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Bauvertrag – arglistiges Verschweigen von Mängeln – Organisationsverschulden des Werkunternehmers

OLG Karlsruhe – Az.: 19 U 23/12 (14) – Urteil vom 15.07.2014

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe – 3 O 210/11 – vom 25.01.2012 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungs- und des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens.

3. Das gegenständliche Urteil und die landgerichtliche Entscheidung sind vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung im Kostenpunkt durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vorläufig vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte zum einen auf Schadensersatz (in Höhe von 40.768,15 EUR) in Anspruch, zum anderen hat er – im Wege der Klageerweiterung – von ihr die Zahlung eines Vorschusses zum Zwecke der Mängelbeseitigung (in Höhe von 87.958,00 EUR) begehrt.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen, der im ersten Rechtszug gestellten Anträge sowie der Entscheidungsgründe wird auf den Inhalt des klageabweisenden landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Dagegen richtete sich die Berufung des Klägers, mit welcher er sein erstinstanzliches Begehren ungeschmälert weiter verfolgte. Zur Begründung seines Rechtsmittels hat er im Wesentlichen vorgetragen: Entgegen der Einschätzung des Landgerichts gebe es eine Vielzahl von gewichtigen Indizien dafür, dass er selbst Auftraggeber gewesen sei. Unabhängig davon habe die A GmbH mittlerweile eventuelle Gewährleistungsansprüche mit Vereinbarung vom 15.03.2012 (vgl. AS II 37) vorsorglich an ihn abgetreten. Vom Verbot des In-Sich-Geschäfts (vgl. § 181 BGB) sei er in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer jener Kapitalgesellschaft befreit. Dem Landgericht könne auch nicht darin beigepflichtet werden, dass die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung durchgreife. Zum Beweis der Tatsache, dass die Außendämmung an dem in der erstinstanzlichen Entscheidung näher bezeichneten Objekt von Mitarbeitern der Beklagten angebracht worden sei, berufe er sich auf die Vernehmung des Zeugen S. Eine frühere Benennung dieses Zeugen sei ihm nicht möglich gewesen, da er erst anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 21.12.2011 davon erfahren habe, wer vor Ort die betreffenden Arbeiten überwacht habe. Dem Zeugen S könne nicht verborgen geblieben sein, dass die Dämmung unter der Außentreppe gefehlt habe, weshalb die Verjährungsfrist des § 634a Abs. 3 BGB eingreife. Ebenso wenig könne ihm entgangen sein, dass die Treppe gegen den Keller nicht bzw. nur unzureichend abgedichtet gewesen sei und dass die Entwässerung unterhalb der Kellertreppe nicht eingebaut gewesen sei. Ein Hinweis auf die fehlende Außendämmung sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Auch lägen die Voraussetzungen für einen Neubeginn der Verjährung vor. Durch Vereinbarung vom 01.06.2011 habe die Beklagte konkludent auf die Einrede der Verjährung verzichtet.

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

Unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Karlsruhe – 3 O 210/11 – vom 25.01.2012 wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 40.768,15 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.02.2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Durch Beschluss vom 29.8.2012 (vgl. AS II 69) – auf dessen Inhalt Bezug genommen wird – wies der Senat den Kläger darauf hin, dass beabsichtigt sei, mit der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren. Nachdem der Kläger mehrfach schriftsätzlich zu dem gerichtlichen Hinweis Stellung genommen hatte, wurde sein Rechtsmittel durch Beschluss vom 20.11.2012 (vgl. AS II 155 ff.) – auf dessen Inhalt gleichfalls Bezug genommen wird – zurückgewiesen. Dagegen erhob der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde, die teilweise Erfolg hatte: Durch Beschluss des BGH vom 30.10.2013 wurde der Beschluss des erkennenden Senats vom 20.11.2012 insoweit aufgehoben, als die Abweisung der auf Leistung von Schadensersatz wegen Fehlens der Außendämmung im Bereich der Kelleraußentreppe nebst Zinsen gerichteten Klage bestätigt worden ist.

Erstmals mit Schriftsatz vom 12.03.2014 – also nach Erlass der genannten BGH-Entscheidung – hat der Kläger zum Beweis seiner Behauptung, dass die Außendämmung des Kellers von der Beklagten geliefert und angebracht worden sei, zwei weitere Beweismittel, die Zeugen B und J – bei letzterem handelt es sich um seinen Bruder – benannt (vgl. AS II 217).

