LG Stuttgart, Az.: 20 O 482/15
Urteil vom 29.07.2016
1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 29.227,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 02.12.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Den Beklagten bleibt die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.
Streitwert: bis 24.05.2016 29.272,10 Euro, ab 25.05.2016 29.227,10 Euro.
Tatbestand
Die Beklagten errichteten in … ein Einfamilienhaus. Das Grundstück liegt am Hang. An der Grenze zur Straße musste ein Spritzbetonverbau mit Vernagelung (Anker) hergestellt werden, womit die Beklagten die Klägerin beauftragten.
Mit der Planung und Bauüberwachung war die Firma … GmbH beauftragt.
Am 19.08.2014 übersandte die Klägerin ein Angebot an die Firma ….
Am 17.09.2014 unterzeichnete der Beklagte zu 2 den Bauvertrag, wonach es sich um einen Einheitspreisvertrag handelte und die VOB/B gelten sollte.
Mit Schreiben vom 15.10.2014 übersandte die Klägerin den unterzeichneten Bauvertrag samt Begleitschreiben an die Firma …. In dem Begleitschreiben wird ausgeführt, dass abweichend zum Auftrag unter anderem die Sicherheitsleistung entfalle. Der Auftrag sei unter dem Vorbehalt unterzeichnet worden, dass die genannten Punkte ebenfalls Vertragsbestandteil würden. Eine Reaktion der Beklagten auf dieses Schreiben erfolgte nicht. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Beklagte zu 2 erklärt, das Schreiben vom 15.10.2014 nicht erhalten zu haben. Beklagtenvertreter hat im Termin erklärt, ihm liege das Original des Bauvertrags vor, nicht aber das vorgenannte Schreiben.
In der Folgezeit führte die Klägerin diverse Arbeiten aus.
Am 03.12.2014 erteilte die Klägerin eine Abschlagsrechnung in Höhe von 14.876,88 Euro brutto, welche von den Beklagten bezahlt wurde.
Am 12.03.2015 erteilte die Klägerin eine weitere Abschlagsrechnung in Höhe von 34.818,11 Euro brutto, welche die Beklagten mit der Begründung nicht zahlten, dass diese nicht prüffähig sei und Schlussrechnungsreife eingetreten sei. In der als Anl. K3 vorgelegten Kopie sind zahlreiche handschriftliche Änderungen vorhanden. Am Ende befindet sich der Vermerk „Rechnung fachtechnisch und rechnerisch geprüft“, ferner zwei Unterschriften, das Datum „23.03.2015“ und ein Stempel der Firma …. Als handschriftlicher Bruttorechnungsbetrag ist 25.177,14 Euro eingetragen.
Mit Schreiben vom 27.04.2015 wiesen die Beklagten auf die fehlende Prüffähigkeit der Rechnung vom 12.03.2015 hin und forderten mit weiterem Schreiben die Erstellung einer Schlussrechnung. Beide Schreiben waren – wie auch der Bauvertrag – allein vom Beklagten zu 2 unterschrieben.
Unklar ist, wann nach Auffassung der Beklagten die Arbeiten der Klägerin fertiggestellt waren und Schlussrechnungsreife eintrat. Schriftsätzlich wurde vorgetragen, dies sei am 22.04.2015 erfolgt, an anderer Stelle sei es der 20.05.2015 gewesen, an wiederum anderer Stelle der 13.05.2015. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Beklagte zu 2 erklärt, der 25.02.2015 sei der Zeitpunkt gewesen, wo noch lediglich die Nadelköpfe hätten aufgeschraubt werden müssen.
Mit Schreiben vom 30.04.2015 forderte die Klägerin Zahlung von 25.177,14 Euro aus der Rechnung vom 12.03.2015. Mit weiterem Schreiben erklärte sie, die Erstellung einer Schlussrechnung sei wegen Restarbeiten nicht möglich. Eine Zahlung erfolgte nicht.
Am 15.05.2015 erteilte die Klägerin eine weitere Abschlagsrechnung, die von den Beklagten wegen behaupteter fehlender Prüffähigkeit nicht bezahlt wurde.
Mit Schreiben vom 21.05.2015 forderten die Beklagten die Klägerin unter Fristsetzung zur Erstellung einer Schlussrechnung auf. Das Schreiben war vom Beklagten zu 2 unterzeichnet.
Mit Schreiben vom 06.08.2015 übersandten die Beklagten – allein unterzeichnet vom Beklagten zu 2 – eine von Beklagtenseite erstellte „Schlussrechnung über ausgeführte Arbeiten an Ihrer Baumaßnahme: … Zeitraum: 30.10.2014 – 03.03.2015“. Es sind verschiedene Titel aufgeführt, die zu einer Summe von 38.162,00 Euro führen. In dieser Schlussrechnung wurden die von der Firma … geprüften Massen aus der Rechnung vom 12.03.2015 übernommen. Abgezogen war ein Nachlass von 763,24 Euro, so dass 37.398,76 Euro netto verbleiben. Ausgewiesen ist als Gesamtbetrag 44.504,52 Euro brutto.
