VG Gelsenkirchen – Az.: 6 K 2181/19 – Urteil vom 27.09.2021
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und zu 3. Die übrigen Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Löschung einer Baulast.
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks M. Straße (Gemarkung P. , Flur … , Flurstück… ) in Bergkamen. Das Grundstück ist mit einem Wohnhaus sowie einer Garage bebaut. Ein Bebauungsplan existiert für diesen Bereich nicht, der Flächennutzungsplan stellt „Wohnbaufläche“ dar.
Auf den nordwestlich angrenzenden Grundstücken M. Straße (Gemarkung P. , Flur… , Flurstück… ), M. Straße (Gemarkung P. , Flur… , Flurstücke… , ….,…. ) und M. Straße /Am L.-graben (Gemarkung P. , Flur , Flurstück ) befinden sich drei Reihenhäuser und eine Garage. Eigentümer sind der Beigeladene zu 1. (M. Straße und ) sowie die Beigeladenen zu 4. (M. Straße /Am L.-graben ). Erbbauberechtigt sind hinsichtlich des Grundstücks M. Straße die Beigeladene zu 3. und hinsichtlich des Grundstücks M. Straße die Beigeladenen zu 2.
Weitere Einzelheiten sind dem nachfolgenden Kartenausschnitt zu entnehmen:
An dieser Stelle befindet sich in der Originalentscheidung eine Skizze
Am 7. Mai 1996 schlossen die Kläger einen notariellen Vertrag über den Kauf des Grundstücks M. Straße . Zu diesem Zeitpunkt bildeten die heutigen Flurstücke und bis noch ein einziges Grundstück (Flurstück . Dieses Grundstück war seit 1964 mit einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit belastet, der zufolge auf dem Grundstück ein Abwasserkanal angelegt und unterhalten werden darf. Dieser in den sechziger Jahren wohl bereits vorhandene Kanal verläuft vom Wendekreis der Straße „Am L.-graben “ an der nordwestlichen Außenwand des Hauses Nr. entlang zur M. Straße hinab.
Nach dem Kaufvertrag vom 7. Mai 1996 sollte das Grundstück (Flurstück ) in drei Einzelgrundstücke geteilt werden; die Kläger sollten das entstehende südöstliche Grundstück mit dem aufstehenden Wohnhaus M. Straße erhalten. Die übrigen Flächen waren seinerzeit offenbar weitgehend unbebaut. Der Kaufvertrag sah vor, dass der unmittelbar nordwestlich des Hauses M. Straße gelegene Grundstücksstreifen dem nordwestlichen Teilgrundstück zugeschlagen wird und die Kläger ein Nutzungsrecht an diesem Streifen erhalten. Tatsächlich wurde das Flurstück jedoch mit den dem obigen Kartenausschnitt zu entnehmenden Grenzen abgeteilt, der in Rede stehende Grundstücksstreifen also dem Grundstück der Kläger zugeschlagen. Der Grund dafür ist unklar; denkbar ist, dass die geplante Teilung wegen der Abstandsflächen oder wegen der in der Giebelwand des Hauses M. Straße vorhandenen Fenster nicht genehmigt wurde.
Die Voreigentümer und die Kläger schlossen am 21. Januar 1997 einen ergänzenden Vertrag, dem zufolge das Grundstück M. Straße nunmehr in der entstandenen, um den Grundstücksstreifen erweiterten Gestalt in das Eigentum der Kläger übergehen sollte, ohne den in dem Vertrag vom 7. Mai 1996 vereinbarten Kaufpreis zu erhöhen. Die Kläger erklärten sich im Gegenzug bereit, die Anlegung eines Weges auf dem Streifen durch die Grundstücksnachbarn zu dulden.
Am 12. März 1997 wurden die Kläger auf der Grundlage der in dem Ergänzungsvertrag vom 21. Januar 1997 enthaltenen Auflassung als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.
Mit Schreiben vom 16. Juni 1997 legte Rechtsanwalt X. aus Lünen (heute Prozessbevollmächtigter der Beigeladenen zu 3.) der Beklagten eine „Verpflichtungserklärung der Eheleute U. und E. P1. “ vor und bat um Eintragung einer Baulast. Gegenstand war ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht an dem beschriebenen Grundstücksstreifen zugunsten des neu entstandenen nordwestlichen Nachbargrundstücks. Die betroffene Fläche ist auf dem beigefügten Plan markiert:
An dieser Stelle befindet sich in der Originalentscheidung eine Skizze
Die vorgelegte Verpflichtungserklärung trägt handschriftliche Unterschriften mit den Namen „T. P1. “ und „D. P1. “ sowie – auf der Rückseite – den durch den Notar F gezeichneten und gesiegelten Vermerk:
„Die umseitig vor mir geleisteten Unterschriften der Eheleute U. P1. und E. P1. , wohnhaft M. Str. , C. , jeweils von Person bekannt, werden hiermit öffentlich beglaubigt.“
Die Baulast wurde am 6. August 1997 antragsgemäß in das Baulastenverzeichnis der Beklagten eingetragen (Baulastblatt 2954 Nr. 1). Den Klägern wurden ausweislich der Akten der Bauaufsichtsbehörde eine beglaubigte Kopie des Baulastblattes und ein entsprechender Gebührenbescheid übersandt. Ebenfalls am 6. August 1997 eingetragen wurde eine Baulast zu Lasten des Grund- und Flurstücks , nämlich ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht betreffend einen drei Meter breiten Streifen am östlichen Grundstücksrand – in Verlängerung der auf dem Grundstück der Kläger liegenden Baulastfläche – zu Gunsten des übrigen Grund- und Flurstücks (Baulastblatt 2953 Nr.1). Gemeinsam bilden die Baulastflächen einen durchgehenden, geraden Streifen vom Wendekreis der Straße Am L.-graben zur M. Straße.
