Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Baumängel im Bauträgervertrag: Rechte und Pflichten der Käufer im Fokus
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Ab wann ist die Schlussrate bei einem Bauträgervertrag fällig?
- Was macht einen Baumangel zu einem wesentlichen Mangel?
- Welche Rechte hat der Bauherr bei Abweichungen von den vereinbarten Maßen?
- Welche Bedeutung hat die Abnahme für die Fälligkeit der Schlussrate?
- Wann kann der Bauträger Änderungen von der vereinbarten Bauausführung vornehmen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt am Main
- Datum: 25.11.2024
- Aktenzeichen: 22 U 213/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Vertragsrecht, Baurecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Die Klägerin tritt als Bauträgerin auf und verlangt von der Beklagten die Zahlung der letzten Rate aus einem Bauträgervertrag. Sie argumentiert, dass das Bauwerk trotz der von der Beklagten festgehaltenen Mängel als vollständig fertiggestellt anzusehen sei, wodurch die Schlussrate fällig werde.
- Beklagte: Die Beklagte, Käuferin des Reiheneckhauses, argumentiert, dass wesentliche Mängel am Bauwerk, insbesondere am Carport, der Dachterrassen-Brüstung und der Duschtassengröße bestehen, die eine vollständige Fertigstellung und damit die Fälligkeit der Zahlung verhindern.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin und die Beklagte schlossen am 08.12.2016 einen notariellen Bauträgervertrag über die Errichtung eines Reiheneckhauses. Die Beklagte beanstandete nach der Abnahme erhebliche Mängel und verweigerte die Zahlung der letzten Rate des Kaufpreises in Höhe von 56.710 Euro.
- Kern des Rechtsstreits: Entscheidend ist, ob die vollständige Fertigstellung trotz der bestehenden Mängel als erfolgt anzusehen und die Fälligkeit der letzten Rate gerechtfertigt ist.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Die letzte Rate des Kaufpreises ist nicht fällig, weil keine vollständige Fertigstellung vorliegt.
- Begründung: Wesentliche Mängel (am Carport, der Brüstung der Dachterrasse und der Duschtassengröße) stehen der Abnahmereife und somit der Fälligkeit der Schlussrate entgegen. Für eine vollständige Fertigstellung müssen alle wesentlichen Mängel beseitigt sein, wofür die Abnahmereife zwingend notwendig ist.
- Folgen: Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention. Durch das Urteil wird klargestellt, dass kontrahierte Gebäude frei von wesentlichen Mängeln sein müssen, bevor die endgültige Zahlung vertraglich fällig ist. Die Revision wird wegen fehlender grundsätzlicher Bedeutung nicht zugelassen.
Baumängel im Bauträgervertrag: Rechte und Pflichten der Käufer im Fokus
Der Bauträgervertrag ist ein zentraler Bestandteil des Immobilienrechts, der die Rechte und Pflichten sowohl des Käufers als auch des Bauunternehmens festlegt. Bei Neubauten sind nicht nur die baulichen Standards entscheidend, sondern auch die vertraglich vereinbarten Nutzungsrechte. Kommt es zu Baumängeln, wie etwa einer eingeschränkten Nutzbarkeit eines Carports, können Käufer vor erhebliche Herausforderungen gestellt werden. Der Begriff der Gewährleistung spielt hier eine wesentliche Rolle, da er die Erwartungen der Käufer an die Qualität und Funktionalität der Bauleistungen schützt.
In solchen Fällen haben Käufer verschiedene rechtliche Schritte, um ihre Ansprüche durchzusetzen, sei es durch Mängelanzeigen, Nachbesserungen oder mögliche Schadenersatzforderungen. Die vorliegende Analyse beleuchtet einen konkreten Fall, in dem das Gericht über die Bedeutung eines wesentlichen Baumangels und die daraus resultierenden Verpflichtungen des Bauträgers entschieden hat.
