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Bauvertrag –  dauerhafte Herstellung Standfestigkeit – Hangabrutsch

LG Fulda – Az.: 4 O 497/12 – Urteil vom 19.04.2016

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 47.782,07 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 17.08.2012 zu zahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Streithelfer tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Werklohn in Anspruch. Die Beklagte begehrt widerklagend die Bezahlung der Kosten für eine Hangsanierung sowie die Feststellung, dass die Klägerin verpflichtet ist, auch alle etwaigen künftigen Nachbesserungsaufwendungen für die Hangsanierung zu tragen.

Die Beklagte hat im Jahr 2011 in (…) ein Logistikzentrum errichtet. Um eine ebene Baufläche für den Bau einer Halle herzustellen, musste der Boden hangseitig abgetragen und talseitig aufgeschüttet werden. Die Parteien schlossen am 26.11.2010 (K 2, Bd. I Bl. 12) einen Werkvertrag nach VOB/B über das Gewerk Erdarbeiten (Erdabtrag, Erdabfuhr/Herstellung Baufeld). Vertragsgrundlage wurden das Angebot der Klägerin vom 12.11.2010 (K1, Bd. I Bl. 11 ff.), die Pläne Nr. E-2, P-1 bis P-5 (BI. Bd. I Bl. 44 ff.), das Verhandlungsprotokoll vom 12.11.2010 sowie das Bodengutachten des Baugrundlabors (…) . Die von der Klägerin über diesen Auftrag erstellte Schlussrechnung vom 5.3.2011 (K 25, Bd. II 276 ff.) über 428.804,19 € netto wurde von der Beklagten am 4.4.2012 und 24.4.2012 in voller Höhe beglichen.

Dem Streithelfer zu 1) oblag die Planung. Die Streithelferin zu 2) hat unter dem 20.10.2008 ein Baugrundgutachten erstellt, hinsichtlich dessen Inhalts auf die Anlage B 2 (Bd. I Bl. 73-97 d.A.) Bezug genommen wird. Die Streithelferin zu 2) erstellte weiter den geotechnischen Bericht/Baugrundnachbegutachtung vom 15.09.2010. Unter Punkt 5.1. „Anlegen von Baugruben/Böschungen, Wasserhaltung“ heißt es dort unter anderem:

Angaben zu bauzeitig zulässigen Böschungsneigungen sind im vorliegenden Fall nicht notwendig, da davon auszugehen ist, dass alle hangseitigen Auftragsböschungen gleich als Dauerböschungen für den nachbauzeitigen Zustand angelegt werden müssen. Die unter Einschaltung einer Berme mit einer (für den Dauerzustand) als max. zulässig anzusehende Generalneigung 1 : 1,5 herzustellenden Böschung sind möglichst unverzüglich zu begründen. Hiernach angetroffenen Baugrundaufbau und lokaler Schichtenwasserführung kann örtlich eine Abflachungen dauerhaft anzulegender Böschungen auf eine Neigung 1 : 2 erforderlich werden.

Beim Anlegen der das Planungsgelände hangseitig begrenzenden Böschung ist die Erfordernis lokaler Entwässerungs- bzw. Sicherungsmaßnahmen zur Fassung örtlicher Hang-, Stau- bzw. Schichtenwasseraustritte zu berücksichtigen (Steinkeile, lokal aufliegende Steinwürfe, Sickerkeile Teile am Böschungsfuß o.ä.). Umlaufend vor dem Böschungsfuß ist ein >= 1 m tiefer Drängraben mit eingelegter Dränageleitung vorzusehen, durch den das über die Böschungen niedergehende Oberflächenwasser gefaßt und abgeleitet wird (…).

Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Baugrundnachbegutachtung wird auf Bd. I Bl. 47 ff. d.A. verwiesen wird.

Die Streithelferin zu 3) ist die Versicherung für die Bauleistung der Beklagten. Die Streithelfer zu 1-3 sind dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten

Nach dem Lösen und dem Abtransport des Bodens durch die Klägerin bis Mitte des Jahres 2011 verblieb hangseits eine Abtragsböschung am Südrand des Bauplatzes, die die Beklagte durch eine Drittfirma begrünen ließ. Mit weiterem Auftrag vom 28.10.2011 wurde die Klägerin beauftragt, Außenanlagen, Pflaster und Asphaltsarbeiten sowie Arbeiten zur Auffüllung am Fuße der Böschung zur Herstellung des Baugrundes vorzunehmen.

Bauvertrag -  dauerhafte Herstellung Standfestigkeit - Hangabrutsch
(Symbolfoto: travelview/Shutterstock.com)

Ende Dezember 2011 bzw. Anfang Januar 2012 rutschte der obere Teil der Böschung auf einer Länge von ca. 10 bis 20 m teilweise ab. Die Beklagte schaltete daraufhin die Streithelferin zu 2) zwecks Ursachenforschung und Erstellung eines Lösungsvorschlags ein, woraufhin die Streithelferin zu 2) am 24.1.2012 (K 4, Bd. I Bl. 14 ff.) eine schriftliche Stellungnahme für die Sanierung der aufgetretenen Rutschung an der hangseitigen Abtragsböschung abgab. Die Klägerin unterbreitete unter dem 9.1.2012 ein Angebot für die Baumaßnahme Böschungsrutsch über 47.782,07 € (K 6, Bd. I Bl. 19 d.A.). Die Klägerin führte die Arbeiten bis Anfang Februar aus und stellte über die Arbeiten zur Hangsanierung die Rechnung vom 5.6.2012 über 48.972,07 € (K 7, Bd. I Bl. 20 d.A.). Eine förmliche Abnahme der Arbeiten durch die Beklagte erfolgte nicht.

