LG Hannover, Az.: 14 O 236/16, Urteil vom 05.07.2017
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung von 22.243,39 € zzgl. Zinsen und Rechtsverfolgungskosten sowie Feststellung von Zinsschäden aus einem Architektenvertrag in Anspruch.
Auf Grundlage des Angebots vom 19.12.2010 (Anlage K 1 und K 2) beauftragte die Klägerin die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 18.10.2011 (Anlage K 3) mit Architektenleistungen (Bl. 3 d. A.). Die Beklagten zu 2. bis 4. sind Gesellschafter der Beklagten zu 1) (Bl. 17 d. A.). Die Architektenleistungen bezogen sich auf ein bereits laufendes Bauvorhaben der Klägerin. Diese hatte zunächst geplant, in einem 2-geschossigen Gebäude im Erdgeschoss eine Arztpraxis und im Obergeschoss Praxisräume einzurichten. Auch unter steuerlichen Gesichtspunkten erfolgte dann eine Umplanung, nach der im Obergeschoss künftig neben den Praxisräumen auch eine Wohnung einzurichten war.
Während der gesamten Zeit war die Klägerin, die den Bau zusammen mit ihrem Ehemann betrieb, umfassend steuerrechtlich beraten. Zunächst durch die Steuerberaterin K…-L… und sodann parallel durch das Steuerberaterbüro H… & Partner sowie den Steuerfachangestellten und Unternehmensberater Holger K… . Im Anschluss erfolgte die Beratung durch den Steuerberater Dr. L… . Die Beklagten waren zwar informiert worden, dass die Umplanung auch steuerrechtliche Gründe hatte, sie waren jedoch mit den steuerrechtlichen und finanziellen Situationen der Klägerin und ihres Ehemannes nicht betraut oder vertraut.
Nachdem die Klägerin den Bauvertrag mit der Generalunternehmerin zunächst gemeinsam mit ihrem Ehemann unterzeichnet hat, ist dann von der Steuerberaterin K…-L… ein steuerliches Konzept entwickelt worden, um zu vermeiden, dass die Immobilie Betriebsvermögen wird. Ursprünglich war geplant, in dem Haus eine Arztpraxis für den Ehemann der Klägerin und eine Einliegerwohnung im Obergeschoss zu errichten. Nach der neuen Gestaltung sollte der Ehemann der Klägerin vielmehr Mieter der im Eigentum der Klägerin stehenden Immobilie werden. Über die Eigentumsverhältnisse hatten die Beklagten keine Kenntnis. Sie waren auch an den steuerlichen Beratungsgesprächen nicht beteiligt.
Die Beklagte zu 1) erbrachte Architektenleistungen der Phasen 1 bis 9 (Bl. 3 d. A.). Diese waren zuvor von dem Architekten M… der Klägerin wahrgenommen worden, der das Bauvorhaben bis zur Errichtung der Bodenplatte betreut hatte. Erst im Oktober 2011 übernahmen die Beklagten auch die Rechnungsprüfung. Mit der Vergabe waren sie nicht betraut. Die Beklagten fertigten jedenfalls eine Bau- und Leistungsbeschreibung. In die Vertragsgestaltung mit dem Generalunternehmer waren die Beklagten jedenfalls insoweit eingebunden, als dass sie diesen Vertrag bearbeitet und handschriftlich ergänzt haben. Im Übrigen war dieser Vertrag bereits ausgehandelt, wobei der Vertragsinhalt jedenfalls z. T. direkt seitens des Ehemannes der Klägerin ausgehandelt worden ist. Der Auftrag wurde dem Generalunternehmer unter dem 25.11.2011 erteilt(Bl. 3 ff. d. A., Anlage K 4).
Die Prüfung der Rechnungen des Generalunternehmers war im Auftrag der Beklagten ebenso wie die Freigabe der Rechnungsbeträge enthalten (Bl. 3 d. A.). Dabei berücksichtigten die Beklagten nicht, 15 % der Rechnungsbeträge der Generalunternehmerin einzubehalten und an das Finanzamt gem. § 52 Abs. 56 EStG abzuführen und wiesen auf diesen Abzug auch nicht hin (Bl. 3, 32 d. A.).
Der Generalunternehmer geriet in Insolvenz und führte die Bauabzugssteuer nicht an das Finanzamt ab, das die Klägerin zur Zahlung aufforderte (Bl. 4 ff. d. A.). Dabei fiel die Bauabzugssteuer nur anteilig für die Arztpraxis, nicht für die errichtete Wohnung im Obergeschoss an.
