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Bauträger hat Hinweispflicht wenn Bauteil wartungsbedürftig ist

In Dachau spitzt sich ein Streit zwischen Wohnungseigentümern und einem Bauträger zu: Wer trägt die Verantwortung, wenn anscheinend versteckte Mängel im Gemeinschaftseigentum auftauchen und jahrelange Rechtsstreitigkeiten entfachen? Das Oberlandesgericht München hat nun ein Machtwort gesprochen und die Hinweispflichten der Bauträger in den Fokus gerückt – ein Urteil, das für viele Wohnungseigentümergemeinschaften bundesweit von Bedeutung sein könnte.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG München
  • Datum: 06.11.2024
  • Aktenzeichen: 28 U 4178/23 Bau
  • Verfahrensart: Beschluss im Bauverfahren zur Mängelbeseitigung
  • Rechtsbereiche: Baurecht, Werkvertragsrecht
  • Beteiligte Parteien:
    • Klägerin: Partei, die Mängel am Gemeinschaftseigentum der Wohnanlage beanstandet. Sie ließ ein Selbständiges Beweisverfahren durchführen, in dessen Rahmen ein Sachverständigengutachten erstellt wurde, und erhielt auf dieser Grundlage eine Verurteilung der Bauträgerin zur Mängelbeseitigung durch das Landgericht München II.
    • Bauträgerin: Bauträgerin, die Eigentumswohnungen an die Mitglieder der Klägerin verkaufte und mit der Beseitigung der am Gemeinschaftseigentum festgestellten Mängel befasst ist. Sie wurde durch das Urteil des Landgerichts München II zur Mängelbeseitigung verpflichtet und hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, indem sie vor allem verschiedene Fehler rügt.
  • Um was ging es?
    • Sachverhalt: Es geht um den Streit, ob Mängel am Gemeinschaftseigentum einer Wohnanlage beseitigt werden müssen. Nachdem die Eigentümerseite Mängel festgestellt und ein entsprechendes Beweisverfahren mit Erstellung eines Sachverständigengutachtens durchgeführt hatte, verurteilte das Landgericht München II die Bauträgerin zur Mängelbeseitigung.
    • Kern des Rechtsstreits: Es wird darüber gestritten, ob die Bauträgerin aufgrund vertraglicher und gesetzlicher Gewährleistungsansprüche zur Beseitigung der festgestellten Mängel am Gemeinschaftseigentum verpflichtet ist und ob die Ansprüche der Klägerin nicht verjährt sind.
  • Was wurde entschieden?
    • Entscheidung: Der vorliegende Beschluss des OLG München befasst sich mit der Berufung der Bauträgerin gegen das Urteil des Landgerichts München II. Eine abschließende Entscheidung über die vorgebrachten Rügen ist dem vorliegenden Auszug nicht zu entnehmen.
    • Folgen: Aus dem vorliegenden Beschluss lassen sich keine konkreten Folgen für die Beteiligten ableiten.

Der Fall vor Gericht


Oberlandesgericht München bestätigt Hinweispflicht für Bauträger bei wartungsbedürftigen Bauteilen

Entwickler prüft Baupläne im Flur eines deutschen Wohnhauses; Mieter beobachtet erwartungsvoll.
Hinweispflicht und Mängelbeseitigungspflicht von Bauträgern. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Oberlandesgericht München (OLG) hat mit einem Beschluss vom 06. November 2024 (Az.: 28 U 4178/23 Bau) ein Urteil des Landgerichts München II bestätigt, welches eine Bauträgerin zur Mängelbeseitigung am Gemeinschaftseigentum einer Wohnanlage in Dachau verurteilt. Der Beschluss des OLG unterstreicht die Hinweispflicht von Bauträgern bezüglich der Wartungsbedürftigkeit von Bauteilen und bekräftigt die Rechte von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) bei Baumängeln. Das Gericht wies die Berufung der Bauträgerin als offensichtlich aussichtslos zurück und bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanz in vollem Umfang.

Hintergrund des Rechtsstreits: Streit um Baumängel in Wohnanlage

Im Zentrum des Rechtsstreits steht eine Wohnanlage in Dachau, deren Eigentumswohnungen von der beklagten Bauträgerin an die Mitglieder der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft verkauft wurden. Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums erfolgte bereits im November 2009 durch den Verwalter. Nachdem private Gutachter Mängel feststellten, leitete die WEG im Jahr 2014 ein selbstständiges Beweisverfahren ein. Dieses Verfahren diente der Klärung der Mangelhaftigkeit des Gemeinschaftseigentums durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen. Nach Abschluss des Beweisverfahrens im Jahr 2019 erhob die WEG schließlich Klage auf Mängelbeseitigung gegen die Bauträgerin.

Entscheidung des Landgerichts: Bauträgerin zur Mängelbeseitigung verurteilt

Das Landgericht München II gab der Klage der Wohnungseigentümergemeinschaft statt und verurteilte die Bauträgerin zur Beseitigung verschiedener Mängel am Gemeinschaftseigentum. Das Gericht stützte sich dabei maßgeblich auf die Gutachten der Sachverständigen, die im Beweisverfahren erstellt wurden. Das Landgericht sah einen Anspruch auf Mängelbeseitigung gemäß §§ 633, 634 Nr. 1, § 635 BGB als gegeben an und wies die Einrede der Verjährung durch die Bauträgerin zurück.

