OLG Dresden – Az.: 5 U 1192/11 – Urteil vom 31.07.2012
1. Auf die Berufungen der Klägerin werden die Urteile des Landgerichts Leipzig, 5. Zivilkammer, vom 14.07.2011 (Endurteil) sowie vom 16.09.2011 (Schlussurteil), jeweils zum Az.: 05 O 3142/10, abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 20.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.11.2010 zu bezahlen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin verlangt vom Beklagten eine Vorschusszahlung für Mehrkosten, resultierend aus einer dem Beklagten übertragenen, von diesem nicht ausgeführten Bauleistung (Abbrucharbeiten). Nachdem klageweise lediglich ein Teilbetrag in Höhe von 20.000,00 € von insgesamt erstinstanzlich behaupteten Mehrkosten in Höhe von 45.303,07 €, geltend gemacht wurde, hat der Beklagte widerklagend beantragt festzustellen, dass die Klägerin ihm gegenüber keine Ansprüche wegen der Nichtausführung dieser Abbrucharbeiten hat.
Anfang Mai 2010 übersandte die Klägerin dem Beklagten ein sogenanntes „Angebotsblankett“ (Anlage K1) mit der Bitte um Unterbreitung eines Angebotes für das Bauvorhaben Komplettsanierung …-Gymnasium, …-straße .. in … bis spätestens 07.05.2010 für die in der beigelegten Ausschreibung beschriebenen Abbrucharbeiten. Daraufhin versah der Beklagte das beiliegende Leistungsverzeichnis mit Preisen und errechnete anhand der laut Leistungsverzeichnis vorgegebenen Mengen den jeweiligen Gesamtpreis pro Position, wobei sich letztendlich eine Nettoangebotssumme in Höhe von 146.324,90 € errechnete. Sodann sandte er das ausgefüllte und von ihm unterzeichnete Leistungsverzeichnis am 03.05.2010 an die Klägerin zurück (Anlage K2).
Nach einem vorausgegangenen Telefonat, welches der Vertreter der Klägerin mit dem Kalkulator des Beklagten, dem Zeugen T., geführte hatte, übersandte die Klägerin der Firma des Beklagten mit Schreiben vom 07.07.2010 den „Auftrag“ betreffend das Bauvorhaben Komplettsanierung …-Gymnasium … – Abbrucharbeiten (Anlage K3). Dem Schreiben zufolge sollte mit den Arbeiten am 12.07.2010 nach vorheriger Absprache begonnen werden. Laut „Preisvereinbarung“ sollte ein 4 %iger Nachlass auf alle im Angebot enthaltenen Einheitspreise erfolgen, Zahlung 2 % Skonto bei Zahlung innerhalb 10 Tagen. Weiterhin sollten die Bestimmungen der VOB in der neuesten Fassung gelten.
Am 12.07.2010 fand eine gemeinsame Ortsbegehung der Baustelle statt, an der jedenfalls auch ein Mitarbeiter des Beklagten teilnahm. In einer Aktennotiz hielt die b. GmbH fest, das als Leistungsbeginn der durchzuführenden Abbrucharbeiten der 13.07.2010 vereinbart und zugesichert wurde (Anlage K 4). Im Anschluss an diese Ortsbegehung erklärte der Beklagte gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 12.07.2010, dass er den genannten Auftrag zu den angebotenen Konditionen nicht ausführen könne (Anlage K5). Daraufhin forderte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 12.07.2010 auf, am 13.07.2010 mit den beauftragten Leistungen zu beginnen (Anlage K6). Mit Schreiben vom 13.07.2010 wiederholte sie diese Aufforderung, wobei sie eine Nachfrist zur Aufnahme der Leistungen bis 14.07.2010, 08:00 Uhr, setzte und für den Fall der Nichterfüllung der vertraglichen Pflichten eine Vertragskündigung und Ersatzvornahme ankündigte (Anlage K7). Da im weiteren Verlauf eine Einigung über die Vertragsdurchführung nicht erfolgte, kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 16.07.2010 den streitgegenständlichen Vertrag (Anlage K9).
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages der Streitparteien und ihrer erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidungen verwiesen.
