Skip to content
Menü

Bauvertrag – Anzahlungsrückzahlung wegen fristloser Auftraggeberkündigung aufgrund Verzögerung

Streit um Bauvertrag: Anzahlungsrückzahlung nach Auftraggeberkündigung

Das Oberlandesgericht Hamburg wies die Berufung der Klägerin zurück und bestätigte die Verurteilung zur Rückzahlung von 60.000 Euro plus Zinsen an die Beklagte. Die Klägerin, ein Fachunternehmen für Bodenbeläge, konnte ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Bauunternehmen nicht erfüllen und hielt eine von der Beklagten gesetzte Nachfrist nicht ein. Das Gericht entschied, dass der Werkvertrag zu Recht fristlos gekündigt wurde und die Klägerin keinen Anspruch auf Vergütung oder Ersatz für das bestellte Material hat.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 4 U 54/22   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Zurückweisung der Berufung: Das OLG Hamburg bestätigte die Entscheidung des Landgerichts, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
  2. Verpflichtung zur Zahlung: Die Klägerin wurde verurteilt, 60.000 Euro sowie Zinsen an die Beklagte zu zahlen.
  3. Kosten des Verfahrens: Die Klägerin muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.
  4. Streit um Arbeitsbeginn: Kern des Streits war die Verzögerung des Arbeitsbeginns durch die Klägerin und die Nichterfüllung der vertraglichen Verpflichtungen.
  5. Fristsetzung und Kündigung: Die Beklagte setzte eine Nachfrist für den Arbeitsbeginn, welche die Klägerin nicht einhielt, woraufhin der Vertrag fristlos gekündigt wurde.
  6. Kein Anspruch auf Vergütung: Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Werklohn, da sie keine (Teil-)Leistungen erbracht hatte.
  7. Richtige außerordentliche Kündigung: Die außerordentliche Kündigung des Werkvertrages durch die Beklagte war gerechtfertigt.
  8. Zurückweisung der Widerklage: Die in der Berufungsinstanz erhobene Widerklage wurde zugelassen und hatte Erfolg.

Rechtsfragen im Baugewerbe: Kündigung und Zahlungsforderungen

Im Zentrum des Baurechts stehen häufig komplexe Konstellationen, die sich aus der spezifischen Natur von Bauverträgen und den damit verbundenen Verpflichtungen ergeben. Besonders brisant wird es, wenn es um die Themen Anzahlungsrückzahlung und fristlose Auftraggeberkündigung aufgrund von Verzögerungen in der Bauausführung geht. Diese Aspekte werfen wichtige rechtliche Fragen auf, die sowohl für Auftraggeber als auch für Auftragnehmer von entscheidender Bedeutung sind. Sie berühren grundlegende Aspekte des Baurechts und erfordern eine sorgfältige Auseinandersetzung mit den jeweiligen Vertragsbedingungen und der aktuellen Rechtsprechung.

Die Entscheidungen von Gerichten, wie in diesem Fall des Oberlandesgerichts Hamburg, bieten wichtige Einblicke in die Handhabung solcher Streitigkeiten und setzen Maßstäbe für zukünftige Fälle. Der Ausgang solcher Verfahren kann weitreichende Folgen für die beteiligten Parteien haben und unterstreicht die Notwendigkeit, sich im Baurecht auszukennen. In dem nachfolgenden Detailbericht wird ein konkretes Urteil beleuchtet, das wichtige Erkenntnisse für die Praxis liefert und zeigt, wie Gerichte in Fällen von Bauvertragskündigungen und damit verbundenen Zahlungsforderungen urteilen. Lassen Sie uns gemeinsam einen Blick auf die Hintergründe und Entscheidungen dieses spezifischen Falls werfen.

Der Streit um Anzahlungsrückzahlung im Baurecht

Im Zentrum des Rechtsstreits stand die Frage, ob die Klägerin, ein Fachunternehmen für Bodenbeläge, die von der Beklagten, einem Bauunternehmen, geleistete Anzahlung zurückzahlen muss. Dieser Fall dreht sich um einen Bauvertrag über Fliesenarbeiten im Bauvorhaben „P“ in Hamburg, für den die Beklagte eine Anzahlung von 60.000 Euro an die Klägerin geleistet hatte. Der Vertrag wurde unter Einbeziehung der VOB/B geschlossen, was für die rechtliche Beurteilung des Falls wesentlich ist.

