OLG Frankfurt – Az.: 29 U 133/18 – Urteil vom 30.09.2019
Die Berufung der Beklagten und ihres Streithelfers zu 1. gegen das Urteil des Einzelrichters der 31. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 6.7.2018 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Rechtsstreit hinsichtlich der bezugsfertigen Herstellung der im Untergeschoss gelegenen Räume usw. erledigt ist.
Die Kosten der Berufung haben die Beklagte und der Streithelfer zu 1) jeweils zur Hälfte zu tragen. Hiervon ausgenommen sind die außergerichtlichen Kosten der Streithelfer, die diese selbst zu tragen haben.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das Berufungsurteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Kläger gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Kläger erwarben mit notariellem Vertrag vom 4.9.2008 (Anl. K1) von der Beklagten zwei neu zu errichtende Wohneinheiten. Eine davon befindet sich im Souterrain des Gebäudes.
Nach Einzug der Kläger trat hieran ein 1. Wasserschaden im Herbst 2009 auf, weil eine Druckwasserleitung im Badezimmer undicht war. Ein weiterer Wasserschaden ereignete sich im April 2010, als aufgestautes Wasser nach Ausfall zweier Tauchpumpen im Lichthof des UG von außen durch eine nicht hinreichend abgedichtete Tür und ein nicht hinreichend abgedichtetes bodentiefes Fensterelement in die Wohnung eindrang. Der Haftpflichtversicherer des Streithelfers zu 1) und Architekten der Beklagten beauftragte eine Begutachtung des Schadens und der Beseitigungskosten. Die Sachverständige A kam in einem 1. Gutachten zu einer Mitverantwortlichkeit des Architekten neben dem Fensterbauer und dem Rohbauer und zu einer geschätzten Schadenshöhe von rund 26.000 €. Diesen Betrag zahlten der Architekt und Streithelfer B sowie dessen Haftpflichtversicherer im Herbst 2010 an die Kläger. Zu diesem Zeitpunkt gingen die Parteien aufgrund der außergerichtlichen Begutachtung nicht von einem Schimmelschaden an der Wohneinheit aus.
Die Beklagte beauftragte ihren Architekten mit Maßnahmen zur Schadensbeseitigung. Dieser holte das Angebot eines Sanierungsunternehmens (C-GmbH) ein (Anl. K8) und leitete es an die Kläger weiter.
In einem 2. außergerichtlichen Gutachten vom 2.2.2011 bejahte die Sachverständige des Haftpflichtversicherers einen Schimmelschaden und schätzte die Beseitigungskosten einschließlich Herstellungskosten nunmehr auf rund 50.500 €.
Auf das Angebot der C-GmbH beauftragten die Kläger diese zur Schadensbeseitigung u. a. durch den Ausbau des Estrichs im gesamten Souterrain. Die Räume befanden sich danach mehrere Jahre in einem Rohbauzustand; die Sanierung wurde von den Klägern im Laufe des Jahres 2019 abgeschlossen. Die Kläger führten über etwa 6 Jahre hinweg ein selbstständiges Beweisverfahren wegen der Mängel gegen den beklagten Bauträger (LG Frankfurt …/11, Beiakte). Dabei haben sich die von den Klägern vorgetragenen Mängel der Abdichtung nur teilweise feststellen lassen.
Zwischen den Parteien ist insbesondere umstritten, ob die Sanierung von den Klägern im Wege der Ersatzvornahme in eigener Regie durchgeführt wurde oder im Auftrag der Beklagtenseite.
Die beklagte Bauträgerin hat vorgetragen, der Schimmelschaden beruhe auf dem früheren Wasserschaden vom Herbst 2009. Die von den Klägern durchgeführte Sanierung mit dem Entfernen des gesamten Fußbodens sei nicht notwendig gewesen. Leistung in Form der Nacherfüllung könnten die Kläger nicht mehr beanspruchen, weil sie auf Schadensersatz übergegangen seien (§ 281 Abs. 4 BGB). Im Übrigen sei die Schadensentstehung von den Klägern mitverursacht und der Anspruch verjährt.