Berufung der Bauträgerin: Vielfältige Einwände gegen das Urteil

Die Bauträgerin legte gegen das Urteil des Landgerichts Berufung zum Oberlandesgericht München ein und rügte eine Reihe von Fehlern des Erstgerichts. Ihre Argumentation umfasste insgesamt elf Punkte, die sich gegen die Feststellung der Mängel und die daraus resultierende Verurteilung zur Mängelbeseitigung richteten. Die zentralen Einwände der Bauträgerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Vorwurf fehlender Wartung des Betonbodens in der Tiefgarage

Ein zentraler Punkt der Berufung betraf den Betonboden der Tiefgarage. Die Bauträgerin argumentierte, dass sie nicht für die Mängel haften könne, da die WEG trotz Hinweises die notwendige Wartung des Betonbodens unterlassen habe. Sie beantragte die Vernehmung eines Zeugen, um diesen Hinweis zu beweisen. Das Landgericht hatte diesem Beweisantrag jedoch nicht stattgegeben.

Kritik an der Dimensionierung der Wärmepumpe und dem „Stand der Technik“

Die Bauträgerin bemängelte die Feststellung eines Mangels hinsichtlich der Dimensionierung der Wärmepumpe. Sie argumentierte, dass die notwendige Temperatur mit einem Heizschwert erreicht werden könne und es im Jahr 2009 nicht dem Stand der Technik entsprochen habe, dass eine Wärmepumpe ohne Heizschwert dauerhaft mehr als 60 Grad erreiche. Sie forderte die Einholung eines Obergutachtens zu dieser Frage.

„Neu für Alt“ bei Austausch der Wärmepumpe gefordert

Im Zusammenhang mit der Wärmepumpe brachte die Bauträgerin den Grundsatz „neu für alt“ ins Spiel. Da die Lebensdauer einer Wärmepumpe begrenzt sei (15-20 Jahre), sei dies bei einem möglichen Austausch zu berücksichtigen, so die Argumentation.

Einwand der zu hohen Heizwasserhärte zum Zeitpunkt der Begutachtung

Die Bauträgerin rügte, dass das Landgericht ihrem Beweisangebot nicht nachgekommen sei, wonach die Heizanlage ursprünglich mit entsalztem Wasser befüllt worden sei. Sie argumentierte, dass die zum Zeitpunkt der sachverständigen Überprüfung zu hohe Heizwasserhärte die Beurteilung der Anlage beeinflusst haben könnte.

Kein Erfordernis für Wärmemengenzähler im Jahr 2009

Die Bauträgerin stellte infrage, ob im Jahr 2009 nach den anerkannten Regeln der Technik überhaupt ein Erfordernis für Wärmemengenzähler bestanden habe. Zudem wies sie darauf hin, dass jede Wohnung über einen solchen Zähler verfüge.

Hydraulischer Abgleich und Steigstrangregulierung

Bezüglich der Steigstrangregulierung argumentierte die Bauträgerin, dass ein hydraulischer Abgleich bei Bezug vorgenommen worden sei, was sie unter Beweis gestellt habe. Sie betonte, dass jeder Eigentümer eigenverantwortlich Einstellungen an den Regulierungen vornehmen könne.

Dämmung von Armaturen, Ventilen und Leitungen nach ENV 2009

Die Bauträgerin wandte sich gegen die Feststellung von Mängeln in Bezug auf die Wärmedämmung von Armaturen, Ventilen und Steigstrangzirkulationsregulierventilen. Sie argumentierte, dass die entsprechenden Dämmungen nach der Energieeinsparverordnung (ENV) 2009 noch nicht vorgeschrieben gewesen seien.

Brandschutzkonformität der Kunststoffabwasserleitung

Bezüglich der Kunststoffabwasserleitung wies die Bauträgerin darauf hin, dass eine brandschutzrechtliche Genehmigung vorliege und die Leitung daher nicht als nicht brandschutzkonform angesehen werden könne.

Eigentum an Wasserzählern und Änderungsmöglichkeit

Die Bauträgerin argumentierte, dass die Wasserzähler im Eigentum der Stadt Dachau stünden und sie daher keine Änderungen daran vornehmen könne.

Fehlerhafte Beweiswürdigung bezüglich des Absperrschiebers

Schließlich bemängelte die Bauträgerin die Beweiswürdigung des Landgerichts in Bezug auf den Absperrschieber. Sie argumentierte, dass dem Sachverständigengutachten keine Fehlerhaftigkeit des Absperrschiebers entnommen werden könne.

Entscheidung des OLG München: Berufung als aussichtslos verworfen

Das Oberlandesgericht München wies die Berufung der Bauträgerin jedoch als offensichtlich aussichtslos zurück (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Der Senat schloss sich der „sorgfältigen und in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts“ an und betonte, dass das Urteil des Landgerichts keine Rechtsverletzung darstelle. Das OLG bestätigte somit in vollem Umfang die Entscheidung der Vorinstanz und bekräftigte den Anspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Mängelbeseitigung.

