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Architektenvertrag –  Haftung für mangelhafte Dachpfetten

OLG Dresden – Az.: 10 U 68/10 – Urteil vom 12.01.2012

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 18.12.2009 – Az.: 10 O 0127/09 – wie folgt abgeändert:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.637,50 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 06.05.2009 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle zukünftigen weiteren Schäden zu ersetzen, die ihr dadurch entstehen, dass bei der Errichtung des Reihenhauses „H. in …  (Reihenhaus Nr. …)“ Dachpfetten mit einer Stärke von weniger als 24x28cm eingebaut wurden.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III. Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 54% und der Beklagte 46%. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 83% und der Beklagte 17%.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages zuzüglich 20% abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des von ihr jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 20% leistet.

Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages zuzüglich 20% abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des von ihm jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 20% leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 61.057,59 EUR (Zahlungsantrag: 55.057,59 EUR; Feststellungsanträge: jeweils 3.000,00 EUR) festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt vom Beklagten wegen mangelhaft erbrachter Architektenleistungen Schadensersatz. Sie hat als Bauträgerin die Wohnanlage H./F. in …  errichtet. Mit schriftlichem Vertrag vom 15.05.2000 (Anl. K1) hat sie den Beklagten zunächst mit der Erbringung von Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 4 nach § 15 HOAI in Bezug auf dieses Bauvorhaben beauftragt. Mit weiterem schriftlichem Vertrag vom 04.09./08.09.2000 (Anl. K2) hat sie ihm auch die Leistungen der Leistungsphasen 5 bis 9 übertragen. Da der Beklagte während der Bauausführung schwer erkrankte, vereinbarten die Parteien am 04.10.2001, dass ihn die Klägerin von seinen weiteren Vertragspflichten entbindet und auf mögliche Schadensersatzansprüche wegen seines Ausfalls verzichtet. Streitig ist zwischen den Parteien, ob die Klägerin in diesem Zusammenhang auch zum Ausdruck gebracht hat, dass sie seine bis dahin erbrachten Architektenleistungen als im Wesentlichen vertragsgerecht akzeptiert bzw. abnimmt.

Zum unstreitigen Sachverhalt, dem streitigen Vortrag sowie den Anträgen der Parteien in erster Instanz wird im Übrigen auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 18.12.2009 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Ansprüche der Klägerin seien zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits verjährt gewesen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 28.12.2009 zugestellte Urteil mit am 14.01.2010 beim Oberlandesgericht Dresden eingegangenem Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt und diese, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 15.03.2010, mit an diesem Tag eingegangenem Schriftsatz begründet.

Sie wendet ein, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, die geltend gemachten Schadensersatzansprüche seien verjährt. Die Verjährungsfrist in Bezug auf die Architektenleistungen habe frühestens mit „Bezug“ der Reihenhäuser 3 Monate nach deren Fertigstellung am 14.02.2003, mithin am 14.05.2003, zu laufen begonnen. Bei dem Gespräch mit dem Beklagten am 04.10.2001 hätten die für sie handelnden Zeugen P. und G. keine rechtsgeschäftliche Abnahme in Bezug auf die durch den Beklagten erbrachten Architektenleistungen erklärt. Im Übrigen seien sie hierzu von ihr auch nicht bevollmächtigt gewesen. Letzteres hätten sie gegenüber dem Beklagten auch ausdrücklich erklärt.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 16.09.2010 trägt die Klägerin erstmals im Berufungsverfahren vor, es sei im Jahr 2007 zu einer Hemmung der Ansprüche gemäß § 203 BGB gekommen. Im März 2007 habe der Beklagte über Rechtsanwalt Dr. R. im Hinblick auf einen gegen ihn – den Beklagten – im Verfahren 13 O 1575/03 ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss Ratenzahlung bis Januar 2009 angeboten. Mit Schreiben vom 20.03.2007 (Anl. K15) habe er ihr mitgeteilt, er wolle sich „hinsichtlich der dargestellten Schadensersatzansprüche“ mit dem Sachverhalt wieder vertraut machen und bitte um einen Termin in der übernächsten Woche. Mit Schreiben vom 22.03.2007 (Anl. K16) habe sie den Beklagten zur Vermeidung weiterer prozessualer Auseinandersetzungen aufgefordert, ihr seine Haftpflichtversicherung bzw. Schadensmeldungen mitzuteilen. Daraufhin habe der Beklagte mit Schreiben vom 25.03.2007 (Anl. K17) mitgeteilt, die Problematik solle konstruktiv gelöst werden, die entsprechenden Unterlagen seien zur weiteren Veranlassung an die Haftpflichtversicherung weitergeleitet worden. Mit Schreiben vom 18.04.2008 (Anl. K18) habe sie dann nochmals, entsprechend dem Wunsch des Beklagten, die Ansprüche in einer Belastungsanzeige zusammengestellt und die dort erwähnten Unterlagen und Nachweise an ihn übersandt.