Das Landgericht Frankfurt am Main verurteilte die Beklagte mit Urteil vom 6.7.2018 dazu, die Räume im Untergeschoss gemäß beigefügter Baubeschreibung bezugsfertig herzurichten und Bauteilöffnungen zu verschließen und sprach eine Feststellung der Ersatzpflicht der Schäden infolge Wasserschaden vom April 2010 aus. Der Klageantrag auf bezugsfertige Herstellung gemäß Baubeschreibung sei hinreichend bestimmt. Die Kläger hätten gemäß § 635 Abs. 1 BGB Anspruch auf Beseitigung der Bauteilöffnungen, weil das Werk insoweit unstreitig mangelhaft gewesen sei. Der Einwand der verweigerten Annahme der Nacherfüllung sei unbegründet, weil ein Annahmeverzug den Anspruch nicht entfallen lasse. Unbegründet sei das Bestreiten des Schimmelpilzbefalls aufgrund des Wasserschadens vom April 2010, weil sich jener aus dem Privatgutachten ergeben habe und die Streithelfer im Rahmen der Sanierung nach diesen Empfehlungen gehandelt hätten. Die Kläger hätten gegenüber der Beklagten zu keinem Zeitpunkt Schadensersatz gewählt; bei der erlangten Versicherungsleistung handele es sich nur um einen Kostenvorschuss. Die Herstellung des Badezimmers sei auch erforderlich gewesen. Die Voraussetzungen eines Mitverschuldens seien in tatsächlicher Hinsicht (Entwässerung des Versickerungsschachtes) nicht nachgewiesen. Der Anspruch sei nicht verjährt, sondern durch das selbstständige Beweisverfahren im Jahr 2011 rechtzeitig gehemmt worden. Ergänzend wird auf das Urteil (Bl. 150 ff.) Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Die Zustellung des Urteils an die Beklagte erfolgte am 13.7.2018 (Bl. 184).
Die Beklagte legte dagegen am 6.8.2018 eingehend Berufung ein (Bl. 216).
Nach Fristverlängerung zur Begründung bis zum 13.10.2018 (Bl. 249) ging die Berufungsbegründung der Beklagten am 9.10.2018 ein (Bl. 262 ff.).
Der Streithelfer zu 1) legte am 10.8.2018 Berufung gegen das Urteil ein (Bl. 225).
Nach Fristverlängerung zur Begründung bis zum 13.10.2018 (Bl. 246) ging die Berufungsbegründung des Streithelfers zu 1) am 15.10.2018 (Montag) ein (Bl. 294 ff.).
Zur Berufungsbegründung macht die Beklagte geltend, das Landgericht habe in erheblichem Umfang streitigen Prozessvortrag der Beklagten übergangen und sich ohne Begründung geweigert, den Tatbestand zu berichtigen. Der zugesprochene Anspruch bestehe nicht, weil die Parteien vereinbart hätten, dass die Kläger die Mangelbeseitigung in eigener Regie durchführen und dies mit der Zahlung der Haftpflichtversicherung des Architekten auch umgesetzt hätten. Durch die Wahl von Schadensersatz sei der Nacherfüllungsanspruch untergegangen. Die Kläger seien demgemäß als Auftraggeber der Sanierung aufgetreten. Auf Anforderung der Kläger habe sich die Beklagte bereit erklärt, die Sanierung durchzuführen unter der Voraussetzung, dass die Kläger die an sie ausgezahlte Versicherungsleistung hierfür einsetzten (Schreiben vom 24.3.2011, Anl. B3). Im Rahmen der Sanierung hätten die Kläger unnötigerweise den gesamten Estrich im Souterrain ausbauen lassen. Eine Schimmelbelastung sei nicht aufgrund des Wasserschadens aus dem April 2010, sondern aufgrund der nicht fachgerechten Sanierung des Wasserschadens aus dem Jahr 2009 in eigener Regie der Kläger entstanden. Dies ergebe sich eindeutig aus dem Gutachten vom 1.11.2010 (Anl. K6), wonach die Schimmelbelastung auf eine nicht fachgerechte Sanierung des 1. Schadens aus dem Jahr 2009 durch die Kläger zurück gehe (unvollständiger Ausbau der kontaminierten Dämmschicht). Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 9.10.2018 Bezug genommen (Bl. 262 ff.).