Im Zuge der Erdarbeiten nach dem Entfernen der abgerutschten Bodenmassen erstellte die Streithelferin zu 2) am 31.1.2012 eine 2. Stellungnahme zur Sanierung der hangseits aufgetretenen Böschungsrutschung und stellte fest, dass der untere Teil der Böschung, der von standfesten Sandsteinfels bzw. Felszersatz aufgebaut wird, augenscheinlich nicht erfasst wurde (K 5, Bd. I Bl.17 d.A.). Wenige Wochen nach Abschluss der Arbeiten zu Böschungssanierung kam es an gleicher Stelle zu einer erneuten Abrutschung, diesmal ab der Sohle der Böschung. Mit Schreiben vom 22.6.2012 (B 7, Bd. I Bl. 179 ff.) forderte die Beklagte die Klägerin zur Beseitigung der Hangabrutschung bis zum 29.6.2012 auf. Die Frist verlief fruchtlos. Die Beklagte beauftragte sodann die Firma (…) Erdbau mit der Hangsicherung, die der Beklagten die Arbeiten mit Schlussrechnung vom 6.12.2012 mit 124.826,41 € (B 9, Bd. I Bl. 184 f.) in Rechnung stellte. Im Januar 2013 kam es erneut zu einem Hangrutsch. Die Beklagte forderte die Klägerin mit Schreiben vom 4.1.2013 (B 10, Bd. I Bl. 228 f. d.A.) erneut erfolglos zur Beseitigung auf. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 14.1.2013 die Verantwortung für den erneuten Hangrutsch zurückgewiesen. Weitere Hangrutsche ereigneten sich im Januar 2014 und im März 2015.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Zahlung von Werklohn für die Arbeiten zur Hangsanierung gemäß ihrer Rechnung vom 5.6.2012. Die Klägerin behauptet, die Arbeit zu Hangsanierung seien von dem Prokuristen der Beklagten, dem Projektleiter (…), nach dem ersten Böschungsrutsch aufgrund ihres Angebotes vom 9.1.2012 am 24.1.2012 mündlich in Auftrag gegeben worden. Die Klägerin behauptet, nach Fertigstellung der Arbeiten sei die sanierte Böschung am 6.2.2012 vom Bodengutachter als vertragsgemäß hergestellt abgenommen worden. Sie ist der Ansicht, die Arbeiten seien zumindest stillschweigend durch Inbetriebnahme der Halle abgenommen worden.

Die Klägerin beantragt, Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 47.782,07 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, Die Klage abzuweisen.

Widerklagend beantragt die Beklagte,

  • Die Klägerin und Widerbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte und Widerklägerin im Wege des Schadensersatzes einen Betrag in Höhe von 124.826,41 € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
  • Die Klägerin Widerbeklagte wird weiterhin verurteilt, an die Beklagte und Widerklägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskostenhöhe von 2.166,50 € zu zahlen.
  • Es wird festgestellt, dass die Klägerin und Widerbeklagte verpflichtet ist, der Beklagten und Widerklägerin aufgrund der fehlerhaften Herstellung der Böschung über die eingeklagten Mängelbeseitigungskosten hinaus Nachbesserungsaufwendungen wegen der fehlerhaften Böschung zu ersetzen.

Hilfsweise beantragt die Beklagte, sollte die Klägerin und Widerbeklagte Mängelbeseitigungsarbeiten selbst vornehmen wollen, festzustellen, dass die Klägerin und Widerbeklagte verpflichtet ist, der Beklagten und Widerklägerin aufgrund der fehlenden Funktionsfähigkeit der Böschung des Gewerbegrundstücks der (…) Grundstücks GmbH & Co. KG in (…) , eine funktionsfähige und entsprechend der anerkannten Regeln der Technik hergestellte Böschung herzustellen.

Die Beklagte ist der Auffassung, eine Vergütung für die Hangsanierungsmaßnahmen sei nicht geschuldet. Ein Auftrag zur Sanierung hinsichtlich des ersten Hangabrutsches sei nicht erteilt worden. Jedenfalls sei die Klägerin zur Vornahme der Arbeiten im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet gewesen. Die Herstellung der Standfestigkeit der Böschung (Verfestigung des Erdhangs) sei bereits geschuldete Leistung aus dem Vertrag über Erdarbeiten vom 26.11.2010 gewesen. Aus den einbezogenen Plänen E-2 und P1- P5 ergebe sich, dass eine Berme mit einem Böschungswinkel von 1: 1,5 herzustellen sei. Zudem sei in dem Baugrundgutachten der Streithelferin zu 2 vom 20.10.2008 darauf verwiesen, dass die Böschung gemäß DIN 4142 (Baugrube und Graben) zu erstellen sei. Die Beklagte verweist weiter auf die Baugrundnachbegutachtung vom 15.9.2010 auf Seite 11, woraus sich ergebe welche Sicherungsmaßnahmen bei dem Hangabtrag zu ergreifen waren. Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe den vorgegebenen Böschungswinkel nicht eingehalten und die auf Seite 11 des geotechnischen Berichts vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen (Einfügung von Steinkeilen u.ä. am Böschungsfuß) nicht ausgeführt. Eine Vergütung stehe der Klägerin auch deshalb nicht zu, weil diese den Nachbesserungsanspruch wegen Schlechterfüllung verweigere. Insoweit werde hilfsweise ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht und überdies hilfsweise die Aufrechnung mit Gegenforderungen erklärt. Zumindest hätte die Klägerin Bedenken anmelden müssen. Insgesamt ist die Beklagte der Auffassung, ursächlich für die Hangabrutschungen seien eine fehlerhafte Planung des Streithelfers zu 1) und die fehlerhafte Bauausführung der Klägerin.