Der Fall vor Gericht
Gericht verneint Fälligkeit der Schlussrate wegen wesentlicher Baumängel an Reiheneckhaus
Im Streit um die Zahlung der Schlussrate eines Bauträgervertrags für ein Reiheneckhaus hat das Oberlandesgericht Frankfurt die Berufung der Bauträgerin zurückgewiesen. Die Bauträgerin hatte von der Käuferin die letzte Rate in Höhe von 56.710 Euro gefordert, die nach dem Vertrag „nach vollständiger Fertigstellung einschließlich Fassadenarbeiten“ fällig werden sollte.
Mehrere wesentliche Mängel verhindern Fälligkeit der Schlussrate
Das Gericht stellte drei wesentliche Mängel fest, die der Fälligkeit der Schlussrate entgegenstehen. Beim Carport wich die ausgeführte Größe erheblich von der im Grundrissplan vereinbarten ab. Statt der vereinbarten 14,85 Quadratmeter wurde der Carport mit nur 12,72 Quadratmetern errichtet. Diese Abweichung von über 14 Prozent beeinträchtigt nach Ansicht des Gerichts die Nutzbarkeit beim Be- und Entladen sowie Ein- und Aussteigen erheblich.
Minderwertige Ausführung der Terrassenbrüstung
Bei der Dachterrasse wurde statt der vertraglich vereinbarten gedämmten Brüstungskonstruktion aus Mauerwerk, Stahlbeton oder Holz lediglich eine Trespa-Konstruktion über die gesamte Höhe ausgeführt. Das Gericht sah darin eine minderwertige Ausführung, die den Schutz der Privatsphäre beeinträchtigt und weniger beständig ist. Die von der Bauträgerin vorgenommene Änderung war für die Käuferin nicht zumutbar.
Deutliche Abweichung bei Duschtassengröße
Auch bei der Duschtasse stellte das Gericht eine wesentliche Abweichung fest. Statt der vereinbarten Größe von 1,2 x 1,2 Metern wurde nur eine Duschtasse mit 0,8 x 1,0 Metern eingebaut. Diese erhebliche Verkleinerung schränkt nach Auffassung des Gerichts die tägliche Nutzbarkeit massiv ein. Der Einwand der Bauträgerin, die vereinbarte Größe sei technisch nicht umsetzbar gewesen, ändere nichts an der Mangelhaftigkeit.
Keine Fälligkeit trotz erfolgter Abnahme
Das Gericht folgte der überwiegenden Rechtsauffassung, wonach die vollständige Fertigstellung erst gegeben ist, wenn alle wesentlichen Mängel beseitigt sind und Abnahmereife besteht. Da die Bauträgerin die Mängel grundsätzlich bestreitet und keine Nachbesserung anbietet, verbleibt der Vertrag im Stadium der fehlenden Fertigstellung. Die Frage der Unverhältnismäßigkeit einer Mängelbeseitigung spielt dabei keine Rolle. Jeder der festgestellten Mängel rechtfertigt für sich genommen bereits die Annahme fehlender Fälligkeit der Schlussrate.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Gericht stellt klar, dass die letzte Kaufpreisrate erst bei vollständiger Fertigstellung und Mangelfreiheit fällig wird. Wesentliche Abweichungen von vereinbarten Beschaffenheiten – wie Carportgröße, Brüstungsausführung oder Materialstärken – stehen der Fertigstellung entgegen, auch wenn ein Änderungsvorbehalt im Vertrag besteht. Dieser greift nicht bei wert- oder gebrauchsmindernden Änderungen. Das Urteil stärkt die Position von Bauherren bei der Durchsetzung vereinbarter Qualitätsstandards.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Bauherr können Sie die letzte Rate zurückhalten, wenn das Bauwerk nicht exakt wie vereinbart fertiggestellt wurde. Achten Sie besonders auf messbare Abweichungen wie Raumgrößen oder Materialstärken – diese können nicht einfach vom Bauträger geändert werden. Selbst wenn Ihr Vertrag einen Änderungsvorbehalt enthält, müssen Sie keine Verschlechterungen akzeptieren. Dokumentieren Sie Abweichungen von der vereinbarten Beschaffenheit sorgfältig bei der Abnahme und bestehen Sie auf vertragsgerechter Ausführung, bevor Sie die Schlussrate zahlen.