Bereits am 3. Juli 1997 war die Baugenehmigung für die heutigen Häuser Nr. , und erteilt worden. Die Genehmigung enthält die Auflage, auf dem Grundstück mindestens sechs Stellplätze anzulegen, sowie unter anderem diese Hinweise:
1. Die Geh-, Fahr- und Leitungsrechte wurden auf dem Flurstück durch Baulasteintragung öffentlich-rechtlich gesichert.
2. Zur Absicherung des Kanalanschlusses an den öffentlichen Straßenkanal sind nach beabsichtigter Teilung Baulasten (Leitungsrecht) erforderlich.
Im August 1998 wurden aus der Fläche des damaligen Flurstücks drei Buchgrundstücke gebildet, nämlich das Grundstück Nr. (Flurstück ), das Grundstück Nr. (Flurstücke , , ) und das Grundstück Nr. (Flurstück ). An allen drei Grundstücken wurden Erbbaurechte begründet (bei Nr. später gelöscht). Die Flurstücke und waren bereits zuvor abgetrennt und als eigene Buchgrundstücke eingetragen worden, und zwar auf einem gemeinsamen Grundbuchblatt mit den Grundstücken Am L.-graben bzw. .
Für das Wohnhaus M. Straße wurde am 5. November 1998 eine weitere Baulast zu Lasten des Grundstücks der Kläger eingetragen (Baulastblatt 2954 Nr. 2), nämlich eine Abstandsflächenbaulast für eine kleine Fläche in der nordwestlichen Grundstücksecke. Auf dem zugehörigen Amtlichen Lageplan ist die frühere Baulast als drei Meter breiter Streifen dargestellt.
Im November 1999 bewilligten die Kläger die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Gelsenwasser AG in das Grundbuch. Gegenstand ist das Recht, Wasserleitungen und Zubehör innerhalb eines drei Meter breiten Schutzstreifens zu verlegen. Auch dies betrifft den nordwestlich des Wohnhauses der Kläger befindlichen Grundstücksstreifen.
Unter dem 12. Oktober 2000 genehmigte die Beklagte noch die Errichtung einer Garage auf dem Flurstück .
Im Juni 2016 wurde auf dem Baulastblatt 2954 – offenbar von Amts wegen – die folgende Eintragung vorgenommen:
„Das unter lfd. Nr. 1 begünstigte Grundstück Gemarkung P. , Flur , Flurstück Nr. , ist katasteramtlich fortgeschrieben worden und führt nunmehr die Bezeichnung P. , Flur… , Flurstücke… , …, …,… ,… ,… ,… .“
Unter dem 17. Mai 2017 wandten sich die Kläger an die Beklagte und erklärten, es gebe schon seit Jahren Probleme mit der Nachbarschaft („M. Straße , sowie L.-graben „). Die Nachbarn benutzten ihr Grundstück, obwohl es kein privatrechtliches Wegerecht gebe. Sie bäten um Löschung des „öffentlich-rechtlichen Wegerechts“. Die Beklagte antwortete unter dem 31. Mai 2017, die Baugenehmigung für die Häuser Nrn. , und sei 1997 erteilt worden, diejenige für die Garage im Jahre 2000. Auf dem Grundstück der Kläger liege ein entsprechendes Geh-, Fahr- und Leitungsrecht. Auch die Entwässerung laufe über ihr Grundstück. Von Seiten der Stadt bestehe daher keine Handhabe.
In der Folgezeit errichteten die Kläger eine Mauer aus Pflanzsteinen an der Grenze zwischen ihrem und dem Grundstück M. Straße , also am nordöstlichen Ende der Baulastfläche. Die Beklagte forderte sie mit Ordnungsverfügung vom 2. Februar 2018 auf, diese Mauer zu entfernen, da sie das öffentlich-rechtlich gesicherte Geh- und Fahrrecht blockiere. Nach Festsetzung eines Zwangsgeldes und sodann der Ersatzvornahme kamen die Kläger dieser Aufforderung nach.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2018 beantragten die Kläger durch ihren Prozessbevollmächtigten, die im Baulastverzeichnis der Beklagten eingetragene Baulast „Geh-, Fahr- und Leitungsrecht“ zu löschen. Die Baulasteintragung sei wegen Unbestimmtheit nichtig. Denn der verwendete Lageplan weise nicht den notwendigen Mindestinhalt auf. Zudem sei die Baulast unzulässig erweitert worden, als sie auf die neu entstandenen Grundstücke umgeschrieben worden sei. Ferner fehle auf der Verpflichtungserklärung die Unterschrift der Voreigentümer, der Eheleute S. . An einem Fahrrecht bestehe überdies kein öffentlich-rechtliches Interesse. Denn zum Grundstück Nr. hin ende die Baulastfläche an einer Treppe.
Mit Bescheid vom 28. März 2019 (zugestellt am 3. April 2019) lehnte die Beklagte – nach vorheriger Anhörung – den Antrag auf Löschung der Baulast ab. Zur Begründung führte sie aus, das öffentliche Interesse an der Baulast bestehe unverändert fort, weil die Erschließung der betreffenden Grundstücke andernfalls nicht gesichert sei. Die Baulast sei infolge der von den Klägern unterzeichneten Verpflichtungserklärung wirksam zustande gekommen. Sie sei nach Lage der Dinge auch hinreichend bestimmt.
Am 3. Mai 2019 haben die Kläger Klage erhoben.
Zur Begründung führen sie aus: Das Baulastenverzeichnis sei unrichtig, weil eine unwirksam begründete Baulast eingetragen sei.
Die Baulast sei schon unwirksam, weil keine wirksame Verpflichtungserklärung vorliege. Sie hätten die Verpflichtungserklärung nicht unterzeichnet. Wie ihre Unterschriften auf die Erklärung kämen und wie es zu ihrer notariellen Beglaubigung gekommen sei, könnten sie sich nicht erklären. Es handele sich um Urkundenfälschung. Sie hätten seinerzeit noch in Verhandlungen mit dem Bauträger über die Entschädigung für die Nutzung ihres Grundstücks gestanden, als dieser plötzlich Fakten geschaffen und die Reihenhäuser gebaut habe. Seitdem benutzten alle Beteiligten kostenlos ihr Grundstück. Die Verpflichtungserklärung sei zudem unvollständig. Denn sie weise im Rubrum neben ihnen auch die Voreigentümer S. auf, die aber nicht unterzeichnet hätten. Schließlich hätten sie die Baulasteintragung auch nicht beantragt; der handelnde Rechtsanwalt X. habe sie nicht vertreten.