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen S, B und J. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 17.06.2014 (vgl. As. II 239 ff.) Bezug genommen.

II.

1.

Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Die Klage ist unbegründet.

A.

Das vom Berufungsführer im Wege der Klageerweiterung geltend gemachte Vorschussverlangen in Höhe von 87.958,00 EUR wegen einer angeblich unzureichenden Abdeckung zwischen Bodenplatte und Wand des Vorhabens (LGU 5, 6) ist rechtskräftig abgewiesen, da die Nichtzulassungsbeschwerde insoweit ohne Erfolg blieb.

B.

Dem Schadensersatzbegehren des Klägers kann ebenfalls nicht entsprochen werden, denn es ist nicht durchsetzbar.

a)

Allerdings ist der Kläger aktivlegitimiert.

aa)

Es bedarf keiner Entscheidung darüber, ob die Einschätzung des erstinstanzlichen Gerichts, welches eine Sachlegitimation des Klägers kraft originären Rechts verneint hat (LGU 8 – 10), Zustimmung verdient.

bb)

Der Berufungsführer ist jedenfalls aufgrund der im zweiten Rechtszug vorgenommenen Zession Inhaber des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs geworden.

Die darin liegende – im Rahmen einer Eventualhäufung vollzogene – Klageänderung ist gemäß § 533 ZPO zulässig.

Da der abgetretene Schadensersatzanspruch bereits im ersten Rechtszug Streitgegenstand war, erscheint sie sachdienlich.

Der in Bezug auf die Zession gehaltene neue Parteivortrag des Klägers ist im Rechtsmittelzug auch zu berücksichtigen, denn einer Präklusion  (vgl. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO) wäre er nicht zugänglich gewesen. Zwar ist nicht zu verkennen, dass sich die Berufung des Klägers auf die mit der A GmbH geschlossene Abtretungsvereinbarung vom 15.03.2012 (vgl. AS II 37) ausnahmsweise als nachlässig im Sinne der vorbezeichneten Bestimmung darstellen könnte, weil er in seiner Eigenschaft als vom Verbot des Selbstkontrahierens befreiter Geschäftsführer der genannten Kapitalgesellschaft die Möglichkeit zu einer früheren Vornahme dieses dinglichen Rechtsgeschäfts besaß (vgl. BGH BauR 2011, 1851). Indes ist nicht auszuschließen, dass dem Kläger auch nach der Schlusserörterung des erstinstanzlichen Gerichts verborgen geblieben ist, dass jenes eine Aktivlegitimation kraft originären Rechts nicht für erwiesen erachtete. Er hat in diesem Zusammenhang gerügt, ein entsprechender gerichtlicher Hinweis sei unterblieben; wäre ein solcher erfolgt, hätte er schon im ersten Rechtszug eine entsprechende Abtretung vorgenommen (vgl. AS II, 99, 101). Da sich weder der Sitzungsniederschrift noch dem Akteninhalt in Bezug auf die fragliche Hinweiserteilung Gegenteiliges entnehmen lässt (vgl. § 139 Abs. 4 ZPO), handelte es sich bei der Abtretung und dem sich hierauf beziehenden Prozessvortrag um zulässige neue Verteidigungsmittel im Sinne des § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

b)

Vorbehaltlich der nachfolgend gesondert erörterten Durchsetzbarkeit des geltend gemachten Begehrens gebührte dem Kläger dem Grunde nach gemäß §§ 281 Abs. 1, 634 Nr. 4 BGB ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte.

aa)

Deren Werkleistung ist mangelhaft.

aaa)

Dass die Außendämmung im Bereich unterhalb der Kelleraußentreppe des Anwesens fehlt (LGU 3), hat die Beklagte bereits in der Klageerwiderung konkludent zugestanden (vgl. § 288 Abs. 1 ZPO). Aus dem Gesamtzusammenhang ihrer Ausführungen lässt sich nämlich eindeutig erkennen, dass sie der diesbezüglichen gegnerischen Darstellung bewusst nicht entgegentreten wollte (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 288 Rd. 3 m. w. N.), was sich insbesondere daran zeigt, dass sie ihrerseits gleichfalls das Fehlen der Außendämmung in dem betreffenden Teilbereich ausdrücklich hervorhob (As. I 45).