Verzögerungen führen zu Konflikten

Die rechtlichen Probleme begannen, als die Klägerin den vereinbarten Arbeitsbeginn am 20. April 2020 nicht einhielt. Die Klägerin behauptete, eine Arbeitsaufnahme sei aufgrund fehlender Dusch- und Badewannen nicht möglich gewesen. Zudem habe es Unklarheiten bezüglich der Abdichtungsarbeiten gegeben, die erst am 28. April 2020 geklärt worden seien. Die Beklagte sah dies anders und argumentierte, dass die Klägerin durchaus mit anderen Arbeiten hätte beginnen können und zudem die Abdichtung im Wannenbereich zu ihren Aufgaben gehörte. Die Beklagte setzte daraufhin Nachfristen für den Arbeitsbeginn und drohte mit der Kündigung des Vertrages, was schließlich am 7. Mai 2020 erfolgte, nachdem auch die gesetzten Nachfristen verstrichen waren, ohne dass die Klägerin die Arbeiten aufnahm.

Gerichtsverfahren und Urteilsfindung

Die Klägerin reichte eine negative Feststellungsklage ein, um feststellen zu lassen, dass der Beklagten kein Rückzahlungsanspruch zusteht. Die Beklagte wiederum erhob eine Widerklage und forderte die Rückzahlung der geleisteten Anzahlung. Das Landgericht Hamburg wies die Klage der Klägerin ab und entschied auf die Widerklage hin, dass die Klägerin zur Zahlung von 60.000 Euro nebst Zinsen verpflichtet ist. Das Gericht begründete dies damit, dass die Klägerin die von der Beklagten gesetzte Nachfrist nicht eingehalten habe und somit eine berechtigte außerordentliche Kündigung des Werkvertrages vorlag.

Oberlandesgericht Hamburg bestätigt das Urteil

Das Oberlandesgericht Hamburg bestätigte in seiner Entscheidung vom 23. Februar 2023 das Urteil des Landgerichts. Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen. Das Gericht stellte fest, dass der Beklagten ein Rückzahlungsanspruch gemäß § 812 Abs.1 S.1 BGB zusteht, da die Klägerin keine (Teil-)Leistungen erbracht hatte und somit kein Rechtsgrund für die Behaltung der Anzahlung bestand. Die Klägerin wurde zudem zur Übernahme der Kosten des Berufungsverfahrens verurteilt.

Dieses Urteil verdeutlicht die Bedeutung der Einhaltung vertraglicher Fristen und Vereinbarungen im Baurecht. Es zeigt auf, wie entscheidend eine klare Kommunikation und Dokumentation im Rahmen von Bauverträgen sind, um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden oder zu bestehen. Das Oberlandesgericht Hamburg liefert mit dieser Entscheidung ein weiteres Beispiel für die konsequente Anwendung des Baurechts in Fällen von Vertragsverzögerungen und fristloser Kündigung.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Wie wirkt sich eine Verzögerung auf den Bauvertrag aus?

Eine Verzögerung im Bauvertrag kann verschiedene Auswirkungen haben, abhängig davon, ob es sich um eine Verzögerung des Baubeginns, eine Überschreitung der Bauzeit oder eine verzögerte Fertigstellung handelt.

Bei einer Verzögerung des Baubeginns kann es zu einer Verschiebung des gesamten Bauzeitplans kommen, was wiederum Auswirkungen auf die Fertigstellung des Projekts haben kann.

Eine Überschreitung der Bauzeit kann zu Mehrkosten führen, da die Baustelle länger betrieben werden muss und möglicherweise zusätzliche Arbeiten anfallen. Darüber hinaus kann eine Bauzeitüberschreitung auch Schadensersatzansprüche auslösen, wenn der Bauunternehmer die Verzögerung zu vertreten hat.

Eine verzögerte Fertigstellung kann ebenfalls zu Schadensersatzansprüchen führen, insbesondere wenn der Bauunternehmer die Verzögerung zu vertreten hat. Darüber hinaus kann eine verzögerte Fertigstellung auch zu Vertragsstrafen führen, wenn eine solche Vereinbarung im Bauvertrag getroffen wurde.

Die genauen Auswirkungen einer Verzögerung im Bauvertrag können jedoch von vielen Faktoren abhängen, einschließlich der genauen Ursache der Verzögerung, der spezifischen Vereinbarungen im Bauvertrag und der geltenden gesetzlichen Bestimmungen. Daher ist es ratsam, bei einer Verzögerung im Bauvertrag rechtlichen Rat einzuholen, um die genauen Auswirkungen und möglichen Rechtsmittel zu verstehen.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Hamburg – Az.: 4 U 54/22 – Urteil vom 23.02.2023

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 19.08.2021, Az. 335 O 109/20, wird zurückgewiesen.

2. Auf die Widerklage der Beklagten hin wird die Klägerin verurteilt, an die Klägerin 60.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2022 zu zahlen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

4. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 60.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Klägerin als Auftragnehmerin, eine im Rahmen eines Bauvertrages erhaltene Zahlung an die Beklagte zurückzuzahlen.