Mit Schriftsatz vom 11.02.2011 hat die Klägerin ihre Klage erweitert. Nunmehr macht sie gegen den Beklagten auch Schadensersatzforderungen in Bezug auf Mängel an den Reihenhäusern Nr. …, …  und …  geltend. Zur Begründung trägt sie vor, auch bei diesen Reihenhäusern habe der Beklagte nicht dafür Sorge getragen, dass Dachpfetten mit dem durch den Statiker vorgegebenen Querschnitt eingebaut wurden. Hierdurch seien ihr weitere Schäden entstanden.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 55.057,59 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8%-Punkten über dem Basiszinssatz aus 20.145,01 EUR seit Rechtshängigkeit sowie aus weiteren 34.912,58 EUR seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung zu bezahlen;

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Kosten und Schäden zu ersetzen, die dieser im Zusammenhang mit den mangelhaften Dachpfetten am Anwesen „H. (Reihenhaus Nr. .) in … „, wie sie in dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Herrn Dipl.-Ing. H. L. vor dem Landgericht Dresden, Az.: 9 O 4986/04, auf Seiten 13 bis 18 sowie 21 dokumentiert sind, bereits entstanden sind bzw. noch entstehen werden, soweit sie den Betrag in Höhe von 9.088,63 EUR übersteigen;

3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Kosten und Schäden zu ersetzen, die dieser im Zusammenhang mit den Schäden und Mängel der Dachpfetten am Anwesen H. (Reihenhaus Nr. .) in … , wie sie in dem Urteil des OLG Dresden, Az.: 13 U 1042/07 vom 26.03.2008 sowie im Verfahren vor dem OLG Dresden, Az.: 13 U 1042/07 dokumentiert sind, bereits entstanden sind bzw. noch entstehen werden, soweit sie den Betrag in Höhe von 9.100,36 EUR übersteigen;

hilfsweise, das Verfahren hinsichtlich der Klageerweiterung abzutrennen und an das Landgericht zu verweisen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und hinsichtlich der Klageerweiterung die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, die Parteien hätten zum Zeitpunkt der einvernehmlichen Vertragsbeendigung vereinbart, dass außer Gewährleistungsansprüchen keine weiteren gegenseitigen Ansprüche mehr bestehen sollten. Dies habe die Klägerin in einem vorausgegangenen Honorarrechtsstreit, den er gegen sie geführt habe (Landgericht Dresden, Az.: 13 O 1575/03), selbst so vorgetragen und dies sei im dortigen Verfahren durch den von der hiesigen Klägerin benannten Zeugen P. auch so bestätigt worden. Mit der einvernehmlichen Vertragsbeendigung habe die Klägerin somit konkludent die Abnahme der bis dahin durch ihn erbrachten Architektenleistungen erklärt.

Eine Verjährungshemmung lasse sich aus dem neuen Sachvortrag der Klägerin nicht herleiten. Gehe man davon aus, dass die Verjährungsfrist am 04.10.2001 zu laufen begonnen habe, scheide eine Verjährungshemmung auf Grund angeblicher Verhandlungen im Jahr 2007 bereits deshalb aus, weil zu diesem Zeitpunkt bereits Verjährung eingetreten gewesen sei. Im Übrigen habe die Klägerin mit Schreiben vom 22.03.2007 lediglich mehrere nicht definierte Ansprüche geltend gemacht. Es sei nicht ersichtlich, welche Häuser hier konkret gemeint gewesen seien. Dass sich das Schreiben vom 22.03.2007 (Anl. K16) auch auf das Haus Nr. . beziehe, werde ausdrücklich bestritten. Schließlich habe er – der Beklagte – auch keine Verhandlungen aufgenommen. Aus dem Schreiben vom 25.03.2007 sei ersichtlich, dass er lediglich der Aufforderung nachgekommen sei, den Versicherungsschutz mitzuteilen. Im Übrigen habe er darauf verwiesen, dass er selbst zur Rechtfertigung des angeblichen Schadensersatzanspruches keine Aussagen treffen könne.