Bedeutung des Urteils für Betroffene: Stärkung der Rechte von Wohnungseigentümern

Das Urteil des Oberlandesgerichts München hat eine erhebliche Bedeutung für Wohnungseigentümergemeinschaften und Bauträger. Es unterstreicht die umfassende Verantwortung von Bauträgern für die Mangelfreiheit des Gemeinschaftseigentums und bestätigt die Rechte von Wohnungseigentümern auf Mängelbeseitigung. Besonders hervorzuheben ist die Bestätigung der Hinweispflicht von Bauträgern bezüglich wartungsbedürftiger Bauteile. Versäumen Bauträger es, auf solche Wartungsbedürfnisse hinzuweisen, können sie sich im Nachhinein nicht auf eine unterlassene Wartung durch die WEG berufen, um sich ihrer Mängelbeseitigungspflicht zu entziehen. Das Urteil stärkt somit die Position von Wohnungseigentümergemeinschaften in Auseinandersetzungen mit Bauträgern und verdeutlicht, dass Bauträger nicht nur mangelfreie Bauwerke schulden, sondern auch über deren sachgerechte Nutzung und Wartung aufklären müssen. Für Wohnungseigentümergemeinschaften bedeutet dies, dass sie im Falle von Baumängeln weiterhin gute Chancen haben, ihre Ansprüche auf Mängelbeseitigung erfolgreich durchzusetzen, auch wenn die Bauträger versuchen, sich durch technische oder formale Einwände aus der Verantwortung zu ziehen. Gleichzeitig mahnt das Urteil Bauträger, ihrer Informationspflicht ernst zu nehmen und die Käufer umfassend über alle relevanten Aspekte der Immobilie, einschließlich der notwendigen Wartungsmaßnahmen, aufzuklären.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil bestätigt, dass Bauträger für Mängel am Gemeinschaftseigentum verantwortlich bleiben, auch wenn keine Wartungsvereinbarungen abgeschlossen wurden – sofern diese Wartungsnotwendigkeit nicht explizit im ursprünglichen Vertrag vereinbart war. Besonders bedeutsam ist die Klarstellung, dass nachträgliche mündliche Hinweise auf Wartungsbedarf die Mängelhaftung des Bauträgers nicht aufheben können, wenn die vertragliche Sollbeschaffenheit dies nicht vorsah. Das Urteil stärkt die Position von Wohnungseigentümergemeinschaften, die sich gegen Bauträger durchsetzen wollen, indem es verdeutlicht, dass die Vollständigkeitsvermutung schriftlicher Verträge gilt und die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden technischen Standards maßgeblich sind.

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Klare Perspektiven bei Baumängeln im Gemeinschaftseigentum?

In Fällen, in denen Fragen zur Hinweispflicht und Mängelbeseitigung bei Bauträgern auftreten, stellen sich oft grundlegende Unsicherheiten hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen ein. Gerade wenn die Verantwortlichkeit und die Erfüllung bautechnischer Wartungspflichten in den Mittelpunkt rücken, ist es wichtig, die Situation differenziert und sachlich zu überprüfen.

Wir unterstützen Sie dabei, Ihren konkreten Fall präzise zu erfassen und fundiert zu bewerten. Durch eine individuelle Analyse der bestehenden Umstände erhalten Sie einen klaren Überblick über Ihre rechtlichen Möglichkeiten und Interessen. Kontaktieren Sie uns, um gemeinsam einen Weg zu finden, der Ihren Bedürfnissen gerecht wird.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Möglichkeiten hat eine Wohnungseigentümergemeinschaft zur Durchsetzung von Mängelbeseitigungsansprüchen gegen den Bauträger?

Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) verfügt über verschiedene Möglichkeiten, um Mängelbeseitigungsansprüche gegen den Bauträger durchzusetzen. Diese reichen von außergerichtlichen Maßnahmen bis hin zu gerichtlichen Schritten.

Vergemeinschaftung der Mängelrechte

Zunächst ist es wichtig zu verstehen, dass die WEG die Mängelrechte am Gemeinschaftseigentum durch einen Mehrheitsbeschluss an sich ziehen kann. Dies wird als Vergemeinschaftung bezeichnet. Dadurch erhält die WEG die alleinige Zuständigkeit für die Geltendmachung dieser Ansprüche. Wenn Sie als Eigentümer Mängel am Gemeinschaftseigentum feststellen, sollten Sie dies umgehend dem Verwalter und den anderen Eigentümern mitteilen.

Außergerichtliche Maßnahmen

Der erste Schritt zur Durchsetzung von Mängelbeseitigungsansprüchen ist in der Regel die außergerichtliche Mängelrüge. Hierbei fordert die WEG den Bauträger schriftlich zur Beseitigung der festgestellten Mängel auf. Dabei wird eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt. Diese Aufforderung sollte detailliert die vorhandenen Mängel beschreiben und kann von einem Sachverständigengutachten begleitet werden.

Beweissicherungsverfahren

Sollte der Bauträger nicht kooperativ reagieren, kann die WEG ein selbstständiges Beweisverfahren (früher Beweissicherungsverfahren) beim zuständigen Gericht beantragen. Dieses Verfahren dient dazu, den aktuellen Zustand des Gemeinschaftseigentums durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen feststellen zu lassen. Es sichert Beweise und kann als Grundlage für weitere rechtliche Schritte dienen.