Die Baulast genüge zudem nicht dem Bestimmtheitserfordernis, weil Lage und Ausdehnung der Baulastfläche auf dem Lageplan nicht eindeutig wiedergegeben seien. Die schraffierte Fläche stimme auch nicht mit der Grundstücksgrenze überein. Die von der Beklagten angenommene Breite der Baulastfläche von drei Metern sei den maßgeblichen Unterlagen nicht zu entnehmen.
Es sei im Übrigen auch kein hinreichend konkreter Vorhabenbezug erkennbar. Eine baurechtliche Relevanz für alle sieben Flurstücke sei nicht erkennbar. Die Flurstücke bis hätten mit ihrem Grundstück nicht einmal eine gemeinsame Grenze. Ein öffentliches Interesse könne insoweit nicht bestehen. Das Grundstück M. Straße liege unmittelbar an der öffentlichen Verkehrsfläche. Das Grundstück M. Straße verfüge auch über ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht über das Flurstück . Das Grundstück M. Straße liege unmittelbar an der Straße Am L.-graben . Man habe im Übrigen hinsichtlich der Erforderlichkeit zwischen Gehrecht, Fahrrecht und Leitungsrecht zu unterscheiden.
Die Kläger beantragen, die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 28. März 2019 zu verpflichten, die Baulast „Geh-, Fahr- und Leitungsrecht zu Gunsten des Grundstücks Gemarkung P. , Flur , Flurstück “ und zu Lasten des Grundstücks Gemarkung P. , Flur… , Flurstück… , Baulastblatt 2954 lfd. Nr. 1, zu löschen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie macht zur Begründung geltend: Die Baulast sei wirksam entstanden. Einer Unterschrift durch die Voreigentümer habe es nicht bedurft, weil im Zeitpunkt der Unterzeichnung die Kläger bereits Eigentümer des Grundstücks gewesen seien. Obwohl die Kläger eine Abschrift des Baulastblattes und einen Gebührenbescheid zu der Eintragung erhalten hätten, seien sie der Eintragung nicht entgegen getreten. Die Baulastfläche sei hinreichend bestimmbar, weil sie durch drei Grenzpunkte und die Hauswand bzw. die Fortsetzung der entsprechenden Flucht markiert werde. Zudem sei die Baulast wenig später auf dem Amtlichen Lageplan zu der Abstandsflächenbaulast vom November 1998 entsprechend dargestellt worden. Auch dagegen hätten die Kläger keine Einwände erhoben.
Das öffentliche Interesse an der Baulast zugunsten der Flurstücke und bestehe fort, weil die dort genehmigten und errichteten Stellplätze/Garagen nur über die Baulastfläche angefahren werden könnten. Zugunsten des Flurstücks bestehe möglicherweise dann kein Interesse mehr, wenn eine Erschließung über das Flurstück hergestellt werde und eine Verbindung zwischen der M. Straße, dem Garagengrundstück () und dem Flurstück über das Flurstück entsprechend gesichert sei. Aufgrund des Leitungsrechts zulasten des Flurstücks seien allerdings die Versorgungsleitungen zu den Flurstücken , und angelegt worden und würden instand gehalten.
Die Beigeladenen zu 1. und zu 3. beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beigeladenen zu 2. und zu 4. stellen keinen Antrag.
Parallel zu dem vorliegenden Verfahren sind offenbar Streitverfahren vor dem Amtsgericht Kamen und dem Landgericht Dortmund zwischen den Nachbarn geführt worden. Die Eigentümer des Grundstücks M. Straße haben hinsichtlich der Nutzung des Grundstücksstreifens eine Unterlassungserklärung abgegeben, soweit nicht die Benutzung der Garage auf dem Flurstück betroffen ist.
Am 3. November 2020 haben die Kläger einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt (6 L 1492/20), der von der Kammer mit Beschluss vom 8. Januar 2021 abgelehnt worden ist.
Am 22. April 2021 hat die Beklagte auf Anregung des Gerichts auf die Begünstigung der Flurstücke und durch die streitgegenständliche Baulast (Baulastblatt 2954 Nr. 1, 3) verzichtet und diese insoweit im Baulastenverzeichnis gelöscht. Die zunächst ausgesprochene Beiladung der Eigentümer auch dieser Grundstücke zum vorliegenden Klageverfahren ist daher mit Beschluss des Gerichts vom 19. Mai 2021 aufgehoben worden.
In der mündlichen Verhandlung vom 27. September 2021 hat die Beklagte überdies die Erklärung abgegeben, dass sie auf die streitgegenständliche Baulast auch insoweit verzichte, als diese ein Geh- und Fahrrecht zugunsten des Grundstücks M. Straße /Am L.-graben (Flurstück ) beinhalte.
Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
Unzulässig (geworden) ist die Klage, soweit die Beklagte dem Begehren der Kläger inzwischen entsprochen hat, indem sie auf die Baulast teilweise verzichtet hat. Dies ist im April 2021 in Bezug auf das Geh-, Fahr- und Leitungsrecht für die Flurstücke und sowie in der mündlichen Verhandlung in Bezug auf das Geh- und Fahrrecht für das Flurstück geschehen. Insoweit geht die Klage nunmehr ins Leere. Der Anregung des Gerichts, das Klageverfahren hinsichtlich dieses Teils des Streitgegenstands für in der Hauptsache erledigt zu erklären, sind die Kläger nicht gefolgt.
Hinsichtlich der nach dem Teilverzicht noch verbliebenen Baulast ist die Klage zulässig. Sie ist insbesondere als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft, da die Löschung einer Baulast – ebenso wie deren Eintragung – einen Verwaltungsakt darstellt.
Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 21. November 2017 – 2 A 1393/16 -, juris (Rn. 45), m.w.N; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. August 2012 – 6 K 5319/20 -, juris (Rn. 48).
Soweit sie zulässig ist, ist die Klage unbegründet. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 28. März 2019 ist hinsichtlich des noch verbliebenen Teils der in Rede stehenden Baulast rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO); die Kläger haben keinen Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen (Rest-) Baulast. Weder ist das Baulastenverzeichnis wegen der Eintragung einer unwirksamen Baulast unrichtig (dazu nachfolgend I.), noch hat die Beklagte auf die Baulast mangels öffentlichen Interesses gemäß § 85 Abs. 3 Bauordnung (BauO) NRW 2018 zu verzichten (dazu nachfolgend II.).
I.
Einen Anspruch auf Löschung hat derjenige, der durch eine zur Unrichtigkeit des Baulastenverzeichnisses führende Eintragung in seinen Rechten verletzt wird. Unrichtig ist das Baulastenverzeichnis, wenn die eingetragene Baulast von vornherein nicht entstanden ist, das heißt nach den maßgeblichen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen unwirksam bzw. nichtig ist, oder nicht mehr besteht.
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 19. Juli 2017 – 7 A 1835/14 -, juris (Rn. 25), und vom 21. November 2017 – 2 A 1393/16 -, juris (Rn. 134 ff.), m.w.N.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. August 2012 – 6 K 5319/20 -, juris (Rn. 58).
1.
Zur Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Baulast führende Mängel des Eintragungsvorgangs liegen nicht vor.
Für die Eintragung einer Baulast war seinerzeit nach § 83 Abs. 1 und 2 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 7. März 1995 (GVBl. NRW S. 218) eine schriftliche Verpflichtungserklärung des Grundstückseigentümers erforderlich, wobei dessen Unterschrift öffentlich beglaubigt oder vor einer Bauaufsichtsbehörde geleistet oder von ihr anerkannt sein musste. Im Wesentlichen dieselben Voraussetzungen statuieren im Übrigen auch die nachfolgenden Bauordnungen 2000 und 2018.
Eine solche Verpflichtungserklärung lag seinerzeit vor. Mit der Erklärung vom 13. Juni 1996 (Nr. 2439) wurde die in Rede stehende Verpflichtung – ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht zugunsten des Grundstücks Gemarkung P. , Flur , Flurstück – übernommen. Die auf der Erklärung angebrachten Unterschriften sind auch gemäß § 129 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) öffentlich beglaubigt, nämlich durch den unterzeichneten und gesiegelten Beglaubigungsvermerk des Notars F auf der Rückseite der Originalurkunde. Mängel dieser Beglaubigung sind nicht ersichtlich. Dass die von den Klägern vorgelegte beglaubigte Abschrift der Urkunde kein Siegel aufweist, ist damit zu erklären, dass es sich nicht um das Original der Verpflichtungserklärung handelt.
Dass im Text der Urkunde neben den Klägern auch die Voreigentümer, Eheleute S. , als Erklärende benannt sind, diese aber nicht unterschrieben haben, ist unschädlich. Für die Begründung der Baulast war allein die Unterschrift der Grundstückseigentümer erforderlich. Maßgeblich sind nämlich die Eigentumsverhältnisse im Zeitpunkt der Eintragung.
Vgl. nur Kamp, in: Schönenbroicher/Kamp, BauO NRW, Kommentar, 2012, § 83 Rn. 20.
Die Kläger sind am 12. März 1997 in das Grundbuch eingetragen worden; im Zeitpunkt der Baulasteintragung am 6. August 1997 waren sie also Eigentümer. Einer Erklärung der Voreigentümer bedurfte es nicht mehr.
Dass der der Verpflichtungserklärung beigefügte Lageplan nicht den Anforderungen des § 12 Bauprüfverordnung 1995 (heute § 18 BauPrüfVO) entspricht, führt nicht zur Unwirksamkeit der Erklärung. Denn es handelt sich um eine reine Verfahrensvorschrift ohne materiellen Gehalt; dass der Verordnungsgeber hier eine Regelung über die Wirksamkeit von flächenbezogenen Baulasten hat treffen wollen, ist nicht anzunehmen.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2013 – 2 A 2554/12 -, juris (Rn. 27).
Soweit die Kläger geltend machen, zur Einräumung eines entsprechenden Nutzungsrechts und zur Abgabe der Verpflichtungserklärung seien sie nach dem von ihnen mit den Voreigentümern geschlossenen Grundstückskaufvertrag nicht verpflichtet gewesen, ist dies für die Wirksamkeit der Verpflichtungserklärung irrelevant. Es liegt im Wesen des Instituts der öffentlich-rechtlichen Baulast, dass die mit ihr bezweckte Sicherung der Genehmigungsvoraussetzungen des begünstigten Bauvorhabens gegenüber den privatrechtlichen Rechtsverhältnissen verselbständigt ist.
So etwa OVG NRW, Urteil vom 21. November 2017 – 2 A 1393/16 -, juris (Rn. 109), m.w.N.
Soweit die Kläger schließlich geltend machen, die Unterschriften auf der Verpflichtungserklärung seien gar nicht von ihnen geleistet worden, sondern das Ergebnis einer Urkundenfälschung, vermag die Kammer ihnen nicht zu folgen. Dabei ist zunächst festzustellen, dass die auf der Urkunde vorhandenen Unterschriften den Unterschriften der Kläger auf von ihnen nicht in Zweifel gezogenen Dokumenten (z.B. Kaufvertrag vom 7. Mai 1996, Verpflichtungserklärung zur Abstandsflächenbaulast vom 4. November 1998) entsprechen, soweit dies für den Laien erkennbar ist. Zudem ist der Vollzug der Unterschriften durch die Kläger von dem Notar F formgerecht öffentlich beglaubigt worden. Zwar sind die Verpflichtungserklärung und auch der Beglaubigungsvermerk wohl keine öffentlichen Urkunden im Sinne von § 415 Zivilprozessordnung, weil es sich hier nicht um eine vor dem Notar abzugebende Erklärung handelt.