Die Berufungsbegründung des Streithelfers zu 1) macht geltend, der zugesprochene Klageantrag mit bezugsfertiger Herstellung sei im Hinblick auf die Baubeschreibung nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 1 Nr. 2 ZPO und damit unzulässig. Die Klage sei auch unbegründet, weil die Kläger sich mit dem Bauträger auf eine Sanierung in eigener Regie auf Kosten der Haftpflichtversicherung des Streithelfers geeinigt hätten. An der Sanierung seien weder die Beklagte noch der Streithelfer beteiligt gewesen. Spätestens mit der Durchführung der Sanierung in eigener Regie sei der Nacherfüllungsanspruch der Kläger untergegangen. In Bezug auf die Bauteilöffnungen sei dies eingetreten, weil die Kläger insoweit eine Nacherfüllung durch die Beklagten abgelehnt hätten. Für den Feststellungsausspruch fehle es an einer Anspruchsgrundlage. Im Übrigen seien die Ansprüche verjährt, weil sie entgegen § 9 Z. 6 des Bauträgervertrages nicht binnen 6 Monaten nach Abnahme (Einzug 23.4.2009) geltend gemacht worden seien. Ergänzend wird auf den Schriftsatz vom 15.10.2018 Bezug genommen (Bl. 319 ff.).
Die Streithelferin zu 4. unterstützt mit Schriftsatz vom 10.1.2019 die Berufung der Beklagten. Sie begründet dies mit einer Überraschungsentscheidung durch das Landgericht abweichend von den Erörterungen im Termin am 15.6.2018. Das Landgericht habe bei seiner Entscheidung die Parteien D GmbH und E (Installateur) verwechselt. Die Streithelferin zu 4. habe einen Wasserschaden vom Herbst 2009 weder verursacht noch reguliert. Die Zahlung des Haftpflichtversicherers des Streithelfers E hierauf sei kein Vorschuss, sondern Schadensersatz gewesen. Die Sanierung sei von den Klägern daraufhin in eigener Regie durchgeführt und im Februar 2010 beendet worden. Hierauf und nicht auf dem sehr geringfügigen Wasserschaden vom April 2010 (fehlerhafte Abdichtung einer Tür und des bodentiefen Fensters daneben im Lichthof sowie Ausfall der Pumpen) beruhe der jetzt geltend gemachte Schaden. Die Feststellungen des Sachverständigen F zum Schimmelbefall in allen Räumen der Wohnung seien unzutreffend und beruhten jedenfalls nicht auf dem Wasserschaden vom April 2010. Der Nacherfüllungsanspruch sei durch die Wahl von Schadensersatz seitens der Kläger untergegangen (vgl. BGH VII ZR 301/13 vom 19.1.2017).
Die Berufungsklägerin, der Streithelfer zu 1), die Streithelferin zu 2) und die Streithelferin zu 3) beantragen,
die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 6.7.2018 abzuweisen.
Die Berufungsbeklagten beantragen, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die die Klage hinsichtlich des Antrages auf bezugsfertige Herstellung der Räume erledigt ist.