Die Streithelfer zu 1-3 beantragen,

  • die Klage abzuweisen.
  • Die Klägerin und Widerbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte und Widerklägerin im Wege des Schadensersatzes einen Betrag in Höhe von 124.826,41 € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

Der Streithelfer zu 1) trägt vor, die Pläne, aus denen sich Berme und Böschung ergaben auf Grundlage der Bodengutachten erstellt zu haben; er weist einen Planungs- oder Bauüberwachungsfehler von sich. Er ist weiter der Auffassung, die vertragliche Verpflichtung der Bieter, die Böschung als Dauerböschung herzustellen, sei klar ersichtlich gewesen. Die Streithelferin zu 2) bestreitet, die Arbeiten der Klägerin bei der ersten Hangsanierung überwacht zu haben und weist ebenfalls Fachplanungsfehler von sich. Die Streithelferin zu 3) tritt der Auffassung der Beklagten bei, dass ein Auftrag zur Durchführung der Sanierung hinsichtlich des ersten Hangabrutsches nicht erteilt worden sei und die Klägerin zur Vornahme der Arbeiten jedenfalls im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet gewesen sei.

Die Klägerin beantragt demgegenüber, die Widerklage abzuweisen.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, eine Verpflichtung zur Herstellung einer standhaften Böschung habe infolge des Vertrages vom 26.11.2010 nicht bestanden. Ihre Verpflichtung habe in dem Lösen, Abtransportieren und Abladen bestimmter Erdmassen zur Herstellung des Planums bestanden. Seitens der Beklagten habe bei Auftragsvergabe auch kein Anlass dahin bestanden, dies zu beauftragen, da nach den Baugrunderkundungen der Streithelferin zu 2) davon auszugehen gewesen sei, dass der Baugrund aus standfestem Material bestünde. Wären die entsprechenden Maßnahmen mit beauftragt worden, hätte die Klägerin Mehrkosten von 1,2 bis 1,8 Millionen € einkalkulieren müssen. Für die Beklagte habe kein Anlass bestanden, diese Kosten ohne Kenntnis des Baugrundes auf sich zu nehmen, zumal zum damaligen Zeitpunkt von einer ohnehin gegebenen Rutschfestigkeit auszugehen gewesen sei. Die Klägerin habe demgemäß keinen Auftrag erhalten, die Abtragsböschung nach erfolgtem Lösen auf Standsicherheit zu prüfen und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen vorzunehmen. Dies sei auch nicht Nebenpflicht des mit dem Erdaushub beauftragten Unternehmers. Die Klägerin sei lediglich zur Einhaltung der Vorgabe aus dem Baugutachten hinsichtlich der Generalneigung (1: 1,5) verpflichtet gewesen. Darüber hinausgehende Sicherungsmaßnahmen seien nicht erforderlich gewesen. Die versteckte Problematik der Bodenstruktur des Baugrundes gehe zu Lasten der Beklagten, die das Baugrundrisiko allein zu tragen habe.

Das Gericht hat Beweis erhoben über die Auftragserteilung aufgrund des Beweisbeschlusses vom 21.01.2013 (Bd. I Bl. 205 d.A.) durch Vernehmung der Zeugin (…), (…) und (…). Hinsichtlich des Ergebnisses der Zeugenvernehmung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom einem 20.1.2013 (Bd. I Bl. 204- 212 d.A.) verwiesen. Das Gericht hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens aufgrund des Beweisbeschlusses vom 31.10.2013 (Bd. II Bl.527- 529 d.A.). Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Dipl. Geologe (…) vom 28.5.2014 und 18.11.2014 sowie auf die mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen in dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.12.2015 (Bd. IV Bl. 943- 954 d.A.) Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf sämtliche Schriftsätze der Parteien und der Streithelfer nebst Anlagen und sonstige Aktenteile Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet. Die Widerklage bleibt ohne Erfolg.

I.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von Werklohn in Höhe von 47.782,07 € zu, § 631 Abs.1 BGB.

1.