Das Landgericht Leipzig hat zunächst mit Endurteil vom 15.07.2011 die Klage als unbegründet abgewiesen. Im Ergebnis der Beweisaufnahme habe die Klägerin nicht bewiesen, dass die Parteien einen Vertrag über Abbrucharbeiten geschlossen haben. Mit Schlussurteil vom 16.09.2011 gab das Landgericht Leipzig der Widerklage auf Feststellung, dass die Widerbeklagte (Klägerin) gegenüber dem Widerkläger (Beklagten) keine Ansprüche wegen der Nichtausführung von Abbrucharbeiten am streitgegenständlichen Bauvorhaben hat, statt. Zur Begründung hat das Landgericht auch hier ausgeführt, dass die Klägerin den Beklagten nicht wegen der Nichterfüllung übernommener Leistungspflichten in Anspruch nehmen könne, da zwischen den Parteien kein wirksamer Vertrag über Abbrucharbeiten zustande gekommen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe der landgerichtlichen Urteile, Az.: 05 O 3142/10, vom 15.07.2011 bzw. 16.09.2011 verwiesen.
Gegen beide Urteile richteten sich die von der Klägerin eingelegten Berufungen, die aufgrund des Verbindungsbeschlusses des 5. Zivilsenats vom 20.02.2012 wieder einer gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zugeführt wurden.
Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufungen im Wesentlichen vor, zwischen den Parteien sei ein Vertrag mit dem Inhalt des Auftragsschreibens vom 07.07.2010 (Anlage K3), welches als kaufmännisches Bestätigungsschreiben zu werten sei, abgeschlossen worden. Aufgrund der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, dass ein geschäftliches Gespräch über den schriftlich bestätigten Vorgang dem Bestätigungsschreiben vorausgegangen sei. Das Schweigen des Beklagten auf dieses Bestätigungsschreiben gelte als Zustimmung. Auch wenn man das Schreiben der Klägerin vom 07.07.2010 als neuen Antrag im Sinne von § 150 Abs. 2 BGB bewerte, sei im Ergebnis zwischen den Parteien ein Vertrag zustande gekommen. Denn durch die Teilnahme der beklagten Partei an der Bauanlaufberatung vom 12.07.2010 sei dieser Antrag konkludent angenommen worden. Aus den genannten Gründen sei auch die begehrte Feststellung der Widerklägerin, wonach der Widerbeklagte ihr gegenüber keinen Anspruch wegen der Nichtausführung von Abbrucharbeiten am Bauvorhaben Komplettsanierung …-Gymnasium habe, unbegründet.
Die Klägerin beantragt,
1. unter Abänderung des am 15.07.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Leipzig, Az.: 05 O 3142/10, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 20.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. unter Abänderung des am 16.09.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Leipzig, Az.: 05 O 3142/10, die Feststellungswiderklage abzuweisen.
Der Beklagte beantragt, die Berufungen zurückzuweisen.
Er verteidigt im Wesentlichen die erstinstanzlichen Urteile mit den darin enthaltenen Begründungen unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages.
II.
Die zulässigen Berufungen der Klägerin haben in der Sache Erfolg.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten im Rahmen des Erstattungsanspruches gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B ein Anspruch auf Vorschusszahlung in Höhe des mit der Teilklage geltend gemachten Betrages von 20.000,00 € zu. Dagegen ist die Widerklage auf Feststellung, dass der Klägerin gegenüber dem Beklagten kein Anspruch wegen der Nichtausführung der Abbrucharbeiten am Bauvorhaben Komplettsanierung …-Gymnasium, …-straße .. in … zusteht, unbegründet.
1.) Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist die Klage begründet.
a)
Im Rahmen des Erstattungsanspruchs gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B ist der Auftraggeber berechtigt, vom gekündigten Auftragnehmer einen Vorschuss – beschränkt auf die voraussichtlichen Mehrkosten – zu verlangen. Rechtlich gesehen handelt es sich hier um einen verschuldensunabhängigen Erstattungsanspruch und nicht um einen Schadensersatzanspruch des Auftraggebers wegen Nichterfüllung. Dabei geht es um die Erstattung der Mehrkosten des Auftraggebers, die in aller Regel für die Fertigstellung der Leistung infolge der Kündigung des bisherigen Auftragnehmers erforderlich werden. Daher besteht der Vorschussanspruch grundsätzlich in der einmaligen Zahlung der voraussichtlichen Mehrkosten für die Gesamtfertigstellung. Denn es ist dem Auftraggeber nicht zuzumuten, zunächst die Mehrkosten der Ersatzherstellung zu bezahlen und dann erst Erstattung zu verlangen (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB Kommentar, § 8 Nr. 3 VOB/B Rdn. 41 bis 43; BGH, Baurecht 1989, 462 ff).