Die Berufungserwiderung der Kläger macht geltend, der Schimmelschaden beruhe nicht auf dem Wasserschaden vom Herbst 2009, sondern auf dem Schadensereignis vom April 2010. In dessen Folge habe die Beklagte ihre Einstandspflicht anerkannt und den Streithelfer zu 1. mit der Sanierung beauftragt. Dieser habe als Sanierungsunternehmen die Firma C beauftragt. Diese habe ihre Leistungen (Sofortmaßnahmen und Gutachten F) am 7.10.2010 zulasten der Beklagten fakturiert (Bl. 409). Diese Rechnung sei von der Beklagten ausgeglichen worden. Weitere Sanierungsarbeiten seien zunächst nicht durchgeführt worden. Der Sachverständige F habe festgestellt, dass der Schimmel im Januar 2010 nach der 1. Sanierung noch nicht vorhanden gewesen sei. Bei der Besichtigung im Herbst 2010 seien alle Bereiche von Schimmel befallen gewesen. Deswegen hätten die Kläger die Entfernung des gesamten Estrichs in Auftrag gegeben. Die Beklagte habe nach dem Wasserschaden vom April 2010 Abdichtungsarbeiten durch die Streitverkündete zu 2. (Rohbauer) und die Streitverkündete zu 4. (Fensterbauer) in Auftrag gegeben, die durchgeführt wurden. Weitere Wiederherstellungsmaßnahmen nach Ausbau des Estrichs habe die Beklagte abgelehnt. Nach Abschluss des selbstständigen Beweisverfahrens wegen der Mängel (LG Frankfurt …) sei gerade keine Einigung der Hauptparteien über die Sanierung zu Stande gekommen. Ebenso wenig hätten die Kläger den 1. Wasserschaden vom Herbst 2009 in eigener Regie saniert. Dies sei vielmehr durch den vom Haftpflichtversicherer direkt beauftragten Sanierer geschehen. Hinsichtlich des 2. Wasserschadens vom April 2010 hätten die Kläger die Zahlung des Versicherers i.H.v. 26.000 € nur als Abschlagszahlung entgegengenommen. Ergänzend wird auf den Schriftsatz vom 20.2.2019 (Bl. 386 ff.) verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 26.8.2019 (Bl. 459 ff.) tragen die Kläger darüber hinaus vor, die Räume im Untergeschoss zwischen Oktober 2018 und März 2019 mit Sanierungskosten i.H.v. 42.027 € und Aufwendungen für Strom und Lagerkosten in Höhe weiterer 3.494,58 € wieder hergestellt zu haben.
Die Berufungsklägerin bestreitet einen Zusammenhang der mit Schriftsatz vom 26.8.2009 abgerechneten Leistungen mit einer bezugsfertigen Herrichtung des Untergeschosses durch die Kläger und erhebt auch insoweit die Einrede der Verjährung (Bl. 477). Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Berufungsklägerin mit Schriftsatz vom 10.9.2019 ergänzend vorgetragen.
II.
1. Zulässigkeit
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig ausreichend begründet worden, §§ 511, 517, 519, 520 ZPO.
Dasselbe gilt für die selbstständige Berufung des Streithelfers zu 1).
2. Begründetheit
Die zulässigen Berufungen der Beklagten und des Streithelfers zu 1) sind im Ergebnis unbegründet. Das landgerichtliche Urteil entspricht im Ergebnis der Rechtslage. Es liegt weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht ein Fehler im Sinne von § 513 Abs. 1 ZPO vor, der eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung erforderlich macht.
Hinsichtlich des vom Landgericht zugesprochenen Anspruchs auf bezugsfertige Herstellung der im Untergeschoss gelegenen Räume ist der Rechtsstreit erledigt.
Der Antrag auf Nacherfüllung der mangelhaften Werkleistung war gemäß der §§ 634 Nr. 1, 635 Abs. 1 BGB a.F. bis zu seiner Erledigungserklärung begründet. Auf die einseitig gebliebene Erledigungserklärung der Kläger im Berufungsrechtszug war die teilweise Erledigung des Klageantrags festzustellen.
Auf das Rechtsverhältnis der Parteien ist das BGB in seiner bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung anzuwenden, weil das Vertragsverhältnis zuvor – im Jahre 2008 – begründet wurde, Art. 229 § 39 EGBGB.
