Klägerin gewinnt Schadensersatzprozess wegen fehlerhafter Bauarbeiten.
Im Rahmen eines Bauvertrags über die Erstellung von Hausanschlüssen für Abwasser, Gas, Strom und Telekommunikation kam es zu einem Streit zwischen den Parteien über Schadensersatzansprüche. Die Klägerin und ihr Ehemann hatten ein Baugrundstück ohne Erschließung erworben und einen Vertrag mit dem Beklagten über den Hausanschluss geschlossen. Später stellte sich heraus, dass die Anschlüsse von Regenwasser und Schmutzwasser miteinander vertauscht worden waren. Daraufhin erließ die Gemeinde einen Beseitigungsbescheid und setzte ein Zwangsgeld fest.
Der Beklagte wurde aufgefordert, den Mangel zu beseitigen, was er jedoch nicht tat. Stattdessen bot er an, gegen Zahlung von 6800 € die Situation zu bereinigen. Die Klägerin ließ den Mangel schließlich in Ersatzvornahme beseitigen und verlangte Schadensersatz vom Beklagten.
Das Gericht gab der Klägerin Recht und verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 10.774,80 € nebst Zinsen. Die Bauarbeiten waren mangelhaft und entsprachen nicht der vereinbarten Beschaffenheit. Eine Planänderung war weder erfolgt, noch wurde sie beauftragt oder den Eheleuten mitgeteilt. Der Beklagte hätte auf die Änderung seiner Ausführung hinweisen müssen. Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatzvornahmekosten und Schadensersatz. Die Kosten für die Anfechtung des Beseitigungsbescheids der Gemeinde wurden dem Beklagten ebenfalls aufgelegt.
LG Bayreuth – Az.: 31 O 616/21 – Urteil vom 16.05.2022
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.774,80 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 09.06.2021 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 10.774,80 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Bauvertrag über die Erstellung von Hausanschlüssen für Abwasser, Gas, Strom und Telekommunikation.
Die Klägerin und ihr Ehemann hatten von einer vom Beklagten vertretenen Gesellschaft ein Baugrundstück (Parzelle xx eines Neubaugebiets) in B… erworben. Das Grundstück war nicht erschlossen (Anlagen K1-K6).
Die Eheleute schlossen mit dem Beklagten aufgrund eines von ihm gelegten Angebots vom 11.06.2019 am 24.06.2019 einen Vertrag über den Hausanschluss, Einbau von Schächten und Leitungen etc. zum Preis von 4198,32 € brutto (Anlage K7).
Nach einer Fertigstellungsmitteilung (fernmündlich) legte der Beklagte Schlussrechnung über diesen Betrag am 25.09.2019, die von den Eheleuten bezahlt wurde (Anlage K8).
Auf Grundlage eines vom Beklagten übermittelten Vorabzugs der Entwässerungsplanung (Anlage K9 vom Juli 2018) ließen die Eheleute die Planung für ihr zu errichtendes Wohnhaus erstellen (Anlage K 10), die Planung wurde genehmigt (Anlage K 11, K 12). Nachträgliche Tekturen der Entwässerungsplanung erfolgten nicht, insbesondere wurde den Eheleuten seitens der Beklagten keine Planänderung mitgeteilt.
Das Wohnhaus wurde errichtet und fertiggestellt, den Anschluss des Hauses zum vom Beklagten hergestellten Übergabeschacht Regenwasser und Übergabeschacht Schmutzwasser besorgten die Eheleute in Eigenregie zusammen mit einem fachkundigen Nachbarn.
Dabei wurden die Anschlüsse von Regenwasser und Schmutzwasser miteinander vertauscht, weshalb in der Folge ein Beseitigungsbescheid der Gemeinde B… vom 12.04.2021 unter Fristsetzung bis 30.04.2021 und Zwangsgeldandrohung erging (Anlage K 13).
Der Beklagte wurde anwaltlich aufgefordert, bis spätestens 23.04.2021 den Mangel zu beseitigen (Anlage K 15), blieb aber untätig.
Die Eheleute beauftragten einen Sachverständigen, dessen gutachterliche Stellungnahme am 25.05.2021 vorlag (Anlage K 14) und sie 1580 € kostete (Anlage K 18, K40).