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der mit Prokura versehene Bauleiter der Beklagten, der Zeuge (…), die Klägerin am 27.1.2012 mit der Durchführung der Sanierungsarbeit der Böschung beauftragt hat. Dies folgt aus der glaubhaften Aussage des Zeugen (…), der bekundet hat, am 27.01.2012 von den Zeugen (…) nach dem Böschungsrutsch auf der Baustelle mit der Herstellung der Böschung beauftragt worden zu sein. Das schriftliche Angebot vom 9.1.2012 sei sodann auf weitere Anforderung des Herrn (…)nachträglich erstellt worden. Der Preis habe aber am 27.1.2012 schon festgestanden. Der Zeuge hat weiter bekundet, dass die Sicherungsmaßnahmen der Böschung hangseits durch das Baugrundlabor (…)überwacht und die Sicherungsmaßnahmen in Form der Beseitigung des Hangabrutsches nach deren Vorgaben durchgeführt worden sei. Nach Beendigung der Arbeiten habe eine Begehung durch Herrn (…)stattgefunden, und er habe die Sicherungsmaßnahmen als abgenommen angesehen. Auch der Zeuge (…) hat im Ergebnis bestätigt, dass die Klägerin nach dem Hangrutsch mit der Beseitigung der Erde beauftragt wurde, ohne dass auf das vorhergehende Auftragsverhältnis zur Herstellung der Baugrube Bezug genommen worden sei. Der Zeuge hat auch bestätigt, dass auf seine Anforderung später ein Angebot von der Klägerin erstellt wurde. Soweit der Zeuge (…) weiter angegeben hat, dass zunächst keine Gespräche über Preise für die Durchführung der Sanierungsarbeiten stattgefunden hätten, widerspricht dies zwar der Aussage des Zeugen (…) . Im Ergebnis kann dies jedoch dahinstehen, da eine Vergütung als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu warten ist, § 632 Abs.1 BGB. Die Beklagte hat dem Angebot vom 09.01.2012 mit den darin enthaltenen Preisen nicht widersprochen. Die darin enthaltenen Preise sind jedenfalls als übliche Vergütung anzusehen, § 631 Abs.2 BGB.

2.

Die Werklohnforderung ist fällig, § 16 Nr.3 Abs.1 VOB/B. Die Abnahme ist bereits dann entbehrlich, wenn nicht mehr Erfüllung des Vertrags verlangt wird oder die Abnahme des Werkes ernsthaft und endgültig abgelehnt wurde (BGH, Urteil vom 11.5.2006-VI ZR 146/04, zit. nach Juris). Der Einwand der fehlenden Abnahme greift jedenfalls deshalb nicht, da das Werk der Klägerin durch die eingetretenen weiteren Hangbrüche nicht mehr abgenommen werden kann. Für den zufälligen Untergang oder eine zufällige Verschlechterung des von dem Auftraggeber gelieferten Werkstoffes ist die Klägerin als Auftragnehmerin nicht verantwortlich. Die Beklagte trägt vorliegend die Vergütungsgefahr, da der Untergang der Sache der Risikosphäre der Beklagten zuzuordnen ist. Die Klägerin kann daher jedenfalls gem. § 645 BGB volle Vergütung verlangen (Werner/Pastor, der Bauprozess, 13. Aufl. Rdnr. 1812). Zwar ist es nicht zutreffend, dass die Beklagte als Auftraggeberin stets das Baugrundrisiko trägt. Die Auffassung, der Baugrund sei ein vom Auftraggeber gestellter Baustoff, für dessen Beschaffenheit er stets einzustehen habe und woran auch rechtsgeschäftliche Vereinbarungen und die funktionale Ausrichtung eines Werkvertrags nichts ändern könnten, kann nicht nur keine allgemeine Gültigkeit beanspruchen, sondern ist vielmehr unzutreffend. Auch wenn es um Bauverträge geht, deren Durchführung und Erfüllung von gegebenen, möglicherweise ungeklärten Bodenverhältnissen abhängen, sind die Hauptpflichten aus dem werkvertraglichen Verpflichtungsvertrag entscheidend und somit vorrangig zu bestimmen. Ein spezifisches Baugrundrisiko, welches bedeuten würde, dass der Auftraggeber für dessen, wie auch immer geartete Verwirklichung stets einzustehen hätte, ist nicht existent (vgl. BGH BauR 2009,1724 ff; OLG München, Urteil vom 10. Dezember 2013 – 28 U 732/11 Bau -, Rn. 59, juris).

Ein Baugrundrisiko, unter dem das Wagnis zu verstehen ist, dass ohne Verschulden eines Vertragspartners die angetroffenen, geotechnischen Verhältnisse die Leistungserbringung erschweren oder verhindern, hat die Klägerin vertraglich nicht übernommen. Bereits aus dem Angebot vom 9.1.2012 folgt dass die Klägerin nach dem ersten Böschungsbruch ausschließlich mit dem Aufladen, Abfahren und Entsorgung von Boden beauftragt wurde sowie dem Einbau von Basaltsteinen am Erdrutsch. Unstreitig ist zwischen den Parteien und es folgt zudem aus der Aktenlage, dass die Sicherungsmaßnahmen auf Grundlage und Weisung der Streithelferin zu 2) in der schriftlichen Stellungnahme vom 24.1.2012 und 31.01.2012 durchgeführt wurden. Die Klägerin hat die Sicherungs- und Stabilisierungsmaßnahmen mithin nach Vorgaben des Baugrundlabors (…) durchgeführt. Ein Baugrundrisiko, das sich u.a. dadurch verwirklicht hat, dass entgegen der weiteren Stellungnahme des Baugrundlabors am 31.1.2012 der untere Teil der Böschung nicht ausreichend standfest war und es deshalb zu weiteren Böschungsbrüchen kam, hat die Klägerin nicht zu tragen. Unabhängig von der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob die streitgegenständlichen Arbeiten der Klägerin nach Fertigstellung der Arbeiten am 6.2.2012, und mithin vor dem zweiten Böschungsbruch im Februar 2012, abgenommen wurden, steht der Klägerin daher ein Vergütungsanspruch gemäß § 645 BGB zu. Die Grundsätze des § 645 BGB gelten auch für den VOB-Werkvertrag (Werner/Pastor a.a.O., Rdnr. 1812).