Voraussetzung für einen derartigen Anspruch auf Vorschusszahlung ist mithin ein zunächst unter Einbeziehung der VOB/B wirksam abgeschlossener, nach fruchtlosem Fristablauf gekündigter Bauvertrag zwischen den Streitparteien. Entgegen der unzutreffenden Beurteilung des Landgerichts war ein derartiger Bauvertrag zwischen den Streitparteien wirksam zustande gekommen.
b)
Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht einen Vertragsabschluss mit der Begründung verneint, die Klägerin habe mit dem Schreiben vom 07.07.2010 (Anlage K3) ein Vertragsangebot des Beklagten vom 04.05.2010 (Anlage K2) nicht annehmen können, auch der Beklagte habe das als neuen Antrag auf Abschluss eines Bauvertrages zu bewertende Schreiben der Klägerin vom 07.07.2010 nicht angenommen. Mit der Frage, ob es sich bei diesem Schreiben der Klägerin vom 07.07.2010 tatsächlich um ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben handelte, hat sich das Landgericht im angefochtenen Urteil nicht auseinandergesetzt.
Tatsächlich wurde zwischen den Parteien ein wirksamer Vertrag unter den Bedingungen laut „Auftrag“ der Klägerin vom 07.07.2010 (Anlage K3), bei dem es sich um ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben handelt, abgeschlossen.
aa)
Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben muss sich auf zwischen den Parteien getroffene Absprachen beziehen, d. h. Vertragsverhandlungen müssen vorangegangen sein (OLG Koblenz, Teilurteil vom 26.06.2006, Az.: 12 U 685/05, juris Rdn. 17). Auf die Bezeichnung des Schreibens kommt es nicht an, wenn sie auch indizielle Bedeutung haben kann. Entscheidend ist, ob das Schreiben nach seinem Inhalt den Vertrag erst zustande bringen soll (dann Auftragsbestätigung) oder das Ergebnis früherer Verhandlungen verbindlich festlegt (dann Bestätigungsschreiben, vgl. Palandt/Ellenberger, BGB Kommentar, 71. Aufl., § 147 Rdn. 12/13).
Das Bestätigungsschreiben bleibt ohne Wirkung, wenn es inhaltlich soweit vom Vorbesprochenen abweicht, dass der Absender redlicherweise mit dem Einverständnis des Empfängers nicht rechnen konnte (BGH, Urteil vom 25.02.1987, Az.: VIII ZR 341/86, juris Rdn. 19; OLG Koblenz, Teilurteil vom 26.06.2006, Az.: 12 U 685/05, juris Rdn. 18).
Das Bestätigungsschreiben muss außerdem in zeitlich unmittelbarem Zusammenhang mit den Vertragsverhandlungen abgesandt werden, wobei sich die einzuhaltende Frist nach den Umständen des Einzelfalls richtet (Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 147 Rdn. 14).
bb)
Bei Ansatz dieses Beurteilungsmaßstabes ist das Auftragsschreiben vom 07.07.2010 als kaufmännisches Bestätigungsschreiben zu bewerten.
Vertragliche Absprachen waren dem Schreiben vom 07.07.2010 vorausgegangen. Das lässt sich dem Angebotsschreiben der Klägerin (Anlage K1) entnehmen. Der Beklagte hat daraufhin das ausgefüllte Leistungsverzeichnis am 03.05.2010 an die Klägerin zurückgeleitet (Anlage K2). Unmittelbar vor Absendung des Schreibens vom 07.07.2010 erfolgte dann noch die vom ehemaligen Kalkulator des Beklagten, dem Zeugen T., anlässlich seiner erstinstanzlichen Einvernahme vom 27.05.2011 bestätigte telefonische Rücksprache.
