verpflichtung zur mangelfreien Herstellung zumindest des Teilwerks. So wie dem Besteller ein Anspruch auf Nacherfüllung zusteht, hat der Unternehmer auch nach der Kündigung des Werkvertrags ein Nachbesserungsrecht (vgl. Busche in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl., § 648, Rn. 16).

Die Notwendigkeit eines Nachbesserungsverlangens scheitert auch nicht daran, dass mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen der Werkvertrag in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist und jedenfalls ab diesem Zeitpunkt Nacherfüllung nicht mehr verlangt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2017 – VII ZR 301/13). Das Erlöschen des Nacherfüllungsanspruchs hat nicht zur Folge, dass ab diesem Zeitpunkt ein Schadensersatz auch ohne Nachbesserungsverlangen geltend gemacht werden kann. Es hat vielmehr zur Folge, dass die Voraussetzungen eines bis zu diesem Zeitpunkt nicht entstandenen Schadensersatzanspruchs nicht mehr herbeigeführt werden können.

– Mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2019 hat der Beklagte schließlich vorgetragen, den Kläger nochmals mit Schreiben vom 7. Oktober 2019 zur Nacherfüllung aufgefordert zu haben (Bl. 344 d. A). In dem als Anlage BE 2 vorgelegten Schreiben rügte der Beklagte neben der bereits zuvor beanstandeten unzureichenden Befestigung den Einbau falscher Brandriegel. So hätten die Parteien vertraglich vereinbart, für die Brandriegel eine Dämmung mit einer Wärmeleitfähigkeit von 032 zu verbauen. Tatsächlich habe der Kläger aber eine Dämmung mit der Wärmeleitfähigkeit von nur 040 verbaut.

In diesem Zusammenhang kann offenbleiben, ob ein erst nach Entstehung eines Abrechnungsverhältnisses entdeckter Mangel das Recht zur Nacherfüllung jedenfalls insoweit wieder aufleben lässt. Denn jedenfalls hat der Kläger die vom Beklagten behauptete, vertraglich angeblich vereinbarte Sollbeschaffenheit des Brandriegels bestritten. Dem Klägervortrag zufolge habe dieser den Beklagten während der Bauphase darauf hingewiesen, dass die Beschaffung eines Brandriegels mit der Wärmeleitfähigkeit von 035 eine Lieferzeit von sechs bis acht Wochen in Anspruch nehme. Daraufhin habe der Beklagte erklärt, dass ein Brandriegel mit der Wärmeleitfähigkeit 040 verbaut werden solle (Bl. 439 d. A.).

Damit handelt es sich bei dem Vortrag des Beklagten betreffend die vertraglich vereinbarte Sollbeschaffenheit der Brandriegel um neuen Vortrag im Sinne von § 529 ZPO. Ein solcher Vortrag ist gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nur bei Vorliegen der dort enumerativ genannten Voraussetzungen zulässig. Dass diese Voraussetzungen vorliegen, kann dem Vortrag des Beklagten nicht entnommen werden. Zwar hat der Beklagte vorgetragen, dass er „inzwischen“ weitere Mängel festgestellt habe. Weshalb er diese Mängel aber nicht bereits in erster Instanz hätte feststellen können und inwieweit dieser neue Vortrag nicht auf Nachlässigkeit beruht, kann dem Vortrag des Beklagten nicht entnommen werden und ist auch im Übrigen nicht ersichtlich.

B. Feststellungsklage

Die mit der Berufungserwiderung erhobene Feststellungsklage ist mangels Feststellungsinteresses bereits unzulässig.Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr oder Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 2008 – XI ZR 132/07).

Dass eine solche Gefahr droht, kann dem Vortrag des Beklagten nicht entnommen werden und ist auch im Übrigen nicht ersichtlich. Insbesondere droht dem Beklagten keine Verjährung seiner Ansprüche. Die Verjährungsfrist von Ansprüchen aus Werkverträgen verjährt bei Bauwerken gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB in fünf Jahren. Gemäß § 634a Abs. 2 BGB beginnt die Verjährung grundsätzlich mit der Abnahme, weil die Abnahme auch grundsätzliche Voraussetzung für den Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz ist.