Der Beklagte wendet ein, die im Berufungsverfahren geltend gemachte Klageerweiterung stelle eine Klageänderung nach § 533 ZPO dar, in die er nicht einwillige und die deshalb unzulässig sei. Die Klageänderung sei nicht sachdienlich, da unter Bezugnahme auf den neuen Sachvortrag neu streitig entschieden werden müsse. Bei sämtlichen 3 Bauvorhaben werde bestritten, dass zum Zeitpunkt der Beendigung seiner Tätigkeit die Dachpfetten bereits eingebaut gewesen seien. Tatsächlich sei die Bauüberwachung bereits im August 2001 durch den Statiker Dr. A. ausgeübt worden. Die angefallenen Kosten seien in sämtlichen Verfahren nicht erstattungsfähig. Die Klägerin habe auf eigenes Risiko gehandelt, indem sie sich auf die Rechtsstreitigkeiten eingelassen habe. Sie habe in dem gesamten Verfahren wider besseres Wissen die Maßhaltigkeit der Dachpfetten bestritten. Zudem seien die Mängel an den Dachpfetten nur zu einem geringen Teil Gegenstand der vorangegangenen Rechtsstreitigkeiten zwischen der Klägerin und den Erwerben gewesen. Es sei daher nicht ersichtlich, warum die Kosten des Vorprozesses bei den Bauvorhaben Nr. . und . in voller Höhe und beim Bauvorhaben Nr. . in Höhe von 23,43% erstattungsfähig sein sollen. Schließlich habe die Klägerin auch sämtlichen beteiligten Handwerkern den Streit verkündet. Es werde daher davon ausgegangen, dass die anteiligen Mängelbeseitigungskosten bereits „von diesen regressiert“ worden seien. Zudem werde auch hinsichtlich der mit der Klageerweiterung geltend gemachten Forderungen der Einwand der Verjährung erhoben.

Der Senat hat durch Vernehmung der Zeugen M. P. und S. G. Beweis erhoben. Zum Beweisthema wird auf den Beschluss vom 22.09.2011 Bezug genommen. Ferner wurden die Akten des Landgerichts Dresden zu den Verfahren 13 O 1575/03, 10 O 7592/03 sowie 9 O 4986/04 beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Für die Beurteilung der Verjährung der Schadensersatzansprüche, insbesondere der Frage, ob diese nach dem 01.01.2002 gehemmt war, ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der ab dem 01.01.2002 geltenden Fassung maßgeblich (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB). Im Übrigen, auch für den Beginn der Verjährung, richtet sich die Beurteilung des Schuldverhältnisses nach den bis zum 01.01.2002 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 S. 1, § 6 Abs. 1 S. 2 EGBGB). Ferner hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 08.07.2010 (BGH VII ZR 171/08) in Abänderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass werkvertragliche Gewährleistungsansprüche des Bestellers auch dann der Verjährungsregelung des § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. unterliegen, wenn sie vor der Abnahme entstanden sind. Die Verjährungsfrist beginnt erst zu laufen, wenn die Abnahme erfolgt ist oder endgültig verweigert wurde.

1. Der Klägerin steht gegen den Beklagten wegen der zu gering dimensionierten Dachmittelpfetten am Reihenhaus  gemäß § 635 BGB a.F. eine Schadensersatzforderung in Höhe von 7.637,50 EUR zu. Demgegenüber sind Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten in Bezug auf das Reihenhaus  verjährt.