Gerichtliche Durchsetzung

Wenn außergerichtliche Bemühungen erfolglos bleiben, kann die WEG gerichtliche Schritte einleiten. Dazu gehören:

  1. Klage auf Mängelbeseitigung: Die WEG kann den Bauträger auf Beseitigung der Mängel verklagen.
  2. Kostenvorschussklage: Alternativ kann ein Vorschuss für die Kosten der Mängelbeseitigung eingeklagt werden.
  3. Schadensersatzklage: Bei erheblichen Mängeln oder Verzögerungen kann die WEG Schadensersatz fordern.

Rolle des Verwalters und der Eigentümerversammlung

Der WEG-Verwalter spielt eine zentrale Rolle bei der Durchsetzung von Mängelbeseitigungsansprüchen. Er muss die Eigentümer über festgestellte Mängel informieren und auf einen sachgerechten Beschluss über das weitere Vorgehen hinwirken. Die Eigentümerversammlung muss dann durch Mehrheitsbeschluss entscheiden, ob und wie die Ansprüche geltend gemacht werden sollen.

Fristen und Verjährung

Beachten Sie, dass für die Geltendmachung von Mängelbeseitigungsansprüchen Fristen gelten. Die regelmäßige Verjährungsfrist für Mängel am Bauwerk beträgt fünf Jahre ab Abnahme. Es ist daher wichtig, Mängel frühzeitig zu erkennen und zu melden.

Kosten und Risiken

Die Durchsetzung von Mängelbeseitigungsansprüchen kann mit erheblichen Kosten verbunden sein, insbesondere wenn ein Gerichtsverfahren notwendig wird. Diese Kosten müssen zunächst von der WEG getragen werden, können aber im Erfolgsfall vom Bauträger zurückgefordert werden. Es besteht jedoch immer das Risiko, dass ein Verfahren nicht erfolgreich ist und die WEG auf den Kosten sitzen bleibt.

Durch die Kenntnis dieser Möglichkeiten und Verfahren können Sie als Wohnungseigentümer aktiv dazu beitragen, dass Ihre WEG effektiv gegen Mängel am Gemeinschaftseigentum vorgeht und ihre Rechte gegenüber dem Bauträger durchsetzt.


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Wie unterscheiden sich Gewährleistungsansprüche von mangelnder Erfüllung von Hinweispflichten durch den Bauträger?

Gewährleistungsansprüche und Ansprüche aus der Verletzung von Hinweispflichten durch den Bauträger unterscheiden sich in ihren rechtlichen Grundlagen, Voraussetzungen und Folgen erheblich.

Gewährleistungsansprüche

Gewährleistungsansprüche entstehen, wenn das vom Bauträger errichtete Bauwerk Mängel aufweist. Diese Ansprüche basieren auf dem Werkvertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Wenn Sie als Wohnungseigentümer Mängel an Ihrem Objekt feststellen, haben Sie grundsätzlich einen Anspruch auf Nacherfüllung, also die Beseitigung des Mangels durch den Bauträger.

Die Gewährleistungsfrist für Bauwerke beträgt in der Regel fünf Jahre ab der Abnahme des Objekts. In dieser Zeit müssen Sie als Eigentümer auftretende Mängel dem Bauträger anzeigen und ihn zur Nachbesserung auffordern. Kommt der Bauträger dieser Aufforderung nicht nach, können Sie weitere Rechte geltend machen, wie etwa Minderung des Kaufpreises oder in schwerwiegenden Fällen sogar den Rücktritt vom Vertrag.

Verletzung von Hinweispflichten

Die Hinweispflicht des Bauträgers ergibt sich aus seiner Rolle als Fachmann. Er muss Sie als Auftraggeber auf mögliche Risiken oder notwendige Wartungsarbeiten hinweisen. Wenn der Bauträger diese Pflicht verletzt, kann dies zu Schadensersatzansprüchen führen.

Ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, der Bauträger unterlässt es, Sie auf die Notwendigkeit regelmäßiger Wartung der Lüftungsanlage hinzuweisen. Wenn dadurch Schäden entstehen, könnte der Bauträger dafür haftbar gemacht werden, auch wenn die Anlage selbst mangelfrei installiert wurde.

Wesentliche Unterschiede

  1. Rechtsgrundlage: Gewährleistungsansprüche basieren auf dem Werkvertragsrecht, während Ansprüche aus verletzten Hinweispflichten oft dem allgemeinen Schadensersatzrecht zuzuordnen sind.
  2. Anspruchsvoraussetzungen: Für Gewährleistungsansprüche muss ein Mangel am Bauwerk vorliegen. Bei verletzten Hinweispflichten reicht es aus, dass der Bauträger eine notwendige Information nicht mitgeteilt hat.
  3. Beweislast: Bei Gewährleistungsansprüchen müssen Sie als Eigentümer den Mangel nachweisen. Bei verletzten Hinweispflichten müssen Sie darlegen, dass der Bauträger eine wichtige Information schuldig geblieben ist.
  4. Verjährungsfristen: Die Gewährleistungsfrist beträgt in der Regel fünf Jahre. Ansprüche aus verletzten Hinweispflichten können unter Umständen länger geltend gemacht werden, da sie oft erst später erkennbar werden.

