OLG Frankfurt – Az.: 21 U 2/16 – Urteil vom 11.07.2016
Die Berufung der Klägerin gegen das am 02.12.2015 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
(Von der Darstellung der tatbestandlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen).
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, denn die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen weiteren Anspruch in Höhe von 2.298,56 €.
Ein Anspruch auf Vergütung von Stundenlohnarbeiten den die Klägerin ausgehend von ursprünglich 4.722,36 € netto (92 Facharbeiterstunden á EUR 51,33 gemäß Rechnungsposition 20.90 der Rechnung vom 27.04.2010) unter Berücksichtigung der vertraglich vereinbarten Abzüge, eines Abzugs wegen Mängeln in Höhe von 365,00 € und der Aufrechnung mit einem Betrag in Höhe von 2.645,39 € mit 2.298,56 € brutto errechnet, steht der Klägerin nicht zu, denn der Bauvertrag vom 15.06.2009 sah eine Abrechnung nach Einheitspreisen vor.
Eine zusätzliche Vergütung bestimmter Arbeiten nach Stundenlohn kann die Klägerin, da für den Vertrag die Geltung der VOB/B/B 2006 vereinbart worden ist, nicht verlangen, da die Stundenlohnarbeiten nicht vereinbart worden sind (§ 2 Nr. 10 i.V.m. § 15 Nr. 1 VOB/B). Zu einer ausdrücklichen Vereinbarung mit der Beklagten über die Abrechnung der in Rechnung gestellten Arbeiten nach Stunden hat die Klägerin trotz eines entsprechenden Hinweises das Landgerichts nichts vorgetragen.
Die Stundenlohnabrede kann allerdings auch nachträglich getroffen werden (Staudinger/ Peters/ Jacoby (2014) BGB § 632, Rn. 12). Da die Geltung der VOB/B vereinbart war, kann eine nachträgliche konkludente Vereinbarung für die abgerechneten Leistungen eine Stundenlohnvergütung zu zahlen aber in der Regel nicht allein aus der Unterzeichnung von Stundenlohnnachweisen hergeleitet werden. Denn die Abzeichnung von Stundenlohnzetteln bezieht sich regelmäßig nicht auf die Vereinbarung von Stundenlohnarbeiten, sondern bescheinigt nur Art und Umfang der erbrachten Leistung (vgl. etwa BGH, Urteil vom 14. Juli 1994 – VII ZR 186/93, BauR 1994, 760; BGH, Urteil vom 24. Juli 2003 – VII ZR 79/02 -, Rn. 58, juris = BauR 2003, 1892).
Die Abzeichnung von Stundenlohnzetteln ist nur dann ein Angebot zum Abschluss einer Stundenlohnvereinbarung, wenn sich aus besonderen Umständen ergibt, dass die Unterzeichnung ein konkludentes rechtsgeschäftliches Angebot zur Änderung der ursprünglichen Vergütungsvereinbarung und zum Abschluss einer Stundenlohnvereinbarung für die in den Stundenlohnzetteln genannten Leistungen ist und eine entsprechende Vollmacht desjenigen besteht, der die Stundenlohnnachweise unterzeichnet hat (BGH, Urteil vom 24. Juli 2003 – VII ZR 79/02 -, Rn. 58, juris = BauR 2003, 1892).
Die bei der Beklagten beschäftigte Architektin A war hier bevollmächtigt, nachträglich eine Stundenlohnvergütung zu vereinbaren. Denn Position 20.90 des Leistungsverzeichnisses (Bl. 175 d.A.) enthält die Regelung, dass Stundenlohnarbeiten nur auf Anordnung der Bauleitung durchzuführen sind. Die Bauleitung oblag laut Seite 2 des Auftrags vom 08.06.2009 (Bl. 76 d.A.) der Architektin A. Diese war somit auch für ein konkludentes rechtsgeschäftliches Angebot zum Abschluss einer Stundenlohnvereinbarung für die in den Stundenlohnzetteln genannten Leistungen bevollmächtigt.
Besondere Umstände, aus denen sich ergibt, dass die Unterzeichnung der Stundenlohnzettel abweichend vom Regelfall ein konkludentes rechtsgeschäftliches Angebot zum Abschluss einer Stundenlohnvereinbarung für die in den Stundenlohnzetteln genannten Leistungen ist, sind jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich.
Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung weiterer 2.298,56 € ergibt sich auch nicht aus einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis der Beklagten. Ist die Bauleiterin – wie hier – zur Anordnung von Stundenlohnarbeiten bevollmächtigt, kann ihre Unterschrift unter den Stundenlohnzetteln zwar über die bloße Bestätigung von Art und Umfang erbrachter Leistungen hinaus zugleich ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis sein, das die bestehende Werklohnschuld auch der Ungewissheit entzieht, dass diese Leistungen in Rechnung gestellt werden dürfen (OLG Nürnberg, Teilurteil vom 8.8.1997 – 6 U 351/96, IBR 1999, 516; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Teil, Rn. 258).
Ob dies der Fall ist, hängt von der Bewertung der Umstände des Einzelfalles ab und kann dann angenommen werden, wenn der Auftragnehmer im konkreten Einzelfall davon ausgehen durfte, dass er die erbrachten Leistungen ohne weiteren Nachweis als Stundenlohnarbeiten vergütet erhält. Dies ist etwa der Fall, wenn der Vertrag eine Bestimmung enthält, wonach die Abrechnung nur nach Anerkennung der Stundenzettel durch die örtliche Bauleitung erfolgt (vgl. OLG Nürnberg, a.a.O.). Eine solche Regelung enthält der Bauvertrag hier nicht. Die Klägerin durfte deshalb hier nicht annehmen, dass die Architektin der Abzeichnung von Stundenlohnzetteln, deren Bedeutung sich regelmäßig darauf beschränkt, nur Art und Umfang der erbrachten Leistung zu bescheinigen, eine rechtsgeschäftliche Erklärung im Sinne eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses beimessen wollte.
Dass die für die Beklagte tätige Architektin die Stundenlohnabrechnungen als fachtechnisch und rechnerisch richtig festgestellt und mit ihrem Prüfstempel versehen hat, schließt Einwendungen der Beklagten gegen die Abrechnung nicht aus. Der Prüfvermerk eines Architekten ist eine Wissenserklärung dem Auftraggeber gegenüber, dass die Rechnung fachlich und rechnerisch richtig ist. Die Wissenserklärung ist grundsätzlich keine rechtsgeschäftliche Erklärung des Architekten namens seines Auftraggebers gegenüber dem Unternehmer und damit kein Angebot zum Abschluss eines kausalen Schuldanerkenntnisses (BGH, Urteil vom 06. Dezember 2001 – VII ZR 241/00 -, Rn. 24, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 04. November 2014 – I-23 U 33/14, 23 U 33/14 -, Rn. 20, juris).
Der im Parallelprozess geschlossene Zwischenvergleich vom 24.05.2013 mit dem vereinbart wurde, dass die Beklagte keine Einwendungen mehr hinsichtlich der Rechtfertigung der Stundenlohnarbeiten geltend macht, hat Wirkung nur für den Verfahrensgegenstand des Parallelprozesses.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Der Senat hat nur anerkannte Rechtssätze auf den Einzelfall anwendet.