a. Die 5-jährige Verjährungsfrist nach § 638 Abs. 1 BGB a.F. für Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten wegen mangelhafter Architektenleistungen hat bezüglich beider Reihenhäuser am 04.10.2001 zu laufen begonnen. An diesem Tag hat die Klägerin die durch den Beklagten erbrachten Architektenleistungen im Sinne von § 640 Abs. 1 BGB a.F. durch konkludentes Verhalten abgenommen, indem sie durch ihren damaligen Projektleiter, den Zeugen M. P. sowie ihren Mitarbeiter S. G. mit dem Beklagten vereinbart hat, dass das Vertragsverhältnis einvernehmlich beendet wird. Durch die Vereinbarung sollten die gegenseitigen Rechte abschließend geregelt werden, d.h. mit Ausnahme von etwaigen bestehenden Gewährleistungsansprüchen der Klägerin sollten keine weiteren Ansprüche mehr gegen den Beklagten gegeben sein. Insbesondere sollte der Beklagte keine weiteren Leistungen mehr erbringen müssen und sollten die durch ihn erbrachten Leistungen durch die von der Klägerin bis dahin geleisteten Zahlungen abschließend vergütet sein. Zum Abschluss einer solchen Vereinbarung waren die Zeugen P. und G. durch den Geschäftsführer der Klägerin bevollmächtigt worden. Dies hat der Zeuge M. P. bei seiner Zeugenvernehmung am 05.09.2003 vor dem Landgericht Dresden in dem Verfahren G. T. ./. G. GmbH Bau- und Vertriebsgesellschaft (Az.: 13 O 1575/03) so angegeben und auch der Zeuge S. G. hat bestätigt, dass die Parteien in diesem Sinne eine abschließende Regelung in Bezug auf das Vertragsverhältnis treffen wollten und auch getroffen haben. Letztlich wird dies durch die Klägerin auch nicht in Abrede gestellt. Sie ist aber der Auffassung, die getroffene Vereinbarung beinhalte keine rechtsgeschäftliche Abnahme der durch den Beklagten erbrachten Architektenleistungen, weil sie vor Fertigstellung und Bezug der Reihenhäuser nicht habe prüfen können, ob der Beklagte seine Leistungen mangelhaft erbracht habe. Dieser Auffassung kann sich der Senat nicht anschließen. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund es der Klägerin nicht möglich gewesen sein soll, die durch den Beklagten bis zur Vertragsbeendigung erbrachten Architektenleistungen auf ihre Mangelfreiheit hin zu überprüfen. Im Übrigen steht dem Architekten bei vorzeitiger Vertragsbeendigung gegen den Auftraggeber ein Anspruch auf Abnahme des Werkes zu (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl., Rdnr 2871). Bei dieser Sachlage konnte und durfte der Beklagte den Wunsch der Klägerin, mit Ausnahme etwaiger bestehender Gewährleistungsansprüche eine abschließende Regelung hinsichtlich der gegenseitigen vertraglichen Ansprüche zu treffen, dahingehend verstehen, dass sie seine bis dahin erbrachten Leistungen als im Wesentlichen vertragsgerecht akzeptiert.

Den Nachweis für ihre Behauptung, ihre damaligen Mitarbeiter M. P. und S. G. hätten dem Beklagten bei dem Gespräch am 04.10.2001 mitgeteilt, dass sie zu einer rechtgeschäftlichen Abnahme nicht bevollmächtigt seien, hat die Klägerin nicht erbracht. Der Zeuge P. hatte bei seiner Vernehmung durch den Senat am 08.12.2011 keine Erinnerung mehr an den Inhalt des Gesprächs. Der Zeuge G. hat angegeben, er meine nicht, dass über eine rechtsgeschäftliche Abnahme gesprochen worden sei. Dies hat er unter anderem aus dem Umstand geschlussfolgert, dass das Bauvorhaben am 04.10.2001 noch in vollem Gang gewesen sei und eine Abnahme daher keinen Sinn gemacht habe. Daran, dass er oder der Zeuge P. gegenüber dem Beklagten geäußert hätten, zu einer rechtsgeschäftlichen Abnahme der durch ihn erbrachten Architektenleistungen seien sie durch die Klägerin nicht bevollmächtigt, konnte sich der Zeuge G. aber nicht erinnern.

b. Die Verjährung von Schadensersatzansprüchen der Klägerin gegen den Beklagten wegen der zu gering dimensionierten Dachpfetten an dem Reihenhaus Nr. . wurde durch die gegenüber dem Beklagten am 08.09.2006 erklärte Streitverkündung in dem vor dem Landgericht Dresden andauernden Rechtsstreit mit dem Aktenzeichen 9 O 4986/04 gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB).