3.

Die von der Klägerin im Rahmen der Klagforderung geltend gemachten Arbeiten sind vergütungspflichtig. Der Vergütungsanspruch der Klägerin entfällt nicht deshalb, weil sie zur Durchführung der Arbeiten gemäß Rechnung vom 5.6.2012 im Wege der Nacherfüllung aus dem Vertrag vom November 2010 verpflichtet war. Die Klägerin schuldete auf Grundlage des Bauvertrages vom 26.11.2010 nicht die dauerhafte Herstellung der Standfestigkeit einer im Zuge der Arbeiten entstehenden Böschung.

Gemäß dem Angebot der Klägerin vom 12.1.2010, das Vertragsgrundlage wurde, schuldete die Klägerin Arbeiten in Form des Lösens, Ladens und des Transportes von Boden und dem Einbringen von Bindemitteln. Eine Verpflichtung der Klägerin, die durch das Lösen von Erdmassen entstehende Abschlagsböschung standfest und dauerhaft zu errichten, ist dem Vertrag nicht zu entnehmen. Arbeiten zur endgültigen Herstellung und Befestigung der Böschung wurden in dem Vertrag vom 26.11.2010 nicht vorgegeben. Diese Auffassung wird durch die Ausführungen des Sachverständigen (…) gestützt, der auf Seite 9 seines Gutachtens vom 28.5.2014 ausgeführt hat, dass aus den Leistungspositionen des Angebots vom 12.11.2010 eine vertragliche Verpflichtung zur Herstellung von Baugruben und Böschungen nicht hervorgehe. Die Kammer vermag in diesem Zusammenhang auch der Meinung der Beklagten, aus dem Inhalt des geotechnischen Berichtes vom 15.9.2010, dort Seite 11 (Bd. I Bl. 58 d.A.), folge die Verpflichtung der Klägerin, die hangseitige Böschung mit allen erforderlichen Verfestigungsmaßnahmen als Dauerböschung anzulegen, nicht zu folgen. Diese Feststellung der Gegebenheiten beinhaltet jedenfalls keine zum Vertragsinhalt gewordene Verpflichtung der Klägerin zur Böschungssicherung. Diese Verpflichtung folgt nach Auffassung der Kammer auch nicht unter Berücksichtigung des von der Beklagten angeführten funktionalen Herstellungsbegriffs. Dem Wortlaut des geotechnischen Berichts ist schon nicht zu entnehmen, wer zur Errichtung der Dauerböschung verpflichtet ist, zumal sich der Begriff der „Dauerböschung“ erkennbar nur auf den Errichtungswinkel für den nachbauzeitigten Zustand bezieht. Auch die weiteren Ausführungen unter 5.1, wonach Sicherungsmaßnahmen zur Fassung örtlicher Hang-Stau bzw. Schichtenwasseraustritte zu berücksichtigen sind (Steinkeile, lokal aufliegende Steinwürfe, Sickerkeile am Böschungsfuß o.ä.), sind zu unbestimmt, um eine vertragliche Verpflichtung zur Herstellung von Böschungssicherungsmaßnahmen zu begründen. Soweit die Beklagte darüber hinaus auf die Pläne E-2, P-1 bis P-5 des Streithelfers zu 1) verweist, sind diesen ebenfalls keine Sicherungsmaßnahmen, sondern nur die Herstellung einer Berme mit der Generalneigung 1: 1,5 zu entnehmen. Für diese Auslegung, nämlich dass die Klägerin über die in dem Leistungsverzeichnis enthaltenen Positionen keine Sicherungsmaßnahen für eine Böschung zu erbringen hatte, spricht weiter der übereinstimmende Parteiwille während der Vertragszeit. Bereits die vollständige Zahlung der Schlussrechnung vom 24.4.2012 -mithin nach Eintritt des ersten Böschungsbruches- ist ein deutliches Indiz dafür, dass auch die Beklagte von der Vergütungspflicht weiterer Maßnahmen zur Hangsicherung- und Sanierung ausging. Auch die Erstellung des Nachtrages vom 8.3.2011 auf Aufforderung der Beklagten für die talseitige Böschung und einen Teil des Baufeldes spricht dafür, dass zusätzliche Sicherungsmaßnahmen nach dem übereinstimmenden Verständnis der Vertragsparteien nicht Gegenstand des Bauvertrages vom 26.11.2010 waren. Denn dieser Nachtrag erfolgte in Kenntnis der bereits in dem Bodengutachten vom 15.9.2010 beschriebenen und vorgeschlagenen Sicherungsmaßnahmen für die talseitig Böschung. Auch dies stütz die Auffassung, dass die Parteien keine Überwälzung des Baugrundrisikos auf die Klägerin vornehmen wollten.