Zwischen den Parteien wurde am 4.9.2008 ein notariell beurkundeter Bauträgervertrag geschlossen (Anlage K1), wonach die Beklagte eine näher beschriebene Bauleistung zu erbringen und den Klägern das Wohnungseigentum zu verschaffen hatte. Die Kläger erwarben demnach die Wohnungseinheit Nr. 1 im Erdgeschoss und die Wohnungseinheit Nr. 8 im Souterrain, in dem sich der Schadensfall ereignet hat.
Die Gewährleistung richtet sich gemäß § 11 des Bauträgervertrages nach BGB. Soweit § 11 Nr. 3 des von der Beklagten mehrfach verwendeten Vertrages Schadensersatzansprüche aus Verschuldenshaftung ausschließen will, wenn nicht Vorsatz, Arglist oder grobe Fahrlässigkeit vorliegen oder Personenschäden betroffen sind, liegt darin keine wirksame Freizeichnung von Gewährleistungsansprüchen aufgrund fehlerhafter Bauleistung. Bei dieser gebotenen kundenfeindlichen Auslegung der Klausel verstößt sie gegen § 309 Nr. 8 b) aa) BGB und gegen einen wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) im Werkvertragsrecht, wonach der Werkunternehmer (hier der Bauträger) für fehlerhafte Bauleistungen einzustehen hat.
Da die Kläger am 23.4.2009 in die fertiggestellte Eigentumswohnung eingezogen und Mangelrügen nicht vorgetragen sind, wurde die Bauleistung von ihnen spätestens nach Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist konkludent abgenommen. Diese war abgelaufen, als der 2. Wasserschaden im April 2010 auftrat.
Die Bauleistung der Beklagten war allerdings in mehrfacher Hinsicht mangelhaft im Sinne von § 633 Abs. 2 BGB. Die Mängel sind erst nach dem Einzug der Kläger aufgetreten. Die mangelhafte Bauleistung hat sowohl zum Wasserschaden vom Herbst 2009 als auch zu dem hier streitgegenständlichen Wasserschaden vom April 2010 geführt.
Im Herbst 2009 trat eine Undichtigkeit einer Wasserleitung im Badezimmer auf, die zumindest Teile des Estrichs und der Dämmung im Souterrain durchfeuchtete. Verantwortlich hierfür waren die Arbeiten des Installateurs. Hierfür haftet die Beklagte aus dem Bauträgervertrag.
Im April 2010 trat eine Durchfeuchtung im Bereich der Tür und des Fensters zum Lichthof hinauf. Ursächlich hierfür war eine mangelhafte Bauwerksabdichtung durch den Rohbauer, eine unzureichende Dichtung der Fenster- und Türelemente sowie eine mangelhafte Detailplanung des Architekten für die Entwässerung des Lichthofes (zu geringes Gefälle, keine funktionsfähige Dränage, nur eine der Pumpen für die Hebeanlage elektrisch angeschlossen, keine Vorkehrungen gegen Ausfall der Pumpe infolge eingeschwemmter Bodenanteile). Auch hierfür haftet die Beklagte aus dem Bauträgervertrag.
Damit steht fest, dass beide Wasserschäden auf mangelhafter Leistung der Beklagten beruhen. Es ist deswegen im Ergebnis auch rechtlich unerheblich, ob der Schimmelschaden infolge des 1. oder infolge des 2. Wasserschadens eingetreten ist.
Der Einwand einer unvollständigen Teilsanierung nach dem 1. Wasserschaden und eines erst dadurch verursachten Schimmelschadens ist aus Rechtsgründen nicht aufklärungsbedürftig. Weil der Estrich aufgrund des 2. Wasserschadens erneut insgesamt ausgebaut werden musste, liegt ein Fall der überholenden Kausalität vor.
Damit steht zugleich der Ursachenzusammenhang zwischen dem Mangel und dem Schaden hinreichend fest im Sinne von § 286 ZPO. Die Verantwortlichkeit trifft in beiden Fällen die Beklagte als gewährleistungspflichtigen Bauträger.