An der Zulässigkeit der Streitverkündung nach § 72 Abs. 1 ZPO bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Die Klägerin hat sich in dem Rechtsstreit gegenüber den Erwerbern des Reihenhauses damit verteidigt, dass sie die von ihr geschuldete Werkleistung mangelfrei erbracht habe. Für den Fall, dass sie mit diesem Einwand unterliegt, hat sie dem Beklagten den Streit verkündet. Gemäß § 73 Satz 1 ZPO hat die Partei zum Zwecke der Streitverkündung einen Schriftsatz einzureichen, in dem der Grund der Streitverkündung und die Lage des Rechtsstreits anzugeben ist. Damit ist das Rechtsverhältnis gemeint, aus dem sich der Rückgriffsanspruch gegen den Dritten oder dessen Anspruch gegen den Streitverkündungsempfänger ergeben soll. Das Rechtsverhältnis ist unter Angabe der tatsächlichen Grundlagen so genau zu bezeichnen, dass der Streitverkündungsempfänger – gegebenenfalls nach Einsicht in die Prozessakten (§ 299 ZPO) – prüfen kann, ob es für ihn angebracht ist, dem Rechtsstreit beizutreten. Bezogen auf die verjährungsunterbrechende Wirkung liegt der Zweck der Vorschrift darin, sicherzustellen, dass der Streitverkündungsempfänger mit Zustellung der Streitverkündungsschrift Kenntnis davon erlangt, welchen Anspruchs sich der Streitverkündende gegen ihn berühmt. Mit den „Streitverkündungsschriftsätzen“ vom 13.04.2004 (Anl. K4) und vom 08.09.2006 (Anl. K9) wurden dem Beklagten jeweils auch die Schriftsätze und die Sachverständigengutachten übersandt. Damit war für den Beklagten hinreichend ersichtlich, welchen Anspruchs sich Klägerin gegen ihn berühmt.

Grundsätzlich beginnt die Hemmung mit der Zustellung der Streitverkündung (§ 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB). Gemäß § 167 ZPO tritt sie bereits mit Einreichung des Streitverkündungsschriftsatzes ein, wenn die Zustellung „demnächst“ erfolgt ist (Palandt, BGB, 71. Aufl., § 204 Rdnr 21). So verhält es sich hier. Nach dem durch die Klägerin als Anlage K19 (GA 141) in Kopie vorgelegten Zustellnachweis ging die Streitverkündung am 27.09.2006 in einer Filiale der Deutschen Post AG ein. Der Beklagte hat den Erhalt der Sendung mit seiner Unterschrift bestätigt, wenn auch mit unleserlichem Datumsvermerk. Damit wurde die Verjährung vor Fristablauf am 04.10.2006 gehemmt. Die Hemmung dauerte bis zur Klageerhebung im vorliegenden Rechtsstreit an.

c. Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten wegen der zu gering dimensionierten Dachpfetten an dem Reihenhaus Nr. . sind verjährt.

Zwar wurde die am 04.10.2001 beginnende Verjährung durch die dem Beklagten am 10.05.2005 zugestellte Streitverkündung in dem Verfahren vor dem Landgericht Dresden mit dem Aktenzeichen 10 O 7592/03 gehemmt. Die Hemmung endete aber gemäß § 204 Abs. 2 BGB 6 Monate nachdem der dortige Rechtsstreit am 21.12.2006 durch Vergleich beendet worden war, d.h. am 21.06.2007. Da bis zur Streitverkündung am 10.05.2005 3 Jahre 7 Monate und 6 Tage verstrichen waren, ist spätestens mit Ablauf des Jahres 2008 Verjährung eingetreten. Die am 23.01.2009 eingereichte Klage konnte daher keine weitere Hemmung bewirken.

Die Verjährung wurde nicht gemäß § 203 BGB durch schwebende Verhandlungen der Parteien über Schadensersatzansprüche der Klägerin in Bezug auf das Reihenhaus Nr. . weiter gehemmt. Mit Schreiben vom 22.03.2007 (Anl. K16) hat die Klägerin den Beklagten aufgefordert, ihr „zur Vermeidung der ansonsten auffälligen Fortführung der Zwangsvollstreckung sowie weiterer prozessualer Auseinandersetzungen“ einen bestehenden Versicherungsschutz nachzuweisen. Der Beklagte hat ausdrücklich bestritten, dass sich dieses Schreiben auf Schadensersatzansprüche in Bezug auf das Reihenhaus Nr. . bezogen hat. Erst mit Schreiben vom 18.04.2008 (Anl. K18), d.h. mehr als ein Jahr später, hat die Klägerin dem Beklagten die als „Belastungsanzeige“ bezeichnete Aufstellung der Schadensersatzforderungen übersandt, die – neben zahlreichen weiteren Schadensersatzforderungen – auch eine Forderung in Bezug auf das Reihenhaus Nr. . enthält. Bei dieser Sachlage kann nicht angenommen werden, der Beklagte habe sich durch sein Schreiben vom 25.03.2007 (Anl. K17), mit dem er der Klägerin Angaben zu seiner Berufshaftpflichtversicherung gemacht hat, auf Verhandlungen über Schadensersatzansprüche hinsichtlich des Reihenhauses Nr. . eingelassen.

d. Wegen der zu gering dimensionierten Dachmittelpfetten am Reihenhaus Nr. . kann die Klägerin vom Beklagten Schadensersatz in Höhe von 7.637,50 EUR beanspruchen.

aa. Die Dachmittelpfetten sind mangelhaft.