Praktische Bedeutung für Wohnungseigentümer

Für Sie als Wohnungseigentümer ist es wichtig, beide Aspekte im Blick zu behalten. Wenn Sie Mängel an Ihrem Objekt feststellen, sollten Sie zunächst prüfen, ob es sich um einen Baumangel handelt, für den der Bauträger im Rahmen der Gewährleistung haftet. Gleichzeitig sollten Sie darauf achten, ob der Bauträger Sie ausreichend über notwendige Wartungs- und Pflegemaßnahmen informiert hat.

In beiden Fällen ist eine sorgfältige Dokumentation wichtig. Halten Sie Mängel schriftlich und mit Fotos fest. Bewahren Sie auch alle Unterlagen und Informationen auf, die Sie vom Bauträger erhalten haben. Dies kann Ihnen helfen, Ihre Ansprüche im Streitfall durchzusetzen.

Bedenken Sie, dass die Unterscheidung zwischen Gewährleistungsansprüchen und Ansprüchen aus verletzten Hinweispflichten in der Praxis oft fließend sein kann. Ein Mangel kann beispielsweise sowohl auf fehlerhafter Bauausführung als auch auf unterlassenen Wartungshinweisen beruhen. In solchen Fällen kann es ratsam sein, beide Anspruchsgrundlagen zu prüfen und geltend zu machen.


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Welche Bedeutung hat ein selbstständiges Beweisverfahren bei Mängeln am Gemeinschaftseigentum?

Ein selbstständiges Beweisverfahren hat eine große Bedeutung für Wohnungseigentümergemeinschaften bei der Feststellung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum. Es ermöglicht eine schnelle und gerichtsfeste Klärung von Baumängeln, noch bevor ein regulärer Zivilprozess eingeleitet wird.

Ablauf und Vorteile des Verfahrens

Wenn Sie als Wohnungseigentümer Mängel am Gemeinschaftseigentum vermuten, können Sie oder die Wohnungseigentümergemeinschaft ein selbstständiges Beweisverfahren beim zuständigen Gericht beantragen. Das Gericht beauftragt dann einen neutralen, gerichtlich bestellten Sachverständigen mit der Begutachtung der Mängel.

Stellen Sie sich vor, in Ihrem Wohnkomplex treten Risse in den Außenwänden auf. Durch das selbstständige Beweisverfahren können diese Mängel zeitnah dokumentiert werden, bevor sie möglicherweise durch Witterungseinflüsse oder Reparaturversuche verändert werden. Der Sachverständige untersucht die Risse, stellt ihre Ursachen fest und dokumentiert den aktuellen Zustand in einem Gutachten.

Beweiskraft und strategische Vorteile

Das im selbstständigen Beweisverfahren erstellte Gutachten hat eine hohe Beweiskraft in einem möglichen späteren Gerichtsverfahren. Im Gegensatz zu einem privat beauftragten Gutachten kann es nicht als parteiisch abgetan werden. Dies stärkt Ihre Position erheblich, wenn Sie später Ansprüche gegen den Bauträger oder andere Verantwortliche geltend machen möchten.

Ein weiterer strategischer Vorteil liegt in der Verjährungshemmung. Durch die Einleitung des selbstständigen Beweisverfahrens wird die Verjährung Ihrer Ansprüche gehemmt. Das bedeutet, Sie gewinnen Zeit für mögliche Verhandlungen oder die Vorbereitung einer Klage, ohne befürchten zu müssen, dass Ihre Ansprüche in der Zwischenzeit verjähren.

Kosten und Kostenverteilung

Die Kosten für das selbstständige Beweisverfahren sind in der Regel geringer als die eines vollständigen Gerichtsverfahrens. Zunächst müssen Sie als Antragsteller einen Kostenvorschuss für das Gutachten leisten. Die endgültige Kostenverteilung hängt vom Ausgang eines möglichen Hauptsacheverfahrens ab. Wenn sich die Mängel bestätigen und Sie in einem späteren Prozess Recht bekommen, müssen die Kosten des Beweisverfahrens von der unterlegenen Partei getragen werden.

Bedeutung für die Mängelbeseitigung

Das selbstständige Beweisverfahren kann die Mängelbeseitigung beschleunigen. Oft führt das neutrale Gutachten dazu, dass der Bauträger oder andere Verantwortliche die festgestellten Mängel freiwillig beseitigen, um einen kostspieligen Rechtsstreit zu vermeiden. In einem solchen Fall profitieren Sie von einer schnellen Lösung des Problems, ohne ein langwieriges Gerichtsverfahren durchlaufen zu müssen.

Beachten Sie, dass das selbstständige Beweisverfahren die Hinweispflicht des Bauträgers nicht ersetzt. Der Bauträger bleibt verpflichtet, Sie über bekannte Mängel am Gemeinschaftseigentum zu informieren. Das Beweisverfahren dient vielmehr dazu, strittige oder unentdeckte Mängel aufzuklären und zu dokumentieren.


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Wie lange haftet ein Bauträger für Mängel am Gemeinschaftseigentum und wann beginnt die Verjährungsfrist?

Die Haftung des Bauträgers für Mängel am Gemeinschaftseigentum erstreckt sich grundsätzlich über einen Zeitraum von 5 Jahren. Diese Frist beginnt mit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer.