Soweit die Beklagte die Richtigkeit der darauf gegründeten landgerichtlichen Feststellung im Berufungsrechtszug mittlerweile in Zweifel zieht (vgl. As II 129), steht dem die Bindungswirkung ihres Geständnisses entgegen. Dieses hat seine Wirksamkeit nicht eingebüßt, weil es an den Voraussetzungen für einen Widerruf desselben im Sinne des § 290 ZPO fehlt. Zieht man die Darlegungen des Beklagten heran, hatte sie aus eigener Wahrnehmung unter Einschluss der ihr verfügbaren Urkunden keine Kenntnis darüber, ob in dem vorgenannten Bereich die Außendämmung tatsächlich angebracht war oder nicht. Eingedenk dessen hat sie daher bei Abgabe des Geständnisses die diesbezüglichen Ungewissheit bewusst in Kauf genommen, weshalb ihr ein Widerruf des Geständnisses versagt bleibt (vgl. Zöller/Greger a.a.O, § 288 Rd. 3 m. w. N.).

bbb)

Für die Annahme eines Mangels ist letztlich unerheblich, ob die Anbringung der Außendämmung von der Beklagten als Bestandteil ihrer Werkleistung geschuldet war oder nicht. Selbst wenn dies nicht zum Vertragssoll zählte, fällt der Beklagten unter Heranziehung des funktionalen Mangelbegriffs eine Pflichtwidrigkeit zur Last, wobei auch die unterschiedlichen Versionen der Parteien zur technisch indizierten bzw. üblichen zeitlichen Abfolge der zu verrichtenden Arbeiten ohne Belang sind. Denn zumindest oblag der Beklagten eine Prüfungs- und Hinweispflicht, der sie nicht genügte.

Folgt man der Darstellung des Klägers, hätte die Kellertreppe erst gesetzt werden dürfen, nachdem die Kellerwand von außen mit Dämmplatten beklebt worden ist (vgl. AS II 103). In diesem Fall hätte die Beklagte – wäre die Anbringung der Dämmung nicht vom Vertragssoll umfasst gewesen, aber anderweitig in unvollständiger Form vollzogen worden – den Kläger bzw. dessen Rechtsvorgängerin auf die partiell fehlende Dämmung hinweisen müssen.

Sollten hingegen die Ausführungen der Beklagten zutreffen – danach sollen Dämmplatten üblicherweise erst nach dem Aufstellen der Kelleraußenwände und der Kellertreppe geklebt werden, wobei an der betreffenden Stelle der Kelleraußenwand schon bei der Produktion eine Aussparung gelassen werde, um dadurch den Hohlraum unterhalb der Kellertreppe betreten und von außen mit Dämmplatten versehen zu können (vgl. AS II 53), – ändert dies an der oben dargestellten rechtlichen Beurteilung ebenso wenig. Denn ihrem eigenen Vortrag zufolge war hier bei der Produktion kein derartiges „Loch“ (vgl. AS II 53) vorgesehen gewesen, obgleich zu erwarten stand, dass – sei es durch die Rechtsvorgängerin des Klägers oder durch ein anderes Unternehmen – eine Außendämmung angebracht werden würde. Mithin erwies sich ihr Gewerk schon aus diesem Grund als mangelhaft, abgesehen davon, dass diesbezüglich auf jeden Fall auch das Erteilen eines Bedenkenhinweises vor Setzen der Außentreppe angezeigt gewesen wäre.

bb)

Unstreitig ist die Beklagte den – auf dem Geschäftspapier der Zedentin verfassten – fristgebundenen Aufforderung zur Mangelbeseitigung (LGU 3) nicht nachgekommen.

c)

Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist indes nicht durchsetzbar, weil die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift.

aa)

Die mit Abnahme beginnende (vgl. § 634 a Abs. 2 BGB) fünfjährige Verjährungsfrist des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB war Ende Oktober 2009 abgelaufen.

aaa)

Wie das Landgericht – dessen Ausführung sich der Senat insoweit zu eigen macht (LGU 11) – zutreffend ausgeführt hat, war davon auszugehen, dass die Werkleistung der Beklagten Ende Oktober 2004 schlüssig abgenommen wurde. Dementsprechend lief die vorbezeichnete Verjährungsfrist Ende Oktober 2009 ab.

bbb)

Entgegen der Annahme der Berufung scheidet ein Neubeginn der Verjährung (§ 212 Abs. 1 BGB) aus. Auf die zutreffenden Darlegungen in der angefochtenen Entscheidung wird zur Vermeidung von Wiederholungen gleichfalls verwiesen (LGU 12).

ccc)

Aus den vom erstinstanzlichen Gericht aufgezeigten – durch das Berufungsvorbringen nicht entkräfteten – Gründen (LGU 13) verbietet sich auch die Annahme, die Beklagte habe stillschweigend auf die Einrede der Verjährung verzichtet.