Vgl. Schreiber, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 415 Rn. 22.
Dennoch ist die notarielle Beglaubigung ein sehr starkes Indiz dafür, dass die Unterschriften von den Klägern geleistet worden sind. Dies gilt umso mehr, als der Notar die Kläger in seinem Beglaubigungsvermerk als „von Person bekannt“ bezeichnet, was auch ohne weiteres plausibel ist, weil er die Kläger ausweislich der von ihnen selbst vorgelegten Unterlagen in den Jahren 1996/97 im Zusammenhang mit Rechtsstreitigkeiten zwischen ihnen, den Voreigentümern sowie den Herren Blau und Scholz („Bauträger“) vertreten hat. Dass die Verpflichtungserklärung sodann durch einen anderen Rechtsanwalt mit der Bitte um Baulasteintragung an die Bauaufsichtsbehörde weitergeleitetet worden ist, besagt in diesem Zusammenhang nichts, denn die Eintragung der Baulast erfolgte im Interesse der Bauherrn der Häuser M. Straße , , . Gegen eine Fälschung der Verpflichtungserklärung spricht ferner, dass den Klägern nach der Eintragung der Baulast offenbar eine Kopie des Baulastblattes und ein Gebührenbescheid übersandt worden sind, ohne dass sie sich gegen die zu Lasten ihres Grundstücks vorgenommene Eintragung zur Wehr gesetzt hätten. Darüber hinaus ist anzumerken, dass in dem Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 20. Dezember 2018, mit dem die Löschung der Baulast gegenüber der Beklagten beantragt worden ist, von einer Fälschung der Unterschriften noch keine Rede ist, obwohl dieses Schreiben sich intensiv mit vermeintlichen Mängeln der Verpflichtungserklärung befasst.
Soweit die Kläger vortragen, die Unterschriften könnten schon deshalb nicht von ihnen stammen, weil sie für die Abgabe der entsprechenden Erklärung, mit welcher der Nachbarschaft die kostenlose Benutzung des von ihnen erworbenen Grundstücks ermöglicht werde, keinerlei Motiv gehabt hätten, vermag auch dies nicht zu überzeugen. Festzustellen ist zunächst, dass im Zusammenhang mit der seinerzeitigen Grundstücksteilung auch die Kläger auf Erklärungen ihrer Nachbarn angewiesen waren. So konnte der rückwärtige Anbau des von ihnen erworbenen Hauses nur deshalb grenzständig verbleiben, weil die Erwerber Blau und Scholz zulasten des Flurstücks 544 eine Abstandsflächenbaulast bewilligten. Vor allem aber ist der Ablauf des Grundstücksverkaufs an die Kläger zu berücksichtigen: Nach dem im Mai 1996 geschlossenen Kaufvertrag sollten die Kläger zum Kaufpreis von 200.000,- DM ein Grundstück erwerben, das unmittelbar an der nordwestlichen Hauswand des Gebäudes Nr. endet und „ca. 627 qm“ aufweist. Da eine entsprechende Grundstücksteilung offenbar nicht umsetzbar war, wurde dem Grundstück der Kläger nachträglich noch der vor dieser Hauswand liegende Grundstücksstreifen zugeschlagen, auf dem heute die streitgegenständliche Baulast liegt. Die Kläger haben somit aufgrund des Kaufvertrages vom 7. Mai 1996 letztlich ein Grundstück von 653 qm erhalten, aber nach dem vorgelegten Ergänzungsvertrag vom 21. Januar 1997 und ausweislich des von ihnen vorgelegten Überweisungsauftrags den vereinbarten Kaufpreis von 200.000,- DM gezahlt. Wenn den Klägern der betreffende Streifen überlassen worden ist, ohne dass sie dafür einen entsprechend höheren Kaufpreis haben zahlen müssen, so wäre die Bewilligung der streitgegenständlichen Baulast nicht „kostenlos“ erfolgt, sondern wohl als Gegenleistung für die Übertragung des vergrößerten Grundstücks. Der tatsächlichen Herstellung eines Weges auf ihrem Grundstück auf Kosten der Nachbarn haben die Kläger in dem vorgelegten Ergänzungsvertrag jedenfalls zugestimmt. Die rechtliche Sicherung dieses Weges durch Baulast war, obwohl in dem Ergänzungsvertrag nicht erwähnt, dann nur eine konsequente Folge.
Die von den Klägern hervorgehobene Urkunde vom 30. Oktober 1996 (Nr. 61/1996 der Urkundenrolle des Notars Töllner), in welcher die Voreigentümer (vertreten durch eine Notariatsangestellte) der Eintragung der Kläger als Grundstückseigentümer vorbehaltlos zugestimmt haben, vermag an den vorstehenden Überlegungen nichts zu ändern. Denn die Umstände der Erstellung dieser Urkunde sind letztlich unklar. Zur Eintragung der Kläger in das Grundbuch hat sie jedenfalls nicht geführt, wie dem Eintragungsvermerk auf Blatt 11047 des Grundbuchs von C. zu entnehmen ist. Grundlage der Eintragung war ausweislich des dortigen Vermerks die in dem Ergänzungsvertrag vom 21. Januar 1997 erklärte Auflassung.
2.
Die Baulast ist auch nicht wegen fehlender Bestimmtheit unwirksam.
Eine Baulast ist hinreichend bestimmt, wenn sie Inhalt und Umfang der auf das Grundstück zu übernehmenden Verpflichtung eindeutig erkennen lässt. Es ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass durch Auslegung entsprechend den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB die Belastung des Grundstücks ermittelt werden kann. Die Möglichkeit und damit auch die Notwendigkeit der Konkretisierung sind unterschiedlich je nach dem Inhalt der übernommenen Verpflichtung. Wenn auf einen Lageplan Bezug genommen wird, muss dieser die beachtlichen örtlichen Verhältnisse richtig und genau, jedenfalls bestimmbar, wiedergeben.