Nichts anderes folgt aus dem Baugrundgutachten vom 20.10.2008, indem es auf Seite 16 (Bd. I Bl. 89 d.A.) weiter heißt, dass bei allen Bodeneingriffe die einschlägigen Bestimmungen der DIN 4124 zu beachten sind. Die DIN 4124 bezieht sich nach den Ausführungen des Sachverständigen (…) auf Böschungen und Gräben, die während der Bauzeit entstehen. Sie ist auf Dauerböschungen nicht anzuwenden. Diese sind nach DIN 4084 zu beurteilen. Eine vertragliche Verpflichtung zur Durchführung bestimmter Verfestigungsmaßnahme für eine Dauerböschung durch die Klägerin ist der Erwähnung der DIN 4084 mithin nicht zu entnehmen.

Selbst wenn die Klägerin im Rahmen des Vertrages vom 26.11.2010 zur Errichtung der Böschung nebst Sicherung verpflichtet gewesen wäre- wie nicht- wären die Böschungsarbeiten gesondert zu vergüten. Im Rahmen des Vertrages und des zu Grunde liegenden Angebotes waren der Umfang und die Vergütung für die 4 vereinbarten Leistungspositionen festgelegt, spezielle Sicherungsmaßnahmen für die Böschung sind den Leistungspositionen nicht zu entnehmen. Der vereinbarte Pauschalpreis bezieht sich ausschließlich auf die in dem Leistungsverzeichnis enthaltenen Positionen. Insoweit musste auch der Beklagten klar sein, dass selbst in dem Fall, dass aufgrund des in Bezug genommenen Gutachtens die Erstellung der standfesten Böschung geschuldet sein sollte, dies gesondert zu vergüten ist. Insoweit erwächst dem Unternehmer ein Anspruch auf Erstattung von Mehrkosten, wenn im Zuge der Nacherfüllung Leistungen erforderlich werden, die er nach dem Vertrag nicht zu erbringen hatte, dann aber, weil sie zur ordnungsgemäßen Ausführung nötig sind, zusätzlich doch erbringen muss (Werner/Pastor, Der Bauprozess, a.a.O., Rdnr. 2089).

Die Hangsicherungs- und Sanierungsarbeiten sind auch nicht deshalb als Nacherfüllung anzusehen, weil die Klägerin die Erdarbeiten gemäß Bauvertrag vom 26.11. 2011 mangelhaft ausgeführt und hierdurch den 1. Hangabrutsch herbeigeführt hätte. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen (…), denen sich die Kammer vollumfänglich anschließt, liegt der Grund für den ersten Böschungsbruch nicht in einer mangelhaften Ausführung der Arbeiten der Klägerin. Der Klägerin kann zunächst nicht angelastet werden, dass sie die Böschung nicht in der vorgegebenen Neigung von 1: 1,5 erstellt hätte. Nach den Ausführungen des Sachverständigen (…) hat die Klägerin die vorgeschriebene Neigung von 1: 1,5 ausgeführt. Soweit der Sachverständige weiter ausgeführt hat, dass die Klägerin die Böschungsneigung in dem Bereich, in dem Fels anstand, nicht mit einer Neigung von 1: 1,5 sondern senkrecht ausgeführt habe, hat er auch dargelegt, dass dies für die Standsicherheit in diesem Bereich keine Rolle spiele. Zudem seien die Pläne so zu verstehen, dass die Neigung im Bereich der Bermen so herzustellen ist. Der Sachverständige hat weiter verständlich dargelegt, dass es nicht die Klägerin war, sondern der Fachplaner und Gutachter, die umfassende Kenntnis von der Heterogenität des Baugrundes gehabt hätten und aus dieser Erkenntnis nicht die nötigen Schlüssel für die Standsicherheit der Böschung gezogen hätten. Soweit der Sachverständige insbesondere die unterlassene Böschungsbruchberechnungen nach DIN 4084 zur Ermittlung eines sog. worst case bemängelt hat, ist dies ebenfalls nicht die Klägerin anzulasten. Diese war nicht zur Erstellung von Böschungsbruchberechnungen verpflichtet. Insoweit folgt die Kammer den Ausführungen des Sachverständigen (…), dass es dem ausführenden Unternehmer nicht obliegt, die Gutachten der Fachplaner zu überprüfen und eigene Rechnungen hierzu anzustellen. Insoweit hat der Sachverständige überaus plausibel dargelegt, dass in Bezug auf die Klägerin sämtliche im Baugrundgutachten beschriebenen Risiken erkennbar und plausibel durch die vorgeschlagene Generalneigung von 1 : 1,5 abgedeckt waren.

4.

Der Beklagten steht kein Zurückbehaltungsrecht wegen eines bestehenden Nacherfüllungsanspruches wegen fehlerhafter Sanierungsarbeiten nach dem 1. Böschungsbruch zu. Der Nacherfüllungsanspruch gibt dem Besteller ein Zurückbehaltungsrecht gegen den Vergütungsanspruch des Unternehmers, § 641 Abs. 3 BGB. Allerdings erlischt der Nacherfüllungsanspruch mit der Geltendmachung von Schadenersatz durch die Beklagte, der Gegenstand der Widerklage ist.

Nach alledem steht der Klägerin der geltend gemachte Vergütungsanspruch in voller Höhe zu, § 631 Abs. 1 BGB.