Ihr Bauvorhaben – vertragsgemäß und mängelfrei
Gerade bei komplexen Bauprojekten ist es wichtig, die eigenen Rechte zu kennen und vertraglich zugesicherte Leistungen einzufordern. Achten Sie auf die genaue Einhaltung der Vereinbarungen, denn selbst kleine Abweichungen können spürbare Auswirkungen auf die Qualität und den Wert Ihrer Immobilie haben. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Interessen zu wahren und ein mängelfreies Ergebnis zu erzielen, das Ihren Vorstellungen entspricht.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Ab wann ist die Schlussrate bei einem Bauträgervertrag fällig?
Die Schlussrate in Höhe von 3,5% des Kaufpreises wird bei einem Bauträgervertrag erst nach vollständiger Fertigstellung des Bauvorhabens fällig. Dies bedeutet konkret, dass nicht nur die Wohnung bezugsfertig sein muss, sondern auch alle im Abnahmeprotokoll festgehaltenen Mängel beseitigt sein müssen.
Gesetzliche Voraussetzungen seit 2018
Seit dem 1. Januar 2018 muss der Bauträger zusätzlich eine prüffähige Schlussrechnung vorlegen. Diese Rechnung kann auch nur den Pauschalpreis abzüglich der bereits geleisteten Ratenzahlungen ausweisen.
Besonderheiten bei der Abnahme
Wenn Sie als Erwerber bei der Abnahme Mängel feststellen, werden diese im Abnahmeprotokoll vermerkt. Die Fälligkeit der Schlussrate tritt dann erst ein, wenn diese sogenannten Protokollmängel vollständig beseitigt sind. Dies gilt auch für Mängel am Gemeinschaftseigentum.
Sonderfall Notaranderkonto
In manchen Fällen kann vertraglich vereinbart werden, dass die Schlussrate bereits bei Bezugsfertigkeit auf ein Notaranderkonto eingezahlt werden muss. Diese Regelung ist rechtlich zulässig, da Ihr Geld durch das Notaranderkonto gesichert ist und erst nach vollständiger Fertigstellung an den Bauträger ausgezahlt wird.
Was macht einen Baumangel zu einem wesentlichen Mangel?
Ein Wesentlicher Baumangel liegt vor, wenn das Gebäude nicht wie vertraglich vereinbart oder nicht zweckentsprechend genutzt werden kann. Die Einstufung als wesentlicher Mangel hängt dabei von mehreren Faktoren ab:
Beeinträchtigung der Nutzbarkeit
Wenn die Funktionsfähigkeit des Bauwerks erheblich eingeschränkt ist oder das Gebäude nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht, handelt es sich um einen wesentlichen Mangel. Ein Beispiel wäre eine nicht funktionierende Wasserleitung in einem Mehrfamilienhaus, auch wenn die Reparatur selbst nur geringen Aufwand erfordert.
Folgeschäden und Kosten
Ein Baumangel gilt als wesentlich, wenn ein erhöhtes Risiko für Folgeschäden besteht oder die Beseitigungskosten besonders hoch ausfallen. Die Bewertung orientiert sich dabei nicht primär an den Reparaturkosten, sondern an der Beeinträchtigung des Verwendungszwecks.
Zumutbarkeit der Abnahme
Die Wesentlichkeit eines Mangels bemisst sich auch danach, ob es für Sie als Auftraggeber zumutbar ist, die Werkleistung trotz des Mangels abzunehmen. Dabei werden die Interessen beider Vertragsparteien berücksichtigt. Mehrere unwesentliche Mängel können in ihrer Gesamtheit einem wesentlichen Mangel gleichstehen.
Rechtliche Auswirkungen
Ein wesentlicher Mangel berechtigt Sie zur Verweigerung der Abnahme. Dies hat erhebliche Konsequenzen für die Fälligkeit der Vergütung und den Übergang der Beweislast bei Mängeln. Bei der Schlussrate gilt: Wesentliche Mängel verhindern deren Fälligkeit, während unwesentliche Mängel oft nicht zu einer Zurückhaltung der Zahlung führen.