Die Einwendungen der Beklagtenseite, das selbstständige Beweisverfahren habe die Schäden nicht bestätigt, liegen neben der Sache. Die dortige Begutachtung wurde durchgeführt, als der Estrich und die Dämmung bereits ausgebaut waren. Dies ergibt sich aus der Begründung des Beweissicherungsantrages vom 27.9.2011 (Bl. 3 der Beiakte …/11). Also konnte der Sachverständige im Beweisverfahren nicht mehr die Feststellungen treffen, die dem 2. Gutachten A vom 2.2.2011 zu Grunde lagen. Er hat sich vielmehr – wie seine Anhörung vom 22.9.2017 zeigt – weitgehend spekulativ geäußert.
Der von den Klägern zunächst geltend gemachte Nacherfüllungsanspruch war auf die Herstellung einer Wohnung mit fachgerechter Abdichtung und trockenem, schimmelfreien Boden gerichtet.
Der zunächst geltend gemachte Klageanspruch war auch nicht wegen mangelnder Bestimmtheit im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig. Denn der Antrag war durch die Bezugnahme auf die beigefügte Baubeschreibung hinreichend konkretisiert.
Der klägerische Anspruch auf Nacherfüllung der mangelhaften Bauleistung ist nicht durch Wahl von Schadensersatz untergegangen im Sinne von § 281 Abs. 4 BGB. Denn die Kläger haben zu keiner Zeit Schadensersatz verlangt und Nacherfüllungsleistungen der Beklagten auch nicht abgelehnt. Im Gegenteil haben die Kläger darauf vertraut, dass der von der Beklagten zur Schadensbeseitigung eingeschaltete Streithelfer zu 1) die Folgen des Wassereintritts beseitigen lässt und die Beklagte dadurch ihre Gewährleistungspflichten erfüllt. Soweit die Beklagte dies mit Schreiben vom 24.3.2011 (Anlage K 11) davon abhängig gemacht hat, dass die Kläger ihr die Versicherungsleistung des Haftpflichtversicherers des Streithelfers zu 1) i.H.v. 26.000 € auszahlen, bestand darauf unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch. Denn die Zahlung erfolgte in Ansehung des Versicherungsvertrages des Streithelfers zu 1) rechtsgrundlos an die Kläger und konnte durch den Versicherer von diesem kondiziert werden (Urteil des Senats vom 30. September 2019, …/18). Mit ihrem Verlangen nach vollständiger Auszahlung der Versicherungsleistung an sich hat die Beklagte die Schadensbeseitigung von einer Gegenleistung abhängig gemacht, auf die sie keinen Anspruch hatte.
Der Nacherfüllungsanspruch der Kläger ist auch nicht dadurch untergegangen, dass sie im Anschluss an die außergerichtlichen Gutachten F und das 2. Gutachten A den kompletten Estrich haben ausbauen lassen.
Das Prognoserisiko für eine Übermaßsanierung trägt bei vertretbarer Handhabung aufgrund sachverständiger Beratung der Bauträger (vgl. BGH VII ZR 63/90, BauR 1991, 651).
Der Zurechnungszusammenhang wird nur bei außergewöhnlich groben Fehlern des Drittunternehmers aufgehoben (vgl. Kniffka, in Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl. 2014, 6. Teil Rn. 207).
In diesem Sinne sind die Kläger nicht vorwerfbar fehlerhaft vorgegangen, indem sie den kompletten Estrich haben ausbauen lassen. Nach der Zweiteinschätzung der Sachverständigen A und der Einschätzung durch den Sachverständigen F lag es vielmehr nahe, dass dies erforderlich war. Die Beklagte kann sich auf einen Untergang des Nacherfüllungsanspruchs durch eigenmächtiges Handeln der Kläger auch deshalb nicht berufen, weil diese letztlich nur den Empfehlungen des von der Beklagten mit der Sanierung betrauten Streithelfers zu 1) und der von dessen Haftpflichtversicherer hinzugezogenen Sachverständigen gefolgt sind.