Unter dem 15.08.2014 forderte die Klägerin die Beklagten auf, von ihr an das Finanzamt gezahlte Bauabzugssteuer zu erstatten (Bl. 21 d. A.). Die vorgerichtlichen Zahlungsaufforderungen der Klägerin blieben jedoch erfolglos (Bl. 6 d. A.).
Die Klägerin behauptet, dass unter Berücksichtigung des Anteils von 25,22 % für die nicht bauabzugssteuerpflichtige Wohnung im Obergeschoss ein Betrag von 22.243,39 € Bauabzugssteuer an das Finanzamt zu zahlen gewesen wäre, die sie entsprechend entrichtet habe (Bl. 4 ff. d. A.). Den Betrag habe sie auf 10 Jahre finanziert, wobei die genauen Finanzierungskosten noch nicht absehbar seien (Bl. 6 d. A.), wobei wenigstens 5.000,00 € anzunehmen seien (Bl. 34 d. A.). Bis auf die Schlussrechnung in Höhe von 5.262,29 € habe sie alle Rechnungen den Generalunternehmer bezahlt (Bl. 33 d. A.).
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagten im Rahmen der Rechnungsprüfung hätten überprüfen müssen, ob eine Freistellungsbescheinigung vorlag oder 15 % des Werklohns einzubehalten gewesen wären (Bl. 28 ff. d. A.). Spätestens bei Rechnungsfreigabe hätten die Beklagten einen Abzug, ebenso wie den Gewährleistungseinbehalt vornehmen müssen (Bl. 30 d. A.). Ihre steuerlichen Berater seien weder mit der Prüfung der Rechnungen der Generalunternehmerin betraut gewesen noch mit dem gesamten Rechnungswesen und Kostenmanagement, ebenso wenig wie der Ehemann der Klägerin.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 22.243,39 € zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seitdem 11.10.2012 zu zahlen;
2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, an sie die weiteren Zinsschäden für die Inanspruchnahme von Kredit betreffend die Summe des Klageantrags zu 1. zu erstatten;
3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 1.242,84 € zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, dass kein Schaden entstanden sei, da die Rechnungen der Generalunternehmerin nicht vollständig bezahlt seien und auch der Sicherungseinbehalt nicht vollständig verbraucht worden sei (Bl. 20 ff., 53 d. A.).
Die Beklagten vertreten die Ansicht, sie seien ausschließlich mit der Prüfung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit der Rechnungen beauftragt gewesen. Steuerliche Prüfungen hätten ihnen nicht oblegen. Schuldner der Bauabzugssteuer sei allein der Unternehmer. Es sei nicht Aufgabe des Architekten, Bauabzugssteuer bei der Vergütung von Bauleistungen in Abzug zu bringen oder darauf hinzuweisen (Bl. 18 ff. d. A.). Sie meinen zudem, dass die Forderungen der Klägerin gegen sie verjährt seien.
Für die Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Prozessakte, insbesondere die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch aus § 631 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB wegen Schlechterfüllung des Architektenwerkvertrags.
Die Beklagten waren nicht verpflichtet, die Klägerin auf den Einbehalt von Bauabzugssteuer hinzuweisen oder den Einbehalt vorzunehmen.
Dass sich die Klägerin wiederholt auf die Pflicht zur ordnungsgemäßen Rechnungsprüfung der Beklagten beruft, führt nicht weiter, da gerade strittig ist, was Inhalt dieser Pflicht ist. So hat die Kammer bereits darauf hingewiesen, dass es unterschiedliche Auffassungen gibt, ob der Architekt verpflichtet ist, auf die Zahlung der Bauabzugsteuer an das Finanzamt hinzuweisen bzw. zu beraten (so im Sinne der Klägerin Bruns NZBau 2007, 737, 742 mit weiteren Nachweisen; im Sinne der Beklagten hingegen: Koeble in: Locher/Koeble/Frik, HOAI, 13. Aufl., § 34 Rn. 83; ders. 10. Aufl., Rn. 84; ders., in Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage, 12. Teil, Rn. 740 – beck-online; Kesselring, NJW 2004, 3535, 3539 beck-online, der gegenüber einer Hinweispflicht offen ist).
Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob ein umfassend und ausschließlich von Anfang an beauftragter Architekt zu einem Hinweis auf die Bauabzugssteuer verpflichtet ist. Jedenfalls im vorliegenden Fall, in dem die Klägerin umfassend von insgesamt 4 Institutionen/Personen steuerlich betreut wurde und im Rahmen dieser Betreuung den Bau einem speziellen steuerlichen Modell anpasste, ist es nicht Aufgabe der Architekten, für die ordnungsgemäße Durchführung eines solchen Steuermodells zu sorgen.
Grundsätzlich besteht hinsichtlich steuerlicher Gesichtspunkte keine Beratungspflicht des Architekten gegenüber dem Auftraggeber (Koeble in: Locher/Koeble/Frik, HOAI, 13. Aufl., § 34 Rn. 83; ders. 10. Aufl., Rn. 84; Werner/Pastor, Bauprozess, 15. Aufl., Rn. 2029 b). Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht ausnahmslos. So muss der Architekt durchaus auf steuerliche Aspekte hinweisen, wenn zum Beispiel der Auftraggeber zum Ausdruck bringt, dass er bestimmte steuerliche Vergünstigungen in Anspruch nehmen will oder sich nach den Umständen des Falls dem Architekt die Erkenntnis aufdrängen muss, dass dem Auftraggeber daran gelegen ist bestimmte steuerliche Vergünstigungen zu erreichen (BGH, Urteil vom 23. November 1972 — VII ZR 197/71 —, BGHZ 60, 1-4, Rn. 14-16; Locher/Koeble/Frik a.a.O.). Das kann auch der Fall sein, wenn der Bauherr in bedrängten Vermögens- und Einkommensverhältnissen lebt und weitgehend auf Fremdfinanzierung seines Baues angewiesen ist, oder wenn er geschäftlich unerfahren und mit steuerlichen Dingen nicht vertraut ist. Dann, aber auch nur dann, wenn die Gesamtumstände so liegen, dass der Architekt nicht damit rechnen darf, der Bauherr werde seine Wünsche von sich aus äußern, aber er damit rechnen muss, der Bauherr werde steuerliche Möglichkeiten, wenn er sie kennen würde, bestimmt wahrnehmen wollen, hat der Architekt die Pflicht, von sich aus beim Bauherrn nachzufragen, ob er derartige steuerliche Vergünstigungen erstrebt, und sich gegebenenfalls bei seinem Architektenwerk danach zu richten (BGH, Urteil vom 23. November 1972 — VII ZR 197/71 -‚ BGHZ 60, 1-4, Rn. 16).
Ein Hinweis auf die Bauabzugsteuer bei Vergütung von Bauleistungen soll jedoch nicht erforderlich sein, weil diese Pflicht nur Unternehmer als Auftraggeber treffe und diese die für ihre Tätigkeit gültigen Steuerregeln selbst kennen müssen (Locher/Koeble/Frik a.a.O.; Koeble, in Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage, 12. Teil, Rn. 740 – beck-online; Kesselring, NJW 2004, 3535, 3539 beck-online). Fraglich ist ob hier etwas anderes gelten kann, weil die Klägerin nicht im klassischen Sinne unternehmerisch tätig war und eine Kenntnis vom steuerlichen Sachverhalt daher nicht zu erwarten war. Dies ist für den vorliegenden Fall zu verneinen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Architekt nicht verpflichtet ist, sich schwierige steuerliche Kenntnisse anzueignen, sondern dass es genügt auf die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Steuerberaters hinzuweisen (Locher/Koeble/Frik, HOAI, 13. Aufl., § 34 Rn. 84; ders. 10. Aufl., Rn. 85). Demzufolge muss es auch genügen, wenn der Auftragnehmer von einem Steuerberater unterstützt wird und es sich um eine einfache steuerrechtliche Frage, wie das Abführen der Bauabzugsteuer, handelt. In diesem Fall kann der Architekt davon ausgehen, dass ein Auftraggeber ausreichend beraten ist. Dies gilt gerade für den vorliegenden Fall, in dem die Klägerin eine komplizierte steuerrechtliche Gestaltung gerade selbst unter Beratung des Steuerberaters angestoßen hat.