Welche Rechte hat der Bauherr bei Abweichungen von den vereinbarten Maßen?
Bei Maßabweichungen vom Bauvertrag stehen dem Bauherrn verschiedene Rechte zu. Die DIN 18202 „Toleranzen im Hochbau“ definiert dabei die zulässigen Grenzabweichungen. Werden diese Toleranzen überschritten, liegt ein Mangel vor.
Zulässige Toleranzen
Die DIN 18202 legt fest, welche Maßabweichungen noch akzeptabel sind. Wenn Sie beispielsweise eine Wandfläche prüfen, gelten je nach Messpunktabstand unterschiedliche Toleranzwerte. Ein Mangel liegt erst vor, wenn diese Grenzwerte überschritten werden.
Wesentliche Mängel durch Maßabweichungen
Eine erhebliche Maßabweichung stellt einen wesentlichen Mangel dar. Dies ist etwa der Fall, wenn eine Flächenabweichung von über 22% vorliegt. Bei wesentlichen Mängeln können Sie:
- Die Abnahme des Bauwerks verweigern
- Schadensersatz verlangen
- Ihr Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB ausüben
Rechte bei geringfügigen Abweichungen
Auch bei kleineren Maßabweichungen innerhalb der Toleranzgrenzen können Sie Ihre Rechte geltend machen, wenn diese ausdrücklich in der Baubeschreibung zugesichert wurden. In diesem Fall stehen Ihnen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
- Behebung der Abweichung verlangen
- Minderung des Kaufpreises fordern
Die Mängelrüge sollte unmittelbar nach Feststellung der Abweichung erfolgen. Der Bauunternehmer muss dann zunächst die Gelegenheit zur Nachbesserung erhalten. Bei der Beurteilung von Maßabweichungen ist zu beachten, dass nicht jede optische Unregelmäßigkeit einen Mangel darstellt. Lässt sich die Abweichung nur mit der Lupe erkennen, können Sie dafür keine Mängelrechte beanspruchen.
Welche Bedeutung hat die Abnahme für die Fälligkeit der Schlussrate?
Die Abnahme allein führt beim Bauträgervertrag nicht automatisch zur Fälligkeit der Schlussrate. Entscheidend ist vielmehr die vollständige Fertigstellung des Bauvorhabens.
Voraussetzungen für die Fälligkeit
Nach § 3 Abs. 2 MaBV darf ein Bauträger die letzte Rate in Höhe von 3,5% der Vertragssumme erst nach vollständiger Fertigstellung entgegennehmen. Dies bedeutet konkret:
- Sämtliche vertraglich geschuldeten Arbeiten müssen erbracht sein
- Alle im Abnahmeprotokoll vermerkten Mängel müssen beseitigt sein – auch unwesentliche Mängel
- Die Außenanlagen müssen fertiggestellt sein
Besonderheiten bei Mängeln
Wenn Sie bei der Abnahme Mängel festgestellt haben, ist die Schlussrate nicht fällig, solange diese Mängel – auch wenn sie nur unwesentlich sind – nicht vollständig beseitigt wurden. Dies gilt selbst dann, wenn:
- Die Abnahme bereits erfolgt ist
- Die Wohnung bereits übergeben wurde
- Die Mängel das Gemeinschaftseigentum betreffen
Rechtliche Konsequenzen
Der Bauträger trägt die Beweislast für die vollständige Fertigstellung und das Nichtvorhandensein der von Ihnen behaupteten Mängel. Nimmt der Bauträger die Schlussrate vor vollständiger Fertigstellung entgegen, handelt er ordnungswidrig. In diesem Fall können Sie die bereits gezahlte Schlussrate zurückfordern.
Die Regelung dient Ihrem Schutz als Erwerber und stellt sicher, dass der Bauträger auch nach der Abnahme noch einen Anreiz hat, festgestellte Mängel zu beseitigen.
Wann kann der Bauträger Änderungen von der vereinbarten Bauausführung vornehmen?
Ein Bauträger darf Änderungen von der vereinbarten Bauausführung nur unter sehr eng definierten Voraussetzungen vornehmen. Die Änderung muss durch einen triftigen Grund gerechtfertigt sein und dem Erwerber zumutbar sein.