Die Klägerin ist ein Fachunternehmen auf dem Gebiet des Verkaufs sowie der Verlegung von hochwertigen Bodenbelägen aus Naturstein bzw. Fliesen. Die Beklagte ist ein Bauunternehmen, welches im Jahr 2020 u.a. mit der Erstellung des Bauvorhabens „P“ in Hamburg befasst war. Am 15.01.2020 erteilte die Beklagte der Klägerin als Nachunternehmerin den Auftrag für einen Bauwerkvertrag betreffend die Fliesenarbeiten im Baufeld 7 des o.a. Bauvorhabens „P“ (vgl. Anlage K 1=Anlage B 1). Vorgesehen war ein Pauschalfestpreis i.H.v. 175.000,00 €, wovon 60.000,00 € von der Beklagten als Vorauszahlung für das zu verbauende Material geleistet werden sollten. Die Klägerin bestätigte am 12.02.2020 den Vertragsschluss mit der Beklagten. Die Parteien des Bauvertrages vereinbarten die Geltung der VOB/B. Die Beklagte leistete die o.a. Vorauszahlung i.H.v. 60.000,00 € an die Klägerin.

Mit E-Mail vom 09.04.2020 (Anlage B 4) rief die Beklagte die vertraglichen Leistungen der Klägerin ab, und zwar mit einem Ausführungsbeginn am Montag, den 20.04.2020. Mit E-Mail vom 20.04.2020 (Anlage K 5) zeigte der für das Projekt zuständige Bauleiter der Klägerin, T. K., dem Bauleiter der Beklagten (P. G.) an, dass ein Arbeitsbeginn nicht möglich sei. Die Beklagte forderte die Klägerin per Mail vom 20.04.2020 (Anlage K 6=Anlage B 5) zur Leistungserbringung auf. Am 21.04.2020 antwortete die Klägerin, dass die Abdichtung nicht zu ihrem Auftrag gehöre (vgl. Anlage K 7) und legte ein Nachtragsangebot (Anlage B 11) vor, dessen Beauftragung sie am 23.04.2020 monierte (vgl. Anlage K 7). Am 27.04.2020 setzte die Beklagte der Klägerin Nachfristen für den Arbeitsbeginn bis zum 29.04.2020 (vgl. Anlage K 9=Anlage B 6). Am 28.04.2020 kam es zu einem Telefonat der Herren K (von der Klägerin) und G (Beklagte). Am selben Tag sandte Herr K von der Klägerin um 28.04.2020, 16.00 Uhr, eine Mail an die Beklagte (Anlage K 10). Per Mail vom gleichen Tag (Anlage K 11) erteilte die Beklagte der Klägerin einen Nachtragsauftrag betreffend Zulagen zu den Bodenfliesen. Per Mail vom 29.04.2020 (Anlage K 12) bestätigte Herr K von der Klägerin den Arbeitsbeginn zum 04.05.2020. Am 04.05.2020 erschien niemand für die Klägerin auf der Baustelle. Herr G von der Beklagten setzte der Klägerin per Mail vom 04.05.2020, 17.11 Uhr, (Anlage K 12) eine Nachfrist. Nachdem am 05.05.2020 wiederum niemand von der Klägerin auf der Baustelle erschienen war, setzte Herr G von der Beklagten mit E-Mail-Schreiben vom 05.05.2020 (Anlage B 7) eine letzte Nachfrist bis zum 06.05.2020, 13.00 Uhr, und drohte die Kündigung des Bauvertrages an. Am 06.05.2020 erschien ein Nachunternehmer der Klägerin, Herr L, auf der Baustelle. Eine Genehmigung dieses Nachunternehmereinsatzes hatte die Klägerin zuvor bei der Beklagten nicht eingeholt.

Mit Schreiben vom 07.05.2020 (Anlage K 2) erklärte die Beklagte die Kündigung des Bauvertrages aus wichtigem Grund wegen nicht erfolgter Aufnahme der Leistungen. Am 08.05.2020 widersprach die Klägerin der Kündigung. Mit Datum vom 28.05.2020 erteilte die Klägerin der Beklagten eine Schlussrechnung über 60.000,00 € im Hinblick auf das Material, d.h. Fliesen, Grundierung, Fliesenkleber und Fugenmörtel (Anlage K 4).

Die Klägerin hat erstinstanzlich im Wege der negativen Feststellungsklage Feststellung verlangt, dass ein Rückzahlungsanspruch der Beklagten wegen der an die Klägerin gezahlten Anzahlung nicht besteht.

Die Klägerin hat erstinstanzlich geltend gemacht, am 20.04.2020 sei sie an der Arbeitsaufnahme gehindert gewesen, weil die Dusch- und Badewannen noch nicht gestellt gewesen seien. Sie sei davon ausgegangen, dass die Wannen mittels Dichtbändern an die Wand angerichtet werden sollen, was auch vorzugswürdig sei. Die Klärung der Art und Weise der Abdichtung sei erst am 28.04.2020 erfolgt. Die Beklagte habe der Klägerin zunächst unzutreffende Pläne bezüglich der Bäder gegeben. Erst am 28.04.2020 habe die Beklagte mitgeteilt, dass keine Duschwanne zur Ausführung kommen sollte und die Badewannen auf den Estrich gestellt werden.