Beginn der Verjährungsfrist

Der Verjährungsbeginn ist bei Wohnungseigentumsanlagen komplex, da jeder einzelne Eigentümer das Gemeinschaftseigentum abnehmen muss. Die Verjährungsfrist für Mängelansprüche am Gemeinschaftseigentum beginnt erst mit der Abnahme durch den letzten Erwerber. Dies kann zu einer erheblichen Verlängerung der Haftungszeit des Bauträgers führen.

Wenn Sie als Wohnungseigentümer eine Eigentumswohnung erwerben, sollten Sie beachten: Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums kann nicht durch Dritte, wie etwa einen Sachverständigen oder die Hausverwaltung, erfolgen. Eine solche Klausel im Kaufvertrag ist unwirksam.

Besonderheiten der Verjährung

In bestimmten Fällen kann die Verjährungsfrist gehemmt oder unterbrochen werden:

  1. Hemmung: Wenn Sie als Wohnungseigentümergemeinschaft mit dem Bauträger über Mängel verhandeln, wird die Verjährung gehemmt.
  2. Unterbrechung: Durch die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens oder die Erhebung einer Klage wird die Verjährung unterbrochen.

Verlängerte Haftung bei fehlender Abnahme

Wichtig für Sie als Wohnungseigentümer: Wenn keine wirksame Abnahme des Gemeinschaftseigentums erfolgt ist, kann sich die Haftung des Bauträgers deutlich verlängern. In solchen Fällen verjähren die Mängelansprüche möglicherweise erst nach 10 Jahren ab Vertragsschluss. Diese Frage ist jedoch rechtlich umstritten, und einige Gerichte gehen sogar von einer unbegrenzten Haftung aus.

Hinweispflicht und Mängelbeseitigungspflicht

Als Wohnungseigentümer haben Sie das Recht und die Pflicht, Mängel am Gemeinschaftseigentum dem Verwalter anzuzeigen. Der Bauträger ist verpflichtet, festgestellte Mängel auf seine Kosten zu beseitigen, und zwar innerhalb einer angemessenen Frist, die ihm von den Berechtigten gesetzt wird.

Beachten Sie: Die Geltendmachung von Mängelrechten am Gemeinschaftseigentum obliegt in der Regel der Wohnungseigentümergemeinschaft als Ganzes. Ein einzelner Eigentümer kann zwar die Beseitigung von Mängeln verlangen, aber keine weitergehenden Rechte wie Minderung oder Schadensersatz geltend machen.


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Welche rechtlichen Verpflichtungen haben Bauträger bezüglich Hinweisen auf wartungsbedürftige Bauteile?

Bauträger haben eine umfassende Hinweispflicht bezüglich wartungsbedürftiger Bauteile gegenüber den Käufern ihrer Immobilien. Diese Verpflichtung ergibt sich aus dem Werkvertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und der Rechtsprechung.

Gesetzliche Grundlage der Hinweispflicht

Die Hinweispflicht des Bauträgers basiert auf § 633 BGB, wonach der Unternehmer das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen hat. In Verbindung mit § 242 BGB (Treu und Glauben) ergibt sich daraus die Verpflichtung, den Käufer über alle wesentlichen Eigenschaften des Bauwerks zu informieren.

Wenn Sie eine Immobilie von einem Bauträger erwerben, können Sie erwarten, dass dieser Sie über wartungsbedürftige Bauteile aufklärt. Der Bauträger muss Sie spätestens bei der Übergabe der Immobilie umfassend über notwendige Wartungsarbeiten informieren.

Umfang der Hinweispflicht

Die Hinweispflicht des Bauträgers umfasst:

  • Identifikation wartungsbedürftiger Bauteile: Der Bauträger muss alle Bauteile benennen, die regelmäßiger Wartung bedürfen.
  • Wartungsintervalle: Er muss angeben, in welchen Zeitabständen Wartungen durchzuführen sind.
  • Wartungsumfang: Die erforderlichen Wartungsarbeiten sind zu beschreiben.
  • Konsequenzen unterlassener Wartung: Der Bauträger muss auf mögliche Folgen hinweisen, wenn Wartungen nicht durchgeführt werden.

Konsequenzen bei Nichterfüllung der Hinweispflicht

Kommt der Bauträger seiner Hinweispflicht nicht oder nur unzureichend nach, kann dies rechtliche Konsequenzen haben:

  1. Verlängerung der Gewährleistungsfrist: Bei fehlenden Wartungshinweisen kann sich die Gewährleistungsfrist für betroffene Bauteile von zwei auf fünf Jahre verlängern.
  2. Haftung für Schäden: Treten Schäden auf, die bei ordnungsgemäßer Wartung vermeidbar gewesen wären, kann der Bauträger dafür haftbar gemacht werden.
  3. Mangelhafte Leistung: Das Fehlen von Wartungshinweisen kann als Mangel der Bauleistung gewertet werden, was Mängelbeseitigungsansprüche auslösen kann.

Stellen Sie sich vor, Sie kaufen eine Immobilie mit einer komplexen Lüftungsanlage. Wenn der Bauträger Sie nicht über die notwendige regelmäßige Wartung informiert, könnten Sie nach einigen Jahren Probleme mit der Anlage bekommen. In diesem Fall könnten Sie den Bauträger möglicherweise für die Reparaturkosten haftbar machen.

