Architektenhaftung: Wann und wie lange haften Architekten auf Mängel und Fehler bei der Planung?
Im Bauwesen kommt dem Architekten als Planer der Immobilie eine ganz besondere Bedeutung zu, doch wissen viele Bauherren überhaupt nicht, was genau der Architekt dem Bauherren überhaupt schuldet oder in welchem Umfang sich die Haftung des Architekten überhaupt bewegt. Dieses Wissen ist jedoch im Hinblick auf die Mängelansprüche überaus wichtig, da bereits in der Planung eines Gebäudes sehr viele Fehler geschehen können.
Was genau schuldet ein Architekt einem Bauherren?
Im Gegensatz zu dem Bauunternehmer schuldet ein Architekt dem Bauherren nicht ein Bauwerk. Vielmehr beläuft sich die Schuld des Architekten allein auf die Erstellung der erforderlichen Pläne sowie Ausschreibungsunterlagen nebst der entsprechenden Beratungsdienstleistungen. Auch die Überwachung des Objekts sowie die Sicherstellung der vollständig korrekten praktischen Umsetzung auf der Grundlage der Architektenpläne obliegt dem Architekten. Diese Sicherstellung bewegt sich im Segment der technischen Regularien. Ein Architekt haftet somit für die Entstehung von einem zweckgerechten mangelfreien Werk und hat dies zu gewährleisten.
Wann wird von einem Mangel am Gewerk gesprochen?
Als Mangel wird generell ein Schaden bezeichnet, der sich auf das Gewerk selber oder auch an Personen oder anderen Sachen bezieht. Bei einem Schaden am Gewerk wird von einem Mangelschaden gesprochen während hingegen Schäden an Personen oder anderen Sachen als Mangelfolgeschäden bezeichnet werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang jedoch die Ursache, aus welcher sich der Mangel heraus ergibt.
In der gängigen Praxis werden folgende Gründe für sogenannte haftungsauslösende Mängel angesehen
- Koordinations- bzw. Planungsfehler
- Fehler in der Überwachung
- Fehler, die zu Kostenüberschreitungen führen
- Fehler im Hinblick auf Gewährleistungsfristen.
Wie kann ein Bauherr Mängel eines Architekten feststellen?
Da ein Bauherr in den seltensten Fällen den Status eines Bauexperten innehat wurde vonseiten des Bundesgerichtshofs die sogenannte Symptomrechtsprechung ins Leben gerufen. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung ist es vollkommen ausreichend, wenn ein Mangel von dem Bauherren sinnlich wahrgenommen werden und dementsprechend auch beschrieben werden kann. Dies hat zur folge, dass der Bauherr auch keine konkreten Mangelursachen in dem Anspruchsschreiben gegenüber dem Architekten anführen muss.
Welche Folgen hat ein Mangel im Hinblick auf das Architektenhonorar
Jeder Architekt wird zunächst erst einmal, unabhängig von einer mangelfreien oder mangelbehafteten Leistung, einen Honoraranspruch gegenüber dem Bauherren geltend machen. Sollte jedoch die Architektenleistung als mangelhaft anzusehen sein hat der Bauherr jedoch das Recht, eine Einrede gegen diese Honorarforderung als sogenannter Abwehranspruch geltend zu machen. Die schlimmst denkbare Folge für den Architekten wäre, dass ein Bauherr erst einmal die vollständige Honorarforderung verweigert. Hierzu ist ein Bauherr solange berechtigt, bis der durch den Architekten geschuldete Soll-Zustand hergestellt wurde. Dies geschieht im Zuge von Nachbesserungen. Die Einrede ist somit aus Sicht des Bauherren ein sehr gutes und rechtlich konformes Druckmittel gegenüber dem Architekten, da der Vertrag zwischen dem Architekten und dem Bauherren im Fall eines Mangels nicht vollständig als erfüllt anzusehen ist. Ein Bauherr kann hierbei sogar den maximal dreifachen Wert der Schadensbeseitigungssumme gegenüber dem Architekten einbehalten.
Die zwingende Voraussetzung für die Einbehaltung des Architektenhonorars ist ein Mangel, welcher auf den Architekten zurückzuführen ist.
Die weiteren Möglichkeiten des Bauherren
Ein Bauherr kann gegenüber dem Architekten die sogenannten Gewährleistungsansprüche geltend machen.
Auf der Basis der gesetzlichen Grundlagen ist der Bauherr berechtigt
- die Nacherfüllung zu verlangen
- eine eigenständige Mangelbeseitigung vorzunehmen und Aufwandsersatz zu verlangen
- den Rücktritt vom Vertrag zu erklären
- eine Vergütungsminderung vorzunehmen
- Schadensersatz zu fordern
Die Nacherfüllung
Die Forderung der Nacherfüllung ist eine Pflicht des Bauherren gegenüber dem Architekten. Einem Architekten muss die Gelegenheit gegeben werden, die bislang noch nicht erbrachten Leistungen zu erbringen bzw. mangelhafte Leistungen auszubessern. Hierbei gilt das Prinzip, dass der Architekt die technisch realisierbaren und wirtschaftlichsten Lösungsansätze zu wählen hat. Ein Architekt ist dazu berechtigt, die Forderung der Nacherfüllung abzulehnen. Hierfür muss die Nacherfüllung jedoch den Umstand des unverhältnismäßigen Aufwandes darstellen. Als unverhältnismäßiger Aufwand wird jede objektive Leistung angesehen, deren Durchführung nur unerhebliche Auswirkungen hätte und durch einen erheblichen Aufwand des Architekten realisiert wird. Besteht jedoch aus Sicht des Bauherren ein berechtigtes Interesse daran, dass die ordnungsgemäße Leistung durch den Architekten erbracht wird, so kann der Architekt diese Forderung nicht aus Kostengründen ablehnen.