Die Eheleute ließen unter Vorlage des Gutachtens den Beklagten ein weiteres Mal am 26.05.2021 und nochmals am 02.06.2021 auffordern, Vorschuss auf die Mangelbeseitigungskosten zu leisten, was nicht erfolgte (Anlage K 16, K17). Der Beklagte bot an, gegen Zahlung von 6800 € die Situation zu beseitigen.
Weitere anwaltliche Korrespondenz führte zu keinem übereinstimmenden Ergebnis (Anlage K 20 bis K 23, Anlagen B1 und B2).
Zwischenzeitlich führten die Eheleute gegen den Beseitigungsbescheid der Gemeinde Klage zum Verwaltungsgericht, die sie indessen wieder zurücknahmen (Anlage K 24, K 25, K 26). Sie zahlten an die Gemeinde Zwangsgeld sowie Gebühren in Höhe von zusammen 1130,25 € (Anlage K 29 bis K 31). Das Gerichtsverfahren kostete 820,74 € (Anlage K 32 bis K 34).
Der Ehemann der Klägerin, …, hat die klagegegenständlichen Ansprüche an die Klägerin abgetreten (Anlage K 35).
Auch in einem anderen Fall desselben Baugebiets kam es zu einer Verwechslung, die indessen von der Beklagten sofort behoben wurde.
Ein Bestandsplan der Gemeinde für die Entwässerungsanlagen des Neubaugebiets war bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht erstellt.
Die Klägerin trägt vor: der Beklagte habe den Fehlanschluss verursacht, indem er die Kanalanschlüsse nicht plangerecht (sondern in der Lage vertauscht) erstellt habe. Bei der Verbindung der Anschlussleitungen mit den Übergabeschächten hätten sich die Eheleute am Plan und an einer vom Beklagten aufgebrachten Beschriftung der Übergabeschächte (SW bzw. RW mit neon-pinker Sprühfarbe) orientiert. Von der Gemeinde hätten sie die Auskunft erhalten, sie sollten sich an die Genehmigungsunterlagen halten.
Eine Abnahme sei nicht erfolgt, jedenfalls nicht durch Zahlung der Schlussrechnung.
Die Eheleute ließen die Situation im Juli 2021 in Ersatzvornahme beseitigen, was 5.951,95 € kostete (Anlage K 27, K28, K37-K39).
Die Beschriftung der Übergabeschächte stamme jedenfalls nicht von den Eheleuten, auch nicht von der Gemeinde B… . Dass es eine Bestandsaufnahme der Gemeinde nicht gebe, liege daran, dass der Beklagte seine Leistungen insgesamt noch nicht fertiggestellt habe.
Auch bei anderen Eigentümern im Baugebiet sei es zu gleichartigen Verwechslungen gekommen. Auch dort seien die Schächte falsch beschriftet gewesen.
Die Klägerin beantragt: den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 10.774,80 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit 09.06.2021 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der übergebene Plan K9 sei nicht verbindlich, sondern ein Vorabzug. Tatsächlich habe es Abweichungen gegeben, wegen der unterschiedlichen Höhenlage von Schmutzwasser- und Regenwasserkanal hätten nicht alle Anschlussleitungen so ausgeführt werden können wie geplant. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten nicht nach Plan, sondern nach einer Bestandsaufnahme der Gemeinde anschließen müssen. Sie hätten anhand der unterschiedlichen Höhenlage der Schächte Regenwasser und Schmutzwasser auseinanderhalten können.
Für die Verwechslung der Anschlüsse seien die Eheleute … alleine verantwortlich. Abnahme der Beklagtenleistung sei durch Nutzung erfolgt.
Beschriftet habe der Beklagte die Schächte nicht. Er habe nur Markierungspfähle und -eisen verwendet.
Es treffe zu, dass er die Arbeiten eingestellt habe, jedoch deshalb, weil die Gemeinde ihrerseits mit Zahlungsverpflichtungen in Rückstand sei.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen … am 14.3.2022. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Bezug genommen wird weiter auf das vom Planersteller vorgelegte Original der Anlage K9. Im Übrigen wird auf den Akteninhalt, insbesondere die gewechselten Schriftsätze mit Ausnahme des Klägerschriftsatzes vom 11.03.2022 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.
