OLG München, Az.: 28 U 1200/14 Bau, Beschluss vom 29.09.2014
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Ingolstadt vom 13.03.2014, ergänzt mit Beschluss vom 23.04.2014, Az.: 52 O 1759/12 Bau, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das in Ziffer 1. genannte Urteil des Landgerichts Ingolstadt ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 29.003,31 € festgesetzt.
Gründe
I.
1. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Folgende Ergänzungen sind darzustellen:
Die Klägerin hat den Beklagten über ihren Anwalt mit Schreiben vom 06.07.2010 Mängel angezeigt und ihn aufgefordert, sich zu seiner Einstandspflicht zu erklären (Anlage K 6). Hierauf antwortete der Beklagte über seinen Anwalt mit Schreiben vom 16.07.2010 (Anlage K 7). Nachdem der Anwalt der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 11.10.2010 unter Übersendung des Gutachtens B. vom 22.09.2010 (Anlage K 5) den Beklagtenvertreter erneut aufgefordert hatte, für seinen Mandanten die Einstandspflicht zu erklären (Anlage K 8), antwortete dieser mit Schreiben vom 22.10.2010 (Anlage K 9) und verwies die Klägerin an die Versicherung des Beklagten. Diesem Schreiben folgte das Schreiben der Haftpflichtversicherung des Beklagten vom 30.11.2010 (Anlage K 50).Auf den Inhalt der benannten Anlagen, insbesondere der Anlagen K 7, K 9 und K 50 wird Bezug genommen.
Am 02.12.2010 fand noch ein Gespräch u.a. zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin und dem Beklagten statt. Im Anschluss an dieses Gespräch versandte der Beklagte an den Geschäftsführer der Klägerin das Schreiben vom 14.12.2010 (Anlage K 49). Auch auf den Inhalt dieses Schreibens wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 26.10.2011 (Anlage K 12) an die Versicherung des Beklagten bezifferte die Klägerin schließlich die Schäden, die sie gegen den Beklagten geltend macht, auf aktuell 29.003,31 €. Auf dieses Schreiben reagierte die Versicherung des Beklagten nicht mehr.
Nach Einlegung des Widerspruchs durch den Beklagten am 24.04.2012 gegen den Mahnbescheid vom 18.04.2012 hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 05.02.2013 (zugestellt am 14.02.2013) ihre Klage begründet. Mit der Klage werden Kosten für die Beseitigung mehrerer Mängel (Teilkosten Gerüst, Teilkosten Reparatur Dach und Fassadenverkleidung) und die Erstattung von Mangelfolgeschäden (Kosten für die Beseitigung von Schäden und angefallene Gebühren) geltend gemacht.
2. Das Landgericht hat die Klage wegen Durchgreifens der Einrede der Verjährung abgewiesen.
Die Verjährungsfrist habe infolge konkludenter Abnahme spätestens im August 2007 zu laufen begonnen. Bis zu deren Ablauf im August 2012 sei der Lauf der Verjährungsfrist weder durch den Mahnbescheid vom 16.04.2012, noch durch Verhandlungen gehemmt gewesen. Für eine Sekundärhaftung des Beklagten lägen keine Anhaltspunkte vor.
Die Klägerin macht demgegenüber mit ihrer Berufung geltend, dass die Klageforderung im Mahnbescheid hinreichend individualisiert sei, weshalb der Mahnbescheid Hemmungswirkung entfalte. Bei der geltend gemachten Forderung handele es sich um eine einheitliche Schadensersatzforderung aus einem Architektenvertrag, die sich aus mehreren Einzelpositionen zusammensetze. Für den Beklagten haben deshalb keine begründeten Zweifel bestehen können, aus welchem Lebenssachverhalt die Klägerin ihren Anspruch begründe.
Letztlich käme es auf die Hemmungswirkung des Mahnbescheids jedoch schon deshalb nicht an, weil durch den Schriftverkehr gemäß der Anlagen K 6, K 7, K 8, K 9, K 50, K 49, K 12 ein Hemmungszeitraum durch Verhandlungen vom 06.07.2010 bis 26.10.2011, zumindest aber bis 14.06.2011 (Anlage K 49 + 6 Monate), belegt sei. Der Schriftverkehr lasse keinen anderen Rückschluss zu, als dass der Beklagte und/bzw. seine Versicherung zur weiteren Prüfung des klägerischen Anspruchs bereit gewesen seien. Mit diesem Schriftverkehr habe sich das Landgericht nicht befasst, es habe insoweit maßgeblichen Vortrag der Klägerin schlichtweg verschwiegen.