Das Honorar des Architekten wird erst dann fällig, wenn die Nacherfüllungsforderung befriedigt wurde. Hierfür kann ein Bauherr eine Frist setzen, welche jedoch angemessen sein muss. Beachtet werden muss in diesem Zusammenhang jedoch, dass ein Fehlschlag im Hinblick auf die Nachbesserung nur schwerlich feststellbar ist und dass es überdies auch keine gesetzliche Grundlage für die Anzahl der Versuche des Architekten zur Nachbesserung gibt. In der gängigen Praxis wird dem Architekten jedoch zwei Nachbesserungsversuche zugestanden.
Die Einschränkungen des Nacherfüllungsanspruchs eines Bauherren
Im Hinblick auf die Nacherfüllungsansprüche eines Bauherren gibt es durchaus auch Einschränkungen. Diese Einschränkungen belaufen sich auf die Ausschreibungsunterlagen bzw. Pläne in Verbindung mit dem Nacherfüllungs- bzw. Nachbesserungsrecht. Diese Ansprüche gelten nur für den Zeitraum, in dem noch keine praktische Baumaßnahme auf der Grundlage der Pläne durchgeführt wurde.
Die sogenannte Selbstvornahme
Sollte ein Architekt die Weigerung der Nacherfüllung aussprechen, so kann ein Bauherr diese Leistung auch von einem anderen Architekten durchführen lassen. Die Kosten für diese Selbstvornahme kann der Bauherr dann dem „Erstarchitekten“ zur Last legen. Um diesen Anspruch zu erhalten ist es lediglich erforderlich, dass ein Architekt eine entsprechend gesetzte Frist zur Nacherfüllung ohne Leistung verstreichen lässt. Als einfache Formel gilt, dass für die Selbstvornahme eine unberechtigte Nacherfüllungsverweigerung oder ein erfolgloser Nacherfüllungsversuch bzw. eine unzumutbare Nacherfüllung vorliegen muss.
Der Vertragsrücktritt
Sollte die Leistung des Architekten aus Sicht des Bauherren absolut unbrauchbar sein, so kann ein Bauherr den Vertragsrücktritt erklären. Die Folge ist, dass beide Vertragsparteien ihre bisherigen Aufwendungen für den Vertrag zurückerhalten. Sollte ein Architekt eine Leistung erbracht haben, die zwar mängelbehaftet jedoch trotzdem noch verwertbar ist, so ist der Bauherr zur Minderung des Architektenhonorars berechtigt. Der Vertragsrücktritt muss jedoch ausdrücklich schriftlich vorab angedroht werden unter Berücksichtigung einer entsprechend angemessenen Frist zur Vertragserfüllung, welche den Vertragsrücktritt verhindern kann.
Die Vergütungsminderung
Für die Minderung des Architektenhonorars wird das Architektenvertragsrecht zugrunde gelegt. Dieses Recht kennt als Voraussetzungen letztlich die gleichen Maßgaben, wie sie beim Rücktritt von dem Vertrag der Fall sind. Als wichtigste Voraussetzung gilt hierbei, dass jeder Mangel grundsätzlich zu einer Minderung des Architektenhonorars führen kann. Es ist nicht zwingend erforderlich, dass es sich bei dem Mangel um einen sogenannten erheblichen Mangel handelt. Der Bauherr hat das Recht auf eine mangelfreie Leistung des Architekten. Die Wertbemessung des Minderungsbetrages ist jedoch in der gängigen Praxis nicht selten ein heikler Punkt, da das Verhältnis des mangelfreien Gewerkwertes im Hinblick zum tatsächlichen Wert des tatsächlichen Gewerkes berücksichtigt werden muss.
Der Schadenersatz
Wie auch bei der Vergütungsminderung ist der Schadenersatz in der gängigen Praxis oftmals sehr heikel. Als absolute Grundlage gilt, dass die Schuldfrage für den Mangel eindeutig geklärt sein muss. Damit ein Anspruch besteht, muss dem Architekten die Schuld nachgewiesen werden. Anschließend ist dann die Höhe des Schadenersatzanspruchs zu ermitteln.
Gerade dann, wenn es um die Frage der Schuld geht, sind Streitigkeiten zwischen dem Bauherren und dem Architekten regelrecht vorprogrammiert. Nicht selten enden derartige Auseinandersetzungen vor Gericht. Unabhängig von der Höhe des Streitwertes wird in diesem Fall ein Rechtsanwalt benötigt, der sich mit der Materie einwandfrei auskennt und über entsprechende Erfahrungswerte verfügt. Wir stehen für derartige Fälle, die in der gängigen Praxis nur zu häufig vorkommen, sehr gern zur Verfügung.