Die Klägerin hat ferner behauptet, die Parteien hätten den Baubeginn am 04.05.2020 einvernehmlich auf den 06.05.2020 verschoben.

Die Klägerin macht geltend, die Beklagte habe ihren Nachunternehmer am 06.05.2020 aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht auf die Baustelle gelassen. Der Nachunternehmer sei qualifiziert und zuverlässig, was ggf. auch hätte nachgewiesen werden können. Der Nachunternehmer habe auch Schutzkleidung und Arbeitsgerät dabeigehabt. Das erforderliche Material sei am 06.05.2020 auf den Weg zur Baustelle gebracht worden. Aufgrund des Verhaltens der Beklagten sei es zurück ins Werk gebracht worden, wo es bereitstehe.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, festzustellen, dass der Beklagten kein Zahlungsanspruch i.H.v. 59.220,00 € gegenüber der Klägerin zusteht

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 10.06.2021 in der ersten Instanz mit Schriftsatz vom 22.07.2021 eine Widerklage anhängig gemacht, mit welcher die Klägerin zur Zahlung von 60.000,00 € nebst Rechtshängigkeitszinsen verurteilt werden sollte.

Die Beklagte hat erstinstanzlich geltend gemacht, ihr stehe ein Rückzahlungsanspruch i.H.v. 60.000,00 € gegenüber der Klägerin zu.

Die Beklagte hat insbesondere geltend gemacht, die Klägerin sei am 20.04.2020 nicht behindert gewesen. Sie hat hierzu behauptet, die Montage der Badewanne habe aufgrund der von der Klägerin nicht erbrachten Abdichtungsarbeiten nicht erfolgen können. Die Klägerin sei von der Beklagten darauf hingewiesen worden, dass von ihr zunächst die Abdichtung zu erbringen gewesen sei. Diese Vorgabe sei eindeutig aus der Positionsübersicht (Anlage B 8) zu entnehmen, welche gem. Ziff. 1.1.5 des Verhandlungsprotokolls Vertragsbestandteil gewesen sei. Nach der Anlage B 8 sei nämlich von der Klägerin eine vollflächige Abdichtung zu erbringen gewesen. Gleiches folge aus Pos. 1.20 und 1.60 des Auftragsleistungsverzeichnisses. Für den Duschbereich ergebe sich die Vorgabe der vollflächigen Abdichtung aus dem als Anlage B 10 vorgelegten Detail, welches gem. Ziff. 1.1.5 und Anlage B 11 (Vertragsunterlagenliste) eine Ausführung ohne Duschtasse, d.h. auf dem vorhandenen Gefälleestrich vorsehe. Die Beklagte hat außerdem darauf verwiesen, dass die Klägerin am 20.04.2020 ohne Weiteres mit anderen Arbeiten, namentlich den Fliesenspiegeln in der Küche hätte beginnen können.

Der Klägerin sei vom Zeugen G am 28.04.2020 nochmals mitgeteilt worden, dass die Klägerin eine vollflächige Bodenabdichtung schulde. Eine Nachtragsbeauftragung wegen der Abdichtung sei nicht erfolgt, insbesondere habe die Beklagte das Nachtragsangebot wegen der Abdichtung (Anlage B 12) nicht beauftragt. Der als Anlage K 11 vorgelegte Nachtrag (Anlage K 11) beziehe sich auf Zulagen zu den Fliesen und nicht auf die Abdichtung.

Herr K von der Klägerin habe erst am 04.05.2020 mitgeteilt, dass mit den Arbeiten aufgrund eines defekten Pkw nicht begonnen werden könne und habe einen Arbeitsbeginn für den 05.05.2020 zugesagt; eine einvernehmliche Verschiebung des Arbeitsbeginns auf den 06.05.2020 habe es am 04.05.2020 nicht gegeben.

Am 06.05.2020 sei ein Herr L in Gartenschuhen ohne Schutzausrüstung und ohne Kenntnis der auszuführenden Arbeiten auf der Baustelle erschienen. Der Nachunternehmer habe außerdem mitgeteilt, an dem Tag nicht zu arbeiten, sondern nur die Baustelle anzusehen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 19.08.2021 die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Die o.a. Widerklage hat es im Hinblick auf deren Einreichung nach Schluss der mündlichen Verhandlung nicht beschieden.