Sodann sind diverse Abzüge vorgenommen in Höhe von 14.876,88 Euro (Abschlagszahlung), 400,54 Euro (Bauwasser/Baustrom), weiter Skonto, Vertragsstrafe, Kosten für Erstellung einer Schlussrechnung, Sicherheitseinbehalt sowie vier Positionen, mit denen die Beklagten Schadensersatz geltend machen. Die Summe der Abzüge beläuft sich auf 57.499,58 Euro, so dass sich ein negativer Saldo von (44.504,52 Euro – 57.499,58 Euro =) -12.995,06 Euro ergibt. Die Beklagten forderten die Klägerin zur Zahlung dieses Betrags auf.
Eine förmliche Abnahme erfolgte schließlich am 11.11.2015.
Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin den Betrag von 44.504,52 Euro geltend abzüglich der Abschlagszahlung von 14.876,88 Euro sowie abzüglich der Bauumlage von 400,54 Euro, mithin 29.227,10 Euro.
Nach teilweiser Klagerücknahme in Höhe von 45,00 Euro wegen eines Zahlendrehers beantragt die Klägerin, wie erkannt.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen, hilfsweise ihnen die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorzubehalten.
Die Klage sei im Urkundenprozess nicht statthaft. Der geltend gemachte Anspruch lasse sich nicht mit den im Urkundenprozess zugelassenen Beweismitteln beweisen. Die von Beklagtenseite erstellte Schlussrechnung vom 06.08.2015 sei weder von der Beklagten zu 1 noch vom Beklagten zu 2 unterzeichnet. Es liege keine Urkunde vor. Die Schlussrechnung sei ferner allein vom Beklagten zu 2 aufgestellt worden, der insoweit nicht berechtigt gewesen sei, für die Beklagte zu 1 zu handeln. Sie habe lediglich dazu gedient, die Gegenforderungen gegenüberzustellen und darzulegen, dass der Klägerin keine Ansprüche mehr zustehen.
Die Beklagten behaupten, die Abschlagsrechnung vom 12.03.2015, deren von der Firma … geprüfte Massen lediglich in die Schlussrechnung übernommen worden seien, wie auch die weitere Abschlagsrechnung vom 15.05.2015 seien nicht prüffähig gewesen. Damit sei auch keine Fälligkeit eingetreten.
Ein Anerkenntnis liege nicht vor.
Hilfsweise haben die Beklagten mit den Gegenansprüchen in Höhe von 37.437,50 Euro im Prozess die Aufrechnung erklärt.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist im Urkundenprozess zulässig und begründet.
1.
Die Klage ist im Urkundenprozess statthaft. Ein Anspruch, welcher die Zahlung einer bestimmten Geldsumme zum Gegenstand hat, kann im Urkundenprozess geltend gemacht werden, wenn die sämtlichen zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden können, § 592 Satz 1 ZPO.
Zur Begründung des Werklohnanspruchs ist Vortrag und urkundlicher Beweis zur Beauftragung mit der Werkleistung, zur Höhe des Werklohns und zu den die Fälligkeit des Werklohns begründenden Umständen notwendig, also die Leistungserbringung und die Abnahme sowie bei – wie hier – Vereinbarung der VOB/B die Prüfung und Feststellung der Schlussrechnung. Fehlen für einzelne Umstände Urkunden, ist der Urkundenprozess gleichwohl statthaft, wenn diese unstreitig oder zugestanden sind (Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 592, Rn. 11).
Der Auftragnehmer kann danach einen Werklohnanspruch im Urkundenprozess durchsetzen, wenn er Vertrag und Abnahme durch Urkunden beweisen kann und sonst nur die geprüfte Schlussrechnung hat. Der Urkundenprozess hat zur Folge, dass auch Einwendungen des Auftraggebers nur zulässig sind, wenn sie durch Urkunden bewiesen werden können. Zur Aufrechnung gestellte streitige (Gewährleistungs-) oder sonstige Ansprüche finden also keine Berücksichtigung, wenn sie – wie regelmäßig – nicht durch Urkunden bewiesen werden können (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 18. Teil, Rn. 65).
Die Voraussetzungen des § 592 ZPO sind vorliegend erfüllt. Der Abschluss des Bauvertrags ist mit Urkunden belegt, ferner die (ohnehin unstreitige) Abnahme und Leistungserbringung sowie die Schlussrechnung.
Dass die Schlussrechnung nicht von den Beklagten unterschrieben ist, ist unerheblich. Urkunden sind Schriftstücke, gleich ob sie unterschrieben oder nicht unterschrieben sind (Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 592, Rn. 15).