Soweit der Kläger aus der Entscheidung des BGH vom 23.08.2012 – VII ZR 155/10 – (zitiert nach Juris) abweichende Erkenntnisse herzuleiten sucht, erweist sich dieses Unterfangen als nicht stichhaltig. Diese Entscheidung, die sich mit der Frage befasst, unter welchen Umständen die Durchführung von Nachbesserungsarbeiten ein die Verjährung hemmendes, schlüssiges Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB verkörpert, ist hier ersichtlich nicht einschlägig.

bb)

Ein – für den Kläger (auch) in seiner Eigenschaft als Zessionar eröffneter – Rückgriff auf die bei einem arglistigen Verschweigen von Mängeln geltende, mindestens fünfjährige Verjährungsfrist des § 634 Abs. 3 BGB (i. V. m. §§ 195, 199 BGB) scheitert daran, dass die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind.

Weder ist ein arglistiges Verhalten der Beklagten bzw. deren Erfüllungsgehilfen erwiesen, noch bleibt Raum für die Annahme eines ihr anzulastenden Organisationsversagens.

aaa)

Ausweislich der erstinstanzlich getroffenen Feststellungen (LGU 3) stellte der Kläger den gegenständlichen Mangel Ende 2009 fest. Spätestens durch die – mit der Berufungsbegründungsschrift vom 15.03.2012 (vgl. AS II 25, 29) erfolgte – Einführung der Abtretungserklärung in den Prozess wäre die kenntnisbedingt ausgelöste Regelverjährung (§§ 634a Abs. 3, 199 Abs. 1, 195 BGB) entsprechend § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ex nunc gehemmt (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Auflage, § 204 Rn. 11 m.w.N.) worden, weshalb auch in diesem Zusammenhang offen bleiben kann, ob diese Wirkung  – was im Falle einer originären Inhaberstellung des Klägers angenommen werden müsste – nicht schon mit der zuvor veranlassten Klageerhebung am 02.05.2011 (vgl. AS I 13) herbeigeführt worden wäre.

bbb)

Den ihm obliegenden Nachweis dafür, dass die Beklagte bzw. deren Erfüllungsgehilfen das Fehlen der Außendämmung unter der Treppe arglistig verschwieg(en), vermochte der Kläger hingegen nicht zu führen.

α)

Hinreichende Anhaltspunkte, auf die sich – was die Person des jetzigen bzw. vormaligen Geschäftsführers der Beklagten anbelangt – der Schluss auf ein arglistiges Verhalten stützen ließe, sind weder dargetan noch erkennbar.

Eine angebliche Kenntnis der Beklagten vom Fehlen der Außendämmung unter der Treppe sucht der Kläger allein aus ihrem prozessualen Verhalten – dem oben erwähnten Geständnis des betreffenden Mangels – abzuleiten (vgl. AS I 181); dieses Unterfangen ist jedoch ersichtlich nicht stichhaltig.

β)

Ein arglistiges Verhalten ihres als Polier tätigen Zeugen S – welches sich die Beklagte entsprechend § 278 BGB hätte zurechnen lassen müssen – ist nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme nicht belegt.

(I)

Allerdings steht außer Frage, dass der Zeuge S bei dem gegenständlichen Bauvorhaben in Anbetracht der Gesamtumstände als Erfüllungsgehilfe der Beklagten bei der ihr obliegenden Offenbarungspflicht (vgl. BGHZ 62, 63) angesehen werden muss.