Das Landgericht hat zur Begründung ausgeführt, die Feststellungsklage sei zulässig, da die Widerklage erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung anhängig gemacht worden sei. Die Feststellungsklage sei indessen nicht begründet. Der Beklagten stehe der geltend gemacht Anspruch auf Rückzahlung der 60.000,00 € aus § 812 Abs.1 Satz 1 BGB zu. Die Klägerin könne keine Vergütung und keinen Ersatz für das bestellte Material verlangen. Die Beklagte habe den Werkvertrag zu Recht aus wichtigem Grund gekündigt hat, und zwar gemäß § 8 Abs.3 VOB/B. Die Klägerin habe die ihr von der Beklagten gemäß § 5 Abs.4 VOB/B gesetzte Nachfrist nicht eingehalten hat. Zwischen den Parteien sei verbindlich vereinbart gewesen, dass die Klägerin am 20.04.2020 die Arbeiten im 3. OG und am 27.04.2020 die Arbeiten im 2. OG aufnehmen sollte. Die Klägerin habe am 20.04.2020 die Arbeiten aber nicht aufgenommen. Sie werde nicht dadurch entlastet, dass noch keine Dusch- und Badewannen aufgestellt gewesen seien und die Abdichtung der Wannen nicht zum Leistungsumfang gehörte. Die Klägerin hätte mit anderen, von den Wannen unabhängigen Arbeiten beginnen können. Außerdem sei tatsächlich vereinbart gewesen, dass die Klägerin zunächst abdichten sollen, bevor Wannen gestellt werden. Die Beklagte habe die gemäß § 5 Abs.4 VOB/B erforderliche Nachfrist gesetzt, und zwar am 05.05.2020 auf 06.05.2020, 13.00 Uhr. Die kurze Frist sei ausreichend gewesen, da die Klägerin selbst angekündigt hatte, am 04.05.2020 die Arbeiten aufzunehmen. Die Klägerin habe dann aber nicht innerhalb der Nachfrist mit den Arbeiten begonnen. Die Klägerin habe lediglich unzulässig mit Nichtwissen den Vortrag der Beklagten bestritten, wonach der Zeuge L am 06.05.2020 ohne hinreichende Ausrüstung und ohne den tatsächlichen Willen zur Leistungserbringung auf der Baustelle erschienen ist. Jedenfalls sei der Nachunternehmereinsatz zuvor von der Klägerin nicht angezeigt worden, so dass es an der nach Ziff. 14.3.2 des Verhandlungsprotokolls zum Bauvertrag erforderlichen vorherigen schriftlichen Zustimmung der Beklagten gefehlt habe.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 19.08.2021 zugestellte Urteil mit am selben Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 15.09.2021 Berufung eingelegt und diese Berufung nach Verlängerung bis zum 19.11.2021 (vgl. Bl. 132 d.A.) die Berufung mit am selben Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 19.11.2021 begründet.

Die Klägerin verfolgt ihr negatives Feststellungsbegehren hinsichtlich der Rückzahlungsforderung der Beklagten in vollem Umfang weiter.

Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Berufung geltend:

Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin die Verbundabdichtung auch im Bereich der Wannen zu erbringen hatte und deshalb durch das Fehlen der Wannen nicht behindert war. Aufgrund dieser unzutreffenden Prämisse sei das Landgericht zu dem unzutreffenden Schluss gelangt, dass die am 05.05.2020 von der Beklagten gesetzte Nachfrist ausreichend gewesen sei.

Hinsichtlich der Arbeitsausaufnahme durch den Nachunternehmer L am 06.05.2020 verkenne das Landgericht, dass die Tätigkeit des Nachunternehmers am 06.05.2020 aus anderen Gründen als der fehlenden Nachunternehmergenehmigung verweigert worden sei. Erstmals im Prozess habe die Beklagte aus der fehlenden Anmeldung des Nachunternehmers einen Kündigungsgrund herleiten wollen. Die Beklagte hätte daher am 06.05.2020 die Klägerin nochmals auffordern müssen, die Arbeiten durch einen genehmigten Nachunternehmer aufzunehmen.