Der Sachverständige Dipl.-Ing. L. hat in seinem Gutachten vom 08.09.2006 (Anl. K10) in dem Verfahren der Klägerin beim Landgericht Dresden gegen die Erwerber F. (Az.: 9 O 4986/04), in welchem die Klägerin dem Beklagten den Streit verkündet hat, festgestellt, dass die Mittelpfetten mit dem von ihm gemessenen „Querschnitt 19/23,5 cm“ den Anforderungen an die Tragfähigkeit nicht genügen. Der Einwand des Beklagten hiergegen, er habe Mittelpfetten mit einem „Querschnitt von 22/28 cm“ ausgeschrieben und der Sachverständige habe nicht berücksichtigt, dass sich der Querschnitt der Pfetten durch normale Austrocknung verringert habe, kann nicht überzeugen. Die Mittelpfetten sind auch dann mangelhaft, wenn man als zutreffend unterstellt, dass sie zunächst einen „Querschnitt von 22/28 cm“ hatten, der sich in der Folgezeit durch Austrocknung auf „19/23,5 cm“ reduziert hat. Holzpfetten müssen so beschaffen sein, dass sie auch nach dem natürlichen Austrocknungsprozess noch ausreichend tragfähig sind. Gegen eine Verwertung des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. L. nach § 411a ZPO bestehen keine durchgreifenden Bedenken.

bb. Der Beklagte hat die Mangelhaftigkeit der Dachmittelpfetten zu vertreten.

Entgegen den Vorgaben des Statikers hat er Mittelpfetten mit geringeren Abmessungen ausgeschrieben.

cc. Auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. L. kann die Klägerin einen Schaden in Höhe von 7.637,50 EUR geltend machen.

Die Klägerin kann ihren Schadensersatzanspruch grundsätzlich nach den Kosten berechnen, die für eine ordnungsgemäße Mängelbeseitigung erforderlich sind (BGH Urt. v. 28.06.2007 – VII ZR 81/06, juris Rdz 13). Der Umstand, dass sie möglicherweise deshalb im Ergebnis wirtschaftlich keinen oder nur einen geringeren Schaden erleidet, weil die Erwerber des Reihenhauses ihr gegenüber wegen der mangelhaften Mittelpfetten keinen oder nur einen geringeren Schadensersatzanspruch durchsetzen können, wäre allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen. Dass der Klägerin insoweit keinen oder einen geringeren Schaden erleiden wird, steht angesichts des anhängigen Rechtsstreits zwischen der Klägerin und den Erwerbern aber gerade nicht fest (vgl. BGH, a.a.O., juris Rdz 16ff). Allerdings kann die Klägerin nach aktueller Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH Urt. v. 22.07.2010 – VII ZR 176/09) die Umsatzsteuer bei ihrer Schadensberechnung nicht in Ansatz bringen, da sie die Mängel an den Mittelpfetten – jedenfalls bisher – nicht beseitigt hat und die Umsatzsteuer damit auch nicht angefallen ist.

Der Sachverständige Dipl.-Ing. L. hat die Mängelbeseitigungskosten in seinem Gutachten (Anl. K10) auf 6.500,00 EUR beziffert, zuzüglich der Kosten für An- und Abfahrten, Planung und Koordinierung der Arbeiten sowie erforderliche Baureinigungs- und Schutzmaßnahmen, welche seinen Ausführungen nach (vgl. S. 5 des Gutachtens) üblicherweise mit 15 bis 20 % der Mängelbeseitigungskosten anzusetzen sind. Im Hinblick darauf ist der durch die Klägerin geltend gemachte Zuschlag in Höhe von 17,5% (= 1.137,50 EUR) nicht zu beanstanden.