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 19. Juli 2017 – 7 A 1835/14 -, juris (Rn. 27), und vom 21. November 2017 – 2 A 1393/16 -, juris (Rn. 128 ff.), sowie Beschlüsse vom 30. Oktober 2013 – 2 A 2554/12 -, juris (Rn. 15 ff.).
Grundsätzlich ist ein Lageplan dabei zu vermaßen, damit die tatsächliche Lage der Baulastfläche bestimmt werden kann.
Vgl. nur VG Gelsenkirchen, Urteile vom 14. September 2010 – 6 K 6441/08 -, juris (Rn. 120), und vom 29. April 2016 – 9 K 1541/14 -, juris (Rn. 43).
Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Lageplan in jeder Hinsicht den Anforderungen des § 18 BauPrüfVO (vorliegend: § 12 BauPrüfVO 1995) genügt. Denn es handelt sich – wie oben bereits aufgezeigt – um eine reine Verfahrensvorschrift; die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Baulast hat der Verordnungsgeber damit hingegen nicht regeln wollen und aus normhierarchischen Gründen wohl auch nicht abschließend regeln können.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 30. Oktober 2013 – 2 A 2554/12 -, juris (Rn. 27), und vom 18. Mai 2018 – 10 A 609/17 -, juris (Rn. 9).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Bestimmtheit der streitgegenständlichen Baulast zwar nicht ganz unproblematisch, der Inhalt der übernommenen Verpflichtung lässt sich aber im Ergebnis mit hinreichender Genauigkeit feststellen.
In der Verpflichtungserklärung selbst ist die Baulastfläche überhaupt nicht beschrieben. Der ihr beigefügte und in Bezug genommene Lageplan stellt die Fläche dar, ist jedoch für sich genommen wenig präzise. Es handelt sich zwar um einen Auszug aus dem amtlichen Kataster. Dieser ist aber nicht vermaßt und weist einen recht groben Maßstab auf (wohl 1:1000). Überdies ist die ebenfalls nicht vermaßte Baulastfläche eher ungenau in diesen Plan (grün) eingetragen.
Dennoch sind die Anforderungen an die Bestimmtheit im Ergebnis noch gewahrt, weil sich der Inhalt der Baulast anhand der sonstigen Umstände präzise erkennen lässt. Die von der Baulast erfasste Fläche wird von der nordwestlichen Hauswand des Gebäudes M. Straße / und den drei Grundstücksgrenzen in diesem Bereich begrenzt. Hinsichtlich der beiden schmalen Enden der Fläche ergibt sich dies schon aus der Natur der Sache; ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht ergibt nämlich nur dann Sinn, wenn es das Grundstück von der einen bis zur anderen Seite vollständig erfasst. Hinsichtlich der Hauswand ist auch die Grüneintragung nicht zweifelhaft. Problematisch bleibt die nordwestliche Begrenzung der Baulastfläche, weil der grüne Begrenzungsstrich hier erkennbar nicht auf der die Flurstücksgrenze markierenden Linie verläuft. Dass der leicht gebogene Verlauf der grünen Linie einem bestimmten Zweck dienen könnte, lässt sich allerdings ausschließen; er ist vielmehr das Ergebnis mangelnder Sorgfalt. Für den Ersteller des Plans war offenbar klar, dass die genannten vier Linien die Baulastfläche begrenzen. Unter der Grüneintragung ist im Übrigen eine schwarze Schraffur zu erkennen, welche die Baulastfläche mit genau diesen Grenzen markiert; es scheint also ein einigermaßen präziser Plan vorgelegen zu haben, der dann noch einmal „eingegrünt“ worden ist.
Für die angenommene Begrenzung der Fläche – und damit eine Breite von drei Metern – sprechen aber auch die Umstände des Zustandekommens der Baulast. Wie oben referiert, sollte das den Klägern zu übereignende Grundstück ursprünglich an deren nordwestlicher Hauswand enden und es sollte ein drei Meter breiter Streifen vor dieser Wand mit einem Wegerecht versehen werden, damit die Kläger die Rückseite ihres Grundstücks erreichen können. Nachdem die vereinbarte Teilung der Grundstücke sich als nicht umsetzbar erwies, wurde das den Klägern zu übereignende Grundstück indes neu zugeschnitten. Die Kläger erhielten den fraglichen Streifen mit einer Breite von drei Metern, welcher die Abstandsfläche der nordwestlichen Hauswand aufnimmt. Im Gegenzug sollte nun aber offenbar dem neu entstandenen Flurstück ein Wege- und Leitungsrecht auf dieser Fläche zustehen, um die Pläne für eine weitere Teilung und Bebauung dieses Flurstücks nicht einzuengen. Vor dem Hintergrund dieser objektiven, in den Akten und Registern nachvollziehbaren Historie spricht alles dafür, dass die Baulastfläche die vollen drei Meter einnimmt. Diese Breite entsprach im Übrigen auch der Praxis bei Zuwegungsbaulasten, die das Erfordernis einer „befahrbaren Zufahrt“ im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 1 BauO NRW 1995 herstellen sollten.
Vgl. dazu Gädtke/Böckenförde/Temme/Heintz, BauO NRW, Kommentar, 9. Aufl. 1998, § 4 Rn. 34.
Nach alledem besteht kein Zweifel, dass der volle Grundstücksstreifen zwischen der Hauswand der Kläger und der Grundstücksgrenze einschließlich seiner Fortsetzung vor und hinter dem Haus von der Baulast erfasst ist.
3.
Durch die im Jahre 1998 erfolgte Teilung des von der Baulast begünstigten Grundstücks (Flurstück ) in die Flurstücke bis und in mehrere Buchgrundstücke ist die Baulast nicht erloschen.