Im Gespräch am 02.12.2010 habe der Beklagte im Übrigen zugesichert, die Klägerin bei der Inanspruchnahme der Generalunternehmerin zu unterstützen, weshalb der Haftungsanteil des Beklagten auf 30 % habe herabgesenkt werden sollen. Der Beklagte sei jedoch den vereinbarten Mitwirkungspflichten an der Mängelbeseitigung, welche Mitte/Ende Februar 2011 begonnen habe, nicht nachgekommen. Er habe es so auch versäumt, die Mängelursachen zu klären, weshalb sich die Klägerin zu Recht auf eine Sekundärhaftung des Beklagten berufe.
Die Klägerin beantragt deshalb:
1. Der Beklagte wird unter Abänderung des am 13.03.2014 verkündetem Urteils des Landgerichts Ingolstadt, Az.: 52 O 1759/12 Bau, verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 29.003,31 € zzgl. 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.005,40 € zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
3. Hilfsweise, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils, das Verfahren an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen.
4. Vorsorglich, die Revision zuzulassen, weil dies nach der Rechtsauffassung der Klägerin zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sei.
Der Beklagte beantragt die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Ingolstadt vom 13.03.2014, Az.: 52 O 1759/12 Bau, wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hält an seiner Auffassung fest, wonach die Klageforderung(en) verjährt sei(en). Weder außergerichtlich noch im Rahmen des gerichtlichen Mahnverfahrens (noch – im Übrigen – im Verfahren erster Instanz) habe die Klägerin hinreichend konkret dargelegt, wie sich der geltend gemachte „Mindestschaden“ zusammensetzen solle. Der vorliegenden Klage liege auch nicht etwa ein einheitlicher aus mehreren Rechnungsposten zusammengesetzter Anspruch zugrunde. Behauptet würden verschiedene Fehler im Rahmen der Objektüberwachung, welche sich an unterschiedlichster Stelle in Form von Schäden ausgewirkt haben sollen.
Weder der Beklagte noch seine Versicherung seien in Verhandlungen mit der Klägerin eingetreten. Die pauschal geltend gemachten Ansprüche seien zurückgewiesen worden. Die Klägerin sei nie aufgefordert worden, weitere Informationen zur Verfügung zu stellen. Sie selbst sei im Übrigen ausweislich des Schreibens Anlage K 12 gar nicht von (laufenden) Verhandlungen ausgegangen.
Der erstmals in der Berufungsinstanz erfolgte Vortrag, wonach der Beklagte im Gespräch vom 02.12.2010 zugesichert haben soll, die Klägerin bei der Inanspruchnahme der Generalunternehmerin zu unterstützen, weshalb auch eine Herabsenkung des Haftungsanteils des Beklagten besprochen worden sein soll, werde bestritten. Die Klägerin habe sich jedenfalls nach dem 14.12.2010 nicht mehr beim Beklagten gemeldet.
Die Grundsätze der Sekundärhaftung würden nicht eingreifen. Der Klägerin seien die notwendigen Feststellungen für die streitgegenständlichen Mängel und Schäden in unverjährter Zeit hinreichend bekannt gewesen.
II.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 13.03.2014, Az.: 52 O 1759/12 Bau, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern.
Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
Zur Begründung wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO auf den Hinweis des Vorsitzenden des Senats vom 04.08.2014 Bezug genommen. Im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin hierzu im Schriftsatz vom 05.09.2014 ist ergänzend noch auszuführen:
1. Mahnverfahren
a) Der Senat verweist zusätzlich auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.04.2007 – VII ZR 236/05 -, wonach sich die (damals noch) Unterbrechungswirkung eines Mahnbescheides immer nur auf die Gewährleistungsansprüche wegen des geltend gemachten bestimmten Mangels, nicht aber auf die Gewährleistungsansprüche wegen anderer Mängel bezieht. Deshalb ist es z. B. notwendig, dass sich aus dem Mahnbescheid entnehmen lässt (bzw. für den Antragsgegner jeweils im Einzelfall erkennbar ist), wegen welcher Mängel ein Anspruch geltend gemacht wird bzw. in welcher Höhe die Ansprüche wegen der einzelnen Mängel jeweils erhoben werden (vgl. hierzu aktuell auch OLG Celle BauR 2014, 1179).
b) Etwas anderes lässt sich für den vorliegenden Fall auch nicht aus der vom Beklagten herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.10.2013 (VII ZR 155/11) ableiten.