2. Die Klägerin kann vom Beklagten gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB Prozesszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit beanspruchen. Da es sich bei der Klageforderung nicht um eine Entgeltforderung im Sinne von § 281 Abs. 2 BGB handelt, steht ihr eine höhere Zinsforderung nicht zu.

3. Der Antrag der Klägerin auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr alle weiteren Schäden zu ersetzen, die ihr durch den Einbau der zu gering dimensionierten Dachmittelpfetten an dem Reihenhaus Nr. . entstehen, ist zulässig und begründet. Soweit hinsichtlich der Bestimmtheit des Antrags im Hinblick auf die Bezugnahme auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. L. Bedenken bestanden, konnten diese durch entsprechende Auslegung des Klagebegehrens ausgeräumt werden.

Ein Feststellungsinteresse der Klägerin war schon deshalb zu bejahen, weil nicht absehbar ist, mit welchen weiteren Schadensersatzforderungen sie seitens der Erwerber des Reihenhauses Nr. . rechnen muss (z.B. Inanspruchnahme auch wegen der auf die Mängelbeseitigungskosten anfallenden Umsatzsteuer, Kosten einer anderweitigen Unterbringung während der Ausführung der Mängelbeseitigungsarbeiten, usw.). Auf die Frage, ob die Klägerin auch die ihr aus dem Rechtsstreit mit den Erwerbern entstehenden Kosten der Rechtsverfolgung anteilig vom Beklagten ersetzt verlangen kann, kommt es danach für das Feststellungsinteresse nicht an.

Soweit die Klägerin ihr Feststellungsbegehren auf einen den Zahlungsantrag übersteigenden Betrag beschränkt hat, war zu berücksichtigen, dass sie zwar mit ihrem Zahlungsantrag hinsichtlich der Mehrwertsteuer keinen Erfolg hat, aber die Feststellung verlangen kann, dass der Beklagte einen ihr insoweit zukünftig entstehenden Schaden zu ersetzen hat. Aus diesem Grund war der Feststellungsausspruch lediglich durch die Beschränkung auf zukünftig entstehende Schäden zu begrenzen. Er umfasst damit auch einen der Klägerin gegebenenfalls entstehenden Schaden in Höhe der Mehrwertsteuer, die bei einer tatsächlichen Mängelbeseitigung anfällt.

4. Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren erstmals auch Schadensersatzforderungen in Bezug auf die Reihenhäuser ., . und . geltend gemacht hat, handelt es sich um eine klageerweiternde Klageänderung, die nach § 533 ZPO nicht zulässig ist. § 533 ZPO findet Anwendung, weil die Klägerin ihren Klageantrag nicht lediglich in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen im Sinne von § 264 Nr. 2 ZPO erweitert, sondern eigenständige weitere Forderungen geltend macht.

Die gemäß § 533 ZPO geltenden Voraussetzungen für eine derartige klageerweiternde Klageänderung liegen nicht vor. Weder hat der Beklagte in die Klageänderung eingewilligt, noch kann diese auf Tatsachen gestützt werden, die der Senat seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Der Umstand, dass die Klägerin die weiteren Schadensersatzforderungen ebenfalls darauf stützt, dass der Beklagte auch die Dachmittelpfetten an den Reihenhäusern ., . und . entgegen den Vorgaben des Statikers mit zu geringen Abmessungen ausgeschrieben und den Einbau dieser mangelhaften Dachpfetten zugelassen habe, ist nicht ausreichend. Insbesondere zur Schadenshöhe sowie zur Verjährungshemmung stützt sich die Klägerin auf neuen bzw. abweichenden Sachvortrag.

Auch mit ihrem Hilfsantrag, das Verfahren hinsichtlich der Klageerweiterung abzutrennen und an das Landgericht zu verweisen, hat die Klägerin keinen Erfolg. Nach Auffassung des Senats kann ein nach § 533 ZPO unzulässigerweise geltend gemachter neuer Klaganspruch nicht gemäß §§ 145 Abs. 1 ZPO abgetrennt und nach § 281 ZPO an ein erstinstanzlich für diesen Klaganspruch zuständiges Gericht verwiesen werden. Zwar kommt eine Verweisung nach § 281 ZPO grundsätzlich auch in der Rechtsmittelinstanz in Betracht, aber nur auf gleicher Instanzenebene (vgl. MüKo, ZPO, 3. Aufl., § 281 Rdnr 10).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Revisionsgrund nach § 543 Abs. 2 ZPO vorliegt.

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