Voraussetzungen für zulässige Änderungen
Ein triftiger Grund liegt vor, wenn die Änderung durch behördliche Auflagen, technisch notwendige Anpassungen oder andere wesentliche Gründe erforderlich wird. Die Gründe müssen dabei so konkret benannt sein, dass Sie als Erwerber die möglichen Änderungen kalkulieren können.
Wenn Sie einen Bauträgervertrag abschließen, achten Sie besonders auf die Formulierung der Änderungsklauseln. Pauschale Änderungsvorbehalte sind unwirksam. Eine Klausel, die dem Bauträger Änderungen bei bloßer „Zweckmäßigkeit“ erlaubt, ist unzulässig.
Grenzen des Änderungsrechts
Der Bauträger darf nicht einfach Materialien oder Ausführungsarten austauschen, nur weil es ihm wirtschaftlich besser passt. Selbst wenn er „gleichwertige“ Materialien verwenden möchte, muss er nachweisen, dass dafür ein triftiger Grund vorliegt.
Ihre Rechte bei unzulässigen Änderungen
Wenn der Bauträger unzulässige Änderungen vornimmt, können Sie die Abnahme verweigern. Bei wesentlichen Abweichungen von der vereinbarten Bauausführung steht Ihnen ein Zurückbehaltungsrecht zu. Stellt der Bauträger beispielsweise statt des vereinbarten Steinzeugs Granit im Treppenhaus ein, kann dies einen erheblichen Mangel darstellen.
Praxisbeispiel
Stellen Sie sich vor, in Ihrem Bauträgervertrag ist eine bestimmte Fassadengestaltung vereinbart. Der Bauträger möchte nun aus Kostengründen ein anderes Material verwenden. Eine solche Änderung wäre nur zulässig, wenn:
- technische Notwendigkeiten vorliegen
- behördliche Auflagen dies erfordern
- die Änderung Ihnen zumutbar ist
Die bloße Kostenersparnis für den Bauträger reicht als Begründung nicht aus.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Bauträgervertrag
Ein spezieller Vertrag im Immobilienrecht, bei dem sich ein Bauträger verpflichtet, sowohl ein Grundstück zu übereignen als auch darauf ein Gebäude zu errichten. Der Bauträger ist dabei Verkäufer und Bauunternehmer in einem. Der Vertrag unterliegt besonderen gesetzlichen Anforderungen nach § 650u BGB und der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV). Beim Kauf „vom Plan“ muss der Käufer meist Abschlagszahlungen nach Baufortschritt leisten. Beispiel: Ein Bauträger verkauft ein noch zu errichtendes Reihenhaus inklusive Grundstück an einen Käufer.
Wesentlicher Baumangel
Eine erhebliche Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit oder eine deutliche Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit eines Bauwerks nach § 633 BGB. Der Mangel muss dabei so schwerwiegend sein, dass er die normale Nutzung des Gebäudes spürbar einschränkt oder den Wert deutlich mindert. Anders als bei unwesentlichen Mängeln kann der Käufer hier die Abnahme verweigern oder Zahlungen zurückhalten. Beispiel: Ein deutlich zu kleiner Carport, der das Ein- und Ausladen erheblich erschwert.
Abnahme
Der rechtlich bedeutsame Moment, in dem der Auftraggeber das fertiggestellte Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß anerkennt (§ 640 BGB). Mit der Abnahme beginnt die Gewährleistungsfrist, die Beweislast kehrt sich um und die Vergütung wird fällig. Die Abnahme kann trotz kleinerer Mängel erfolgen, bei wesentlichen Mängeln darf sie verweigert werden. Beispiel: Der Käufer eines Hauses bestätigt durch Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls, dass das Haus im Wesentlichen mangelfrei ist.