Die zugunsten eines Grund-/Flurstücks übernommene Baulast setzt sich nach dem Rechtsgedanken des § 1025 BGB im Falle einer Teilung an den neu entstandenen einzelnen Grund-/Flurstücken fort, wenn nicht die Baulast von vornherein auf einen bestimmten Teil des Ausgangsgrundstücks beschränkt war.
Vgl. zur Heranziehung der §§ 1025 f. BGB in diesem Kontext OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 – 8 A 1760/13 -, juris (Rn. 112); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 9. April 2019 – 6 K 9528/17 -, juris (Rn. 32 ff.).
Dem entspricht der im Juni 2016 auf dem Baulastblatt 2954 (unter Nr. 3) eingetragene Vermerk, dem zufolge das begünstigte Grundstück nunmehr die Flurstücksbezeichnung bis trägt. Das Baulastenverzeichnis ist mit dieser Eintragung lediglich an den bereits seit 1998 bestehenden Katasterzustand angepasst worden.
II.
Die Löschung der streitgegenständlichen Baulast kann auch nicht wegen eines Wegfalls des öffentlichen Interesses an ihr verlangt werden.
Gemäß § 85 Abs. 3 BauO NRW 2018 hat die Behörde den Verzicht auf die Baulast zu erklären, wenn ein öffentliches Interesse an ihr nicht mehr besteht; der Verzicht wird mit der Löschung der Baulast im Baulastenverzeichnis wirksam. Ist das öffentliche Interesse an der Baulast entfallen, hat der Eigentümer des belasteten Grundstücks einen Anspruch auf diese Verzichtserklärung und die Löschung, weil sein Grundstück grundlos öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterliegt.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. November 2017 – 2 A 1393/16 -, juris (Rn. 50), m.w.N.; Wenzel, in Gädtke u.a., BauO NRW, Kommentar, 13. Aufl. 2019, § 85 Rn. 69.
Das öffentliche Interesse am Fortbestand der Baulast ist weggefallen, wenn es nunmehr an der Sicherungsfähigkeit oder Sicherungsbedürftigkeit fehlt oder eine Änderung des im fraglichen Bereich geltenden Baurechts die Annahme rechtfertigt, dieses Interesses bestehe nicht mehr; baurechtswidrige Zustände dürfen dabei nicht geschaffen werden.
Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 21. November 2017 – 2 A 1393/16 -, juris (Rn. 54 ff.), sowie Beschlüsse vom 29. März 2010 – 7 A 663/10 -, juris (Rn. 14), und vom 11. Dezember 2020 – 2 A 953/20 -, juris (Rn. 20); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 12. Juli 2012 – 5 K 2628/10 -, juris.
Diese Voraussetzungen lagen in Bezug auf die baulastbegünstigten Flurstücke und vollständig und in Bezug auf das baulastbegünstigte Flurstück teilweise, nämlich hinsichtlich des Geh- und Fahrrechts, vor. Denn alle drei Flurstücke liegen unmittelbar an der Straße „Am L.-graben “ und bedürfen daher zu ihrer Erschließung keines Geh- und Fahrrechts. Die Flurstücke und bedürfen darüber hinaus auch keines Leitungsrechts, weil sich auf ihnen derzeit nur Garagen befinden und weil sie bei einer Änderung der Nutzung an die Leitungen und den Kanal in der genannten Straße angeschlossen werden können. Die Behörde hat daher auf Anregung des Gerichts einen entsprechenden Teilverzicht ausgesprochen.
Soweit die Baulast nach dem Teilverzicht noch wirksam ist, besteht nach wie vor ein öffentliches Interesse an ihr; die Kläger können einen Verzicht nicht verlangen.
Dies gilt zunächst für das zugunsten des Grundstücks M. Straße (Flurstücke , , ) bestehende Geh- und Fahrrecht, obwohl das Flurstück , auf dem das Wohnhaus selbst aufsteht, über eine ebenfalls durch Baulast gesicherte Wegeverbindung zu der Straße „Am L.-graben “ verfügt (Baulastblatt 2953 Nr. 1). Auf dem Flurstück hat die Beklagte nämlich am 12. Oktober 2000 eine PKW-Garage genehmigt. Diese Garage kann ohne eine Inanspruchnahme der Baulastfläche nicht angefahren werden. Denn die vor der Garage auf dem Flurstück selbst zur Verfügung stehende Fläche ist nur etwa drei Meter tief. Dies reicht zur Einfahrt in die Garage ersichtlich nicht aus (vgl. § 125 Abs. 2 Sonderbauverordnung). Eine PKW-Garage, die nicht (sicher) angefahren kann, kann indes nicht (ohne Missstände i.S.v. § 3 BauO NRW 2018) benutzt werden und ist daher nicht genehmigungsfähig.
Vgl. VGH B.-W., Urteil vom 17. September 1998 – 3 S 1208/96 -, juris (Rn. 25); der Sache nach wohl auch OVG NRW, Beschluss vom 17. Mai 2005 – 10 A 4550/02 -, juris.
Zudem würde eine Garage, die nicht angefahren werden kann, auch nicht die ihr aufgrund der Baugenehmigung für das Wohnhaus M. Straße vom 3. Juli 1997 zugedachte Funktion eines notwendigen Stellplatzes erfüllen.
Vgl. dazu VG Gelsenkirchen, Urteil vom 14. Juni 2011 – 6 K 4130/09 -, juris (Rn. 29).
Durch den Verzicht auf die Baulast würden hier also in mehrfacher Hinsicht baurechtswidrige Zustände entstehen.
Kommt somit eine Löschung des Wegerechts zugunsten des Flurstücks nicht in Betracht, so scheidet auch eine Löschung dieses Rechts zugunsten der Flurstücke und aus, und zwar wohl schon deshalb, weil alle drei Flurstücke ein einziges Buchgrundstück bilden. Auch hier lassen sich die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Grunddienstbarkeit sinngemäß heranziehen: Zwar erlischt die Grunddienstbarkeit bei Teilung, wenn das Recht dem abgetrennten Teil nicht zugutekommt (§ 1025 S. 2 BGB). Teilung i.S.v. § 1025 BGB ist aber nur die Zerlegung in mehrere selbständige Buchgrundstücke.