Das Landgericht habe das Bestreiten der Klägerin hinsichtlich der Umstände der Arbeitsaufnahme durch den Nachunternehmer L zu Unrecht als unsubstantiiert bezeichnet. Die Klägerin habe die Arbeiten, mit denen L beauftragt gewesen sei, nicht im Einzelnen aufzählen müssen. Sie habe auch die Ausrüstung, die L dabei hatte, nicht im Einzelnen aufzählen müssen. Jedenfalls hätte das Landgericht einen entsprechenden Hinweis erteilen müssen.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des am 19.08.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Hamburg, Az. 335 O 109/20, festzustellen, dass der Beklagten kein Zahlungsanspruch in Höhe von 59.220,00 € gegenüber der Klägerin zusteht.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt ferner in der Berufungsinstanz widerklagend, die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 60.000,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Die Klägerin habe ihre Leistungspflichten hinsichtlich der Abdichtung im Wannenbereich falsch interpretiert und daher zu Unrecht ein Nachtragsangebot gestellt, welches überdies von der Beklagten abgelehnt worden sei. Außerdem hätten die Parteien einen neuen Arbeitsbeginn für den 04.05.2020 vereinbart und die Klägerin habe auch diese Frist wiederum verstreichen lassen. Am 06.05.2020 sei aus allein von der Klägerin zu vertretenden Gründen die Arbeit nicht aufgenommen worden. Es sei dabei egal, ob der Grund hierfür in der fehlenden Ausrüstung oder in der fehlenden Genehmigung des Nachunternehmereinsatzes gelegen habe. Es habe keiner erneuten Fristsetzung bedurft. Das Landgericht habe auch nicht auf die fehlende Substantiierung des Bestreitens der fehlenden Leistungsbereitschaft des Zeugen L hinweisen müssen, weil die Beklagte ihrerseits darauf hingewiesen habe. Die Klägerin durfte die fehlende Leistungsbereitschaft auch nicht mit Nichtwissen bestreiten, sie hätte vielmehr ggf. beim Zeugen L nachfragen müssen. Schließlich könne die Klägerin die Zahlung ohnehin nicht behalten. Sie habe unstreitig die abgerechneten Leistungen nicht erbracht, d.h. keine Materialien geliefert.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Parteivorbringens auf die von den Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg (dazu 1.). Die zulässige Widerklage hat auch in der Sache Erfolg (dazu 2.).

1. Die zulässige Berufung der Klägerin ist in der Sache nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die negative Feststellungsklage der Klägerin abgewiesen. Der Klage fehlt es zuletzt an der Zulässigkeit. Im Hinblick auf die in der Berufungsinstanz wirksam erhobene Leistungswiderklage ist nunmehr in der Berufungsinstanz das erforderliche Feststellungsinteresse nicht mehr gegeben. Das ursprünglich bestehende Feststellungsinteresse ist weggefallen, nachdem die Widerklage von der Beklagten nicht mehr einseitig zurückgenommen konnte und über die Widerklage in der Sache zu entscheiden ist (vgl. Greger, in: Zöller, 34. Aufl., 2022, § 256 ZPO, Rn. 7d). Die Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz den Widerklagantrag gestellt. Außerdem sind die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Widerklage in der Berufungsinstanz nach § 533 ZPO gegeben. Da die Widerklage geeignet ist, den Streit zwischen den Parteien endgültig und alsbald zu beenden, ist sie als sachdienlich i.S.v. § 533 Nr.1 ZPO zu betrachten (vgl. Heßler, in: Zöller, 34. Aufl., 2022, § 533 ZPO, Rn. 10). Die Widerklage kann auch auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrundezulegen ist (§ 533 Nr.2 ZPO). Die Tatsachengrundlage für die Widerklage ist mit derjenigen für die ursprüngliche negative Feststellungsklage relevanten Tatsachengrundlage identisch.

2. Die zulässige Widerklage hat in der Sache Erfolg. Die Beklagte kann von der Klägerin gemäß § 812 Abs.1 S.1 BGB Rückzahlung der für das Bauvorhaben „Pergolenviertel“ erbrachten Anzahlung i.H.v. 60.000,00 € verlangen. Für die Leistung der Beklagten fehlt es an einem Rechtsgrund.

a) Nachdem die Beklagte den zwischen den Parteien am 15.01./12.02.2020 geschlossenen Bauvertrag am 07.05.2020 berechtigt außerordentlich gekündigt hat, steht der Klägerin, da die Klägerin bislang keine (Teil-)Leistungen an die Beklagte erbracht hat, aus diesem Bauvertrag ein Anspruch auf Werklohn nach §§ 631 Abs.1 BGB, 648a Abs.5 BGB nicht zu. Ein Anspruch auf Kündigungsvergütung aus § 648 S.2 BGB scheidet ebenfalls aus, da es sich nicht um eine freie Auftraggeberkündigung, sondern um eine berechtigte außerordentliche Kündigung handelt. Der Beklagten stand am 07.05.2020 im Rahmen des VOB/B-Bauvertrages der Parteien ein Recht zur außerordentlichen Kündigung nach § 8 Abs.3 Nr.1 Satz 1 VOB/B zu. Die am 05.05.2020 von der Beklagten nach § 5 Abs.4 VOB/B gesetzte Frist für den Beginn der von der Klägerin geschuldeten Arbeiten war fruchtlos abgelaufen.

(1) Die Klägerin hat den Beginn der Ausführung der Arbeiten am Bauvorhaben der Beklagten verzögert. Zwar hatte die Klägerin nicht schon aufgrund einer Vertragsfrist i.S.v. § 5 Abs.1 VOB/B mit den Arbeiten zu beginnen, da es angesichts der Formulierung „voraussichtlich 01.04.2020“ in Ziffer 4.1 des Verhandlungsprotokolls an der für die Annahme einer verbindlichen Vertragsfrist an der erforderlichen Eindeutigkeit fehlt (vgl. Gart, in: Niklisch/Weick/Janssen/Seibel, VOB/B, 5. Aufl., 2019, § 5 VOB/B, Rn. 12). Die Beklagte hat die Leistung der Klägerin aber am 09.04.2020 per Mail (Anlage B 4) abgerufen, so dass die Klägerin jedenfalls gemäß § 5 Abs.2 S.2 VOB/B zwölf Werktage später, d.h. am 24.04.2020 mit ihren Arbeiten zu beginnen hatte.