Dabei war davon auszugehen, dass die Beklagten in die steuerlichen Gestaltungen nicht umfassend eingebunden waren. Allein der pauschale Hinweis der Klägerin, dass zwischen den Parteien die steuerlichen Fragen im Einzelnen erörtert worden seien, genügt hierfür nicht. Tatsächlich wird hierzu nur mitgeteilt, dass den Beklagten offengelegt worden sei, dass die Umplanung mit der Wohnung im Obergeschoss auch unter steuerlichen Gesichtspunkten erfolgt sei. Was genau mit den Beklagten besprochen worden sein soll wird nicht ersichtlich. Jedenfalls durften die Beklagten davon ausgehen, dass die steuerrechtlichen Fragen umfassend von den beauftragten Steuerberatern etc. erörtert worden seien. Sie waren daher nicht gehalten, allgemeine Hinweise zu steuerlichen Pflichten zu geben. Gegen eine umfassende Einbindung der Beklagten spricht auch, dass die Klägerin bereits ausreichend beraten war, und auch für sie kein Anlass bestand, zusätzlichen Rat bei den Beklagten einzuholen. Selbst nach dem Vortrag der Klägerin war es nicht so, dass sich dem Architekten aufdrängen musste, dass die Klägerin eine bestimmte steuerliche Vergünstigung in Anspruch nehmen wollte. Der pauschale Vortrag („auch unter steuerlichen Gesichtspunkten“) lässt keine konkrete Gestaltung und auch keine nähere Einbindung der Beklagten erkennen, zudem dies nur „offengelegt“ wurde, also gerade nicht Gegenstand einer Beratungstätigkeit war. Die Klägerin und ihr Ehemann lebten auch nicht in bedrängten Vermögens- oder Einkommensverhältnissen, sie waren auch nicht geschäftlich unerfahren und mit steuerlichen Dingen nicht vertraut. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, wäre dieser Nachteil durch die Beauftragung der Steuerberater etc. ausgeglichen. Da die Klägerin somit auf ausreichende Sach- und Fachkunde zurückgreifen konnte, war es nicht Aufgabe der Architekten nachzufragen, ob spezielle steuerliche Vergünstigungen erstrebt waren. Vielmehr war es so, dass die Klägerin aufgrund der steuerlichen Beratung selbst wissen musste, worauf sie sich in steuerrechtlicher Hinsicht einließ. Die Beklagten waren auch mangels Kenntnis der Eigentumsverhältnisse und weiteren finanziellen Verhältnisse der Beklagten gar nicht in der Lage, eine sachgerechte steuerliche Beratung vorzunehmen. Dies war auch nicht ihre Aufgabe, da sie als Architekten und nicht als Steuerberater bezahlt wurden.
Insoweit wird von der Klägerin verkannt, dass die Prüfung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit der Rechnung keine steuerliche Prüfung bedeutet. Vielmehr geht es in erster Linie um die baulichen Voraussetzungen, wie den Bautenstand, die Bewertung der Leistungen und die unmittelbar damit zusammenhängenden bauvertraglichen Vereinbarungen für den Werklohn, wie z. B. einen Skonto oder die zu zahlende Mehrwertsteuer. Unzutreffend ist die Annahme, dass weil der Architekt die Überprüfung der Mehrwertsteuer schulde, er auch im Übrigen die Berücksichtigung steuerrechtlicher Pflichten schulde. Die Feststellung der 19 %igen Mehrwertsteuer erfordert überhaupt keine steuerrechtlichen oder sonstigen fachlichen Kenntnisse, sodass aus dieser selbstverständlichen Aufgabe keine komplexeren Pflichten hergeleitet werden können, die nähere steuerrechtliche Kenntnisse erfordern. Im Übrigen ergibt sich die Bauabzugssteuer, anders als Skonti und Mehrwertsteuer und Gewährleistungseinbehalte, gerade nicht aus dem Bauvertrag und betrifft auch nicht das Verhältnis zum Bauunternehmer. Vielmehr betrifft dieses das Verhältnis zum Finanzamt, von dem die Beklagten hier keine Kenntnis hatten und auch nicht haben brauchten. Wieso die Beklagten erkennen mussten, dass die Klägerin hier unternehmerisch tätig war, was unstreitig auch nur einen Teil des Bauvorhabens umfasste, erschließt sich dem Gericht nicht. Sicher wären die Beklagten zur Prüfung der Bauabzugssteuer verpflichtet gewesen, wenn diese unmittelbar aus dem Bauvertrag hervorgegangen wäre. Dies war aber unstreitig nicht der Fall. Hierbei war von entscheidender Bedeutung auch zu berücksichtigen, dass der Bauvertrag mit dem Generalunternehmer nicht komplett von den Beklagten erstellt worden ist, sondern hier an die Vorleistungen des Architekten M… angeknüpft wurde, der das Bauvorhaben zunächst betreute. Dabei kann dahinstehen, inwieweit die Vertragsinhalte vom Ehemann der Klägerin oder von den Beklagten beeinflusst worden sind. Unstreitig ist jedenfalls, dass dieser Vertrag nicht allein von den Beklagten entworfen worden ist. Insoweit konnten die Beklagten auch annehmen, dass, wenn Bauabzugssteuer abzuziehen wäre, dies nicht nur von den Steuerberatern mitgeteilt worden wäre, sondern auch von dem vormaligen Architekten. Insoweit war das Fehlen der Bauabzugssteuer im Vertrag ein weiterer Anhalt, gerade nicht von Bauabzugssteuer auszugehen.