Der Zinsanspruch der Klägerin beruht auf den §§ 291,288 Abs. 2 BGB.

II.

Die Widerklage ist nicht begründet.

Der Beklagten steht gegen die Klägerin kein Schadensersatzanspruch gem. § 13 Abs. 7 Nr. 3 VOB/B in Höhe von 126.826,41 € zu. Es kann dahinstehen, ob ein Begutachtungs- oder Planungsfehler der Streithelfer zu 1) oder 2) vorliegt oder wie sich ein solcher ausgewirkt hat. Denn der Klägerin kann weder ein Ausführungsfehler noch ein Verstoß gegen eine ihr obliegende Bedenkhinweispflicht angelastet werden.

1.

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme durch Einholung des Sachverständigengutachtens des Geologen (…)steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der erste Hangbruch im Januar 2012 seinen Grund nicht in einer mangelhaften Ausführung der Arbeiten der Klägerin im Rahmen des Vertrages vom Oktober 2011 hat. Auch Arbeiten der Klägerin im Januar 2012 zur Sanierung nach dem ersten Hangrutsch waren nicht mangelhaft.

Der Sachverständige (…) hat dargelegt, dass der Baugrundgutachter in seinem Gutachten auf die Problematik des stark wechselnden Baugrundes (Heterogenität) hingewiesen habe, ohne hieraus die nötigen Schlüsse für die Standsicherheit der 7-9 m hohen Böschung zu ziehen, nämlich die Vornahme der erforderlichen Böschungsbruchberechnungen nach DIN 4084 zur Ermittlung des sog. worst case. Eine Generalneigung von 1:1,5 sei fälschlicherweise pauschal als zulässig beurteilt worden. Auch fehle es im Hinblick auf den Hinweis des Bodengutachtens auf das Erfordernis lokaler Entwässerungs- und Sicherungsmaßnahmen zur Fassung örtlicher Hang- Stau- bzw. Schichtenwasseraustritte an der entsprechenden Umsetzung in der Planung des Streithelfers zu 1). Im Hinblick auf die Klägerin hat der Sachverständige festgestellt, dass die Klägerin keine anderen als die beschriebenen Verhältnisse habe feststellen können und wegen der Erfassung der beschriebenen Risikoformulierungen davon hätte ausgehen müssen, dass alle Risiken über die als zulässig beschriebene Generalneigung von 1:1,5 gesichert würden, nachdem der unterschiedliche Bodenaufbau im Bodengutachten umfassend beschrieben worden sei. Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer vollumfänglich an. Insbesondere folgt die Kammer der Auffassung, des Sachverständige, dass das Fehlen von Böschungsbruchberechnungen jedenfalls nicht der Klägerin als ausführendes Unternehmen anzulasten ist. Auf obige Ausführungen hierzu wird Bezug genommen.

2.

Der Klägerin ist schließlich kein Verstoß gegen eine ihr obliegende Bedenkhinweispflicht (§ 4 Nr. 3 VOB/B) anzulasten. Anerkannt ist, dass ein Bauunternehmer Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung, gegen die Güte und Brauchbarkeit der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile oder gegen die Leistungen anderer Bauunternehmer unverzüglich vorzubringen hat. Die stellt eine vertragliche Hauptpflicht dar. Kommt der Unternehmer einer bestehenden Prüfungs- und Hinweispflicht nicht nach, so ist seine Werkleistung mangelhaft. Der Auftraggeber hat allerdings zu beweisen, dass die Voraussetzungen für die Prüfungs- und Anzeigepflicht vorgelegen haben (vgl. hierzu Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Auflage, Rn. 2037 ff.). Für die Frage, wann die der Bedenkenanzeige nach § 4 Nr. 3 VOB/B vorausgehende Prüfungspflicht des Auftragnehmers im Einzelfall gegeben ist, und wie weit sie reicht, kommt es auf die Verhältnisse und Umstände des Einzelfalls an. Entscheidende Gesichtspunkt sind das beim Auftragnehmer im Einzelfall vorauszusetzende Wissen, die Art und der Umfang der Leistungsverpflichtung und des Leistungsobjektes sowie die Person des Auftraggebers oder des zur Bauleitung bestellten Vertreters. Am geringsten ist die Prüfungspflicht dort, wo es um die vorgesehene Art der Ausführung geht, weil diese grundsätzlich dem Planungsbereich angehört, in dem der Auftraggeber regelmäßig einen eigenen Fachmann, nämlich einen bauleitenden Architekten oder Ingenieur beschäftigt (OLG Hamm BauR 2003, 1052). Wird die Bauleistung von Fachfirmen mit Spezialkenntnissen ausgeführt, so verstärkt sich die Prüfungspflicht (OLG Köln, Urteil vom 19. Juli 2006 – 11 U 139/05 -, juris). Der Werkunternehmer darf sich aber in der Regel auf die Erkenntnisse des Bodengutachtens als des Sonderfachmannes verlassen. Er hat das Bodengutachten aber auf Plausibilität und etwaige Unvollständigkeiten oder Unrichtigkeiten zu überprüfen und auf erkennbare Fehler und Unvollständigkeiten hinzuweisen (OLG Köln, Urteil vom 19.7.2006-11 U 139/05, zitiert nach Juris).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist nicht festzustellen, dass die Klägerin eine ihr obliegende Prüfungspflicht verletzt hat. Insbesondere bestand keine Verpflichtung der Klägerin zur Überprüfung der Vorgaben zur vorgeschriebenen Generalneigung von 1:1,5. Ein Grund, von einem Fehler oder einer Unvollständigkeit der Feststellungen zur Abdeckung der Risiken über die vorgesehene Generalneigung auszugehen, bestand für die Klägerin nicht. Bei Einbeziehung eines Fachplaners, wie vorliegend der Streithelferin zu 2) als Baugrundgutachterin, war gegenüber dem Kenntnisstand der Klägerin ein höheres Fachwissen vorauszusetzen. Die Klägerin war nicht verpflichtet, das Bodengutachten zu überprüfen. Offenkundige Fehler oder Unrichtigkeiten hat keine der Parteien vorgetragen. Solche sind auch unter Würdigung der Ausführungen des Sachverständigen (…) nicht zu erkennen.