Das Schreiben der Klägerin vom 07.07.2010 bezog sich auch unmissverständlich auf diese vorausgegangenen „gemeinsamen Vereinbarungen“. Die Diktion dieses Schreibens wies unmissverständlich darauf hin, dass damit das Ergebnis der vorausgegangenen Vertragsverhandlungen – unter den aufgeführten Abweichungen „4 % Nachlass auf alle im Angebot enthaltenen Einheitspreise“, „2 % Skonto bei Zahlung innerhalb 10 Tagen“, die Geltung der VOB – festgelegt werden sollte. Die vertraglichen Regelungen, die der Vorstellung der Klägerin zufolge Wirksamkeit erlangen sollten, wurden in der gebotenen Eindeutigkeit fixiert, der Bestätigungswille der Klägerin trat insoweit klar zu Tage. Unter diesen Umständen ist die Bezeichnung des Schreibens „Auftrag“ nicht ausschlaggebend, da es sich dem unmissverständlichen Inhalt zufolge tatsächlich um ein Bestätigungsschreiben handelte.
Die klägerseits anlässlich des Bestätigungsschreibens vorgenommenen Abweichungen betreffend eines 4 %igen Preisnachlasses und 2 %iger Skontozahlung bei Geltung der Bestimmungen der VOB sind nicht als derart gravierend zu beurteilen, dass damit „vernünftigerweise“ ein Einverständnis des Beklagten nicht mehr zu erwarten war. Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat jedenfalls keine Umstände dargelegt, aus denen sich eine derart erhebliche Abweichung vom Inhalt der vorausgegangenen Verhandlungen entnehmen ließe, dass dem Bestätigungsschreiben eine Bindungswirkung nicht zukommt (BGH, Versäumnisurteil vom 08.02.2001, Az.: III ZR 268/00). Zwar waren Preisnachlass und Skontozahlung unstreitig noch nicht Gegenstand der Vertragsverhandlungen vom Mai 2010. Der Zeuge T. hat allerdings anlässlich seiner Einvernahme den Vortrag der Klägerin insoweit bestätigt, dass anlässlich eines kurz vor Absendung des Bestätigungsschreibens durchgeführten Telefonats über den von der Klägerin beabsichtigten Preisnachlass gesprochen worden sei. Aufgrund dieses Telefonats mit dem Zeugen T. konnte die Klägerin davon ausgehen, dass der Beklagte Kenntnis über die beabsichtigte Abweichung vom ursprünglich vorgesehenen Preis hatte. Bei einer Preisabweichung von 4 % konnte die Klägerin auch noch redlicherweise mit dem Einverständnis des Beklagten rechnen. Inwieweit der Zeuge T. dabei berechtigt war, rechtsverbindliche Erklärungen für den Beklagten abzugeben, ist in dem Zusammenhang ohne Belang.
Dem Bestätigungsschreiben kommt eine rechtsverbindliche, vertragsbestätigende Wirkung zu, nachdem die Absendung im zeitlich unmittelbaren Zusammenhang mit den vorausgegangenen Vertragsverhandlungen stand. Zwar ist ein enger zeitlicher Zusammenhang zu den ersten Vertragsverhandlungen im Mai 2010 (Anlagen K1 und K2) auch im Hinblick darauf, dass sich die Frist nach den Umständen des Einzelfalls richtet, fraglich (vgl. Palandt/Ellenberger, § 147 Rdn. 14). Allerdings war zwischen den Parteien klar, dass eine direkte Auftragserteilung erst im Anschluss an den von der Stadt … als Hauptauftraggeberin gegenüber der Klägerin zu erteilenden Auftrag, welcher erst am 28.06.2010 erteilt wurde, erfolgen konnte. Auch angesichts der vom Beklagten am 12.05.2010 geleisteten Verfügbarkeitserklärung (Anlage Bkl1) konnte und musste sich dieser auf eine Wartefrist bis zur Auftragserteilung einrichten. Auf diesen Zeitablauf zwischen den ersten Vertragsverhandlungen Anfang Mai 2010 und dem Bestätigungsschreiben vom 07.07.2010 kommt es aber letztendlich nicht an. Denn weitere Vertragsverhandlungen im Zusammenhang mit dem Anfang Juli 2010 durchgeführten Telefonat zwischen der Klägerin und dem Kalkulator des Beklagten, dem Zeugen T., gingen dem Bestätigungsschreiben unmittelbar voraus. Laut Aussage des Zeugen T. ging es in diesem Telefonat um den streitgegenständlichen Auftrag, insbesondere um einen klägerseits in den Raum gestellten 4 %-igen Preisnachlass. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass im Mai 2010 beginnende, letztmalig Anfang Juli 2010 geführte Vertragsverhandlungen dem Bestätigungsschreiben vorausgegangen waren.
