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Bauvertrag – Ausschluss einer Sicherheitsgestellung für die Werklohnforderung

LG Koblenz – Az.: 4 HKO 25/13 –  Urteil vom 26.11.2013

1) Die Beklagte wird verurteilt,

a) an die Klägerin Sicherheit in Höhe von 202.694,54 € für noch nicht bezahlte Vergütungen und Nebenforderungen aus dem Vertrag vom 25.11.2011 über die Erstellung von Rohbauten Baumaßnahme 28 Wohnungen …‚ II. BA – 1021 zu leisten,

b) an die Klägerin 2.534,20 € außergerichtliche Anwaltskosten zu zahlen.

2) Die Widerklage wird abgewiesen.

3) Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4) Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin und Widerbeklagte (im Folgenden: Klägerin) führte aufgrund Vertrages vom 25.11.2011 (Anlage K 1/GA Bl. 8 f.) als Nachunternehmerin der Beklagten und Widerklägerin (im Folgenden: Beklagte) an dem von dieser als Generalunternehmerin errichteten Bauvorhaben Neubau von 28 Wohnungen, … die Rohbauarbeiten aus. Mit Schlussrechnungsprüfung vom Dezember 2012 hat die Beklagte die Gesamtwerklohnforderung der Klägerin auf 1.265.835,53 € beziffert. Nach dem Vortrag der Klägerin sind hiervon Abschlagszahlungen in Höhe von 1.073.972,76 € in Abzug zu bringen, die Beklagte geht von solchen von 1.084.988,00 € aus. Unter Berücksichtigung von Bauwesenversicherung und der Bauschildumlage von zusammen 7.595,01 € beziffert die Klägerin ihre derzeitige Restforderung auf Basis des Zahlenwerks der Beklagten auf 184.267,76 E. Zuzüglich eines 10 %-igen Zuschlags für Nebenforderungen verlangt sie von der Beklagten Sicherheitsleistung gemäß § 648 a BGB in Höhe von 202.694,54 €‚ zudem Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten von 2.534,20 €. Die Beklagte fordert mit ihrer Hilfswiderklage Rückzahlung einer an die Klägerin geleisteten Vorauszahlung auf den Werklohn in Höhe von 98.000,00 €.

Am 13.12.2011 hatten die Parteien telefonisch eine solche Vorauszahlung vereinbart sowie einen Verzicht der Klägerin auf eine Sicherheit gemäß § 648 a BGB, was die Beklagte am 14.12.2011 schriftlich wie folgt bestätigt hat:

Es wurde vereinbart, dass die Firma … eine Vorauszahlung in Höhe von EUR 100.000,– netto gegen Vorlage einer Vorauszahlungsbürgschaft erhält.

Die Rückführung der Vorauszahlung erfolgt mit der letzten A-Conto-Anforderung der Firma …‚ somit bei Rohbaufertigstellung. Die Firma … erklärt im Gegenzug, dass das Thema Sicherheit nach § 648 a BGB für diese Vertragsobjekte vom Tisch ist. (Anlage B 1 / GA Bl. 54)

Die Klägerin trägt vor: Der von ihr erklärte Verzicht auf die Sicherheit nach § 648 a BGB sei unwirksam, weshalb sie nicht gehindert sei, nunmehr eine Sicherheitsleistung zu fordern. Die von der Beklagten erbrachte Vorauszahlung sei im Rahmen der letzten A-Kontorechnung verrechnet worden. Die Beklagte habe diese Verrechnung anerkannt.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

a) an sie Sicherheit in Höhe von 202.694,54 € für noch nicht bezahlte Vergütungen und Nebenforderungen aus dem Vertrag vom 25.11.2011 über die Erstellung von Rohbauten Baumaßnahme 28 Wohnungen …, II. BA – 1021 zu leisten,

b) an sie 2.534,20 € außergerichtliche Anwaltskosten zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen,

hilfswiderklagend die Klägerin zu verurteilen, an sie eine Vorauszahlung in Höhe von 98.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.01.2012 zurückzuzahlen.

Sie trägt vor: Mit der Vereinbarung vom 14.12.2011 habe die Klägerin auf eine Sicherheit nach § 648 a BGB wirksam verzichtet. Ihr jetziges Verlangen einer Sicherheitsleistung sei treuwidrig und rechtsmissbräuchlich. Die Klägerin habe sich bewusst für eine Vorauszahlung von 100.000,00 € entschieden. Falls der Verzicht auf die Sicherheit unwirksam sein sollte, sei damit auch die vertragliche Grundlage für die Vorauszahlung entfallen, weshalb diese zurückzuzahlen sei.

Die Klägerin beantragt, die Hilfswiderklage abzuweisen.

Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 04.11.2013 (GA Bl. 48/49) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet, die Hilfswiderklage ist unbegründet.