Neben einem weiteren Polier übte er nämlich für sie eine Funktion aus, die einem Bauleiter zumindest vergleichbar erscheint. Auch wenn der – in der Diktion nicht immer klare (vgl. II 229, 231) – Parteivortrag der Beklagten dahin auszulegen sein sollte, dass von ihr örtliche Bauleiter im förmlichen Sinne nicht eingesetzt wurden, steht außer Frage, dass sie ihre beiden Poliere, Herrn L und Herrn S, als Verantwortliche des jeweiligen Bautrupps damit betraut hatte, die „Arbeiten“ bzw. die Arbeiter „anzuleiten“. Es liegt auf der Hand, dass diesen beiden Polieren daher auch die Aufgabe zukam, die verrichteten Arbeiten zu überprüfen.

(II)

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme hegt der Senat auch keine Zweifel daran, dass die Anbringung der Außendämmung von der Beklagten geschuldet war, weshalb sie die betreffenden Arbeiten durch ihr Personal auch tatsächlich verrichten ließ.

Abweichend von ihrem erstinstanzlichen Prozessvortrag (LGU 7) musste die Beklagte im Berufungsrechtszug einräumen, dass sie die Dämmplatten an die Baustelle geliefert hatte (vgl. II 51). Darüber hinaus hat der Zeuge B glaubhaft bekundet, seiner Erinnerung nach hätten „die Leute von der Kellerfirma“ die Isolationsarbeiten vorgenommen, wobei er an der Baustelle auch mit einem Polier dieser Firma – dem Zeugen S – gesprochen habe. Zugleich hob der Zeuge B hervor, dass Mitarbeiter seines eigenen Unternehmens die Außendämmung des Kellers nicht angebracht hätten. Diese Aussage wird – zumindest indiziell – auch durch die Bekundungen des Zeugen B gestützt: Er gab an, dass die Beklagte eigentlich immer eine Außendämmung mache. Insbesondere habe er keine Anhaltspunkte dafür, dass die Außendämmung von der Firma A vorgenommen worden sei, weil die Mitarbeiter jenes Unternehmens rote Overalls tragen würden; solche Leute habe er aber nicht gesehen.

(III)

Jedoch kann – auch auf der Grundlage eines derartigen Vertragssolls – nicht davon ausgegangen werden, dass der Polier S das Fehlen der Außendämmung im Bereich unterhalb der Kellertreppe erkannt bzw. für möglich gehalten, diesen Mangel aber anschließend verschwiegen hat.

Die Beklagte hat vorgetragen, bei dem gegenständlichen Vorhaben hätten ihre beiden Poliere – L und S – als Verantwortliche  des jeweiligen Bautrupps fungiert, wobei der Bereich des Wohnhauskellers nicht von dem Zeugen S geleitet worden sei (vgl. As. II 229, 231). Ähnliches hat der Zeuge S selbst ausgesagt. Seinen Bekundungen zufolge sei er an dieser Baustelle Vorarbeiter gewesen, soweit es um die Verwaltung und um das Musterhaus gegangen sei. Bei dem Wohnhaus habe er jedoch seiner Erinnerung nach nur zugearbeitet. Irgendjemand anderer müsse dort die Funktion des Vorarbeiters übernommen haben; er vermute, dass dies Herr L gewesen sei. Dementsprechend könne er von der Außendämmung wenig berichten. Er wisse nur, dass er dort diesbezüglich nichts gemacht habe. Ferner hob der Zeuge S hervor, er könne auch nicht sagen, wer die Dämmplatten geliefert und montiert habe.

γ)

Ein – die Annahme eines Arglistvorwurfs tragendes – Fehlverhalten eines sonstigen Erfüllungsgehilfen der Beklagten ist  nicht aufgezeigt.

Legt man das bereits oben erwähnte Vorbringen der Beklagten, welches durch die Aussage des Zeugen S untermauert wird, zugrunde, zeichnete für die Überwachung der betreffenden Arbeiten im Bereich des Wohnhauskellers zwangsläufig deren Polier L verantwortlich. Entsprechend den obigen Ausführungen wäre dieser in Bezug auf die der Beklagten obliegenden Offenbarungspflicht gleichfalls als deren Erfüllungsgehilfen im Sinne des § 278 BGB einzustufen.

Indes hat der Kläger selbst nicht behauptet, geschweige denn unter Beweis gestellt, dass der Polier L den vorbezeichneten Mangel wahrgenommen bzw. für möglich gehalten, jedoch verschwiegen habe.