Abgrenzung zur Mängelbeseitigungspflicht

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Hinweispflicht des Bauträgers von seiner Mängelbeseitigungspflicht zu unterscheiden ist. Während die Hinweispflicht sich auf die Information über notwendige Wartungen bezieht, betrifft die Mängelbeseitigungspflicht tatsächliche Defekte am Bauwerk.

Wenn Sie als Käufer die empfohlenen Wartungen nicht durchführen, kann dies Ihre Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Bauträger einschränken. Daher ist es in Ihrem eigenen Interesse, den Wartungsempfehlungen zu folgen und dies zu dokumentieren.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Bauträger

Ein Bauträger ist ein Unternehmen, das Grundstücke bebaut und die entstandenen Gebäude oder Wohnungen verkauft, bevor oder während sie errichtet werden. Bauträger übernehmen die gesamte Projektentwicklung einschließlich Planung, Finanzierung und Ausführung. Sie tragen die rechtliche Verantwortung für die ordnungsgemäße Erstellung des Bauwerks gemäß den vertraglichen Vereinbarungen und gesetzlichen Vorgaben. Die rechtliche Grundlage für Bauträgerverträge bildet die Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) sowie das Werkvertragsrecht des BGB (§§ 631 ff. BGB).

Beispiel: Ein Bauträger erwirbt ein Grundstück, plant darauf eine Wohnanlage mit mehreren Eigentumswohnungen, beauftragt die Baufirmen und verkauft die Wohnungen dann an einzelne Käufer, die später die Wohnungseigentümergemeinschaft bilden.


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Hinweispflicht

Die Hinweispflicht bezeichnet die gesetzliche Verpflichtung eines Vertragspartners (hier des Bauträgers), den anderen Partner über wichtige Umstände zu informieren, die für dessen Entscheidung relevant sind. Bei Bauträgern umfasst dies insbesondere Informationen über wartungsbedürftige Bauteile und deren Pflege. Die Hinweispflicht ergibt sich aus den §§ 241, 242 BGB (Treu und Glauben) sowie aus der werkvertraglichen Beratungspflicht nach § 631 BGB. Eine Verletzung dieser Pflicht kann Schadensersatzansprüche begründen.

Beispiel: Ein Bauträger muss die Käufer ausdrücklich darauf hinweisen, wenn eingebaute Lüftungsanlagen regelmäßig gewartet werden müssen, um ihre Funktionsfähigkeit zu erhalten und Schäden zu vermeiden.


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Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)

Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist der rechtliche Zusammenschluss aller Eigentümer von Wohnungen in einer Wohnanlage. Sie entsteht automatisch mit der ersten Teilung eines Gebäudes in Wohnungseigentum. Die WEG besitzt eine eingeschränkte Rechtsfähigkeit und kann als Verband eigene Rechte ausüben, etwa die Durchsetzung von Mängelansprüchen bezüglich des Gemeinschaftseigentums. Rechtliche Grundlage ist das Wohnungseigentumsgesetz (WEG), insbesondere § 9a WEG.

Beispiel: Eine WEG beschließt in der Eigentümerversammlung, gegen einen Bauträger vorzugehen und klagt gemeinsam auf Beseitigung von Mängeln am Dach und der Fassade des Gebäudes.


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Gemeinschaftseigentum

Gemeinschaftseigentum umfasst in einer Wohnungseigentumsanlage alle Teile, Anlagen und Einrichtungen, die nicht im Sondereigentum einzelner Wohnungseigentümer stehen. Dazu gehören insbesondere das Grundstück, tragende Wände, Dächer, Fassaden, Treppenhaus und zentrale Versorgungsleitungen. Alle Wohnungseigentümer sind anteilig Miteigentümer am Gemeinschaftseigentum gemäß ihren im Grundbuch festgelegten Miteigentumsanteilen. Die rechtliche Grundlage bildet § 1 Abs. 5 WEG.

Beispiel: Bei einem Mehrfamilienhaus zählen die Außenwände, das Dach, die Heizungsanlage und die Hauseingangstür zum Gemeinschaftseigentum, für das alle Eigentümer gemeinsam verantwortlich sind.


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Selbständiges Beweisverfahren

Das selbständige Beweisverfahren ist ein spezielles gerichtliches Verfahren zur vorsorglichen Beweissicherung vor einem Hauptprozess. Es dient dazu, Tatsachen festzustellen, insbesondere den Zustand einer Sache zu dokumentieren, wenn zu befürchten ist, dass Beweise später verloren gehen könnten. Im Baurecht wird es häufig eingesetzt, um Mängel durch einen Sachverständigen feststellen zu lassen. Geregelt ist dieses Verfahren in den §§ 485 bis 494a der Zivilprozessordnung (ZPO).

Beispiel: Eine WEG beantragt ein selbständiges Beweisverfahren, um mutmaßliche Baumängel durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen untersuchen und dokumentieren zu lassen, bevor diese durch weitere Baumaßnahmen verdeckt werden.