A.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf die begehrte Sicherheitsleistung. Nach § 648 a Abs. 1 BGB kann der Unternehmer eines Bauvorhabens hinsichtlich noch nicht gezahlter Werklohnvergütungen von dem Besteller die Gestellung einer Sicherheit in dieser Höhe zuzüglich eines 10 %-igen Zuschlages für Nebenforderungen verlangen.

Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, die Klägerin habe auf einen solchen Anspruch verzichtet. Die diesbezügliche Vereinbarung vom 13./14.12.2011, wonach ein solches Recht vorab ausgeschlossen worden ist, ist wegen Verstoßes gegen § 648 a Abs. 7 BGB gemäß § 134 BGB unwirksam. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Klägerin zunächst mit der vereinbarten Vorauszahlung von 100.000,00 € sich auf diese Weise eine Sicherheit für einen Teil ihres künftigen Werklohnanspruchs hat gewähren lassen.

Der Unternehmer verliert die Möglichkeit, nach § 648 a BGB vorzugehen, nicht dadurch, dass er zunächst eine den vollen Vergütungsanspruch nicht abdeckende Teilsicherheit gefordert oder eine entsprechende Vereinbarung getroffen hat. Das Gesetz will dem Unternehmer die Wahl lassen, eine Sicherheit oder eine Teilsicherheit erst dann zu verlangen, wenn er dies für angebracht hält. Er ist deshalb grundsätzlich befugt, eine den vollen Vergütungsanspruch abdeckende Sicherheit nachzufordern, wenn er es für angebracht hält, und kann im Falle der Nichtleistung die sich aus dem Gesetz ergebenden Rechte geltend machen (vgl. BGH NJW 2001 ‚822 f.; NJW 2006, 2475 f.; 2010, 2272 f.).

des Verlangens der Klägerin ausgegangen werden kann. Jedenfalls bei einem Kaufmann verdient ein etwaiges Vertrauen auf die Wirksamkeit einer Verzichtsvereinbarung keinen Schutz. Die Berufung auf die Treuwidrigkeit des Verlangens nach Sicherheit würde auf eine Umgehung des § 648 a BGB hinauslaufen und der nach § 648 a Abs. 7 BGB unwirksamen Abrede über § 242 BGB zum Erfolg verhelfen, was der Gesetzgeber gerade aus gutem Grund verhindern wollte. Nach dem Forderungssicherungsgesetz sollte gewährleistet sein, dass der Werkunternehmer bis zur oftmals langjährigen Klärung der Berechtigung der Vergütungsansprüche im Zahlungsprozess ausreichend gesichert ist (vgl. OLG Hamm IBR 2011, 211; LG Düsseldorf BauR 2012, 688).

Demnach ist die Klage hinsichtlich des Hauptanspruchs begründet; die außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 2.534,20 € schuldet die Beklagte als Schadensersatz unter Verzugsgesichtspunkten.

B.

Die Hilfswiderklage ist unbegründet. Die Beklagte hat keinen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vorauszahlung oder eines Teils davon. Sie hat nicht schlüssig dargetan, dass der Klägerin ein Restvergütungsanspruch nur noch in einer solchen Höhe zusteht, dass die geleistete Vorauszahlung nicht aufgebraucht ist.

Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Zusammenstellung vom 07.01.2013 (Anlage K 3) beläuft sich die von der Klägerin geltend gemachte Restwerklohnforderung auf 1.419.147,15 €. Die Klägerin hat ihrem Sicherheitsverlangen den von der Beklagten nach Rechnungsprüfung anerkannten Betrag von 1.265.835,53 € zugrunde gelegt und darauf hingewiesen, dass ihre weitergehenden streitigen Forderungen nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits seien. In gleicher Weise hat die Beklagte dargelegt, dass von dem nach ihrer Auffassung rechnerisch noch offenen Restwerklohnanspruch in Höhe von 173.252,29 € Einbehalte aufgrund erheblicher Mängelleistungen sowie Verzugsschäden vorzunehmen seien, die die Restvergütung überstiegen. Soweit die Beklagte nunmehr die von ihr geleistete Vorauszahlung – ganz oder teilweise – herausverlangt, wäre es an ihr, schlüssig darzulegen, dass ihre Berechnung des gekürzten Restwerklohnanspruchs und die von ihr erhobenen Einwände zutreffend sind. Denn der Besteller hat darzulegen, dass sich aufgrund von ihm erbrachter Voraus- oder Abschlagszahlungen ein Saldoüberschuss der Schlussabrechnung zu seinen Gunsten ergibt (vgl. BGH NJW 2002, 1567 f.). Entsprechenden Vortrag hat die Beklagte nicht gehalten, vielmehr ausdrücklich erklärt, dass die von ihr vorgenommenen Einbehalte nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind.

Demnach erweist sich die Hilfswiderklage als unbegründet, da mangels des mit dieser verfolgten Hauptanspruchs ein Anspruch auf Zinsen ebenfalls nicht besteht.

C.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91Abs. 1, 709 ZPO.

Streitwert: 300.694,54 €

 

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