2.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 29.227,10 Euro aus § 631 BGB.
a) Zwischen den Parteien ist ein Bauvertrag nach Maßgabe des Schreibens der Klägerin vom 15.10.2014 zu Stande gekommen. Die Unterzeichnung des Vertragsformulars am 17.09.2014 durch den Beklagten zu 2 stellt ein Angebot im Sinne von § 145 BGB dar. Das Schreiben vom 15.10.2014 der Klägerin gilt gemäß § 150 Abs. 2 BGB als Ablehnung des Antrags der Beklagten verbunden mit einem neuen Antrag. Der Vertrag ist sodann dadurch zustande gekommen, dass die Beklagten widerspruchslos die Leistungen der Klägerin haben ausführen lassen und damit konkludent den von der Klägerin gestellten Vertragsbedingungen zugestimmt haben. Dass die Beklagten das Schreiben der Klägerin vom 15.10.2014 nicht erhalten haben, glaubt das Gericht nicht. Denn mit diesem Schreiben hat die Klägerin den Bauvertrag übersandt, der sich in den Unterlagen des Beklagtenvertreters befindet und den die Beklagten selbst haben vorlegen lassen. Dass das Anschreiben vor Zugang bei den Beklagten bzw. der Firma … „verloren gegangen“ ist, der diesem Anschreiben beigefügte Bauvertrag aber nicht, erscheint nicht nachvollziehbar.
Bei Abschluss des Vertrages wie auch bei Erstellung des weiteren Schriftverkehrs, insbesondere der Schlussrechnung vom 06.08.2015, handelte der Beklagte zu 2 auch für die Beklagte zu 1. Sämtliche Schreiben beinhalten die Formulierung „wir“, so dass für die Klägerin offensichtlich war, dass beide Beklagte Vertragspartner sind und der Beklagte zu 2 auch für die Beklagte zu 1 handelt. Die Beklagten haben insoweit auch nichts Substantiiertes vorgetragen.
b) Es fand unstreitig eine förmliche, zudem urkundlich belegte Abnahme statt.
c) Die Höhe der Forderung ergibt sich aus der von den Beklagten gemäß § 14 Abs. 4 VOB/B erstellten Schlussrechnung.
Soweit die Beklagten der Auffassung sind, die zu Grunde gelegten Zahlen seien fehlerhaft, weil sie diese aus der nicht prüffähigen Abschlagsrechnung vom 12.03.2015 übernommen hätten, ist das Vorbringen nicht nachvollziehbar. Denn die Abschlagsrechnung vom 12.03.2015 wurde ausweislich des Vermerks „Rechnung fachtechnisch und rechnerisch geprüft“ und der Unterschriften der beauftragten Bauplanungs- und Bauüberwachungsfirma … tatsächlich am 23.03.2015 geprüft. Im Übrigen erscheint es fernliegend, dass der Beklagte – selbst Architekt – eine eigene Schlussrechnung erstellt, ohne die zu Grunde liegenden Zahlen geprüft zu haben. Zumindest hinsichtlich der vorgenommenen Abzugspositionen und der sich ergebenden Forderung gegenüber der Klägerin (welche ja auf der angeführten Werklohnforderung beruht) behauptet er selbst nicht, diese nicht geprüft bzw. errechnet zu haben. Der Vortrag ist insoweit für das Gericht nicht verständlich.
Aus dieser Schlussrechnung der Beklagten ergibt sich ein Werklohnanspruch von 44.504,52 Euro brutto.
In Übereinstimmung mit der Berechnung der Beklagten hat die Klägerin Abzüge vorgenommen für eine geleistete Abschlagszahlung von 14.876,88 Euro sowie für die Bauumlage von 400,54 Euro, so dass sich der titulierte Betrag von 29.227,10 Euro ergibt.
Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Behauptung der Beklagten, die Schlussrechnung habe lediglich dazu gedient, die Gegenforderungen gegenüberzustellen und darzulegen, dass der Klägerin keine Ansprüche mehr zustehen. Aus dem entsprechenden Anschreiben ergibt sich eine unmissverständliche Aufforderung zur Zahlung des von Beklagtenseite errechneten Betrags unter Zugrundelegung der der Klägerin zustehenden Werklohnforderung.
Auf die Frage, ob es sich bei der Schlussrechnung vom 06.08.2015 um ein Anerkenntnis der Beklagten handelt, kommt es daher nicht an. Eine Annahme seitens der Klägerin liegt zudem nicht vor.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
3.
Die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit Schadensersatz- und sonstigen Ansprüchen wird als im Urkundenprozess unstatthaft zurückgewiesen. Gemäß § 598 ZPO sind Einwendungen des Beklagten, wenn der dem Beklagten obliegende Beweis nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln angetreten oder mit solchen Beweismitteln nicht vollständig geführt ist, als im Urkundenprozess unstatthaft zurückzuweisen.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Die Beklagten haben das Bestehen der Forderungen nicht mit den im Urkundenprozess nötigen Beweismitteln bewiesen. Aus der Schlussrechnung vom 06.08.2015 ergibt sich lediglich, dass sich die Beklagten bestrittene Gegenforderungen in Höhe von 42.222,16 Euro errechnen. Dies reicht aber nicht aus, um das Bestehen Gegenforderungen in dieser Höhe zu beweisen.
Lediglich soweit ein Abzug für Sicherheitseinbehalt geltend gemacht wird, ist urkundlich festzustellen, dass ein solcher ausweislich des Schreibens der Klägerin vom 15.10.2014 nicht vereinbart wurde.
4.
Gemäß § 599 Abs. 1 ZPO ist den Beklagten die Ausführung ihrer Rechte vorzubehalten.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 4, 711 ZPO.