Die Frage, ob für eine Verzögerung des Arbeitsbeginns überhaupt Verzug erforderlich ist, kann hier dahinstehen, weil insoweit jedenfalls aufgrund des Mahnschreibens der Beklagten vom 27.04.2020 (Anlage K 9=Anlage B 6) Verzug zu diesem Zeitpunkt eingetreten war.

Die Klägerseite hat auch nicht schlüssig dargelegt, dass der Arbeitsbeginn durch Umstände aus der Sphäre der Auftraggeberseite behindert worden wäre. Allerdings muss der Auftragnehmer erst mit der Ausführung beginnen, wenn sämtliche Fälligkeitsvoraussetzungen für die von ihm zu erbringende Leistung vorliegen, insbesondere erforderliche Vorleistungen vorliegen. Fehlt es daran aufgrund eines im Risikobereich des Auftraggebers liegenden Umstandes, liegt also eine Behinderung des Ausführungsbeginns gemäß § 6 Abs.2 Nr.1 VOB/B vor, ist der Auftraggeber an der Geltendmachung der Rechte des § 5 Abs.4 VOB/B gehindert (Sacher, in: Kapellmann/ Messerschmidt, VOB-Kommentar, Teil A/B, 8. Aufl., 2022, § 5 VOB/B, Rn. 154). Vorliegend fehlte es indessen nicht an hinreichenden planerischen Vorgaben der Beklagten. Aus der Anlage B 8 sind die abzudichtenden Bodenflächen eindeutig zu entnehmen. Woraus die Mitarbeiter der Klägerin objektiv ableiten durften, dass zunächst die Badewannen gestellt werden mussten, bevor sie mit ihren eigenen Arbeiten beginnen konnten, wurde im hiesigen Verfahren von der Klägerin nicht nachvollziehbar erläutert. Für die Duschen ergab sich ohnehin eindeutig, dass Duschwannen nicht vorgesehen waren, so dass die Duschbereiche in jedem Fall hätten bearbeitet werden können. Allein der Umstand, dass man vom Bauablauf her auch so vorgehen kann, wie die Mitarbeiter der Klägerin meinten, ändert nichts an dem Umstand, dass es hier nicht an planerischen Vorgaben oder Vorleistungen anderer Gewerke fehlte. Ggf. hätten solche Unstimmigkeiten am 20.04.2020 auch direkt auf der Baustelle mit der Bauleitung der Beklagten geklärt werden können.

Ferner ist die Verzögerung des Arbeitsbeginns auch nicht dadurch weggefallen, dass als neuer Arbeitsbeginn von der Klägerseite der 06.05.2020 vereinbart worden wäre. Für eine solche einvernehmliche Verschiebung, d.h., für eine den Verzug beseitigende Stundung, fehlt es an einem Beweisangebot der Klägerin, worauf das Berufungsgericht in der mündlichen Verhandlung auch hingewiesen hat.

(2) Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 05.05.2020 (Anlage B 7) auch – wie gemäß § 5 Abs.4 VOB/B erforderlich – eine angemessene Nachfrist gesetzt und dies mit einer Kündigungsandrohung verbunden. Was die Angemessenheit der Frist angeht, so kann die Frist für den Beginn mit der Ausführung nach § 5 Abs. 2 VOB/B im Allgemeinen sehr knapp bemessen sein, sofern nur der Beginn der Arbeiten auf der Baustelle in Rede steht. Die ggf. noch ausstehenden notwendigen Arbeitsvorbereitungen müssen zwar auch in diesem Fall in Rechnung gestellt werden, um dem Auftragnehmer eine konkrete Chance zur Vertragserfüllung zu geben. Da im Regelfall nach Fristablauf davon auszugehen ist, dass der Auftragnehmer bereits zuvor mit den Arbeitsvorbereitungen begonnen hat, ist für die Bemessung der Frist nicht die gesamte übliche Zeit für die Arbeitsvorbereitung in Ansatz zu bringen (vgl. Althaus, in: Ganten/Janssen/Voit, Beck’scher VOB-Kommentar, 3. Aufl., 2013, § 5 Abs.4 VOB/B, Rn. 38). Nach diesen Maßstäben war hier die äußerst knappe Frist aus dem Schreiben vom 05.05.2020 noch angemessen, da die Klägerin selbst ausdrücklich bestätigt hatte, zum 04.05.2020 bereit für den Ausführungsbeginn zu sein und bereits am 04.05.2020 auf der Baustelle säumig gewesen war. Die Beklagte durfte daher davon ausgehen, dass die erforderlichen Materialien zur Verfügung standen und ohne weitere Vorbereitungsmaßnahmen ganz zeitnah wie zugesagt mit der Arbeit begonnen werden konnte.