Es ist ferner nicht zu erkennen, dass für die Klägerin als Fachfirma für Straßen- Tief- und Ingenieurbau ein Anknüpfungspunkt für eine Prüfpflicht wegen veränderter Umstände während der Bauausführung bestanden hätte. Der Sachverständige hat dargelegt, dass die Klägerin während der Bauausführung keine anderen als die beschrieben Verhältnisse feststellen konnte. Auch der Streithelfer zu 1) hat ausgeführt, dass die im Bodengutachten für die Ausführungsphase beschrieben Risiken und im Zuge der Ausführung der Böschung zu beachtenden Risiken im Zuge der Ausführung nicht eingetreten sind. Soweit der Streithelfer zu 1) darauf hingewiesen hat, dass im Zuge der Ausführungen auf eine Problemzone im Baufeld hingewiesen worden sei und daraufhin in einem bestimmten Bereich Boden ausgetauscht und Schotter verfüllt worden sei, betrifft dies nicht die streitgegenständliche hangseitige Böschung sondern die talseitige Böschung. Unter den gegebenen Umständen war mithin auch von Klägerin als Fachfirma für Tiefbau nicht zu erwarten, dass sie das Risiko eines Böschungsbruches erkennt.

Eine Mangelhaftigkeit folgt entgegen der Auffassung der Beklagten schließlich nicht unter dem Gesichtspunkt, dass die Klägerin verpflichtet gewesen wäre ein funktionsfähiges Werk entstehen zu lassen. Weder aus der ursprünglichen Beauftragung für die Erdarbeiten noch aus dem Angebot vom 9.1.2012 zur Beseitigung des Böschungsbruchs folgt, dass die Klägerin zur Herstellung einer dauerhaften funktionstauglichen Böschung verpflichtet gewesen wäre. Dies ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sanierung nach dem ersten Böschungsbruch anzunehmen, da diese Arbeiten unter Leitung und auf Anweisung der Streithelferin zu 2) in deren Stellungnahmen vom 24.01.12 und 31.01.12 erfolgten, ohne dass der Klägerin eine funktionale Leistungsbeschreibung vorgegeben wurde.

Nachdem eine mangelhafte Ausführung der Klägerin nicht festzustellen ist, kann dahinstehen ob, und gegebenenfalls in welchem Umfang, Planungs- bzw. Überwachungsfehler des Streithelfers zu 1) oder Fachplanungsfehler der Streithelferin zu 2) an der Entstehung des Schadens mitgewirkt haben. Letztlich kann daher auch dahinstehen, zu welchem Ergebnis Böschungsbruchberechnungen geführt hätten. Einer weiteren Ergänzung des Gutachtens des Sachverständigen (…) hinsichtlich einer von der Streithelferin zu 2) geforderten ex ante Betrachtung des Bauvorhabens bedarf es für den vorliegenden Rechtsstreit nicht.

Da der Beklagten gegen die Klägerin bereits dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Bauausführung nicht zusteht, ist die Widerklage- auch im Feststellungsantrag sowie im Hilfsantrag- vollumfänglich abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 101 Abs.1 ZPO.

III.

Der Streitwert wird auf 373.424,48 € festgesetzt.

Der Streitwert ergibt sich zunächst aus der Addition des Gegenstandswertes von Klage- und Widerklageantrag zu Ziff.1 gemäß § 45 Abs.1 S.3 GKG (47.782,07 € + 124.826,41 €), da diese vorliegend nicht denselben Gegenstand betreffen. Der Wert des Widerklageantrages zu Ziff.2 wird auf 200.816 € festgesetzt. Die Kammer hat der Bemessung des Gegenstandswertes das Hangsanierungsangebot der Firma (…) vom 12.02.2015 (Bd. III Bl. 834 ff.) über 251.020 € zugrunde gelegt. Abzüglich eines Abschlages von 20 % für die Feststellungsklage ergibt sich ein Gegenstandswert von 200.816 €. Ein weiterer Abschlag wegen der Ungewissheit eines weiteren Schadenseintritts ist nicht vorzunehmen, da sich weitere Hangbrüche im Januar 2014 und März 2015 ereignet haben.

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem Oberlandesgericht Frankfurt, Außenstelle Kassel, 34117 Kassel, Frankfurter Straße 7.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 € übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

 

 

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