Vgl. Grziwotz, in: Erman, BGB, 16. Aufl.2020, § 1025 Rn. 1.
Hinzu kommt, dass die auf dem Flurstück aufstehende Garage – wie bereits gesagt – einen notwendigen Stellplatz für das Wohnhaus M. Straße darstellt. Es besteht somit ein öffentliches Interesse an der gesicherten Verbindung zwischen dem Flurstück und dem Flurstück , auf dem das Wohnhaus aufsteht. Ließe sich das Wohnhaus nämlich von der Garage aus nur umständlich erreichen, so müsste damit gerechnet werden, dass seine Bewohner häufig auf die Nutzung der Garage verzichten und das Fahrzeug in der Straße „Am L.-graben “ abstellen. Das Ziel der Stellplatzpflicht (§ 48 BauO NRW 2018), den öffentlichen Verkehrsraum von ruhendem Verkehr zu entlasten, würde damit verfehlt. An dem Fortbestand der Wegeverbindung zwischen dem Flurstück und dem Flurstück besteht damit ein öffentliches Interesse. Dass die Bewohner des Wohnhauses M. Straße derzeit de facto über das Grundstück M. Straße zu ihrer Garage gelangen, ändert an dem Fortbestand des öffentlichen Interesses nichts, da diese Wegeverbindung nicht öffentlich-rechtlich gesichert ist. Ob sich ein öffentliches Interesse an dem Geh- und Fahrrecht schließlich auch daraus ergibt, dass das Wohnhaus M. Straße von der M. Straße aus mit Feuerwehr- und Rettungsfahrzeugen etc. erreichbar sein sollte, mag nach alledem dahinstehen.
Auch bei dem Grundstück M. Straße (Flurstück ) ergibt sich das öffentliche Interesse an einem Fortbestand des baulastgesicherten Geh- und Fahrrechts vor allem aus der Genehmigung der dortigen Stellplätze. Infolge der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 3. Juli 1997 befinden sich zwischen dem Wohnhaus Nr. und der auf dem Flurstück aufstehenden Garage zwei genehmigte Stellplätze, die ohne ein Befahren der Baulastfläche nicht benutzbar sind und notwendige Stellplätze für das Wohnhaus darstellen. Nach der (nachvollziehbaren) Erklärung des Beigeladenen zu 1. in der mündlichen Verhandlung ist eine Erschließung des Grundstücks über eine eigene Zufahrt auf die M. Straße seinerzeit am Widerstand der Straßenbaubehörde gescheitert. Die genehmigten Stellplätze sind somit auf die Zufahrt über die Baulastfläche angewiesen. Ohne die Baulast würden damit auch hier baurechtswidrige Zustände eintreten.
Ob den Eigentümern und Erbbauberechtigten der Grundstücke M. Straße und zivilrechtliche Nutzungsansprüche in Bezug auf die Zuwegung zustehen, ist für den Fortbestand des öffentlichen Interesses an der Baulast ohne Bedeutung. Es liegt im Wesen des Instituts der öffentlich-rechtlichen Baulast, dass die mit ihr bezweckte Sicherung der Genehmigungsvoraussetzungen des begünstigten Bauvorhabens gegenüber den zivilrechtlichen Verhältnissen verselbständigt ist und unabhängig von den zivilrechtlichen Rechtspositionen der Beteiligten durchgesetzt werden kann.
Vgl. OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 6. November 2009 – 8 A 10851/09 -, juris (Rn. 7), mit weiteren Nachweisen.
Auch in Bezug auf das zugunsten der Grundstücke M. Straße , und bestehende Leitungsrecht hat die Behörde nicht auf die Baulast zu verzichten; ein Wegfall des öffentlichen Interesses an ihr kann auch insoweit nicht festgestellt werden. Keiner Sicherung durch Baulast zugunsten der drei Grundstücke bedarf allerdings der unter der Baulastfläche verlegte Abwasserkanal (DN 300). Denn hier handelt es sich nach Lage der Dinge um einen zwar vor Jahrzehnten in privater Regie gebauten, inzwischen aber öffentlichen Kanal, für den auf dem Grundbuchblatt eine Grunddienstbarkeit besteht und der auch Abwässer der Straße „Am L.-graben “ transportiert. Eine öffentlich-rechtliche Sicherung gerade zugunsten der Grundstücke M. Straße , und ist für diesen Kanal nicht erforderlich. Anders liegen die Dinge aber hinsichtlich der Hausanschlussleitungen und -kanäle der vorgenannten Grundstücke. Diese sind bei der Errichtung der Wohngebäude jedenfalls teilweise im Bereich der Baulastfläche verlegt worden. Ohne ihre ordnungsgemäße Herstellung hätte die Nutzung der Wohngebäude gemäß §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 Nr. 2, 82 Abs. 6 BauO NRW 1995 (jetzt §§ 3 Abs. 1 S. 1, 84 Abs. 8 S. 2 BauO NRW 2018) nicht aufgenommen werden dürfen und auch heute ist ihre ordnungsgemäße Instandhaltung gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 BauO NRW 2018 Voraussetzung für eine dem öffentlichen Baurecht entsprechende Nutzung. Solange nicht infolge entsprechender Vereinbarungen unter den Nachbarn andere Leitungen und Kanäle hergestellt worden sind, bedingt die durch die bestandskräftige Baugenehmigung vom 3. Juli 1997 geschützte Nutzung der Wohngebäude den Fortbestand der vorhandenen Kanäle und Anschlussleitungen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, den Klägern auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und 3. aufzuerlegen, da diese einen Sachantrag gestellt und sich damit ihrerseits gemäß § 154 Abs. 3 VwGO einem Kostenrisiko ausgesetzt haben. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. und 4. waren demgegenüber nicht für erstattungsfähig zu erklären.
B e s c h l u s s :
Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
G r ü n d e:
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.