(3) Schließlich ist die Frist für den Beginn der Ausführung der Arbeiten auch erfolglos verstrichen. § 5 VOB/B enthält keine Begriffsbestimmung dafür, was unter dem Beginn der Ausführung zu verstehen ist. Dies muss daher im Einzelfall den vertraglichen Vereinbarungen unter Berücksichtigung der Umstände bei Vertragsschluss entnommen werden. Zu berücksichtigen ist also, was der Bauvertrag an konkreten Festlegungen dazu enthält, welche konkreten Tätigkeiten der Auftragnehmer zu entfalten hat (Preussner, in: BeckOK VOB/B, Cramer/Kandel/Preussner, 50. Ed., Stand: Oktober 2022, § 5 Abs.1 VOB/B, Rn. 1; Althaus, in: Beck’scher VOB-Kommentar, 3. Aufl., 2013, § 5 Abs.1 VOB/B, Rn. 15 f.; Sacher, in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB-Kommentar, 8. Aufl., 2022, § 5 VOB/B, Rn. 120). Ist der Auftragnehmer zur Erbringung von Bauleistungen verpflichtet, kommt es für den Beginn der Ausführung grundsätzlich auf die tatsächliche Arbeitsaufnahme auf der Baustelle an (Sacher, a.a.O., Rn. 122; Althaus, a.a.O, Rn. 15).

Nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien hat die Klägerin ihre geschuldeten Arbeiten am 06.05.2020 nicht dadurch aufgenommen, dass ihr Nachunternehmer L auf der Baustelle erschienen ist. Dies ergibt sich allerdings nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin vor Arbeitsbeginn nicht die erforderliche schriftliche Zustimmung der Beklagten für den Einsatz dieses Nachunternehmers eingeholt hatte. Aus § 4 Abs.8 Satz 3 VOB/B folgt, dass die Beklagte hier wegen des unberechtigten Nachunternehmereinsatzes gesondert eine Nachfrist setzen musste, bevor sie aufgrund des unberechtigten Nachunternehmereinsatzes gemäß § 8 Abs.3 VOB/B kündigen durfte. Auch wäre über die Frage, ob der Zeuge L ausreichende Schutz- und Arbeitsausrüstung mit sich geführt hat und ob er überhaupt zum Arbeitsbeginn bereit war oder lediglich die Baustelle besichtigten wollte, ggf. Beweis zu erheben gewesen.

Indessen kann aufgrund der konkreten vertraglichen Abreden der Parteien im bloßen Erscheinen allein des Nachunternehmers L noch kein Arbeitsbeginn gesehen werden. Entscheidend ist insoweit, dass die Klägerin hier nach Ziffer 4.7 des Verhandlungsprotokolls vom 10.02.2020 (vgl. Anlage B 1, Seite 8) verpflichtet war, die Baustelle mit vier bis zehn Arbeitskräften zu besetzen, so dass das Erscheinen lediglich einer Arbeitskraft nicht den vertraglichen Anforderungen genügte. Die Parteien haben es nicht bei dem in § 5 Abs.3 VOB/B vorgesehenen Procedere belassen, wonach bei unzureichendem Arbeitskräfteeinsatz der Auftraggeber den Auftragnehmer zur unverzüglichen Abhilfe auffordern kann. Sie haben vielmehr von vornherein eine durchgängige Besetzung der Baustelle mit mindestens vier Arbeitskräften vereinbart. Bei dieser Sachlage genügt es für einen Arbeitsbeginn nicht, wenn die Klägerin lediglich eine einzige Arbeitskraft auf die Baustelle schickt, da insoweit allenfalls pro forma mit den Arbeiten begonnen wurde und nicht entsprechend den konkreten Vereinbarungen der Parteien (vgl. zum Arbeitsbeginn pro forma Sacher, a.a.O., Rn. 122, Fn. 128).

b) Ein Zahlungsanspruch der Klägerin besteht auch nicht etwa nach § 8 Abs.3 Nr.3 VOB/B, da von der Beklagten unstreitig Material nicht in Anspruch genommen worden ist.

c) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB.

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs.1, 91, 708 Nr.10, 711 ZPO. Es bestand kein Anlass für die Zulassung der Revision. Die Voraussetzungen des § 543 Abs.2 ZPO sind nicht gegeben. Weder hat die Sache grundlegende Bedeutung, noch weicht der Senat von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte ab, so dass eine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht geboten war.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Baurecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Baurecht. Von der Baugenehmigung über Leistungsverzögerungen bis hin zu Baumängel.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Baurecht

Urteile aus dem Baurecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!