Der Beklagte haftet der Klägerin aus Bauvertrag – soweit ihr Ehemann Auftraggeber gewesen ist, aus abgetretenem Recht – auf Ersatzvornahmekosten und Schadensersatz wegen eines Mangels der von ihm im Auftrag der Eheleute ausgeführten Bauleistung, nämlich der Erstellung von Hausanschlusskanälen und Übergabeschächten für Regenwasser und Schmutzwasser.
Die Leistung war mangelhaft, denn sie entsprach nicht der vereinbarten Beschaffenheit (§ 633 BGB). Dazu gehörte ohne weiteres die aus den im Vertrag zugrunde liegenden Plänen (K9 und K 10) ersichtliche und in den Plänen bestimmte räumliche Lage der Übergabeschächte für Schmutzwasser einerseits und für Regenwasser andererseits. Eine explizite Planänderung ist weder erfolgt, noch wurde sie beauftragt, noch wurde sie den Eheleuten mitgeteilt. Spätestens mit der Fertigstellungsmitteilung, die der Beklagte den Klägern im Zusammenhang mit der ihnen erteilten Schlussrechnung machte, hätte der Beklagte auf die Änderung seiner Ausführung gegenüber des ihm erteilten Auftrags hinweisen müssen. Dann wäre der Schaden nicht entstanden.
Auf die Frage, wer die fehlerhafte Beschriftung auf die Schächte aufgesprüht hat, kommt es schon nicht mehr an. Allerdings haben die Zeugen hier die Einlassung des Beklagten bestätigt, wonach dieser die Sprühmarkierungen nicht angebracht hat.
Ein Mitverschulden der Klägerseite – weil diese sich nach dem Vorabzug, nicht nach einer Bestandsaufnahme der Gemeinde gerichtet habe – kommt nicht in Betracht, denn eine solche Bestandsaufnahme wurde weder vor der Fertigstellungsmitteilung des Beklagten gegenüber den Eheleuten …, noch danach erstellt. Auf ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten kommt es nicht an, von den Eheleuten … ist der Beklagte unstreitig voll bezahlt worden. Es hätte dem Beklagten oblegen, die Eheleute ggf. separat von der Änderung in Kenntnis zu setzen.
Nachdem der Beklagte sich weigerte, innerhalb angemessener Frist den Mangel zu beseitigen, schuldet er nach § 637 BGB die Kosten der Ersatzvornahme. Sie sind nachgewiesen durch vorgelegte Rechnung des Bauunternehmens und entsprechen der Höhe nach sowohl der Schätzung des klägerischen Parteigutachters als auch dem eigenen Angebot des Beklagten.
Die weiteren Positionen schuldet der Beklagte als Schadensersatz gemäß §§ 634 Ziff. 4, 636, 281 BGB. Dies umfasst nicht nur die Kosten der sachverständigen Feststellung von Mangelursache und Sanierungsweg, sondern ohne weiteres auch das erst aufgrund der Weigerung des Beklagten, den Mangel fristgerecht zu beseitigen, verhängte Zwangsgeld der Gemeinde.
Allerdings sind die von Klägerseite aufgewendeten Kosten für die Anfechtung des Beseitigungsbescheids der Gemeinde vor dem Verwaltungsgericht objektiv unnötig gewesen. Bereits nach dem Klägervortrag musste der Zustand beseitigt werden. Die Beseitigungsverfügung anzufechten hatte keinerlei Aussicht auf Erfolg. Ob eine isolierte Klage gegen den Sofortvollzug und den mit Zwangsgeld bedrohten Beseitigungstermin erfolgversprechend gewesen wäre (bei geringerem Streitwert und geringeren Kosten) kann indessen dahinstehen. Denn die Klägerin und ihr Ehemann haben die verwaltungsgerichtliche Klage auf anwaltlichen Rat erhoben, um eine Nutzungsuntersagung ihres Wohnhauses zu verhindern; die insoweit entstandenen Kosten sind dem zum Schadenersatz verpflichteten Beklagten aufzuerlegen, er hat den Fehler der Kläger in dieser Situation durch seine Weigerung, den Mangel fristgerecht zu beseitigen, herausgefordert (vergleiche BeckOGK/Brand BGB § 249 Rn. 256).
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 286, 288 BGB; 91, 709, 3 ZPO.