Schlussrate
Die letzte Teilzahlung des vereinbarten Kaufpreises bei einem Bauträgervertrag nach § 3 MaBV. Sie wird üblicherweise erst nach vollständiger Fertigstellung und mangelfreier Abnahme des Bauwerks fällig. Die Schlussrate dient als wichtiges Druckmittel des Käufers zur Durchsetzung von Mängelbeseitigungsansprüchen. Beispiel: 10% des Kaufpreises werden als Schlussrate erst nach vollständiger Beseitigung aller wesentlichen Mängel fällig.
Fälligkeit
Der Zeitpunkt, ab dem eine Forderung vom Gläubiger verlangt und eingeklagt werden kann (§ 271 BGB). Bei Bauträgerverträgen tritt die Fälligkeit der Schlussrate erst ein, wenn das Bauwerk vertragsgemäß fertiggestellt ist und keine wesentlichen Mängel mehr aufweist. Beispiel: Die Schlussrate wird erst fällig, wenn der zu kleine Carport auf die vertraglich vereinbarte Größe erweitert wurde.
Nachbesserung
Das Recht des Verkäufers/Bauträgers, einen Mangel durch Reparatur oder Neuherstellung zu beseitigen (§ 635 BGB). Dies ist vorrangig vor anderen Gewährleistungsrechten wie Minderung oder Rücktritt. Der Käufer muss dem Bauträger grundsätzlich die Chance zur Nachbesserung geben. Beispiel: Der Bauträger erhält die Gelegenheit, die zu kleine Duschtasse durch eine vertragsgemäße zu ersetzen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaBV (Makler- und Bauträgerverordnung): Hier wird definiert, dass der Begriff der „vollständigen Fertigstellung“ im Bauträgerrecht sich nicht nur auf die erbrachten Arbeiten, sondern auch auf die Mängelfreiheit bezieht, wenn diese wesentlich sind. Der vorliegende Fall zeigt, dass wesentliche Mängel, wie die Abweichungen bei der Größe des Carports oder der Ausführung der Brüstung, die Fälligkeit der Schlussrate verhindern. Dies entspricht der überwiegenden Rechtsprechung, die eine Abnahmereife für die vollständige Fertigstellung voraussetzt.
- § 633 Abs. 2 BGB (Mängelhaftung beim Werkvertrag): Dieser Paragraph regelt, dass ein Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln sein muss, um als vertragsgemäß erfüllt zu gelten. Die bestehenden Mängel an Carport, Parkett und Brüstung stellen Sachmängel dar, die die Fertigstellung verhindern. Da der Bauträgervertrag eine Beschaffenheitsvereinbarung enthält, wird deutlich, dass die Abweichungen als Vertragsverletzungen zu werten sind.
- § 5 Nr. 3 des Bauträgervertrags: Diese Vertragsklausel spezifiziert, dass die letzte Rate erst nach „vollständiger Fertigstellung einschließlich Fassadenarbeiten“ fällig ist. Da wesentliche Mängel vorliegen, ist die Bedingung der vollständigen Fertigstellung nicht erfüllt. Im Kontext des Falls ergibt sich, dass die nicht behobenen Mängel die vertragliche Leistungspflicht des Bauträgers betreffen, wodurch die Fälligkeit der Schlussrate entfällt.
- § 286 ZPO (Beweiswürdigung): Im Prozessrecht wird geregelt, dass das Gericht Beweise in freier Würdigung zu bewerten hat. Im Fall wurde kein Sachverständigengutachten eingeholt, da die wesentlichen Mängel als unstreitig gelten. Dies ist relevant, da die Beweisaufnahme nur erforderlich ist, wenn strittige Tatsachen vorliegen, was hier nicht gegeben war.
- § 308 Nr. 4 BGB (Unangemessene Benachteiligung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen): Diese Norm verbietet Klauseln, die den Vertragspartner unangemessen benachteiligen. Die von der Klägerin verwendete Klausel im Bauträgervertrag, die Änderungen bei der Ausführung erlaubt, darf keine wert- oder gebrauchsmindernden Abweichungen rechtfertigen. Im vorliegenden Fall haben die Mängel jedoch zu einer Minderung des Nutzwerts geführt, was gegen diese Vorschrift verstößt.
Das vorliegende Urteil
OLG Frankfurt – Az.: 22 U 213/23 – Urteil vom 25.11.2024
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