Ein entsprechender gerichtlicher Hinweis (vgl. § 139 ZPO) war nicht veranlasst. Der Parteivortrag der Beklagten war eindeutig. Insbesondere fehlt es an jedem Anhalt dafür, dass der anwaltlich vertretene Kläger in diesem Zusammenhang irgendetwas übersehen oder missverstanden haben könnte.

bbb)

Schließlich fällt der Beklagten auch kein – der Haftung wegen arglistigen Verschweigens gleichzuerachtendes – Organisationsverschulden zur Last.

α)

Der Werkunternehmer, der ein Bauwerk arbeitsteilig herstellen lässt, muss die organisatorischen Voraussetzungen schaffen, um sachgerecht beurteilen zu können, ob das Bauwerk bei Ablieferung mangelfrei ist. Unterlässt er dies, so verjähren Gewährleistungsansprüche des Bestellers wie bei arglistigem Verschweigen eines Mangels, wenn der Mangel bei richtiger Organisation entdeckt worden wäre (vgl. BGHZ 174, 32).

Die Gleichstellung der Verjährung im Falle der Verletzung einer Organisationsobliegenheit mit der Verjährung bei arglistigem Verschweigen eines Mangels ist indes nur gerechtfertigt, wenn die Verletzung der Organisationsobliegenheit ein dem arglistigen Verschweigen vergleichbares Gewicht hat. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass allein die Art des Baumangels den Anschein auf ein Organisationsversagen erzeugen kann. Jedoch bedarf es zur Annahme eines solchen Anscheins mehr als des Vorliegens eines Baumangels, der bei ordnungsgemäßer Bauüberwachung festgestellt worden wäre. Die Schwere eines Baumangels lässt dabei grundsätzlich nicht den Rückschluss auf eine derart schwere Verletzung der Obliegenheit zu, eine arbeitsteilige Bauüberwachung richtig zu organisieren (vgl. BGHZ 179, 55). Jedenfalls kann aus einem einmaligen Versagen des Bauleiters regelmäßig noch nicht auf eine fehlerhafte Organisation der Bauüberwachung geschlossen werden (vgl. BGHZ 179, 55; MüKo/Busche, BGB, 6. Auflage, § 634 a Rd. 41 m. w. N.).

β)

Gemessen daran kann von einem Organisationsversagen der Beklagten nicht ausgegangen werden.

Wie bereits erwähnt, hat sie ausgeführt, bei dem gegenständlichen Bauvorhaben seien zwei erfahrene Poliere – die Herren L und S – als Verantwortliche des jeweiligen Bautrupps eingesetzt wurden, die sich als besonders zuverlässig erwiesen hätten (vgl. II 53). Damit hat die Beklagte der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast genügt. Gegenteiliges hat der beweisbelastete Kläger nicht belegt, da er insoweit beweisfällig blieb.

Auch erscheint es ausreichend, die Anbringung der Außendämmung durch erfahrene Poliere überwachen zu lassen.

Das Fehlen der Außendämmung unter der Treppe verkörpert schließlich keinen Mangel, der nach der Lebenserfahrung ausnahmsweise den Schluss gebieten würde, die Bauüberwachung der Beklagten sei gleichwohl fehlerhaft organisiert worden. Nicht einmal der bei der Bauüberwachung verübte Pflichtenverstoß kann als krass oder gravierend begriffen werden (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Auflage, Rn. 2806). Denn das Fehlen der Außendämmung lediglich in dem umschriebenen Teilbereich stellt sich aus der Sicht eines objektiven Beobachters nicht als derart schwerwiegend dar, dass die Funktion oder der Bestand des Gesamtwerks beeinträchtigt wäre (vgl. MüKo/Busche a. a. O., Rd. 41 m. w. N.). Eingedenk dessen erscheint es ohne weiteres vorstellbar und lebensnah, dass der genannte Werkmangel im Rahmen der Bauüberwachung versehentlich unbemerkt blieb. Das darin liegende einmalige Versagen des nach dem Vortrag der Beklagten zuständigen Poliers L belegt mithin weder einen Verstoß gegen deren Organisationsobliegenheit noch erzeugt es dafür einen entsprechenden Anschein.

Die Ausnahmevorschrift des § 634a Abs. 3 BGB ist daher nicht einschlägig.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit lässt sich den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO entnehmen.

IV.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne des §§ 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben.

 

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