Auch das Verhalten des Beklagten auf das kaufmännische Bestätigungsschreiben vom 07.07.2010 (Anlage K3) indiziert ein grundsätzlich bestehendes Einverständnis mit der im Schreiben fixierten vertraglichen Vereinbarung, einschließlich des darin enthaltenen Preisnachlasses. Dafür spricht die zunächst widerspruchslose Hinnahme des Bestätigungsschreibens und die anschließende Teilnahme an der Bauanlaufberatung vom 12.07.2010 (Anlage K4). Der Entsendung des Bauleiters des Beklagten, des Zeugen S., zu diesem Termin, konnte die Klägerin entnehmen, dass eine Vertragsausführung beklagtenseits auf der Grundlage des Bestätigungsschreibens und der dort fixierten Vertragsmodalitäten jedenfalls zu dem Zeitpunkt noch vorgesehen war.
Der Beklagte hat diesem Schreiben auch nicht unverzüglich widersprochen, so dass er den Inhalt gegen sich gelten lassen muss (Palandt/Ellenberger, § 147 Rdn. 8 m. w. N.). Das Schreiben des Beklagten vom 12.07.2010 (Anlage K5) stellt trotz des relativ engen zeitlichen Zusammenhangs zum Bestätigungsschreiben keine wirksame Widersprucherklärung dar. Denn durch die vorausgehende Teilnahme des Beklagten bzw. seines Bauleiters an der Baustellenbegehung vom 12.07.2010 hatte der Beklagte sein grundsätzliches Einverständnis mit der Vertragsausführung in der gebotenen Eindeutigkeit kund getan. Ob dabei der Beklagte persönlich vor Ort anwesend war oder nur der von ihm entsandte Bauleiter, ist dabei nicht maßgeblich. Jedenfalls lässt sich der erstinstanzlich durchgeführten Vernehmung der Zeugen H. und S. zweifelsfrei entnehmen, dass anlässlich dieses Vor-Ort-Termins eine Absprache des Bauablaufs der vom Beklagten durchzuführenden Abbrucharbeiten erfolgte, dass mithin die Bereitschaft zur Durchführung der Arbeiten beklagtenseits nochmals zum Ausdruck gebracht wurde. Unter diesen Umständen war es dem Beklagten verwehrt, im Anschluss an diese Willensbekundung dem Bestätigungsschreiben zu widersprechen (venire contra factum probium, vgl. Palandt/Grüneberg, § 242 Rdn. 55 ff). Abgesehen davon bezieht sich das Schreiben des Beklagten vom 12.07.2010 (Anlage K5) auch nicht inhaltlich auf das Bestätigungsschreiben der Klägerin vom 07.07.2010 und die dort fixierten Vertragsbedingungen, was letztendlich eine weitere Voraussetzung für einen wirksamen Widerspruch gewesen wäre.
c)
Nachdem der am 07.07.2010 zustande gekommene Bauvertrag von der Klägerin, nach vorausgegangener fruchtloser Nachfristsetzung laut Schreiben vom 13.07.2010 (Anlage K7), mit Schreiben vom 16.07.2010 gekündigt wurde, wobei der erteilte Auftrag entzogen wurde (Anlage K9), ist ein Anspruch der Klägerin auf Vorschusszahlung für die voraussichtlichen Mehrkosten gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B wirksam entstanden.
d)
Der Vorschussanspruch der Klägerin auf die geltend gemachten Mehrkosten infolge der Beauftragung eines Drittunternehmens (Firma M. … GmbH) ist in Höhe des geltend gemachten Teilbetrages von 20.000,00 € begründet.
Die Klägerin kann diesen Anspruch nach wie vor geltend machen, nachdem ihr Geschäftsführer anlässlich seiner persönlichen Anhörung durch den Senat vom 10.07.2012 glaubhaft bekundete, dass die Baustelle gegenwärtig noch nicht abgeschlossen ist.