Dem Gericht erschließt sich auch nicht, wieso die Steuerberater der Klägerin nicht verpflichtet gewesen sein sollen, auf die steuerlichen Pflichten hinzuweisen, sondern die Beklagten. Aufgrund der fachlichen Aufgabenbereiche ist es vielmehr andersherum. Insoweit ist eher von einem Fehler der Steuerberater auszugehen.
Aus dem weiteren Vorbringen im nachgelassenen Schriftsatz vom 26.06.2017 ergibt sich nichts anderes:
Selbst wenn es Ausführungen der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen zum Thema Bauabzugssteuer geben sollte, ist nicht ersichtlich, dass diese für den vorliegenden Fall von Bedeutung sind. Die Beklagten sind nicht Mitglieder der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen. Sie mussten von diesen Ausführungen keine Kenntnis haben. Im Übrigen können diese Ausführungen auch nicht die Besonderheiten des vorliegenden Falles berücksichtigen, in denen die Architekten erst in einen bereits laufenden Vertrag „eingestiegen“ sind und die Bauherren umfassend steuerrechtlich bereits beraten gewesen sind.
Das Gleiche gilt hinsichtlich des vorgelegten Aufsatzes der Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht H… Zwar findet sich dort tatsächlich die Aussage, dass die Architekten die Prüfung der Bauabzugssteuer „gleichsam selbstverständlich übernommen und damit erneut die Leistungspflichten erweitert“ haben. Bereits im nächsten Halbsatz heißt es jedoch, dass hierfür keine sachliche Berechtigung bestehe. Im übernächsten Satz heißt es sodann, dass Architekten von einer solchen Prüfung Abstand nehmen sollten und „sich aus allen steuerlichen Fragen“ heraushalten sollten. Hier wird also eindeutig zwischen der tatsächlichen Wahrnehmung der Prüfung hinsichtlich der Bauabzugssteuer und der davon zu unterscheidenden Rechtspflicht, diese Prüfung zu übernehmen, die gerade nicht bestehen soll, unterschieden. Dass Architekten diese Prüfung vornehmen, heißt damit noch lange nicht, dass sie hierzu auch verpflichtet wären. Auch an späterer Stelle des Aufsatzes wird darauf hingewiesen, dass Architekten dringend zu raten sei, „von jeglichen Aussagen zu Umsatz und/oder Bauabzugssteuer Abstand zu nehmen“.
Letztlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin nicht einfach mit ihrem Ehemann ein Haus errichtete, um dort die Arztpraxis zu betreiben, sondern vielmehr durch spezielle Gestaltung und teilweise Wohnnutzung das Steuerrecht besonders zu ihren Gunsten auszunutzen wollte. Wer sich auf solche komplizierten steuerrechtlichen und unternehmerischen Gestaltungen einlässt, muss daraus auch die Konsequenzen tragen, nämlich für die Einhaltung der steuerlichen Pflichten selbst sorgen. Die Verantwortung hierfür kann nicht den Architekten aufgebürdet werden. Vielmehr muss hier ein Steuerberater hinzugezogen werden, der diese Aufgabe zu erfüllen hat. Die Auffassung, die Bauabzugssteuer sei in Wirklichkeit gar keine steuerrechtliche Frage, sondern eine Frage des Architektenvertrags geht fehl. Vielmehr ist das Gegenteil richtig.
II. Da die Beklagten keine Pflichtverletzung begangen haben, fehlt es bereits am Haftungsgrund für die Erstattung von Finanzierungsschäden, sodass die Klägerin hierzu auch keine Feststellung verlangen kann.
III. Da die bereits die Hauptforderung der Klägerin unbegründet ist, sind die davon abhängigen Nebenforderungen auf Zinsen und Rechtsanwaltskosten ebenfalls unbegründet.
IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.