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Sollbeschaffenheit

Die Sollbeschaffenheit bezeichnet die vertraglich vereinbarte oder zu erwartende Qualität und Eigenschaften eines Werkes (hier: des Bauwerks). Sie definiert den Maßstab, an dem gemessen wird, ob ein Baumangel vorliegt. Die Sollbeschaffenheit ergibt sich aus den vertraglichen Vereinbarungen, den anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme und dem üblichen Gebrauchszweck. Rechtlich basiert dieser Begriff auf § 633 BGB, der die Leistungspflicht des Werkunternehmers definiert.

Beispiel: Wenn im Bauträgervertrag festgelegt wurde, dass die Fenster einen bestimmten Schallschutzwert aufweisen sollen, gehört diese Eigenschaft zur Sollbeschaffenheit und kann bei Nichterfüllung als Mangel geltend gemacht werden.


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Vollständigkeitsvermutung

Die Vollständigkeitsvermutung ist ein Rechtsgrundsatz, wonach bei schriftlichen Verträgen vermutet wird, dass alle wesentlichen Vereinbarungen im Vertragsdokument enthalten sind. Nachträgliche mündliche Ergänzungen oder Änderungen werden grundsätzlich als nicht vereinbart angesehen, sofern der Vertrag keine entsprechenden Öffnungsklauseln enthält. Diese Vermutung dient der Rechtssicherheit und basiert auf § 125 BGB sowie auf der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Beispiel: Wenn ein Bauträger später mündlich auf Wartungspflichten hinweist, die im schriftlichen Vertrag nicht erwähnt wurden, kann er sich aufgrund der Vollständigkeitsvermutung nicht darauf berufen, dass diese Pflichten Vertragsbestandteil geworden sind.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • §§ 633, 634 Nr. 1, 635 BGB (Werkvertragliche Mängelansprüche): Diese Paragraphen regeln die Pflicht des Unternehmers zur mangelfreien Herstellung des Werks und die sich daraus ergebenden Ansprüche des Bestellers im Falle von Mängeln, insbesondere den Nacherfüllungsanspruch. Der Bauträger schuldet die Herstellung eines Werks, das frei von Sach- und Rechtsmängeln ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) macht als Klägerin Mängelbeseitigungsansprüche gegen die beklagte Bauträgerin geltend, deren Grundlage die zitierten werkvertraglichen Normen bilden.
  • § 634a BGB (Verjährung von Mängelansprüchen bei Bauwerken): Für Bauwerke gilt eine verlängerte Verjährungsfrist von fünf Jahren ab Abnahme, wobei diese Frist durch Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens gehemmt werden kann. Die Hemmung endet sechs Monate nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums erfolgte am 27.11.2009, das selbständige Beweisverfahren wurde am 10.06.2014 eingeleitet und am 26.02.2019 beendet, woraufhin die Klage am 06.08.2019 einging und die Verjährung damit gewahrt wurde.
  • § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB (Hemmung der Verjährung durch Beweisverfahren): Diese Norm regelt speziell die Hemmungswirkung eines selbständigen Beweisverfahrens auf die Verjährungsfristen. Die Hemmung beginnt mit Antragstellung und endet sechs Monate nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Durch die rechtzeitige Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens vor Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist und die fristgerechte Klageerhebung nach dessen Beendigung konnte die WEG die Verjährung ihrer Mängelansprüche erfolgreich verhindern.
  • § 13 Abs. 4 Nr. 2 WEG (Ansprüche der Gemeinschaft): Diese Vorschrift regelt die Befugnis der WEG, im eigenen Namen die Erfüllung von Pflichten zu verlangen, die sich gegen den Bauträger richten und das gemeinschaftliche Eigentum betreffen. Die WEG hat eine eigene Rechtspersönlichkeit und kann Ansprüche bezüglich des Gemeinschaftseigentums geltend machen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin als WEG ist aktivlegitimiert, Mängelbeseitigungsansprüche hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums (Tiefgarage, Heizungsanlage, Wärmepumpe etc.) gegen die Bauträgerin geltend zu machen.
  • § 640 BGB (Abnahme): Die Abnahme ist die körperliche Entgegennahme des Werks verbunden mit der Anerkennung als im Wesentlichen vertragsgemäße Leistung. Mit der Abnahme gehen Gefahrtragung und Beweislast auf den Auftraggeber über, außerdem beginnt die Verjährungsfrist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums erfolgte hier durch den Verwalter am 27.11.2009, was den Beginn der Verjährungsfrist markiert und auch für die Beweislastverteilung hinsichtlich der gerügten Mängel von Bedeutung ist.
  • § 13 VOB/B (Mängelansprüche bei Bauverträgen): Diese Bestimmung konkretisiert die Mängelansprüche und deren Verjährung bei Bauverträgen, sofern die VOB/B wirksam einbezogen wurde. Sie enthält unter anderem Regelungen zu Mängelrügen und spezifischen Ausführungsanforderungen im Bauwesen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Im Streit stehen zahlreiche technische Anforderungen (wie Wärmedämmung, hydraulischer Abgleich, Brandschutzkonformität), für deren Beurteilung neben den gesetzlichen Regelungen auch die anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Errichtung (2009) maßgeblich sind.

Das vorliegende Urteil


OLG München – Az.: 28 U 4178/23 Bau – Beschluss vom 06.11.2024


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