Der Vorschussanspruch der Klägerin wegen der substantiiert dargelegten, durch das Angebot der Firma M. laut Anlage K10 auch ausreichend dokumentierten Mehrkosten liegt auch im Rahmen der Erforderlichkeit bei gleicher Bausoll-Leistung im Sinne von § 13 Nr. 5 VOB/B. Insoweit ergibt sich zwar eine erhebliche Differenz zwischen dem Angebotsnettopreis des Beklagten laut Anlage K2 und dem Preis des ausführenden Drittunternehmens, der Firma M. … GmbH, in Höhe von 45.303,07 €. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Beklagte selbst ausführt, seine ursprüngliche Kalkulation weise Fehler auf, da sie die Besonderheiten der Baustelle nicht berücksichtigt habe. Er selbst hat im Rahmen dieses Rechtsstreits eine korrigierte Kalkulation (Anlage B 1) vorgelegt, die den Angebotspreis der Firma M. … GmbH, die nach der glaubhaften und unbestritten gebliebenen Darstellung des Geschäftsführers der Klägerin der nächstgünstigste Bieter gewesen ist, sogar noch übersteigt. Der Anlage K10 und der diesbezüglich gefertigten Aufstellung der Klägerin lässt sich auch die beklagtenseits bestrittene Identität mit der ursprünglichen Leistungsbeschreibung in der gebotenen Eindeutigkeit entnehmen. Vor diesem Hintergrund bestehen für den Senat keine Zweifel daran, dass die Kosten für die Ausführung der Abbrucharbeiten durch ein Drittunternehmen jedenfalls den Betrag des hier im Wege der Teilklage geforderten Betrages von 20.000 EUR erreichen. Im Rahmen einer Vorschussklage kommt es auf die Frage, ob die Klägerin tatsächlich mit der M. … GmbH einen entsprechenden Werkvertrag geschlossen hat, nicht an. Es geht vorliegend um einen Vorschuss- und nicht um einen Schadensersatzanspruch. Ein Vorschuss kann auch im Vorfeld einer Beauftragung und unabhängig von der Person eines Drittunternehmens begehrt werden. Wesentlich ist nur, dass die entstehenden Mehrkosten hinreichend unterlegt sind, was nach den vorstehenden Ausführungen gerade der Fall ist. Ebenso unerheblich ist, ob die vom Drittunternehmen angesetzten Preise ortsüblich sind, zumal der Beklagte selbst eine Nachkalkulation vorgelegt hat, die die Angemessenheit der Kalkulation der Firma M. bestätigt (Anlage B1).
Soweit der Beklagte Ausschreibungsfehler, insbesondere die fehlende Ausweisung eines besonderen Wagnisses, behauptet hat, verbleibt der insoweit unsubstantiierte Vortrag an der Oberfläche. Letztendlich ist aber zu berücksichtigen, dass die Klägerin lediglich eine Vorschusszahlung in Höhe eines Teilbetrages der ausgewiesenen Mehrkosten von 45.303,07 € verlangt. Mehrkosten in der klageweise geltend gemachten Höhe von 20.000,00 € sind aus derzeitiger Sicht auf jeden Fall zu erwarten; das bestätigt letztendlich auch die vom Beklagten selbst vorgelegte Nachkalkulation (Anlage B1).
Eine konkrete Berechnung des Gesamtschadensersatzanspruches (§ 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B) der Klägerin gegenüber dem Beklagten ist allerdings erst nach abschließender Abrechnung der Leistung des Drittunternehmens möglich. Erst dann lässt sich feststellen, ob über den hier begründeten Vorschussbetrag hinausgehende Mehrkosten vom Beklagten als Schadensersatz der Klägerin zu erstatten sind oder ob eine Verringerung der erwarteten Mehrkosten einen Rückforderungsanspruch des Beklagten begründet. Der hier zugesprochene Anspruch auf Vorschusszahlung in Höhe von 20.000,00 € steht dieser abschließenden Abrechnung jedenfalls nicht entgegen.
d)
Der Anspruch der Klägerin auf Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 291, 288 BGB.
2.)
Die Widerklage ist unbegründet, nachdem ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B wegen der Nichtausführung der vertraglich vereinbarten Abbrucharbeiten grundsätzlich zu bejahen ist (vgl. Ziffer II. 1. dieses Urteils).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 543 Abs. 2 ZPO vorlag.