Wie es sich mit unabhängig von einer Abnahme entstandenen Schadensersatzansprüchen verhält, ist gesetzlich nicht eindeutig geregelt. Auf der Grundlage der drei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 19. Januar 2017 – VII ZR 301/13, VII ZR 235/15, VII ZR 193/15 – wird mittlerweile die Auffassung vertreten, dass die fünfjährige Verjährung mit Entstehung des Abrechnungsverhältnisses zu laufen beginnt (vgl. OLG Düsseldorf, BauR 2019, 1616; Raab-Gaudin in BeckOGK BGB, Stand: 01.10.2019, § 634a, Rn. 154). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an.

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 9. Juli 2018 die Aufrechnung mit den ihm seiner Auffassung nach zustehenden Schadensersatzansprüchen erklärt (Bl. 78 d. A.). Damit ist die Erfüllungsphase jedenfalls ab diesem Zeitpunkt beendet gewesen mit der Folge des Beginns der Verjährungsfrist. Unter Zugrundelegung des Fünfjahreszeitraums kann die Verjährung somit frühestens im Juli 2023 ablaufen.

Nur höchst vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass eine etwaig zulässige Feststellungsklage jedenfalls unbegründet wäre. Denn sowohl ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz als auch ein Vorschussanspruch setzen eine wirksame Aufforderung zur Nacherfüllung voraus. Daran fehlt es im vorliegenden Fall aber (s. o.).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Von der Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO hat der Senat abgesehen. Der Rechtsstreit ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts erfordert keine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Bei der Berechnung des Streitwerts für das Berufungsverfahren ist aufgrund der bereits erstinstanzlich dem Grunde und der Höhe nach unstreitig gestellten Werklohnforderung allein auf die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung und den Feststellungsantrag abzustellen.

Ursprünglich hat sich der Streitwert im Berufungsverfahren allein an der Höhe der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen bis zur Höhe der unstreitigen Hauptforderung orientiert (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 1999 – VIII ZR 70/99).

Diesen Schadensersatzanspruch hat der Beklagte im Wege der Klageänderung durch einen auf Erstattung der ihm nach eigenem Vortrag konkret entstandenen vorläufigen Mängelbeseitigungskosten gerichteten Schadensersatzanspruch ersetzt. Die Kosten der provisorischen Mängelbeseitigung hat der Beklagte mit 16.871,06 € beziffert (10.004,06 € + 6.615,00 € + 252,00 €, Bl. 351, 352 d. A.).

Hinzu kommen die weiteren Kosten der (endgültigen) Mängelbeseitigung, die der Beklagte nicht mehr – wie ursprünglich – zur Aufrechnung gestellt, sondern zum Gegenstand seiner Feststellungsklage gemacht hat. Dabei interpretiert der Senat den Vortrag des Beklagten im Schriftsatz vom 30. Oktober 2019 dahingehend, dass dieser die vom Landgericht teilweise vorgenommenen Abzüge von der Kostenschätzung des Privatgutachters F. akzeptiert und dass das in die Schätzung eingeflossene Angebot der Fa. V. auch nach Auffassung des Beklagten auf 24.526,40 € netto zu reduzieren ist (Bl. 341 d. A.). Im Gegenzug hat der Beklagte die ursprüngliche Kostenschätzung des Privatgutachters aber auch hinsichtlich der Brandriegel korrigiert und behauptet, dass sich die insoweit erforderlichen Mängelbeseitigungskosten auf 7.830,00 € netto belaufen würden (Bl. 354 d. A.). Hieraus ergibt sich auf der Grundlage des Beklagtenvortrags folgende modifizierte Kostenschätzung:

  • Angebot Fa. V 24.526,40 €
  • Fassadengerüst 3.500,00 €
  • Reinigungsarbeiten pp. 2.500,00 €
  • Erneuerung Brandriegel  7.830,00 €
  • Netto 38.356,40 €
  • 19% Umsatzsteuer 7.287,72 €
  • Gesamt 45.644,12 €

Hierin sind nach Auffassung des Beklagten zu ¼ vom Kläger nicht geschuldete Fertigstellungskosten enthalten, sodass sich die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten nach der Berechnung des Beklagten auf 34.233,09 € belaufen. Abzüglich eines Feststellungsabschlags von 20 % beläuft sich der Streitwert für die Feststellungsklage somit auf 27.386,47 €.

Insgesamt beläuft sich der Streitwert für das Berufungsverfahren damit auf 44.257,53 € (16.871,06 € + 27.386,47 €).

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