Ein Mitverschulden der Kläger an der Schadensentstehung ist nicht feststellbar. Der gesamte Boden musste nach dem 2. Schadensereignis auf der Grundlage des 2. Gutachtens A ohnehin entfernt werden. Für den Ausfall der Tauchpumpe der Hebeanlage anderthalb Jahre nach Einzug sind die Kläger sicher nicht mitverantwortlich.
Folglich schuldete die Beklagte die vertragsgemäße Wiederherstellung der durch den von ihr verursachten Wasserschaden beschädigten Räume im Souterrain im Wege der Nacherfüllung gemäß § 635 Abs. 1 BGB bis zur Erledigungserklärung durch die Kläger.
Der Feststellungsantrag ist zulässig gemäß § 256 Abs. 1 ZPO und begründet, weil den Klägern ein Schaden neben der Leistung im Sinne von § 280 Abs. 1 BGB entstanden ist (unter anderem Nutzungsausfall und Gutachterkosten), wofür die Beklagte die Verantwortlichkeit nachhaltig in Abrede stellt. Die entstandenen Begleitschäden können noch nicht vollständig abschließend beziffert werden.
Die Einrede der Verjährung ist unbegründet. Die Beklagte haftet für Sachmängel der neu errichteten Eigentumswohnung gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB gesetzlich 5 Jahre lang ab Abnahme nach Einzug am 23.4.2009 und Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist, die der Senat angesichts der Komplexität der beiden Wohnungen vorliegend mit 6 Monaten bemisst.
Die Schadensereignisse datieren vom Herbst 2009 und April 2010. Infolge des selbstständigen Beweisverfahrens war die Verjährung spätestens ab Oktober 2011 gehemmt gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB. Nach Beendigung des Beweisverfahrens mit Anhörung des Sachverständigen am 22.9.2017 dauerte die Hemmung gemäß § 204 Abs. 2 BGB bis zum 22. März 2018 an und wurde bereits durch die Klage vom 20.2.2018 erneut gehemmt gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Angesichts der langen Verjährungsfrist und der kurzen Zeiträume ohne Hemmung war die Verjährung bei Klageerhebung am 21.2.2018 noch nicht abgelaufen, ohne dass es eines weiteren Eingehens auf zusätzliche Hemmung durch Verhandlungen über die Mangelbeseitigung gemäß § 203 BGB bedarf.
Die Hemmung durch das selbstständige Beweisverfahren ist eingetreten, weil sich der Beweisantrag vom 27.9.2011 auf Abdichtungsmängel, Planungsfehler und Schimmelbelastung im Objekt bezog. Für die Hemmungswirkung kommt es nicht darauf an, ob sich die behaupteten Mängel im Beweisverfahren feststellen lassen, sondern nur darauf, ob die zum Gegenstand gemachten Tatsachenbehauptungen für den Anspruch von Bedeutung sein können (BGH XI ZR 160/07, NJW 2008, 1729). Die Unterbrechung (jetzt Hemmung) tritt auch dann ein, wenn sich der Mangel nicht bestätigt (BGH VII ZR 74/97, BauR 1998, 826 ff.).
Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte und nicht nachgelassene Schriftsatz der Berufungsklägerin vom 10.9.2019 gebot keine Wiedereröffnung gemäß § 156 Abs. 2 ZPO. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung weder Hinweise erteilt noch gebotene Hinweise unterlassen, sondern lediglich seine vorläufige Rechtsauffassung zu den zentralen Streitpunkten mit den Parteien erörtert.
Die Kosten ihrer unbegründeten Rechtsmittel haben die Beklagte und der Streithelfer zu 1) gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung des Landgerichts, die Kosten des weitgehend erfolglosen Beweisverfahrens den Klägern zuzuweisen, entspricht § 96 ZPO analog. Die Entscheidung zu den außergerichtlichen Kosten der Streithelfer beruht auf § 101 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß der §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vor.