Das Klagebegehren der Klägerin setzt sich – wie dargestellt – aus mehreren selbständigen Einzelforderungen zusammen. Es handelt sich also gerade nicht nur um einen einheitlichen Anspruch aus mehreren Rechnungsposten, wie dies z. B. bei der Werklohnforderung aus einem Vertrag der Fall ist.
2. Verhandlungen
a) Anlagen K 7, K 9, K 50
Eine „Überprüfungsvereinbarung“ in dem Sinn, dass ein weiteres Vorgehen der Klägerin nicht veranlasst gewesen wäre, weil sie den Eindruck hätte haben dürfen, der Beklagte bzw. seine Versicherung würden sich von sich aus weiterhin um die Mängelvorwürfe kümmern, kann dem angeführten Schriftverkehr nicht entnommen werden.
Hierfür reichen weder der Hinweis auf die Notwendigkeit weiterer Darlegungen (Anlage K 7), noch die Weiterleitung an die Versicherung als solche (Anlage K 9), noch der Hinweis auf fehlende Auskünfte (Anlage K 50) aus. Mit Schreiben vom 30.11.2010 (Anlage K 10) hat die Versicherung vielmehr ausdrücklich klargestellt, dass eine weitergehende Prüfung derzeit nicht möglich ist.
Eine Aufforderung, eine solche weitere Prüfung z. B. durch zusätzliche Auskünfte zu ermöglichen, enthält das Schreiben nicht. Hiervon scheint im Übrigen auch die Klägerin selbst ausgegangen zu sein, weil sie sich erst ein knappes Jahr später wieder an die Versicherung gewandt und dann erstmals einen konkreten Schadensbetrag geltend gemacht hat (Anlage K 12).
b) Anlagen K 49, K 51
1) Neu und bestritten ist der mit der Anlage K 51 unterlegte und unter Zeugenbeweis gestellte Vortrag der Klägerin, wonach der Beklagte zugesichert habe, die Klägerin bei der Inanspruchnahme der Generalunternehmerin zu unterstützen und deshalb vereinbart worden sei, den Haftungsanteil des Beklagten herabzusenken.
Dieser Vortrag kann nicht zugelassen werden (§§ 529I Nr. 2, 531 II Nr. 3 ZPO). Es sind keine Gründe vorgetragen worden, auf Grund derer angenommen werden könnte, das Unterlassen dieses Vortrags des Beklagten in erster Instanz beruhe nicht auf einer Nachlässigkeit.
2) Der Inhalt des Schreibens Anlage K 49 allein rechtfertigt die Annahme einer die Verjährung hemmenden „Prüfungsvereinbarung“ nicht.
Hiergegen sprechen die dort enthaltenen Aussagen „ohne Anerkennung jeglicher Ansprüche“ und „Kulanz“.
3) Die Annahme eines Hemmungszeitraums vom 02.12.2010 bis 14.12.2010 oder sogar vom 02.12.2010 bis 21.02.2011 (= Beginn der Mängelbeseitigungsarbeiten) würde im Übrigen den Eintritt der Verjährung nicht verhindern können.
3. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (§ 543 II ZPO).
Durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bereits hinreichend geklärt, welche Anforderungen an die Individualisierung des mit Mahnbescheid geltend gemachten Anspruchs für die Frage der Verjährung zu stellen sind und unter welchen Voraussetzungen ein Schweben von Verhandlungen i.S. von § 203 BGB angenommen werden kann.
Der Senat weicht mit seiner Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht etwa ab, er wendet sie vielmehr an. Der konkrete Streitfall gibt zudem keine Veranlassung weitere Leitsätze zu den angeführten Rechtsproblemen aufzuzeigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung des § 3 ZPO bestimmt.